RECORD: Fr. N. 1881. [Review of Movement in plants]. Zoologische Garten 22, no. 7 (July): 222-223. 

REVISION HISTORY: Transcribed by Christine Chua and edited by John van Wyhe 11.2022. RN1

NOTE: See the record for this item in the Freeman Bibliographical Database by entering its Identifier here.


[page] 222

Das Lewegungsvermögen der Pflanzen von Charles Darwin mit Unterstützung von Francis Darwin. Aus dem Englischen übersetzt von J. Victor Carus. Mit 196 Holzschnitten. Stuttgart. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch). 1881. 6 Mark.

Wochen vor dem Erscheinen dieses Buches im Handel war schon die Aufmerksamkeit der ganzen gebildeten Welt auf dieses neueste Werk Darwin's gerichtet. Die Zeitungen brachten uns Mittheilungen über seinen Inhalt, denn ein Werk aus der Feder Darwin's ist geeignet, die gespanntesten Erwartungen wachzurufen, und so dürfte eine kurze Besprechung desselben auch in diesen Blättern gerechtfertigt sein. Sind doch gerade durch die Forschungen Darwin's Eigenschaften der Pflanzen nacheewiesen worden, die den aus dem Thierreiche bekannten ausserordentlich ähnlich sind.

Die Bewegungserscheinungen im Pflanzenreich, die früher als ganz nebensächlich galten, in neuerer Zeit aber mit immer wachsenderem Interesse verfolet und studirt werden, sind in diesem vorliegenden Werke einem eingehenden Studium unterworfen. Schon in früheren Werken hatte der Verfasser der Bewegung der Pflanzen seine Aufmerksamkeit geschenkt, so besonders den kletternden und den insektenfressenden Pflanzen. Das neue Werk behandelt diesen Gegenstand aber in eingehendster Weise und zugleich in einer bestimmten Absicht. Darwin weist zunächst nach, dass alle wachsenden Pflanzentheile eine mehr weniger kreisende Bewegung bestindig austühren, eine Bewegung, die er Circumnutation nennt. In Hunderten von Fällen liess er die verschiedensten Pflanzentheile ihre Bewegungen in vergrössertem Maasstabe darstellen und verglich die so entstandenen Curven mit solchen, welche die Endtheile schlingender, dem Lichte oder der Erde zustrebender Pflanzen ausführen. Diese Vergleichung führt ihn dann zu dem Schlusse, dass alle jene augenscheinlichen Bewegungen, welche Licht, Schwerkraft, Bertührüng und andere Reize die Pflanzen auszuführen veranlassen, auf die allgemein verbreitete Bewegung der Circumnutation gurückzuführen sejen. Durch einseitige Vergrösserung der Amplitude jener kleinen Oscillationen, durch eine Modi

[page] 223

fikation der circumnutirenden Bewegung sollen sich die heliotropischen und geotropischen Bewegungen der Pflanzen als nütitzliche Eigenschaften nachträglich ausgebildet haben. Darwin selbst bezeichnet diese Ausführung als den hauptsachlichsten Zweck seines Werkes.

Wenn diesem Zwecke auch der meiste Raum gewidmet ist, so sind es doch nicht minder neue physiologische Entdeckungen von grosser Bedeutung und eine Fülle mit grösster Gewissenhaftigkeit gemachter interessanter Beobachtungen, welche das Buch zu einem werthvollen Beitrag am Fortschritte der Wissenschaft machen. Die Entdeckung, dass die Empfindlichkeit von Graskotyledonen z. B. gegen Licht in der Spitze dieser Organe ihren Sitz hat, dass von da die heliotropischen Bewegungen ebenso wie vom Wurzelspitzchen fast alle zweckmässigen Reizbewegungen der jungen Wurzeln ausgehen, diese Entdeckung ist von der grösstens Bedeutung und wird dazu beitragen, dass die Ansichten tiber die Natur des Heliotropismus und Geotropismus, wie sie bisher gebräuchlich waren, aber von hervorragenden Pflanzenphysiologen bereits theilweise fallen gelassen wurden, um so schneller, als dem walhren Sachverhalt nicht entsprechend, aus der Wissenschaft verschwinden werden. Wenn sich deshalb bezüglich des Versuches, die zweckmässigen Bewegungen der Pflanzen alle auf die gemeine Circumuutation zurückzuftühren, gewichtige Bedenken geltend machen lassen, wenn wir auch einen thatsächlichen Beweis dafür vermissen, so begrüssen wir das Buch doch als ein Werk von entschieden grosser Bedeutung.

Fr. N.

 


Return to homepage

Citation: John van Wyhe, ed. 2002-. The Complete Work of Charles Darwin Online. (http://darwin-online.org.uk/)

File last updated 14 December, 2022