RECORD: Darwin, C. R. 1871. Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl. Translated by J. V. Carus. 2d edition. Stuttgart: Schweizerbart. Volume 1
REVISION HISTORY: Images courtesy Biodiversity Heritage Library. http://www.biodiversitylibrary.org. OCRed by John van Wyhe 5.2008. RN1
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Abstammung des Menschen
und
die geschlechtliche Zuchtwahl.
Erster Band.
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In der E. Sclnveizcrbart'sehen Verlagshandlung (E. Koch) in Stuttgart sind ferner erschienen:
Charles Darwin
über die
Entstehung der Arten
durch natürliche Zuchtwahl
oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe mn's Dasein.
Aus dem .Englischen übersetzt von H. G. Broun.
Nach der 5. englischen sehr vermehrten Auflage durchgesehen u. berichtigt
von J. Victor Carus.
Vierte Auflage.
Mit dem Portrait des Verfassers.
Preis broch. . 3. — oder f£. 5. 15, in Leimv. geb. &g. 3. 10. /£. 5. 51.
Das Variiren der Thiere und Pflanzen
im Zustande der Domcstication
von Charles Darwin.
Aus dem Englischen übersetzt von J. Victor Carus. Zwei Bande mit 43 Holzschnitten. Preis Rthlr. 6. 10 oder fl. 11. — Obiges Werk enthält einen Schatz von Thatsachen und Untersuchungen als
weitere Ausführung der in der „Entstehung der Arten" aufgestellten Lehrsätze.
und ist es als solches den Käufern dieses Werkes beinahe unentbehrlich.
lieber die Einrichtungen zur Befruchtung
britischer und ausländischer Orchideen
durch Insecten und über die günstigen Erfolge der Weeiiselbefruchtuiig
von
Charles Darwin.
MU34 Holzschnitten.
Aus dem Englischen übersetzt von Dr. H. G. Bronn.
Preis Rthlr. 1. 12 oder fl. 2. 20.
Kurze Darstellung der Lehre Darwin's
über die
" Entstehung der Arten fler Organismen.
Mit erläuternden Bemerkungen und 38 Holzschnitten
von
Dr. Julius Dub,
Professor in Kerlin.
Preis Rthlr. 2. — fl. 3. 30.
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Die
Abstammung des Menschen
und die geschlechtliche Zuchtwahl
von
Charles Darwin.
Aus dem Englischen übersetzt
von
J. Victor Carus.
In zwei Banden.
I. Band.
Mit fll n Cunilzwanzig Holzschnitten. Zweite nach der letzten Ausgabe des Originals berichtigte Auflage.
STUTTGART.
E. Schweizfti'bavt'sclie VorbigshaudluNg (E. Kocn). 1871.
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Druck \on Fr. Schweizer bar t in Stuttgart.
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Inhalt.
Einleitung..................b. I.
Erster Tlieil: Die Abstammung des Menschen.
Erstes Capitel.
Thatsachen, welche für die Abstammung des Menschen von einer niederen Form zeugen.
Natur der Beweise für den Ursprung des Menschen. — Homologe Bildungen beim Menschen und den niederen Thieren. — Verschiedene Punkte der Ueberein-stimmung. — Entwickelung. — Rudimentäre Bildungen, Muskeln, Sinnesorgane, Haare, Knochen, Reproductionsorgane u. s. w. — Die Tragweite dieser drei grossen Classen vou Thatsachen in Bezug auf die Entstehung des Menschen......................S. 7.
Zweites Capitel.
Vergleichung der Geisteskräfte des Menschen mit denen der niederen Thiere.
Die Verschiedenlieit in den geistigen Kräften zwischen dem höchsten Affen und dem niedersten Wilden ist ungeheuer. — Gewisso Instincte sind gemeinsam.
— Gemüthshewegungen. — Neugierde. — Nachahmung. — Aufmerksamkeit.
— Gedächtniss. — Einbildung. — Verstand. — Progressive Vervollkommnung. — Von Thieren gebrauchte Werkzeuge und Waft'en. — Sprache. — Selbstbewusstsein. — Gefühl für Schönheit. — Glaube an Gott, spirituelle Kräfte; Aberglaube..................S. 28.
Drittes Capitel.
Vergleichung der Geisteskräfte des Menschen mit denen der niederen Thiere (Fortsetzung).
Das moralische Gefühl. — Fundamentalsatz. — Die Eigenschaften socialer Thiere
— Ursprung der Fähigkeit zum Geselligleben. — Kampf zwischen entgegengesetzten Instincten. — Der Mensch ein sociales Thior. — Die ausdauernden socialen Instincte überwinden andere weniger beständige Tnstincte. — Sociale Tugenden von Wilden allein geachtet. — Tugenden, die das Individuum bctref-
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VI
fcn, erst auf späterer Entwicklungsstufe erlangt. — Bedeutung der Urthcile über das Benehmen von Mitgliedern derselben Gesellschaft. — Ueberliefe-rnng moralischer Neigungen. — Zusammenfassung.......S. 59.
Viertes Capitel.
Ueber die Art der Entwiekelung des Menschen aus einer niederen Form.
Variabilität des Körpers und Geistes beim Menschen. — Vererbung. — Ursachen der Variabilität. — Gesetze der Abänderung sind dieselben beim Menschen und den niederen Thieren. — Directe Wirkung der Lebensbedingungen. — Wirkungen des vermehrten Gebrauchs und des Nichtgebrauchs von Theilen. — Entwickelungshemrnungen. — Rückschlag. — Correlative Abänderung. — Verhältniss der Zunahme. — Hindernisse der Zunahme. — Natürliche Zuchtwahl. — Der Mensch das herrschendste Thier auf der Erde. — Bedeutung seines Körperbaues. — Ursachen, welche zu seiner aufrechten Stellung führten. — Von dieser abhängende Aenderungen des Baues. — Grössenab-nahme der Eckzähne. — Grössenzunahme und veränderte Gestalt des Schädels. — Nacktheit. — Fehlen eines Schwanzes. — Vertheidignngslosor Zustand des Menschen.................S. 92.
Fünftes Capitel.
Ueber die Entwiekelung der intelleetuellen und moralischen Fähigkeiten während der Urzeit und der civilisirten Zeiten.
Fortschritt der intelleetuellen Kräfte durch natürliche Zuchtwahl. — Bedeutung der Nachahmung. — Sociale und moralische Fähigkeiten. — Ihre Entwiekelung innerhalb der Grenzen eines und desselben Stammes. — Natürliche Zuchtwahl in ihrem Einflüsse auf civilisirte Nationen. — Beweise, dass civi-Hsirte Nationen einst barbarisch waren...........S. 137.
Sechstes Capitel.
Ueber die Verwandtschaften und die Genealogie des Menschen.
Stellung des Menschen in der Thierreihe. — Das natürliche System ist genealogisch. — Adaptive Charactere von geringer Bedeutung. — Verschiedene kleine Punkte der Uebereinstimmung zwischen dem Menschen und den Qua-drumanen. — Rang des Menschen in dem natürlichen Systeme. — Gebnrts-stelle und Alter des Menschen. — Fehlen von fossilen Uebergangsgliedern. — Niedere Stufen in der Genealogie des Menschen, wie sie sich erstens aus seinen Verwandtschaften und zweitens ans seinem Baue ergeben. — Früher hermaphroditer Zustand der Wirbelthiere. — Schluss.....S. 161.
Siebentes Capitel.
Ueber die Rassen des Menschen.
Die Beschaffenheit und der Werth specifischer Merkmale. — Anwendung auf die Menschenrassen. — Argumente, welche der Betrachtung der sogenannten
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VII
Menschenrassen als distincter Species günstig und entgegengesetzt sind. — Subspecies. — Monogenisten und Polygenisten. — Convergenz des Cha-racters. — Zahlreiche Punkte der Uobereinstimmung an Körper und Geist zwischen den verschiedensten Menschenrassen. — Der Zustand des Menschen, als er sich zuerst über die Erde verbreitete. — Jede Rasse stammt nicht von einem einzelnen Paare ab. — Das Aussterben von Rassen. — Die Wirkung der Kreuzung. — Geringer Einfluss der directen Wirkung der Lebensbedingungen. — Geringer oder kein Einfluss der natürlichen Zuchtwahl. — Geschlechtliche Zuchtwahl...............S. 188.
Zweiter Theil: Geschlechtliche Zuchtwahl.
Achtes Capitel.
Grundsätze der geschlechtlichen Zuchtwahl.
Secundäre Sexnalcharactere. — Geschlechtliche Zuchtwahl. — Art und Weise der Wirkung. — Ueberwiegen der Männchen. — Polygamie. — Allgemein ist nur das Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt. — Begierde des Männchens. — Variabilität des Männchens. — Wahl vom Weibchen ausgeübt. — Geschlechtliche Zuchtwahl verglichen mit der natürlichen. — Vererbung zn entsprechenden Leben sperioileii, zu entsprechenden Jahreszeiten und durch das Geschlecht beschränkt. — Beziehungen zwischen den verschiedenen Formen der Vererbung. — Ursachen, weshalb das eine Geschlecht und die Jungen nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt werden.— Anhang: über die proportionalen Zahlen der beiden Geschlechter durch das ganze Thierreich. — Ueber die Beschränkung der Zahlen der beiden Geschlechter durch geschlechtliche Zuchtwahl..........S. 223.
Neuntes Capilel.
Secundäre Sexualcharactere in den niederen Classen des Thierreichs.
Derartige Charactere fehlen in den niedersten Classen. — Glänzende Farben. — Mollusken. — Anneliden. — Crustaceen, secundäre Sexnalcharactere hier stark entwickelt; Dimorphismus; Farbe; Charactere, welche nicht vor der Reife erlangt werden. — Spinnen, Geschlechtsfarben derselben; Stridulation der Männchen. — Myriapoden .............S. 288.
Zehntes Capilel. Secundäre Sexualcharactere der Insecten.
Verschiedenartige Bildungen, welche die Männchen zum Ergreifen der Weibchen besitzen. — Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern, deren Bedeutung nicht einzusehen ist. — Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die Grösse. — Thymniint. — Diptera. — Ilemiptera. — Homo-pterci; Vermögen, Töne hervorzubringen, nur im Besitze der Männchen. — Or-ilwptera; Stimmorgane der Männchen, verschiedenartig in ihrer Structur;
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VIII
Kampfsucht; Färbung. — Neuroptera; sexuelle Verschiedenheiten in der Färbung. — Hymenoptera; Kampfsucht und Färbung. — Coleoptera; Färbung; mit grossen Hörnern versehen, wie es scheint, zur Zierde; Kämpfe; Stridulationsorgane allgemein beiden Geschlechtern eigen . . . . S. 305.
Elftes Capitel.
Insecten. (Fortsetzung.) Ordnung Lepidoptera.
Geschlechtliche Werbung der Schmetterlinge. — Kämpfe. — Klopfende Geräusche. — Farben beiden Geschlechtern gemeinsam oder brillanter bei den Männchen. — Beispiele. — Sind nicht Folge der directen Wirkung der Lebensbedingungen. — Farben als Schutzmittel angepasst. — Färbungen der Motten. — Entfaltung. — Wahrnehmungsvermögen der Lepidoptern. — Variabilität. — Ursachen der Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Männchen und Weibchen. — Helle Farben der Raupen. — Zusammenfassung und Schlussbemerkungen über die seciindären Sexualcharactere der Insecten. — Vögel und Insecten mit einander verglichen.......S. 344.
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Einleitung.
Die Natur des vorliegenden Buches wird am besten verstanden werden, wenn ich kurz angebe, wie ich dazu kam, es zu schreiben. Viele Jahre hindurch habe ich Notizen über den Ursprung oder die Abstammung des Menschen gesammelt, ohne einen mir etwa vorschwebenden Plan, über den Gegenstand einmal zu schreiben, vielmehr mit dem Entschluss, dies nicht zn thnn, da ich glaubte, dass ich dadurch nur die Vorurtheile gegen meine Ansichten verstärken würde. Es schien mir hinreichend, in der ersten Ausgabe meiner „Entstehung der Arten" darauf hinzuweisen, dass durch dieses Buch auch Licht auf den Ursprung des Menschen und seine Geschichte geworfen worden würde, und diese Andeutung schloss doch den Gedanken ein, dass der Mensch bei jedem allgemeinen Schluss in Bezug auf die Art der Erscheinung aller andern organischen Wesen auf der Erde mit inbegriffen sein müsse. Gegenwärtig trägt die Sache ein vollständig verschiedenes Ansehen. Wenn ein Naturforscher wie Carl Vogt in seiner Eröffnungsrede als Präsident des Nationalinstitnfcs von Genf (1869) sagen darf: »personne, en Europe an moins, n'ose plus soulenir la ereation independante et de toutes pieces, des csperes," so niuss doch offenbar wenigstens eine grosse Zahl Naturforscher der Annahme zugethan sein, dass Arten die modificirfen Nachkommen anderer Arten sind; und vorzüglich gilt dies für die jüngeren und aufstrebenden Naturforscher. Die grössere Zahl nimmt die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl an, obschon Einige, ob mit Recht, niuss die Zukunft entscheiden, hervorheben, dass ich deren Wirksamkeit bedeutend überschätzt habe. Von den älteren und angeseheneren Häuptern der Naturwissenschaft sind unglücklicherweise noch viele gegen eine Entwickelung in jeglicher Form.
In Folge der von den meisten Naturforschern, denen schliesslich, wie in jedem andern Falle, noch andere folgen werden, jetzt angenommenen Ansichten bin ich darauf geführt worden, meine Notizen zusammenzustellen, um zu sehen, wie weit sich die allgemeinen Schluss-
Darwis, Abstammung. I. Zwpite Auflage. 1
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2
Einleitung.
folgerungen, zu denen ich in meinen früheren Schriften gekommen war, auf den Menschen anwenden lassen. Dies schien um so wünschens-werther, als ich diese Ansichten noch niemals mit Absicht auf eine Art einzeln genommen angewendet hatte. Beschränken wir unsere Aufmerksamkeit auf irgend eine Form, so entbehren wir die gewichtigen Beweismittel, die aus der Natur der Verwandtschaft, welche grosse Gruppen von Organismen unter einander verbindet, ans ihrer geographischen Vertheilung in der Gegenwart und in vergangenen Zeiten und aus ihrer geologischen Aufeinanderfolge fliessen. Es müssen ferner noch die homologen Bildungen, die embrj'Oiiale Entwickehing und die rudimentären -' Organe einer Art, mag dies nun der Mensch oder irgend ein anderes Thicr, auf welches sich unsere Aufmerksamkeit richtet, sein, noch betrachtet werden. Diese grossen Classen von Thatsachen bieten allerdings , wie es mir scheint, umfassende und endgültige Zeugnisse zu Gunsten des Princips einer stufenweise« Entwickehing dar; indessen sollte man die kräftige Unterstützung anderer Argumente deshalb doch immer vor Augen halten.
Die einzige Aufgabe dieses Werks ist erstens, zu betrachten, ob der Mensch, wie jede andere Species, von irgend einer früher existiren-den Form abstammt, zweitens, die Art seiner Entwickehing, und drittens, den Werth der Verschiedenheiten zwischen den sogenannten Menschenrassen zu untersuchen. Da ich mich auf diese Fnnkte beschränken werde, so wird es nicht nothwend'ig sein, im Einzelnen die Verschiedenheiten zwischen den verschiedenen Rassen zu beschreiben; es ist dies ein äusserst umfangreicher Gegenstand, welcher in vielen werthvollen Werken ausführlich erörtert worden ist. Das hohe Alter des Menschen ist in der neueren Zeit durch die Bemühungen einer Menge ausgezeichneter Männer nachgewiesen worden, zuerst von Bouchek de Perthes; und dies ist die unentbehrliche Grundlage zum Verständniss seines Ursprungs. Ich werde daher diesen Beweis für erbracht annehmen und darf wohl meine Leser auf die vorzüglichen Schriften von Sir Charles Lyell, Sir John Lub-bock und Anderen verweisen. Auch werde ich kaum Veranlassung haben mehr zu thun, als auf die Grösse der Verschiedenheiten zwischen dem Menschen und den anthropomorphen Affen hinzuweisen; denn nach der Ansicht der competentesten Beurtheiler hat Professor Huxley überzeugend nachgewiesen, dass der Mensch in jedem einzelnen sichtbaren Merkmale weniger von den höheren Affen abweicht, als diese von den niederen Gliedern derselben Ordnung der Primaten abweichen.
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Einleitung. 3
Das vorliegende Werk enthält kaum irgend welche originelle That-sachen in Bezug auf den Menschen ; da aber die Folgerungen, zu welchen ich nach Vollendung einer flüchtigen Skizze gelangte, mir interessant zu sein schienen, so glaubte ich, dass sie auch Andere interessiren dürften. Es ist oft und mit Nachdruck behauptet worden, dass der Ursprung des Menschen nie zu enträthseln sei. Aber Unwissenheit erzeugt viel häufiger Sicherheit, als es das Wissen thut. Es sind immer Diejenigen, welche wenig wissen, und nicht Die welche viel wissen, welche positiv behaupten, dass dieses oder jenes Problem nie von der Wissenschaft werde gelöst werden. Die Schlussfolgevung, dass der Mensch, in gleicher Weise wie andere Arten, ein Nachkomme von irgend welchen anderen niedrigeren und ausgestorbenen Formen sei, ist durchaus nicht neu. Lamarck kam schon vor langer Zeit zu dieser Folgerung, welche neuerdings von mehreren ausgezeichneten Naturforschern und Philosophen zu der ihrigen gemacht worden ist, z. 13. von Wallace, Huxley, Lyell, Vogt, Lubbouk, Büchnkr, Rolle etc. ' und besonders von Häckel. Der letztgenannte Naturforscher hat ausser seinem grossen Werke: Generelle Morphologie (1866) noch neuerdings (1868 und in zweiter Autlage 1870) seine „Natürliche Schöpfungsgeschichte" herausgegeben, in welcher er die Genealogie des Menschen eingehend erörtert. Wäre dieses Buch erschienen, ehe meine Arbeit niedergeschrieben war, würde ich sie wahrscheinlich nie zu Ende geführt haben; fast alle die Folgerungen, zu denen ich gekommen bin, finde ich durch diesen Forscher bestätigt, dessen Kenntnisse in vielen Pnnkten viel reicher sind als meine. Wo ich irgend eine Thatsache oder Ansicht aus Pro-
1 Da die Werke der erstgenannten Schriftsteller in England allgemein bekannt sind, hat der Verfasser deshalb ihre Titel nicht speeiell anzuführen für nöthig gehalten; doch glaubt der Uebersetzer auch diese hier mit aufnehmen zu sollen: A. R. Wallace, Contributions to tbe theory of natural selection. London, 1870 (Cap. IX. n. X); Huxley, Zeugnisse für die Stellung des Menschen iu der Natur. Uebers. Braunschweig, 1863. Sir Ch. Lyell, Das Alter des Menschengeschlechts auf der Erde. Uebers. Leipzig, 18GL L. Büchner, Sechs Vorlesungen über die Darwin'sche Theorie. 2. Aufl. 18GS. Rolle, der Meusch im Lichte der Darwinschen Theorie. Frankfurt, 1865. Verf. fährt fort: Ich will hier nicht den Versuch machen, alle Schriftsteller zu citiren, welche dieselbe Ansicht vertreten. So hat G. Canestrini eine interessante Abhandlung über rudimentäre Charactere und deren Beziehung auf die Frage nach dem Ursprung des Menschen veröffentlicht (Annuario della Soc. d. Nat. Modena, 1807, p. 81). Ein anderes Werk hat Dr. Barrago Francesco herausgegeben unter dem Titel (italienisch, 1869): „Der Mensch geschaffen zum Ebenbilde Gottes, auch geschaffen als Ebenbild des Affen."
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4 Einleitung.
fessor Häckel's Schriften hinzugefügt .habe, gebe ich seine Gewähr im Text, andere Angaben lasse ich so, .wie sie ursprünglich in meinem Manuscript standen, und füge dann gelegentlich in den Anmerkungen Hinweise auf seine Schriften hinzu, als eine Bestätigung der zweifelhafteren oder interessanteren Punkte.
Viele Jahre hindurch ist es mir äusserst wahrscheinlich erschienen, dass geschlechtliche Zuchtwahl eine bedeutende Eolle bei der Differenzi-rung der Menschenrassen gespielt habe; in meiner ,Entstehung der Arten" (Erste Ausgabe, S. 209) begnügte ich mich aber, nur auf diese Ansicht hinzuweisen. Als ich nun dazu kam, diese Gesichtspunkte auf den Menschen anzuwenden, fand ich es für unumgänglich, den ganzen Gegenstand in ausführlichem Detail zu behandeln -. In Folge dessen ist der zweite Theil des vorliegenden Werks, welcher von der geschlechtlichen Zuchtwahl handelt, zu einer ungehörigen Länge, wenn mit dem ersten Theile verglichen, angewachsen; dies liess sich indessen nicht vermeiden.
Ich hatte beabsichtigt, den vorliegenden Bänden einen Versuch über den Ausdruck der verschiedenen Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den niederen Thieren hinzuzufügen. Sir Charles Bell's wundervolles Buch hatte meine Aufmerksamkeit vor vielen Jahren schon auf diesen Gegenstand gelenkt. Dieser berühmte Anatom behauptet, dass der Mensch mit gewissen Muskeln ausgerüstet sei, ausschliesslich zu dem Zwecke, seine Gemüthsbewegungen auszudrücken. Da diese Ansicht offenbar mit dem Glauben in AViderspruch steht, dass der Mensch von irgend einer anderen und niedereren Form abstammt, so wurde es für mich nothwendig, dieselbe eingehender zu betrachten. Ich wünschte gleichermaassen festzustellen, in wie weit die Gemüthsbewegungen in derselben Weise von den verschiedenen Menschenrassen ausgedrückt werden; aber wegen des Umfangs des vorliegenden Werks hielt ich es für besser, diesen Versuch, der zum Theil schon vollendet ist, für eine solbstständige Veröffentlichung vorzubehalten.
2 Prof. Iläokel ist der einzige Schriftsteller, welcher seit dem Erscheinen der „Entstehung der Arten" in seinen verschiedenen Arbeiten den Gegenstand der geschlechtlichen Zuchtwahl in sehr unisichtiger Weise erörtert und die volle Bedeutung desselben ergriffen hat.
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Erster Theil. Die Abstammung des Mensolieii.
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Erstes Oapitel.
Thatsachen, welche für die Abstammung des Menschen von einer niederen Form zeugen.
Natur dar Beweise für den Ursprung des Menschen. — Homologe Bildungen beim Menschen und den niederen Thieren. — Verschiedene Punkte der Ueberein-stimmung. — Entwicklung. — Rudimentäre Bildungen; Muskeln, Sinnesorgane, Haare, Knochen, Reproductiousorgane u. s. w. — Die Tragweite dieser drei grossen Classen von Thatsachen in Bezug auf den Ursprung des Menschen.
Ein Jeder, welcher zu entscheiden wünscht, ob der Mensch der modificirte Nachkomme irgend einer früher existirenden Form sei, würde wahrscheinlich zuerst untersuchen, ob der Mensch in einem wie geringen Grade auch immer seiner körperlichen Structur nach und in seinen geistigen Fähigkeiten variirt, und wenn dies der Fall ist, ob diese Abänderungen seinen Nachkommen in TJebereinstinimung mit den bei niederen Thieren geltenden Gesetzen überliefert werden, wie z. B. nach dem Gesetze der Ueberlieferung von Characteren in demselben Alter oder auf dasselbe Geschlecht; ferner, ob die Abänderungen, soweit es unsere Unwissenheit zu beurtheilen gestattet, die Resultate derselben allgemeinen Ursachen sind und ob sie von denselben allgemeinen Gesetzen beherrscht werden wie bei anderen Organismen, z. B. von der Correlation, den vererbten Wirkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs u. s. w. Ist ferner der Mensch ähnlichen Missbildungen unterworfen, in Folge von Bildungshemmungen, von Verdoppelung von Theilen u. s. w., und bietet er in irgendwelchen seiner Missbildungen einen Rückschlag auf einen früheren und älteren Bildungstypus dar ? Natürlich liesse sich auch untersuchen, ob der Mensch, wie so viele anderen Thiere, Varietäten und Unterrassen habe entstehen lassen, die nur unbedeutend von einander abweichen, oder Kassen, welche so verschieden von einander sind, dass. sie als zweifelhafte Species zu classificiren sind. Wie sind derartige Rassen über die Erde verbreitet und wie wirken sie bei einer Kreuzung auf einander, sowohl in der ersten Generation, als
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8
Körperbau des Menschen.
I. Theil.
in den folgenden? Und so Hessen sich noch über viele andere Punkte Fragen aufstellen.
Bei dieser Untersuchung würde man dann zunächst zu der wichtigen Frage kommen, ob der Mensch zu einer im Verhältniss so rapiden Zunahme neigt, dass hierdurch gelegentlich heftige Kämpfe um das Dasein und in Folge dessen wohlthätige Abänderungen veranlasst werden, gleichviel ob am Körper oder am Geiste, welche dann bewahrt bleiben, während die nachtheiligen beseitigt werden. Greifen die Kassen oder Arten, gleichviel welcher Ausdruck hier angewandt wird, über einander über und ersetzen einander, so dass einige schliesslich unterdrückt werden? Wir werden sehen, dass alle diese Fragen, wie es in der That in Bezug auf die meisten derselben auf der Hand liegt, bejahend beantwortet werden müssen, in derselben Weise wie bei den niederen Thieren. Die verschiedenartigen, hier angedeuteten Betrachtungen können aber füglich eine. Zeit lang noch zurückgestellt werden, und wir wollen zuerst nachsehen, in wie weit die körperliche Bildung des Menschen mehr oder weniger deutliche Spuren seiner Abstammung von irgend einer niederen Form zeigt. In den beiden folgenden Gapiteln werden die geistigen Fähigkeiten des Menschen im Vergleich mit denen der niederen Thiere betrachtet werden.
Die körperliche Bildung des Meu sehen. — Es ist notorisch, dass der Mensch nach demselben allgemeinen Typris oder Modell wie die anderen Sängethiere gebildet ist. Alle Knochen seines Skelets können mit entsprechenden Knochen eines Afi'en oder einer Fledermaus oder Robbe verglichen werden; dasselbe gilt für seine Muskeln, Nerven, Blutgefässe und Eingeweide. Das Gehirn, dieses bedeutungsvollste aller Organe, folgt denselben Bildungsgesetzen, wie Huxley und andere Anatomen gezeigt haben. Bisohoff l, welcher zu den Reihen der Gegner gehört, gibt zu, dass jede wesentliche Spalte und Falte in dem Gehirn des Menschen ihr Analogon in dem Gehirn des Orang findet; er fügt aber hinzu, dass auf^keiner Entwickelungsperiode die Gehirne beider vollständig unter einander übereinstimmen. Dies konnte man auch nicht erwarten, denn sonst würden ihre geistigen Fähigkeiten dieselben gewesen sein; VuLPlAN - bemerkt: »Lest di/ferences reelles, qui existent
' Grosshirmvindnngen fies Menschen. 1868, p. 96.
2 Lecons sur la Physiol. 1866, p. 890, nach dem Citat bei Daily, L'ordre des Primates et le Transformisme. 1868, p. 29.
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Cap. 1. Homologe Bildungen. 9
entrc l'encepliale de l'hoinme et cchü des singes superieurs, sont bien mitiimes. II >ie faul pas sc faire d'illiisions ä cet egard. L'homme est bien plus pres des singes anthropomorphes par les caracteres ana-tnmiques de son cerceau, que ceux-ci ne le sont non seulement des autres mammifercs, mais meine de certains quadrumanes, des gitcnons et des »uicaques.« Es wäre aber'überflüssig, hier noch weitere Ein-zelnheiteu in Betreff der Uebereinstimmnng zwischen dem Menschen und den höheren Säugethieren in der Bildung des Gehirns und aller anderen Theile des Körpers anzuführen.
Es dürffte indessen der Mühe wsrth sein, einige wenige Punkte, welche nicht direct oder offenbar in Verbindung mit dem Körperbau stehen, speciell anzuführen, aus denen diese Uebereinstimmnng oder Verwandtschaft deutlich hervorgeht.
Der Mensch ist fähig, von den anderen Thieren gewisse Krankheiten aufzunehmen oder sie ihnen mitzutheilen, wie AVasserscheu, Pocken, Kotz u. s. w., und diese Thatsache beweist die grosse Aehnlichkeit ihrer Gewebe und ihres Blutes, sowohl in ihrem feineren Bau, als in der Zusammensetzung, und zwar viel deutlicher, als es durch deren Verglei-chung unter dem besten Mikroskop oder mit Hülfe der sorgfältigsten chemischen Analyse nachgewiesen werden kann. Die Affen sind vielen nicht contagiösen Krankheiten ausgesetzt, und zwar denselben wie wir. So fand Kengoer3, welcher eine Zeit lang den Cebvs Az-arae in seinem Vaterlande sorgfältig beobachtete, dass er Katarrh bekam, mit den gewöhnlichen Symptomen, welcher bei häufigem Rückfall zu Schwindsucht führte. Diese Affen litten an Schlagfluss, Entzündung der Eingeweide und grauem Staar am Auge. Die jüngeren starben oft am Fieber während der Periode, in der sie ihre Milchzähne verloren ; Arzneien haben dieselbe Wirkung auf sie wie auf uns. Viele Arten von Affen haben eine starke Vorliebe für Thee, Kaffc und spirituöse Getränke; sie können auch, wie ich selbst gesehen habe, mit Vergnügen Tabak rauchen. Bkkhm behauptet, dass die Eingeborenen von Nordafrika die wilden Paviane dadurch fangen, dass sie Gefässe mit starkem Bier hinstellen, in welchem sich die Affen betrinken. Er hat mehrere dieser Thiere, die er in Gefangenschaft hielt, in diesem Zustande gesehen und gibt einen höchst komischen Bericht ihres Benehmens und ihrer wunderbaren Grimassen. Am folgenden Morgen waren sie sehr verstimmt und unaufgelegt, sie hielten ihren schmerzenden Kopf mit beiden Händen nnd 3 Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay. 1830, S. 50.
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Körperbau des Menschen.
[. Theil.
boten ein äusserst erbarmungswürdiges Ansehen dar. Wurde ihnen Bier oder Wein angeboten, so wandten sie sich mit Widerwillen ab, labten sich dagegen an Citronensaft4. Ein amerikanischer Affe, ein Ateles, wollte, nachdem er einmal von Branntwein betrunken geworden war, nie mehr solchen anrühren und war daher weiser als viele Menschen. Diese unbedeutenden Tkatsachen beweisen, wie ähnlich die Geschmacksnerven bei den Affen und den Menschen sein müssen und in wie ähnlicher Weise ihr ganzes Nervensystem afficirt wird.
Der Mensch wird von inneren Parasiten geplagt, welche zuweilen tödtliche Wirkungen hervorbringen, in gleicher Weise auch von äusseren, und alle diese Schmarotzer gehören zu denselben Gattungen oder Familien wie die, welche andere Säiigethiere bewohnen. Der Mensch ist in gleicher Weise wie andere Säiigethiere, Vögel und selbst Insecten, jenem geheimnissvollen Gesetz unterworfen, welches gewisse normale Vorgänge, wie die Trächtigkeit, ebenso wie die Reife und die Dauer gewisser Krankheiten den Mondperioden zu folgen veranlasst5. Seine Wunden werden durch denselben Heilungsprocess wieder hergestellt und die nach der Amputation seiner Gliedmaassen gelassenen Stumpfe besitzen gelegentlich, besonders während der früheren embryonalen Periode, eine gewisse Fähigkeit der Regeneration wie bei den niedersten Thieren «.
Der ganze Process jener bedeutungsvollen Verrichtung der Fortpflanzung der Art ist bei den Säiigethioren in auffallender Weise derselbe, von dem ersten Acte der Werbung des Männchens7 an bis zu der
4 Brehm, Thierleben. Bd. 1. S. 75, 86. Feher den Ateles S. 195. Wegen anderer analoger Angaben s. S. 25, 107.
5 In Bezug auf Insecten s. Dr. Laycock, On a gcneral law of vital perio-dicity. Britisb Associat. 1842. Maccnlocli sah einen Hund an dreitägigem Wechselfieber leiden. Silliman's Aiaeric. Jonrn. of Science. XVII, 305.
6 Die Beweise hiefür habe ich gegeben in der Schrift: .,lieber das Variiren der Thiero und Pflanzen im Zustande der Domestication" Bd. 2. S. 20 d. Teliers.
7 „Mares e diversis generibns Qnadnimanornm sine dubio dignosennt feminas lmmanas a maribns. I'rimnm, credo, odoratn, postea aspeetn. Mr. Youatt, qni diu in Hortis Zoologicis (Bestiariis) mediens animalinm erat, vir in rebus obser-vandis cantus et sagax, hoc mihi certissime probavit, et curatores ejusdem loci et alii e ministris confirmaverunt. Sir Andrew Smith et Brehm notabant idem in Cynoccphalo. Ilhistrissimus Cnvier etiam narrat mitlta de hac re, qua ut opinor nihil tttrpius potest indicari inter omnia hominibus et Quadrnmanis com-mnnia. Narrat enim Cynocephalnm quendam in fnrorem incirlere aspectu femi-narum aliqnarum, sed nequaquam accendi tanto furore ab omnibus. Seniper eli-gebat juniores et dignoscebat in turba et advocabat voce gestuqne".
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Cap. 1. Embryonale Entwicklung. 11
Geburt und der Ernährung des Jungen. Die Affen werden in einem fast genau so hülflosen Zustande geboren wie unsere eigenen Kinder, und in gewissen Gattungen weichen die Jungen in ihrem Aussehen von den Erwachsenen genau so viel ab, als menschliche Kinder von ihren erwachsenen Eltern8. Einige Schriftsteller haben als einen wichtigen Unterschied hervorgehoben, dass beim Menschen die Jungen in einem viel späteren Alter zur Reife gelangen, als bei irgend einem anderen Tliiere. Wenn wir aber einen Blick auf die Menschenrassen werfen, welche tropische Länder bewohnen, so ist der Unterschied nicht gross. Denn der Orang wird, wie man glaubt, nicht vor einem Alter von 10 bis 15 Jahren reif9. Der Mann weicht von der Frau in der grossen Körperkraft, in dem Behaartsein u. s. w., ebenso wie in Bezug auf den Geist, in derselben Weise ab, wie die beiden Geschlechter vieler Säuge-thiere von einander abweichen. Es ist überhaupt kaum möglich, die enge Uebereinstinimung im allgemeinen Bau, in der feinen Strnctur der Gewebe, in der chemischen Zusammensetzung und in der Constitution zwischen dem Menschen und den höheren Thieren, besonders den an-thropomorphen Allen, zu übertreiben.
Embryonale Entwicklung. Der Mensch entwickelt sich aus einem Eichen von ungefähr V125 Zoll im Durchmesser, welches in keiner Hinsicht von den Eichen anderer Thiere abweicht. Der Embryo selbst kann auf einer frühen Stufe kaum von dem anderer Glieder des Wirbelthierreichs unterschieden werden. Auf dieser Periode verlaufen die Halsarterien in bogenförmigen Aesten, als wenn sie das Blut zu Kiemen brächten, welche bei den höheren Wirbelthieren nicht vorhanden sind, obschon die Spalten an den Seiten des Halses noch übrig sind und deren frühere Stellung angeben. Auf einer etwas späteren Periode, wenn sich die Gliedmaassen entwickeln, entstehen, wie der berühmte v. Baer bemerkt, die Füsse von Eidechsen und Säugethieren, die Flügel und Füsse der Vögel und ebenso die Hände und Füsse des Menschen sämmtlich aus derselben Grundform. „Erst auf späteren Entwickelungs-stufen", sagt Professor Huxley 10, „bietet das junge menschliche Wesen deutliche Verschiedenheiten von dem jungen Affen dar, welcher letztere
f Diese Bemerkung machen in Beijug auf Cynocephalus und die anthropo-morphen Affen Geoffroy St. Hilaire^Tmdt' r. Cnvier, Hist. natur. des Mammiferes. Tom. I. 1824.
9 Huxley, Stellung des Menschen in der Natur. S. 38 (Uebers.)
10 Huxley, Stellung des Menschen in der Natur. S. 75.
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12 Körperbau des Menschen. I. Theil.
ebenso weit vom Hunde in seiner Entwickehiug abweicht, als es der Mensch thut. So anftallend diese letztere Behauptung zu sein scheint, so ist sie doch nachweisbar richtig.
Da manche meiner Leser vielleicht noch niemals die Zeichnung eines Embryo gesehen haben,, habe ich hier eine solche von einem Menschen und eine andere vom Hunde von ungefähr derselben Entwickeluugs-
Fig. 1. Die obere Figur ist ein menschlicher Embryo nach Ecker, die untere d*r eines Hunden
nach Bischoff. a) Vorderhirn, Gros>>liirnhemispharen etc. b) Mittelhirn, Vierhügel, cj llinterhirn, Kleinhirn, verlängertes Mark, dj Auge, e) Ohr. f) Erster Viseeralbogen. g) Zweiter Visceral bogen. H) Wirbelsäule und Muskehnassc. i) Vordere Gliedmaassen. K) Hintere GUedniaassen. L) Schwanz oder
Coccyx.
stufe gegeben, beides Copien nach zwei Werken von zweifelloser Genauigkeit n.
11 Der menschliche Embryo (obere Figur) ist nach Ecker, Icones physiol.
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Cap. 1. Embryonale Entwickelung. 13
Nach den vorstehenden, auf Grund bedeutender Autoritäten mit-getheilten Angaben würde es meinerseits überflüssig sein, noch eine Anzahl entlehnter Einzelnheiten zu geben, um zu zeigen,' dass der Embryo des Menschen streng dem anderer Säugethiere gleicht. Es mag indess noch hinzugefügt werden, dass der menschliche Embryo in verschiedenen Punkten seiner Bildung gleichfalls gewissen niederen Formen in deren erwachsenem Zustande ähnlich ist. So ist z. B. das Herz zuerst einfach ein pulsirendes Gefiiss, die Excremente werden durch eine Kloake entleert und das Schwanzbein springt wie ein wahrer Schwanz vor, indem es sich beträchtlich „jenseits der rudimentären Beine" verlängert12. Bei den Embryonen aller luftathmenden Wirbelthiere entsprechen gewisse Drüsen, die sogenannten WolfTschen Körper, den Nieren erwachsener Fische und wirken auch wie diese vi. Selbst in einer späteren embryonalen Periode lassen sich einige auffallende Ueberein-stimmungen zwischen dem Menschen und den niederen Thieren beobachten. Bischoff sagt, dass die Gehirnwindungen eines menschlichen Fötus vom Ende des siebeuten Monats ungefähr die Entwicklungsstufe erreichen, welche ein erwachsener Pavian zeigt M. Wie Professor Owen bemerkt'5, „ist die grosse Zehe, welche beim Stehen oder Gehen den Stützpunkt bildet, vielleicht die characteristischste Eigentümlichkeit des menschlichen Bau's". Aber bei einem Embryo von ungefähr einem Zoll Länge fand Professor Wyman '6, „dass die grosse Zehe kürzer als die anderen und, statt diesen parallel zu sein, unter einem Winkel von dem Fussrande vorsprang und daher mit dem bleibenden Zustande dieses Theils bei den Äffen übereinstimmteL. Ich will mit der Anführung einer Stelle von Huxley schliessen 17, welcher fragt, ob der Mensch in
Tal). XXX. Fig. 2. Dieser Embryo war zehn Linien lang, so dass die Zeich-uuug sehr vergrössert ist. Der Hundcenibiyo ist nach Bisehoff, Entwickelungs-gesebiebte des Hunde-Eies. 1845. Taf. XI, Fig. 42 B. Die Zeichnung ist fünfmal Yergrössert; der Embryo war 25 Tage alt. Die inneren Eingeweide sind weggelassen und die Uterinanhänge in beiden Figuren entfernt worden. Mich führte Prof. Huxley auf diese Abbildungen, dessen Werke, „Stellung des Menschen in der Natur" die Idee, sie hier zu geben, entnommen ist. Auch Hacke 1 bat analoge Figuren in seiner Schöpfungsgeschichte gegeben.
12 Prof. Wyman, in: Troceed. Americ. Acad. of Sciences. Vol. IV. 1SGO, p. 17.
13 Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. I, p. 533.
14 Die Grosshirnwindungen des Menschen. 18G8. S. 95.
15 Anatomy of Vertebrates. Vol. II, p. 553.
16 Prnceed. Soc. Nat. Eist. Boston, 1863. Vol. IX, p. 185. 11 Stellung des Menschen in der Natur, S. 74.
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Körperbau des Menschen.
I. Theil.
einer vom Hund, Vogel, Frosch oder Fisch verschiedenen "Weise entsteht, und dann sagt: „die Antwort kann nicht einen Augenblick zweifelhaft sein, die Ursprungsweise und die frühen Entwicklungsstufen des „Menschen sind mit denen der in dem Thierreiche unmittelbar unter „ihm stehenden Formen identisch. Ohne allen Zweifel steht er in diesen „Beziehungen den Affen viel näher, als die Affen dem Hunde stehen.-
Rudimente. — Obgleich dieser Gegenstand seinem inneren Wesen nach nicht von grösserer Bedeutung ist als die beiden letzterwähnten, so soll er doch aus mehreren Gründen hier mit grösserer Ausführlichkeit behandelt werden 1S. Es lässt sich nicht eines der höheren Thiere anführen, welches nicht irgend einen Theil in einem rudimentären Zustande besässe, und der Mensch bietet keine Ausnahme von dieser Regel dar. Rudimentäre Organe müssen von solchen unterschieden werden, welche auf dem Wege der Bildung sind, obschon in manchen Fällen die Unterscheidung nicht leicht ist. Die ersteren sind entweder absolut nutzlos, wie die Zitzen der männlichen Säugethiere oder die oberen Schneidezähne von Wiederkäuern, welche niemals das Zahnfleisch durchschneiden, oder sie sind von so untergeordnetem Nutzen für ihre jetzigen Besitzer, dass wir nicht annehmen können, sie hätten sich unter den jetzt existirenden Bedingungen entwickelt. Organe in diesem letzteren Zustand sind nicht streng genommen rudimentär, sie neigen nach dieser Richtung hin. Andererseits sind Organe in der Bildung, wenn auch noch uicht völlig entwickelt, für ihre Besitzer von grossem Nutzen und weiterer Entwickelung fähig. Rudimentäre Organe sind äusserst variabel, und dies lässt sich zum Theil daraus verstehen, dass sie nutzlos oder nahezu nutzlos sind und in Folge dessen nicht länger mehr der natürlichen Zuchtwahl unterliegen. Sie werden oft vollständig unterdrückt. Wenn dies eintritt, können sie nichtsdestoweniger gelegentlich durch Rückschlag wiedererscheinen, und dies ist ein der Aufmerksamkeit wohl werther Umstand.
Nichtgebrauch während der Lebensperiode, in welcher ein Organ hauptsächlich gebraucht wird, und dies ist meist während der Reifezeit
18 Ich hatte eine Skizze dieses Capitels niedergeschrieben, ehe ich eine werthvolle Abhandlung von G. Canestrini gelesen hatte, welcher ich beträchtlich zu danken habe: Caratteri rudimentali in »rdine all' origine del uomo, in: Amiuario della Soc. d. Jfat Modena, 18(57, p. 81. Häckel hat ganz vorzügliche Erörterungen über diesen ganzen Gegenstand unter dem Titel Dysteleologie in seiner „Generellen Morphologie" und seiner „Schöpfungsgeschichte" angestellt-
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Oap. 1. Riulimente. 15
der Fall, in Verbindung mit Vererbung auf einem entsprechenden Lebensalter scheinen die hauptsächlichsten Kräfte gewesen zu sein, welche das Rudimentärwerden der Organe veranlasst. Der Ausdruck „Nichtgebrauch* bezieht sich nicht bloss auf die verringerte Thätigkeit der Muskeln, sondern umfasst auch einen verminderten Zufiuss von Blut nach einem Theile oder Organe hin, weil dasselbe weniger Aenderungen von Druck ausgesetzt ist, oder weil es in irgendwelcher Weise weniger gewohnheitsgemäss thätig ist. Es können indessen Kudimente von Theilen in dem einen Geschlecht auftreten, welche im anderen Geschlecht normal vorhanden sind; und solche Kudimente sind, wie wir später sehen werden, oft in einer verschiedenen Art entstanden. In manchen Fällen sind Organe durch natürliche Zuchtwahl verkümmert, weil sie der Art und der veränderten Lebensweise nachtheilig geworden sind. Der Process der Verkümmerung wird wahrscheinlich oft durch die beiden Principe der Compensation und Oekoiiomie des Wachsthums unterstützt; aber die letzten^ Stufen der Verkümmerung, — wenn nämlich der Nichtgebrauch Alles, was ihm einigermaasseu zugeschrieben werden kann, vollbracht hat, und sobald die durch die Oekoiiomie des Wachsthums bewirkte Ersparniss sehr klein sein würde 19 —, sind nur schwer zu erklären. Die endliche und vollständige Unterdrückung eines Theils, welcher bereits nutzlos und in der Grösse sehr verkümmert ist, in weichein Falle "weder Compensation noch Oekoiiomie des Wachsthums in's Spiel kommen können, lässt sich vielleicht mit Hülfe der Hypothese der Pan-genesis verstehen und, wie es scheint, auf keine andere Weise. Da in-dcss der ganze Gegenstand der rudimentären Organe in einem früheren Werke20 ausführlich erläutert und erörtert worden ist, brauche ich hier über dieses Capitel nichts mehr im Allgemeinen zu sagen.
In vielen Theilen des menschlichen Körpers hat man Kudimente verschiedener Muskeln beobachtet21; und nicht wenige Muskeln, welche
19 Einige gute kritische Bemerkungen über diesen Gegenstand haben Murie und 3Iivart gegeben, in: Transaet. Zool. Soc. Vol. VII, p, 92.
'i0 Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2. S. 418 und 520. s. auch Entstehung der Arten. 4. (deutsche) Aufl. S. 475.
21 So z. B. beschreibt Richard (Amial. d. science. natur. 3. Ser. Zool. T. XVII, p. 18) und bildet ab Rudimente des von ihm sogenannten „muscle pedieux de la main", welcher, wie er sagt, zuweilen „infinement petit" sei. Ein anderer, „Tibial posterieur" genannter Muskel ist meist an der Hand gar nicht vorhanden, erscheint aber von Zeit zu Zeit in einem mehr oder weniger rudimentären Zustande.
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16 Körperbau des Menschen. I. Theü.
in einigen niederen filieren regelmässig vorhanden sind, können gelegentlich beim Menschen in einer beträchtlich verkümmerten Form nachgewiesen werden. Jedermann muss die Kraft beobachtet haben, mit welcher viele Thiere, besonders Pferde, ihre Haut bewegen oder erzittern machen, und dies wird durch den Panniculus carnosus bewirkt. Ueberbleibsel dieses Muskels in einem noch wirksamen Zustande werden an verschiedenen Theilen unseres Körpers gefunden, z. B. an der Stirn, wo sie die Augenbrauen erheben. Das Platysma myoides, welches am Halse entwickelt ist, gehört 7.11 diesem System, kann aber nicht willkürlich in Thätigkeit gebracht werden. Wie mir Professor Turner von Edinburg mittheilt, hat er gelegentlich Muskelfasern an fünf verschiedenen Stellen entdeckt, nämlich in den Achselhöhlen, in der Nähe der Schulterblätter u. s. w., welche alle auf das System des grossen Haut-muskels bezogen werden müssen. Er hat auch gezeigt2-, dass der Musculus stemalis brutorum, welcher nicht etwa eine Verlängerung des Roctus abdominalis, sondern eng mit dem Panniculus verwandt ist, in dem Verhältniss von ungefähr 3°/o unter mehr als 600 Leichnamen vorkam. Er fügte hinzu, dass dieser Muskel „eine vorzügliche Erläuterung der Angabe darbiete, dass gelegentlich auftretende und rudimentäre Bildungen besonders einer Abänderung in der Anordnung ausgesetzt sind."
Einige wenige Personen haben die Fähigkeit, die oberflächlichen Muskeln ihrer Kopfhaut zusammenzuziehen, und diese Muskeln befinden sich in einem variabeln und zum Theil rudimentären Zustand. Herr A. De Candolle hat mir ein merkwürdiges Beispiel der lange fortgesetzten Dauer oder Vererbung dieser Fähigkeit ebenso wie ihrer ungewöhnlichen Entwicklung mitgetheilt. Er kennt eine Familie, von welcher ein Glied, das gegenwärtige Haupt der Familie, als junger Mann schwere Bücher von seinem Kopfe schleudern konnte, allein durch die Bewegung seiner Kopfhaut, und er gewann durch Ausführung dieses Kunststücks Wetten. Sein Vater, Onkel, Grossvater und alle seine drei Kinder besitzen dieselbe Fähigkeit in demselben ungewöhnlichen Grade. Vor acht Generationen wurde diese Familie in zwei Zweige getheilt, so dass das Haupt des oben genannten Zweigs Vetter im siebenten Grade zu dem Haupte des andern Zweigs ist. Dieser entfernte Verwandte wohnt in einem anderen Theile von Frankreich; und als er gefragt
22 Prof. W. Turner, Proc. Roy. Soc. Edinburgh, 186G-G7, p. 05.
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Cap. 1. Rudimente. -)7
wurde, ob er diese selbe Fähigkeit besasse. producirte er sofort seine Kraft. Dieser Fall bietet eine nette Erläuterung dafür dar, wie zäh eine absolut nutzlose Fähigkeit überliefert werden kann.
Die äusseren Muskeln, welche dazu dienen, das ganze äussere Ohr zu bewegen, und die inneren Muskeln, welche dessen verschiedene Tlieile bewegen (welche alle zu dem System des Hautnmskels gehören), finden ' sich bei dem Menschen in einem rudimentären Zustande; sie sind auch in ihrer Entwicklung, oder wenigstens in ihren Functionen, variabel. Ich habe einen Mann gesehen, welcher seine Ohren vorwärts, und einen anderen, welcher sie rückwärts ziehen konnte23; nnd nacli dem, was mir eine dieser Personen sagt, ist es wahrscheinlich, dass die Meisten von uns dadurch, dass wir oft unsere Ohren berühren und hierdurch unsere Aufmerksamkeit auf sie lenken, nach wiederholten Versuchen etwas Bewegnngskraft wiedererlangen können. Die Fähigkeit, die Ohren aufzurichten und sie nach verschiedenen Richtungen hinzuwenden, ist ohne Zweifel für viele Thiere von dem höchsten Nutzen, da diese hierdurch den Ort der Gefahr erkennen; ich habe aber nie von einem Menschen gehört, welcher auch nur die geringste Fähigkeit, die Ohren aufzurichten, besessen hätte, die einzige Bewegung, welche für ihn von Nutzen sein könnte. Die ganze äussere Ohrmuschel könnte man als Rudiment betrachten, zusammen mit den verschiedenen Falten und Vorsprüngen (Helix und Antilielix, Tragus und Antitragus u. s. w.), welche bei den niederen Thieren das Ohr kräftigen und stützen, wenn es aufgerichtet ist, ohne sein Gewicht sehr zu vermehren. Manche Autoren vermuthen indess, dass der Knorpel der Ohrmuschel dazu dient, die Schallschwingungen dem Hörnerven zu übermitteln. Mr. ToTNBEE^kommt aber 24, nachdem er alle bekannten Erfahrungen über diesen Punkt gesammelt hat, zu dem Schluss, dass die äussere Ohrmuschel von keinem bestimmten Nutzen ist. Die Ohren des Schimpanse und Orang sind denen des Menschen merkwürdig ähnlieh, und mir haben die Wärter in den zoologischen Gärten versichert, dass diese Thiere sie nie bewegen oder aufrichten, so dass also dieselben in einem gleichermaassen rudimentären Znstande sind, soweit es die Function betrifft, wie beim Menschen. Warum diese Thiere, ebenso wie die Voreltern des Menschen, die Fähigkeit, ihre Ohren aufzurichten, verloren haben, können wir nicht
23 Canestrini citirt für ähnliche Thatsachan Ilyrtl (Anuario della Soc. dei Natural. Modena, 1867, p. 97).
M The Diseases of the Kar by J. Toynbee. London, 18GO, p. 12. Darwin, Abstammung. I. Zweite Aultage. 2
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Körperbau des Menschen.
I. Theil.
sagen. Es könnte sein, doch bin ich nicht völlig von dieser Ansicht zufriedengestellt, dass sie in Folge ihres Lebens auf Bäumen und wegen ihrer grossen Kraft nur wenigen Gefahren ausgesetzt waren und deshalb während einer langen Zeit ihre Ohren nur wenig bewegten und dadurch allmählich das Vermögen, sie zu bewegen, verloren. Dies würde ein paralleler Fall mit dem jener grossen und schweren Vögel sein, welche das Vermögen, ihre Flügel zum Fluge zu gebrauchen, in Folge des Umstands verloren haben, dass sie oceanische Inseln bewohnen und daher den Angriffen von Eanbthieren nicht ausgesetzt, gewesen sind.
Der berühmte Bildhauer Mr. Woolner theilt mir eine kleine Eigentümlichkeit am äusseren Ohre mit, welche er oft sowohl bei Männern wie bei Frauen beobachtet und deren volle Bedeutung er erfasst hat. Seine Aufmerksamkeit wurde zuerst auf den Gegenstand gerichtet, als er seine Statue des „Puck" arbeitete, welchem er spitze Ohren gegeben hatte. Er wurde hierdurch veranlasst, die Ohren verschiedener Affen und später noch sorgfältiger die des Menschen zu untersuchen. Die Eigentliümlichkeit besteht in einem kleinen stumpfen, von dem inneren Kande der äusseren Falte oder des Helix vorspringenden Punkte. Mr. Woolner hat ein sorgfältiges Modell eines solchen Falles gemacht und mir die beistehende Zeichnung (Fig. 2) übersandt. Dieser Punkt springt nicht bloss nach innen, sondern oft etwas nach aussen vor, so dass er sichtbar wird, wenn der Kopf dircct von vorn oder von hinten betrachtet wird. Er ist in der Grösse und auch etwas in der Stellung variabel, indem er entweder etwas höher oder tiefer steht; zuweilen kommt er auch nur an dem einen Ohr und nicht gleichzeitig am andern vor. Meiner Meinung nach ist nun die Bedeutung dieser Vorsprünge nicht zweifelhaft; man könnte aber glauben, dass, da sie einen so unbedeutenden Character darbieten, sie Figi 2 kaum der Bemerkung werth wären. Dieser
Menschliches Ohr, gezeichnet und modellirt von Mr. Woolner. a) der vorspringende Punkt.
Glaube ist indess ebenso falsch als natürlich. Jedes Merkmal, so unbedeutend es auch sein mag, muss das Kesultat irgend einer bestimmten Ursache sein. Der Helix besteht offenbar aus dem nach innen gefalteten äusseren Rande des Ohrs und diese Faltung scheint in irgend einer Weise damit zusammenzuhängen, dass das ganze äussere Ohr beständig
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Cap. 1. Rudimente. 19
nach rückwärts gedrückt wird. Bei vielen Affen, Welche nicht liocli in der ganzen Ordnung stellen, wie bei den Pavianen und manchen Arten von Macacus '25, ist der obere Tlieil des Ohrs leicht zugespitzt und der Rand ist durchaus nicht nach innen gefaltet. Wäre aber der Rand in dieser Weise gefaltet, so würde nothwendig eine kleine Spitze nach innen und wahrscheinlich auch etwas nach aussen vorspringen. Dies konnte man thatsächlich an einein Exemplar des Aleles Beeteebuth im zoologischen Garten beobachten; und wir können ruhig schliessen, dass es eine ähnliche Bildung, nämlich eine Spur früher gespitzter Ohren ist, welche gelegentlich beim Menschen wieder erscheint.
Die Nickhaut, oder das dritte Augenlid, mit ihren accessorischen Muskeln und anderen Gebilden ist besonders wohl entwickelt bei den Vögeln und ist für diese von höherer functioneller Bedeutung, da sie sehr schnell über den ganzen Augapfel gezogen werden kann. Sie findet sich auch bei manchen Reptilien und Amphibien und bei gewissen Fischen, wie z. B. bei Haifischen. Sie ist ziemlich gut entwickelt in den beiden unteren Abtheilungen der Säugethiere, nämlich bei den Monotraumen und Marsupialien und in einigen wenigen unter den höheren Säugethieren, wie beim Walross. Beim Menschen und den Quadru-manen dagegen, wie bei den meisten übrigen Säugethieren existirt sie, wie alle Anatomen annehmen, nur als blosses Rudiment, als die sogenannte halbmondförmige Falte 26.
Der Geruchssinn ist für die grössere Zahl der Säugethiere von der höchsten Wichtigkeit, für einige, wie die Wiederkäuer, dadurch, dass er dieselben vor Gefahren warnt, für andere, wie die Carnivoren, dass er sie die Beute finden lässt, für noch andere, wie den wilden Eber, zu beiden Zwecken. Der Geruchssinn ist aber von äusserst untergeordnetem Nutzen, wenn überhaupt von irgendwelchem, selbst für Wilde, bei denen er allgemein noch höher entwickelt ist als bei den civilisirten Rassen; er warnt sie weder vor Gefahren, noch leitet er sie zur Nahrung; auch verhindert er nicht, dass die Eskimo's in der übelriechend-
25 s. auch die Bemerkungen und die Abbildungen der Lemuridenohrei) in der vortrefflichen Abhandlung von Mnrie und Mivart in der Transact. Zool. Soc. Vol. VII. 1869, p. C und 90.
26 .1. Müller, Handbuch der Physiologie. 4. Aufl. B. 2. S. 312. Owen, Anatoni}' of Vertebrates. Vol. III, p. 2G0; derselbe über das Walross: Proceed. Zool. Soc. 8. Novbr. 1864. s. auch 11. Knox, Great Artists and Anatomists, p. 106. Dies Rudiment ist, wie es scheint, bei Negern und Australiern etwas grösser als bei Europäern, s. C.Vogt, Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1,S. 102.
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Körporbau des Menschen.
I. Theil.
sten Atmosphäre schlafen, oder dass viele Wilde halbfanles Fleisch essen. Wer an das Princip einer stufenweisen Entwickelung glaubt, wird nicht leicht zugeben, dass dieser Sinn in seinem jetzigen Zustande ursprünglich vom Menschen, wie er jetzt existirt, erlangt wurde. Ohne Zweifel ererbte er die Fähigkeit in einem abgeschwächten und insofern rudimentären Zustande von irgend einem früheren Vorfahren,' dem sie äusserst nutzbar war und von dem sie beständig gebraucht wurde. Es lässt sich vielleicht hierdurch verstehen, woher es kommt. dass, wie Dr. Maudrley richtig bemerkt hat 27, der Geruchssinn beim Menschen „in einer merkwürdig wirksamen Weise Ideen und Bilder bereits vergessener Scenen und Orte wieder erweckt"; denn bei den Thieren, welche diesen Sinn in hoher Entwickelung besitzen, wie bei Hunden und Pferden, sehen wir, dass alte Erinnerungen an Personen und Orte entschieden mit ihrem Geruchssinn vergesellschaftet sind.
Der Mensch weicht auffallend von allen übrigen Primaten darin ab, dass er fast nackt ist. Doch finden sich wenige kurze steife Haare über den grösseren Theil des Körpers beim männlichen Geschlecht und feine dunenartige an dem des weiblichen. Bei Individuen, welche zu derselben Rasse gehören, sind diese Haare äusserst variabel, nicht bloss in der Menge, sondern auch in der Stellung. So sind bei manchen Europäern die Schultern völlig nackt, während sie bei anderen dicke Haarbüschsel tragen28. Es lässt sich wohl kaum bezweifeln, dass die in dieser Weise über den Körper zerstreuten Haare die Ueberbleibsel des gleichförmigen Haarkleids der niederen Tliicre sind. Diese Ansicht wird dadnreh um so wahrscheinlicher, dass, wie bekannt ist, feine, kurze und hellgefärbte Haare an den Gliedmaassen und anderen Theilen des Körpers sich gelegentlich zu dicht stehenden langen und im Ganzen groben dunklen Haaren entwickeln, wenn sie in der Nähe alter, entzündeter Oberflächen abnorm ernährt werden 29.
Mr. Paget theilt mir mit, dass Personen, welche zu einer und derselben Familie gehören, oft in ihren Augenbrauen einzelne wenige Haare haben, die viel länger als die übrigen sind, so dass diese unbedeutende Eigenthümlichkeit vererbt zu werden scheint. Diese Haare repräsen-
" The Physiology and Pathology of Mind. 2. Edit. 1808, p. 134.
18 Eschricht, Uelier die Richtung der Haare am menschlichen Körper, in: Müller's Archiv für Anat. und l'hys. 1837. >S. 47. Ich werde mich oft auf diese sehr interessante Arbeit zu bezichen haben.
'"' Paget, Leetures on Rtirgical Pathology. 1853. Vol. I, p. 71.
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Cap. 1. Rudimente. 21
tiren offenbar die Tasthaare, welche von vielen der niederen Thiere als Tastorgane gebraucht werden. An einem jungen Schimpanse beobachtete ich, dass ein paar aufrechte, etwas lange Haare oberhalb der Augen vorsprangen, wo die eigentlichen Augenbrauen, wenn sie vorhanden wären, gestanden haben würden.
Das feine, wollähnliche Haar oder der sogenannte Lanugo, mit welchem der menschliche Fötus während des sechsten Monats dicht bedeckt ist, bietet einen noch merkwürdigeren Fall dar. Er entwickelt sich zuerst während des fünften Monats an den Augenbrauen und dem Gesicht und besonders um den Mund, wo er viel langer als der auf dem Kopfe ist. Eiu Schnurrbart dieser Art wurde von EschkiCht 3" au einem weiblichen Fötus beobachtet. Doch ist dies kein so auffallender Umstand, als er auf den ersten Blick scheinen mag, denn die beiden Geschlechter gleichen einander in allen äusseren Merkmalen während der früheren YVachsthumsperioden sehr. Die Richtung und Anordnung der Haare auf alleu Theilen des Embryonalkörpers sind dieselben wie beim erwachsenen Körper, unterliegen aber bedeutender Variabilität. So ist die ganzp Oberfläche, selbst mit Einschluss der Stirn und der Ohren, dicht bekleidet; es ist aber eine bezeichnende Thatsache, dass die Handflächen und Fusssohlen völlig nackt sind, wie es die unteren Flächen aller vier Extremitäten der niederen Thiere sind. Da dies eine zufällige Uebereinstimmung sein kann, so müssen wir die wollige Bedeckung des Fötus für den rudimentären Repräsentanten des ersten bleibenden Haarkleids derjenigen Säugethiere ansehen, welche behaart geboren werden. Diese Stellvertretung ist viel vollständiger in Uebereinstimmung mit dem gewöhnlich befolgten Gesetz der embryonalen Entwickelung, als jene'einzelnen Fälle zerstreut stehender Haare auf dem Körper des Erwachsenen.
Es scheint, als wenn der hinterste Backzahn, der sogenannte Weisheitszahn , bei den civilisirten Menschenrassen rudimentär zu werden strebte. Diese Zähne sind meisteus kleiner als die anderen Backzähne, wie es gleichfalls der Fall mit den entsprechenden Zähnen beim Schimpanse und Oraug ist; auch haben sie nur zwei getrennte AVurzeln. Sie durchbrechen das Zahnfleisch nicht eher als im siebenzehnteu Jahre ungefähr, und Zahnärzte haben mir versichert, dass sie viel mehr der Zerstörung ausgesetzt sind und früher verloren werden, als die anderen
Eschriclit, a. a. 0. ö. -iO, 47.
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Körperbau des Menseben.
l.Theil.
Zähne. Es ist auch merkwürdig, dass sie viel mehr, sowohl in ihrer Bildung, als in der Zeit ihrer Entwickehing, zu variiren geneigt sind als die anderen Zähne Ä\ Bei den schwarzen Kassen sind dagegen die Weisheitszähne gewöhnlich mit drei getrennten Wurzeln versehen und meist gesund; auch weichen sie von den anderen Backzähnen nicht so in der Grösse ab, wie bei den kaukasischen Kassen 32. Professor Schaaff-hausen erklärt diese Verschiedenheit zwischen den Kassen dadurch, dass „der hintere zahntragende Abschnitt der Kiefer" bei den civilisirten Rassen33 ,immer verkürzt" ist; und ich meine, diese Verkürzung kann man ruhig dem Umstände zuschreiben, dass civilisirte Menschen sich gewöhnlich von weichen, gekochten Speisen ernähren und daher ihre Kinnladen weniger gebrauchen. Mr. Bract: theilt mir mit, dass es in den Vereinigten Staaten eine durchaus gewöhnliche Operation werde, bei Kindern einige Backzähne zu entfernen, da die Kinnladen nicht gross genug wachsen für die vollständige Entwickehing der normalen Zahl.
In Bezug auf den Verdamnigskanal ist mir mir ein einziger Bericht von einem Rudimente vorgekommen, nämlich dem wnrmfönnigen Anhange des Blinddarms. Der Blinddarm ist eine Abzweigung oder ein Divertikel des Darms, welcher mit einem Blindsack endigt, und bei vielen niedrigeren ptlanzenfrcssendcn Säugethieren ist er ausserordentlich lang, bei dem marsupialen Koala ist er factisch über dreimal so lang als der ganze Körper34. Zuweilen ist er in einen langen, sich allmählich zuspitzenden Fortsatz ausgezogen und zuweilen in xVbtheilungen abgeschnürt. Es scheint, als wenn in Folge veränderter Ernährung oder Lebensweise der Blindsack bei verschiedenen Thieren sehr verkürzt worden sei, wo dann der wurmförmige Anhang als Rudiment des verkürzten Theils übrig bleibt. Dass dieser Anhang ein Rudiment ist, können wir aus seiner unbedeutenden Grösse und aus den Beweisen für seine Veränderlichkeit beim Menschen schliessen, welche Professor Caxestrini 35 gesammelt hat. Er fehlt gelegentlich vollständig oder ist wiederum bedeutend entwickelt; seine Höhle ist zuweilen vollständig für die Hälfte
'" Dr. Webh, Teeth in Ma.11 and the Anthropoid Apes. Citirt von C. Carter Blake in Anthropolog. Review. Juiy, 1867, p. 290.
" Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 320, 321, 325.
3! lieber die primitive Form des Schädels. Uebers. in Anthropolog. Review. Oct. 186«, p. 426.
" Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 41», 434, 441.
35 Annuario della Soc. ilei Natur. Modena, 1867, p. 04.
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Cap. 1. Rudimente. 23
oder zwei Drittel seiner Länge verschlossen, wobei dann der Endtheil ans einer abgeplatteten, soliden Ausbreitung besteht. Beim Orang ist dieser Anhang lang und gewunden; beim Menschen entspringt er vom Ende des kurzen Blindsacks und ist gewöhnlich 4—5 Zoll lang, während er nur ein Drittel Zoll im Durchmesser hat. Er ist nicht bloss nutzlos, sondern wird zuweilen die Todesursache, von welcher Thatsache mir vor Kurzem zwei Fälle bekannt geworden sind. Es rührt dies daher, dass kleine, harte Körper in den Kanal eindringen und dadurch Entzündung verursachen 36.
Bei einigen Vierhändern, bei den Lemuriden und besonders bei den Carnivoren findet sich in der Nähe des unteren Endes des Oberarmbeins ein Kanal, das sogenannte supracondyloide Loch, durch welches der grosse Nerv der vorderen Glied maassen und zuweilen auch die grosse Arterie hindurchtritt. Nun findet sich, wie Dr. Struthers S7 und Andere gezeigt haben, am Oberarmbein des Menschen gewöhnlich eine Spur dieses Kanals; und zuweilen ist er ziemlich vollständig entwickelt, indem er von einem überhängenden hakenförmigen Knochen-fortsatze gebildet wird, welcher sich dann durch einen Bandstreifen zu einem Loche vervollständigt. Ist er vorhanden, so tritt unveränderlich der grosse Armnerv durch ihn hindurch, und dies beweist deutlich, dass er das FTomologon und Rudiment des supracondyloiden Lochs der niederen Säugethiere ist. Nach einer Schätzung von Professor Turner kommt er, wie mir derselbe mittheilte, an ungefähr einem Procent neuerer Skelette vor. Dieses Vorkommen bietet aber nicht so grosses Interesse dar, da das Foramen nicht regelmässig bei den höheren Qua-drumanen vorhanden ist. Es ist daher zweifelhaft, wie Mr. Busk gegen mich geäussert hat, ob seine gelegentliche Anwesenheit beim Menschen einem Beibehalten einer ursprünglichen Bildungseigenthümlichkeit oder einem Rückschlage auf eine solche zugeschrieben werden kann.
Es rindet sich am Oberarmbein noch ein anderes Loch, welches das intercondyloide genannt werden kann. Dieses kommt bei verschiedenen anthropomorphen und andern Affen 38, aber gleichfalls bei vielen
:i6 Ch. Martins (De l'unite organique, in: Revue des Deux Mondes. 15. Juin, 1802, p. 16) und Iläckel (Generelle Morphologie. Bd. 2, S. 278) haben beide bemerkt, dass dies eigenthümliche Rudiment zuweilen den Tod verursacht.
:" „The Lancet". Jan. 24, 1863, p. 83. R. Knox, Great Artists and Ana-tomists, p. 63, s. auch einen wichtigen Aufsatz von Grub er im Bulletin de l'Acad. Imp. de St. Petershg. Tom. XII, 1867, p. 448.
38 Mr. St. George Mivart, in: Philosoph. Transact. 1867, p. 310.
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24 Körperbau des Menschen. I. Theil.
der niederen Säugethiere und gelegentlich beim Menschen vor. Es ist merkwürdig, dass dies Loch während alter Zeiten viel häufiger vorhanden gewesen zu sein scheint, als in neuerer Zeit. Mr. Busk 39 hat über diesen Gegenstand die folgenden Beweisstücke gesammelt: Professor Broca „beobachtete die Durchbohrung an 4'/2ü'<> der von ihm auf der „Cimetiere du sud in Paris gesammelten Armknochen, und in der Höhle „von Orrony, deren Inhalt der Bronzeperiode zugeschrieben wird, fand sie „sich selbst an acht Oberarmbeinen unter zwei und dreissig. Dieses ausserordentliche Verhältniss glaubt er aber dem Umstände zuschreiben zu „müssen, dass die Höhle vielleicht eine Art ,Familiengruft' gewesen ist. „Ferner fand Mr. Düpost 3()°'o durchbohrter Armknochen in den Höhlen „des Lesse-Thals, welche der Keuthierperiode angehören, während Mr. „Leguay in einer Art von Dolmen in Argeuteuil 25°/0 perforirt fand, .und Pruwk-Bey fand von den Knochen von Vaureal 26°i> in diesem „Zustande. Auch darf man nicht unbeachtet lassen, dass Pruner-Bey „angibt, dieser Zustand sei bei Guanchenskeletten der gewöhnliche". Die Thatsache, dass alte Kassen in diesem Falle wie in mehreren anderen häufiger als neuere Kassen Bildungen darbieten, welche denen niederer Thiere gleichen, ist interessant. Eine hauptsächliche Ursache hiervon scheint die zu sein, dass ältere Rassen in der langen Descendenzreihe-ihren entfernten, thierähnlichen Urerzeugern etwas näher stehen als moderne Kassen.
Obgleich das Schwanzbein beim Menschen als Schwanz keine Function hat, so wiederholt es doch offenbar diesen Theil anderer Wirbel-thiere. Auf einer früheren Embryonalperiode ist es frei und springt, wie wir gesehen haben, über die unteren Extremitäten vor. In gewissen seltenen und anomalen Fällen hat man nach den Angaben von Isidore Geoffkoy St. Hilaire und anderen 40 gefunden, dass es ein kleines äusseres Kudiment eines Schwanzes bildet. Das Schwanzbein ist kurz und enthält gewöhnlich nur vier Wirbel, und diese sind in einem rudimentären Zustande, denn sie bestehen mit Ausnahme des obersten nur aus dem Wirbelkörper 4I. Sie sind mit einigen kleinen Muskeln versehen, von denen, wie mir Professor Turner mittheilt, der eine ausdrücklich von Tiieile als eine rudimentäre Wiederholung des Extensor
39 On the Caves of Gibraltar, in Transact. Internat. Congress of prehist. Arcli. Third Session. 18G9, p. 54.
40 Quatrefages bat neuerdings die Beweise über diesen Punkt gesammelt. Kerne des Cours Scientifiques. 18R7—1868, p. G25.
41 Owen, On the nature of Limbs. 184Ü, p. 114.
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Cap. 1. Rudimente. 25
des Schwanzes beschrieben worden ist, welcher bei vielen Säugethieren so kräftig entwickelt ist.
Das Rückenmark erstreckt sich beim Menschen nur bis zum letzten Rücken- oder Lendenwirbel nach abwärts; doch läuft ein fadenartiges Gebilde (das filum terminale) in der Achse des Kreuztheils des Eiickenmarkskaiials und selbst dem Kücken der Schwanzwirbel entlang noch hinab. Der obere Theil dieses Gebildes ist, wie mir Professor Turner mittheilt, unzweifelhaft mit dem Rückenmark homolog, der untere Theil bestellt aber offenbar nur aus der pia mater oder der ge-fässreichen Hüllnieinbran. Selbst in diesem Fall kann man sagen, dass das Schwanzbem eine Spur eines so wichtigen Gebildes wie des Rückenmarks trägt, wenngleich es nicht mehr in einen knöchernen Kanal eingeschlossen ist. Die folgende Thatsache, für deren Mittheilung ich gleichfalls Professor Turnek zu Dank verpflichtet bin, zeigt, wie genau das Schwanzbein dem wirklichen Schwanz bei niederen Thieren entspricht: Luschka hat nämlich neuerdings an der Spitze der Schwanzknochen einen sehr cigenthümlich gewundenen Körper entdeckt, welcher mit der mittleren Kreiizbeiuarterie in Zusammenhang steht, und diese Entdeckung veranlasste Krause und Meyer , den Schwanz eines Allen (Macams) und einer Katze zu untersuchen; bei Beiden fanden sie, wenn auch nicht gerade an der Spitze, einen ähnlich gewundenen Körper.
Die Fortpflanzimgsorgane bieten verschiedene rudimentäre Bildungen dar; diese weichen aber in einer bedeutungsvollen Hinsicht von den vorstehenden Fällen ab. Wir haben es hier nicht mit dem Ueberbleibsel eines Theiles zu thun, welcher der Art nicht mehr in einem funetions-fähigen Zustande angehört, vielmehr mit einem Theile, welcher beständig bei dem einen Geschlecht vorhanden und in Function ist, während er in dem anderen von einem blosen Rudiment vertreten wird. Nichtsdestoweniger ist das Vorkommen solcher Rudimente ebenso schwer unter zu Grundelegung des Glaubens an die besondere Schöpfung jeder einzelnen Species zu erklären, als die vorhin erörterten Fälle von Rudimenten. Ich werde später auf diese Rudimente zurückzukommen haben und werde zeigen, dass ihr Vorhandensein allgemein nur auf Erblichkeit beruht, insofern nämlich, als das eine Geschlecht Theile erlangt hat, welche zum Theil auch dem anderen überliefert worden sind. An dieser Stelle will ich nur einige Beispiele solcher Rudimente anführen. Es ist allgemein bekannt, dass bei den Männehen aller Säugethiere, mit Einschluss des Menschen, rudimentäre Brustdrüsen vorhanden sind; diese
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Körperbau des Menschen.
I. Theil.
haben sich in mehreren Fällen vollständig entwickelt und eine reichliche Menge von Milch gegeben. Ihre wesentliche Identität in den beiden Geschlechtern zeigt sich gleichfalls durch ihre sympathische Vergrößerung bei beiden während der Masern. Die sogenannte Vesicula prostatica, welche in vielen männlichen Säugethieren beobachtet worden ist, ist jetzt ganz allgemein für das Homologon des weiblichen Uterus in Verbindung mit dem zuführenden Kanal anerkannt worden. Man kann unmöglich Leuckabt's klare Beschreibung des Organs und seine Betrachtungen darüber lesen, ohne die Richtigkeit seiner Folgerungen zuzugeben. Dies ist besonders der Fall bei denjenigen Säugetliieren, in welchen der weibliche Uterus sich gabelförmig tlieilt; denn bei den Männchen derselben ist die Vesicula prostatica in gleicher Weise ge-theilt 42. Es Hessen sich noch andere rudimentäre Bildungen, die zu dem Fortpflanznngssystem gehören, hier anführen 4:i.
Die Tragweite der drei grossen, jetzt mitgetheilten Classen von Thatsachen ist nicht miszudenten. Es würde aber überflüssig sein, hier die ganzen Folgerungen, welche ich im Einzelnen in meiner ,Entstehung der Arten" gegeben habe, zu wiederholen. Die homologe Bildung des ganzen Körpers bei den Gliedern einer und derselben Classe ist sofort verständlich, wenn wir ihre Abstammung von einem gemeinsamen Ur-erzeuger und gleichzeitig ihre spätere Anpassung an verschieden gewordene Bedingungen annehmen. Nach jeder anderen Ansicht ist die Aehnlichkeit der Form zwischen der Hand eines Menschen oder eines Affen und dem Fusse eines Pferdes, der Flosse einer Robbe, dem Flügel 'einer Fledermaus u. s. w. völlig unerklärlich. Es ist keine wissenschaftliche Erklärung, wenn man sagt, dass sie alle nach demselben ideellen Plane gebaut sind. Tn Bezug auf die Entwickehmg können wir nach dem Princip, dass Variationen auf einer im Ganzen späteren embryonalen Periode und zu entsprechenden Altern vererbt werden, deutlich verstehen, woher es kommt, dass die Embryonen sehr verschiedener Formen doch mehr oder weniger vollkommen den Bau ihres gemeinsamen Urerzengers beibehalten. Von keinem anderen Standpunkte aus ist je eine Erklärung der wunderbaren Tliatsache gegeben worden, dass
4-Leuckart, in Todd's Cyclopaedia of Anatomy. 1849—52. Vol. IV, p. 1415. Beim Menschen ist dies Organ mir von drei bis sechs Linien lang, ist aber, wie so viele anderen rudimentären Organe, in Bezug auf seine Entwicke-lung, wie auf andere Merkmale, variabel.
*' s. hierüber Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 675, 676, 706.
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Cap. 1.
Rudimente.
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die Embryonen eines Menschen, Hundes, einer Robbe, Fledermaus, eines Reptils u. s. w. anfangs kaum von einander unterschieden werden können. Um das Vorhandensein rudimentärer Organe zu verstehen, haben wir nur anzunehmen, dass ein früherer Vorfahre die in Frage stehenden Theile in vollkommenem Znstande besessen hat und dass dieselben unter veränderten Lebensgewolmheiten bedeutend reducirt wurden, und zwar entweder in Folge einfachen Nichtgebrauchs oder mittelst der natürlichen Zuchtwahl derjenigen Individuen, welche am wenigsten mit überflüssigen Organen belastet waren, und dies mit Unterstützung der früher angegebenen Vorgänge.
Wir können hierdurch verstehen, woher es gekommen ist, dass der Mensch und alle übrigen Wirbelthiere nach demselben allgemeinen Plane gebaut sind, warum sie die gleichen Stufen früherer Entwickelung durchlaufen und warum sie gewisse Rudimente gemeinsam beibehalten haben. In Folge hiervon sollten wir offen die Gemeinsamkeit ihrer Abstammung zugeben: irgend eine andere Ansicht sich zu bilden, hiesse annehmen, dass unser eigener Bau und der sämmtlicher Thiere um uns her nur eine Falle sei, um unser Urtheil gefangen zu nehmen. Diese Folgerung wird noch bedeutend verstärkt, wenn wir die Glieder der ganzen Thier-reihe und die Thatsachen ihrer Verwandtschaft oder Classification, ihrer geographischen Verbreitung und geologischen Aufeinanderfolge betrachten. Es ist nur unser natürliches Vorurtheil und jene Anmassmig, die unsere Vorfahren erklären hiess, dass sie von Halbgöttern abstammten, welche uns gegen diese Schlussfolgerung einnehmen. Es wird aber nicht lange dauern, und die Zeit wird da sein, wo man sich darüber wundern wird, dass Naturforscher, welche mit dem Bau und der Entwickelung des Menschen und anderer Säugethiere in Folge eingehender Vergleichungen bekannt sind, haben glauben können, dass jedes derselben die Folge eines besonderen Schöpfungsactes gewesen sei.
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Zweites Capitel.
Yergleichnug der Geisteskräfte des Menschen mit denen der
niederen Thiere.
Die Verschiedenheit in den geistigen Kräften zwischen dem höchsten Affen mid dem niedersten Wilden ist ungeheuer. — Gewisse Instincte sind gemeinsam.
— Gemüthsbewegungeii. — Neugierde. — Nachahmung. — Aufmerksamkeit.
— Gedächtniss. — Einbildung. — Verstand. — Progressive Vervollkommnung. — Von Thieren gebrauchte "Werkzeuge und Waffen. — Sprache. — Sclbstbcwnsstsein. — Gefühl für Schönheit. — Glaube an Gott, spirituelle Kräfte; Aberglaube.
Wir haben im letzten Capitel gesellen, dass der Mensch in dem Bau seines Körpers deutliclic Spuren seiner Abstammung von irgend einer niederen Form darbietet; man könnte aber behaupten, dass sich bei diesem Schlnss irgend ein Irrthum eingeschlichen haben müsse, da der Mensch in seinen Geisteskräften so bedeutend von allen anderen Thieren abweicht. Die Verschiedenheit in dieser Hinsicht ist ohne Zweifel enorm, selbst wenn man die Seele eines der niedrigsten Wildeu, welcher kein Wort besitzt, eine höhere Zahl als vier auszudrücken, und welcher keine abstracten Bezeichnungen für die gewöhnlichsten Gegenstände oder Af-fectel gebraucht, mit der des höchstorganisirten Affen vergleicht. Ohne Zweifel würde der Unterschied immer noch ungeheuer bleiben, selbst wenn einer der höheren Affen so weit veredelt oder civilisirt wäre, wie es ein Hund ist im Vergleich mit seiner Stammform, dem Wolfe oder Schakal. Die Feuerländer gehören zu den niedrigsten Barbaren: ich habe mich aber fortwährend darüber verwundern müssen, wie genau die drei an Bord des Bcagle befindlichen Feuerländer, welche einige Jahre in England lebten und etwas Englisch sprechen konnten, uns in ihrer ganzen Anlage und in den meisten geistigen Fähigkeiten glichen. Wenn kein organisches Wesen ausser dem Menschen irgendwelche geistige Fähigkeit besessen hätte, oder wenu seine Fähigkeiten von einer völlig
1 s. die Beweise hierfür in Sir J. Lubbock, Prehistoric Times, p. 354 und flgde.
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Cap. 2.
Verschiedenheiten der Geisteskräfte.
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verschiedenen Natur wären im Vergleich zu denen der niederen Thiere, so würden wir nie im Stande gewesen sein, uns zu überzeugen, dass unsere hohen Fähigkeiten allmählich entwickelt worden sind. Es lässt sich aber deutlich nachweisen, dass kein fundamentaler Unterschied dieser Art besteht. Wir müssen auch zugeben, dass ein viel weiterer Abstand in den geistigen Fähigkeiten zwischen einem der niedrigsten Fische, wie der Fricke oder einem Amphioxus, und dem der höheren Affen besteht, als zwischen dem Affen und dem Menschen: und doch wird diese Lücke durch zahllose Abstufungen ausgefüllt.
Auch ist iu den moralischen Anlagen der Unterschied zwischen einem Barbaren, wie dem von dem alten Seefahrer Byron beschriebenen Mann, welcher sein Kind an den Felsen zerschlug, weil es einen Korb mit Seeigeln hatte fallen lassen, und einem Howard oder Clerkson nicht gering, ebensowenig wie der Unterschied in Bezug auf den Verstand zwischen einem Wilden, der keine abstracten Ausdrücke gebraucht, und einem Newton oder Shakespeare. Verschiedenheiten dieser Art zwischen den grössten Männern der höchsten Bässen und den niedrigsten Wilden werden durch die feinsten Abstufungen mit einander verbunden. Es ist aber möglich, dass sie in einander übergehen und aus einander sich entwickeln können.
Ich beabsichtige in diesem Capitel nur zu zeigen, dass zwischen dem Menschen nnd den höheren Säugethieren kein fundamentaler Unterschied in Bezug auf ihre geistigen Fähigkeiten besteht. Jeder Abschnitt dieses Gegenstandes hätte sich in eine besondere Abhandlung ausdehnen lassen, muss aber hier nur kurz behandelt werden. Da keine Eintheilung der geistigen Fähigkeiten ganz allgemein angenommen worden ist, werde ich meine Bemerkungen in einer meinen Zwecken am meisten dienenden Weise anordnen und werde diejenigen Thatsachen auswählen, welche mich am meisten frappirt haben, in der Hoffnung, dass sie auch auf den Leser ihre Wirkung äussern werden.
In Bezug auf die sehr tief auf der Stufenleiter stehenden Thiere werde ich noch einige weitere Thatsachen in dem Abschnitt über geschlechtliche Zuchtwahl zu geben haben, welche zeigen werden, dass ihre geistigen Fähigkeiten bedeutender sind, als man hätte erwarten können. Die Veränderlichkeit dieser Fähigkeiten bei Individuen einer nnd derselben Art ist ein bedeutungsvoller Punkt für uns, und einige wenige Erläuterungen hierüber mögen hier gegeben werden. Es würde aber überflüssig sein, hier auf viele Einzelnheiten über diesen Gegenstand einzu-
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Geisteskräfte.
I. Theil.
gehen; denn nach häufigen Erkundigungen habe ich gefunden, dass alle Diejenigen, welche lange Zeit Thiere vieler Arten, mit Einschhiss der Vögel, aufmerksam beobachtet haben, der Meinung sind, dass die Individuen in jedem geistigen Characterzuge bedeutend von einander abweichen. Zu untersuchen, in welcher Weise die geistigen Fähigkeiten zuerst in den niedrigsten Organismen sich entwickelt haben, ist eine ebenso hoffnungslose Untersuchung als die, wie das Leben zuerst entstand. Dies sind Probleme für eine ferne Zukunft, wenn sie überhaupt je von Menschen gelöst werden können.
Da der Mensch dieselben Sinne wie die niederen Thiere besitzt, so müssen seine fundamentalen Eindrücke dieselben sein. Der Mensch hat auch einige wenige Instincte mit den Thiereu gemeinsam, wie den der Selbsterhaltung, der geschlechtlichen Liebe, der Liebe der Mutter für ihr Neugeborenes, die Fähigkeit des Letzteren zu saugen u. s. w. Doch hat vielleicht der Mensch etwas weniger Instiucte als diejenigen Thiere besitzen, welche zunächst in der Stufenreihe auf ihn folgen. Der Orang auf den indischen Inseln und der Schimpanse in Afrika bauen Plattformen, auf denen sie schlafen, und da beide Arten dieselbe Gewohnheit haben, so könnte man schliessen, dass dies die Folge eines Instincts sei; wir sind aber nicht sicher, ob es nicht das Kesnltut des Umstan-des ist, dass beide Thiere ähnliche Bedürfnisse und die gleiche Fähigkeit der Ueberlegung haben. Wir können annehmen, dass diese ^ Affen die vielen giftigen Früchte der Tropeu vermeiden, und der Mensch besitzt diese Kenntnisse nicht. Da aber unsere Hausthiere, wenn sie in fremde Länder gebracht und zuerst im Frühjahr hinausgetrieben werden, oft giftige Pflanzen fressen, welche sie später vermeiden, so sind wir nicht sicher, ob die Affen nicht nach ihrer eigenen Erfahrung od^r nach der ihrer Eltern lernen, welche Früchte sie zu wählen haben. Indessen ist es gewiss, wie wir sofort sehen werden, dass die Affen eine instinctive Furcht vor Schlangen und wahrscheinlich auch vor anderen gefährlichen Thieren habeu.
Die geringe Zahl und vergleichsweise Einfachheit der Instincte bei den höheren Thieren ist merkwürdig contrastirend mit denen der niederen Thiere. Covier behauptet, dass Instinct und Intelligenz in umgekehrtem Verhältniss zu einander stehen, und manche Schriftsteller haben gemeint, dass die intellectuellen Fähigkeiten der höheren Thiere sich allmählich aus deren Instincten entwickelt haben. Es hat aber
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Cap. 2. Instinct und Intelligenz. 31
Pouchet in einem interessanten Aufsatze2 gezeigt, dass ein derartiges umgekehrtes Verhältniss factisch nicht besteht. Diejenigen Iusecten, welche die wunderbarsten Instincte besitzen, sind sicher auch die intelligentesten. Unter den Wirbelthieren besitzen die am wenigsten intelligenten Glieder, nämlich die Fische und Amphibien, keine complexen Instincte; und unter den Säugethieren ist das Thier, welches wegen seiner Instincte merkwürdig ist, nämlich der Biber, sehr intelligent, was Jeder zugeben wird, welcher Morgan's ausgezeichnete Beschreibung dieses Thieres3 gelesen hat.
Obgleich sich die ersten Spuren der .Intelligenz nach Herbebt Spencer 4 durch die Vervielfältigung und Coordinatiou von Reflexwirkungen entwickelt haben, und obschon viele der einfacheren Instincte in Wirkungen dieser Art übergehen und kaum von ihnen unterschieden werden können, wie bei dem Saugen junger Thiere, so scheinen doch die complicirten Instincte unabhängig von irgend einer Intelligenz entstanden zu sein. Ich möchte aber durchaus nicht läugnen, dass in-stinctive Thätigkeiten ihren fixirten und nicht angelernten Character verlieren und durch andere Thätigkeiten ersetzt werden können, welche durch Hülfe des freien Willens ausgeführt werden. Andererseits werden aber Handlungen des Verstandes, wie z. B. wenn Vögel auf oceanischen Inseln zuerst sich vor Menschen zu fürchten lernen, in Instincte umgewandelt und werden vererbt, wenn sie viele Generationen hindurch ausgeführt worden sind. Man kann dann von ihnen sagen, dass sie im Character verderbt sind, denn sie werden nun nicht mehr durch den Verstand oder nach der Erfahrung ausgeführt. Dagegen scheint die grössere Zahl der complicirten Instincte in einer völlig verschiedenen Weise erlangt worden zu seiu, nämlich durch die natürliche Zuchtwahl von Variationen einfacher instinctiver Handlungen. Derartige Variationen scheinen aus denselben unbekannten Ursachen, welche hier auf die Organisation des Gehirns wirken, zu entstehen, wie solche unbedeutende Abänderungen oft individuelle Verschiedenheiten in anderen Theilen des Körpers hervorrufen; und in Folge unserer Unwissenheit sagt man dann häufig, dass diese Variationen spontan auftreten. Ich glaube, wir können auch mit Bezug auf den Ursprung der complicir-teren Instincte zu keinem anderen Schlüsse gelangen, wenn wir an die
1 L'instinct chez les Insectes, in: Revue des Deux Mondes. Febr. 1870, p. 690.
3 The American Beaver and his Works. 1S68.
1 The Principles of Psychology. 2. edit. 1870, p. 41S—443.
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Geisteskräfte.
I. Theil.
wunderbaren Instincte steriler Arbeiterameisen und Bienen uns erinnern, welche keine Nachkommen hinterlassen, denen sie die Wirkungen der Erfahrung und veränderten Lebensweise überliefern könnten.
Obsclion ein hoher Grad von Intelligenz mit dem Vorhandensein complicirter Instincte verträglich ist, wie wir bei den eben genannten Insecten und beim Biber gesehen haben, so ist es doch nicht unwahrscheinlich, dass sie in einer gewissen Ausdehnung ihre gegenseitige Entwickelung stören. Heber die Functionen des Gehirns ist nur wenig-bekannt ; aber wir beobachten, dass in dem Maasse, wie die intellectu-ellen Fähigkeiten höher entwickelt werden, auch die verschiedenen Theile des Gehirns durch die feinst verwobenen Kanäle gegenseitigen Austausches mit einander in Verbindung gebracht werden müssen; und als Folge hiervon würde jeder einzelne Theil vermuthlich weniger geschickt werden, besondere Empfindungen oder Associationen in einer bestimmten und gleichförmigen, das ist instinetiven, AVeise zu entwickeln.
Ich hielt es für der Mühe werth, diese Abschweifung hier einzuschalten, weil wir die geistigen Fähigkeiten der höheren Thiere und besonders des Menschen leicht unterscliätzen können, wenn wir ihre auf die Erinnerung vergangener Ereignisse, auf Vorsicht, Nachdenken und Einbildungskraft gegründeten Handlungen mit den vollständig ähnlichen Handlungen vergleichen, welche von niederen Thieren instinetiv ausgeführt werden. In diesem letzteren Falle ist die Fälligkeit zur Ausführung solcher Handlungen Schritt für Schritt durch Variabilität der psychischen Organe und natürliche Zuchtwahl erreicht worden, ohne dass eine bewusste Intelligenz seitens des Thieres während einer jeden der aufeinanderfolgenden Generationen dazu gekommen wäre. Ohne Zweifel ist viel von der Verstandesarbeit, die der Mensch ausführt, auf Nachahmung und nicht auf Ucberlegung zu schieben, wie Mr. Wallace bemerkt hat3; aber zwischen seinen Handlungen und vielen der von niederen Thieren ausgeführten besteht der grosse Unterschied, dass der Mensch beim ersten Versuche nicht im Stande ist z. B. ein steinernes Beil oder ein Boot nur durch die Fähigkeit der Nachahmung zu fertigen. Er hat seine Arbeit durch Uebung zu erlernen. Ein Biber dagegen kann seinen Kanal und ein Vogel sein Nest genau so oder nahezu so gut das erste Mal, wo er's versucht, bauen, als wenn er alt und erfahren ist.
Doch kehren wir zu unserem vorliegenden Gegenstände zurück.
5 Contribution to the Theory of Natural Selection. 1870, p. 2i2.
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Cap. 2. Gemüthsliewegimgeu. 33
Die niederen Thiere empfinden offenbar wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Elend. Das Glück zeigt sich nirgends besser als bei jungen Thieren, wie bei jungen Hunden, Katzen, Lämmern u. s. w., wenn sie zusammen spielen wie unsere eigenen Kinder. Reibst Insecten spielen zusammen, wie jener ausgezeichnete Beobachter P. Hi'ber beschrieben hat 6, welcher .sah, wie Ameisen sich jagten und einander zu beissen vorgaben, als wenn es junge Hunde gewesen wären.
Die Thatsache, dass die niederen Thiere durch dieselben Erregungen betroffen werden wie wir, ist so sicher festgestellt, dass es nicht nötliig ist, den Leser durch viele Einzelnheiten zu ermüden. Der Schreck wirkt auf sie iu derselben Weise wie auf uns, er macht ihre Muskeln erzittern, ihr Herz schlagen, die Scliliessmuskeln erschlaffen und das Haar sich aufrichten. Verdacht, das Kind der Gefahr, ist äusserst cha-racteristisch für viele wilde Thiere. Muth und Furchtsamkeit sind bei Individuen einer und derselben Species äusserst veränderliche Eigenschaften, wie wir bei unseren Hunden deutlich sehen. Manche Hunde und Pferde sind schlechten Temperaments und werden leicht bös, andere sind guten Temperaments, und diese Eigenschaften werden sicher vererbt. Jedermann weiss, wie leicht die Thiere wüthend werden und wie deutlich sie es zeigen. Viele und wahrscheinlich wahre Anekdoten hat man von der lange verschobenen und überlegten Rache verschiedener Thiere veröffentlicht. Der zuverlässige Rengger und Brehm 7 geben an, dass die amerikanischen und afrikanischen Affen, welche sie zahm besassen, sich sicher rächten. Die Liebe eines Hundes für seinen Herrn ist eine notorische Thatsache, im Todeskampfe hat er seinen Herrn noch geliebkost, und Alle haben davon gehört, wie ein Hund, an dem man die Vivisection ausführte, die Hand seines Operateurs leckte. Wenn nicht dieser Mann ein Herz von Stein hatte, so muss er bis zur letzten Stunde seines Lebens Gewissensbisse gefühlt haben. Whewell 8 hat bemerkt: »Wer nur die rührenden Beispiele mütterlicher Liebe liest, „die so oft von Frauen aller Nationen und von den Weibchen aller ,Thiere erzählt worden sind, kann der wohl zweifeln, dass das Princip »der Thätigkeit in beiden Fällen dasselbe ist?"
6 Recherches sur les moeurs des Fourmis. 1810, p. 173.
7 Alle die folgenden Angaben, welche nach der Autorität dieser beiden Naturforscher gemacht sind, sind entnommen aus Rengger, Naturgesch. der Säu-gethiere von Paraguay. 1830. S. 41—57 und aus Brehm's Thierleben. Bd. 1, S. 10—87.
8 Bridgewater-Treatise, p. 263.
Darwin, Abstammung. 1. Zweite Aullage. 3
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Geisteskräfte.
I. Theil.
Wir sehen mütterliche Zuneigung in den unbedeutendsten Zügen sich äussern; so beobachtete Kengger einen amerikanischen Affen (einen Cebus), welcher sorgfältig die Fliegen verscheuchte, die sein Junges peinigten, und Duvaucel sah einen Hylobates, welcher seinen Jungen in einem Flusse die Gesichter wusch. Der Kummer weiblicher Affen um den Verlust ihrer Jungen war so intensiv, dass er ohne Ausnahme den Tod gewisser Arten verursachte, welche Brehm in Nordafrika in Gefangenschaft hielt. Verwaiste Affen wurden stets von den anderen Affen, sowohl Männchen als Weibchen, adoptirt und sorgfältig bewacht. Ein weiblicher Pavian hatte ein so weites Herz, dass er nicht bloss junge Affen anderer Arten adoptirte, sondern auch noch junge Hunde und Katzen stahl, welche er beständig mit sich herumführte. Doch gieng seine Liebe nicht so weit, mit seinen adoptirten Nachkommen die Nahrung zu theilen, worüber sich Brehm deshalb verwundert, weil seine Affen stets Alles gewissenhaft mit ihren eigenen Jungen theilten. Ein adoptirtes Kätzchen kratzte den ebenerwähnten liebevollen Pavian, welcher sicher einen feinen Verstand besass; denn er war sehr erstaunt, gekratzt zu werden, untersuchte sofort die Füsse des Kätzchens und hiss ihm, ohne sich viel zu besinnen, die Krallen ab. Im zoologischen Garten hörte ich von einem Wärter, dass ein alter Pavian (C. Chacma) einen ßAesws-Affen adoptirt hatte; als aber ein junger Drill und Man-drill in den Käfig gethan wurden, schien er zu bemerken, dass diese Affen, trotzdem sie verschiedenen Arten angehörten, doch noch näher mit ihm verwandt wären, denn er verstiess sofort den Khesus und adoptirte jene Beiden. Ich sah dann, dass der junge Khesus sehr unzufrieden damit war, in dieser Weise Verstössen zu werden; er neckte undatta-kirte den jungen Drill und Mandrill, wie ein ungezogenes Kind, so oft er es mit Sicherheit thun konnte, welches Betragen bei dem alten Pavian grosse Indignation erregte. Nach Brehm vertheidigen auch Affen ihre Herren, wenn diese von irgend Jemand angegriffen werden, ebensogut wie sie Hunde, denen sie zngethan sind, gegen die Angriffe anderer Hunde vertheidigen. Wir berühren aber hiermit den Gegenstand der Sympathie, auf welchen ich noch zurückkommen werde. Einige von Brehm's Affen amüsirten sich damit, einen gewissen alten Hund, den sie nicht leiden konnten, und ebenso andere Thiere in verschiedenen ingeniösen Weisen zu necken.
Die meisten der complicirteren Gemüthsbewegungen sind den höheren Thieren und uns gemeinsam. Jedermann hat gesehen, wie eifer-
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Cap. 2. Intellectuelle Regungen. 35
süchtig ein Hund auf die Liebe seines Herrn ist, wenn diese auch irgend einein anderen Wesen erwiesen wird, und ich habe dieselbe Thatsacbe bei Affen beobachtet. Dies zeigt, dass die Thiere nicht bloss Liebe, sondern auch die Sehnsucht haben, geliebt zu werden. Die Thiere haben offenbar Ehrgeiz; sie lieben Anerkennung und Lob, und ein Hund, welcher seinem Herrn einen Korb trägt, zeigt Selbstgefälligkeit und Stolz in hohem Grade. Ich glaube, es kann kein Zweifel sein, dass ein Hund Schamgefühl, und zwar verschieden von Furcht, besitzt, ebenso Etwas von Bescheidenheit, wenn er zu oft um Nahrung bettelt. Ein grosser Hund verachtet das Knurren eines kleinen Hundes, und dies könnte man Grossmuth nennen. Mehrere Beobachter haben angegeben, dass Affen es sicher nicht leiden können, ausgelacht zu werden, und sie erfinden zuweilen eingebildete Beleidigungen. Im zoologischen Garten sah ich einen Pavian, der jedesmal in grenzenlose Wuth gerieth, wenn sein Wärter einen Brief oder ein Buch herausholte und ihm laut vorlas; und diese Wuth war so heftig, dass er bei einer Gelegenheit, bei Avelcher ich selbst zugegen war, sein eigenes Bein biss, bis das Blut kam.
Wir wollen uns nun den intellectuelleren Erregungen und Fähigkeiten zuwenden, welche von grosser Bedeutung sind, da sie die Grundlage zur Entwickelung der höheren geistigen Kräfte bilden. Die Thiere freuen sich offenbar der Anregung und leiden unter der Langeweile, wie man bei Hunden und, nach fiENGöEK, bei Affen sehen kann. Alle Thiere empfinden Verwunderung und viele zeigen Neugierde. Von dieser letzteren Eigenschaft haben sie zuweilen zu leiden, so wenn der Jäger Grimassen schneidet und sie dadurch anlockt. Ich habe dies beim Beb selbst gesehen, und dasselbe gilt für die behutsamen Gemsen und manche Arten von wilden Enten. Brehm theilt eine merkwürdige Erzählung von der instinetiven Furcht mit, welche seine Affen vor Schlangen zeigten; ihre Neugierde war aber so gross, dass sie sich nicht enthalten konnten, gelegentlich ihre Neugierde in einer äusserst menschlichen Art und Weise zu befriedigen, dadurch, dass sie den Deckel des Kastens, in dem die Schlangen gebalten wurden, aufhoben. Mich wunderte diese Erzählung so, dass ich eine ausgestopfte und zusammengerollte Schlange in das Affenhaus im zoologischen Garten mitnahm, und die dadurch verursachte Aufregung war eines der merkwürdigsten Schauspiele , was ich jemals zu Gesicht bekommen habe. Drei Arten von Cercoptihecus waren am meisten beunruhigt, sie flogen in ihrem Käfig
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Geisteskräfte.
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herum und stiessen scharfe Warnungsrufe aus, welche von den anderen Affen verstanden wurden. Nur wenige junge Affen und ein alter Anubis-Pavian nahmen von der Schlange keine Notiz. Ich legte dann das ausgestopfte Exemplar in einein der grösseren Behälter auf den Boden. Nach einiger Zeit hatten sich alle Affen rings um dasselbe in weitem Kreise versammelt und boten, dasselbe anstierend, einen äusserst lächerlichen Anblick dar. Sie wurden äusserst nervös, und als z. B. eine hölzerne Kugel, welche ein ihnen vollständig vertrautes Spielzeug war, zufällig im Stroh, unter dem sie theilweise verhüllt war, bewegt wurde, stoben sie sofort auseinander. Diese Affen benahmen sich sehr verschieden, wenn ein todter Fisch, eine Maus oder irgend andere neue Gegenstände in ihre Käfige gebracht wurden. Denn obwohl sie zuerst erschreckt waren, näherten sie sich doch bald, nahmen dieselben in die Hände und untersuchten sie. Ich brachte dann eine lebendige Schlange in einem Papiersack, dessen Oefmung lose verschlossen war, in einen der grösseren Behälter. Einer der Affen näherte sich sofort, öffnete vorsichtig den Sack ein wenig, guckte hinein und prallte sofort zurück. Dann beobachtete ich, was Brehm beschrieben hat; denn einer von den Affen nach dem anderen, mit hocherhobenem und auf die Seite gewandtem Kopf, konnte der Versuchung nicht widerstehen, von Zeit zu Zeit einen kurzen Blick in den aufrechtstehenden Sack und auf den schreckenerregenden Gegenstand, der ruhig auf seinem Boden lag, zu werfen. Es möchte fast scheinen, als wenn die Affen irgend eine Vorstellung von zoologischer Verwandtschaft hätten, denn diejenigen, welche Brehm hielt, zeigten eine merkwürdige und doch nicht miszudeutende instinctive Furcht vor uuschuldigeu Eidechsen und Fröschen. Auch ist beobachtet worden, dass ein Orang von dem ersten Anblick einer Schildkröte sehr beunruhigt wurde 9.
Das Princip der Nachahmung ist beim Menschen sehr stark und besonders beim Menschen in einem barbarischen Zustande. Desor 10 hat bemerkt, dass kein Thier willkürlich eine vom Menschen verrichtete Handlung nachahmt, bis wir, in der Stufenleiter aufsteigend, zu den Affen kommen, von denen ja sehr bekannt ist, dass sie in lächerlicher Weise nachahmen. Thiere ahmen aber zuweilen ihre Handlungen unter einander nach: so lernten zwei Arten vou Wölfen, welche von Hunden aufgezogen worden waren, zu bellen, wie es zuweilen auch der
a W. C. L. Martin, Natur. Hist. of Mammalia. 1841, p. 405.
10 Angeführt von C. Vogt, Memoires sur les Microcephales. 1867, p. 168.
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Cap. 2. Aufmerksamkeit. — Gedächtniss. 37
Schakal thnt n. Ob dies indessen eine willkürliche Nachahmung genannt werden kann, ist eine andere Frage. Einer Angabe zufolge, welche ich gelesen habe, haben wir Grund zu glauben, dass junge von Katzen gesäugte Hunde zuweilen lernen, ihre Füsse zu lecken und sich damit ihr Gesicht zu reinigen. Es ist wenigstens gewiss, dass, wie ich von einem völlig glaubwürdigen Freunde höre, manche Hunde sich in dieser Weise benehmen. Vögel ahmen den Gesang ihrer Eltern nach und zuweilen auch den anderer Vögel, und von Papageien ist es notorisch, dass sie jeden Laut, welchen sie oft hören, nachahmen.
Kaum irgend eine Fähigkeit ist für den intellectuellen Fortschritt des Menschen von grösserer Bedeutung als die Fähigkeit der Aufmerksamkeit. Thiere zeigen diese Fähigkeit offenbar, so wenn eine Katze vor einer Höhle wartet und sich vorbereitet, auf ihre Beute zu springen. Wilde Thiere werden zuweilen hierdurch so befangen, dass man sich ihnen leicht annähern kann. Mr. Bartlett hat mir einen merkwürdigen Fall mitgetheilt, wie variabel diese Fähigkeit bei den Affen ist. Ein Mann, welcher Affen abrichtete, pflegte die gewöhnlichen Arten von der zoologischen Gesellschaft zum Preise von 5 Pfund (Sterling) das Stück zu kaufen; er erbot sich aber, die doppelte Summe zu zahlen, wenn ihm erlaubt sei, drei oder vier derselben ein paar Tage lang bei sich zu halten, um einen auszirwählen. Als er gefragt wurde, wie es möglich sei, dass er so bald schon sehe', ob ein besonderer Affe sich als ein guter Schüler herausstellen würde, antwortete er, dass Alles von ihrer Fähigkeit, aufzumerken, abhänge. Würde die Aufmerksamkeit des Affen, während er mit ihm spräche und ihm irgend etwas erklärte, leicht abgezogen, sei es durch eine Fliege an der Wand oder irgend einen anderen unbedeutenden Gegenstand, so sei der Fall hoffnungslos. Versuche er einen unaufmerksamen Affen durch Strafe heranzuziehen, so werde er böse. Andererseits meinte er, dass ein Affe, welcher aufmerksam auf ihn merkte, immer abgerichtet werden könne.
Es ist fast überflüssig, noch zu erwähnen, dass Thiere ein ausgezeichnetes Gedächtniss für Personen und Orte haben. Mir hat Sir Andrew Smith mitgetheilt, dass ihn ein Pavian am Cap der guten Hoffnung voller Freude nach einer Abwesenheit von neun Monaten wiedererkannt habe. Ich hatte einen Hund, welcher wild und unwirsch gegen alle Fremden war, und versuchte absichtlich sein Gedächtniss
11 Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 33.
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nach ekier Abwesenheit von fünf Jahren und zwei Tagen. Ich gieng zu dem Stall, wo er war, und rief ihn an in meiner alten Weise; er zeigte keine Freude, aber folgte mir augenblicklich, kam heraus und gehorchte mir so genau, als wenn ich ihn erst vor einer halben Stunde verlassen hätte. Ein Strom alter Ideenverbindungen, welche fünf Jahre lang geschlummert hatten, war hierdurch in seiner Seele augenblicklieh erweckt worden. Selbst Ameisen erkannten, wie P. Huber 12 entschieden nachgewiesen hat, ihre Genossen, die demselben Haufen angehörten, nach einer Trennung von vier Monaten wieder. Tliiere können sicher durch irgend welche Mittel die Zeitintervallc zwischen wiederkehrenden Ereignissen beurtheilen.
Die Einbildungskraft ist eine der höchsten Prärogativen des Menschen. Durch dieses Vermögen verbindet er unabhängig vom AVillen frühere Eindrücke und Ideen und erzeugt damit glänzende und neue Resultate. Jean Paul Friedrich Richter bemerkt13: „ein Dichter, , welcher erst überlegen muss, ob er einen seiner Charactere Ja oder „Nein sagen lassen soll — zum Teufel mit ihm. Er ist nur ein seelenloser Körper." Das Träumen gibt uns die beste Idee von dieser Fähigkeit, wie ebenfalls Jean Paul sagt: „Der Traum ist eine unwillkürliche Kunst der Dichtung." Der Werth der Producte unserer Einbildungskraft hängt natürlich von der Zahl, Genauigkeit und Klarheit unserer Eindrücke ab, ferner von dem Urtheil und dem Geschmack bei der Auswahl und dem Zurückweisen der unwillkürlich sich darbietenden Combinationen und in einer gewissen Ausdehnung von unserer Fähigkeit, sie willkürlich zu combiniren. Da Hunde, Katzen, Pferde und wahrscheinlich alle höhereu Thiere, selbst Vögel, wie nach gewichtigen Autoritäten u angeführt wird, lebhafte Träume haben und sich dies durch ihre Bewegungen und ihre Stimme zeigt, so müssen wir auch zugeben, dass sie eine gewisse Einbildungskraft haben.
Unter allen Fähigkeiten des menschlichen Geistes steht, wie wohl allgemein zugegeben wird, der Verstand obenan. Es bestreiten nur wohl wenige Personen noch, dass die Thiere eine gewisse Fähigkeit des Nachdenkens haben. Fortwährend kann man sehen, dass Thiere zuwarten, überlegen und sich entschliessen. Es ist eine bezeichnende That-sache, dass je mehr die Lebensweise irgend eines besonderen Thieres
12 Les Moeurs des Fourmis. 1810, p. 150.
13 Citirt in: Aland sie y, Physiology and Pathology ofAlind. 18G8, p. 10, 220.
14 Jerdon, Iiirds of India. Vol. 1. 1862, p. XXI.
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Cap. 2.
Verstand.
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von einem Naturforscher beobachtet wird, dieser ihm desto mehr Verstand zuschreibt und desto weniger die Handlungen nicht gelernten Instincten beilegt15. In späteren Capiteln werden wir sehen, dass Thiere, welche äusserst niedrig in der Stufenleiter stehen, offenbar einen gewissen Grad von Verstand zeigen. Es ist ohne Zweifel oft schwierig1, zwischen den Aeusserungen des Verstandes und den des Instincts zu unterscheiden. So bemerkt Dr. Hayes in seinem Werk über „das offene Polarmecr" wiederholt, dass seine Hunde, statt die Schlitten in einer compacten Masse zu ziehen, ansemandergiengen nnd sich trennten, wenn sie auf dünnes Eis kamen, so dass ihr Gewicht gleichmässiger vertheilt wnrde. Dies war oft das erste Warmmgszeichen, welches die Reisenden erhielten, dass das Eis dünn und gefährlich wurde. Handelten nnn die Hunde nach der Erfahrung jedes einzelnen Individuums so oder nach dem Beispiele der älteren und gescheidteren Hnnde oder nach einer ererbten Gewohnheit, d. h. nach einem lustincte? Dieser Instinct könnte wohl in jener Zeit entstanden sein, als vor langen Jahren Hunde zuerst von den Eingeborenen dazu benutzt wurden, Schlitten zu ziehen, oder es könnten die aretischen Wölfe, die Urväter der Eskimohunde, diesen Instinct erlangt haben, der sie zwang, ihre Beute nicht in einer geschlossenen Masse anzugreifen, wenn sie sich auf dünnem Eise befanden. Fragen dieser Art sind äusserst schwierig zu beantworten.
Es sind so viele Fälle in verschiedenen Werken angeführt worden, welche zeigen, dass Thiere einen gewissen Grad von Verstand besitzen, dass ich hier nur zwei oder drei von Rexgger gewährleistete Beispiele anführen will, welche sich auf amerikanische, in ihrer Ordnung ziemlich tief stehende Affen beziehen. Er gibt an, dass, als er seinen Affen zuerst Eier gab, sie dieselben zerbrachen und daher viel von ihrem Inhalt verloren. Später schlugen sie vorsichtig das eine Ende an einen harten Köper und nahmen die Schalenstückchen mit ihren Fingern heraus. Hatten sie sich einmal mit irgend einem scharfen Werkzeug geschnitten, so wollten sie es nicht wieder berühren oder es nur mit der grössten Vorsicht behandeln. Stücke Zuckers wurden ihnen oft in Papier eingewickelt gegeben, und Rengger that zuweilen eine lebendige Wespe in das Papier, so dass sie beim hastigen Entfalten gestochen wurden. War dies einmal der Fall gewesen, so hielten sie stets das
15 L. H. Morgan's Buch über „The American Beaver" 1868 bietet eine gute Erläuterung dieser Bemerkung dar. Ich kann mich indessen nicht erwehren zu glauben, dass er die Kraft des Instincts viel zu sehr unterschätzt.
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Geisteskräfte.
I. Theil.
Päckchen zuerst an ihre Ohren, um irgend eine Bewegung im Innern zu entdecken. Wer durch Thatsachcn, wie die vorliegenden und durch das, was er bei seinen eigenen Hunden beobachten kann, nicht überzeugt wird, dass Thiere überlegen können, der wird durch nichts, was ich noch hinzufügen könnte, überzeugt werden. Nichtsdestoweniger will ich in Bezug auf Hunde einen Fall erwähnen, da er von zwei verschiedenen Beobachtern bezeugt wird und kaum von der Modification irgend welches, Instincts abhängen kann.
Mr. Colquhoun 16 schoss zwei wilde Enten flügellahm, welche auf das jenseitige Ufer eines Flusses fielen. Sein Wasserhund versuchte Beide auf einmal herüberzubringen, es gelang ihm aber nicht. Trotzdem man wusste, dass er nie vorher auch nur eine Feder gekrümmt hätte, biss er die eine Ente todt, brachte die andere herüber und gieng nun zu dem todten Vogel zurück. Oberst Hutchinson erzählt, dass zwei Rebhühner auf einmal geschossen wurden, das eine wurde ge-tödtet, das andere verwundet. Das Letztere rannte fort und wurde vom Hunde gefangen, welcher auf dem Rückwege beim todten Vogel vorbeikam. .Er blieb stehen, offenbar sehr in Verlegenheit, und nach ein-,oder zweimaligem Versuchen, wobei er fand, dass er es nicht mitnehmen konnte, ohne das flügellahm geschossene entwischen zu lassen, .überlegte er einen Augenblick, biss dann dieses mit einem kräftigen „Ruck absichtlich todt und brachte dann beide Vögel auf einmal. Es 9 war dies das einzige bekannte Beispiel, dass er je mit Absicht irgend ,welches Wiklpret verletzt hätte." Hier haben wir Verstand, wenn auch nicht durchaus vollkommenen. Beim der Hund hätte den verwundeten Vogel zuerst bringen und dann nach dem todten zurückkehren können, wie es in dem Falle mit den zwei wilden Enten geschah.
Der Maulthiertreiber in Südamerika sagt: ,ich will Ihnen nicht „das Maulthier geben, dessen Schritt am leichtesten ist, sondern la mas ,racional, das, welches es sich am besten überlegt", und Humboldt i7 fügt hinzu, „dieser populäre Ausdruck, den lange Erfahrung dictirt, „widerspricht der Annahme von belebten Maschinen vielleicht besser, „als alle Argumente der speculativen Philosophie.'
*
Ich glaube, es ist nun gezeigt worden, dass der Mensch und die höheren Thiere, besonders die Primaten, einige wenige Instincte geniein-
16 The Moor and the Loch p. 45. Hutchinson, Dog Breaking. 1850. p. 46. " Personal uarrative. Vol. III, p. 106.
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Cap. 2.
Fortschreitende Ausbildung.
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sam haben. Alle haben dieselben Sinneseindrücke und Empfindungen, ähnliche Leidenschaften, Afl'ecte und Erregungen, selbst die complexeren. Sie fühlen Verwunderung und Neugierde, sie besitzen dieselben Kräfte der Nachahmung, Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der Einbildung, des Verstandes, wenn auch in verschiedenen Graden. Nichtsdestoweniger haben viele Schriftsteller behauptet, dass der Mensch durch seine geistigen Fähigkeiten von allen niederen Thieren durch eine unüberschreit-bare Schranke getrennt sei. Ich habe mir früher eine Sammlung von über zwanzig solcher Aphorismen gemacht; es ist aber nicht der Mühe werth, sie zu geben, da ihre grosse Zahl und Verschiedenheit die Schwierigkeit, wenn nicht die Unmöglichkeit des Versuches darlegen. Es ist behauptet worden, dass nur der Mensch einer allmählichen Vervollkommnung fähig sei, dass er allein Werkzeuge und Feuer gebrauche, andere Thiere sich angewöhne, Eigenthum, Besitz und Sprache gebrauche, dass kein anderes Thier Selbstbewusstsein habe, sich selbst verstehe, die Kraft der Abstraction habe oder allgemeine Ideen besitze, dass nur der Mensch ein Gefühl für Schönheit habe, Launen ausgesetzt sei, das Gefühl der Dankbarkeit, des Geheimnissvollen u. s. w. besitze, dass er an Gott glaube oder mit einem Gewissen ausgerüstet sei. Ich will über die wichtigeren und interessanteren der angegebenen Punkte ein paar Bemerkungen zu geben versuchen.
Erzbischof Sumnek behauptete früher ,8, dass nur der Mensch einer fortschreitenden Veredelung fähig sei. Was die Thiere betrifft, so wollen wir zunächst das Individuum betrachten. Hier weiss Jeder, der nur irgend eine Erfahrung im Legen von Fallen besitzt, dass junge Thiere viel leichter gefangen werden können als alte, sie lassen auch Feinde viel leichter sich annähern; und selbst in Bezug auf alte Thiere ist es unmöglich, viele an einer und derselben Stelle und in derselben Art von Fallen zu fangen oder durch dieselbe Art von Giften zu tödten. Und doch ist es unwahrscheinlich, dass Alle von dem Gifte genossen hätten, und unmöglich, dass Alle in der Falle gefangen worden seien. Sie müssen Vorsicht lernen dadurch, dass sie ihre Genossen gefangen oder vergiftet sehen. In Nordamerika, wo die pelztragenden Thiere lange Zeit verfolgt worden sind, zeigen sie nach dem einstimmigen Zeugniss aller Beobachter einen fast unglaublichen Grad von Scharfsinn, Vorsicht und List; so ist das Fallenstellen dort so lange schon
18 Citirt von Sir Gh. Lyell, das Alter des Menschengeschlechts. Original S. 497. (Der betreffende Abschnitt wurde in der Uebersetzung weggelassen.
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Geisteskräfte,
]. Theil.
ausgeführt worden, dass hier vielleicht Vererbung mit in's Spiel kommt.
Betrachten wir aufeinanderfolgende Generationen oder die Rasse, so ist keinem Zweifel unterworfen, dass Vögel und andere Thiere allmählich Vorsicht in Bezug auf den Menschen oder andere Feinde sowohl erlangen als verlieren 19. Und diese Vorsicht ist gewiss zum grössten Theil eine angeerbte Gewohnheit oder ein Instinct, zum Theil aber das Resultat individueller Erfahrung. Ein guter Beobachter, Leroy20, führt an, dass in Districten, wo Füchse sehr viel gejagt werden, die Jungen, wenn sie zuerst ihre Höhlen verlassen, unstreitig viel sehlauer sind als die alten in Districten, wo sie nicht sehr gestört werden.
Unsere dorn es tickten Hunde stammen von Wölfen und Schakals21 ab, und trotzdem sie nicht an Verschlagenheit gewonnen und an Bedachtsamkeit und ängstlicher Vorsicht verloren haben mögen, so haben sie doch in gewissen moralischen Eigenschaften, wie Zuneigung, Zuverlässigkeit, Temperament und wahrscheinlich in allgemeiner Intelligenz Fortschritte gemacht. Die gemeine Katte hat mehrere andere Species durch ganz Europa, in Theilen von Nordamerika, in Neuseeland und neuerdings in Formosa ebenso wie auf dem Festlande von China besiegt und zurückgetrieben. Mr. Swinhoe 22, welcher die letzteren Fälle mittheilt, schreibt den Sieg der gemeinen Katte über die grössere Mus coninya ihrer überlegenen List zu; und diese letztere Eigenschaft lässt sich wohl der beständigen Anstrengung aller ihrer Fähigkeiten zuschreiben, die sie der Verfolgung und Zerstörimg durch den Menschen entgegengesetzt, ebenso wie dem Umstände, dass fast alle weniger schlauen oder schwachköpfi-geren Katten mit Erfolg vom Menschen vertilgt worden sind. Ohne Bezugnahme auf irgendwelche directen Beweise behaupten zu wollen, dass kein Thier im Verlaufe der Zeit in Bezug auf den Intellect oder andere geistige Fähigkeiten fortgeschritten sei, heisst die Frage von der Entwiekelung der Arten überhaupt verneinen. Wir werden später sehen, dass nach Lartet jetzt lebende und zu mehreren Ordnungen gc-höreude Säugethiere grössere Gehirne haben, als ihre alten tertiären Prototypen.
19 Journal of Researclies during the Voyage of the „Beagle" 1845, p. 398. Entstehung der Arten. 4. Aufl. S. 238. t ,0 Lettres pliilos. sur l'Intelligence des Auimaux. nonv. edit. 1802, p, 86.
21 s. die Belege hierfür im 1. Capitel des 1. Bdes. von „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication."
'" Proceed. Zool. Soc. 1864, p. 186.
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Cap. 2. Gebrauch von Werkzeugen. 43
Es ist oft gesagt worden, dass kein Thier irgend ein Werkzeug gebrauche. Der Schimpanse knackt aber im Naturzustände eine wilde Frucht, ungefähr einer Wallnuss ähnlich, mit einem Steine 23. Rf.ng-fiEK24 lehrte sehr leicht einen amerikanischen Affen auf diese Weise harte Palmniisse zu öffnen, und später gebrauchte dieser dann auf eigenen Antrieb Steine, um andere Arten von Nüssen ebenso wie Kästen zu öffnen. Er entfernte auch die weiche Rinde einer Frucht, welche einen unangenehmen Geschmack hatte. Einem anderen Affen wurde gelehrt, den Deckel einer grossen Kiste mit einem Stocke zn öffnen, und später brauchte er den Stock als Hebel, um schwere Körper zu bewegen ; und ich habe selbst gesehen, wie ein junger Orang einen Stock in einen Spalt steckte, seine Hände an das andere Ende brachte und ihn in der richtigen Weise als Hebel benutzte. In den eben erwähnten Fällen werden Steine und Stöcke als AVerkzeugo gebraucht; sie werden aber gleicherweise als Waffen benutzt. Bkehm 25 führt nach der Autorität des bekannten Reisenden Schimper an, dass, wenn in Abyssinien die zu der einen Art gehörenden Paviane (C. Gcladu) truppenweise von den Bergen herabsteigen, um die Felder zu plündern, sie zuweilen Truppen einer andern Species (C. Hamadryas) begegnen, und dann beginnt ein Kampf. Die Gcladas rollen grosse Steine herab, welchen die Hamadryas auszuweichen suchen, und dann gehen beide Species mit grossem Lärm wüthend auf einander los. Als Brehm den Herzog von Coburg-Gotha begleitete, stand er einem Angriff mit Feuerwaffen auf einen Trupp von Pavianen an dem Passe von Mensa in Abyssinien bei. Die Paviane wälzten ihrerseits so viele Steine, einige so gross wie ein Menschenkopf, den Berg herab, dass die Angreifer sich schnell zurückziehen mnssten, und der Pass war thatsächlich eine Zeit lang für die Karawane verschlossen. Es verdient Beachtung, dass diese Paviane hier in Uebereinstimmung handelten. Mr. Wallace 26 sah bei drei Gelegenheiten weibliche Orangs in Begleitung ihrer Jungen „Zweige und die ,grossen dornigen Früchte der Dnrianbäuine mit allen Zeichen der ,Wuth abbrechen und einen solchen Schauer von Geschossen herab-»werfen, dass es ihnen gelang zu verhindern, dass er sich dem Baume „zu sehr näherte."
23 Savage amlWyman, in Boston Journal of Nat. Hist. Vol. IV. 1813—44, p. 383.
21 Säugethiere von Paraguay. 1830, S. 51—56.
" Thierleben. Bd. 1. S. 79, 82.
26 The Malay Archipelago. Vol. I. 1869, p. 87.
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44 Geisteskräfte. I. Theil.
Im zoologischen Garten gebrauchte ein Affe, welcher schwache Zähne hatte, einen Stein, um sich Nüsse zu öffnen, und mir versicherten die Wärter, dass das Thier, wenn es den Stein gebraucht habe, ihn im Stroh verberge und keinen anderen Affen ihn berühren lasse. Hier haben wir die Idee des Eigenthums, doch ist diese Idee jedem Hunde, der einen Knochen hat, und den meisten oder allen Vögeln in Bezug auf ihre Nester eigen.
Der Herzog von Argyll 27 bemerkt, dass das Formen eines Werkzeugs zu einem speciellen ZAveck dem Menschen absolut eigenthümlich sei, und er hält dies für einen unermesslichen Abstand zwischen ihm und den Thieren. Es liegt ohne Zweifel ein sehr bedeutender Unterschied hierin, aber mir scheint in Sir J. Lubbock's Vermuthung2S viel Wahres zu liegen, dass, als die Urmenschen zuerst Feuersteine zu irgend welchem Zwecke benutzten, sie sie zufällig zerschlagen und dann die scharfen Bruciistücke benutzt haben werden. Von diesem Standpunkte bedurfte es dann nur eines kleinen Schritts, um die Feuersteine absichtlich zu zerbrechen, und keines sehr grossen Schritts, um sie roh zu formen. Indessen dürfte der letztere Fortschritt sehr langer Zeit bedurft haben, wenn wir nach dem ungeheuren Zeitintervalle urthoilen, welcher vorgieng, ehe der Mensch der neueren Steinperiode begann, seine Werkzeuge zu schleifen und zu poliren. Beim Zerbrechen der Feuersteine werden, wie Sir J. Lubbock gleichfalls bemerkt, Funken hervorgesprungen sein und beim Schleifen derselben wird sich Wärme entwickelt haben: , hierdurch können die beiden gewöhnlichen Methoden, „Feuer zu erhalten, entstanden sein." Die Natur des Feuers wird in den vielen vulkanischen Gegenden, wo Lava gelegentlich durch die Wälder fliesst, bekannt geworden sein. Die anthropomorphen Affen bauen sich, wahrscheinlich durch Instinct geleitet, temporäre Hütten auf Bäumen. Wie aber viele Instincte in grossem Maasse vom Vorstande con-trolirt werden, so können auch die einfacheren, wie dieser, sich solche flache Nester zu bauen, leicht in einen willkürlichen, bewussten Act übergehen. Es ist bekannt, dass der Orang sich zur Nachtzeit mit den Blättern des Pandanus zudeckt, und Brehm führt an, dass einer seiner Paviane sich gegen die Sonnenwärme dadurch schützte, dass er eine Strohmatte über den Kopf warf. In diesen letzteren Gewohnheiten sehen wir wahrscheinlich die ersten Schritte zu einigen der einfacheren
" Primeval Mau. p. 145, 147.
82 Prebistoric Times. 1865, p. 473 flgde.
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Cap. 2. Sprache. 45
Künste, nämlich rohe Architectur und Kleidung, wie sie unter den frühen Stanimeltern des Menschen entstanden.
Sprache. — Diese Fähigkeit ist mit Recht als einer der Hauptunterschiede zwischen dem Menschen und den niederen Thieren betrachtet worden. Aber der Mensch ist, wie ein äusserst competenter Richter, Erzbischof Whately bemerkt, „nicht das einzige Thier, welches von „der Sprache Gebrauch machen kann, um das auszudrücken, was in „seinem Geiste vorgeht, und welches mehr oder weniger verstehen kann, „was in dieser Weise von Anderen ausgedrückt wird" 29. Der Cebus Azarae in Paraguay gibt, wenn er aufgeregt wird, wenigstens sechs verschiedene Laute von sich, welche bei anderen Affen ähnliche Erregungen veranlassen30. Die Bewegungen des Gesichts und die Gesten . von Affen können von uns verstanden werden und sie verstehen zum Theil uns, wie Rengger und Andere erklären. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsachc, dass der Hund seit seiner Domestication in wenigstens vier oder fünf verschiedenen Tönen zu bellen gelernt hat 3'. Obgleich das Bellen ihm eine neue Kunst ist, so werden doch ohne Zweifel auch die wilden Arten, von denen der Hund abstammt, ihre Gefühle durch Schreie verschiedener Arten ausgedrückt haben. Bei dem domesticirten Hunde haben wir das Bellen des Eifers, wie auf der Jagd, das des Aergers, das heulende Bellen der Verzweiflung, z. B. wenn sie eingeschlossen sind, das der Freude, wenn sie z. B. mit ihrem Herrn spazieren gehen sollen, und das sehr bestimmte Bellen des Verlangens oder der Bitte, z. B. wenn sie wünschen, dass eine Thüre oder ein Fenster geöffnet werde.
Die artikulirte Sprache indessen ist dem Menschen eigentümlich; aber er benutzt gemeinsam mit den niederen Thieren unartikulirte Ausrufe in Verbindung mit Gesten und Bewegungen seiner Gesichtsmus-keln32, um seine Gedanken auszudrücken. Dies gilt besonders für die einfacheren und lebendigeren Gefühle, welche aber nur wenig mit unserer höheren Intelligenz in Zusammenhang stehen. Unsere Ausrufe des
29 Citirt in der Antliropological Review. 1864, p. 158.
30 Rengger a. a. 0. S. 45.
31 s. mein Buch „Ueber das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Doniestiation." Bd. 1, S. 32.
32 s. eine Erörterung dieses Gegenstandes in Mr. E. Tylor's sehr interessantem Buche: Researches into the Early History of Mankind. 1865. Capit. 2—4.
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46 Geisteskräfte. I. Theil.
Schmerzes, der Furcht, der Ueberraschimg, des Aergers, in Verbindung mit entsprechenden Handlungen, und das Murmeln einer Mutter mit ihrem geliebten Kinde sind ausdrucksvoller als irgend welche Worte. Es ist nicht sowohl die blosse Fähigkeit der Artikulation, welche den Menschen von anderen Thieren unterscheidet, denn, wie Jedermann weiss, können Papageien sprechen; es ist vielmehr die grosse Fähigkeit, bestimmte Klänge mit bestimmten Ideen zu verbinden, und dies hängt offenbar von der Entwickelung der geistigen Fähigkeiten ab.
Wie Hörne Tooke, einer der Gründer der edlen Wissenschaft der Philologie bemerkt, ist die Sprache eine Kunst, wie das Bauen und Backen; es würde aber das Schreiben ein viel entsprechenderes Gleich-niss dargeboten haben. Sicher ist die Sprache kein Instinct, da eine jede Sprache gelernt werden muss. Sie weicht indessen von allen gewöhnlichen Künsten sehr weit ab, denn der Mensch hat eine instinctive Neigung zu sprechen, wie wir in dem Lallen junger Kinder sehen, während kein Kind eine instinctive Neigung zu bauen, backen oder schreiben hat. Ueberdies nimmt kein Philolog jetzt an, dass irgend eine Sprache mit Ueberlegung erfunden worden sei; eine jede hat sich langsam und un-bewusst durch viele Stufen entwickelt. Die Laute, welche Vögel von sich geben, bieten in mehreren Beziehungen die nächste Analogie mit der Sprache dar, denn alle Glieder derselben Art äussern dieselben in-stinctiven, zur Beziehung ihrer Erregung dienenden Laute; und alle Arten, welche das Singvermögen besitzen, äussern dieses Vermögen in-stinctiv. Aber der wirkliche Gesang und selbst die Lockrufe werden von den Eltern oder Pflegeltern gelernt. Diese Laute sind, wie Daines Barrington 33 bewiesen hat, „ebensowenig eingeboren als die Sprache .dem Menschen ist." Die ersten Versuche zum Singen „lassen sich „mit dem unvollkommenen Stammeln bei einem Kinde vergleichen, .welches zu lallen beginnt." Die jungen Männchen üben sich beständig oder, wie der Vogelsteller es ausdrückt, sie probiren zehn oder elf Monate lang. Ihre ersten Versuche lassen kaum eine Spur ihres späteren Gesangs erkennen; wenn sie aber älter werden, kann man ungefähr erkennen, wonach sie streben, und endlich sagt man, sie singen ihren Gesang rund ab. Nestlinge, welche den Gesang einer verschiedenen Art gelernt haben, wie z. B. in Tyrol aufgezogene Canarienvögel, lehren und überliefern ihre neue Sangesweise ihren Nachkommen. Die unbe-
33 Hon. Daines Barrington, in: Philos. Transact. 1773, p. 2G2. s. auch Dureau de la Malle in: Anual. lies scienc. natur. 3. Ser Zool. Tom. X, p. 119.
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Cap. 2. Sprache. 47
deutenden natürlichen Verschiedenheiten des Gesangs bei Individuen derselben Species, welche verschiedene Gegenden bewohnen, können ganz passend, wie Barringtox bemerkt, mit Provincialdialecten verglichen werden, und die Sangesweisen verwandter, wenn Tiuch verschiedener, Species lassen sich mit den Sprachen verschiedener Menschenrassen vergleichen. Ich habe die vorstehenden Einzelnheiten gegeben, um zu zeigen, dass eine instinctive Neigung, eine Kunst sich anzueignen, keine auf den Menschen beschränkte Eigenthümlichkeit ist.
Was den Ursprung der articulirten Sprache betrifft, so kann ich, nachdem ich einerseits die äusserst interessanten Werke von Mr. Hens-leigh Wedüwoou, F. Farrar und Professor Schleicher 34, und die berühmten Vorlesungen von Professor Max Müller auf der anderen Seite gelesen habe, nicht daran zweifeln, dass die Sprache ihren Ursprung der Nachahmung und den durch Zeichen und Gesten unterstützten Modifikationen verschiedener natürlicher Laute, der Stimmen anderer Thiere'und der eigenen instinetiven Ausrufe des Menschen verdankt. Wenn wir die geschlechtliche Zuchtwahl behandeln werden, wird sich zeigen, dass der Urmensch oder wenigstens irgend ein sehr früher Stammvater des Menschen wahrscheinlich seine Stimme, wie es heutigen Tages einer der gibbonartigen Affen thut, in ausgedehnter Weise dazu benutzte, echt musikalische Cadenzen hervorzubringen, d. h. also zum Singen. Nach einer sehr weit verbreiteten Analogie können wir schlies-sen, dass dieses Vermögen besonders während der Werbung der beiden Geschlechter ausgeübt sein wird, um verschiedene Gemüthsbewegungen auszudrücken, wie Liebe, Eifersucht, Triumph, und gleichfalls, um als Herausforderung für die Nebenbuhler zu dienen. Die Nachahmung musikalischer Ausrufe durch articulirte Laute mag Worten zum Ursprung gedient haben, welche verschiedene complese Erregungen ausdrückten. Da es auf die Frage der Nachahmung ziemliches Licht wirft, verdient die bedeutende Neigung bei unseren nächsten Verwandten, den Affen, bei Mikrocephalen, Idioten 35 und bei den barbarischen Menschenrassen,
31 On the origin of Language by H. We dg wo od. 1806. Chapters on Lan-guage by the Rev. F. Farrar, 1865. Diese "Werke sind äusserst interessant, s. auch „De la Physiou. et de la Parole" von A1 b. Lemoine. 1805. p. 190. Die Schrift des verstorbenen Aug. Schleicher ist auch von Dr. Bikkers in's Englische übersetzt worden unter dorn Titel: Darwinism tested by the science of language. 1869.
1S Vogt, Meni. sur le Microcephales. 1867, p. 169. In Bezug auf Wilde habe ich im, Journal of Kesearches' 1845, p. 206 einige Thatsachen mitgetheilt.
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48 Geisteskräfte. I. Theil
Alles, was sie nur hören, nachzuahmen; wohl eine Beachtung. Da die Affen sicher vieles von dem verstehen, was von Menschen zu ihnen gesprochen wird, und da sie im Urzustände Warnungsrnfe bei Gefahren ihren Genossen :i6 zurufen, so erscheint es durchaus nicht unglaublich, dass irgend ein ungewöhnlich geschcidtes, aftenähnliches Thier darauf gefallen sein könne, das Heulen eines Kaubthiers nachzuahmen, um dadurch seinen Mitaft'en die Natur der zu erwartenden Gefahr anzudeuten ; und dies würde ein erster Schritt zur Bildung einer Sprache gewesen sein.
Als nun die Sprache immer weiter und weiter benutzt wurde, werden die Stimmorgane weiter gekräftigt und in Folge des Princips der vererbten Wirkung des Gebrauchs vervollkommnet worden sein und werden wieder auf das Vermögen der Kede zurückgewirkt haben. Aber noch viel bedeutungsvoller ist ohne Zweifel die Beziehung zwischen dem fortgesetzten Gebrauch der Sprache und der Entwickelung des Gehirns gewesen. Die geistigen Fähigkeiten müssen bei irgend einem frühen Vorfahren des Menschen viel höher entwickelt gewesen sein, als bei irgend einem jetzt lebenden Atfen, selbst bevor die unvollkommenste Form der Rede hat in Gebrauch kommen können. Wir können aber zuversichtlich glauben, dass der beständige Gebrauch und die weitere Entwickelung dieses Vermögens dadurch auf die Seele zurückgewirkt haben wird, dass sie dieselbe in den Stand setzte und ermuthigte, lauge Gedaukenzüge zu durchdenken. Ein langer und complexer Gedankenzug kann ebensowenig ohne die Hülfe von Worten durchgeführt werden, mögen sie gesprochen werden oder stumm bleiben, als eine genaue Berechnung ohne den Gebrauch von Zahlen oder der Algebra. Es scheint auch, als wenn selbst die gewöhnlichen Gedankenreihen irgend eine Form von Sprache fast erforderten, denn das taubstumme und blinde Mädchen Laura Bridgman gebrauchte ihre Finger, als man sie träumend beobachtete 37. Nichtsdestoweniger kann auch eine lange Keihenfolge von lebendigen und zusammenhängenden Ideen durch die Seele ziehen, ohne die Hülfe von irgend einer Form von Sprache, wie wir aus den langen Träumen von Hunden schliessen können. Wir haben auch gesehen, dass Wasserjagdhunde im Stande sind, bis zu einem gewissen Grade
36 s. verschiedene Beweise hierfür in den so oft citirten beiden Werken von Rengger und Brehm.
31 s. Bemerkungen hierüber von Dr. Maudsley, The Physiology and Pa-thology of Mind. 2. edit. 18Ö8, p. 199.
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Cap. 2.
Sprache.
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nachzudenken, und dies thnn sie offenbar ohne die Hülfe der Sprache. Der innige Zusammenhang zwischen dem Gehirn, wie es jetzt bei uns entwickelt ist, und der Fähigkeit der Sprache zeigt sich deutlich in jenen merkwürdigen Fällen von Gehirnerkrankung, bei denen die Sprache besonders afficirt ist, wie in dem Falle, wo das Vermögen, sich substantiver Wörter zu erinnern, verloren ist, während andere Wörter völlig correct gebraucht werden können 'ts. In der Annahme, dass die Wirkungen des fortgesetzten Gebrauchs der Stimme und der geistigen Organe vererbt seien, ist nicht mehr Unwahrscheinliches als in der gleichen Annahme für die Form der Handschrift, welche zum Theil von der Bildung der Haud, zum Theil von der Geistesbeschaffenheit abhängt; und die Form der Handschrift wird sicher vererbt -19.
Warum die jetzt für die Sprache benutzten Organe ursprünglich schon zu diesem Zweck vervollkommnet sein sollten, und zwar eher als irgend andere Organe, ist nicht schwer einzusehen. Ameisen haben ein ziemlich beträchtliches Vermögen, sich mit Hülfe ihrer Antennen unter einander verständlich zu machen, wie Huber gezeigt hat, welcher ein ganzes Capitel der Sprache der Ameisen widmet. Wir könnten auch unsere Finger als passende HülCsmittel benutzt haben, denn eine hierin geübte Person kann einem Tauben jedes Wort einer in einer öffentlichen Versammlung schnell gehaltenen Rede auf diese Weise mittheilen; der Verlust einer weiteren Benutzbarkeit unserer Hände bei einem solchen Gebrauche würde aber eine sehr bedenkliche Störung gewesen sein. Da alle höheren Säugethiere Stimmorgane besitzen, welche nach demselben allgemeinen Plan wie unsere gebaut sind und welche als Mittel der Mittheilung benutzt werden, so war es offenbar wahrscheinlich, dass, wenn das Vermögen der Mittheihmg weiter entwickelt werden sollte, diese selben Organe noch weiter entwickelt werden würden ; und dies ist durch Zuhülfenahme der benachbarten und gut an-gepassten Tlieile bewirkt worden, nämlich der Zunge und der Lippen 40. Die Thatsache, dass höhere Affen ihre Stimmorgane nicht zur Sprache benutzen, erklärt sich ohne Zweifel dadurch, dass ihre Intelligenz nicht hinreichend entwickelt worden ist. Der Umstand, dass sie dieselben
38 Viele merkwürdige Fälle der Art sind mitgetheilt worden, s. z. B. Inqui-ries concerning the Intellectual Powers von Abercrombie 183S, p. 150.
39 Ueber das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domesti-cation. Bd. 2, S. 7.
40 s. einige gute Bemerkungen hierüber in Maudsley, The Physiology and Pathology of Mlind. 18G8, p. 199.
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Geisteskräfte.
I. Theil.
Organe besitzen, welche bei lange fortgesetzter Uekmg zur Sprache hätten benutzt werden können, obschon sie sie nicht in dieser Weise benutzen, ist dem Falle parallel, dass viele Vögel, welche Singorgane besitzen, trotzdem doch niemals singen. So haben die Nachtigall und die Krähe ähnlich gebaute Stimmorgane; die Erstere benutzt dieselben zu mannichfaltigem Gesänge, die Letztere nur zum Krächzen41.
Die Bildung verschiedener Sprachen und verschiedener Species und die Beweise, dass beide durch einen stufenweise fortschreitenden Gang entwickelt worden sind, beruhen in merkwürdiger Weise auf gleichen Grundlagen42. Wir können aber den Ursprung vieler Wörter weiter zurück verfolgen, als den Ursprung der Arten, denn wir können beobachten, dass sie aus der Nachahmung verschiedener Laute entstanden sind, wie bei der Allitteration in der Dichtung. In verschiedenen Sprachen finden wir auffallende Homologien, welche Folgen der Gemeinsamkeit der Abstammung sind, und Analogien, welche Folgen eines ähnlichen Bildungsprocesses sind. Die Art und Weise, in welcher gewisse Buchstaben oder Laute abändern, wenn andere abändern, erinnert sehr an Correlation des Wachsthums; wir finden in beiden Fällen Verdoppelung von Theilen-, die Wirkung lange fortgesetzten Gebrauchs u. s. w. Das häufige Vorkommen von Kudimenten sowohl bei Sprachen als bei Species ist noch merkwürdiger. Der Buchstabe m in dem englischen Worte „am" bedeutete „ich", so dass in dem Ausdruck J am ein überflüssiges und nutzloses Kudimcnt beibehalten worden ist. Auch beim Schreiben von Wörtern werden oft Buchstaben als Kudimente älterer Formen der Aussprache beibehalten. Sprachen können wie organische Wesen in Gruppen classificirt werden, die anderen Gruppen untergeordnet sind, und man kann sie entweder natürlich nach ihrer Abstammung oder künstlich nach anderen Characteren classificiren. Herrschende Sprachen und Dialecte verbreiten sich weit und führen allmählich zur Ausrottung anderer Sprachen. Tst eine Sprache einmal ausgestorben,
41 Macgillivray, Hist. of British Birds. Vol. II. 1839, p. 29. Ein ausgezeichneter Beobachter, Mr. Blackwall, bemerkt, dass die Elster leichter einzelne Worte und ganze Sätze aussprechen lernt, als irgend ein anderer britischer Vogel; doch fügt er hinzu, dass er nach langer und aufmerksamer Beobachtung nie erfahren habe, dass der Vogel im Naturzustände eine ungewöhnliche Fähigkeit im Nachahmen gezeigt habe. Researches in Zoology. 1834, p. 158.
42 s. den sehr interessanten Parallelismus zwischen der Entwickelnng der Sprachen und Arten, den Sir Ch. Lyell gibt: Pas Alter des Menschengeschlechts, üebers. Cap. 23, S. 395.
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Cap. 2.
Sprache.
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so erscheint sie, wie Sir C. Lyell bemerkt, gleich einer Species niemals wieder. Ein und dieselbe Sprache hat nie zwei Geburtsstätten. Verschiedene Sprachen können sich kreuzen oder mit einander verschmelzen +3. Wir sehen in jeder Sprache Variabilität, und neue Wörter tauchen beständig auf; da es aber für das Erinnerungsvermögen eine Grenze gibt, werden einzelne Wörter, wie ganze Sprachen allmählich ausgestorben. Max Müller 44 hat sehr richtig bemerkt: „in jeder Sprache findet beständig ein Kampf um's Dasein zwischen den Wörtern und gramma-„tischen Formen statt; die besseren, kürzeren, leichteren Formen ergangen beständig die Oberhand, und sie verdanken ihren Erfolg ihrer „eigenen inhärenten Kraft." Diesen wichtigeren Ursachen des Ueber-lebens gewisser Wörter lässt sich, wie ich glaube, auch noch die blosse Neuheit hinzufügen, denn in dem Geiste aller Menschen findet sich eine starke Vorliebe für geringe Veränderungen in allen Dingen. Das Ueber-leben oder die Beibehaltung gewisser beliebter Wörter in dem Kampfe um's Dasein ist natürliche Zuchtwahl.
Die vollkommen regelmässige und wunderbar complexe Construction der Sprachen vieler barbarischer Nationen ist oft als ein Bewreis entweder des göttlichen Ursprungs dieser Sprachen, oder des hohen Cul-turzustaudes und der früheren Civilisation ihrer Begründer vorgebracht worden. So schreibt Friedrich von Schlegel: „wir beobachten häufig „bei den Sprachen, welche auf der niedrigsten Stufe intellectueller Cul-„tur zu stellen scheinen, einen sehr hohen und ausgebildeten Grad in „der Kunst ihrer grammatischen Structur. Dies ist besonders der Fall „bei dem Baskischen und Lappländischen und bei vielen der amerikanischen Sprachen" +>. Es ist aber zuverlässig ein Irrtimm, von irgend einer Sprache als einer Kunst zu sprechen, in dem Sinne, als sei sie mit Mühe und Methode ausgearbeitet worden. Die Philologen geben jetzt zu, dass Conjugationen, Declinationen u. s. f. ursprünglich als verschiedene Worte existirten, die später mit einander vereinigt wurden; und da solche Worte die augenfälligstell Beziehungen zwischen Objecten und Personen ausdrückten, so ist nicht zu verwundern, dass sie von Menschen der meisten Kassen während ihres frühesten Alters benutzt worden sind. Was die Vervollkommnung betrifft, so wird die folgende
"" s. Bemerkungen hierüber in einem interessanten Aufsatz, betitelt: Philo-logy and Darwinism in: „Nature", March 24»', 1870, p. 52S. 41 „Nature", Jan. 6'h, 1870, p. 257. « Citirt von C. S. Wake, Chapters cm Man 18G8, p, 101.
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Geisteskräfte.
I. Tbeil.
Erläuterung am besten zeigen, wie leicht man irren kann: Ein Crinoide besteht zuweilen aus nicht weniger als 150,000 Schalenstückchen46, welche alle vollständig symmetrisch in strahlenförmigen Linien angeordnet sind; aber ein Naturforscher hält ein Thier dieser Art nicht für vollkommener als ein seitlich symmetrisches mit vergleichsweise wenigen Theilen, von denen keine einander gleichen mit Ausnahme der auf den entgegengesetzten Seiten des Körpers befindlichen. Er betrachtet mit Eecht die Differeiizirung und Specialisirung der Organe als den Prüfstein der Vervollkommnung. So sollte man, was die Sprachen betrifft, die am meisten symmetrischen und complicirtesten nicht über die nn-regelmässig abgekürzten und verbastardirten Sprachen stellen, welche ausdrucksvolle Worte und zweckmässige Formen der Construction von verschiedenen erobernden oder eroberten oder einwandernden Kassen sich angeeignet haben.
Aus diesen wenigen und unvollständigen Bemerkungen schliesse ich, dass die äusserst complicirte und regelmässige Construction vieler barbarischer Sprachen kein Beweis dafür ist, dass sie iliren Ursprung einem besonderen Schöpfnngsacte47 verdanken. Auch bietet, wie wir gesellen haben, die Fähigkeit articulirter Sprache an sich kein unüber-steigliches Hinderniss für den Glauben dar, dass der Mensch sich aus irgendwelcher niederen Form entwickelt hat.
Selbstbewusstsein, Individualität, Abstraction, allgemeine Ideen u. s. w. —Der Versuch wäre nutzlos, diese höheren Fähigkeiten selbst hier zu erörtern, welche nach der Ansicht mehrerer neuerer Schriftsteller den Unterschied zwischen den Menschen und den Thiereu einzig und allein ausmachen; denn kaum zwei Schriftsteller stimmen in ihren Definitionen nberein. Derartige Fähigkeiten haben sich beim Menschen nicht eher ausbilden können, als bis seine geistigen Kräfte bis zu einem hohen Punkte entwickelt waren, und dies schliesst wieder den Gebrauch einer vollkommenen Sprache ein. Niemand nimmt an, dass irgend eines der niederen Thiere darüber Betrachtungen anstellt, woher es selbst komme und wohin es gehe, was Tod sei und was Leben u. s. w. Können wir aber sicher sein, dass ein alter Hund mit einem ausgezeichneten Gedächtniss und etwas Einbildungskraft, wie
4li Buckland, Bridgewater Ti-eatise, p. 411.
47 Einige treffende Bemerkungen über die Vereinfachung der Sprachen s. bei Sir J. Lubbock, Origin of Civilisation. 1870, p. 278.
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Cap. 2. Selbstbewusstsein. — Schönheitsgefühl. 53
sie sich durch seine Träume zeigt, niemals über die Freuden Betrachtungen anstellt, welche er früher auf der Jagd hatte? Dies wäre aber eine Form des Selbstbewußtseins. Wie aber andererseits Büchner 48 bemerkt: M'ie wenig kann das abgearbeitete Weib eines verkommenen australischen Wilden, welches kaum irgendwelche abstracte Worte gebraucht und nicht über vier zählen kann, wie wenig kann ein solches Weib sein Selbstbewusstsein bethätigen oder über die Natur ihres Daseins reflectiren ?
Dass Thiere ihre geistige Individualität beibehalten, ist durchaus nicht fraglich. Als meine Stimme eine Keihe alter Associationen in der Seele des obengenannten Hundes erweckte, muss er seine geistige Individualität behalten haben, obschon jedes Atom seines Gehirns wahrscheinlich mehr als einmal während des Verlaufs von fünf Jahren gewechselt hatte. Dieser Hund hätte das vor Kurzem in der Absicht, alle Evolutionisten niederzuschlagen, angezogene Argument vorbringen und sagen können: „ich verbleibe inmitten aller geistigen Stimmungen „und aller materiellen Veränderungen derselbe .... Die Lehre, dass „Atome die empfangenen Eindrücke als Erbschaften den anderen an „ihre Stelle rückenden Atomen überlassen, widerspricht der Aeusserung „des Bewusstseins und ist daher falsch; aber dies ist auch die Lehre, „welche die Theorie der Entwicklung notliwendig macht, und demzufolge ist diese Hypothese eine falsche" 49.
Gefühl für Schönheit. — Dieses Gefühl ist für ein dem Menschen eigenthümliches erklärt worden. Wenn wir aber sehen, wie männliche Vögel mit Vorbedacht ihr Gefieder und dessen prächtige Farben vor den Weibchen entfalten, während andere nicht in derselben Weise geschmückte Vögel keine solche Vorstellung geben können, so lässt sich unmöglich zweifeln, dass die Weibchen die Schönheit ihrer männlichen Genossen bewundern. Da sich Frauen überall mit solchen Federn schmücken, lässt sich die Schönheit solcher Ornamente nicht bestreiten. Dadurch, dass die Kragenvögel (Chiamydera) ihre Spielplätze geschmackvoll mit heiter gefärbten Gegenständen schmücken, wie es manche Co-libris mit ihren Nestern thun, liefern sie einen weiteren Beweis dafür, dass sie ein Gefühl für Schönheit besitzen. So werden auch, was den Gesang der Vögel betrifft, die reizenden Klänge, welche die Männchen
48 Vorlesungen über die Darwinsche Theorie. S. 190. ,a The Rev. Dr. J. M'Cann, Anti-Darwinism. 1869, p. 13.
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Geisteskräfte.
I. Theil.
während der Zeit der Liebe von sich geben, gewiss von den Weibchen bewundert, für welche Thatsache später noch Beweise werden beigebracht werden. Wären weibliche Vögel nicht im Stande, die schönen Farben, den Schmuck, die Stimmen ihrer männlichen Genossen zu würdigen, so würde alle die Mühe und Sorgfalt, welche diese darauf verwenden, ihre Reize vor den Weibchen zu entfalten, weggeworfen sein, und dies lässt sich unmöglich annehmen. Warum gewisse glänzende Farben und gewisse Töne, sobald sie in Harmonie stehen, Vergnügen erregen, lässt sich, wie ich vermnthe, ebensowenig erklären, als warum gewisse Gerüche und Gcschmäcke angenehm sind; aber zuverlässig werden dieselben Farben und dieselben Töne gleichmässig von uns und von vielen niederen Thieren bewundert.
Der Geschmack für das Schöne, wenigstens was die weibliche Schönheit betrifft, ist nicht in einer specifischen Form dem menschlichen Geiste eingeprägt; denn in den verschiedenen Menschenrassen weicht er vielfach ab, wie später gezeigt werden wird, und ist selbst -bei den verschiedenen Nationen einer und derselben Rasse nicht derselbe. Nach den widerlichen Ornamenten und der gleichmässig widerlichen Musik zu urtheilen, welche die meisten Wilden bewundern, licsse sich behaupten , dass. ihr ästhetisches Vermögen nicht so hoch entwickelt sei als bei gewissen Thieren, z. B. bei Vögeln. Offenbar wird kein Thier fähig sein, solche Scenen zu bewundern, wie den Himmel zur Nachtzeit, eine schöne Landschaft, oder verfeinerte Musik; aber an solchen hohen Ge-schmacksobjecten, welche ihrer Natur nach von der Cultur und von complexen Associationen abhängen, erfreuen sich Barbaren und unerzogene Personen gleichfalls nicht.
Viele Fähigkeiten, welche dem Menschen zu einem allmählichen Fortschritte von unschätzbarem Dienste gewesen sind, wie das Vermögen der Einbildung, der Verwunderung, der Neugierde, ein unbestimmtes Gefühl für Schönheit, eine Neigung zum Nachahmen und die Vorliebe für Aufregung oder Neuheit, mussten natürlich zu den wunderlichsten Aenderungen der Gewohnheiten und Moden fuhren. Ich führe diesen Punkt deshalb an, weil ein neuerer Schriftsteller50 wunderbar genug die Laune »als eine der merkwürdigsten und typischsten Verschiedenheiten zwischen Wilden und den Thieren" bezeichnet hat. Wir können aber nicht blos wahrnehmen, woher es kommt, dass der Mensch launisch
,The Spectator', Dec. 4"> 1869, p. 1430.
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Cäp. 2.
Gottesglaube. — Religion.
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ist, sondern wir sehen auch, dass die niederen Thiere, wie sich später noch zeigen wird, in ihren Zuneigungen, Widerwillen und ihrem Gefühl für Schönheit ebenfalls launisch sind. Wir haben auch Grund zu ver-muthen, dass sie Neuheit ihrer selbst wegen lieben.
Gottesglaube, Religion. — Wir haben keine Beweise dafür, dass dem Menschen von seinem Ursprünge an der veredelnde Glaube an die Existenz eines allmächtigen Gottes eigen war. Im Gegentheil sind reichliche Zeugnisse, nicht von flüchtigen Reisenden, sondern von Männern, welche lange unter Wilden gelebt haben, beigebracht worden, dass zahlreiche Rassen existirt haben und noch existiren, welche keine Idee eines Gottes oder mehrerer Götter und keine Worte in ihren Sprachen haben, eine solche Idee auszudrücken 31. Natürlich ist diese Frage von der anderen höheren völlig verschieden, ob ein Schöpfer und Regierer des Weltalls existirt, und diese ist von den grössten Geistern, welche je gelebt haben, bejahend beantwortet worden.
Verstellen wir indessen unter dem Ausdruck „Religion" den Glauben an unsichtbare oder geistige Kräfte, so stellt sich der Fall völlig verschieden; denn dieser Glaube scheint bei den weniger civilisirten Eassen fast allgemein zu sein. Auch ist es nicht schwer zu verstehen, wie er entstanden ist. Sobald die bedeutungsvollen Fähigkeiten der Einbildung, Verwunderung und Neugierde, in Verbindung mit einem Vermögen nachzudenken, theilweise entwickelt waren, wird der Mensch ganz von selbst gesucht haben, das was um ihn her vorgeht zu verstehen, und wird auch über seine eigene Existenz" dunkel zu speculiren begonnen haben. Mr. M'Lenxan 52 hat bemerkt: „irgend eine Erklärung der Lebenserscheinungen muss der Mensch sich ausdenken und „nach ihrer Allgemeinheit zu schliessen scheint die einfachste und dem „Menschen sich zuerst darbietende Hypothese die gewesen zu sein, dass „die Erscheinungen der Natur der Anwesenheit solcher Geister in Thie-„ren, Pflanzen, Gegenständen und auch in den Naturkräften zuzuschreiben seien, welche jene in derselben Weise zur Thätigkeit veranlassen, „wie die geistigen Thätigkeiten, von denen der Mensch sich bewusst
51 s. einen ausgezeichneten Aufsatz hierüber von F. Farrar in: Anthropo-logical Review. Aug. 1864, p. CCXVII. Wegen weiterer Thatsachen s. Sir J. Lubbock, Prehistoric Times. 2. edit. 1869, p. 564 und besonders die Capitel über Religion in seinem Origin of Civilisation. 1870.
52 The Worship of Animals and Plants. in: Fortnightly Review. Oct. 1, 1869, p. 422.
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Geisteskräfte.
I. Tbeil.
„ist, ähnliche selbst zu besitzen." Wie Mr. Tylor klar entwickelt hat, ist es wahrscheinlich, dass Träume der Annahme solcher Geister zuerst Entstehung gegeben haben, denn Wilde unterscheiden nicht leicht zwischen subjectiven und objectiven Eindrücken. Wenn ein Wilder träumt, so glaubt er, dass die Bilder, welche vor ihm erscheinen, von Weitem hergekommen sind und über ihm stehen; oder „die Seele des Träumers „geht auf Reisen ans und kommt heim mit der Erinnerung Dessen, was „sie gesehen hat"53. So lauge aber die obengenannten Fähigkeiten der Einbildung, Neugierde, des Verstandes u. s. w. nicht ziemlich gut in dem Geiste des Menschen entwickelt waren, werden ihn seine Träume nicht zu dem Glauben an Geister veranlasst haben, ebensowenig wie einen Hund.
Die Neigung bei Wilden, sicli einzubilden, dass natürliche Dinge und Kräfte durch geistige oder lebende Wesen belebt sind, wird vielleicht durch eine kleine Thatsache, welche ich früher einmal beobachtet habe, erläutert. Mein Hund, ein völlig erwachsenes und sehr aufmerksames Thier, lag an einem heissen und stillen Tage auf dem Rasen; aber nicht weit von ihm bewegte ein kleiner Luftzug gelegentlich einen offenen Sonnenschirm, welchen der Hund völlig unbeachtet gelassen haben würde, wenn irgend Jemand dabei gestanden hätte. So aber knurrte und bellte der Hund wüthend jedesmal, wenn sich der Sonnenschirm leicht bewegte. Ich meine, er muss in einer schnellen und un-bewussten Weise bei sich überlegt haben, dass Bewegung ohne irgend-
M Tylor, Early History of Mankind 18G5, p. 6. s. auch drei bemerkens-"werthe Capitel über die Entwickelung der Religion in Lubbock's Origin of Ci-vilisation. 1870. In gleicherweise erklärt Herbert Spencer in seinem geistvollen Aufsatz in der Fortnightly Review (May 1, 1870, p. 53f>), die frühesten Formen religiösen Glaubens in der ganzen Welt dadurch, dass der Mensch durch Träume, Zwielichtbilder und andere Veranlassungen dazu gebracht wurde, sich selbst als ein doppeltes Wesen zu betrachten, ein körperliches und geistiges. Da von dem geistigen Wesen angenommen wird, es lebe nach dem Tode fort und sei mächtig, so wird es durch verschiedene Geschenke und Ceremonien günstig zu stimmen versucht und um seinen Beistand angefleht. Er zeigt dann weiter, dass die nach irgend einem Thiere oder Gegenstande den frühesten Vorfahren oder Gründer eines Stammes gegebenen Namen oder Spitznamen nach Verlauf langer Zeiträume für Bezeichnungen des wirklichen Urerzeugers des Stammes angesehen wurden; und von einem derartigen Thiere und Object wird dann geglaubt, dass es noch immer als ein Geist existire, es wird beilig gehalten und als ein Gott verehrt. Nichtsdestoweniger kann ich mich der Vermutlnmg nicht erwehren, dass es einen noch früheren und roheren Zustand gab, wo Alles, was nur Kraft oder Bewegung äusserte, als mit einer Art von Leben und geistigen, linsern eigenen analogen, Fähigkeiten begabt angesehen wurde.
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Cap. 2. Religion. 57
welche offenbare Ursache die Gegenwart irgend einer fremdartigen lebendigen Kraft andeutete; und kein Fremder hatte ein Kecht, sich auf seinem Territorium zu befinden.
Der Glaube an spirituelle Kräfte wird leicht in den Glauben an die Existenz eines Gottes oder mehrerer Götter übergehen; denn Wilde werden naturgemäss Geistern dieselben Leidenschaften, dieselbe Lust zur Bache oder die einfachste Form der Gerechtigkeit und dieselben Zuneigungen zuschreiben, welche sie selbst in sich erfuhren. Die Feuerländer scheinen in dieser Beziehung sich in einem mittleren Zustande zu befinden; denn als ber Arzt an Bord des Beagle einige junge Enten zum Aufbewahren als zoologische Exemplare schoss, erklärte York Min-ster in der feierlichsten Weise: „Oh! Mr. Bynoe, viel Kegen, viel ,Schnee, viel Blasen", und dies war offenbar als zu befürchtende Strafe für das Verwüsten menschlicher Nahrung verstanden. So erzählt er ferner, als sein Bruder einen wilden Mann getödtet habe, hätten lange Zeit Stürme geherrscht und es sei .viel Kegen und Schnee gefallen. Und doch konnten wir nie finden, dass die Feuerländer au das glaubten, was wir einen Gott nennen würden, oder dass sie irgendwelche religiöse Gebräuche ausübten. Jemmy Button behauptete mit gerechtfertigtem Stolze fest und sicher, dass in seinem Lande kein Teufel sei, und diese letztere Behauptung ist um so merkwürdiger, als bei den Wilden der Glaube an böse Geister bei weitem gewöhnlicher als der Glaube an gute herrscht.
Das Gefühl religiöser Ergebung ist ein iu hohem Grade compli-cirtes, indem es aus Liebe, vollständiger Unterordnung unter ein erhabenes und mysteriöses höheres Etwas, einem starken Gefühle der Abhängigkeit 54, der Furcht, Verehrung, Dankbarkeit, Hoffnung in Bezug auf die Zukunft und vielleicht noch anderen Elementen besteht. Kein Wesen hätte eine so complicirte Geraüthscrrcgung an sich erfahren können, bis nicht seine iutellectuellen und moralischen Fähigkeiten zum mindesten auf einen massig hohen Standpunkt entwickelt wären. Nichtsdestoweniger sehen wir eine Art Annäherung an diesen Geisteszustand in der innigen Liebe eines Hundes zu seinem Herrn, welche mit völliger Unterordnung, etwas Furcht und vielleicht noch anderen Gefühlen vergesellschaftet ist. Das Benehmen eines Hundes, wenn er nach einer Abwesenheit zu seinem Herrn zurückkehrt, und, wie ich hinzufügen kann, eines Allen bei der Rückkehr zu seinem ge-
51 s. auch einen guten Aufsatz über die psychischen Elemente der Religion von L. Owen Pike in: Anthropolog. Review, Apr. 1870, p. LXIII.
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Geisteskräfte.
I. Tlieil.
liebten Wärter, ist sehr weit von Dem verschieden, was diese Thiere gegen Ihresgleichen äussern. Im letzteren Falle scheinen die Freuden-bezeigungcn etwas geringer ,zu sein, und das Gefühl der Gleichheit zeigt sich in jeder Handlung. Professor Braubach55 geht so weit, zu behaupten, dass ein Hund zu seinem Herrn wie zu einem Gott aufblickt. Dieselben hohen geistigen Fähigkeiten, welche den Menschen zuerst dazu führten, an unsichtbare geistige Kräfte, dann an Fetischismus, Polytheismus und endlich Monotheismus zu glauben, werden ihn, so lange seine Verstandeskräfte nur wenig entwickelt waren, unfehlbar zu verschiedenen fremdartigen Gebräuchen und Formen des Aberglaubens geführt haben. Schon der Gedanke an viele Arten dieser ist schaudervoll, so das Opfern menschlicher Wesen einem blutliebenden Gotte, das Ueberführen unschuldiger Personen durch das Gottesgericht mit Gift oder Feuer, Zauberei u. s. w., — und doch verlohnt es sich wohl, gelegentlich über diese Formen von Aberglauben nachzudenken; denn sie zeigen uns, in welch unendlicher Weise wir der Vervollkommnung unseres Verstandes, der Wissenschaft und unseren aufgestapelten Kenntnissen zu Danke verpflichtet sind. Wie Sir J. Iubbock 56 sehr gut bemerkt hat, ist es nicht zu viel, wenn wir sagen, dass die schauerliche Furcht vor unbekannten Uebeln wie eine dichte Wolke über dem Leben der Wilden hängt und jedes Vergnügen verbittert. Diese traurigen indirecten Folgezustände unserer höchsten Fälligkeiten können mit den zufälligen und gelegentlichen Misgriffen der Instincte niederer Thiere verglichen werden.
55 Religion, Moral u. s. w. der Darwinschen Art-Lelire. 1860. S. 53.
sfi Prehistoric Times. 2. edit. p. 571. In demselben Werke findet sich (S. 553) eine vorzügliche Schilderimg der vielen fremdartigen und caprieiösen.Gebräuche der Wilden.
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Drittes Oapitel.
Vergleichnng der Geisteskräfte des Menschen mit denen der niederen Thiere (Fortsetzung).
Das moralische Gefühl. — Fundamentalsatz. — Die Eigenschaften socialer Thiere — Ursprung der Fähigkeit zum Geselligleben. — Kampf zwischen entgegengesetzten Instincten. — Der Mensch ein sociales Thier. — Die ausdauernden socialen Instincte überwinden andere weniger beständige Instiucte. — Sociale Tugenden von Wilden allein geachtet. — Tugenden, die das Individuum betreffen, erst auf späterer Entwickelungsstufe erlangt. — Bedeutung der Urtheile über das Benehmen von Mitgliedern derselben Gesellschaft. — Ueberliefe-rung moralischer Neigungen. — Zusammenfassung.
Ich unterschreibe vollständig die Meinung derjenigen Schriftsteller ', welche behaupten, dass von allen Unterschieden zwischen dem Menschen und den niederen Tliieren das moralische Gefühl oder das Gewissen weitaus der bedeutungsvollste ist. Dieses Gefühl, wie Mackintosh 2 bemerkt, ,beherrscht rechtmässiger Weise jedes andere Princip menschlicher Thätigkeit." Diese Gewalt wird in jenem kurzen, aber gebieterischen und so äusserst bezeichnenden Worte „soll" zusammengefasst. Es ist das edelste aller Attribute des Menschen, welches ihn, ohne dass er sich einen Augenblick zu besinnen braucht, dazu führt, sein Leben für das eines Mitgeschöpfes zu wagen, oder ihn nach sorgfältiger Ue-berlegung einfach durch das tiefe Gefühl des Eechts oder der Pflicht dazu treibt, sein Leben irgend einer grossen Sache zu opfern. Immanuel Kant ruft aus: „Pflicht, wunderbarer Gedanke, der du weder durch ,sanfte Ueberredung, Schmeichelei, noch durch irgendwelche Drohung, ,sondern nur dadurch wirkst, dass du dein blosses Gesetz der Seele vorhältst und dir damit stets Ehrerbietung, wenn auch nicht immer Gehorsam, erzwingst, vor dem alle Bestrebungen stumm sind, so verborgen sie sich auch auflehnen: woher stammst du?" 3.
1 s. z. B. über diesen Gegenstand: Quatrefages, Unite de l'espece hu-maine 1861, p. 21.
" Dissertation on ethical philosophy 1837, p. 231. 3 Metaphysik der Sitten.
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60 Geisteskräfte. I. Theil.
Es ist diese Frage von vielen Schriftstellern ausgezeichneter Befähigung 4 erörtert worden und meine einzige Entschuldigung, sie hier nochmals zu berühren, ist sowohl die Unmöglichkeit, sie ganz zu übergehen, als auch der Umstand, dass, so weit ich es weiss, sich ihr Niemand ausschliesslich von naturliistorischer Seite her genähert hat. Es besitzt diese Untersuchung auch einiges selbständige Interesse, nämlich als ein Versuch zu sehen, wie weit das Studium der niederen Thiere Licht auf eine der höchsten psychischen Fähigkeiten des Menschen werfen kann.
Der folgende Satz scheint mir in hohem Grade wahrscheinlich zu sein, nämlich dass jedes Thier, welches es auch sein mag, wenn es nur mit scharf ausgesprochenen socialen Instincten versehen ist5, unvermeidlich ein moralisches Gefühl oder Gewissen erlangen würde, wenn sich seine intellectuellen Kräfte so weit oder nahezu so weit als beim Menschen entwickelt hätten. Denn erstens führen die socialen In-stinete ein Thier dazu, Vergnügen an der Gesellschaft seiner Genossen zu haben, einen gewissen Grad von Sympathie mit ihnen zu fühlen und verschiedene Dienste für sie zu verrichten. Diese Dienste können von einer sehr bestimmten und oftenbar instinetiven Natur sein; sie können aber auch ein blosser Wunsch oder, wie es bei den meisten der höheren
4 Mr. Bain gibt (Mental and Moral Science, 1868, p. 543—725) eine Liste von sechsundzwauzig englischen Autoren, welche über diesen Gegenstand geschrieben haben und deren Namen hier allgemein bekannt sind; diesen lassen sich die Namen von Bain selbst, von Lecky, Shadworth Hodgson, Sir J. Lnbbock und noch anderer beifügen.
' Sir B. Brodie bemerkt, dass der Mensch ein sociales Thier sei (Psycho-logical Enquiries, 1854, p. 192) und stellt dann die bezeichnende Frage auf: „sollte dies nicht die streitige Frage über die Existenz eines moralischen Gefühls beilegen?" Aehnliche Ideen sind wahrscheinlich Vielen schou gekommen, wie schon vor langer Zeit dem Marcus Aurelius. J. S. Mill spricht in seinem berühmten Buche über „Utilitarianism" (18G4, p. 40) von den socialen Gefühlen als einer „kraftvollen natürlichen Empfindung" und als „dem natürlichen Grunde des Gefühls für utilitäre Moralität." Auf der vorhergehenden Seite sagt er aber: „wenn nun, wie das meine eigene lTeberzeugnng ist. die moralischen Gefühle nicht angeboren, sondern erlangt sind, so sind sie doch ans diesem Grunde nicht weniger natürlich." Nur mit Zögern wage ich von einem so tiefen Denker abzuweichen; doch lässt sich kaum bestreiten, dass die socialen Gefühle bei den niederen Thieren instinetiv oder angeboren sind; und warum sollten sie dann beim Menschen nicht ebenso sein? Mr. Bain (s. z. B. Tbc Emotions and the Will. 1865, p. 481) und andere glauben, dass das moralische Gefühl von jedem Individuum während seiner Lebenszeit erlangt werde. Nach der allgemeinen Ent-wickelungstlieorie ist dies mindestens äusserst unwahrscheinlich.
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Cap. 3. Sociale Thiere. 61
socialen Thieren der Fall ist, eine Bereitwilligkeit sein, ihren Genossen in gewisser allgemeiner Weise zu helfen. Diese Gefühle und Dieuste erstrecken sich aber durchaus nicht auf alle Individuen derselben Spe-cies, sondern nur auf die derselben Gemeinschaft. Zweitens: sobald die geistigen Fähigkeiten sich hoch entwickelt haben, durchziehen Bilder aller vergangenen Handlungen und Beweggründe unaufhörlich das Gehirn eines jeden Individuums, und jenes Gefühl des Unbefriedigtseins, welches, wie wir hernach sehen werden, unabänderlich die Folge irgend eines unbefriedigten Instincts ist, wird entstehen, so oft bemerkt wird, dass der andauernde und stets gegenwärtige sociale Instinct irgend einem anderen zu der Zeit stärkeren, aber weder seiner Natur nach dauernden, noch einen sehr lebhaften Eindruck zurücklassenden Instincte nachgegeben hat. Offenbar sind viele instinetive Begierden, wie die des Hungers, ihrer Natur nach nur von kurzer Dauer und werden, wenn sie befriedigt sind, nicht leicht und nicht lebendig zurückgerufen. Drittens: nachdem die Fähigkeit der Sprache erlangt worden ist und die AVünsche der Mitglieder einer und derselben Gemeinschaft deutlich ausgedrückt werden können, wirft die allgemeine Meinung darüber, wie ein jedes Mitglied zum allgemeinen Besten wirken soll, naturgemäss in einer grossen Ausdehnung das Bestimmende bei den Handlungen werden. Die socialen Instincte werden aber noch immer den Impuls zum Handeln für das Beste der Gemeinschaft abgeben, während die öffentliche Meinung, deren Kraft, wie wir sofort sehen werden, auf instinetiver Sympathie beruht, jenen Impuls kräftigt, leitet und zuweilen selbst ablenkt. Endlich wird auch die Gewohnheit beim Individuum eine sehr wichtige Rolle in Bezug auf die Bestimmung der Handlungsweise jedes Mitglieds spielen; denn die socialen Instincte und Impulse werden, wie alle anderen Instincte, durch die Gewohnheit bedeutend gekräftigt werden, wie es auch mit dem Gehorsam gegen die Wünsche und das Urtheil der Gesellschaft geschieht. Diese verschiedenen subordinirten Sätze müssen mm erörtert werden und einige von ihnen in ziemlicher Ausführlichkeit.
Es dürfte zweckmässig sein, zunächst vorauszuschicken, dass ich nicht behaupten will, dass jedes streng sociale Thier, wenn nur seine intellectuellen Fähigkeiten zu gleicher Thätigkeit und gleicher Höhe wie beim Menschen entwickelt wären, genau dasselbe moralische Gefühl wie der Mensch erhalten würde. In derselben Weise wie verschiedene Thiere ein gewisses Gefühl von Schönheit haben, trotzdem sie sehr ver-
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Geisteskräfte.
I. Theil.
scliiedene Gegenstände bewundern, können sie auch ein Gefühl von Recht und Unrecht haben, trotzdem sie durch dasselbe veranlasst werden, sehr verschiedene Arten von Benehmen zu zeigen. Um einen extremen Fall anzuführen: wäre z. B. der Mensch unter genau denselben Zuständen erzogen wie die Stockbiene, so dürfte sich kaum zweifeln lassen, dass unsere unverheirateten Weibchen es ebenso wie die Arbeiterbienen für eine heilige Pflicht halten würden, ihre Brüder zu tödten, und die Mütter würden suchen, ihre fruchtbaren Töchter zu vertilgen, und Niemand würde daran denken, dies zu verhindern. Nichtsdestoweniger würde in unserem angenommenen Falle die Biene oder irgend ein anderes sociales Thier, wie es mir scheint, doch irgend ein Gefühl von Kecht und Unrecht oder ein Gewissen erhalten. Denn jedes Individuum würde ein innerliches Gefühl von dem Besitze gewisser weniger starker und andauernder Instincte haben, so dass oft ein Kampf entstehen würde, welchem Impuls zu folgen wäre; und Befriedigung und Unbefriedigtsein würden gefühlt werden, da vergangene Eindrücke während ihres beständigen Zuges durch die Seele mit einander verglichen werden würden. In diesem Falle würde ein innerer Warner dem Thiere sagen, dass es besser gewesen wäre, eher dem einen Impuls als dem anderen zu folgen. Dem einen Zug hätte gefolgt werden „sollen', der eine würde „recht", der andere „unrecht" gewesen sein. Aber auf diese Ausdrücke werde ich sogleich zurückzukommen haben.
Neigung zur Geselligkeit. — Thiere vieler Arten sind gesellig; wir finden selbst, dass verschiedene Species zusammenleben, so einige amerikanische Affen und die sich vereinigenden Schaaren von Eaben, Dohlen und Staaren. Der Mensch zeigt dasselbe Gefühl in der starken Liebe zum Hunde, welche der Hund mit Interesse erwidert. Jedermann muss beobachtet haben, wie unglücklich sich Pferde, Hunde, Schafe u. s. w. fühlen, wenn sie von ihren Genossen getrennt sind, und welche Freude sie, wenigstens bei den ersteren Arten, bei ihrer Wiedervereinigung zeigen. Es ist interessant, über die Gefühle eines Hundes zu speculiren, welcher stundenlang in einem Zimmer mit seinem Herrn oder irgend Einem der Familie ruhig daliegen wird, ohne dass von ihm die geringste Notiz genommen wird; sobald er aber eine kurze Zeit allein gelassen wird, bellt oder heult er schrecklich. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit auf die höheren socialen Thiere beschränken mit Ausschluss der Insecten, obgleich diese einander in vielen wichtigen
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Cap. 3.
Sociabilität.
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Beziehungen helfen. Der gewöhnlichste Dienst, welchen sich höhere Thiere gegenseitig erweisen, ist, dass sie durch Hülfe der vereinigten Sinuc Aller einander vor Gefahr warnen. Jeder Jäger weiss, wie Dr. Jägeh bemerkt6, wie schwer es ist, Thieren in Heerden oder Truppen nahe zu kommen. Wilde Pferde und Kinder geben, wie ich glaube, kein Warnungssignal, aber die Haltung eines Jeden, welches zuerst einen Feind wittert, warnt die Uebrigen. Kaninchen stampfen laut mit den Hinterfüssen auf den Boden als Signal; Schafe und Gemsen thun dasselbe, aber mit den Vorderfüssen, und stossen auch einen pfeifenden Ton aus. Viele Vögel und manche Säugethiere stellen Wachen aus, welches bei den Robben, wie man sagt7, gewöhnlich die Weibchen sind. Der Anführer einer Truppe Affen dient als Wache und stösst Bufe aus, die sowohl Gefahr als Sicherheit verkünden s. Sociale Thiere verrichten einander manche kleine Dienste, Pferde zwicken einander und Kühe lecken einander an jeder Stelle, wo sie ein Stechen fühlen; Affen suchen einander äussere Schmarotzer ab, und Brehm führt an, dass, nachdem ein Trupp des Cercopithecus chryseoviridis durch ein dorniges Gebüsch geschlüpft war, jeder Affe sich auf einem Zweig ausstreckte und ein anderer sich aufmerksam zu ihm setzte, seinen Pelz mitersuchte und jeden Stachel auszog.
Thiere leisten sich auch noch wichtigere Dienste: so jagen Wölfe und andere Raubthiere in Truppen und helfen einauder beim Angriff auf ihre Beute; Pelikane fischen in Gemeinschaft. Die Hamadryas-Pa-viane drehen Steine um, um Insecten zu suchen u. s. w., und wenn sie an einen grossen kommen, wenden ihn so viele als herankommen können zusammen um und theilen die Beute. Sociale Thiere vertheidigen sich gegenseitig; die Männchen mehrerer Wiederkäuer kommen vor die Heerde, wenn Gefahr vorhanden ist, und vertheidigen sie mit ihren Hörnern. In einem späteren Capitel werde ich auch Fälle anführen, wo zwei junge wilde Bullen einen' alten gemeinsam angriffen und wo zwei Hengste zusammen versuchten, einen dritten von einer Heerde
6 Die Darwinsche Theorie, p. 101.
' R. Browne in: Proceed. Zoolog. Soc. 18G8, p. 409.
»Brehm, Thierleben. Bd. 1. 18Ö4. S. 52, 79. In Bezug auf die Affen, welche sich gegenseitig Dornen ausziehen s. S. 51. In Bezug auf die Hama-tfryo.s-Paviane, welche Steine umdrehen, wird die Thatsache nach dem Zeugniss von Alvarez gegeben (S. 76), dessen Beobachtungen Brehm für völlig glaubwürdig hält. Wegen der Fälle, wo die alten Pavianmännchen die Hunde angreifen s. S. 79 und wegen des Adlers S. 56.
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Geisteskräfte.
I. Theil.
Stuten wegzutreiben. Breem begegnete in Abyssinien einer grossen Heerde von Pavianen, welche quer durch ein Thal zogen: einige hatten bereits den gegenüberliegenden Hügel erstiegen und einige waren noch im Tliale. Die Letzteren wurden von den Hunden angegriffen, aber sofort eilten die alten Männchen von den Felsen herab und brüllten mit weitgeöftnetem Munde so fürchterlich, dass die Hunde sich bestürzt zurückzogen. Sie wurden von Neuem zum Angriff angefeuert, aber diesmal waren alle Paviane wieder auf die Höhen hinaufgestiegen mit Aus-mahme eines jungen, ungefähr sechs Monate alten, welcher laut um Hülfe rufend einen Felsblock erkletterte und umringt wurde. Jetzt kam eines der grössten Männchen, ein wahrer Held, nochmals vom Hügel herab, gieng langsam zu dem jungen, liebkoste ihn und führte ihn trinmphirend weg; — die Hunde waren zu sehr erstaunt, um ihn anzugreifen. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, noch eine andere Scene mitzutheilen, welcher derselbe Naturforscher als Zeuge beiwohnte. Ein Adler ergriff einen jungen Cercopilhecus, konnte ihn aber, da sich jener an einen Zweig klammerte, nicht sofort wegschleppen. Der Affe schrie laut um Hülfe, worauf die anderen Thiere der Truppe mit vielem Gebrüll zum Entsatz herbeieilten, den Adler umringten und ihm so viel Federn ausrissen, dass er nicht länger an seine Beute dachte, sondern nur daran, wie er wegkäme. Dieser Adler, bemerkt Brehm, wird sicher niemals wieder einen einzelnen Affen in einer Truppe angreifen.
Es ist gewiss, dass in Gesellschaft lebende Thiere ein Gefühl der Liebe zu einander haben, welches erwachsene nicht sociale Thiere nicht fühlen. Wie weit sie in den meisten Fällen thatsächlich mit den Schmerzen und Freuden der Anderen sympathisiren, ist besonders mit Kücksicht auf die letzteren zweifelhafter. Doch gibt Mr. Buxton, welcher ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung hatte9, an, dass seine Macaws, welche in Norfolk frei lebten, ein „extravagantes Interesse" an einem Paare mit einem Neste nahmen; so oft das Weibchen dasselbe verliess, wurde es von einer Schaar anderer umringt, welche „zu seiner Ehre ein fürchterliches Geschrei erhoben." Es ist oft schwer zu entscheiden, ob Thiere Gefühl für die Leiden anderer haben. Aber wer kann sagen, was Kühe fühlen, wenn sie um einen sterbenden oder todten Genossen herumstehen und ihn anstarren? Dass
» Annais and Magaz. of Natural History. 1808. Novhr. p. 382.
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Cap.' 3.
Soziabilität.
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Thiere zuweilen weit davon entfernt sind, irgendwelche Sympathie zu zeigen, ist sicher; denn sie treiben ein verwundetes Thier aus der Hernie oder stossen und plagen es zu Tode. Dies dürfte beinahe der schwärzeste Punkt in der Naturgeschichte sein, wenn nicht die dafür aufgestellte Erklärung richtig ist, wonach der Instinct oder Verstand der Thiere sie dazu führt, einen verwundeten Genossen anszustossen, damit nicht Kaubthiere, mit Einschluss des Menschen, versucht würden, der Heerde zu folgen. In diesem Falle ist ihr Betragen nicht viel schlimmer als das der nordamerikanischen Indianer, welche ihre schwachen Kameraden in den Steppen umkommen lassen, oder der Feuerländer, welche, wenn ihre Eltern alt oder krank werden, sie lebendig begraben 10.
Es sympathisiren indessen sicher viele Thiere mit dem Unglück oder der Gefahr ihrer Genossen. Dies ist selbst bei Vögeln der Fall; Capt. Stansbury u fand am Salzsee in Utali einen alten und vollständig blinden Pelican, welcher sehr fett war und von seinen Genossen lange Zeit, und zwar sehr gut, gefüttert worden sein musste. Mr. Blyth theilt mir mit, dass er sah, wie indische Krähen zwei oder drei ihrer Genossen, welche blind waren, fütterten, und ich habe von einem ähnlichen Falle bei unserem Haushuhne gehört. Wenn man will, kann man diese Handlungen instinetive nennen, doch sind derartige Fälle viel zu selten, um der Entwickelung irgend eines speciellen Instinctes zum Ausgangspunkte zu dienen12. Ich selbst habe einen Hund gesehen, welcher niemals bei einem seiner grössten Freunde, nämlich einer Katze, welche krank in einem Korbe lag, vorübergieng, ohne sie ein paar Mal mit der Zunge zu belecken, das sicherste Zeichen von freundlicher Gesinnung bei einem Hunde.
Es muss Sympathie genannt werden, welche einen muthvollen Hund veranlasst, sich auf Jeden zu stürzen, der seinen Herrn schlägt, wie er es sicher thun wird. Ich sah, wie -Jemand die Bewegung machte, als schlüge er eine Dame, die einen sehr furchtsamen kleinen Hund auf ihrem Schoosse hatte, auch war dieser Versuch noch nie zuvor gemacht
10 Sir ,T. Lnbbock, Prehistoric Times. 2. edit. p. 446.
" Wie L. II. Morgan in seiner Schrift: The American Beaver. 18G8, p. 272 citirt. Capt. Stansbury gibt auch einen interessanten Bericht älter die Art und Weise, wie ein sehr junger Pelican, welcher von einer starken Strömung fortgetrieben wurde, in seinen Versuchen das Ufer zu erreichen, von einem halben Dutzend alter Vögel geleitet und ernuithigt wurde.
12 Wie Mr. liain bemerkt: „wirksame Hülfe einem Leidenden gebracht entspringt wirklicher Sympathie." Mental and Moral Science. 18G8, p. 245.
DutWIN, Abstimmung. I. Zweite AuHage. 5
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66 Geisteskräfte. I. TheiL
worden. Das kleine Geschöpf sprang sofort auf und davon; sobald aber das vermeintliche Schlagen vorüber war, war es wirklich rührend zu sehen, wie unablässig es suchte, seiner Herrin Gesicht zu lecken und sie zu trösten. Breiim I:i fuhrt an, dass, als ein Pavian in der Gefangenschaft gehascht werden sollte, um ihn zu strafen, die anderen ihn zu beschützen suchten. In den oben angeführten Fällen nmss es Sympathie gewesen sein, welche die Paviane und Cercopitheken veranlasste, ihre jungen Genossen gegen die Hunde und den Adler zu ver-theidigen. Ich will nur noch ein einziges weiteres Beispiel eines sympathischen und heroischen Betragens bei einem kleinen amerikanischen Affen anführen. Vor mehreren Jahren zeigte mir ein Wärter im zoologischen Garten ein paar tiefe und kaum geheilte Wunden in seinem Genick, die ihm, während er auf dem Boden kniete, ein wnthender Pavian beigebracht hatte. Der kleine amerikanische Affe, welcher ein warmer Freund dieses Wärters war, lebte in demselben grossen Be-hältniss und war schrecklich furchtsam vor dem grossen Pavian; sobald er aber seinen Freund, den Wärter, in Gefahr sah, stürzte er nichtsdestoweniger zum Entsatz herbei und zog durch Schreien und Beissen den Pavian so vollständig ab, dass der Mann im Stande war, sich zu entfernen, nachdem er, wie der ihn behandelnde Arzt später äusserte, in grosser Lebensgefahr gewesen war.
Ausser Liebe und Sympathie zeigen Thiere noch andere Eigenschaften , welche man beim Menschen moralische nennen würde; und ich stimme mit Agiassjz 14 überein, dass Hunde etwas dem Gewissen sehr Aehnliches besitzen. Sie besitzen sicherlich etwas Kraft der Selbstbeherrschung, und diese scheint nicht Folge der Furcht zu sein. Wie Braubach bemerktIS, wird ein Hund sich des Stehlens von Nahrung in Abwesenheit seines Herrn enthalten. Hunde sind schon lange finden echten Typus der Treue und des Gehorsams genommen worden. Alle Thiere, welche in Massen zusammenleben und einander vertheidi-gen oder ihre Feinde gemeinsam angreifen, müssen in gewissem Grade einander treu sein, und Derjenige, welcher einem Anführer folgt, nmss in einem gewissen Grade gehorsam sein. Wenn die Paviane in Abys-sinien l6 einen Garten plündern, so folgen sie schweigend ihrem An-
13 Thierlehen. Bd. I. S. S5.
14 De Fespece et de la Classification. 18G9, p. 97.
15 Die Darwinsche Art-Lehre. 18ß0, S. 54.
16 Brehm, Thiorleben. Bd. I. S. 70.
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Cap. 3. Sociabilität. 67
fährer, und wenn ein unkluges junges Thier ein Geräusch macht, so bekommt es von den Anderen einen Klupps, um es Schweigen und Gehorsam zu lehren ; sobald sie sich aber sicher wissen und keine Gefahr vorhanden ist, zeigen sie alle ihre Freude mit vielem Lärm.
In Bezug auf den Impuls, welcher gewisse Thiere dazu führt, sicli gesellig mit einander zu verbinden und einander auf viele Weisen zu helfen, kann mau schliessen, dass sie in den meisten Fällen durch dasselbe Gefühl der Befriedigung oder des Vergnügens dazu getrieben werden , welches sie bei der Ausübung anderer instinetiver Handlungen an sich erfahren, oder durch dasselbe Gefühl des Nichtbefriedigtseins, wie in anderen Fällen verhinderter instinetiver Handlungen. Wir sehen dies in zahllosen Beispielen, und es wird in auffallender Weise durch die erworbenen Instincte unserer domesticirten Thiere erläutert. So ergötzt sich ein junger Schäferhund an dem Treiben der Schafe und dem rund um die Heerde Herumlaufen aber nicht am Beissen; ein junger Fuchs-hund ergötzt sich am Jagen eines Fuchses, während manche andere Hundearten, wie ich selbst erfahren habe, Füchse nicht beachten. Welches starke Gefühl innerer Befriedigung muss einen Vogel, ein Thier von so viel innerem Leben, dazu treiben, Tag für Tag über seinen Eiern zu sitzen! Zugvögel sind unglücklich, wenn man sie am Wandern hindert, und vielleicht freuen sie sich der Abreise zu ihrem langen Fluge. Einige wenige Instincte werden nur durch schmerzliche Gefühle bestimmt, so durch die Furcht, welche zur Selbsterhaltnng führt oder ganz speciell gegen gewisse Feinde gerichtet ist. Ich vermuthe, dass wohl Niemand die Empfindungen des Vergnügens oder des Schmerzes analysiren kann. Es ist indessen in vielen Fällen wahrscheinlich, dass Instincten durch die blose Kraft der Vererbung ohne das Beizmittel weder von Vergnügen noch Schmerz gefolgt wird. Ein junger Vorstehhund kann, wenn er zuerst Wild wittert, scheinbar nicht anders, als er muss stehen, ein Eichhorn in einem Käfig, welches die Nüsse, die es nicht essen kann, bekratzt als wenn es dieselben im Boden vergraben wollte, wird kaum so angesehen werden können, als handle es dabei entweder aus Vergnügen oder aus Schmerz. Die gewöhnliche Annahme, dass die Menschen zu jeder Handlung dadurch angetrieben werden müssten, dass sie irgend ein Vergnügen oder einen Schmerz dabei erfahren, dürfte daher irrig sein. Wird auch einer Gewohnheit blind und ohne weitere Ueberlegung und unabhängig von irgend einem
im Augenblick gefühlten Vergnügen oder Schmerz nachgegeben, so wird
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6S Geisteskräfte. I. Theil.
doch wenn sie zwangsweise und plötzlich aufgehalten werden würde, ein unbestimmtes Gefühl des Unbefriedigtseins allgemein empfanden werden ; und dies gilt vorzüglich in Bezug auf Personen von schwachem Verstand.
Es ist oft angenommen worden, dass' die Tliiere an erster Stelle gesellig gemacht wurden, und dass sie als Folge hiervon sich unge-müthlich fühlten, wenn sie von einander getrennt wurden, und gemüth-lich, so lange sie zusammen waren. Eine wahrscheinlichere Ansicht ist aber die, dass diese Empfindungen zuerst entwickelt wurden, damit diejenigen Thiere, welche durch das Leben in Gesellschaft Nutzen hätten, veranlasst würden, zusammen zu leben, in derselben Weise, wie das Gefühl des Hungers und das Vergnügen am Essen ohne Zweifel zuerst erlangt wurden, um die Thiere zum Essen zu veranlassen. Das Gefühl des Vergnügens an Gesellschaft ist wahrscheinlich eine Erweiterung der elterlichen oder kindlichen Zuneigungen; und diese Erweiterung dürfte hauptsächlich der natürlichen Zuchtwahl zuzuschreiben sein, zum Theil aber vielleicht blosser Gewohnheit. Demi bei denjenigen Thieren, welche durch das Leben in enger Gemeinschaft bevorzugt wurden, werden diejenigen Individuen, welche das grösste Vergnügen an der Gesellschaft empfanden, am besten verschiedenen Gefahren entgehen, während diejenigen, welche sich am wenigsten um ihre Kameraden kümmerten und einzeln lebten, in grösserer Anzahl untergehen werden. In Bezug auf den Ursprung der elterlichen und kindlichen Zuneigimgen, welche, wie es scheint, den socialen Neigungen zu Grunde liegt, zu speculiren, ist hoffnungslos, wir können aber annehmen, dass sie zum grossen Theil durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. So ist dies fast sicher der Fall gewesen bei den ungewöhnlichen und entgegengesetzten Gefühlen des Hasses gegen die nächsten Verwandten, wie bei den Arbeiterbienen, welche ihre Drohnenbrüder tödten, und bei den Bienenköniginnen, welche ihre Tochterköniginnen tödten. Es ist nämlich hier der Wunsch, ihre nächsten Verwandten zu zerstören, statt sie zu lieben, für die Gemeinschaft von Nutzen gewesen.
Das überaus wichtige Gefühl der Sympathie ist vorschieden von dem der Liebe. Eine Mutter kann ihr schlafendes und passiv da liegendes Kind leidenschaftlich lieben, aber man kann kaum sagen, dass sie dann Sympathie für dasselbe fühle. Die Liebe eines Menschen zu seinem Hnnde ist verschieden von Sympathie; in ähnlicher Weise ist es die Liebe eines Hundes für seinen Herrn. Wie früher Aüam Smitu
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Cap. 3. Sociabilität. 69
so hat neuerdings Mr. Bain behauptet, dass der Grund der Sympathie in der starken Nachwirkung liege, welche wir für frühere Zustände des Leidens oder Vergnügens empfinden. In Folge dessen „erweckt der Anblick einer anderen Person, welche Hunger, Kälte, Ermüdung erduldet, in uns eine Erinnerung an dieselben Zustände, welche selbst in der Idee schmerzlich sind." Wir werden auf diese Weise veranlasst, die Leiden eines Andern zu mildern, um zu gleicher Zeit auch unsere eigenen schmerzlichen Gefühle zu besänftigen. In gleicher Weise werden wir veranlasst, an der Freude Anderer theilzunehmen ". Ich kann aber nicht einsehen, wie diese Ansicht jene Thatsache erklärt, dass Sympathie in einem unmessbar stärkeren Grade von einer geliebten Person als von einer indifferenten erregt wird. Der blosse Anblick des Leidens, ganz unabhängig von Liebe, würde sclion hinreichen, lebhafte Erinnerungen und Associationen in uns zu erwecken. Es kann wohl zunächst die Sympathie in der angegebenen Weise entstanden sein; jetzt scheint sie aber ein Instinct geworden zu sein, welcher besonders auf geliebte Gegenstände gerichtet ist, in derselben Weise, wie sich bei Tbieren die Furcht besonders gegen gewisse Feinde richtet. Da die Sympathie hierdurch eine bestimmte Richtung erhält, so wird die gegenseitige Liebe der Mitglieder einer und derselben Gemeinschaft ihre Gren- zen erweitern. Ohne Zweifel fühlt ein Tiger oder ein Löwe Sympathie mit dem Leiden seines Jungen, aber nicht für irgend ein anderes Thier. Bei Thieren, welche im strengen Sinn sociale sind, wird das Gefühl mehr oder weniger auf alle in dieser Gemeinschaft vereinigten Glieder ausgedehnt sein, wie wir ja wissen, dass dies der Fall ist. Beim Menschen verstärkt wahrscheinlich Selbstsucht, Erfahrung, Nachahmung, wie Mr. Bain gezeigt hat, die Kraft der Sympathie; denn die Hoffnung, im Austausch-Gutes zu erfahren, treibt uns dazu, Handlungen sympathischer Freundlichkeit Andern zu erweisen; und es lässt sich auch
" s. das erste wunderbare Capitel in Adam Smith, Theory of Moral Seu-' timents, auch Bain 's Mental and Moral Scicne. 1868, p. 244 und 275—282. Mr. Bain führt an, dass „Sympathie indireot eine Quelle des Vergnügens für den sie empfindenden sei"; und erklärt dies als eine Folge der Kcciprocität. Er bemerkt, dass „die Person, welche Wolilthaten empfieng, oder andere an ihrer Stelle, durch Sympathie, oder gute Dienste für das Opfer sich erkenntlich zeigen können." Wenn indessen Sympathie, wie es der Fall zu sein scheint, streng genommen ein Instinct ist, so würde ihre Ausübung direct Vergnügen machen, in derselben Weise wie die Ausübung fast jeden anderen Instmetes oben als solche dargestellt wurde.
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70 Geisteskräfte. 1. Theil.
nicht zweifeln, dass das Gefühl der Sympathie sehr durch die Gewohnheit verstärkt wird. AVio complicirt auch die Weise sein mag, in welcher dieses Gefühl zuerst entstanden ist, da es eines der bedeutungsvollsten für alle diejenigen Thiere ist, welche einander helfen und vertheidigen, so wird es durch natürliche Zuchtwahl vergrössert worden sein; denn jene Gemeinschaften, welche die grösste Zahl der sympathischsten Mitglieder umfassen, werden am besten gedeihen und die grösste Anzahl an Nachkommen erzielen.
In vielen Fällen ist es unmöglich, zu entscheiden, ob gewisse sociale Instincte durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind, oder ob sie das indirecte Kesultat anderer Instincte und Fähigkeiten sind, wie der Sympathie, des Verstandes, der Erfahrung und einer Neigung zur Nachahmung, oder ferner, ob sie einfach das Resultat lange fortgesetzter Gewohnheit sind. Ein so merkwürdiger Instinct wie der, Wachen aufzustellen, um die ganze Gemeinschaft vor Gefahr zu warnen, kann kaum das indirecte Resultat irgend einer andern Fähigkeit gewesen sein; er mnss daher direct erlangt worden sein. Auf der andern Seite mag die Gewohnheit, nach welclier die Männchen einiger socialen Thiere die Heerde zu vertheidigen und ihre Feinde oder ihre Beute gemeinsam anzugreifen pflegen, vielleicht aus gegenseitiger Sympathie entstanden sein; aber Muth, und in den meisten Fällen auch Kraft, muss schon vorher und wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sein,
Von den verschiedenen Instincten und Gewohnheiten sind einige viel stärker als andere, d. h. einige geben entweder mehr Vergnügen, wenn sie ausgeführt werden, und mehr Unbehagen, wenn sie verhindert werden, oder, und dies ist wahrscheinlich völlig ebenso bedeutungsvoll, sie werden viel beständiger in Folge der Vererbung befolgt, ohne irgend ein specielles Gefühl der Freude oder des Schmerzes zu erregen. Wir selbst sind uns dessen wohl bewusst, dass manche Gewohnheiten viel schwerer zu heilen oder zu ändern sind, als andere. Man kann daher auch oft bei Thieren einen Kampf zwischen verschiedenen Instincten beobachten oder zwischen einem Instinct und einer gewohnheitsgemässen Neigung; so, wenn ein Hund auf einen Hasen losstürzt, gescholten wird, pausirt, zweifelt, wieder hinausjagt oder beschämt zu seinem Herrn zurückkehrt; oder wenn eine Hündin zwischen der Liebe zu ihren Jungen und zu ihrem Herrn kämpft, denn man sieht sie sich zu jenen wegschleichen, gewissermassen als schäme sie sich, nicht ihren Herrn zu begleiten. Das merkwürdigste mir bekannte Beispiel aber von einem
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Cap. 3. Der Mensch ein sociales Thier. 7 I
Instinct, welcher einen andern bezwingt, ist der Wanderinstinet, welcher den mütterlichen überwindet. Der erstere ist wunderbar stark; ein gefangener Vogel schlägt zu der betreffenden Zeit seine Brust gegen den Draht seines Käfigs, bis sie nackt und blutig ist; er veranlasst junge Lachse, ans dem Stisswasser heraiisznspringen, wo sie ruhig weiter leben könnten, und führt sie damit unabsichtlich zum Selbstmord. Jedermann weiss, wie stark der mütterliche Instinct ist, welcher selbst furchtsame Vögel ermuthigt, grösserer Gefahr sich auszusetzen, doch immer mit Zaudern und im Widerstreit mit dem Instincte der Selbsterhaltung. Nichtsdestoweniger ist der Wanderinstinct so mächtig, dass spät im Herbst Ufer- und Haussehwalben häufig ihre zarten Jungen verlassen und sie elendiglich in ihren Nestern umkommen lassen 18.
Wir können wohl sehen, dass ein instinetiver Antrieb, wenn er in irgendwelcher Weise einer Species vortheilhafter ist als irgend ein anderer oder entgegengesetzter Instinct, durch natürliche Zuchtwahl der kräftigere von beiden werden kann; denn diejenigen Individuen, welche ihn am stärksten entwickelt haben, werden in grösserer Zahl andere überleben. Ob dies aber der Fall ist mit dem Wanderinstinct in Vergleich mit dem mütterlichen, Hesse sich wohl bezweifeln. Die grössere Beständigkeit und ausdauernde Wirkung des Ersteren zu gewissen Zeiten des Jahres und zwar während des ganzen Tags, können ihm eine Zeitlang eine überwiegende Kraft verleihen.
D er M e n s c h ein sociales Thier. — Die meisten Leute geben zu, dass der Mensch ein sociales Wesen ist. Wir sehen dies in seiner Abneigung gegen Einsamkeit und in seinem Wunsch nach Gesellschaft noch über die seiner eigenen Familie hinaus. Einzelhaft ist eine der schärfsten Strafarten, welche über Jemand verhängt werden können. Einige Schriftsteller vermuthen, dass der Mensch im Urzustände in
18 Diese Thatsacbe wurde nach der Angabe L. Jcnyns's (s. dessen Ausgabe von White's Natural History of Selborne. 1853, p. 204) zuerst von dem berühmten Jenner berichtet in den Philos. Trausact für 1824, und ist seit jener Zeit von mehreren Beobachtern, besonders von Mr. Blackwall bestätigt worden. Der letztgenannte sorgfältige Beobachter untersuchte zwei Jahre hintereinander spät im Herbst sechsunddreissig Nester. Er fand, dass zwölf davon junge todte Vögel, fünf dem Ausschlüpfen nahe Eier und drei nur eine Zeitlang bebrütete Eier enthielten. Es werden auch viele Vögel, welche zu einem so langen Fluge noch nicht alt genug sind, gleichfalls aufgegeben und zurückgelassen, s. Blackwall, llescarches in Zoology. 1834, p. 108, 118. Für weitere Beweise, deren kaum nöthig sind, s. Leroy, Lettres philos. 1802, p. 217.
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72 Geisteskräfte. [. Theil.
einzelnen Familien lebte; wenn aber auch heutigen Tages einzelne Familien oder nur zwei oder drei die einsamen Gefilde irgend eines wilden Landes durchziehen, so stehen sie doch immer, soweit ich es nur ermitteln konnte, mit anderen, denselben Bezirk bewohnenden Familien in freundschaftlichem Verkehr. Derartige Familien treffen gelegentlich zu Beratschlagungen zusammen und vereinigen sich zur gemeinsamen Verteidigung. Darin, dass die, benachbarte Bezirke bewohnenden Stämme fast immer mit einander im Kriege sind, liegt kein Grund dagegen, dass der Mensch ein sociales Thier ist; denn sociale Tnstincte erstrecken sich niemals auf alle Individuen einer und derselben Art. Nach Analogie der grösseren Zahl der Quadrurnanen zu schliessen, ist es wahrscheinlich, dass die frühen afl'enälmlichen Urerzeuger des Menschen gleichfalls social waren; dies ist aber für uns von keiner grossen Bedeutung. Obschon der Mensch, wie er jetzt existirt, wenig specielle Tnstincte hat und wohl alle, welche seine frühen Urerzeuger besessen haben mögen, verloren hat, so ist dies doch kein Grund, warum er nicht von einer äusserst entfernten Zeit her einen gewissen Grad instinctiver Liebe und S3'inpathie für seine Genossen behalten haben sollte. Wir sind uns in der That alle bewusst, dass wir derartige sympathische Gefühle besitzen l9; unser Bewusstsein sagt uns aber nicht, ob dieselben instiiictiv und vor langer Zeit in derselben Weise wie bei den niederen Thieren entstanden sind, oder ob sie von jedem Einzelnen von uns während unserer früheren Lebensjahre erlaugt worden sind. Da der Mensch ein sociales Thier ist, so wird er auch wahrscheinlich eine Neigung, seinen Kameraden treu zu bleiben, vererben, denn diese Eigenschaft ist den meisten socialen Thieren gemein. Er wird auch in gleicher Weise eine gewisse Fähigkeit der Selbstbeherrschung besitzen und vielleicht auch des Gehorsams gegen den Anführer der Genossenschaft, er wird auch in Folge einer angeerbten Neigung noch immer geneigt sein, gemeinsam mit Anderen seine Mitmenschen zu vcrtheidigen, und bereit, ihnen in allen Weisen zu helfen, welche nicht zn stark mit seiner eigenen Wohlfahrt oder seinen eigenen lebhaften Wünschen sich kreuzen.
19 Hume bemerkt (An Enquii'y concerning the Principals of Moral eilit. 1751, p. 132): „es scheint das Iiekenntniss nothweudig zn sein, dass das Glück und Unglück Anderer uns keine völlig indifferenten Schauspiele sind, dass im Gegeiltheil die Betrachtung des ersteren uns eine heimliche Freude bereitet, während das Auftreten des letzteren einen melancholischen Schatten über unsere Phantasie breitet."
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Cap. 3. -Der Mensch ein sociales Thier. 73
Diejenigen socialen Thicre, welche am untern Ende der Stufenleiter stehen, werden fast ausschliesslich, und diejenigen, welche höher in der Reihenfolge stehen, in grossem Maasse bei der Hülfe, welche sie den Gliedern derselben Genossenschaft augedeiben lassen, durch speeielle In-stincte unterstützt. In gleicher Weise werden sie aber auch zum Theil durch gegenseitige Liebe und Sympathie und, wie es wohl scheint, mit Unterstützung eines gewissen Betrags von Verstand dazu veranlasst werden. Obgleich der Mensch, wie eben bemerkt, keine speziellen In-stinete hat, welche ihm sagen, wie er seinem Mitmenschen helfen soll, so fühlt er doch den Antrieb dazu, und bei seinen vervollkommneten intellectuellen Fähigkeiten wird er in dieser Hinsicht natürlich durch Nachdenken und Erfahrung geleitet werden. Auch wird ihn instinetive Sympathie veranlassen, die Billigung seiner Mitmenschen hoch anzuschlagen, denn die Empfänglichkeit für Lob und das starke Gefühl für Ruhm einer-, andererseits der noch stärkere Widerwille gegen Spott und Verachtung sind, wie Mr. Bain klar gezeigt hat 2ü, Folge der Sympathie. In Folge hiervon wird der Mensch durch die Wünsche, den Beifall und Tadel seiner Mitmenschen, wie diese durch deren Gesten und Sprache ausgedrückt werden, bedeutend' beeinfhisst. So, geben die socialen lustinete, welche der Mensch in einem sehr rohen Zustand erlangt haben mnss, und die vielleicht selbst von seinen früheren aft'en-ähnlicheu Urerzeugern erlangt worden sind, noch immer den Anstoss zu vielen seiner besten Handlungen, werden aber in hohem Maasse durch die ausdrücklichen Wünsche und die Beurtheihmg seiner Mitmenschen und unglücklicherweise noch öfter durch seine eigeuen starken selbstischen Begierden bestimmt. In dem Maasse aber als die Gefühle der Liebe und Sympathie und die Kraft der Selbstbeherrschung durch die Gewohnheit verstärkt werden und das Vermögen des Nachdenkens klarer wird, so dass der Mensch die Gerechtigkeit der Urtheile seiner Mitmenschen würdigen kann, wird er sich unabhängig von irgend einem Gefühl der Freude oder des Schmerzes, das er in dem Augenblick fühlen könnte, zu einer gewissen Richtung seines Benehmens getrieben fühlen. Dann kann er sagen: ich bin der oberste Richter meines eigenen Betragens: oder mit den Worten Kant's; .ich will in meiner eigenen „Person nicht die Würde der Menschheit verletzen."
'-" Mental and moral Science. 1868, p. 254.
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Geisteskräfte.
I. Tlieil.
Die beständigeren socialen Instincte überwinden die weniger beständigen. — Wir haben indessen bis jetzt noch nicht den wichtigsten Funkt, um welchen sich die ganze Frage des moralischen Gefühls dreht, betrachtet: warum soll ein Mensch fühlen, dass er der einen instinetiven Begierde eher gehorchen soll als der andern? Warum bereut er es bitterlich, wenn er dem starken Gefühl der Selbsterhaltung nachgegeben und sein Leben nicht gewagt hat, um das eines Mitgeschöpfes zu retten, oder warum bereut er es, in Folge peinlichen Hungers Nahrung gestohlen zu haben.
An erster Stelle ist es offenbar, dass beim Menschen die instinetiven Impulse verschiedene Grade der Mächtigkeit besitzen. Eine junge furchtsame Mutter wird vom'mütterlichen Instinct getrieben, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, sich der grössten Gefahr um ihres Kindes willen auszusetzen, aber nicht um eines blossen Mitgeschöpfes willen. Schon mancher Mann oder selbst Knabe, welcher noch niemals zuvor sein Leben für ein anderes wagte, in dem aber Muth und Sympathie schön entwickelt waren, hat mit Hintansetzung des Tnstincts der Selbsterhaltung sich augenblicklich in den Strom gestürzt, um einen dem Ertrinken nahen Mitmenschen zu retten. Tn diesem Falle wird der Mensch durch dasselbe instinetive Motiv getrieben, welches den kleinen heroischen amerikanischen Affen, den ich früher erwähnte, veranlasste, den grossen und von ihm gefürcliteten Pavian anzugreifen, um seinen Wärter zu retten. Derartige Handlungen, wie die obengenannten, scheinen das einfachste Resultat davon zu sein, dass die socialen oder mütterlichen Instincte stärker sind als irgend welche andere Instincte oder Motive; denn um Folge einer Ueberlegung oder Folge eines Gefühls von Freude oder Schmerz sein zu können, werden sie zu augenblicklich ausgeübt, wennschon die Nichtausübung ein Unbehagen veranlassen würde.
Ich weiss wohl, dass manche Personen behaupten, dass Handlungen, welche durch einen plötzlichen Antrieb zur Ausführung gelangen, wie in den obenerwähnten Fällen, nicht in den Bereich des moralischen Gefühls gehören und daher nicht moralisch genannt werden können. Dieselben beschränken diesen Ausdruck auf Handlungen, welche mit Ueberlegung und nach einem siegreichen Wettstreit über entgegenstehende Begierden ausgeführt werden, oder auf Handlungen, welche Folgen irgend eines edlen Motivs sind. Es scheint indessen kaum möglich zu sein, eine scharfe Unterscheiduugslinie dieser Art zu ziehen, wennschon die
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Unterscheidung selbst in der Natur begründet sein mag. Was erhabene Motive betrifft, so sind viele Beispiele von Barbaren mitgetheilt worden, welche jeden Gefühls eines allgemeinen Wohlwollens gegen die Menschheit bar und nicht durch irgendwelches religiöse Motiv geleitet mit völliger Ueberlegung, in der Gefangenschaft eher ihr Leben opferten21, als ihre Kameraden verriethen; und sicherlich ist ihr Benehmen als ein moralisches zu betrachten. Was die Ueberlegung und den Sieg über entgegenstehende Motive betrifft, so lässt sich auch beobachten, dass Tbiere zwischen einander entgegenstehenden Instincten zweifeln: so, wenn es sich darum handelt, ihren Nachkommen oder ihren Kameraden in Gefahr zu helfen; und doch werden ihre Handlungen, trotzdem sie zum Besten Anderer ausgefüllt werden, nicht moralische genannt. Ueberdies wird eine wiederholt von uns ausgeführte Handlung zuletzt ohne Ueberlegung oder Zaudern verrichtet werden, und doch wird sicherlich Niemand behaupten, dass eine in dieser Weise verrichtete Handlung aufhört, moralisch su sein; im Gegentheil fühlen wir alle, dass eine Handlung nicht als vollkommen oder in der edelsten Weise ausgeführt angesehen werden kann, wenn sie nicht in Folge eines augenblicklichen Impulses ohne Ueberlegung oder Anstrengung und in derselben Weise ausgeführt wird, wie sie ein Mensch thun würde, bei dem die nöthigen Eigenschaften angeboren sind. Indessen verdient Derjenige, welcher erst seine Furcht oder seinen Mangel an Sympathie überwinden muss, ehe er zur Handlung schreitet, nach einer Seite hin noch mehr Anerkennung als Derjenige, dessen angeborene Disposition ihn zu einer guten Handlung ohne weitere Anstrengung führt. Da wir zwischen den Beweggründen nicht weiter unterscheiden können, so bezeichnen wir alle Handlungen einer gewisseu Classe als moralisch, wenn sie von einem moralischen Wesen ausgeführt werden. Ein moralisches Wesen ist ein solches, welches im Stande ist, seine vergangenen und künftigen Handlungen oder Beweggründe unter einander zu vergleichen und sie zu billigen oder zu misbilligen. Zu der Annahme, dass irgend eines der niederen Thiere diese Fähigkeit habe, haben wir keinen Grund. Wenn daher ein Affe sich in Gefahr begibt, um seinen Kameraden zu erretten, oder einen verwaisten Affen in sorgsame Pflege nimmt, so nennen wir dieses Benehmen nicht moralisch; beim Menschen dagegen,
21 Ich halte einen solchen Fall, den von drei l'atagonischen Indianern, von denen sich einer nach dem andern ersch:esscn licss statt die Pläne ihrer Kriegskameraden zu verrathen, erzählt in Journal of Researches. 1845, p. 103.
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Geisteskräfte,
I. Theil.
welcher allein mit Sicherheit als moralisches Wesen bezeichnet werden kann, werden Handlungen einer gewissen Classe moralische genannt, mögen sie mit üeberlegimg nach einem Kampf mit entgegenstehenden Beweggründen oder in Folge der Nachwirkung einer nach und nach erlangten Gewohnheit oder in Feige eines augenblicklichen Impulses durch den Instinct ausgeführt werden.
Doch kehren wir zu unserem zunächst vorliegenden Gegenstand zurück. Obgleich manche Instincte kräftiger sind als andere und damit zu entsprechenden Handlungen führen, so kann doch nicht behauptet werden, dass die socialen Instincte beim Menschen gewöhnlich stärker sind oder durch langandauernde Gewohnheit stärker geworden sind, als z. B. die Instincte der Selbsterhaltung, des Hungers, der Lust, der Bache n. s. w. Warum bereut der Mensch, — selbst wenn er sich Mühe gibt, jedes solche Gefühl der Beue zu verbannen —, dass er mehr dem einen natürlichen Impuls gefolgt ist als dem andern, und ferner, warum fühlt er, dass er sein Betragen bereuen sollte? In dieser Beziehimg weicht der Mensch völlig von den niederen Thieren ab, doch können wir, wie ich glaube, die Ursache dieser Verschiedenheit mit einem ziemlichen Grade von Deutlichkeit erkennen.
In Folge der Lebendigkeit seiner geistigen Fähigkeiten kann der Mensch es nicht vermeiden zu reflectiren: vergangene Eindrücke und Bilder durchziehen unaufhörlich mit Deutlichkeit seine Seele. Bei denjenigen Thieren nun, welche beständig in Massen vereinigt loben, sind die socialen Instincte fortwährend gegenwärtig und ausdauernd. Der- artige Thiere sind immer bereit, das Warnungssignal auszustossen, die Genossenschaft zu vertheidigen und ihren Genossen in TJebereinstim-mung mit ihren Gewohnheiten zu helfen; sie fühlen zu allen Zeiten, ohne den Antrieb einer speciellen Leidenschaft oder Begierde, einen gewissen Grad von Liebe und Sympathie für sie; sie sind unglücklich, wenn sie lange von ihnen getrennt sind, und in ihrer Gesellschaft immer glücklich. Dasselbe gilt für uns: ein Mensch, welcher keine Spur derartiger Gefühle besässe, würde ein unnatürliches Monstrum sein. Auf der andern Seite ist die Begierde, den Hunger oder irgend eine Leidenschaft, wie die der Bache, zu befriedigen, ihrer Natur nach temporär und kann zeitweise vollständig befriedigt werden. Es ist auch nicht leicht, vielleicht kaum möglich, mit der vollständigen Lebendigkeit z. B. das Gefühl des Hungers sich zurückzurufen und, wie oft bemerkt worden ist, nicht einmal das Gefühl irgendwelchen Leidens. Der Instinct
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der Selbsterhaltung wird nicht gefühlt, ausser bei einer gegenwärtigen drohenden Gefahr, und mancher Feigling hat sich für tapfer gehalten, bis er seinem Feinde Auge in Auge gegenüber gestanden hat. Der Wunsch nach dem Besitzthum eines anderen Menschen ist vielleicht ein so beständiger wie irgend einer, der angeführt werden kann; aber selbst in diesem Falle ist das befriedigende Gefühl wirklichen Besitzes meist ein schwächeres Gefühl als der Wunsch darnach. Schon mancher Dieb, wenn er kein gewohnheitsgemässer war, hat sich nach glücklichem Erfolg gewundert, warum er Dies oder Jenes gestohlen hat.
Da nun der Mensch es nicht vermeiden kann, dass alte Eindrücke beständig wieder durch seine Seele ziehen, so wird er gezwungen. die schwächeren Eindrücke, z. B. vergangenen Hungers oder befriedigter Bache oder auf Kosten anderer Menschen vermiedener Gefahr, mit dem Instincte der Sympathie und des Wohlwollens gegen seine Mitmenschen, welcher noch immer vorhanden und in einem gewissen Grade stets in seiner Seele thätig ist, zu vergleichen. Er wird dann in seiner Erinnerung fühlen, dass ein starker Instiuct einem andern, welcher jetzt vergleichsweise schwach erscheint, nachgegeben hat und dann wird unvermeidlich jenes Gefühl des Unbefriedigtseins gefühlt werden, welches dem Menschen wie jedem anderen Thiere eigen ist, um ihn zum Geliorsam gegen seine Instincte zu bewegen. Der vorhin mitgetheilte Fall der Schwalbe bietet eine Erläuterung, wenn auch .in umgekehrter Weise, eines nur zeitweise, aber doch für diese Zeit stark vorherrschenden Tn-stinets dar, welcher einen andern, welcher gewöhnlich alle übrigen beherrscht, überwindet. Zu der betreffenden Zeit des Jahres scheinen diese Vögel den ganzen Tag lang nur die eine Begierde zu kennen, zu wandern. Ihre Gewohnheiten ändern sich, sie werden rastlos, lärmend und versammeln sich in Haufen. So lange der mütterliche Vogel seine Ncstlinge ernährt oder über ihnen sitzt, ist der mütterliche Instiuct wahrscheinlich stärker als der Waiiderinstinct; aber derjenige, welcher der andauernde ist, erhält den Sieg, und zuletzt fliegt der Vogel in einem Augenblick, wo seine Jungen nicht in Sicht sind, auf und davon und verlässt sie. Ist er am Ende seiner langen lieise und hört der Wanderinstinet zu wirken auf, welch' schmerzliche Gewissensbisse würde ein jeder Vogel fühlen, wenn er mit grosser geistiger Lebendigkeit ausgerüstet sich dem nicht entziehen könnte, dass das Bild seiner Jungen, welche in dein rauhen Norden vor Kälte und Hunger umkommen muss-ten, beständig durch seine Seele zöge.
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I. Theil.
In dem Momente der Handlung wird der Mensch ohne Zweifel geneigt sein, dem stärkeren Antriebe zu folgen, und obschon ihn dies gelegentlich zu den edelsten Thaten führen kann, so wird es doch bei Weitem häufiger ihn dazu bringen, seine eigenen Begierden auf Kosten anderer Menschen zu befriedigen. Nach deren Befriedigung aber, wenn die vergangenen und schwächeren Eindrücke mit den immer vorhandenen socialen Instincten verglichen werden, wird sicherlich Reue eintreten; der Mensch wird dann unbefriedigt mit sich selbst sein und sich entschliessen, mit mehr oder weniger Kraft in Zukunft anders zu handeln. Dies ist das Gewissen; denn das Gewissen schaut rückwärts und beurtheilt vergangene Handlungen, indem es jene Art von Unbefriedigtsein veranlasst, welche, ist sie schwach, Bedauern, ist sie stark, Gewissensbisse genannt wird.
Ohne Zweifel sind diese Empfindungen von jenen verschieden, welche eintreten, wenn andere histiucte und Begierden unbefriedigt gelassen werden; aber ein jeder unbefriedigter Instinct hat seine eigene ihn besonders treibende Empfindung, wie wir beim Hunger, Durst u. s. w. bemerken. Auf diese AVeise geleitet wird der Mensch durch lange Gewohnheit eine so vollkommene Selbstbeherrschung erlangen, dass seine Begierden und Leidenschaften zuletzt augenblicklich seinen socialen Sympathien nachgeben und dass kein Kampf mehr zwischen ihnen eintreten wird. Der noch immer Hungrige oder noch immer nach Bache Dürstende wird nicht daran denken, Nahrung zu stehlen oder seine Eache auszuüben. Es ist möglich oder, wie wir später sehen werden, selbst wahrscheinlich, dass die Gewohnheit der Selbstbeherrschung, wie andere Gewohnheiten, vererbt wird, und so kommt zuletzt der Mensch durch erlangte und vielleicht ererbte Gewohnheit zu dem Gefühl, dass es am besten für ihn ist. seinen andauernderen Instincten zu gehorchen. Das gebieterische Wort „soll" scheint nur das Bewusstsein von der Existenz eines entweder angeborenen oder theilweise erlangten beständigen Instincts auszudrücken, welcher ihm als Führer dient, trotzdem ihm auch einmal nicht gehorcht werden kann. Wir gebrauchen das Wort „soll" kaum in einem übertragenen Sinne, wenn wir sagen, Jagdhunde sollen jagen, Vorstehhunde sollen stellen und Wasserhnnde sollen das Wild apportiren. Führen sie diese Handlung nicht aus, so vernachlässigen sie ihre Pflicht und handeln unrecht.
Wenn irgend eine Begierde oder ein Instinct, welcher zu einer dem Besten Anderer entgegenstehenden Handlung führt, einein Menschen,
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Cap". ?>. Sociale Tugenden anfangs allein geschätzt. 79
wenn dieser sich ihn vor die Seele ruft, noch immer als eben so stark oder noch stärker als sein socialer Instinct erscheint, so wird er kein heftiges Bedauern fühlen, ihm gefolgt zu sein, er wird sich aber dessen bewusst sein, dass, wenn sein Betragen seinen Mitmenschen bekannt würde, er von ihnen Misbilligung erfahren würde, und nur Wenige sind so völlig der Sympathie bar, um nicht Misbehagen zu empfinden, wenn dies eintritt. Hat er keine solche Sympathie und sind seine Begierden, die ihn zu schlechten Handlungen leiten, zu der Zeit stark und werden sie, vor die Seele, zurückgerufen, nicht von den persistenteren socialen Instincten bekämpft, dann ist es seinem Wesen nach ein schlechter Mensch 22 und das einzige ihn zurückhaltende Motiv ist die Furcht vor der Strafe und die Ueberzeugung, dass es auf die Dauer für seine eigenen selbstischen Interessen am besten sein würde, mehr das Beste der Andern, als sein eigenes in's Auge zu fassen.
Offenbar kann Jeder mit einem weiten Gewissen seine eigenen Begierden befriedigen, wenn sie nicht mit seinen socialen Instincten sich kreuzen, d. li. mit dem Besten Anderer; aber um völlig vor eigenen Vorwürfen sicher zu sein oder wenigstens vor Unbehagen, ist es beinahe nothwendig, die Misbilligung seiner Mitmenschen, mag sie gerechtfertigt sein oder nicht, zu vermeiden. Auch darf der Mensch nicht die feststehenden Gewohnheiten seines Lebens, besonders wenn dieselben verständige sind, durchbrechen; denn wenn er dies thut, wird er zuverlässig ein Unbefriedigtsein empfinden; auch muss er gleichzeitig den Tadel des einen Gottes oder der Götter vermeiden, an welchen oder an welche er je nach seiner Kenntniss oder nach seinem Aberglauben glauben mag. In diesem Falle tritt aber oft noch die weitere Furcht vor göttlicher Strafe hinzu.
Die eigentlichen socialen Tugenden zuerst allein beachtet. — Die oben gegebene Ansicht von dem ersten Ursprung und der Natur des moralischen Gefühls, welches uns sagt was wir thun sollen, und des Gewissens, welches uns tadelt, wenn wir jenem nicht gehorcht, stimmt ganz gut mit dem überein, was wir von dem früheren unentwickelten Zustand dieser Fähigkeit beim Menschen kennen. Die Tugenden, welche wenigstens im Allgemeinen von rohen Menschen aus-
- Dr.' Prosper Despine bringt in seiner „Psychologie naturelle" 1868 (Tom. I, p. 243. Tom. II, p. 169) viele merkwürdige Fälle von den schlimmsten Verbrechern, welche dem Anscheine nach vollkommen eines Gewissens entbehrten.
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Geisteskräfte.
1. Thcil.
geübt werden müssen, um es zu ermöglichen, dass sie in einer Gemeinsamkeit verbunden leben können, sind diejenigen, welche noch immer als die wichtigsten anerkannt werden. Sie werden aber fast ausschliesslich nur in Bezug auf Menschen desselben Stammes ausgeübt; und die ihnen entgegengesetzten Handlungen werden, sobald sie in Bezug auf Menschen anderer Stämme ausgeübt werden , nicht als Verbrechen betrachtet. Kein Stamm würde zusammenhalten können, bei welchem Moid, Räuberei, Verrätherei gewöhnlich wären; in Folge dessen werden solche Verbrechen innerhalb der Grenzen eines und desselben Stammes „mit ewiger Schmach gebrandmarkt' 23, erregen aber jenseits dieser Grenzen keine derartigen Empfindungen. Ein amerikanischer Indianer ist mit sich selbst wohl zufrieden und wird von anderen geehrt, wenn er einen Menschen eines andern Stammes scalpirt, und ein Dyak schneidet einer ganz friedlichen Person den Kopf ab und trocknet ihn als Trophäe. Der Kindesmord hat im grössten Maassstab in der ganzen Welt geherrscht 24 und hat keinen Tadel gefunden; es ist indessen die Ermordung von Kindern, besonders von Mädchen, als etwas Gutes für den Stamm oder wenigstens nicht als schädlich für denselben angesehen worden. In früheren Zeiten wurde der Selbstmord nicht allgemein als Verbrechen betrachtet25, sondern wegen des dabei bewiesenen Muths eher als ehrenvolle Handlung; und er wird noch immer von einigen halbcivilisirten Nationen ausgeübt, ohne für tadelnswerth zu gelten, denn der Verlust eines einzelnen Individuums wird nicht als ein für die Nation fühlbarer angesehen. Wie ich von Sir J. Lubbock höre, wird Selbstmord, was auch die Erklärung hiervon sein mag, von den niedrigsten Barbaren nur selten verübt. Man hat berichtet, dass ein indischer Thng es in seinem Gewissen bedauerte, nicht ebensoviele Reisende strangulirt und beraubt zu haben, als sein Vater vor ihm gethan hatte. Auf einem niedrigen Zustand der Civilisation wird allerdings die Beraubung von Fremden meist für ehrenvoll gehalten.
ri s. eineu guten Aufsatz in der „North British Review", 1867 p. 395. vgl. auch W. Bagehot's Abhandlungen über die Bedeutung des Gehorsams und des Zusammenhaltens für den Urmenschen in „The Fortnightly Review" 1867, p. 529 und 1868, p. 457 u. s. w.
** Die ausführlichste Erörterung dieses Punktes, welche ich gefunden habe, findet sich bei Gerland, Ueber das Aussterben der Naturvölker. 1868. Ich werde aber auf den Kindesmord in einem späteren Capitel zurückzukommen haben.
'" s. die sehr interessante Diseussion über den Selbstmord in Lecky's Hi-story of European Morals. Vol. I. 1869, p. 223.
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Cstp. 3. Sociale Tugenden anfangs allein geschätzt. 81
Die grosse Sünde der Sclaverei ist fast allgemein verbreitet gewesen uud oft sind die Sclaven in einer infamen Weise behandelt worden. Da Barbaren auf die Meinung ihrer Frauen gar nichts geben, werden die Weiber gewöhnlich wie Sclaven behandelt. Die meisten Wilden sind für die Leiden Fremder völlig indifferent oder ergötzen sich selbst an ihnen, wenn sie dieselben sehen. Es ist bekannt, dass die Frauen und Kinder der nordamerikanischen Indianer bei den Martern ihrer Feinde mithelfen. Einige Wilde haben schaudererregende Freude an der Grausamkeit mit Thieren 26 und menschliches Rühren mit diesen ist eine bei ihnen unbekannte Tugend. Nichtsdestoweniger finden sich Gefühle der Sympathie und des Wohlwollens, besonders während Krankheiten, zwischen den Gliedern eines und desselben Stammes gewöhnlich und erstrecken sich zuweilen auch über die Grenzen des Stammes hinaus. Mungo Park's rührende Erzählung von der Freundlichkeit einer Negerin aus dem Innern Afrika's gegen ihn ist bekannt. Es hissen sich viele Fälle edler Treue von Wilden gegen einander, aber nicht gegen Fremde anführen; die gewöhnliche Erfahrung rechtfertigt den Grundsatz des Spaniers: „Traue niemals, niemals einem Indianer." Treue kann nicht ohne Wahrheit bestehen, und diese fundamentale Tugend ist nicht selten bei den Gliedern eines Stammes unter einander zu finden: so hörte Mungo Park, dass die Negerin ihre Kinder lehrte, die Wahrheit zu lieben. Dies ist ferner eine von den Tugenden, welche so tief in die Seele sich einwurzeln, dass sie zuweilen von Wilden gegen Fremde, selbst unter grossen Gefahren, ausgeübt worden; aber den Feind zu belügen, ist selten für eine Sünde gehalten worden, wie die Geschichte der modernen Diplomatik deutlich zeigt. Sobald ein Stamm einen anerkannten Führer hat, wird Ungehorsam zum Verbrechen, und selbst kriechendes Unterordnen wird als geheiligte Tugend angesehen.
Wie in Zeiten der Rohheit kein Mensch seinem Stamme nützlich sein oder treu bleiben kann ohne Muth, so ist auch diese Eigenschaft früher allgemein im höchsten Ansehen gehalten worden; und obgleich in civilisirten Ländern ein guter, aber furchtsamer Mensch der Gesellschaft viel nützlicher sein kann, als ein tapferer, so können wir uns doch des Gefühls nicht erwehren, den Letzteren höher als den Feigling zu schätzen, mag Letzterer auch ein durchaus wohlwollender Mensch sein. Auf der andern Seite ist Klugheit, welche die Wohlfahrt Anderer nicht berührt,
26 s. z. B. Hamilton's Erzählung von den Kaffern: Anthropological Review. 1870, p. XV.
Darwin, Abstammung. I, Zwrite Auflage. 6
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Geisteskräfte.
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wenn sie auch au sich eine sehr nützliche Tugend ist, niemals sehr hoch geschätzt worden. Da Niemand die für die Wohlfahrt des Stammes notwendigen Tugenden ohne Selbstaufopferung, Selbstbeherrschung und Ausdauer üben kann, so sind diese Eigenschaften zu allen Zeiten, und zwar äusserst gerechter Weise, hochgeschätzt worden. Der amerikanische Wilde unterwirft sich freiwillig ohne Murren den schrecklichsten Qualen, um seine Tapferkeit und seinen Muth zu beweisen und zu kräftigen, und wir müssen ihn unwillkürlich bewundern, wie selbst einen indischen Fakir, welcher in Folge eines närrischen religiösen Motivs an einem in sein Fleisch gestossenen Haken in der Luft hängt.
Die andern auf das Individuum selbst Bezug habenden Tugenden, welche nicht augenfällig die Wohlfahrt des Stammes berühren, wenn sie es auch in der That wohl thun können, sind von Wilden nie geschätzt worden, trotzdem sie jetzt von civilisirten Nationen hoch anerkannt werden. Die grösste Unmässigkeit ist für Wilde kein Vorwurf; die ungeheure Zügellosigkeit derselben, ihrer unnatürlichen Veibrechen gar nicht zu gedenken, ist etwas Staunenerregendes 27. Sobald indess die Ehe, mag sie Polygamie oder Monogamie sein, gebräuchlich wird, führt die Eifersucht auch zur Entwickelung der weiblichen Tugend, und da diese dann geehrt wird, trägt sie auch dazu bei, sich auf unver-heirathetc Frauen zu verbreiten. Wie lange es dauert, ehe sie sich auch auf das männliche Geschlecht verbreitet, sehen wir bis auf den heutigen Tag. Keuschheit erfordert vor allen Dingen Selbstbeherrschung, sie ist dalier schon seit einer sehr frühen Zeit in der moralischen Geschichte civilisirter Völker geehrt worden. Als eine Folge hiervon ist der sinnlose Gebrauch des Cölibats seit einer sehr frühen Zeit als Tugend betrachtet worden 28. Die Verabscheuung der Unzüchtigkeit, welche uns so natürlich erscheint, dass man diesen Abscheu für angeboren halten könnte, und welcher eine so wirksame Hülfe zur Keuschheit ist, ist eine moderne Tugend, welche ausschliesslich, wie Sir G. Staunton bemerkt 29, dem civilisirten Leben angehört. Dies wird durch die religiösen Gebräuche verschiedener Nationen des Alterthums durch die Pompejanischen Wandgemälde und durch die Gebräuche vieler Wilden bewiesen.
'" Mr. M'Leunan hat eine gute Sammlung von Thatsachen über diesen Ge genstand gegeben in: Primitive Marriage, 1865, p. 170.
28 Lecky, Htstory of European Morals. Vol. I. 1869, p. 109.
29 Enibassy to China. Vol. IL, p. 343.
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Entwickelung der Moralität.
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Wir haben nun gesehen, dass Handlungen von Wilden für gut oder schlecht gehalten werden und wahrscheinlich auch von dem Urmenschen so betrachtet wurden, nur insofern sie in einer auffallenden Weise die Wohlfahrt des Stammes, nicht die der Art, ebensowenig wie die dos Menschen als eines individuellen Mitglieds des Stammes betreffen. Diese Folgerung stimmt sehr gut mit dem Glauben überein, dass das sogenannte moralische Gefühl ursprünglich den socialen Instincten entstammte; denn beide beziehen sich zunächst ausschliesslich auf die Gesellschaft. Die hauptsächlichsten Ursachen der niedrigeren Moralität Wilder, wenn sie nach unserem Maassstab beurtheilt wird, sind erstens die Beschränkung der Sympathie auf denselben Stamm; zweitens unzureichendes Vermögen des Nachdenkens, so dass die Beziehungen vieler Tugenden, besonders der das Individuum betreffenden, zu der allgemeinen Wohlfahrt des Stammes nicht erkannt werden. So erkennen z. B. Wilde die mannichfachen Uebel nicht, welche einem Mangel an Keuschheit, Mässigung u. s. w. folgen. Und drittens ist als Ursache der'niederen Moralität Wilder die schwache Entwickelung der Selbstbeherrschung zu nennen; denn dieses Vermögen ist noch nicht durch lange fortgesetzte, vielleicht vererbte Gewohnheit, durch Unterricht und Religion gekräftigt worden.
Ich bin auf die eben erwähnten Einzelnheiten in Bezug auf die Immoralität der Wilden 30 eingegangen, weil einige Scliriftsteller neuerer Zeit eine sehr hohe Meinung von der moralischen Natur derselben geäussert haben oder die meisten ihrer Verbrechen einem unverstandenen Wohlwollen zugeschrieben liaben S1. Diese Schriftsteller scheinen ihre Folgerungen darauf zu gründen, dass die Wilden, wie sie es unzweifelhaft und oft in einem sehr hohen Grade tliun, diejenigen Tugenden besitzen, welche für die Existenz einer Stammesgemeinschaft von Nutzen oder selbst nothwendig sind.
Schlussbemerkungen. — Die Philosophen der derivativen32 Schule der Moralisten nahmen früher an, dass der Grad der Moralität in einer Art von Selbstsucht läge, neuerdings aber, dass er in „dem
30 Zahlreiche Belege über denselben Gegenstand findet man im VII. Capitel von Sir J. Lubbock's Origin of Civilisation. 1870.
31 z. B. Lecky, History of European Morals. Vol. I. p. 124.
32 Dieser Ausdruck wird in einem guten Artikel in der Westminster Review, Oct. 1869, p. 493 gebraucht. Ucber das Princip des grössten Glücks s. J. S. Mill, Utilitarianisni. p. 17.
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I. Theil.
„Princip des grössten Glücks" zu finden sei. Nach den oben angegebenen Gesichtspunkten ist das moralische Gefühl dem Grunde nach identisch mit den socialen Instincten; und was die niederen Tliiere betrifft, so würde es absurd sein, hier zu sagen, dass die Instmete aus Selbstsucht oder zum Glücke der Gesellschaft entwickelt worden seien. Sicher sind sie indessen für das allgemeine Beste der Gesellschaft entwickelt worden. Der Ausdruck „ allgemeines Beste" kann definirt werden als die Mittel bezeichnend, durch welche die grösstmögliche Zahl von Individuen in voller Kraft und Gesundheit mit allen ihren Kräften vollkommen, und zwar unter den Lebensbedingungen, denen sie ausgesetzt sind, erzogen werden kann. Da sich ohne Zweifel die socialen Instincte Beider, sowohl des Menschen als der niederen Thiere, in ein und derselben Stufenreihe entwickelt haben, so würde es rathsam sein, wenn es ausführbar wäre, dieselbe Definition für beide Fälle zu brauchen und als Prüfstein der Moralität das allgemeine Beste oder die Wohlfahrt der Gesellschaft zu gebrauchen im Vorzug gegen das allgemeine Glück; doch dürfte diese Definition vielleicht eine Einschränkung wegen der politischen Moral erheischen.
Wenn ein Mensch sein Leben wagt, um das eines Mitgeschöpfes zu retten, so scheint es passender, hier zu sagen, dass er für das allgemeine Beste oder die allgemeine Wohlfahrt handelt, als zu sagen, dass er es für das allgemeine Glück der Menschheit thue. Ohne Zweifel fallen die Wohlfahrt und das Glück1 des Individuums gewöhnlich zusammen, und ein zufriedener glücklicher Stamm wird besser gedeihen als einer, welcher unzufrieden und unglücklich ist. Wir haben gesehen, dass auf einer frühen Periode der Geschichte der Menschheit die ausgesprochenen Wünsche der Gesellschaft nothwendig in hohem Grade das Benehmen jedes einzelnen Mitglieds beeinnusst haben werden; und da alle nach Glück streben, so wird das Princip des grössten Glücks ein sehr bedeutungsvoller seeuudärer Führer und ein wichtiges Ziel geworden sein; denn als primärer Antrieb und Führer werden immer die socialen Instincte mit Einschluss der Sympathie dienen. Hierdurch wird der Vorwurf, dass man den Grund des edelsten Theils unserer Natur in das niedere Princip der Selbstsucht legt, beseitigt, man müsste denn in der That die Genugthuung, welche jedes Thier fühlt, wenn es seinen eigenen Instincten folgt und das "Unbefriedigtsem, welches dasselbe fühlt, sobald es daran gehindert wird, selbstisch nennen.
Der Ausdruck der Wünsche und des Urtheils der Glieder einer
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und derselben Gemeinschaft, anfangs mündlich, später durch Schriftsprache, dient, wie eben bemerkt wurde, als eine sehr bedeutungsvolle secundäre Richtschnur des Benehmens, meist die socialen Instincte unterstützend, aber zuweilen auch in Opposition mit ihnen. Diese letztere Thatsache wird durch das Gesetz der Ehre sehr wohl erläutert, d.h. das Gesetz der Meinung von Unseresgleichen und nicht aller unserer. Landsleute. Ein Verstoss gegen dieses Gesetz, — selbst wenn anerkannt werden muss, dass der Verstoss in strenger Uebereinstimmung mit der wirklichen Moral ist —, hat manchem Mann mehr Gewissensbisse verursacht, als ein wirkliches Verbrechen. Wir erkennen denselben Einfluss wieder in dem brennenden Gefühl der Scham, welches die meisten von uns selbst nach Verlauf von Jahren gefühlt haben, wenn sie irgend einen zufälligen Verstoss gegen * eine unbedeutende, wenn mir einmal feststehende Regel der Etikette sich in's Gedächtniss zurückrufen. Das Urtheil der ganzen Gemeinschaft wird durch eine gewisse rohe Erfahrung von Dem bestimmt werden, was auf die Länge der Zeit für alle Mitglieder das Beste ist. Dies Urtheil wird aber nicht selten in Folge von Ungewissheit oder von einem schwachen Vermögen des Nachdenkens fehlen. Daher sind die merkwürdigsten Gebräuche und Formen des Aberglaubens im vollen Gegensatz zur wahren "Wohlfahrt und Glückseligkeit der Menschheit durch die ganze Welt so übermächtig geworden. Wir sehen dies in dem Entsetzen, welches ein Hindu fühlt, der seine Kaste verlässt, in der Scham einer Muhamedanerin, wenn sie ihr Gesicht zeigt, und in unzähligen anderen Beispielen. Es dürfte schwer sein zwischen den Gewissensbissen, die ein Hindu fühlt, der unreine Nahrung gegessen hat, und denjenigen zu unterscheiden, welche nach dem Begehen eines Diebstahls gefühlt werden; die ersteren dürften aber wahrscheinlich die härteren sein.
Auf welche Weise so viele absurde Gesetze des Benehmens, ebenso wie so viele absurde religiöse Glaubensansichten entstanden sind, wissen wir nicht, ebensowenig woher es kommt, dass sie in allen Theilen der Welt sich dem menschlichen Geist so tief eingeprägt haben. Es ist aber der Bemerkung werth, dass ein beständig während der früheren Lebensjahre eingeprägter Glaube, und zwar so lange das Gehirn Eindrücken leicht zugänglich ist, fast die Natur eines Instincts anzunehmen scheint: und das eigentliche Wesen eines Instincts liegt ja darin, dass man ihm unabhängig vom Nachdenken folgt. Ebensowenig können wir sagen, warum gewisse bewundernswerthe Tugenden, wie die Wahr-
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heitsliebe, von einigen wilden Stämmen viel höher anerkannt werden als von andern 33, und ferner warum ähnliche Verschiedenheiten selbst unter civilisirten Nationen bestehen. Da wir wissen, wie stark viele fremdartige Gebräuche und Aberglauben fixirt worden sind, brauchen wir uns darüber nicht zu verwundern, da die auf das Individuum Bezug habenden Tugenden uns jetzt in einem Grade natürlich erscheinen (da sie in der That auf Nachdenken beruhen), dass man sie für eingeboren hält, trotzdem sie vom Menschen in seinem frühesten Zustand nicht geschätzt wurden.
Trotz vieler Zweifelsquellen kann der Mensch meistens und zwar leicht, zwischen den höheren und niederen moralischen Kegeln unter- . scheiden. Die höheren gründen sich auf die socialen Tnstincte und beziehen sich auf die Wohlfahrt Anderer, sie beruhen auf der Billigung unserer Mitmenschen und auf Nachdenken. Die niederen Regeln, trotzdem manche von ihnen, wenn sie Selbstaufopferung mit im Gefolge haben, kaum den Namen niederer verdienen, beziehen sich hauptsächlich auf das eigene Selbst und verdanken ihren Ursprung der öffentlichen Meinung, sobald diese durch Erfahrung und Cnltur gereift ist; denn sie werden von rohen Stämmen nicht befolgt.
Wenn der Mensch in der Cnltur fortschreitet und kleinere Stämme zu grösseren Gemeinschaften vereinigt werden, so wird das einfachste Nachdenken jedem Individuum sagen, dass es seine socialen Instincte und Sympathien auf alle Glieder derselben Nation auszudehnen hat, selbst wenn sie ihm persönlich unbekannt sind. Ist dieser Punkt einmal erreicht, so besteht dann nur noch eine künstliche Grenze, welche ihn abhält, seine Sympathien auf alle Menschen aller Nationen und Rassen auszudehnen. In der That, wenn gewisse Mensehen durch grosse Verschiedenheiten im Aeussern oder in der Lebensweise von ihm getrennt sind, so dauert- es. wie uns unglücklicherweise die Erfahrung lehrt, lange, ehe er sie als seine Mitgeschöpfe betrachtet. Sympathie über die Grenzen der Menschheit hinaus, d. h. Humanität gegen die niederen Thiere scheint eine der spätesten moralischen Erwerbungen zu sein. Wilde besitzen dieses Gefühl, wie es scheint, nicht, mit Ausnahme der Humanität gegen ihre Schoossthiere. Wie wenig die alten Römer dasselbe kannten, zeigt sich in ihren abstossenden Gladiatorenkämpfen. Die blosse Idee
33 Gute Beispiele theilt Mr. Wallace mit in „Scientific Opinion", Sep. 15. 18ß9 und ausführlicher in seinen Coutributions to the Tlieory of Nötural Selcc-tion. 1870, p. 353.
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Cap. 3. Entwickelung der Moralität. 87
der Humanität war, soviel ich beochten konnte, den meisten Gauchos der Pampas neu. Diese Tugend, eine der edelsten, welche dem Menschen eigen ist, scheint als natürliche Folge des Umstands zu entstehen, dass unsere Sympathien immer zarter und weiter ausgedehnt werden, bis sie endlich auf alle fühlenden Wesen sich erstrecken. Sobald diese Tugend von einigen wenigen Menschen geehrt und ausgeübt wird, verbreitet sie sich durch Unterricht und Beispiel auf die Jugend und weiter eventuell auch durch die öffentliche Meinung,
Die höchste Stufe der moralischen Cultur, zu der wir gelangen können, ist die, wenn wir erkennen, dass wir unsere Gedanken contro-liren sollen und „selbst in unsern innersten Gedanken nicht noch einmal die Sünden nachdenken dürfen, welche uns die Vergangenheit so „ angenehm machten"21. Was nur immer irgend eine schlechte Handlung der Seele vertraut macht, macht auch ihre Ausführung um so vieles leichter, wie Marc Aueel schon vor langer Zeit sagte: „so wie deine .gewöhnlichen Gedanken sind, wird auch der Character deiner Seele sein; „denn die Seele ist von den Gedanken gefärbt" 35.
Unser grosser Philosoph Herbert Spencer hat vor Kurzem seine Ansichten über das moralische Gefühl ausgesprochen. Er sagt36: „ich -glaube, dass die Erfahrungen der Nützlichkeit, welche durch alle vergangenen Generationen in der menschlichen Kasse organisirt und befestigt „worden sind, entsprechende Modificationen hervorgebracht haben, welche .in Folge fortgesetzter Ueberlieferung und Anhäufung zu gewissen Fähig-„ keiten moralischer Intuition in uns geworden sind, — gewisse Erregungen entsprechen dem rechten und unrechten Betragen, welche keine „zu Tage tretende Grundlage in den individuellen Erfahrungen der Nützlichkeit haben." Wie mir scheint, gibt es nicht die geringste in der Sache liegende Unwahrscheinlichkeit für die Annahme, dass tugendhafte Neigungen nicht mehr oder weniger stark vererbt würden; denn — um hier nicht die verschiedenen Dispositionen und Gewohnheiten zu erwähnen, welche viele unserer domesticirten Thiere überliefert haben. — ich habe von Fällen gehört, in welchen eine Sucht zu stehlen und eine Neigung zu lügen durch Familien selbst höherer Stände durchgieng; und da das Stehlen ein so seltenes Verbrechen in den wohlhabenden Classen ist, so können
34 Tennyson, Idylls of the King, p. 244.
35 Betrachtungen des Kaisers M. Aurelius Antonius. Englische Ueber-setzung, 2. Ausg. 1869, p. 112. Marc Aurel war 121 geboren.
16 Brief an Mill in Bain's Mental aiul Moral Science. 18GS, p. 722.
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wie die in zwei oder drei Mitgliedern derselben Familie auftretende Neigung nicht durch eine zufällige Coincidenz erklären. Werden schlechte Neigungen überliefert, so ist es wahrscheinlich, dass auch gute in gleicher Weise vererbt werden. Ausgenommen das Princip der Vererbung moralischer Neigungen haben wir kein Mittel, die Verschiedenheiten zu erklären, welche, wie man annimmt, in dieser Beziehung zwischen den verschiedenen Menschenrassen existiren. Indessen haben wir bis jetzt kaum hinreichendes Beweismaterial für diesen Punkt.
Selbst die theilwoise Vererbung tugendhafter Neigungen würde eine unendliche Unterstützung für den primären Antrieb sein, welcher direct aus den socialen Instincten und indirect aus der Gutheissung unserer Mitmenschen entspringt. Nehmen wir für einen Augenblick an, dass tugendhafte Neigungen vererbt werden, so erscheint es wenigstens in solchen Fällen, wie Keuschheit, Massigkeit, Humanität gegen Tliiere u. s. w. wahrscheinlich, dass sie der geistigen Organisation sich zuerst durch Gewohnheit, Unterricht und Beispiel, mehrere Generationen hindurch in derselben Familie fortgesetzt, einprägten und nur in einem völlig untergeordneten Grade, wenn überhaupt, dadurch, dass diejenigen Individuen, welche solche Tugenden besassen, in dem Kampf um's Dasein am besten fortkamen. Die hauptsächlichste Quelle meines Zweifels mit Rücksicht auf irgend eine derartige Vererbung liegt in jenen sinnlosen Gebräuchen, abergläubischen Formen und Geschmacksrichtungen, wie das Entsetzen eines Hindu vor unreiner Nahrung, welche doch nach demselben Princip vererbt werden mnssten. Obschon dies an sich vielleicht nicht weniger wahrscheinlich ist, als dass Thiere durch Vererbung den Geschmack für gewisse Arten von Nahrung oder die Furcht vor gewissen Feinden erlangen, so ist mir doch kein Zeugniss vorgekommen zur Unterstützung der Annahme, dass auch abergläubische Gebräuche und sinnlose Gewohnheiten vererbt würden.
Endlich werden die socialen Instincte, welche ohne Zweifel im Menschen ebenso wie bei den niederen Thioren zum Besten der ganzen Gemeinschaft entstanden sind, von Anfang an den Wunsch, seinen Genossen zu helfen, und ein gewisses Gefühl der Sympathie in ihm angeregt haben. Derartige Antriebe werden ihm in einer sehr frühen Periode als ein roher Maassstab von Hecht und Unrecht gedient haben. Aber in dem Maasse, als der Mensch nach und nach an intellectueller Kraft zunahm und in den Stand gesetzt wurde, die weiter ab liegenden
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Folgen seiner Handlungen zu fibersehen, als er hinreichende Kenntnisse erlangt hatte, verderbliche Gebräuche und Aberglauben zu verwerfen, als er, je länger desto mehr, nicht bloss die Wohlfahrt, sondern auch das Glück seiner Mitmenschen in's Auge fasste, als aus Gewohnheit, einer Folge wohlthätiger Erfahrung, wohlthätigen Unterrichts und Beispiels, seine Sympathien zarter und weiter ausgedehnt wurden, so dass sie sich auf alle Menschen aller Kassen, auf die schwachen, gebrechlichen und andern unnützen Glieder der Gesellschaft erstreckten, endlich sogar auf die niederen Thiere, — in dem Maasse wird auch der Maassstab seiner Moralität höher und höher gestiegen sein. Und die Moralisten der derivativen Schule und auch einige Intuitionisten geben zu, 'dass der Maassstab der Moralität seit einer frühen Periode der Geschichte der Menschheit ein höherer geworden ist37.
Da man zuweilen sieht, dass zwischen verschiedenen Instincten der niederen Thiere ein Kampf besteht, so ist es nicht überraschend, dass auch beim Menschen ein Kampf zwischen seinen socialen Instincten, mit den davon abgeleiteten Tilgenden, und seinen niederen, wenn auch im Augenblick stärkeren, Antrieben und Begierden sich erhebt. Dies ist, wie Mr. Galton 38 bemerkt hat, um so weniger überraschend, als der Mensch sich aus dem Zustand der Barbarei innerhalb einer ver-hältnissmässig neueren Zeit erst erhoben hat. Haben wir irgend einer "Versuchung nachgegeben, so empfinden wir ein Gefühl des Unbcfriedigt-seins analog dem, welches in Folge anderer nicht befriedigter Instincte empfunden wird, und in diesem Falle nennen wir es Gewissen; denn wir können nicht verhindern, das? vergangene Bilder und Eindrücke beständig durch unsere Seele ziehen, und diese vergleichen wir in ihrem abgeschwächten Zustande mit den beständig gegenwärtigen socialen Instincten oder Gewohnheiten, welche wir in früher Jugend erlangt und durch unser gauzes Leben gekräftigt haben, so dass sie zuletzt fast so stark wie Instincte geworden sind. Blicken wir auf spätere Generationen, so haben wir keine Veranlassung zu befürchten, dass die socialen
" Ein Schriftsteller, welcher der Bildung eines gesunden Urtheils wohl fähig ist, drückt sich in der North'British Review, July 18G9, p. 531 sehr entschieden in diesem Sinne aus. Mr. Lecky scheint (Ilistory of Morals. Vol. I, p. 143) in gewissem Maasse einzustimmen.
38 s. sein merkwürdiges Buch „On Ilereditary Genius." 1SG9, p. 349. Der Herzog von Argyll gilit in seinem: Primeval Man, 1869. p. IRR einige gute Bemerkungen über den in der Natur des Menschen auftretenden Kampf zwischen Recht und Unrecht.
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Instmete schwächer werden würden, und wir können wohl erwarten, dass tugendhafte Gewohnheiten stärker und vielleicht durch Vererbung fixirt werden. In diesem Falle wird der Kampf zwischen unsern höheren und niederen Antrieben weniger hart sein und die Tugend wird triumphiren.
Zusammenfassung der letzten beiden Capitel. Es lässt sich nicht zweifeln, dass die Verschiedenheit zwischen der Seele des niedrigsten Menschen und der des höchsten Thieres ungeheuer ist. Wenn ein anthropomorpher Affe leidenschaftslos seinen eigenen Zustand beurtheilen könnte, so würde er zugeben, dass, obgleich er einen kunstvollen Plan sich ausdenken könnte, einen Garten zu plündern, obgleich er Steine zum Kämpfen oder zum Aufbrechen von Nüssen benutzen könnte, doch der Gedanke, einen Stein zu einem Werkzeug umzuformen, völlig über seinen Horizont gienge. Er würde ferner zugeben, dass er noch weniger im Stande wäre, einen Zug metaphysischen Nachdenkens zu verfolgen'oder ein mathematisches Problem zu lösen oder über Gott zu reflectiren oder eine grosse Naturscene zu bewundern. Einige Affen würden indess wahrscheinlich erklären, dass sie die Schönheit der farbigen Haut und des Haarkleides ihrer Eidgenossen bewundern könnten und wirklich bewundern; sie würden zugeben, dass ihnen, obschon sie den andern Affen durch Ausrufe einige ihrer Wahrnehmungen und einfacheren Bedürfnisse verständlich machen könnten, doch die Idee, bestimmte Gedanken durch bestimmte Laute auszudrücken, niemals in den Sinn gekommen sei. Sie können behaupten, dass sie bereit wären, ihren Genossen in derselben Heerde auf viele Weisen zu helfen, ihr Leben für sie zu wagen und für ihre Waisen zu sorgen; sie würden aber genöthigt sein, anzuerkennen, dass eine interesselose Liebe für alle lebenden Geschöpfe, dieses edelste Attribut des Menschen, völlig über ihre Fassungskraft hinan sgienge.
So gross nun auch nichtsdestoweniger die Verschiedenheit an Geist zwischen dem Menschen und den höheren Thieren sein mag, sie ist sicher nur eine Verschiedenheit des Grads und nicht der Art. Wir haben gesehen, dass die Empfindungen und Eindrücke, die verschiedenen Erregungen und Fähigkeiten, wie Liebe, Gedächtniss, Aufmerksamkeit, Neugierde, Nachahmung, Verstand u. s. w., deren sich der Mensch rühmt, in einem beginnenden oder zuweilen selbst in einem gut entwickelten Zustand bei den niederen Thieren gefunden werden. Sie sind
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Cap. 2. Zusammenfassung der letzten beulen Capitel. 91
auch in-einem gewissen Grade der erblichen Veredelung fähig, wie wir an dem domesticirten Hund im Vergleich mit dem Wolf oder Schakal sehen. Wenn behauptet wird, dass gewisse Fähigkeiten, wie Sclbstbe-wnsstsein, Äbstraction u. s. w. dem Menschen eigenthümlich sind, so kann es wohl der Fall sein, dass diese die begleitenden Resultate anderer weit fortgeschrittener intellectueller Fähigkeiten sind; und diese wiederum sind hauptsächlich das Resultat des fortgesetzten Gebrauchs einer höchst entwickelten Sprache. In welcher Art entwickelt sich bei dem neugeborenen Kinde das Vermögen der Äbstraction, in welchem Alter wird das Kind selbstbewnsst und reflectirt über seine eigene Existenz? Wir können hierauf nicht antworten, auch können wir eine Antwort nicht ertheilen auf die gleiche Frage mit Bezug auf die aufsteigende Reihe organischer Wesen. Das halb Künstliche und halb In-stinctivc der Sprache trägt noch immer den Stempel ihrer allmählichen Entwickelung an sich. Der veredelnde Glaube an Gott ist den Menschen nicht allgemein eigen und der Glaube an thätige spirituelle Kräfte folgt naturgemäss aus seinen andern geistigen Kräften. Das moralische Gefühl bietet vielleicht die beste und höchste Unterscheidung zwischen dem Menschen und den niederen Thieren dar; doch brauche ich kaum etwas hierüber zu sagen, da ich erst vor kurzem zu zeigen versucht habe, dass die socialen Instincte — das wichtigste Princip der moralischen Constitution des Menschen39 — mit der Unterstützung der thätigen intellectuellen Kräfte und der Wirkungen der Gewohnheit naturgemäss zu der goldenen Eegel führen; „was Ihr wollt, dass man „Euch thuc, das thut auch Andern"; und dies ist die Grundlage der Moralität.
In einem späteren Capitel werde ich einige Bemerkungen über die wahrscheinlichen Stufen und Mittel machen, durch welche die verschiedenen geistigen und moralischen Fähigkeiten des Menschen allmählich weiter entwickelt worden sind. Dass diese Entwickelung wenigstens möglich ist, dürfte nicht zu läugnen sein, wenn wir täglich eine solche an jedem Kinde beobachten und wenn wir eine vollständige Stufenreihe von dem geistigen Zustand eines völligen Tdioten, noch niedriger als der des niedrigsten Thieres, bis zu dem Geist eines Newton verfolgen können.
M Betrachtungen des Marc Aurel a. a. 0. p. 130.
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Viertes Capitel.
Ueber die Art der Eutwickehmg des 3Ieuschen ans einer niederen Form.
Variabilität des Körpers und Geistes beim Menschen. — Vererbung. — Ursachen der Variabilität. — Gesetze der Abänderung sind dieselben beim Menschen und den niederen Thieren. — Directe Wirkung der Lebensbedingungen. — Wirkungen des vermehrten Gebrauchs und des Nichtgebrauchs von Theilen. — Entwickelungshemimingen. — Rückschlag. — Correlative Abänderung. — Verhältniss der Zunahme. — Hindernisse der Zunahme. — Natürliche Zuchtwahl. — Der Mensch das herrschendste Thier auf der Erde. — Bedeutung seines Körperbaues. — Ursachen, welche zu seiner aufrechten Stellung führten. — Von dieser abhängende Aenderungen des Baues. — Grössenab-nahme der Eckzähne. — Grössenzuuahme und veränderte Gestalt des Schädels. — Nacktheit. — Fehlen eines Schwanzes. — Verthcidigungsloser Zustand des Menschen.
Wir haben im ersten Capitel gesehen, dass die homologe Bildung des Menschen, seine embryonale Entwickelniig und die Kndimente, welche er noch immer besitzt, sämmtlich in der deutlichsten Weise zeigen, dass er von einer niederen Form abstammt. Der Besitz erhabener geistiger Kräfte ist kein unüberwindlicher Einwand gegen diese Folgerung. Damit ein affenähnliches Geschöpf in einen Menschen umgewandelt werde, ist es nothwcndig, dass diese frühere Form ebenso wie zahlreiche spätere aufeinander folgende Verbindungsglieder sämmtlich an Geist und Körper variirt haben. Hierüber directe Zeugnisse zu erlangen ist unmöglich; wenn aber gezeigt werden kann, dass der Mensch noch jetzt variirt, dass seine Abänderungen durch dieselben allgemeinen Ursachen veranlasst werden und denselben allgemeinen Gesetzen unterliegen, wie bei den niederen Thieren, so lässt sich kaum zweifeln, dass die vorhergehenden zwischenliegenden Glieder in einer ähnlichen Weise variirten. Auch müssen auf jeder der aufeinanderfolgenden Stufen der Abstammung die Abweichungen in einer gewissen Weise sich gehäuft und fixirt haben.
Die in diesem Capitel mitzutheilendcn Thatsachen und Folgerungen
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Cap. 4. Variabilität des Menschen. 93
beziehen sich fast ausschliesslich auf die Mittel, durch welche die Umwandlung zum Menschen wahrscheinlich ausgeführt worden ist, soweit es seine körperliche Bildung betrifft. Das folgende Capitel wird der Entwicklung seiner intellectuellen und moralischen Fähigkeiten gewidmet sein. Die vorliegende Erörterung bezieht sich aber gleicherweise auf den Ursprung der verschiedenen Rassen oder Species des Menschen, welchen Ausdruck man auch vorziehen mag.
Offenbar unterliegt der Mensch gegenwärtig einer bedeutenden Variabilität. Nicht zwei Individuen einer und derselben Rasse sind völlig gleich. Wir mögen Millionen Gesichter unter einander vergleichen, jedes wird vom andern verschieden sein. Ein gleich grosser Betrag von Verschiedenheit besteht in den Proportionen und Dimensionen der verschiedenen Theile seines Körpers. Die Länge der Beine ist eine der variabelsten Punkte '. Wenn auch in einigen Theilen der Erde ein langer Schädel, in anderen Theilen ein kurzer Schädel vorherrscht, so besteht doch eine grosse Verschiedenheit der Form selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse, wie bei den Ureinwohnern von Amerika und Australien — und die letzteren bilden wahrscheinlich dem Blut, den Gewohnheiten und der Sprache nach eine so homogene Rasse, als irgend eine existirende — und selbst bei den Einwohnern eines so beschränkten Gebiets wie der Sandwichsinseln -. Ein ausgezeichneter Zahnarzt versicherte mich, dass die Zähne fast ebenso viele Verschiedenheiten darbieten als die Gesichtszüge. Die Hauptarterien haben so häufig einen abnormen Verlauf, dass man es zu chirurgischen Zwecken für nützlich erkannt hat, aus 12000 Leichen zu berechnen, wie oft jede Verlaufsart vorkommt3. Die Muskeln sind ausserordentlich variabel; so fand Professor Turner 4, dass die des Fusses in zwei unter 50 Leichen nicht einander genau gleich sind, und bei einigen waren die Abweichungen beträchtlich. Professor Türner fügt noch hinzu, dass die Fähigkeit, die passenden Bewegungen auszuführen, in Übereinstimmung
1 Investigatious in Military and Anthropological Statistics of American Sol-diers by B. A. Gould. 1861), p. 25G.
1 In Bezug auf die Schädelform der Kingeboreuen von Nord-Amerika s. Dr. Aitken Meigs in: Proceed. Acad. Natur. Sc. Philadelphia. May 18G6. Ueber die Australier s. Huxley in Lyell, Alter des Menschengeschlechts. 1803,8.51. Ueber die Sandwichsinsulaner: Prof. J. Wyman, Observations on Crania. Boston 1808, p. 18.
3 Anatomy of the Arteries von R. Quain.
4 Transact. Roy. Soc. Edinburgh. Vol. XXIV, p. 175, 189.
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Entwickekingsweise des Menschen.
I. Tlieil.
mit den verschiedenen Abweichungen modificirt sein muss. Mr. J. AVood hat das Vorkommen von 295 Muskel-Varietäten an sechsimddreissig Leichen mitgetheilt3 und bei einer andern Reihe von derselben Zahl nicht weniger als 558 Varietäten, beide Seiten des Körpers für eine gerechnet. Bei der letzten Reihe fehlen nicht an einem Körper unter den sechsunddreissig „Abweichungen von den gültigen Beschreibungen „des Muskelsystems, welche die anatomischen Handbücher geben, vollständig." Eine einzige Leiche bot die ausserordentliche Zahl von fünfundzwanzig verschiedenen Abnormitäten dar. Derselbe Muskel variirt zuweilen in verschiedener Weise: so beschreibt Professor Macauster 6 nicht weniger als zwanzig verschiedene Abweichungen an dem PalnTaris accessorius.
Der alte berühmte Anatom Wolff 7 hebt hervor, dass die inneren Eingeweide variabler sind als die äusseren Theile: NttUa particula est, quae non aliler et aHier in aliis se habcat hominibits. Er hat selbst eine Abhandlung über die Auswahl typischer Exemplare der Eingeweide zu deren Darstellung geschrieben. Eine Erörterung über das ideal Schöne der Leber, Lungen, Nieren it. s. w., als wenn es über das des göttlich schönen menschlichen Antlitzes sei, klingt für unsere Ohren fremdartig.
Die Variabilität oder Verschiedenartigkeit der geistigen Fähigkeiten bei Menschen einer und derselben Rasse, der noch grösseren Verschiedenheiten zwischen Menschen verschiedener Rassen gar nicht zu gedenken, ist so notorisch, dass es nicht uöthig ist, hier noch ein Wort darüber zu sagen. Dasselbe gilt für die niederen Thiere, wie durch ein paar Beispiele im letzten Capitel erläutert worden ist. Alle die Leute, welche Menagerien geleitet haben, geben die Thatsache zu und wir sehen dieselbe auch deutlich bei unseren Hunden und anderen do-mesticirten Thieren. Besonders Bkehm legt auf die Thatsache Nachdruck, dass jeder individuelle Affe unter denen, welche er in Afrika in Gefangenschaft hielt, seine eignen ihm eigenthümlichen Anlagen und Launen gehabt habe; er erwähnt vorzugsweise einen Pavian wegen seiner hohen Intelligenz; und die Wärter im zoologischen Garten zeigten mir einen zu der Abtheilung der Affen der neuen Welt gehörigen, der
5 Proceed. Roy Soc. 1867, p. 544, auch 18G8, p. 483, 524; ebenso ein früherer Aufsatz 1860, n. 229.
6 Proceed. Roy. Irish Academy. Vol. X. 18C8, p. 141. 1 Acta Acad. Petropolit. 1778. Ps. II, p. 217.
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Cap. 4. Variabilität des Menschen. 95
gleichfalls wegen seiner Intelligenz merkwürdig war. Auch Rengger betont die Verschiedenheit der einzelnen geistigen Charactere bei Affen derselben Species, die er in Paraguay hielt, und fügt hinzu, dass diese Verschiedenheit zum Theil angeboren, zum Theil das Resultat der Art und Weise sei, in welcher sie. behandelt oder erzogen Wären 8.
Ich habe an einem andern Orte 9 das Thema der Vererbung so ausführlich erörtert, dass ich hier kaum irgend etwas hinzuzufügen nöthig habe. Eine grosse Anzahl von Thatsachen sind in Bezug auf die Ueberlieferung sowohl der äusserst unbedeutenden, als der bedeutungsvollsten Charactere gesammelt worden, und zwar eine viel grössere Anzahl in Bezug auf den Menschen als in Bezug auf irgend eines der niederen Thiere; doch sind in Bezug auf die letzteren die Thatsachen immer noch reichlich genug. Was z. B. die Ueberlieferung geistiger Eigenschaften betrifft, so ist dieselbe bei unseren Hunden, Pferden und anderen domesticirten Thieren offenbar. Ausser den speciellen Neigungen und Gewohnheiten werden allgemein Intelligenz, Muth, schlechtes und gutes Temperament u. s. w. sicher überliefert. In Bezug auf den Menschen sehen wir ähnliche Thatsachen fast in jeder Familie; und wir wissen jetzt durch die ausgezeichneten Arbeiten Mr. Galton's 10, dass das Genie, welches eine wunderbar complicirtc Combination höherer Fähigkeiten umfasst, zur Erblichkeit neigt; andererseits ist es nur zu gewiss, dass Verrücktheit und beschränkte geistige Kräfte gleichfalls durch ganze Familien gehen.
Was die Ursachen der Variabilität betrifft, so sind wir in allen Fällen in grosser Unwissenheit; wir sehen nur, dass dieselbe beim Menschen wie bei den niederen Thieren in irgend einer Beziehung zu den Lebensbedingungen stehen, welchen eine jede Art mehrere Generationen hinter einander ausgesetzt gewesen ist. Domesticirte Thiere variiren mehr als Thiere im Naturzustand; und dies ist offenbar Folge der verschiedenartigen und wechselnden Lebensbedingungen, denen sie ausgesetzt gewesen sind. Die verschiedenen Menschenrassen gleichen in dieser Hinsicht domesticirten Thieren, und dasselbe gilt von den Individuen einer und derselben Kasse, sobald sie einen sehr grossen Bezirk,
8 Brehm, Thierleben, Bd. 1, S. 58, 87. Rengger, Säugethiere von Paraguay. S. 57.
9 Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, Cap. 12.
10 Hereditary Genius; an Inquiry into its Lavs and Consenuenees. 18G9.
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96 Entwickehmgsweise des Mensclien. I. Theil.
wie z. B. Amerika bewohnen. Den Einfluss verschiedenartiger Bedingungen sehen wir an den civilisirten Kationen, deren Glieder verschiedenen ^angelassen angehören und verschiedene Beschäftigungen haben, wodurch sie eine grössere Reihe von Merkmalen darbieten als die Glieder barbarischer Nationen. Doch ist andererseits die Gleichförmigkeit unter den Wilden bedeutend übertrieben worden, und in manchen Fällen kann man kaum sagen, dass sie überhaupt existire n. 'Nichtsdestoweniger ist es ein Irrthum, selbst wenn wir nur auf die Lebensbedingungen sehen, denen er unterworfen gewesen ist, vom Menschen so zu sprechen, als sei er „weit mehr domesticirt" Vl als irgend ein anderes Thier. Einige wilde Rassen, z. B. die Australier, sind keinen mannichfaltigereu Bedingungen ausgesetzt gewesen als viele Species, welche sehr weite Verbreitnngsbezirke haben. In einer andern und noch bedeutungsvolleren Beziehung weicht der Mensch sehr weit von jedem im strengen Sinn domesticirten Thier ab; die Nachzucht ist nämlich bei ihm weder durch methodische noch durch unbewusste Zuchtwahl con-trolirt worden. Keine Rasse oder grössere Zahl von Menschen ist von anderen Menschen so vollständig unterworfen worden, dass gewisse Individuen, weil sie in irgendwelcher Weise ihren Herren von grösserem Nutzen gewesen wären, erhalten und so unbewusst zur Nachzucht gelangt wären. Auch sind sicherlich nicht gewisse männliche und weibliche Individuen absichtlich ausgewählt und mit einander verbunden worden mit Ausnahme des bekannten Falles der preussischen Grenadiere, und in diesem Falle folgte, wie man von vornherein erwarten konnte, der Mensch dem Gesetze methodischer Zuchtwahl; denn es wird ausdrücklich angeführt, dass in den Dörfern, welche die Grenadiere mit ihren grossen Weibern bewohnten, viele ebenso grosse Leute aufgezogen worden sind.
Betrachten wir alle Menschenrassen als eine einzige Art bildend, so ist ihre Verbreitung ganz enorm; aber schon einzelne verschiedene Rassen, wie die Amerikaner und Polynesier, haben sehr weite Verbreitungsbezirke. Es ist ein bekanntes Gesetz, dass weitverbreitete Species
11 Mr. E ates bemerkt (Tlie Naturalist 011 the Amazons. 1863. Vol. II, p. 159) in Bezug auf tlie Indianer eines und desselben südamerikanischen Stammes: „nicht zwei von ihnen waren in der Form des Kopfes einander überhaupt ähnlich; der eine hatte ein ovales Gesicht mit schönen Zügen, ein anderer war völlig „mongolisch in der Breite und dem Vorspringen der Backen, der Oeffnung der „Nasenlöcher und der Schiefheit der Äugen."
li Blumenbach, Treatises on Anthropology, engl. Uebers. 1865, p. 205.
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Cap. 4. Variabilität des Menschen. 97
viel variabler sind als Species mit beschränkter Verbreitung; und man kann weit zutreffender die Variabilität des Menschen mit der weitverbreiteter Species als mit der domesticirter Thierc vergleichen.
Die Variabilität scheint nicht bloss beim Menschen und den niederen Thieren durch dieselben allgemeinen Ursachen veranlasst worden zu sein, sondern in beiden Fällen werden auch dieselben Merkmale in einer streng analogen Weise afficirt. Dies ist mit so ausführlichen Details von Güdron und Quatkefaoes erwiesen worden, dass ich hier nur auf deren Werke zu verweisen habe 13. Auch die Monstrositäten, welche allmählich in unbedeutende Varietäten übergehen, sind beim Menschen und den niederen Thieren einander so ähnlich, dass für beide dieselbe Classification und dieselben Bezeichnungen gebraucht werden können, wie man aus Tsidore Gküffkoy St. Hilaire's grossem Werk sehen kann ,4. Dies ist eine nothwendige Folge davon, dass dieselben Gesetze der Veränderung durch das ganze Thierreich hindurch herrschen. In meinem Buche über das Variiren domesticirter Thiere habe ich den Versuch gemacht, in einer flüchtigen AVeise die Gesetze des Variirens unter die folgenden Punkte zu ordnen: Die directe und bestimmte Wirkung veränderter Bedingungen, wie sich dieselben bei allen oder fast allen Individuen einer und derselben Species zeigt, welche unter denselben TJmständeu in einer und derselben Art und Weise abändern; — die Wirkungen lange fortgesetzten Gebrauchs oder Nichtgebrauchs von Thei-len; — die Verwachsung homologer Theile; — die Variabilität in Mehrzahl vorhandener Theile; — Compensation des Wachsthums, doch habe ich von diesem Gesetz beim Menschen kein entscheidendes Beispiel gefunden ; — die Wirkungen des mechanischen Drucks eines Theils auf einen andern, wie der Druck des Beckens auf den Schädel des Kindes im Mutterleibe; — Entwickelungshemmungen, welche zur Verkleinerung oder Unterdrückung von Theilen führen; — das AViedererscheinen lange verlorener Charactere durch Rückschlag; — und endlich correlative Abänderung. Alle diese sogenannten Gesetze gelten in gleicher Weise für den Menschen, wie für die niederen Thiere und die meisten derselben sogar für Pflanzen. Es wäre hier überflüssig, sie alle zu erörtern l5; meh-
13 Godron, De l'espece. 1859. Tom. II. Buch 3. Qua-trefages, Umte de l'espece liumaine. 1SG1; auch die Vorlesungen «bei- Anthropologie, mitge-theilt in der Revne des Cours SScientifique. 18G(i—68.
14 Histoire gener. et partic. des Anomalies de ^Organisation. Tom. 1. 1832.
15 Ich habe diese Gesetze ausführlich in dem Buche „Ueber das Variiren
DAHWlN, Atwtaiiiiimii;,' I. Zwritt! Auflag". V
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Entwickehmgsweise des Menschen.
J. Theil.
rere sind aber für uns von solcher Bedeutung, dass sie mit ziemlicher Ausführlichkeit behandelt werden müssen.
Die directe und bestimmte Wirkung veränderter Bedingungen. — Dies ist ein äusserst verwickelter Gegenstand. Es lässt sich nicht läugnen, dass veränderte Bedingungen irgendwelchen Einfiuss und gelegentlich sogar eine beträchtliche Wirkung auf die Organismen aller Arten äussern, und es scheint zunächst wahrscheinlich, dass, wenn mau hinreichend Zeit gestattete, ein solches Resultat unabänderlich eintreten würde. Doch ist mir's nicht gelungen, deutliche Beweise zu Gunsten dieser Folgerung zu erhalten; es lassen sich auch auf der andern Seite gültige Gründe für das Gegentheil anführen, mindestens soweit die zahllosen Bildungs-Eigentlrürnlichkeiten in Betracht kommen, welche spe-ciellen Zwecken -angepasst sind. Es kann indessen kein Zweifel sein, dass veränderte Bedingungen einen fast endlosen Betrag von fluetuirender Variabiltät veranlassen, .wodurch die ganze Organisation in gewissem Grade plastisch gemacht wird.
In den Vereinigten Staaten wurde über eine Million Soldaten, welche während des letzten Kriegs dienten, gemessen und die Staaten, in denen sie geboren und erzogen waren, notirt l6. Aus dieser stau-nenswerthen Zahl von Beobachtungen ergibt sich der Beweis, dass lo-cale Einflüsse irgendwelcher Art direct auf die Grösse wirken; und Willemen ferner, „dass der Staat, in dem das Wachsthum zum grossen „Theil stattgehabt hat, und der Staat der Geburt, welcher die Abstammung ergibt, gleichfalls einen ausgesprochenen Einlluss auf die Grösse „auszuüben scheinen." So ist z. B. als feststehend ermittelt, dass „ein „Aufenthalt in den westlichen Staaten während der Jahre des Wachs-„thums eine Zunahme der Grösse hervorzubringen neigt". Andrerseits ist es sicher, dass bei Matrosen die Lebensweise das Wachsthum hemmt, wie sich „aus der bedeutenden Verschiedenheit der Grösse von Soldaten .und Matrosen im Alter von 17 und 18 Jahren ergibt". Mr. B.. A. Guold versuchte die Ursachen dieser Einflüsse festzustellen, welche
der Thiere und Pflanzen im Znstande der Domestication". Bd. 2, Cap. 22 n. 23 erörtert. J. P. Durand hat vor nicht langer Zeit (1868) eine werthvcdle Abhandlung veröffentlicht: De l'Jiifluence des Milieus etc. Er legt auf die Beschaffenheit des Bodens grosses Gewicht.
16 Investigations in Military and Anthropological Statistics by B. A. Gonld. 18G9, p. 93, 107, 126, 131, 134.
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Cap. 4. Wirkung veränderter Bedingungen. 99
hiernach auf die Grösse einwirken; er gelangte indess nur zu negativen Resultaten, nämlich dass sie weder im Clima noch in der Bodenerhebung des Landes, noch selbst „in irgendwelchem controlirbaren Grade* in der.Reichlichkeit oder dem Mangel der Lebensannehmlichkeiten liegen. 'Diese letzte Schlussfolgerung steht im directen Gegensatz zu der, zu welcher Villerme nach der Statistik der Körpergrösse der in verschiedenen Theilen Frankreichs Conscribirten gelangte. Wenn wir die Verschiedenheit in der Körpergrösse zwischen den polynesischen Häuptlingen und den niedrigeren Volksstämmen derselben Inselgruppen, oder zwischen den Einwohnern der fruchtbaren vulkanischen und der niedrigen unfruchtbaren Koralleninseln desselben Oceans 17, oder ferner zwischen den Feuerländern der östlichen und westlichen Küsten ihres Heimatlandes, wo die Subsistenzmittel sehr verschieden sind, mit einander vergleichen, so ist es kaum möglich, den Schluss zu umgehen, dass bessere Nahrung und grösserer Comfort die Körpergrösse beeinflussen. Die voranstehenden Angaben zeigen aber, wie schwierig es ist, zu irgend einem präcisen Resultate zu gelangen. Dr. Beddoe hat vor Kurzem nachgewiesen, dass bei den Einwohnern Grossbritanniens der Aufenthalt in Städten und gewisse Beschäftigungen einen die Körpergrösse beeinträchtigenden Einfluss haben; und er schliesst ferner, dass das Resultat in einer gewissen Ausdehnung vererbt wird, wie es auch in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Weiter glaubt auch Dr. Beddoe, dass, wo nur immer „eine Rasse das Maximum ihrer physischen Ent-,Wickelung erlangt, sie auch an Energie und moralischer Kraft sich am «höchsten erhebt" IS.
Ob äussere Bedingungen irgend eine andre directe Wirkung auf den Menschen äussern, ist nicht bekannt. Es hätte sich erwarten lassen, dass Verschiedenheiten des Clima einen ausgesprochenen Einfluss haben würden, da bei einer niederen Temperatur die Lungen und Nieren zu grösserer Thätigkoit und bei einer höheren Temperatur die Leber und die Haut zu einer solchen herangezogen werden !9. Man meinte
" In Bezug auf Polynesier siehe Prichard, Physical Histovy of Mankind. Vol. V. 1847, p. 145, 283; auch (iodron, De I'especo, Tom. II, p. 289. Ks be-steht auch eine merkwürdige Verschiedenheit in der äusseren Erscheinung zwischen den nahe verwandten Hindus des oberen Ganges und Bengalens, s. Kl-phinstone, History of India. Vol. I, p. 324.
,b Memoirs Anthropolog. Soc. Vol. 111. 1867—09, p. 501, 505, 5(1".
'* Dr. Brakenridge, Theory of Diathesis, in: Medical Times June, 19, und Juli, 17, 1869.
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
früher, dass die Hautfarbe und die Beschaffenheit des Haares durch Licht oder Wärme bestimmt würden; und obgleich sich kaum läugnen lässt, dass eine gewisse Wirkung hierdurch ausgeübt wird, so stimmen fast alle Beobachter jetzt darin überein, dass die Wirkung nur sehr.gering gewesen ist, selbst nach viele Jahre dauernder Einwirkung. Doch wird dieser Gegenstand besser dann noch erörtert werden, wenn wir von den verschiedenen -Rassen der Menschen reden. In Bezug auf unsere do-mesticirten Thiere haben wir Gründe zu der Annahme, dass Kälte und Feuchtigkeit direct das Wachsthum der Haare afficiren; für den Menschen ist mir aber kein entscheidender Beweis hierfür begegnet.
Wirkung des vermehrten Gebrauchs und Nichtgebrauchs von Theilen. — Es ist allgemein bekannt, dass der Gebrauch die Muskeln des Individuums kräftigt und dass völliger Nichtgebrauch oder die Zerstörung des betreffenden Nerven sie schwächt. Wird das Auge zerstört, so wird der Sehnerv häufig atrophisch; wenn eine Arterie unterbunden wird, so nehmen die seitlichen Blutgefässe nicht bloss an Durchmesser, sondern anch an Dicke und Kraft ihrer Wandungen zu. Hört in Folge von Krankheit die eine Niere auf zu wirken, so nimmt die andere an Grösse zu und verrichtet doppelte Arbeit. Knochen nehmen nicht bloss an Dicke, sondern auch an Länge zu, wenn sie grössere Gewichte zu tragen haben 20. Verschiedene gewohnlieitsgemäss ausgeübte Beschäftigungen bringen veränderte Verhältnisse zwischen verschiedenen Theilen des Körpers hervor. So wurde durch die Commis-sion der Vereinigten Staaten mit Bestimmtheit festgestellt21, dass die Beine der im letzten Kriege verwendeten Matrosen um 0,217 Zoll länger waren, als die der Soldaten, trotzdem dass die Matrosen im Mittel kleiner waren; dagegen waren ihre Arme um 1,09 kürzer und daher ausser Verhältniss kürzer in Bezug auf ihre geringere Grösse. Diese Kürze der Arme ist offenbar Folge ihres stärkeren Gebrauchs und ist ein ganz unerwartetes Besultat; doch benutzen Matrosen ihre Arme hauptsächlich zum Ziehen und nicht zum Tragen von Lasten. Der Umfang des Nackens und die Höhe des Spanns sind bei Matrosen grösser,
m Ich habe Gewährsmänner für diese verschiedenen Angaben angeführt in meinem „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication." HA. 2, S. 394—307. Dr. Jäger, über das Längenwachsthum der Knochen in der Jenaischen Zeitschrift. J!d. 5, Heft 1.
21 Investigations etc. von JB. A. Gould, 1869, p. 288.
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Cap. 4. Vermehrter Gebrauch und Nichtgebrauch. 101
während der Umfang der Brust, der Taille und der Hüften geringer ist als bei Soldaten.
Ob die verschiedenen hier angeführten Modifikationen erblich werden würden, wenn dieselbe Lebensweise während vieler Generationen befolgt würde, ist unbekannt, aber wahrscheinlich. Rengger 22 schreibt die dünnen Beine und die dicken Arme der Payaguas-Indianer dem Umstände zu, dass aufeinanderfolgende Generationen fast ihr ganzes Leben in Booten zugebracht haben, wobei ihre unteren Gliedmassen bewegungslos geworden sind. Andere Schriftsteller sind in Bezug auf andere analoge Fälle zu einem ähnlichen Schlüsse gelangt. Nach Cranz 23, welcher lange Zeit unter den Eskimos lebte, „glauben die Eingeborenen , dass der Scharfsinn und das Geschick zum Robbenfangen (ihre ,höchste Kunst und Tugend) erblich sind, und jedenfalls ist etwas Wah-,res hieran; denn der Sohn eines berühmten Robbenfängers wird sich „auszeichnen, auch wenn er seinen Vater in der Kindheit schon ver-,loren hat." Doch scheint in diesem Falle die geistige Anlage ebenso wie die körperliche Bildung vererbt zu sein. Es wird angeführt, dass die Hände englischer Arbeiter schon bei der Geburt grösser sind als die der besitzenden Classe24. Nach der Correlation, welche wenigstens in manchen Fällen 25 zwischen der Entwickehmg der Gliedmaassen und der Kiefer besteht, ist es möglich, dass bei den Classen, welche nicht viel mit ihren Händen und Füssen arbeiten, die Kiefer schon aus diesem Grunde an Grösse abnehmen. Dass sie allgemein bei veredelten und civilisirten Menschen kleiner sind als bei harte Arbeit verrichtenden oder Wilden, ist sicher. Doch wird, wie Mr. Herbert Spencer26 bemerkt hat, bei Wilden der bedeutendere Gebranch der Kiefer zum Kauen grober, ungekochter Nahrung in einer directen Weise auf die Kaumuskeln und auf die Knochen, an welchen diese befestigt sind, einwirken. Bei Kindern ist schon lange vor der Geburt die Haut an den Fusssohlen dicker als an irgend einem andern Theile des Körpers27; und es lässt sich kaum zweifeln, dass dies eine Folge der vererbten Wirkungen des Drucks durch eine lange Reihe von Generationen ist.
" Säugethicrc von Paraguay. 1830, S. 4.
23 History of Groenland. 1767, Vol. I, p. 230.
u Tntermarriage by Alex. Walker. 1838, p. 377.
-5 Variiren der Tbiere und Pflanzen, Bd. 1, S. 214.
M Principles of Biology. Vol. I. p. 455.
27 Paget, Lectures on Surgical Patbology. Vol. I. 1853, p. 209.
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102
P^ntwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
Es ist eine allgemein bekannte Thatsacke, dass Uhrmacher und Kupferstecher sehr leicht kurzsichtig werden, während Matrosen und besonders Wilde meist weitsichtig sind. Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit neigen sicher zur Vererbung28. Die Inferiorität der Europäer in Bezug auf das Gesicht und die anderen Sinne im Vergleich mit Wilden ist ohne Zweifel die sich häufende und vererbte Wirkung eines viele Generationen hindurch verminderten Gebrauchs; denn Kengger führt an 29, dass er wiederholt Europäer beobachtet hat, welche unter wilden Indianern aufgezogen waren und ihr ganzes Leben dort verbracht hatten und welche nichtsdestoweniger es ihnen an Schärfe ihrer Sinne nicht gleichthun konnten. Derselbe Naturforscher macht die Bemerkung, dass die zur Aufnahme der verschiedenen Sinnesorgane am Schädel vorhandenen Höhlen bei den amerikanischen Ureinwohnern grösser sind als bei Europäern; und dies weist ohne Zweifel auf eine entsprechende Verschiedenheit in den Dimensionen der Organe selbst hin. Auch Blumenbach hat über die bedeutende Grösse der Nasenhöhlen in den Schädeln amerikanischer Eingeborener Bemerkungen gemacht und bringt diese Thatsaehe mit ihrem merkwürdig scharfen Geruchsinn in Beziehung. Die Mongolen der weiten Ebenen von Nordasien haben Pallas zufolge wunderbar vollkommene Sinne; und Prichard glaubt, dass die grosse Breite ihrer Schädel, von einem Backenknochen zum andern, Folge ihrer höchst entwickelten Sinnesorgane sei 30.
Die Quechua-Indianer bewohnen die Hochplateaux von Peru; und Alcide d'Orbigxy führt an31, dass sie in Folge des Umstands, dass sie beständig eine sehr verdüimto Luft einathmen, Brustkasten und Lungen von ausserordentlichen Durchmessern erlangt haben. Auch sind die Lungenzollen grösser und zahlreicher als bei Europäern. Diese Beob-
28 Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 10.
59 Säugethiere von Paraguay. S. S, 10. Ich habe reichlich Gelegenheit gehabt, das ausserordentliche Sehvermögen der Feuerländer zu beobachten. S. auch Lawrence (Lectures on Physiology etc. 1822, p. 404) über denselben Gegenstand. Mr. G irau d-Teulon hat neuerdings (Revue des Cours scientifiques, 1870, p. 625) eine grosse und werthvolle Zahl von Beweisen gesammelt, welche zeigen, dass die Ursache der Kurzsichtigkeit „c'est le travail assiätt, de pre$.
'i0 Prichard, Physic. Hist. of Mankind (nach der Autorität von Blumenbach). Vol. I. 1851, p. 311; die Angabe von Pallas ebenda. Vol. IV. 1844, p. 407.
31 Citirt von Prichard, Researches into the phys. hist. of Mankind. Vol. V, p. 463.
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Cap. 4. Vermehrter Gebrauch uml Nichtgebrauch. 103
achtungen sind in Zweifel gezogen worden; aber Dr. Forbes hat sorgfältig viele Aymaras, von einer verwandten Easse, gemessen, welche in der Höhe von zehn und fünfzehntausend Fuss leben; und er theilt mir mit; 32 dass sie von den Menschen aller andern Rassen, welche er gesellen habe, auffällig in dem Umfang und der Länge ihrer Körper abweichen. In seiner Tabelle von Maassen wird die Grösse jedes Menschen zu tausend genommen und die andern Maassangaheu auf diese Zahl bezogen. Es zeigt sich hier, dass die ausgestreckten Arme der Aymaras kürzer als die der Europäer und viel kürzer als die der Neger sind. Die Beine sind gleichfalls kürzer und sie bieten die merkwürdige Eigenthürnlichkeit dar, dass bei jedem durchgemessenen Aymaras der Oberschenkel factisch kürzer als das Schienbein ist. Im Mittel verhält sich die Länge des Oberschenkels zu der des Schienbeins wie 211 : 252, während bei zwei zu derselben Zeit gemessenen Europäern die Oberschenkel zu den Schienbeinen sich wie 244 : 230 und bei drei Negern wie 258 : 241 verhielten. Auch der Oberarm ist im Verhältnis« zum Unterarm kürzer. Diese Verkürzung des Theils der Gliedmassen , welcher dem Körper am nächsten ist, scheint mir, wie Mr. Forbes vermuthungsweise andeutet, ein Fall von Gompensation im Verhältniss zu der bedeutend vergrösserten Länge des Rumpfs zu sein. Die Aymaras bieten auch einige andre eigenthümliche Punkte in ihrem Körperbau dar, so z. B. das sehr geringe Vorspringen ihrer Fersen.
Diese Leute sind so vollständig an ihren kalten und hohen Aufenthaltsort acclimatisirt, dass sie sowohl früher, als sie von den Spaniern in die niedrigeren östlichen Ebenen hinabgeführt, als später, wo sie durch die hohen Lohnsätze versucht wurden, die Goldwäschereien aufzusuchen, eine schreckenerregende Sterblichkeitsziffer darboten. Nichtsdestoweniger fand Mr. Forbes ein paar rein im Blut erhaltene Familien, welche zwei Generationen hindurch leben geblieben waren, und machte die Beobachtung, dass sie noch immer ihre charakteristischen Eigentümlichkeiten vererbten. Aber selbst ohne Messung fiel es auf, dass diese Eigentümlichkeiten sich alle vermindert hatten, und nach der Messung zeigte sich, dass ihre Körper nicht in dem Maasse verlängert waren, wie die der Leute auf dem Hochplateau, während ihre Oberschenkel sich etwas verlängert hatten, ebenso wie ihre Schienbeine, wenn auch in geringerem Grade. Die Maassangaben selbst kann man
32 Mr. Forbes's werthvolle Arbeit ist jetzt publicirt in: Journal of the Eth-nological Soc. of London. New. Ser. Vol. II. 1870, p. 193.
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Entwiekelungsweise des Menschen.
1. Thcil.
in Mr. Forbes Abhandlung nachsehen. Nach diesen werthvollen Beobachtungen lässt sich, wie ich meine, nicht zweifeln, dass ein viele Generationen lange dauernder Aufenthalt in einem sehr hoch gelegenen Theile sowohl direct als indirect erbliche Modifikationen in den Körperproportionen herbeizuführen neigt 33.
Mag auch der Mensch während der späteren Zeiten seiner Existenz in Folge des vermehrten oder verminderten Gebrauchs von Theileu nicht sehr modificirt worden sein, so zeigen doch die hier gegebenen That-sachen, dass er die Eigenschaft, hierdurch beeinfmsst zu werden, nicht verloren hat, und wir wissen positiv, dass dasselbe Gesetz für die Thiere Gültigkeit hat. In Folge hiervon können wir schliessen, dass, als zu einer sehr frühen 'Epoche die Urerzeuger des Menschen sich in einem Uebergangsznstand befanden und sich aus Vierfüssern zu Zweifüssern umwandelten, natürliche Zuchtwahl wahrscheinlich in hohem Maasse durch die vererbten Wirkungen des vermehrten oder verminderten Gebrauchs der verschiedenen Theile des Körpers unterstützt worden sein mag.
Entwickelungshemmungeii. — Entwicklungshemmungen weichen von Wachsthumshemmungen darin ab, dass die Theile auf einem früheren Zustand stehen bleiben und nur zu wachsen fortfahren, während sie noch immer ihre frühere Form beibehalten. Verschiedene Monstrositäten fallen unter diese Kategorie und einige sind bekanntlich gelegentlich vorerbt worden, wie z. B. die Gaumenspalte. Für unsern Zweck wird es genügen, auf die Entwickelungshemmung des Gehirns bei microcephaleu Idioten hinzuweisen, wie sie Vogt in seiner grösseren Abhandlung beschrieben hat 34. Ihre Schädel sind kleiner und ihre Gehirnwindungen weniger complicirt als beim normalen Menschen. Die Stirnhöhleu oder die Vorsprünge über den Augenbrauen sind bedeutend entwickelt und die Kiefer sind prognath in einem „effrayanten" Grade, so dass diese Idioten gewissermassen den niederen Typen des Menschen ähnlich sind. Ihre Intelligenz und die meisten, ihrer geistigen Fähigkeiten sind äusserst schwach. Sie' sind nicht im Stande, die Fähigkeit der Sprache zu erlangen und sind einer fortgesetzten Aufmerksamkeit völlig unfähig, aber sehr geneigt, nachzuahmen. Sie sind kräftig und
w Dr. Wilckens (landwirtschaftliches Wochenblatt, No. 10, 1869) hat vor Kurzem eine interessante Abhandlung veröffentlicht, worin er zeigt, wie domesti-eirte Thiere, welche in bergigen Gegenden leben, einen modificii'ten Körperbau haben.
34 Memoire sur les Microcephales. 1867. p. 50, 125, 169, 171, 184—198.
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Cap. 4. Entwickelungshemmimgen. — Rückschlag. 105
merkwürdig lebendig, beständig herumtanzend und springend und Grimassen schneidend. Sie kriechen oft Treppen auf allen Vieren hinauf und klettern merkwürdig gern an Möbeln oder Bäumen in die Höhe. Wir werden hierdurch an das Entzücken erinnert, mit welchem alle Knaben Bäume erklettern; und dies wiederum erinnert uns an junge Lämmer und Ziegen, welche, ursprünglich alpine Thiere, sich daran ergötzen, auf jeden Hügel, wie klein er auch sein mag, zu springen.
Rückschlag. — Viele der nun mitzutheilenden Fälle hätten unter der letzten Ueberschrift schon gegeben werden können. Sobald irgend eine Bildung in ihrer Entwickelung gehemmt ist, aber noch fortwächst, bis sie einer entsprechenden Bildung bei einem niedrigeren und erwachsenen Mitglied derselben Gruppe streng ähnlich wird, können wir sie in gewissem Sinne als einen Fall von Rückschlag betrachten. Die niederen Mitglieder einer Gruppe geben uns eine Idee, wie der gemeinsame Urerzeuger der Gruppe'wahrscheinlich gebildet war: und es ist kaum glaublich, dass ein auf einer früheren Stufe der embryonalen Entwickelung stehen gebliebener Theil im Stande sein sollte, in seinem Wachsthum so weit fortzuschreiten, dass er schliesslich seine besondere Function verrichten kann, wenn er nicht diese Fähigkeit des Fortwachsens während eines früheren Zustandes seiner Existenz, wo der ausnahmsweise oder gehemmte Bildungszustand normal war, erlangt hätte. Das einfache Gehirn eines microcephalen Idioten kann, insoweit es dem eines Affen gleicht, in diesem Sinne wohl als ein Fall von Kückschlag bezeichnet werden. Es gibt aber andere Fälle, welche noch strenger unter das vorliegende Capitel des Rückschlags gehören. Gewisse Bildungen, welche regelmässig bei den niederen Thieren der Gruppe, zu welcher der Mensch gehört, vorkommen, treten gelegentlich auch bei ihm auf, wenn sie sich auch nicht an dem normalen menschlichen Embryo vorfinden, oder sie entwickeln sich, wenn sie an dem normalen Embryo vorhanden sind, in einer abnormen Weise, obschon diese Entwickelungs-weise den niedrigeren Gliedern derselben Gruppe eigen ist. Diese Bemerkungen werden durch die folgenden Erläuterungen noch deutlicher werden.
Bei verschiedenen Säugethieren geht der Uterus allmählich ;ius der Form eines doppelten Organs mit zwei getrennten Oefthungen und zwei Canälen, wie bei den Beutelthieren, in die Form eines einzigen Organes über, welches mit Ausnahme einer kleinen inneren Falte kein weiteres
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
Zeichen der Verdoppelung zeigt; so bei den höheren Aft'en und dem Menschen. Die Nagethiere bieten eine vollständige Reihe von Abstufungen zwischen diesen beiden äussersten Zuständen dar. Bei allen Säugethieren entwickelt sich der Uterus aus zwei primitiven Tuben, deren untere Theile die Hörner bilden, und mit den Worten des Dr. Fahre: „der Körper des Uterus bildet sich beim Menschen durch die „ Verwachsung der beiden Hörner an ihren unteren Enden, während bei „denjenigen Thieren, bei welchen kein mittlerer Theil oder Körper exi-„stirt, die Hörner unvereint bleiben. In dem Maasse, als die Entwicke--lung des Uterus fortschreitet, werden die beiden Hörner allmählich „kürzer, bis sie zuletzt verloren oder gleichsam in den Körper des „Uterus absorbirt werden.'- Die Winkel des Uterus sind noch immer, selbst so hoch in der Stufenreihe wie bei den niederen Affen und ihren Verwandten, den Lemuren, in Hörner ausgezogen.
Nun finden sich nicht selten bei Frauen anomale Fälle vor, wo der reife Uterus mit Hörnern versehen oder theilweise in zwei Organe gespalten ist; und derartige Fälle wiederholen nach Owen die Bnt-wickelungsstufe „der allmählichen Concentration-, welche gewisse Nagethiere erreichen. Wir haben vermuthlich hier ein Beispiel einer einfachen Hemmung der embryonalen Entwickelnng vor uns mit nachfolgendem Wachsthum uud völliger fuuctioneller Entwickelung; denn beide Seiten des theilweise doppelten Uterus sind fähig, die ihm eigenen Leistungen während der Trächtigkeit zu vollziehen. In noch andern und selteneren Fällen sind zwei getrennte Uterinhöhlen gebildet, von denen jede ihre eigene Oeffnung und ihren Canal besitzt 35. Während der gewöhnlichen Entwickelung des Embryo wird kein derartiger Zustand durchlaufen und es ist schwer, wenn auch vielleicht nicht unmöglich, anzunehmen, dass die beiden einfachen kleinen primitiven Tuben (wenn der Ausdruck gestattet ist) wissen sollten, wie sie in zwei getrennte Uteri auszuwachsen haben, jeder mit einer wohlgebildeten Oeffnung und einem Canal und jeder mit zahlreichen Muskeln, Nerven, Drüsen und Gefässen versehen, wenn sie nicht früher einmal einen ähnlichen Verlauf der Entwickelung, wie bei den noch jetzt lebenden Beutelthieren, durchschritten hätten. Niemand wird behaupten mögen, dass eine so vollkommene Bildung wie der abnorme doppelte Uterus bei Frauen das
3i s. Dr. A. Farre's bekannten Artikel in der Cyclopaedia of Anatomy and Pkys. Vol. V. 18.30, p. 642. Owen, Anatomy of Vertebratcs. Vol. II. 1868, p. G87. Prof. Turner, in: Edinburgh Medioal Journal, Febr. 1865.
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Cap. 4.
Rückschlag.
107
Resultat blossen Zufalls sein könne. Aber das Princip des Rückschlags, durch welches lange verlorene latente Bildungen von Neuem in's Leben gerufen werden, mag als Führer für die volle Entwicklung des Orgaus dienen, selbst nach dem Verlauf einer enorm langen Zeit.
Professor Canestrini :'6 kommt nach Erörterung der vorstehenden und noch anderer analogen Fälle zu demselben Scbluss, wie der eben mitgetheilte. Er führt als ferneres Beispiel noch das Wangenbein an, welches bei einigen Quadrumanen und andern Säugethieren normal aus. zwei Theilen besteht. Dies ist sein Zustand im zweimonatlichen menschlichen Fötus; und so bleibt es zuweilen in Folge von Entwicklungshemmung beim erwachsenen Menschen und besonders bei den niederen prognathen Rassen. Hieraus schliesst Canestrini, dass irgend ein früherer Urerzeuger des Menschen diesen Knochen normal in zwei Theile getheilt besessen haben muss, welche später mit einander verschmolzen sind. Beim Menschen besteht das Stirnbein aus einem einzigen Stück, aber im Embryo und bei Kindern und bei fast allen niederen Thieren besteht es aus zwei durch eine deutliche Naht getrennten Stücken. Diese Naht bleibt gelegentlich mehr oder weniger deutlich beim Menschen noch nach der Reifeperiode bestehen und findet sich häufiger bei alten als bei neuen Schädeln und besonders, wie Canestrini beobachtet hat, bei den aus der Driftformation ausgegrabenen und zum braehyce-phalischen Typus gehörigen Schädeln. Auch hier gelangt er wieder zu demselben Schlnss, wie bei dem analogen Falle« vom Wangenbein. Bei diesen und andern sofort zu gebenden Beispielen scheint die Ursache des Umstandes, dass ältere Rassen niederen Thieren in gewissen Merkmalen sich häufiger annähern, als es neuere Rassen thun, die zu sein, dass die letzteren durch einen etwas grösseren Abstand in der langen Descen-denzreihe von ihren früheren halbmenschlichen Vorfahren getrennt sind.
Verschiedene andere Anomalien beim Menschen, welche den vorstehenden mehr oder weniger analog sind, sind von verschiedenen Schriftstellern 37 als Fälle von Rückschlag aufgeführt worden; doch scheinen
36 Annuario della Soc. dei Naturalisti in Modena. 1867, p. 83, Prof. Canestrini gibt Auszüge aus verschiedenen Autoren über diesen Gegenstand. Lau-rillard bemerkt, dass er in der Form, den Proportionen und der Verbindung der beiden Wangenbeine bei mehreren menschlichen Körpern und gewissen Atfeu eine vollständige Aehnlichkeit gefunden habe und dass er diese Anordnung der Theile als einen blossen Zufall nicht zu betrachten vermöge.
3' Eine ganze Reihe von Fällen hat Isid. Geoffroy St. Ililaire gegeben Hist. des Anomalies. Tom. III, p. 437.
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Eutwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
dieselben ziemlich zweifelhaft zu sein; denn wir müssen ausserordentlich tief in der Säugethierreihe hinabsteigen, ehe wir derartige Verhältnisse normal vorhanden finden 38.
Beim Menschen sind die Eckzähne vollständig wirkende Kauwerkzeuge; aber ihr eigentlicher Character als Eckzähne wird, wie Owen bemerkt 39 ,durch die conische Form ihrer Krone angedeutet, welche „in einer stumpfen Spitze endet, nach aussen convex, nach innen eben „oder subconvex ist und an der Basis der iirnern Fläche einen schwachen Vorsprang zeigt. Die conische Form ist am besten bei den metallischen Kassen, besonders bei den Australiern ausgedrückt. Der , Eckzahn ist tiefer und durch eine stärkere Wurzel als die Schneidezähne eingepflanzt.- Und docli dient dieser Eckzahn beim Menschen nicht mehr als eine specielle Waffe zum Zerreissen seiner Feinde oder seiner Beute; er kann daher, soweit es seine eigentliche Function be-
38 In meinem „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domesti-cation", Bd. 2, S. 74 schrieb ich den nicht seltenen Fall überzähliger Milchdrüsen bei Frauen dem Rückschlage zu. Ich war hierzu als zu einem wahrscheinlichen Schlüsse dadurch geführt, dass die überzähligen Drüsen meist symmetrisch auf der Brust stehen, und besonders dadurch, dass in einem Falle, bei der Tochter einer Frau mit überzähligen Brustdrüsen, eine fungirende Milchdrüse in der Weichengegend der Frau auftrat. Prof. Preycr (der Kampf um's Dasein. 1869, S. 45) gibt aber an, dass mammae erraticae auch an andern Stellen beobachtet worden sind, selbst auf dem Rücken; und hierdurch ist die Kraft meines Arguments bedeutend geschwächt, wenn nicht ganz zerstört.
Mit grosser Zögerung schrieb ich in demselben Werke, Bd. 2, S. Iß die häufigen Fälle von Polydactylismus beim Menschen dem Rückschlage zu. Zum Theil wurde ich durch die Angabe Prof. Owen's, dass einige Ichthyopterygier mehr als fünf Finger haben und daher, wie ich annahm, einen ursprünglichen Zustand beibehalten haben, zu dieser Erklärung veranlasst. Nachdem ich aber den Aufsatz Prof. Gegenbaur's, der grössten Autorität in Europa über einen solchen Punkt, gelesen habe (Jenaische Zeitschrift Bd. V, Heft 3, S. 341), worin er Owen's Schlussfolgenmg bekämpft, sehe ich wohl, dass es äusserst zweifelhaft ist, ob überzählige Finger in dieser Weise erklärt werden können. Es war die That-sache, dass derartige Finger nicht bloss häufig vorkommen und streng vererbt werden, sondern auch das Vermögen haben, nach Amputation wieder zu wachsen, wie die normalen Finger der niederen Wirbclthiere, welche mich hauptsächlich zu der obigen Folgerung führte. Diese ausserordentliche Thatsache des Wieder-wachseus bleibt unerklärlich, wenn die Annahme eines Rückschlags zu der Form eines äusserst entfernten Urerzeugers verworfen werden muss. Ich kann indess Prof. Gegenbaur nicht in der Annahme folgen, dass überzählige Finger nicht durch Rückschlag erscheinen könnten, ohne dass gleichzeitig andere Theile des Skelets gemeinsam und ähnlich modificirt würden; denn es erscheinen oft einzelne Merkmale durch Rückschlag wieder.
39 Anatomy of Vertebrates. Vol. III. 1868, p. 323.
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Cap. 4. Rückschlag. 109
trifft, als rudimentär betrachtet werden. In jeder grösseren Sammlung menschlicher Schädel können einige gefunden werden, wie Häckel 40 bemerkt, bei denen der Eckzahn beträchtlich, in derselben Weise aber in einem geringeren Grade wie bei den antliropomorphen Affen, über die andern Zähne vorspringt. In diesen Fällen bleiben zwischen den Zähnen der einen Kinnlade offene Stellen zur Aufnahme der Eckzähne, welche dem entgegengesetzten Kiefer angehören. Ein Zwischenraum dieser Art an einem Kaffernschädel, den Wagner abbildete, ist überraschend gross41. Bedenkt man, wie wenig alte Schädel im Vergleich mit neueren untersucht worden sind, so ist es eine interessante Thatsache, dass in mindestens drei Fällen die Eckzähne bedeutend vorspringen und in der Kinnlade von Naulette sind sie, wie man sagt, enorm 4'2.
Nur die Männchen der antliropomorphen Affen haben völlig entwickelte Eckzähne; aber beim weiblichen Gorilla und in" einem geringeren Grade beim weiblichen Orang springen diese Zähne beträchtlich über die andern vor; die Thatsache also, dass, wie man mir versichert hat, Frauen zuweilen beträchtlich vorspringende Eckzähne besitzen, bietet keinen ernstlichen Einwand gegen die Annahme dar, dass ihre gelegentlich bedeutende Entwickelung beim Menschen ein Fall von Rückschlag auf die Form des affcnähnlichen Urerzeugers sei. Wer die Ansicht verlacht, dass die Form seiner eigenen Eckzähne und deren gelegentliche bedeutende Entwickelung bei andern Menschen Folge des Umstands ist, dass unsere frühen Urerzeuger mit diesen furchtbaren Waffen versehen gewesen' sind, wird doch einmal die Entdeckung machen, dass er seine eigene Ahnenreihe verhöhnt hat. Denn obschon er nicht mehr diese Zähne als Waffen zu gebrauchen geneigt ist und nicht einmal die Kraft dazu hat, so wird er doch unbewusster Weise seine Fletschmuskeln (wie sie Sir C. Bell 4S nennt) zusammenziehen und dadurch jene Zähne, ebenso bereit einzugreifen, darbieten, wie ein Hund, der zum Kampfe bereit ist.
Gelegentlich entwickeln sich viele Muskeln beim Menschen, welche andern Vierhändern oder andern Säugethieren eigen sind. Professor
40 Generelle Morphologie 1866.' Bd. 2, S. CLV.
41 C. Vogt, Vorlesungen über den Menschen. 1803. Bd. 1, S. 189, 190.
*- C. Carter Blake, on a jaw from La Naulette. Anthropolog. Review. 1807, p. 295. Sohaaffhansen, ibid. 1808, p. 420. 43 The Anatomy of Expression. 1814, p. 110, 131.
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
Vlacovich44 untersuchte vierzig männliche Leichen und fand bei neunzehn unter ihnen einen Muskel, den er den ischiopubicus nennt; bei drei andern war ein Band vorhanden, welches diesen Muskel ersetzte, und bei den übrigen achtzehn fand sich keine Spur davon. Unter dreis-sig weiblichen Leichen war dieser Muskel auf beiden Seiten nur bei zweien entwickelt, aber bei drei andern fand sich das rudimentäre Band. Es scheint daher dieser Muskel beim männlichen Geschlecht viel häufiger zu sein als beim weiblichen, und aus dem Princip, nach welchem der Mensch von einer niederen Form abstammt, lässt sich seine Anwesenheit wohl verstehen. Denn bei mehreren niederen Tbieren ist er nachgewiesen worden und dient bei allen ausschliesslich nur den Männchen beim Reproductionsgeschäft.
Mr. J. Wood hat in einer Keilie wertlivoller Aufsätze43 eine ungeheure Anzahl von Muskel Varietäten beim Menschen ausführlich beschrieben, welche normalen Bildungen bei niederen Thiereu gleichen. Betrachtet man nur die Muskeln, welche denen gleichen, die bei nnsern nächsten Verwandten, den Vierhändern, regelmässig vorhanden sind, so sind diese schon zu zahlreich, um hier auch mir angeführt zu werden. Bei einem einzigen männlichen Leichnam, welcher eine starke körperliche Entwicklung und einen wohlgebildeten Schädel besass, wurden nicht weniger als sieben Muskelabweichungen beobachtet, welche sämmt-lich deutlich Muskeln repräseutirten, welche verschiedenen Arten von Affen eigen sind. So hatte dieser Mensch z. B. auf beiden Seiten des Halses einen echten und kräftigen Levator claviculae, so wie er sich bei allen Arten von Affen findet und von dem man sagt, dass er bei ungefähr einer unter sechzig menschlichen Leichen vorkommt46. Ferner
44 Citiit von Prof. Canestrini in dem Anmiario etc. 1867, p. 90.
4' Diese Aufsätze verdienen sämmtlich von allen denen sorgfältig studirt zu werden, welche kennen zu lernen wünschen, wie häufig unsere Muskeln variiren und wie sie bei diesen Abweichungen denen der Qnadrmnanen ähnlich werden. Die folgenden Citate beziehen sich auf die wenigen oben im Texte mitgetheilten Punkte: Proceed. Royal Soc. Vol. XIV. 18G5, p. 379—384. Vol. XV, p. 241, 242. Vol. XV. 18G7, p. 544. Vol. XVI. 1863, p. 524. Ich will hier noch hinzufügen, dass Murie und St. George Mivart in ihrer Arbeit über dieLemuriden gezeigt haben, wie ausserordentlich variabel einige Muskeln bei diesen Tbieren, den niedersten Formen der Primaten, sind (Transact. Zoolog. Soc. Vol. VII. 1869, p. 96). Auch allmähliche Abstufungen an den Muskeln, welche zu Bildungsoigenthünilichkeiten führen, die noch niedriger stehenden Thieren eigen sind, finden sich zahlreich bei den Lemuriden.
46 Prof. Macalister in: Proceed. Roy. Irish Academy. Vol. X, 1868, p. 124.
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Cap. 4. Rückschlag. 111
hatte dieser Mensch „ einen speciellen Abdnctor des Metatarsalknochens .der fünften Zehe, einen solchen wie er nach den Demonstrationen „von Professor Huxley und Mr. Flower gleichförmig bei den höheren „und niederen Affen existirt". Die Hände und Anne des Menschen sind ausserordentlich charaeteristische Bildungen, doch sind ihre Muskeln äusserst geneigt, zu variiren, so dass sie dann den entsprechenden Muskeln bei niederen Thieren gleichen 4T. Derartige Aehnlichkeiten sind entweder vollständig und vollkommen oder unvollkommen, im letzteren Fall aber offenbar von einer Uebergangsbeschaffenheit. Gewisse Abweichungen sind häufiger beim Mann, andere häufiger bei der Frau, ohne dass wir im Stande wären, irgend einen Grund hierfür anzuführen. Nach der Beschreibung zahlreicher Fälle macht Mr. Wooti die folgende bezeichnende Bemerkung: „bemerkenswerthe Abweichungen von dem gewöhnlichen Typus der Muskelbildungen laufen in gewissen Richtungen, „welche für Andeutungen irgend eines unbekannten Factors gehalten .,werden müssen, der für eine nmfassende Kenntniss der allgemeinen „und wissenschaftlichen Anatomie von hoher Bedeutung ist" 48.
Dass dieser unbekannte Factor Rückschlag auf einen früheren Znstand der Existenz ist, kann als im höchsten Grade wahrscheinlich angenommen werden. Es ist völlig unmöglich, dass ein Mensch nur in Folge eines blossen Zufalls abnormer Weise in nicht weniger als sieben seiner Muskeln gewissen Affen gleichen sollte, wenn nicht ein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen bestände. Stammt auf der andern Seite der Mensch von irgend einer affenähnlichen Form ab, so lässt
47 Macal ister (ebend. p. 121) hat diese Beobachtungen in Tabellen gebracht und findet, dass Muskelvarietäten am allerhäufigsten am Vorderarm sind, dann kommt das Gesicht, dann der Fuss u. s. w,
48 Dr. Haugthon theilt einen merkwürdigen Fall von Abweichung am menschlichen Flexor pollicis longus mit (Proceed. Roy. Irish Academy, June, 27; 1SG4, p.715) und fügt hinzu: „Dieses merkwürdige Beispiel zeigt, dass der Mensch zuweilen diejenige Anordnung der Sehnen des Daumens und der übrigen Finger besitzen kann, welche für den Macacus characteristisch ist; oh man aber einen solchen Fall so beurtheilen solle, dass hier ein Macacus aufwärts in die menschliche Form, oder dass ein Mensch abwärts in die Macacus-Form übergehe, oder ob man darin ein angeborenes Naturspiel sehen darf, vermag ich nicht zu entscheiden.'' Es gewährt wohl Genugthuung, von einem so tüchtigen Anatomen und einem so erbitterten Gegner des Evolutionismus auch nur die Möglichkeit erwähnen zu hören, dass einer der beiden ersten Annahmen zugestimmt werde. Auch Prof. Macalister hat (Proceed. Roy. Irish Academy Vol. X. 18G4, p. 138) Abweichungen am Flexor pollicis longus beschrieben, welche wegen ihrer Beziehungen zu den Muskeln der Quadrumanen merkwürdig sind.
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Tlieil
sich kein triftiger Grund beibringen, warum gewisse Muskeln nach einem Verlauf von vielen tausend Generationen nicht plötzlich in derselben Weise wiedererscheinen sollten, wie bei Pferden, Eseln und Maul-thieren dunkelfarbige Streifen auf den Beinen und Schultern nach einem Verlauf von Hunderten oder wahrscheinlich Tausenden von Generationen plötzlich wieder erscheinen.
Diese verschiedenen Fälle von Bückschlag sind denen von rudimentären Organen, wie sie im ersten Capitel mitgetheilt wurden, so nahe verwandt, dass viele von ihnen mit gleichem Becht in jedem der beiden Capitel hätten untergebracht werden können. So kann man sagen, dass ein menschlicher Uterus, welcher Hörner besitzt, in einem rudimentären Zustande dasselbe Organ gewisser Säugethiere im normalen Zustande repräsentirt. Manche Theile, welche beim Menschen rudimentär sind, wie das Schwanzbein bei beiden Geschlechtern und die Brustdrüsen beim männlichen Geschlecht, sind immer vorhanden, während andere, wie das supracondyloide Loch, nur gelegentlich erscheinen und daher in die Kategorie der Rückschlagsfälle hätten aufgenommen werden können. Diese verschiedenen auf Rückschlag ebenso wie auf Verkümmerung im strengen Sinne zu beziehenden Bildungen, decken die Abstammung des Menschen von irgend einer niederen Form in einer nicht miszuverstehenden AVeise auf.
Correlative Variationen. — Beim Menschen stehen wie bei den niederen Thieren viele Bildungen in einer so intimen Beziehung zu einander, dass, wenn der eine Theil abweicht, ein anderer es gleichfalls thut, ohne dass wir in den meisten Fällen im Stande wären, irgend einen Grund beizubringen. Wir können nicht sagen, ob der eine Theil den andern beherrscht oder ob beide von irgend einem früher entwickelten Theile beherrscht werden. Wie Isin. Geoffroy wiederholt betont hat, sind in dieser Weise verschiedene Monstrositäten ganz eng mit einander verknüpft. Ganz besonders sind homologe Bildungen geneigt, gemeinsam abzuändern, wie wir es an den beiden Seiten des Körpers und an den oberen und unteren Gliedmaassen sehen. Meckel hat schon vor langer Zeit die Bemerkung gemacht, dass, wenn die Armmitskeln von ihrem eigentlichen Typus abweichen, sie fast immer die des Beins nachahmen; und so umgekehrt mit den Beinmuskeln. Die Organe des Gesichts und Gehörs, die Zähne und Haare, die Farbe der Haut und der Haare, Farbe und Constitution stellen mehr oder weniger in Corre-
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Cap. 4. Verhältniss der Zunahme. 113
lation 49. Professor Schaaffhausen hat zuerst die Aufmerksamkeit auf die Beziehung gelenkt, welche offenbar zwischen einem muskulösen Bau und den stark ausgesprochenen Oberaugenhöhlenleisten existirt, welche für die niederen Menschenrassen so characteristisch sind.
Ausser den Abänderungen, welche mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit unter die vorgenannte Kategorie gruppirt werden können, gibt es noch eine grosse Classe von Variationen, welche provisorisch als spontane bezeichnet werden können; in Folge unserer Unwissenheit scheinen sie nämlich ohne irgendwelche anregende Ursache zu entstehen. Es kann indess gezeigt werden, dass derartige Variationen, mögen sie nun in unbedeutenden individuellen Verschiedenheiten oder in stark mar-kirten und plötzlichen Abweichungen des Baues bestehen, viel mehr von der Constitution des Organismus abhängen als von der Natur der Bedingungen, welchen derselbe ausgesetzt war 5".
Verhältniss der Zunahme. — Man weiss, dass eine civili-sirte Bevölkerung unter günstigen Bedingungen, wie in den Vereinigten Staaten, ihre Zahl in fünfundzwanzig Jahren verdoppelt, und nach einer Berechnung von Euler kann dies in wenig über zwölf Jahren eintreten 51. Nach dem ersterwähnten Verhältniss würde die jetzige Bevölkerung der Vereinigten Staaten, nämlich dreissig Millionen, in 657 Jahren die ganze Erdoberfläche, Wasser und Land, so dicht bevölkern, dass auf einem Quadratyard vier Menschen zu stehen haben würden. Das primäre und fundamentale Hindernis? für die fortgesetzte Zunahme des Menschen ist die Schwierigkeit, Existenzmittel zu erlangen und mit Leichtigkeit zu leben. Dass dies der Fall ist, können wir aus dem schliessen, was wir z. B. in den Vereinigten Staaten sehen, wo die Existenz leicht und Kaum für Viele vorhanden ist. Wurden diese Mittel plötzlich in Grossbritannien verdoppelt, so würde sich auch unsere Einwohnerzahl schnell verdoppeln. Bei civilisirten Nationen wirkt das oben erwähnte primäre Hinderniss hauptsächlich durch das Erschweren
49 Die Autoritäten für diese verschiedenen Angaben sind aufgeführt in meinem Buche „Ueber das Variiren der Thiere und Pflanzen im Znstande der Do-mestication" Bd. 2, S. 425—443.
50 Dieser ganze Gegenstand ist in dem 23. Capitel des 2. Bdes. in dem Buche „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication" erörtert worden.
51 s. das für immer merkwürdige „Essay on the principle of Population, by The Rev. T. Malthus. Vol. I. 1826, p. 0, 517.
Darwin, Abstimmung. I. Zweite Auflage. 8
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Entvrickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
der Heirathen. Auch ist das Sterblichkeitsverhältniss der Kinder in den ärmsten Classen von grosser Bedeutung, ebenso die grössere Sterblichkeit auf allen Altersstufen in Folge verschiedener Krankheiten bei den Bewohnern dicht bevölkerter und elender Häuser. Die Wirkungen schwerer Epidemien und Kriege werden bald bei Nationen ausgeglichen, welche unter günstigen Bedingungen leben, und sogar mehr als ausgeglichen. Auch hilft Auswanderung als ein zeitweises Hinderniss, aber bei den äusserst armen Classen in keiner grossen Ausdehnung.
Wie Malthus bemerkt hat, haben wir Grund zu venuuthen, dass die Keprodiictionskraft bei barbarischen Rassen thatsächlich geringer ist als bei civilisirten. Positives wissen wir über diesen Gegenstand nicht, denn bei Wilden ist eine Volkszählung nie vorgenommen worden; aber nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Missionäre und Anderer, welche lange mit solchen Völkern gelebt haben, scheint es, dass ihre Familien gewöhnlich klein, dass dagegen grosse Familien im Ganzen selten sind. Zum Theil wird dies, wie man annimmt, dadurch zu erklären sein, dass die Frauen ihre Kinder eine sehr lauge Zeit hindurch stillen; aber es ist doch auch äusserst wahrscheinlich, dass Wilde, welche oft viel Noth leiden und welche keine so reichliche und nahrhafte Kost erhalten als civilisirte Menschen, factisch weniger fruchtbar sind. In einem früheren Werke 32 habe ich gezeigt, dass alle unsere domesticir-ten Vierfüsser und Vögel und alle unsere cultivirten Pflanzen fruchtbarer sind als die entsprechenden Spccies im Naturzustand. Die That-sachen bieten keinen triftigen Einwand gegen diesen Schluss dar, dass plötzlich mit einem Excess von Nahrung versorgte oder sehr fett gemachte Thiere und dass plötzlich aus einem sehr armen in einen sehr reichen Boden versetzte Pflanzen mehr oder weniger steiil gemacht werden. Wir können daher erwarten, dass civilisirte Menschen, welche in einem gewissen Sinne hoch domesticirt sind, fruchtbarer als wilde Menschen seien. Es ist auch wahrscheinlich, dass die erhöhte Fruchtbarkeit civilisirter Nationen, wie es bei unsern domesticirten Thieren der Fall ist, ein erblicher Character wird; es ist wenigstens bekannt, dass beim Menschen eine Neigung zu Zwilliiigsgebuvten durch Familien läuft53.
Trotzdem, dass Wilde weniger fruchtbar erscheinen als civilisirte
32 Ueber das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestica-tion. Bd. 2, S. 147—150, 219.
53 Sedgwick, British and Foreign Medico-Chirurg. Review, Jnly, 18G3, p. 170.
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Cap. 4. Verhäitniss der Zunahme. 115
Völker, so würden sie doch an Zahl reissend zunehmen, wenn nicht ihre- Menge durch gewisse Einflüsse stark niedergehalten würde. Die Santali oder Bergstämme von Indien haben in neuerer Zeit für diese Thatsache eine gute Erläuterung gegeben; denn sie haben, wie Mr. Hunter iU gezeigt hat, seitdem die Vaccination eingeführt ist, andere Seuchen gemildert sind und der Krieg rücksichtslos unterdrückt worden ist, sich in einem ausserordentlichen Maasse vermehrt. Diese Zunahme hätte indess nicht möglich sein können, wenn dieses rohe Volk sich nicht in die benachbarten Districte verbreitet und dort um Lohn gearbeitet hätte. Wilde lieirathen fast immer; es tritt aber irgend eine kluge Kückhaltung doch ein, denn sie lieirathen gewöhnlicli nicht in dem Alter, in welchem das Heirathen am frühesten möglich ist. Häufig verlangt man von den jungen Männern den Kachweis, dass sie ein Weib erhalten können, und sie haben gewöhnlich zunächst die Summe zu verdienen, um welche sie die Frau von ihren Eltern kaufen. Bei Wilden beschränkt die Schwierigkeit, eine Subsistenz zu finden, ihre Zahl gelegentlich in viel directerer Weise als bei civilisirteren Völkern; denn alle Stämme leiden periodisch von schweren Hungersnöthen. Zu solchen Zeiten sind die Wilden gezwungen, viel schlechte Nahrung zu verzehren , und es kann nicht ausbleiben, dass ihre Gesundheit hierdurch geschädigt wird. Viele Berichte sind über ihre geschwollenen Bäuche und abgemagerten Gliedmaassen nach und während der Hungersnoth veröffentlicht worden. Ferner sind sie auch dann gezwungen viel um-herzuwandern und, wie man mir in Australien versicherte, kommen ihre Kinder in grossen Zahlen um. Da die Zeiten der Hungersnoth periodisch wiederkehren und hauptsächlich von extremen Verhältnissen der Jahreszeiten abhängen, müssen alle Stämme in ihrer Zahl schwanken, sie können nicht stätig und regelmässig zunehmen, da bei der Versorgung mit Nahrung keine künstliche Zunahme eintritt. Gelangen Wilde in Noth, so greifen sie gegenseitig in ihre Territorien über und das Resultat ist Krieg; doch sind sie in der That fast immer mit ihren Nachbarn in Krieg. Zu AVasser und zu Lande sind sie bei ihren Bemühungen um Nahrung vielen Zufällen ausgesetzt, und in manchen Ländern müssen sie auch von den grösseren Raubthieren viel leiden. Selbst in Indien sind manche Districte durch die Räubereien der Tiger geradezu entvölkert worden.
54 The Annais of Kural Bengal. by W. W. IIunter. 1868, p. 259.
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Entwickclungsweise des Menschen.
I. Theil.
Malthus hat diese verschiedenen Hindernisse erörtert; er betont aber dasjenige nicht stark genug, welches wahrscheinlich das bedeutungsvollste von allen ist, nämlich Kindesmord, und besonders die Töd-tung weiblicher Kinder, und die Gewohnheit, Fehlgeburten zu veranlassen. Diese Gebräuche herrschen jetzt in vielen Theilen der Erde, und früher scheint Kindesmord, wie Mr. M'Lennan ä5 gezeigt bat, in einem noch ausgedehnteren Grade geherrscht zu haben. Diese Gebräuche scheinen bei Wilden dadurch entstanden zu sein, dass sie die Schwierigkeit oder vielmehr die Unmöglichkeit einsehen, alle Kinder, welche geboren werdeu, zu erhalten. Zügelloses Leben kann auch noch zu deii obenerwähnten Hindernissen hinzugerechnet werden; doch ist dies keine Folge des Mangels an Subsistenzmitteln, obschon Grund zu der Annahme vorhanden ist, dass es in manchen Fällen (wie z. B. in Japan) absichtlich ermuntert worden ist, als ein Mittel, die Bevölkerung niedrig zu erhalten.
Wenn wir auf eine äusserst frühe Zeit zurückblicken, ehe der Mensch die Würde der Menschlichkeit erreicht hatte, so wird er mehr durch lustiuct und weniger durch Vernunft geleitet worden sein als die Wilden zur jetzigen Zeit. Unsere frühen halbmenschlichen Vorfahren werden den Gebrauch des Kindesmords nicht ausgeübt haben; denn die Jnstincte der niederen Thiere sind nie so verkehrt, dass sie dieselben regelmässig zur Zerstörung ihrer eigenen Nachkommenschaft führten. Es wird auch keine kluge Zurückhaltung vom Heirathen stattgefunden haben und die Geschlechter werden sich im frühen Alter reichlich verbunden haben. Daher werden die Uierzeuger des Menschen zu einer rapiden Zunahme geneigt gewesen sein, aber Hindernisse irgendwelcher Art, entweder periodische oder beständige, müssen ihre Zahl niedrig erhalten haben und selbst noch kräftiger als bei den jetzt lebenden Wilden. Was die genaue Beschaffenheit dieser Hindernisse gewesen sein mag, können wir ebensowenig für unsere Vorfahren wie für die meisten andern Thiere sagen. Wir wissen, dass Pferde und Kinder, welche keine sehr stark fruchtbaren Thiere sind, sich, seit sie zuerst in Südamerika dem Verwildern überlassen wurden, in einem enormen Ver-hältniss vermehrt haben. Das Thier, bei welchem die Entwickclung die meiste Zeit erfordert, nämlich der Elephant, würde in wenigen Tausend Jahren die ganze Erde bevölkern. Die Zunahme jeder Art von
55 Primitive Marriage. lölio.
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Cap. 4.
Natürliche Zuchtwahl.
117
Affen muss durch irgendwelches Mittel gehindert worden sein, aber nicht, wie Brehm bemerkt, durch die Angriffe von Raubthieren. Niemand wird annehmen, dass das faetische Reproductionsvermögen der wilden Pferde und Kinder in America anfangs in irgend einem merkbaren Grade vermehrt gewesen wäre oder dass dieses Vermögen, nachdem jeder Bezirk vollständig bevölkert war, abgenommen hätte. Ohne Zweifel wirken in diesem Falle, wie in allen andern, viele Hindernisse zusammen und verschiedene Hindernisse unter verschiedenen Umständen. Zeiten periodischen Mangels, die von ungünstigen Jahreszeiten abhängen, sind wahrscheinlich das bedeutungsvollste von allen, und dasselbe wird von den frühesten Erzeugern des Menschen der Fall gewesen sein.
Natürliche Zuchtwahl. — Wir haben nun gesehen, dass der Mensch an Körper und Geist variabel ist und dass die Abänderungen entweder direct oder indirect durch dieselben allgemeinen Ursachen veranlasst worden sind und denselben allgemeinen Gesetzen unterliegen, wie bei den niederen Thieren. Der Mensch hat sich weit über die Oberfläche der Erde verbreitet und muss während seiner unaufhörlichen Wanderungen 56 den verschiedenartigsten Bedingungen ausgesetzt gewesen sein. Die Einwohner des Feuerlandes, des Caps der guten Hoffnung und Tasmaniens in der einen Hemisphäre und der aretischen Gegenden in der andern müssen durch verschiedene Climate hindurchgegangen sein und ihre Lebensweise viele Male verändert haben, ehe sie ihre jetzigen Wohnstätten erreichten 37. Die frühen Urerzeuger des Menschen müssen auch wie alle andern Thiere die Neigung gehabt haben, über dasMaass ihrerSubsistenzmittel hinaus sich zu vermehren; sie müssen daher gelegentlich einem Kampfe um die Existenz ausgesetzt gewesen und in Folge dessen dem starren Gesetze der natürlichen Zuchtwahl unterlegen sein. Wohlthätige Abänderungen aller Arten werden daher entweder gelegentlich oder gewöhnlich erhalten, schädliche beseitigt worden sein. Ich beziehe mich hierbei nicht auf stark markirte Abweichungen des Baues, welche nnr in langen Zeitintervallen auftreten, sondern nur auf individuelle Verschiedenheiten. Wir wissen z.'B., dass die Muskeln unserer Hände und Füsse, welche unser Bewegungsvermögen bestimmen, wie die der niederen Thiere i8 unaufhörlicher Varia-
56 s. einige gute Bemerkuugen hierüber von W. Stanley Jevons, A de-tluction from Darwin's Theory. „Nature", 1869, p. 231. 5' Latham, Man and his Migrations. 1851, p. 135. ä* Mnrie und St. George Mivart sagen in ihrer Anatomie der Lemuri-
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
bilität unterliegen. Wenn nun die affenähnlichen Urcrzeuger des Menschen, welche irgend einen District, besonders einen solchen bewohnten, der in seinen Bedingungen irgend eine Abänderung erfuhr, in zwei gleiche. Massen getheilt würden, so würde die eine Hälfte, welche alle die Individuen umfasste, welche durch ihr Bewegungsvermögen am besten dazu ausgerüstet wären, ihre Subsistenz zu erlangen oder sich zu ver-theidigen, im Mittel in einer grösseren Zahl überleben bleiben und mehr Nachkommen hinterlassen als die andere und weniger gut ausgerüstete Hälfte.
Der Mensch ist in dem rohesten Zustand, in welchem er jetzt exi-stirt, das dominirendste Thier, was je auf der Erde erschienen ist. Er hat sich weiter verbreitet afs irgend eine andere hoch organisirte Form und alle andern sind vor ihm zurückgewichen. Offenbar verdankt er diese unendliche Ueberlegenheit seinen intellectuellen Fähigkeiten, seinen socialen Gewohnheiten, welche ihn dazu führten, seine Genossen zu unterstützen und zu vertheidigen, und seiner körperlichen Bildung. Die äusserst hohe Bedeutung dieser Charactere ist durch die endgültige Entscheidung des Kampfes um's Dasein bewiesen worden. Durch seine intellectuellen Kräfte ist die articulivte Sprache entwickelt worden, und von dieser haben seine wundervollen Fortschritte hauptsächlich abgehangen. Er hat verschiedene Waffen, Werkzeuge, Fallen u. s. w. erfunden und ist fähig, sie zu gehrauchen; und damit vertheidigt er sich, tödtet oder fängt er seine Beute und vermag sich auf andere Weise Nahrung zu verschaffen. Er hat Flösse oder Boote gemacht, auf denen er fischen oder zu benachbarten fruchtbaren Inseln übersetzen kann. Er hat die Kunst, Feuer zu machen, entdeckt, durch welches harte, holzige Wurzeln verdaulich und giftige Wurzeln oder Kräuter unschädlich gemacht werden. Diese letztere Entdeckung, wahrscheinlich die grösste mit Ausnahme der Sprache, die je vom Menschen gemacht worden ist, rührt aus der Zeit vor dem Dämmern der Geschichte her. Diese verschiedenen Erfindungen, durch welche der Mensch im rohesten Zustand ein solches Uebergewicht erhalten hat, sind das directe Resultat der Entwicklung seiner Beobachtungskräfte, seines Gedächtnisses, seiner Neugierde, Einbildung und seines Verstandes. Ich kann
den (Transact. Zoolog. Soc. Vol. VII. 1860, p. 96—98) „einige Muskeln sind so „unregelmässig, dass sie keiner der erwähnten Gruppen irgendwie eingeordnet „werden können." Diese Muskeln weichen selbst in den beiden Seiten eines und desselben Individuum von einander ab.
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Cap. 4. Natürliche Zuchtwahl. 119
daher nicht verstehen, wie Mr. Wallace behaupten kann50, dass „natürliche Zuchtwahl den Wilden nur mit einem um ein Weniges grösseren Gehirn als dem eines Affen hätte versehen können."
Obgleich die intellectuellen Kräfte und socialen Gewohnheiten von der äussersten Bedeutung für den Menschen sind, so dürfen wir doch die Bedeutung seines körperlichen Zustands, welchem Gegenstand der noch übrige Theil dieses Capitels gewidmet sein wird, nicht unterschätzen. . Die Entwickelung der intellectuellen und socialen oder moralischen Fähigkeiten wird in dem folgenden Capitel erörtert werden.
Selbst mit Präcision zu hämmern ist keine leichte Sache, wie Jeder, der das Tischlern zu erlernen versucht hat, zugeben wird. Einen " Stein so genau nach einem Ziele zu werfen, wie es ein Feuerländer kann im Falle der Selbstvertheidigung oder wenn er Vögel tödtet, erfordert die höchste Vollendung der in Correlation stehenden Wirkungen der Muskeln der Hand, des Arms und der Schultern, einen feinen Gefühlssinn dabei gar nicht zu erwähnen. Um einen Stein oder einen Speer zu werfen, und zu vielen andern Handlungen, muss der Mensch fest auf seinen Füssen stehen, und dies wiederum erfordert die vollkommene Anpassung zahlreicher Muskeln. Um einen Feuerstein in das roheste Werkzeug zu verwandeln, um einen Knochen zu einer mit Widerhaken versehenen Lanzenspitze oder zu einem Haken zu verarbeiten, bedarf es des Gebrauchs einer vollkommenen Hand. Denn wie ein äusserst fähiger Kichter, Mr. Schoolcraft bemerkt 60, das Formen von
"'' Quarterly Review. April, 1869, p. 392. Es ist dieser Gegenstand in Mr. Wallace's Contributions to tlie Theory of Natural Selection, 1870, in welchem alle hier angezogenen Aufsätze wieder veröffentlicht sind, ausführlicher erörtert wor-, den. Der „Essay on Man" ist sehr gut kritisirt worden von Prof. Claparcde, einem der ausgezeichnetsten [jetzt leider verstorbenen] Zoologen in Enropa, in einem Artikel der Bibliotheque Universelle, Juni 1870. Die oben im Texte citirte Bemerkung wird Jeden überraschen, welcher Wallace's berühmten Aufsatz: On the Origin of Human Races deduced from tlie theory of Natural Selection gelesen hat, ursprünglich publicirt in der Anthropological Review, May, 1864, p. CLV1II. Ich kann mir nicht versagen, hier eine äusserst treffende Bemerkung Sir J. Lubbock's in Bezug auf diesen Aufsatz (Prehistoric Times. 1865, p. 479) zu citiren, wo er nämlich sagt, dass Mr. Wallace „mit characteristischer Selbstlosigkeit dieselbe (nämlich die Idee der natürlichen Zuchtwahl) ohne Rückhalt „Hrn. Darwin zuschreibt, trotzdem es bekannt ist, dass er diese Idee ganz „selbständig erfasste und sie, wenn auch nicht in gleich dnrcharbeiteter Fülle, „zu derselben Zeit wie jener veröffentlichte."
6u Citirt von Mr. Lawson Tait in seinem „Law of Natural Selection", in:
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120 Entwickelungsweise des Menschen. I. Theil.
Steinfragmenten zu Messern, Lanzen oder Pfeilspitzen beweist ausserordentliche Geschicklichkeit und lange Uebung. Einen Beweis hierfür haben wir darin, dass die Urmenschen eine Theilung der Arbeit ausführten ; es fabricirte nicht Jeder seine eigenen Feuersteinwerkzeuge oder rohe Töpferei für sich, sondern gewisse Individuen scheinen sich solcher Arbeit gewidmet zu haben und erhielten ohne Zweifel im Tausch hierfür die Erträge der Jagd. Archäologen sind überzeugt, dass eine enorme Zeit verflossen sein nmss, ehe unsere Voreltern daran dachten , abgesprungene Feuersteinstücke zu glatten Werkzeugen zu poliren. Ein menschenähnliches Thier, welches eine Hand und einen Arm besass, hinreichend vollkommen, um einen Stein mit Genauigkeit zu werfen oder einen Feuerstein in ein rohes Werkzeug zu formen, konnte bei hinreichender Uebuug, wie sich wohl kaum zweifeln lässt, fast Alles machen, soweit nur mechanische Geschicklichkeit in Betracht kommt, was ein civilisirter Mensch machen kann. Die Structiir der Hand lässt sich in dieser Beziehung mit der der Stimniorgane vergleichen, welche bei den Affen zum Ausstossen verschiedener Signalrtife oder, wie in einer Species, musikalischer Cadenzen gebraucht werden. Aber beim Menschen sind völlig ähnliche Stiminorgane, iii Folge der vererbten Wirkungen des Gebrauchs, der Aeusserung articulirter Sprache angepasst worden.
Wenden wir uns nun zu den nächsten Verwandten des Menschen und daher auch zu den besten Repräsentanten unserer früheren (Jrer-zenger, so finden wir, dass die Hände bei den Vierhändorn nach demselben allgemeinen Plane wie bei uns gebaut sind, aber viel weniger vollkommen verschiedenartigen Gebräuchen angepasst. Ihre Hände dienen nicht so gut wie die Füsse eines Hundes zur Locomotion, wie wir bei den Allen sehen können, welche auf den äusseren Rändern der Sohlen oder auf dein Bücken ihrer gebogenen Finger gehen, wie der Schim-* panse und Orang61. Indessen sind ihre Hände für das Erklimmen von Bäumen wunderbar geeignet. Allen ergreifen dünne Zweige oder Taue mit dem Daumen auf der einen und den Fingern und der Handfläche auf der andern Seite, in derselben Weise wie wir es thun. Sie können auch ziemlich grosse Gegenstände, wie den Hals einer Flasche, zu ihrem Munde führen. Paviane wenden Steine um und scharren Wurzeln mit ihren Händen aus. Sie ergreifen Nüsse, Insecten oder andere kleine
Dublin Quaterly Journal of Meilieal Science. Febr. 1860. Auch Dr. Keller wird als weitere Bestätigung citirt.
61 Owen, Anatonry of Vertebrates. Vol. III, p. 71.
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Cap. 4. Natürliche Zuchtwahl. 121
Gegenstände mit dem Daumen den Fingern entgegengestellt, und ohne Zweifel ziehen sie in dieser Weise Eier und junge Vögel aus den Nestern. Amerikanische Affen schlagen die wilden Orangen auf Zweige auf bis die Rinde geborsten ist und zerren diese dann mit den Fingern ihrer beiden Hände ab. Andere Affen öffnen Muschelschalen mit den beiden Daumen. Mit ihren Fingern ziehen sie Dornen und Grannen aus und suchen einander die Schmarotzer ab. Im Naturzustand öffnen sie harte Früchte mit Hülfe von Steinen. Sie werfen Steine herab oder werfen sie nach ihren Feinden. Nichtsdestoweniger vollziehen sie aber diese verschiedenen Handlungen nngeschickt, und wie ich selbst gesehen habe, sind sie vollständig ausser Stande, einen Stein mit Präcision zu werfen.
Es scheint mir durchaus nicht wahr zu sein, dass, weil „Gegenstände nur ungeschickt von Affen erfasst' werden, ein viel weniger „specialisirtes Greiforgan" ihnen ebensogut gedient haben würde6-, als ihre gegenwärtigen Hände. Im Gegentheil sehe ich keinen Grund zu zweifeln, dass eine noch vollkommener construirte Hand für sie ein Vortheil gewesen wäre, vorausgesetzt, und es ist von Wichtigkeit, dies hervorzuheben, dass ihre Hände damit für das Erklettern von Bäumen nicht weniger geschickt geworden wären. Wir können vermuthen, dass eine vollkommene Hand von Nachtheil für das Klettern gewesen wäre, da die am meisten auf Bäumen lebenden Affen in der Welt, nämlich Aleles in America und Hylobates in Asien, entweder in der Grösse sehr reducirte oder selbst rudimentäre Daumen oder ihre Finger zum Theil mit einander verwachsen haben, so dass ihre Hände in blosse Greifhaken verwandelt worden sind 63.
Sobald irgend ein frühes Glied in der grossen Reihe der Primaten in Folge einer Veränderung der Art und Weise seine Subsistenz zu erlangen oder einer Veränderung in den Bedingungen seines Heimathlandes dazu gelangte, etwas weniger auf Bäumen und mehr auf dem Boden zu leben, würde seine Art, sich fortzubewegen, modificirt worden sein; und in diesem Fall wird die Form entweder noch eigentlicher
6i Quarterly Review. April, 1869, p. 3U2.
6,1 Bei Hylobates syndactyliis- sind, wie der Käme es bezeichnet, zwei Finger regelmässig verwachsen; dasselbe ist, wie mir Mr. Blyth mittheilt, gelegentlich mit den Fingern von H. agüift, lar und leticincun der Fall. Bei üokttmn fehlt der Daumen gleichfalls; diese Affen sind im strengsten Sinne Baumthiere und ausserordentlich lebhaft (Brehm, Thierlehen. Bd. 1, S. 50); ob sie aber bessere Kletterer oder Greifer als die Arten der verwandten Gattungen sind, weiss ich nicht-
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
vierfflssig oder strenger zweifüssig haben werden müssen. Paviane bewohnen bergige oder felsige Districte und klettern nur nothgedrungen auf hohe Bäume61, sie haben auch fast die Gangart eines Hundes angenommen. Nur der Mensch ist ein Zweifüsser geworden; und wir können, wie ich glaube, zum Theil sehen, wie er dazu gekommen ist, die aufrechte Stellung zu erhalten, welche eine der auffallendsten Differenzen zwischen ihm und seinen nächsten Verwandten bildet. Der Mensch hätte seine jetzige herrschende Stellung in der Welt nicht ohne den Gebrauch seiner Hände erreichen können, welche so wunderbar geeignet sind, seinem Willen folgend zu wirken. Wie Sir C. Bell betont65; „die Hand „ersetzt alle Instrumente und durch ihre Uebereinstimmung mit dem ,Intellect verleiht sie ihm universelle Herrschaft." Die Hände und Arme hätten aber kaum hinreichend vollkommen werden können, Waffen zu fabriciren oder Steine und Speere nach einem bestimmten Ziele zu werfen, solange sie gewohnheitsgemäss zur Locomotion benutzt worden wären, wobei sie das ganze Gewicht des Körpers zu tragen hatten, oder solange sie speciell, wie vorher schon bemerkt wurde, zum Erklettern von Bäumen angepasst wären. Eine derartige rohe Behandlung würde auch den Gefühlssinn abgestumpft haben, von dem ihr fernerer Gebranch zum grossen Theil abhängt. Schon nach diesen Ursachen allein wird es ein Vortheil für den Menschen gewesen sein, dass er ein Zweifüsser geworden ist; aber für viele Handlungen ist es fast nothwendig, dass beide Arme und der ganze obere Theil des Körpers frei seien, und zu diesem Zweck musste er fest auf seinen Füssen stehen. Um diesen grossen Vortheil zu erlangen, sind die Füsse platt geworden und ist die grosse Zehe eigentümlich modificirt, obgleich dies den Verlust der Fähigkeit zum Greifen mit sich gebracht hat. Es ist in Uebereinstimmung mit dem Princip der physiologischen Arbeitsteilung, welches durch das ganze Thierreich herrscht, dass in dem Maasse, als die Hände zum Greifen vervollkommnet wurden, die Füsse sich mehr zum Tragen und zur Locomotion ausbildeten. Doch haben bei einigen Wilden die Füsse ihr Greifvermögen nicht vollständig verloren, wie durch die Art des Erkletterns von Bäumen und durch den Gebrauch, der in verschiedener Weise von ihnen gemacht wird, bewiesen wird fi6.
64 Brehm, Thierleben. Bd. 1, S. 80.
*' The Hand, its mechanism etc. „Bridgewater Treatise". 1833, p. 38. 66 Häckel erörtert in ausgezeichneter Weise die Schritte, durch welche der jMensch ein Zweifiissler wurde: Natürliche Schöpfungsgeschichte, 1868, p. 507.
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Cap. 4, Natürliche Zuchtwahl. 123
War es ein Vortheil für den Menschen, seine Hände und Arme frei zu haben und fest auf seinen Füssen zu stehen, woran sich nach seinem so ausgezeichneten Erfolge in dem Kampfe um's Dasein nicht zweifeln lässt, dann kann ich keinen Grund sehen, warum es für die Urerzeuger des Menschen nicht vorteilhaft gewesen sein sollte, immer mehr und mehr aufrecht oder zweifüssig zu werden. Sie würden dadurch besser im Stande gewesen sin, sieh mit Steinen und Keulen zu vertheidigen oder ihre Beute anzugreifen oder auf andere Weise Nahrung zu erlangen. Die am besten gebauten Individuen werden in der Länge der Zeit am besten Erfolg gehabt haben und in grösserer Zahl am Leben geblieben sein. Wenn der Gorilla und einige wenige verwandte Formen ausgestorben wären, würde man mit grosser Macht und scheinbar mit sehr viel Hecht zu dem Schlüsse getrieben werden, dass ein Thier nicht allmählich aus einem Vierfüsser in einen Zweifüsser umgewandelt worden sein könnte, da alle Individuen in einem Zwischenzustand erbärmlich schlecht zum Gehen angelegt gewesen wären. Aber wir wissen (und dies ist wohl der Ueberlegnng werth), dass mehrere Affen jetzt factisch sich in diesem Zwischenzustand befinden, und Niemand zweifelt, dass sie einen im Ganzen ihren Lebensbedingungen gut angepassten Bau haben. So läuft der Gorilla mit einem seitlich watschelnden Gang, sehreitet aber gewöhnlich so fort, dass er sich auf seine gebeugten Hände stützt. Die langarmigen Affen gebrauchen gelegentlich ihre Arme wie Krücken, indem sie ihren Körper zwischen denselben nach vorwärts schwingen, und einige Arten von Hylobates können, ohne dass es ihnen gelehrt worden ist, mit ziemlicher Schnelligkeit aufrecht gehen oder laufen. Doch bewegen sie sich ungeschickt und viel weniger sicher als der Mensch. Kurz, wir sehen bei den jetzt lebenden Affen verschiedene Abstufungen zwischen einer Form der Bewegung, welche streng der eines Vicrfüssers gleicht, und der eines Zweifüssers oder des Menschen.
In dem Maasse als die Urerzeuger des Mensehen mehr und mehr aufrecht wurden und ihre Hände und Arme mehr und mehr zum Greifen und zu andern Zwecken modificirt wurden, werden auch endlose
Dr. Büchner (Vorlesungen über die Darwinsche Theorie. 1SR8, S. 195) hat eine Anzahl von Fällen, wo der Fuss vom Menschen als Greiforgan gebraucht wird, gegeben; ebenso über die Beweguugsweise der höheren Affen, welche ich im nächstfolgenden Satze erwähne. Ueber den letzten Punkt s. auch Owen, Ana-tomy of Vertebrates. Vol. in, p. 71.
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124 Entwickelungsweise des Menschen. I. Theil.
andere Veränderungen im Bau nothwendig geworden sein. Das Becken muss breiter, das Rückgrat eigenthümlich gebogen und der Kopf in einer veränderten Stellung befestigt worden sein; und alle diese Veränderungen sind vom Menschen erlangt worden. Professor Sciiaaff-hausen 61 behauptet,, dass „die kräftigen Zitzenfortsätze des menschlichen Schädels das Resultat seiner aufrechten Stellung sind", und diese Fortsätze fehlen beim Orang, Schimpanse u. s. w. und sind beim Gorilla kleiner als beim Menschen. Es Hessen sich noch verschiedene andere Bildungen hier speciell anführen, welche mit der aufrechten Stellung des Menschen in Zusammenhang zu stehen scheinen. Es ist sehr schwer zu entscheiden, wie weit alle diese in Gorrelation stehenden Modifikationen das Resultat natürlicher Zuchtwahl und wie weit sie das Resultat der vererbten Wirkungen des vermehrten Gebrauchs gewisser Theile oder der Wirkung eines Theils auf einen andern sind. Ohne Zweifel wirken diese Mittel der Veränderung gegenseitig auf einander ein; wenn z.B. gewisse Muskeln und die Knochenleisten, an welche sie befestigt sind, durch beständigen Gebranch vergrössert werden, so zeigt dies, dass gewisse Handlungen gewolinlieitsgemäss ausgeführt werden und von Nutzen sein müssen. Es werden daher diejenigen Individuen, welche sie am besten ausführen, in grösserer Zahl leben zu bleiben neigen.
Der freie Gebrauch der Hände und Arme, welcher zum Theil die Ursache, zum Theil das Resultat der aufrechten Stellung des Menschen ist, scheint auf indirecte Weise noch zu andern Modifikationen des Baus geführt zu haben. Wie vorhin angegeben wurde, waren die früheren männlichen Vorfahren des Menschen wahrscheinlich mit grossen Eckzähnen versehen; in dem Maasse aber, als sie allmählich die Fertigkeit erlangten, Steine, Keulen, oder andere Waffen im Kampfe mit ihren Feinden zu gebrauchen, werden sie auch ihre Kinnladen und Zähne immer weniger und weniger gebraucht haben. In diesem Falle werden die Kinnladen in Verbindung mit den Zähnen an Grösse reducirt worden sein, wie wir nach zahllosen analogen Fällen wohl ganz sicher annehmen können. In einem späteren Capitel werden wir einen streng parallelen Fall anführen, nämlich die Verkümmerung oder das vollständige Verschwinden der Eckzähne bei männlichen Wiederkäuern, welches allem
6~ „Ueber die Urform des Schädels" (auch übers, in der Anthropologie. Review. Oct. 1868, p. 428). Owen (Anatomy of Vevtebrates. Vol. II. 186G, p. 551), über den Mastoidfortsatz bei den höheren Affen.
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Cap. 4. Natürliche Zuchtwahl. 125
Anscheine nach zu der Entwickelung ihrer Hörner in Beziehung steht, ebenso bei Pferden, wo jene Verkümmerung mit dem Gebrauch in Bezug steht, mit den Schneidezähnen und Hufen zu kämpfen.
Wie Rütimeier üsl und Andere behauptet haben, ist bei den erwachsenen Männchen der anthropomorphen Aft'en entschieden die Wirkung der Kiefermuskeln, welche durch ihre bedeutende Entwickelung auf den Schädel derselben ausgeübt worden ist, die Ursache gewesen, weshalb dieser letztere in so vielen Beziehungen so beträchtlich von dem des Menschen abweicht und „eine wirklich schreckeuerregende Physiognomie- erhalten hat. In dem Maasse also als die Kinnladen und Zähne bei den Vorfahren des Menschen allmählich an Grösse reducirt wurden, wird auch der erwachsene Schädel nahezu dieselben Charactere dargeboten haben, welche er bei den Jungen der anthropomorphen Aft'en darbietet und wird hierdurch sich immer mehr dem des jetzt lebenden Menschen ähnlich gestaltet haben. Eine bedeutende Verkümmerung der Eckzähne bei den Männchen wird fast sicher, wie wir später noch sehen werden, in Folge der Vererbung auch die Zähue der Weibchen beeinflusst haben.
Wie die verschiedenen geistigen Fähigkeiten nacii und nach sich entwickelt haben, wird auch das Gehirn beinahe mit Sicherheit grösser geworden sein. Ich denke, wohl Niemand zweifelt daran, dass die bedeutende Grösse des Gehirns im Verhältniss zu seinem Körper und im Vergleich mit dem Gehirn des Gorilla oder Drang in enger Beziehung zu seinen höheren geistigen Kräften steht. Streng analogen Thatsachen begegnen wir bei [listeten, unter denen die Kopfganglien von ausserordentlichen Dimensionen bei den Ameisen sind, während überhaupt diese Ganglien bei allen Hymenoptern viele Male grösser sind als bei den weniger intelligenten Ordnungen, wie z. B. bei den Käfernü9. Auf der andern Seite denkt Niemand daran, dass der In-tellect irgend zweier Thiere oder irgend zweier Menschen genau durch den cubischen Inhalt ihrer Schädel gemessen werden kann. Es ist sogar sicher, dass eine ausserordentliche geistige Thätigkeit bei einer
66 Die Grenzen der Thierwelt, eine Betrachtung zu Dar will's Lehre. 1868. S. 51.
69 Dujarilin, Annal. d. scienc. natur. 3. ser. Zoolog. Tom. XIV. 1850. p. 203. s. auch Mr. Lowne, Anatomy and Pliysiology of tlie Musca vomitoria, 1870, p. 14. Mein Sohn, Mr. F. Darwin, hat mir die Cerebralganglien der Formica ni/U prilparirt.
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Eutwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
äusserst kleinen absoluten Masse von Nervensubstanz existiren kann. So sind ja die wunderbaren verschiedenen Instincte, geistigen Kräfte und Afl'ecte der Ameisen allgemein bekannt, und doch sind ihre Kopfganglien nicht so gross als das Viertel eines kleinen Stecknadelkopfs. Von diesem letzteren Gesichtspunkte aus ist das Gehirn einer Ameise das wunderbarste Substanzatom in der Welt und vielleicht noch wunderbarer als das Gehirn des Menschen.
Die Annahme, dass beim Menschen irgend eine enge Beziehung zwischen der Grösse des Gehirns und der Entwicklung der intellectuel-len Fähigkeiten besteht, wird durch die Vergleichung von Schädeln wilder und civilisirter Rassen, alter und moderner Völker und durch die Analogie der ganzen Wirbelthierreihe unterstützt. Dr. J. Barnard Davis hat durch viele sorgfältige Messungen nachgewiesen "°, dass die mittlere Schädelcapacität bei Europäern 92,3 Cubikzoll, bei Amerikanern 87,5 bei Asiaten 87,1 und bei Australiern nur 81,9 beträgt. Professor Broca ; ] hat gefunden, dass Schädel aus Gräbern in Paris vom neunzehnten Jahrhundert gegen solche ans Gräbern des zwölften Jahrhunderts in dem Verhältniss von 1484: 1426 grösser waren und auch Prichard ist überzeugt, dass die jetzigen Bewohner Grossbritanniens »viel geräumigere Hirnkapseln" haben als die alten Einwohner. Nichtsdestoweniger muss zugegeben werden, dass einige Schädel von sehr hohem Alter, wie z. B. der berühmte Neanderthalschädel, sehr gut entwickelt und geräumig sind. In Bezug auf die niederen Thiere ist Mr. Lartet 72 durch Vergleichung der Schädel tertiärer und jetzt lebender Säugethiere, welche zu denselben Gruppen gehören, zu dem merkwürdigen Schlüsse gelangt, dass in den neueren Formen das Gehirn allgemein grösser und die Windungen complicirter sind. Auf der andern Seite habe ich gezeigt73, dass die Gehirne domesticirter Kaninchen an Grösse beträchtlich reducirt sind, verglichen mit denen des wilden Kaninchens oder des Hasen; und dies mag dem Umstand zugeschrieben werden, dass sie viele Generationen hindurch in enger Gefangenschaft gehalten wurden, so dass sie ihren Intellect, ihren In-
;0 Philosoph. Transact. 1809, p. 513.
11 Citirt in C. Vogt's Vorlesungen «her den Menschen. Bd. 1, S. 104—108. Prichard, Physic. Hist. of Mankind. Vol. I. 1838, p. 305.
r- Coraptes rendus. Acad. d. Sciences. Paris, Juni, 1, 18G8.
73 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Znstande der Domesticatiou. Bd. 1, S. 104.
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Cap. 4. Schädel und Gehirn. 127
stinet, ihre Sinne und ihre willkührlichen Bewegungen nur wenig ausgeübt haben.
Die allmähliche Gewichtszunahme des Gehirns und Schädels beim Menschen muss die Entwicklung der jenen tragenden Wirbelsäule besonders zu der Zeit beeinflusst haben, als er anfieng, aufrecht zu gehen. Und in dem Maasse als diese Veränderung der Lage allmählich zu Stande kam, wird auch der innere Druck des Gehirns einen Ein-ttuss auf die Form des Schädels geäussert haben; denn viele Thatsachen weisen nach, wie leicht der Schädel auf diese Weise afficirt wird. Ethnologen glauben, dass er durch die Form der Wiege modificirt wird, in welcher die kleinen Kinder schlafen. Habituelle Contractionen von Muskeln und eine Narbe nach einer schweren Verbrennung haben die Gesichtsknochen dauernd modificirt. Bei jungen Individuen, deren Köpfe infolge einer Krankheit entweder nach der Seite oder nach rückwärts fixirt wurden, hat das eine Auge seine Stellung verändert und sind die Knochen des Schädels modificirt worden, und dies ist, wie es scheint, das Resultat davon, dass das Gehirn nun in einer andern Richtung drückt 74. Ich habe gezeigt, dass bei langohrigen Kaninchen selbst eine so unbedeutende Ursache wie das Vorwärtshängen des einen Ohrs auf dieser Seite fast jeden einzelnen Knochen des Schädels nach vorn zieht, so dass die Knochen der beiden sich gegenüberliegenden Seiten sich nicht länger mehr genau entsprechen. Sollte endlich irgend ein Thier an allgemeiner Körpergrösse beträchtlich zu- oder abnehmen, ohne dass die geistigen Kräfte sich irgendwie veränderten, oder sollten die geistigen Kräfte bedeutend vergrössert oder verringert werden, ohne dass irgend eine beträchtliche Aenderuiig in der Körpergrösse einträte, so würde beinahe gewiss die Form des Schädels verändert werden. Ich komme zu dieser Folgerung nach meinen Beobachtungen an domesti-cirten Kaninchen, von denen einige Arten sehr viel grösser geworden sind als das wilde Thier, während andere nahezu dieselbe Grösse behalten haben; in beiden Fällen aber ist das Gehirn im Verhältniss zur Grösse des Körpers beträchtlich kleiner geworden. Ich war nun an-
74 Sc haa ff hausen führt die Fälle von krampfhafter Contractiou und der Narbe nach Blumenbach und Busch an (Anthropolog. Review. Oct. 18G8, p. 420J. Dr. Jarrold (Anthropologia, 1803, p. 115, Hfl) führt nach Camper's und seinen eigenen Beobachtungen Fälle von Modification des Schädels an in Folge einer Fixirung des Kopfes in einer unnatürlichen Stellung. Er glaubt, dass gewisse Handwerke, wie das der Schuhmacher, die Stirn runder und vorspringender machen, weil sie den Kopf beständig vorgebeugt halten lassen.
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Entwickelungsweise des Menschen.
T. Theil.
Bings sehr erstaunt, als ich fand, dass bei allen diesen Kaninchen der Schädel verlängert oder doliehoeephal geworden war; so war z. B. von zwei Schädeln ziemlich derselben Breite, — der eine von einem wilden Kaninchen, der andere von einer grossen domestieirten Form, — der erstere nur 3,15, der letztere 4,3 Zoll lang 7S. Eine der ausgesprochensten Verschiedenheiten bei den verschiedenen Menschenrassen ist die, dass der Schädel bei den einen verlängert, bei den andern abgerundet ist, und hier mag die aus dem Falle mit dem Kaninehen sich ergebende Erklärung zum Theil wohl gelten; denn Welcker findet, dass „kleine Menschen mehr zur Bracliyeephalie, grosse mehr zur Dolieho-„cephalie neigen" 76, und grosse Leute lassen sieh wohl mit den grösseren Kaninchen mit längerem Kopfe vergleichen, welche sämmtlicli verlängerte Schädel haben oder doliehoeephal sind.
Nach diesen verschiedenen Thatsachen können wir bis zu einem gewissen Punkte die Mittel erkennen, durch welche der Mensch' die beträchtliche Grösse und die mehr oder weniger abgerundete Form seines Schädels erlangt hat; und dies sind gerade Merkmale, welche ihm in einer ausgezeichneten Weise im Vergleich mit den niederen Thieren eigen sind.
Eine andere äusserst auffällige Verschiedenheit zwischen dem Menschen und den niederen Thieren ist die Nacktheit seiner Haut. Walfische und Delphine (Cetacea), Dugongs (Sirema) und der Hippopotanius sind nackt. Dies mag für dieselben beim Gleiten durch das Wasser von Vortheil sein; auch wird es kaum wegen dos Wärmeverlusts von Nachtheil für sie sein, da diejenigen ihrer Verwandten unter ihnen, welche kältere Gegenden bewohnen, von einer dicken Schicht von Thran umgeben sind, welche demselben Zwecke dient, wie der Pelz der Seehunde und Ottern. Elephanten und Tthinoeerosse sind fast haarlos, und da gewisse ausgestorbene Arten, welche einstmals unter einem aretischeu Clima lebten, mit langen Haaren oder Wolle bedeckt waren, so dürfte es fast scheinen, als wenn die jetzt lebenden Arten beider Gattungen ihre Haarbedeckuug dadurch verloren hätten, dass sie lange Zeit der Hitze ausgesetzt waren. Dies scheint um so wahrscheinlicher, als diejenigen Elephanten in Indien, welche in höher gelegenen und kälte-
'' Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 144 über die Verlängerung des Schädels, S. 147 über die Wirkung des Hängens der Ohren.
76 Citirt von Schaaffhausen in: Anthropolog. Review. Oet. 1868, p. 419.
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Cap. 4.
Nacktheit des Menschen.
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ren Districten leben, mehr Haare haben 77 als die in den Niederungen. Dürfen wir dann wohl schliessen, dass der Mensch von Haaren ent-blösst wurde, weil er ursprünglich irgend ein tropisches Land bewohnt hat? Die Thatsache, dass er Haare hauptsächlich im männlichen Geschlecht an der Brust und im Gesicht und in beiden Geschlechtern an der Verbindung aller vier Gliedmaassen mit dem Stamme behalten hat, begünstigt jene Folgerung, unter der Annahme freilich, dass das Haar verloren wurde, ehe der Mensch die aufrechte Stellung erlangt hatte; denn die Theile, welche jetzt die meisten Haare behalten haben, würden dann am meisten gegen die Hitze der Sonne geschützt gewesen sein. Die Sehädelhöhe bietet indcss eine merkwürdige Ausnahme dar; denn zu allen Zeiten muss sie einer der am meisten exponirten Theile gewesen sein, und doch ist sie dicht mit Haaren bedeckt. In dieser Beziehung stimmt der Mensch mit der grossen Majorität der Vierfüsser überein, welche im Allgemeinen die obere und exponirte Fläche dichter mit Haaren bekleidet haben als die untere Fläche. Nichtsdestoweniger widerspricht die Thatsache, dass die andern Glieder der Ordnung der Primaten, zu welcher der Mensch gehört, trotzdem sie verschiedene heisse Gegenden bewohnen, doch mit Haaren, und zwar im Allgemeinen auf der oberen Fläche am dichtesten 78, bekleidet sind, sehr nachdrücklich der Annahme, dass der Mensch in Folge der Einwirkung der Sonne nackt wurde. Ich bin geneigt anzunehmen, wie ich in den Ca-piteln über geschlechtliche Zuchtwahl noch weiter zeigen werde, dass der Mensch oder vielmehr ursprünglich die Frau ihr Haarkleid zu ornamentalen Zwecken verlor, und nach dieser Annahme ist es durchaus nicht überraschend, dass der Mensch in Bezug auf das Behaartsein von allen seinen niedriger gestellten Brüdern so beträchtlich abweicht. Denn durch die geschlechtliche Zuchtwahl erlangte Charactere weichen oft bei nahe mit einander verwandten Formen in einem ausserordentlichen Grade von einander ab.
77 Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. G19.
78 Isidore Geoffroy St. Hilaire gibt in der Ilistoire natur. gener. Tom. II. 1859, p. 21G—217 Bemerkungen über das Bebaartsein des Kopfes beim Menschen, ebenso über den Umstand, dass die obere Kö'rperfläehe bei Affen und anderen Säugcthicren dichter mit Ilaaren bekleidet ist, als die untere. Dies ist auch von verschiedenen anderen Autoren erwähnt worden. Doch führt Prof. Gervais (Hist. natur. des Mammiferes. Tom. I. 1854, p. 2S) an, dass beim Gorilla das Haar am Rücken dünner sei, als au der unteren Fläche, da es oben theil-weise abgerieben werde.
Darwin'. AbstjimrmiiLir. 1 Zweite Aufl;iire. 9
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Entxrickelungswcise des Menschen.
I. Thcil.
Nach einer populären Ansicht ist die Abwesenheit des Schwanzes ein vorwiegend unterscheidendes Merkmal des Menschen; da aber diejenigen Affen, welche dem Menschen am nächsten stehen, gleichfalls dies Organ nicht besitzen, so berührt uns dessen Verschwinden hier nicht besonders. Trotzdem müssen wir bereitwillig zugeben, dass, so viel mir bekannt ist, für den Verlust des Schwanzes bei gewissen Affen und dem Menschen bis jetzt noch keine Erklärung gegeben worden ist. Sein Verlust ist indessen nicht überraschend, denn seine Länge ist zuweilen bei Species einer und derselben Gattung merkwürdig verschie-' den; so ist er bei einigen Arten von Macacus länger als der ganze Körper und besteht aus vierundzwanzig Wirbeln; bei anderen existirt er nur als ein kaum sichtbarer Stumpf und enthält nur drei oder vier Wirbel. Bei einigen Arten ven Pavianen sind fünfundzwanzig Schwanzwirbel vorhanden, während beim Mandrill nur zehn sehr kleine abgestutzte Wirbel und uach Cuvieb's Angabe79 zuweilen nur fünf solche vorhanden sind. Diese grosse Verschiedenheit in der Bildung und der Länge des Schwanzes bei Thieren, welche denselben Gattungen angehören und nahezu dieselben Lebeusgewolmheiten haben, macht es wahrscheinlich, dass der Schwanz für sie von keiner grossen Bedeutung ist; und wenn dies der Fall ist, so dürfen wir wohl erwarten, dass er zuweilen mehr oder weniger rudimentär geworden ist, in Uebereinstim-mung mit dem, was wir beständig bei andern Structurverhältnissen eintreten sehen. Der Schwanz läuft beinahe immer nach dem Ende hin spitz zu, mag er nun kurz oder lang sein, und ich vermnthe, dass dies ein Eesultat der durch Nichtgebrauch eintretenden Atrophie der terminalen Muskelu in Verbindung mit der der Arterien und Nerven ist, welche zuletzt zu einer Atrophie der endständigen Kochen führt. In Bezug auf das Os coecygis, welches beim Menschen und den höheren Affen offenbar nur ans den wenigen basalen und spitz auslaufenden Segmenten eines gewöhnlichen Schwanzes besteht, habe ich die Frage aufwerfen hören, wie diese vollständig in den Körper eingebettet werden konnten; doch ist in dieser Hinsicht keine Schwierigkeit vorhaudeu, denn bei vielen Affen sind die basalen Abschnitte des echten Schwanzes bereits in dieser Weise eingebettet. So theilt mir z. B. Mr. Murie mit,
79 St. Gorge Mivart in Proceed. Zoolog. Soc. 1SG5, p. 562, 5$3. J. E. Gray, Catalogue Brit. Mus. „Skeletons". Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. II. p. 517. Isid. Geoffroy Saint-Hilaire, Hist. natur. gener. Tom. II. p. 244.
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Cap. 4. Sclrwanzlosigkeit. 131
dass er am Skelet eines nicht völlig erwachsenen Mitcacm inomatus neun oder zehn Schwanzwirbel gezählt habe, welche alle zusammen nur 1,8 Zoll lang waren. Von diesen schienen die drei vorderen oder basalen i» den Körper eingebettet gewesen zu sein; die übrigen bildeten den freien Theil des Schwanzes, welcher nur einen Zoll lang und einen halben Zoll breit war. Hier entsprechen denn die drei eingebetteten Schwanzwirbel ganz deutlich den vier verwachsenen Wirbeln des menschlichen Os coecygis.
Ich habe nun zu zeigen versucht, dass einige der uiiterscheidend-sten Merkmale des Menschen aller Wahrscheinlichkeit nach entweder di-rect oder und zwar häufiger indirect durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Wir müssen im Auge behalten, dass Modificatioaeu in der Bildung oder der Constitution, welche für einen Organismus zur Anpassung an Lebensgewohnheiten oder an die von ihm verzehrte Nahrung oder passiv an die ihn umgebenden Bedingungen von keinem Nutzen sind, auf diese Weise nicht erlangt werden können. Wir dürfen indessen bei der Entscheidung, welche Modifikationen für jedes Wesen von Nutzen sind, nicht zu sicher sein; wir müssen uns daran erinnern, wie wenig wir über den Gebrauch vieler Theile wissen oder was für Veränderungen im Blute oder den Geweben einen Organismus für ein neues Clima oder irgend eine neue Art von Nahrung geeignet zu machen dienen können. Auch dürfen wir das Princip der Correlation nicht vergessen, durch welches, wie Isidore Geoffroy beim Menschen gezeigt hat, viele fremdartige Biidungsabweichungen unter einander verbunden werden. Unabhängig von der Correlation führt eine Veränderung in einem Tlieile oft in Folge des vermehrten oder verminderten Gebrauchs andrer Theile zu andern Veränderungen einer vollständig unerwarteten Art. Auch ist es gut sich solcher Thatsachen zu erinnern wie des wunderbaren Wachsthums von Gallen auf Pflanzen, welches das Gift eines Insects veranlasste, und der merkwürdigen Farbenveränderungen im Gefieder von Papageien, wenn sie sich von gewissen Fischen ernähren oder wenn ihnen das Gift von Kröten eingeimpft wird so. Denn wir sehen hieraus, dass die Körperfiüssigkeiten, wenn sie zu irgend einem bestimmten Zweck geändert werden, andre merkwürdige
m Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication, Bd. 2, S. 371. 372. 371.
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Veränderungen herbeiführen können.- Ganz besonders müssen wir im Auge behalten, dass Modifikationen, welche im Verlaufe vergangener Zeiten zu irgend einem nützlichen Zweck erlangt und gebraucht worden sind, wahrscheinlich sicher fixirt und schon lange vererbt worden sind.
Man kann daher den directen und indirecten Resultaten natürlicher Zuchtwahl eine sehr beträchtliche, wennschon imbestimmte, Ausdehnung geben; doch gebe ich jetzt, nachdem ich die Abhandlung von Nägeli über die Pflanzen und die Bemerkungen verschiedener Schriftsteller, besonders die neuerdings von Professor Broca in Bezug auf die Thiere geäusserten, gelesen habe, zu, dass ich in den früheren Ausgaben meiner Entstehung der Arten wahrscheinlich der Wirkung der natürlichen Zuchtwahl oder des Ueberlebens des Passendsten zu viel zugeschrieben habe. Ich habe die fünfte Ausgabe der „Entstehung" dahin geändert, dass ich meine Bemerkungen nur auf die adaptiven Veränderungen des Körperbaus beschränkte. Ich hatte früher die Existenz vieler Structurverhältuisse nicht hinreichend betrachtet, welche, soweit wir es beurtheilen können, weder wohlthätig noch schädlich zu sein scheinen, und ich glaube, dies ist eines der grössten Versehen, welches ich bis jetzt in meinem Werke entdeckt habe. Es mag mir als Entschuldigung zu sagen gestattet sein, dass ich zwei bestimmte Absichten vor Augen hatte, erstlich, zu zeigen, dass Species nicht einzeln geschaffen worden sind, und zweitens, dass natürliche Zuchtwahl das bei der Veränderung hauptsächlich Wirksame war, wenn sie auch in grossem Maasse durch die vererbten Wirkungen des Gebrauchs und in geringerem Maasse durch die directe Wirkung der umgebenden Bedingungen unterstützt würde. Nichtsdestoweniger bin ich nicht im Stande gewesen, den Einfluss meines früheren und damals sehr verbreiteten Glaubens, dass jede Species absichtlich erschaffen worden sei, zu annul-liren, und dies führte mich zu der stillschweigenden Annahme, dass jedes einzelne Structurdetail, mit Ausnahme der Rudimente, von irgendwelchem speciellen, wenn auch unerkannten Nutzen sei. Mit dieser Annahme im Sinne würde wohl ganz natürlich Jedermann die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl, sei es während früherer oder jetziger Zeit, zu hoch anschlagen. Einige von Denen, welche das Princip der Evolution annehmen, aber natürliche Zuchtwahl verwerfen, scheinen zu vergessen, während sie mein Buch kritisiren, dass ich die beiden eben erwähnten Absichten vor Augen hatte. Wenn ich daher auch darin ge-
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Cap. 4. Natürliche Zuchtwahl. 133
irrt haben sollte, dass ich der natürlichen Zuchtwahl eine grosse Kraft zuschrieb, was ich aber durchaus nicht zugebe, oder dass ich ihren Ein-fluss übertrieben hätte, was an sich wahrscheinlich ist, so habe ich, wie ich hoffe, wenigstens dadurch etwas Gutes gestiftet, dass ich beigetragen habe, das Dogma einzelner Schöpfungen mnzustossen.
Dass alle organischen Wesen mit Einschluss des Menschen viele Modificationen des Körperbaus darbieten, welche für dieselben jetzt von keinem Nutzen sind und es auch früher nicht gewesen sind, ist, soviel ich jetzt erkennen kann, wahrscheinlich. Wir wissen, nicht, was die zahllosen unbedeutenden Verschiedenheiten zwischen den Individuen einer jeden Species hervorbringt; denn der Rückschlag verlegt das Problem nur wenige Schritte rückwärts; und doch muss jede Eigentümlichkeit ihre eigene wirksame Ursache gehabt haben. Sollten diese Ursachen, welcher Art sie auch gewesen sein mögen, gleichförmiger und energischer längere Zeit hindurch wirken (und es lilsst sich kein Grund dafür annehmen, warum dies nicht zuweilen eintreten sollte), so würde das Resultat das Auftreten nicht bloss unbedeutender individueller Verschiedenheiten, sondern scharf markirter, constanter Modificationen sein. Modificationen nun, welche in keiner Weise wohlthätig sind, können durch natürliche Zuchtwahl nicht gleichförmig gehalten worden sein, wennschon alle solche,-welche nachtheilig waren, durch dieselbe beseitigt worden sind. Indessen würde Gleichförmigkeit des Characters natürliche Folge der angenommenen Gleichförmigkeit der anregenden Ursachen sein, wie auch in gleicher Weise Folge der ungehinderten Kreuzung vieler Individuen. Derselbe Organismus kann daher auf diese Weise im Verlauf aufeinanderfolgender Zeiträume nach einander mehrere Modificationen erlangen, und diese werden in einem nahezu gleichförmigen Zustande überliefert werdeu, so lange die anregenden Ursachen dieselben bleiben und freie Kreuzung eintreten kann. In Bezug auf diese anregenden Ursachen können wir hier, ebenso wie bei Besprechung der sogenannten spontanen Abänderungen, nur sagen, dass sie in einer viel innigeren Beziehung zu der Constitution des abändernden Organismus als zu den Naturbedingungen, denen jener ausgesetzt war, stehen.
S c h 1 u s s. — Wir haben in diesem Capitel gesehen, dass in derselben Weise, wie der Mensch heutzutage so wie jedes andere Thier verschiedenartigen individuellen Verschiedenheiten oder unbedeutenden Abänderungen ausgesetzt ist, auch ohne Zweifel die früheren Urerzenger
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Entwickclungsweisc des Menschen.
1. Theil.
des Mcnsclien es waren. Die Abänderungen waren damals, wie sie es jetzt sind, Folgen derselben allgemeinen Ursachen und unterlagen denselben allgemeinen und complicirten Gesetzen. Wie alle Thiere sich über die Grenzen ihrer Subsistenzmittel hinaus zu vervielfältigen streben, so muss dies auch mit den Urerzeugern des Menschen der Fall gewesen sein, und dies wird unvermeidlich za einem Kampfe nm's Dasein und zu natürlicher Zuchtwahl geführt haben. Dieser letztere Vorgang wird in grossem Maasse durch die vererbten Wirkungen des vermehrten Gebrauchs der Theile unterstützt worden sein, da beide Vorgänge unablässig gegenseitig auf einander zurückwirken. Es scheint auch, wie wir hernach noch sehen werden, dass verschiedene bedeutungslose Charactere vom Menschen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Ein noch unerklärter Kost von Veränderungen, und vielleicht ein grosser, muss der Annahme einer gleichförmigen Wirkung jener unbekannten Einflüsse ülierlassen bleiben, welche gelegentlich scharf gezeichnete 'und plötzlich auftretende Abweichungen des Bans bei unsern domesti-cirten Erzeugnissen hervorbringen.
Nach den Gewohnheiten der Wilden und der grösseren Zahl der Quadrunianen zu iirtheilen, lebte der Urmensch und selbst die affenähnlichen Urerzeuger des Menschen wahrscheinlich gesellig. Bei im strengen Sinne socialen Thieren wirkt natürliche Zuchtwahl zuweilen in-direct auf das Individuum durch die Erhaltung von Abänderungen, welche nur der Genossenschaft wohlthätig sind. Eine Genossenschaft, welche eine grosse Anzahl gut angelegter Individuen umfasst, nimmt an Zahl zu und besiegt andere und weniger gut begabte Gesellschaften, wennschon jedes einzelne Glied über die anderen Glieder derselben Gesellschaft keinen Vortheil erlangen mag. Bei gesellig lebenden Insecten sind viele merkwürdige Bildungs-Eigenthümliclikeiten, welche dem Individuum oder seinen Nachkommen von geringem oder gar keinem Nutzen sind, wie z. B. der pollensammelnde Apparat oder der Stachel der Ar-beiterbieuen oder die grossen Kiefer der Soldatenameisen, erlangt worden. Von den höheren gesellig lebenden Thieren ist mir nicht bekannt, dass irgendwelche Bildungs-Eigenthümlichkeit nur zum Besten der ganzen Gesellschaft modifkirt worden wäre, wenn auch einige für dieselbe von secuiidärem Nutzen sind. So erscheinen z. ß. die Hörner der Wiederkäuer und die grossen Eckzähne der Paviane von den Männchen als Waffen für den geschlechtlichen Kampf erlangt worden zu sein, sie werden aber auch zur Verteidigung der Heerde oder Truppe benutzt.
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Cap. 4. Hülfloser Zustand. 135
Was gewisse geistige Fähigkeiten betrifft, so liegt der Fall, wie wir im folgenden Capitel sehen werden, gänzlich verschieden; denn diese Fälligkeiten sind hauptsächlich oder selbst ausschliesslich zum Nutzen der Gesellschaft erlangt worden, wobei die Individuen, welche die Gesellschaft zusammensetzen, zu derselben Zeit indirect eine Begünstigung erfahren haben.
Den im Vorstehenden entwickelten Ansichten ist oft entgegengehalten worden, dass der Mensch eines der hülflosesten und vertheidigungs-loscsten Geschöpfe in der Welt ist und das er während seines frühen und weniger gut entwickelten Zustandes noch hülfloser gewesen sein wird. Der Herzog vonÄRGYLL81 behauptet z. B., „dass der menschliche Körperbau von der Bildung der Thiere nach der Richtung grosser physi-„scher Haltlosigkeit und Schwäche hin abgewichen ist; d. h. es ist eine .Divergenz eingetreten, welche von allen Uebrigen am unmöglichsten „blosser natürlicher Zuchtwahl zugeschrieben werden kann." Er führt an: den nackten und unbeschützten Zustand des Körpers, das Fehlen grosser Zähne und Klauen zur Verteidigung, die geringe Körperkraft des Menschen, seine geringe Schnelligkeit im Piennen und sein unbedeutendes Geruchsvermögen, durch welches Nahrung gefunden und Gefahr vermieden werden könne. Diesen Mangelhaftigkeiten hätte sich noch der noch bedenklichere Verlust der Fähigkeit, schnell Bäume zu erklettern und dadurch vor Feinden zu entfliehen, hinzufügen lassen. Wenn man sieht, dass die unbekleideten Feuerländer in ihrem schauerlichen Clima existiren können, so wird der Verlust des Haarkleides für den Urmenschen keine grosse Schädigung gewesen sein, wenn er ein warmes Land bewohnte. Wenn man den vertheidigungslosen Menschen mit den Allen vergleicht, von denen viele mit fürchterlichen Eckzähnen ausgerüstet sind, so müssen wir uns daran erinnern, dass im völlig entwickelten Zustande nur die Männchen solche besitzen, indem sie sie hauptsächlich zum Kampf mit ihren Nebenbuhlern brauchen; und doch sind die Weibchen, welche nicht damit versehen sind, völlig im Stande, leben zu bleiben.
In Bezug auf die körperliche Grösse oder Kraft wissen wir nicht, ob der Mensch von irgend einer vergleichsweise kleinen Art, wie der Schimpanse, abstammt oder von einer so mächtigen wie der Gorilla, und wir können daher auch nicht sagen, ob der Mensch grösser und stärker oder kleiner und schwächer im Vergleich zu seinen Urerzeugern 81 Primoval man 18(30, p. GG.
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Entwickelungsweise des Menschen.
I. Theil.
geworden ist. Wir müssen indess im Auge behalten, dass ein Thier, welches bedeutende Grösse, Kraft und Wildheit besitzt und welches, wie der Gorilla, sieh gegen alle Feinde vertheidigen kann, wahrscheinlich, wenn auch nicht nothwendig, nicht social geworden sein wird, und dies würde in äusserst wirksamer Weise die Entwicklung jener höheren geistigen Eigenschaften beim Menschen, wie Sympathie und Liebe zu seinen Mitgeschöpfen, gehemmt haben. Es dürfte daher von einem unendlichen Vortheil für den Menschen gewesen sein, von irgend einer verhältnismässig schwachen Form abgestammt zu sein.
Die geringe körperliche Kraft des Menschen, seine geringe Schnelligkeit, der Mangel natürlicher Waffen u. s. w. werden mehr als ausgeglichen erstens durch seine intellectnellen Kräfte, durch welche er sich, während er noch im Zustande der Barbarei verblieb, Waffen, Werkzeuge u. s. w. formen lernte, und zweitens durch seine sociale Eigenschaften, welche ihn dazu führten, seinen Mitmenschen Hülfe angedeihen zu lassen und solche wiederum von ihnen zu empfangen. Kein Land auf der Erde ist in einem grösseren Grade so dicht mit gefährlichen Thieren erfüllt als Südafrika, kein Land bietet fürchterlichere Leidensquellen dar als die aretischen' Gegenden, und doch behauptet sieh eine der schwächsten Rassen, nämlich die Buschmänner, in Südafrika ebenso wie es die zwergischen Eskimo's in den aretischen Gegenden thun. Die früheren Urerzeuger des Menschen kamen ohne Zweifel an Tntellect und wahrscheinlich an socialen Anlagen den niedrigsten jetzt existirenden Wilden nicht gleich; es ist aber völlig gut einzusehen, dass sie existirt und sogar geblüht haben können, wenn sie in derselben Zeit an intel-lectueller Ausbildung gewannen, während sie allmählich ihre thierähn-lichen Fähigkeiten, wie die zum Klettern auf Bäumen u. s. w. verloren. Aber zugegeben, dass die Urerzeuger des Menschen bei Weitem hülfloser und vertheidigungsloser waren als irgendwelche -jetzt existirende AVildo: sobald sie irgend einen warmen Continent oder eine grosse Insel, wie Australien oder Neuguinea oder Borneo bewohnten (die letztere Insel bewohnt jetzt der Orang), so würden sie keiner besonderen Gefahr ausgesetzt gewesen sein. Auf einem Bezirk, welcher so gross als eine dieser Inseln ist, würde die Concurrenz zwischen den einzelnen Stämmen hinreichend gewesen sein, um unter günstigen Bedingungen den Mensehen durcli das Ueberlebenbleiben des Passendsten in Verbindung mit den vererbten Wirkungen der Gewohnheit auf die jetzige hohe Stellung in der Reihe der Organismen zu erhoben.
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Fünftes Capitel.
lieber die Entwicklung der intelle.ctu eilen und moralischen Fähigkeiten während der Urzeit und der civilisirten Zeiten.
Fortschritt der intellectnellen Kräfte durch natürliche Zuchtwahl. — Bedeutung der Nachahmung. — Sociale und moralische Fähigkeiten. — Ihre Entwicke-lung innerhalb der Grenzen eines und desselben Stammes. — Natürliche Zuchtwahl in ihrem Einfluss auf civilisirte Nationen. — Beweise, dass civi-lisirte Nationen einst barbarisch waren.
Die in diesem Capitel zu erörternden Gegenstände sind von dem höchsten Intoresse, werden aber von mir in einer sehr unvollkommenen und fragmentaren Weise behandelt werden. In einem schon vorhin erwähnten ausgezeichneten Aufsatze meint Mr. Waixace ', dass der Mensch, nachdem er zum Theil jene intellectuellen und moralischen Fähigkeiten erlangt hätte, welche ihn von den niederen Thieren unterschieden, nur wenig eine weitere, in Folge natürlicher Zuchtwahl oder anderer Ursachen eintretende Modification seiner körperlichen Bildung erfahren haben würde. Denn durch seine geistigen Fähigkeiten ist der Mensch in den Stand gesetzt, sich bei einem nicht weiter veränderten Körper mit dem sich weiter veränderten Universum in Harmonie zu erhalten. Er hat eine bedeutende Fähigkeit, seine Gewohnheiten neuen Lebensbedingungen anzupassen, er erfindet Waffen, Werkzeuge und verschiedene Pläne, um sich Nahrung zu verschaffen und sich zu vertheidigen. Wenn er in ein kälteres Clima wandert, benutzt er Kleider, baut sich Hütten und macht Feuer, und mit Hülfe des Feuers bereitet er sich durch Kochen Nahrung aus sonst unverdaulichen Stoffen. Er hilft seinen Mitmenschen in mannichfacher Weise und schliesst auf zukünftige Ereignisse. Selbst in einer sehr entfernten Zeit schon wandte er eine Theilung der Arbeit an.
Andererseits müssen die niederen Thierc Modifikationen ihres Körperbaues erleiden, um unter bedeutend veränderten Bedingungen leben
1 Anthropological Review. May 1864. p. CLVIII.
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Intcllcctucllc Fälligkeiten.
I. Theil.
zu bleiben. Sie müssen stärker werden oder wirksamere Zähne oder Klauen erhalten, um sich gegen neue Feinde zu vertheidigen, oder sie müssen an Grösse redneirt werden, um weniger leicht entdeckt werden zu können und Gefahren zu entgehen. Wandern sie in ein kälteres Clima aus, so müssen sie mit dickerem Pelze bekleidet werden und ihre Constitution muss sieh ändern. Werden sie nicht in dieser Weise modificirt, so werden sie aufhören, zu existiren.
Wie indessen Mr. Wallace mit Beeht betont hat, liegt der Fall in Bezug auf die intellectuellen und moralischen Fähigkeiten des Menschen sehr verschieden. Diese Fähigkeiten sind variabel, und wir haben allen Grund zu glauben, dass die Abweichungen zur Vererbung neigen. Wenn sie daher früher für den Urmenschen und seine affenäliulicheu Urerzeugcr von grosser Bedeutung waren, so werden sie durch natürliche Zuchtwahl vervollkommnet oder fortgeschritten sein. Ueber die grosse Bedeutung der intellectuellen Fähigkeiten kann kein Zweifel bestehen, denn der Mensch verdankt ihnen hauptsächlich seine hervorragende Stellung auf der Erde. Wir sehen ein, dass auf dem rohesten Zustande der Gesellschaft diejenigen Individuen, welche die scharfsinnigsten waren, welche die besten Waffen oder Fallen erfanden und benutzten und welche wohl am besten im Stande waren, sich zu vertheidigen, die grösste Zahl von Nachkommen erzogen haben werden. Diejenigen Stämme, welche die grösste Anzahl von begabten Menschen umfassten, müssten an Zahl vermehrt worden sein und andere Stämme unterdrückt haben. Die Zahl hängt an erster Stelle von den Sub-sisteuzmitteln ab und diese wieder theil weise von der plrysikalischen Beschaffenheit des Landes, aber in einem bedeutend höheren Grade von den dort ausgeübten Künsten. In dem Maasse als ein Stamm sich vergrössert und siegreich ist, wird er sich oft noch weiter durch die Absorption anderer Stämme vergrössem '-. Die Körpergrösse und Kraft der Menschen eines Stammes sind gleichfalls für seinen Erfolg von ziemlicher Bedeutung und hängen zum Theil von der Beschaffenheit und der Menge der Nahrung ab, welche erlangt werden kann. In Europa wurden die Menschen der Bronzeperiode von einer kräftigeren und, nach ihren Schwertgriffen zu urtheilen, auch grosshändigeren Basse ver-
- Wenn die Glieder eines Stammes oder ganze Stämme eine Zeit lang in einem andern Stamm aufgegangen sind, nehmen sie, wie Mr. Maine bemerkt (Ancient'Law, 1861, p. 131) an, dass sie Nachkommen derselben Voreltern wie die Glieder des letzteren seien.
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl. 139
drängt 3; der Erfolg dieser war aber wahrscheinlich in einem bedeutend höheren Grade Folge ihrer Ueberlegenheit in den Künsten.
Alles was wir über Wilde wissen oder was wir aus ihren Traditionen und alten Denkmälern, deren Geschichte von den jetzigen Einwohnern vollständig vergessen ist, schliessen können, weist darauf hin, dass von den entferntesten Zeiten an erfolgreiche Stämme andere Stämme verdrängt haben. Ueberreste ausgestorbener oder vergessener Stämme sind in allen civilisirten Gegenden der Erde, auf den wilden Steppen von Amerika und auf den isolirten Inseln des Stillen Oceans entdeckt worden. Noch heutigen Tages verdrängen überall civilisirte Nationen barbarische, ausgenommen da wo das Clima eine tödtliche Grenze zieht, und sie haben hauptsächlich, wenn auch nicht ausschliesslich, ihren Erfolg ihren Kunstfertigkeiten zu danken, welche wiederum das Product ihres Verstandes sind. Es ist daher höchst wahrscheinlich, dass beim Menschen die intellectneilen Fähigkeiten allmählich durch natürliche Zuchtwahl vervollkommnet worden sind, und dieser Schlnss genügt für unseren vorliegenden Zweck. Unzweifelhaft würde es sehr interessant gewesen sein, die Entwickelung jeder einzelnen Fälligkeit von dem Zustande, in welchem sie bei niederen Thieren existirt, zu dem, in welchem sie beim Menschen vorhanden ist, zu verfolgen, doch gestatten mir weder meine Fähigkeit noch meine Kenntnisse, diesen Versuch zu machen.
Es verdient Beachtung, dass, sobald die Urerzeuger des Menschen social wurden (und dies trat wahrscheinlich zu einer sehr frühen Periode ein) die Fortschritte der intellectneilen Fähigkeiten in einer bedeutungsvollen Weise, und zwar in einer Weise unterstützt und motivirt sein werden, von welcher wir jetzt bei den niederen Thieren nur Spuren sehen, nämlich durch das Prineip der Nachahmung in Verbindung mit Verstand und Erfahrung. Affen ahmen sehr gern Alles nach, wie es auch die niedrigsten Wilden thun, und die einfache, früher schon erwähnte Thatsache, dass nach einer gewissen Zeit kein Thier an demselben Ort durch dieselbe Art von Fallen gefangen werden kann, zeigt, dass Thiere durch Erfahrung lernen und die Vorsicht ihrer Genossen nachahmen. Wenn nun in einem Stamme irgend ein Mensch, welcher scharfsinniger war als die Uebrigen, eine neue Finte oder Waffe oder irgend ein anderes Mittel des Angriffs oder der Vertheidigung erfand,
:i Morlot, Soe. Vaucl. Scienc. Not. 1860, p. 294.
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140 Intellcctnelle und moralische Fälligkeiten. I. Theil.
so würde das offenbarste eigene Interesse, ohne die Unterstützung grosser Verstandesthätigkeit, die andern Glieder des Stammes dazu bringen, ihm nachzuahmen, und hierdurch würden Alle Vortheile haben. Die gewohnheitsgemässe Uebung jeder neuen Kunst muss gleichfalls in einem unbedeutenden Grade den Verstand kräftigen. Wäre die neue Erfindung von grosser Bedeutung, so würde der Stamm an Zahl zunehmen, sich verbreiten und andere Stämme verdrängen. In einem hierdurch zahlreicher gewordenen Stamme würde auch die Wahrscheinlichkeit immer grösser sein, dass andere ausgezeichnete und erfinderische Glieder geboren werden. Hinterliessen solche Leute Kinder, welche deren geistige Ueberlegenheit erben konnten, so wird die Wahrscheinlichkeit der Geburt von noch ingeniöseren Mitgliedern wieder grösser werden und bei einem sehr kleinen Stamme besonders ganz entschieden grösser. Selbst wenn sie keine Kinder hinterliessen, würde doch der Stamm wenigstens Blutverwandte von ihnen noch enthalten, und es ist von Landwirthen 4 nachgewiesen worden, dass durch das Erhalten einer Familie und das Nachzuchten von ihr, wenn sich überhaupt nur ein Thier aus derselben beim Schlachten als ein werthvolles herausstellte, die gewünschte Beschaffenheit erlangt worden ist.
Wenden wir uns nun zu den socialen und moralischen Fähigkeiten. Damit die Urmenschen oder die affenähnlichen Urerzeuger des Menschen social würden, mussten sie dieselben instinctiven Gefühle erlangt haben, welche andere Thiere dazu treiben, in Menge beisammen zu leben, und sie boten ohne Zweifel dieselbe allgemeine Disposition dazu dar. Sie werden sich uugemüthlich gefühlt hsben, wenn sie von ihren Kameraden getrennt waren, für welche sie einen gewissen Grad von Liebe gefühlt haben; sie werden einander vor Gefahr gewarnt haben und werden sich gegenseitig beim Angriff oder bei der Verteidigung geholfen haben. Alles dies setzt einen gewissen Grad von Sympathie, von Treue und von Muth voraus. Derartige sociale Eigenschaften, deren wichtige Bedeutung für die niederen Thiere Niemand bestritten hat, wurden ohne Zweifel von den Urerzeugern des Menschen auch in einer ähnlichen Weise erlangt, nämlich durch natürliche Zuchtwahl mit Unterstützung einer vererbten Gewohnheit. Kamen zwei Stämme des Urmenschen, welche in demselben Lande wohnten, mit einander in
1 Beispiele habe ich in meinem Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 2G3 gegeben.
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Cap. 5. Moralische Fähigkeiten eines Stammes. 141
Coiicurrenz, so wird, wenn der eine Stamm bei völliger Gleichheit aller übrigen Umstünde eine grössere Zahl muthiger, sympathischer und treuer Glieder umfasste, welche stets bereit waren, einander vor Gefahr zu warnen, einander zu helfen und zu vertheidigen, dieser Stamm ohne Zweifel am besten gediehen sein und den andern besiegt haben. . Man darf nicht vergessen, von welcher unendlichen Bedeutung bei den nie aufhörenden Kriegen der Wilden Treue und Muth sein müssen. Die Ueberlegenheit, welche disciplinirte Soldaten über undisciplinirte Massen zeigen, ist hauptsächlich eine Folge des Vertrauens, welches Jeder "in seine Kameraden setzt. Gehorsam ist, wie Mr. Bagehot sehr gut entwickelt hat 5, von der höchsten Bedeutung, denn irgend eine Form von Regierung ist besser als gar keine. Selbstsüchtige und streitsüchtige Leute werden nicht zusammenhalten , und ohne Zusammenhalten kann nichts ausgerichtet werden. Ein Stamm, welcher die obengenannte Eigenschaft in hohem Grade besitzt, wird sich verbreiten und anderen Stämmen gegenüber siegreich sein; aber im Laufe der Zeit wird nach dem Zeugniss der ganzen vergangenen Geschichte auch er an seinem Theil von irgend einem andern und noch höher begabten Stamme überflügelt werden. Hierdurch werden die socialen und moralischen Eigenschaften sich langsam-zu erhöhen und durch die ganze Erde zu verbreiten neigen. Man könnte aber nun fragen: woher kam es, dass innerhall) der Grenzen eines und desselben Stammes eine grössere Anzahl seiner Glieder zuerst mit socialen und moralischen Eigenschaften begabt wurde und wodurch wurde der Maassstab der Vorzüglichkeit erhöht ? Es ist äusserst zweifelhaft, ob die Nachkommen der sympathischeren und wohlwollenderen Eltern oder derjenigen, welche ihren Kameraden am treuesten waren, in einer grösseren Anzahl aufgezogen wurden als die Kinder selbstsüchtiger und verräterischer Eltern desselben Stammes. Wer bereit war, sein Leben eher zu opfern als seine Kameraden zu verrathen, wie es gar mancher Wilde gethan hat, der wird oft keine Nachkommen hinterlassen, seine edle Natur zu vererben. Die tapfersten Leute, welche stets sich willig fanden, sich im Krieg an die Spitze ihrer Genossen zu stellen, und welche ihr Leben für Andere in die Schanze schlugen, werden im Mittel in einer grösseren Zahl umkommen als andere MenschenT Wenn wir uns daher hier erinnern, dass wir nicht davon sprechen, dass ein Stamm einen andern besiegt, so
5 s. eine'Reihe merkwürdiger Artikel „ou Physics and Politics" in: Fort-nightly Review. Nov. 1867, 1. Apr. 1808, 1. Juli 1809.
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142 Moralische Fälligkeiten. I. Tlieil.
scheint es kaum möglich , dass die Zahl mit solchen Tugenden ausgerüsteter Menschen oder der Maassstab ihrer Vortrefflichkeit durch natürliche Zuchtwahl, d. h. durch das Ueberlebenbleiben des Passendsten erhöht werden könnte.
Wenngleich die Umstände, welche zu einer Zahlenzunahme so begabter Leute innerhalb eines und desselben Stemme« führen, zu com-plicirt sind, um einzeln deutlich verfolgt zu werden, so können wir doch einige der wahrscheinlichen Schritte, verfolgen. So wird an erster Stelle in der Weise wie die Verstandeskräfte und die Voraussicht der einzelnen Glieder sich bessern, jeder Mensch bald aus Erfahrung lernen, dass, wenn er seine Mitmenschen unterstützt, er auch gewöhnlich in Erwiderung Hülfe von ihnen erfahren wird. Aus diesem niedrigen Motive kann er die Gewohnheit, seinen Genossen zu helfen, erlangen; und die Gewohnheit, wohlwollende Handlungen auszuüben, kräftigt sicherlich das Gefühl der Sympathie, welches den ersten Antrieb zu wohlwollenden Handlungen abgibt. Ueberdies neigen Gewohnheiten, welchen mehrere Generationen hindurch die Menschen gefolgt sind, wahrscheinlich zur Vererbung.
Es gibt aber einen andern und noch Kräftigeren Antrieb zur Ent-wickeluug der socialen Tugenden, nämlich das Lob und den Tadel unserer Mitmenschen. Die Sucht nach Anerkennung und die Furcht vor Beschimpfung, ebenso wie die Aussprache von Lob und Tadel sind, wie wir im dritten Capitel gesehen haben, au erster Stelle Folge des In-stinets der Sympathie und dieser Instinct wurde ursprünglich wie alle übrigen socialen Instincte durch natürliche Zuchtwahl erlangt. In was für einer frühen Periode die Urerzeuger des Menschen im Lauf ihrer Entwickelung fähig wurden, das Lob oder den Tadel ihrer Mitgeschöpfe zu fühlen und durch sie beeinflusst 'zu werden, können wir natürlich nicht sagen; aber es scheint, dass selbst Hunde Ermuthigung, Lob und Tadel wohl zu schätzen wissen. Die rohesten AVilden keimen das Ge-
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fühl des Ruhms, wie sie deutlich durch das Aufbewahren der' Trophäen ihrer Tapferkeit, durch die Gewohnheit des excessiven Sich-Rühmens und selbst durch die extreme Sorgfalt zeigen, welche sie auf ihre persönliche Erscheinung und Decoration verwenden. Denn wenn sie die Meinung ihrer Kameraden gar nicht beachteten, so würden derartige Gewohnheiten sinnlos sein.
Gewiss empfinden sie Scham bei dem Verletzen einiger ihrer einfacheren Gesetze; inwieweit sie aber Gewissensbisse empfinden, ist zwei-
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Cap. 5.
Moralische Fähigkeiten eines Stammes.
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felhaft. Ich war anfangs erstaunt, dass ich mich keiner irgendwo erzählten Beispiele für dieses Gefühl bei Wilden erinnern konnte, und auch Sir J. Lubbock führt anG, dass ihm keines bekannt sei. AVenn wir aber alle in ßomaneu und Schauspielen gegebenen Fälle und alle auf dem Sterbebette deu Priestern anvertraute Bekenntnisse aus unserer Erinnerung streichen, so zweifle ich, ob Viele von uns wirklich Zeugen von Gewissensbissen gewesen sind, trotzdem wir oft Scham und Zerknirschung wegen kleinerer Vergehen mit angesehen haben. Innere Vorwürfe sind ein sehr tief verheimlichtes Gefühl. Es ist unglaublich, dass ein AVilder, welcher sein Leben eher opfert, als dass er seinen Stamm verräth, oder dass Einer, der sich selbst eher als Gefangener überliefert, .als dass er sein AArort bricht 7, nicht in seiner innersten Seele Vorwürfe fühlen sollte, wenn er sie auch verbirgt, sobald er eine Pflicht versäumt hat, welche er für heilig hält.
Wir können daher schliessen, dass der Urmensch in eiuer äusserst entfernten Zeit durch das Lob und den Tadel seiner Genossen beein-flusst worden sein wird. Offenbar werden die Mitglieder eines und desselben Stammes ein Benehmen, welches ihnen als ein das allgemeine Beste förderndes erschien, lobend anerkennen und ein solches verwerfen, welches ihnen übelbringend erschien. Andern Gutes zu thuu, — Andern zu thun als Ihr wollt, dass man Euch thue — ist der Grundstein der Moralität. Es ist daher kaum möglich, die während der Zeiten der Rohheit bedeutungsvolle Wirkung des Wunsches nach Lob und der Furcht vor Tadel zu überschätzen. Ein Mensch, welcher durch kein tiefes instinetives Gefühl dazu getrieben wurde, sein Leben für das Beste Anderer zu opfern, dagegen zu solchen Handlungen durch ein Gefühl des Kuhms veranlasst wurde, würde durch sein Beispiel denselben Wunsch nach Buhm bei andern Menschen erregen- und würde durch Uebung das edle Gefühl der Bewunderung kräftigen. Er kann auf diese AVeise seinem Stamme viel mehr Gutes thuu, als durch Erzeugung einer Nachkommenschaft, welcher die Tendenz innewohnt, seinen eigenen edeln Character zu erben.
Mit der Zunahme der Erfahrung und des A'erstandes lernt der Mensch die entfernteren Wirkungen seiner Handlungen erkennen und
6 Origin of Civilisation. 1870, p. 2G5.
7 Mr. Wallace führt Fälle hiervon an in seinen Contrihutions to the theory of Xatural Seleetion. 1870, p. 354.
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144 Moralische Fähigkeiten. I. Theil.
lernt auch die das Individuum betreffenden Tugenden, wie Massigkeit, Keuschheit u. s. w., welche während sehr früher Zeiten, wie wir vorher gesehen haben, vollständig unbeachtet bleiben werden, nun sehr hochschätzen oder selbst für heilig halten. Ich brauche indessen nicht zu wiederholen, was ich im dritten Capitel über diesen Gegenstand gesagt habe. Zuletzt wird sich denn unser moralisches Gefühl oder Gewissen gebildet haben, jene äusserst complicirte Erscheinung, die ihren ersten Ursprung in den socialen Instincten hat, die in grossem Maasse von der Anerkennung unserer Mitmenschen geleitet, von dem Verstand, dem eigenen Interesse und in späteren Zeiten von tiefreligiösen Gefühlen beherrscht, durch Unterricht und Gewohnheit befestigt und durch alle die genannten Momente im Verein zur Aeusserung gebracht wird.
Es darf nicht vergessen werden, dass, wenn auch eine hohe Stufe der Moralität nur einen geringen oder gar keinen Vortheil für jeden individuellen Menschen und seine Kinder über die andern Menschen in einem und demselben Stamme darbietet, doch ein Fortschritt in dem allgemeinen Maasse der Moralität und eine Zunahme in der Zahl gut begabter Menschen sicher .dem einen Stamm einen unendlichen Vortheil über einen andern verleiht. Es lässt sich nicht zweifeln, dass ein Stamm, welcher viele Glieder umfasst, die in einem hohen Grade den Geist des Patriotismus, der Treue, des Gehorsams, Muths und der Sympathie besitzen und daher stets bereit sind, einander zu helfen und sich für das allgemeine Beste zu opfern, über die meisten andern Stämme den Sieg davontragen wird, und dies würde natürliche Zuchtwahl sein. Zu allen Zeiten haben über die ganze Erde einzelne Stämme andere verdrängt, und da die Moralität ein Element bei ihrem Erfolg ist, so wird die Stufe der Moralität und die Zahl gut begabter Menschen überall zuzunehmen und sich zu vergrössern streben.
Es ist indessen sehr schwer sich irgend ein Urtheil darüber zu bilden, warum ein besonderer Stamm und nicht ein anderer erfolgreich gewesen und in derCivilisationsstufe gestiegen ist. VieleWilde sind noch in demselben Zustande, in welchem sie sich vor mehreren Jahrhunderten befanden als sie entdeckt wurden. Wie Mr. Bagehot bemerkt hat, sind wir geneigt, den Fortschritt als die normale Kegel bei der menschlichen Gesellschaft zu betrachten, aber die Geschichte widerlegt dies. Die Alten hatten nicht einmal diese Idee, ebensowenig wie die orientalischen Nationen sie heutigen Tages haben. Eine andere bedeutende
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Cap. 5. . Natürliche Zuchtwahl hei Cultnrvölkern. 145
Autorität, Mr. Maine sagt8: „der grösste Theil der Menschheit hat .niemals auch nur eine Spur eines Wunsches gezeigt, dass seine bürgerlichen Institutionen verbessert werden sollten." Fortschritt scheint von vielen zusammenwirkenden günstigen Bedingungen abzuhängen, die viel zu complicirt sind, um sie hier einzeln zu verfolgen. Es ist aber oft bemerkt worden, dass ein kühleres Clima, weil es zur Industrie und den verschiedenen Kunstfertigkeiten führt, zu jenem Zwecke äusserst günstig oder selbst unentbehrlich gewesen ist. Die Eskimos haben, von starrer Notwendigkeit bedrückt, viele ingeniöse Erfindungen gemacht , aber ihr Clima ist zu streng gewesen, um einen beständigen Fortschritt zu gestatten. Nomadisches Leben, mag es auf weiten Ebenen oder in den dichten Wäldern der Tropenländer oder den Seeküsten entlang geführt worden sein, ist in allen Fällen äusserst nachtheilig gewesen. Bei Beobachtung der barbarischen Einwohner des Feuerlandes fiel es mir auf, dass der Besitz irgendwelchen Eigenthums, ein fester Wohnsitz und die Verbindung vieler Familien unter einem Häuptlinge die unentbehrlichen Requisiten zur Civilisation sind. Derartige Gebräuche fordern fast mit Notwendigkeit die Cultur des Bodens; und die ersten Fortschritte in der Cultur würden wahrscheinlich, wie ich an einem andern Ort gezeigt habe 9, des Resultat irgend solcher Zufälle sein, wie wenn die Samenkörner eines Fruchtbaums auf einen Abraumhaufen fallen und eine ungewöhnlich schöne Varietät hervorbringen. Indessen ist das Problem des ersten Fortschritts der Wilden im Sinne ihrer Civilisation vorläufig viel zu schwer, um gelöst zu werden.
Natürliche Zuchtwahl in ihrem Einfhiss auf civilisirte Nationen. — In dem letzten und dem vorliegenden Capitel habe ich den Fortschritt des Menschen von einem früheren halbmenschlichen zu seinem jetzigen Zustand als ein Barbareiivolk betrachtet. Es dürfte aber doch der Mühe werth sein, einige Bemerkungen über die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl auf civilisirte Nationen hier noch hinzuzufügen. Es ist dieser Gegenstand von Mr. W. ß. Greg ,0 recht gut erörtert worden und früher schon von Mr. Wallace und Mr. Gal-
8 Ancient Law. 1861, p. 22. AVegen Bagehot's Bemerkungen s. Fort-nightly Review, 1. Apr. 18C8, p. 452.
9 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 384, 385.
10 Fraser's Magazine. Sept. 1868, p. 353. Es scheint dieser Aufsatz viele Personen sehr frappirt zu haben; auch hat er zwei merkwürdige Abhandlungen
IHRWix, Abstammung. I. Zwuite Auflage. 10
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{46 Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. I. Theil.
ton l'. Die meisten meiner Bemerkungen sind diesen drei Schriftstellern entnommen. Bei Wilden werden die an Geist und Körper Schwachen bald beseitigt und die, welche leben bleiben, zeigen gewöhnlich einen Zustand kräftiger Gesundheit. Auf der andern Seite thun wir civilisirte Menschen alles nur Mögliche, um den Process dieser Beseitigung aufzuhalten. Wir bauen Zufluchtsstätten für die Schwachsinnigen, für die Krüppel und die Kranken, wir erlassen Arniengesetze und unsere Aerzte strengen die grösste Geschicklichkeit an, das Leben eines Jeden bis zum letzten Moment noch zu erhalten. Es ist Grund vorhanden, anzunehmen, dass die Impfung Tausende erhalten hat, welche in Folge ihrer schwachen Constitution früher den Pocken erlegen wären. Hierdurch geschieht es, dass auch die schwächeren Glieder der civili-sirten Gesellschaft ihre Art fortpflanzen. Niemand, welcher der Zucht domesticirter Tliiere seine Aufmerksamkeit gewidmet bat, wird daran zweifeln, dass dies für die Rasse des Menschen im höchsten Grade schädlich sein muss. Es ist überraschend, wie bald ein Mangel an Sorgfalt oder eine unrecht geleitete Sorgfalt zur Degeneration einer domesticirten Basse führt; aber mit Ausnahme des den Menschen betreffenden Falls ist kein Züchter so unwissend, dass er seine schlechtesten Thiere zur Nachzucht zulässt.
Die Hülfe, welche dem Hülflosen zu widmen wir uns getrieben fühlen, ist hauptsächlich das Resultat des Instincts der Sympathie, welcher ursprünglich als ein Theil der socialen Instincte erlangt, aber später in der oben bezeichneten Art und Weise zarter und weiter verbreitet gemacht wurde. Auch könnten wir unsere Sympathie, wenn sie durch den Verstand hart bedrängt würde, nicht hemmen, ohue den edelsten Theil unserer Natur herabzusetzen. Der Chirurg kann sich abhärten, wrenn er eine Operation ausführt, denn er weiss, dass er zum Besten seines Patienten handelt; aber wenn wir absichtlich den Schwa-
hervorgerufen, ebenso eine Entgegnung in The Spectator, 3. Oct. und 17. Oct. 18G8. Ebenso hat er Erörterungen veranlasst im Quart. Journal of Science, 18G9, p. 152, von Mr. Lawson Tait in: The Dublin Quart. Journ. of Medical Science, Febr. 18GU und von E.Kay Laukester in seiner: Comparativc Longe-vity. 1870, p. 128. Aehnliche Ansichten wurden früher schon geäussert in „Au-stralasian" 13. Juli, 1867. Von mehreren dieser Schriftsteller habe ich Ideen entlehnt.
11 "Wallace, in der Anthropolog. Review, am früher angeführten Orte; Galton, in Macmillan's Magazine, Aug. 1805, p. 318. s. auch sein grösseres Werk „Hereditary Genius". 1870.
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl bei Culturvölkern. 147
chen und Hülflosen vernachlässigen sollten, so könnte es nur geschehen wegen einer aus dieser Vernachlässigung entspringenden grossen Wohl-that trotz dem Vorhandensein eines sicheren und grossen Unglücks. Wir müssen daher die ganz zweifellos schlechte Wirkung des Ueber-lebenbleibens und Vermehreiis der Schwachen ohne weitere Klagen ertragen ; doch scheint wenigstens ein Hinderuiss für die beständige Vermehrung derselben zu existiren, in dem Umstände nämlich, dass die schwächeren und untergeordneteren Glieder "der Gesellschaft nicht so häufig als die Gesunden heirathon; und dies Hemmniss könnte noch ganz ausserordentlich verstärkt werden, trotzdem mau es mehr hoffen als erwarten kann, wenn die an Körper und Geist Schwachen sich des Heirathens enthielten.
In allen civilisirten Ländern häuft der Mensch Besitzthum an und hinterlässt es seinen Kindern, so dass alle Kinder eines und desselben, Landes durchaus nicht gleich gut ausgerüstet ihr Streben nach Erfolg beginnen. Doch ist dies durchaus nicht allein ein Uebel. Denn ohne die Anhäufung von Capital könnten die Künste keine Fortschritte machen und es ist hauptsächlich durch die Kraft dieser geschehen, dass die civilisirten Rassen sich verbreitet haben und jetzt noch immer ihren Bezirk erweitern, so dass sie die Stelle der niedrigeren Rassen einnehmen. Auch stört die massige Anhäufung von Wohlstand den Pro-cess der Zuchtwahl durchaus nicht. Wenn ein armer Mensch reich wird, so beginnen seine Kinder den Handel oder ein Gewerbe, in welchem es des Kampfes genug gibt, so dass der an Körper und Geist Fähigere am besten fortkommt. Das Vorhandensein einer Menge gut unterrichteter Leute, welche nicht um ihr täglich Brod zu arbeiten haben, ist in einem Grade bedeutungsvoll, welcher nicht überschätzt werden kann; denn alle intellectuelle Arbeit wird von ihnen verrichtet und von solcher Arbeit hängt der materielle Fortschritt in allen Formen hauptsächlich ab, um andere und höhere Vortheile gar nicht zu erwähnen. Wird der Wohlstand sehr gross, so verwandelt er ohne Zweifel leicht die Menschen in unnütze Drohnen, aber ihre Zahl ist niemals gross und ein Eliminationsprocess tritt in einem gewissen Grade auch hier ein, da wir täglich sehen, wie reiche Leute närrisch oder verschwenderisch werden und allen ihren Wohlstand vergeuden.
Primogenituren mit Majoritätsgütern ist ein directeres Uebel, trotzdem es früher von grossem Vortheil gewesen sein mag, nämlich wegen der durch sie erreichten Bildung einer vorherrschenden Classe; denn
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irgend eine Regierung ist besser als Anarchie. Die ältesten Söhne, mögen sie auch an Körper oder Geist schwach sein, heirathen gewöhnlich, während die jüngeren Söhne, so überlegen sie auch in den eben-genannten Beziehungen sein mögen, nicht so allgemein heirathen. Auch können unwürdige älteste Söhne mit Familiengiitern ihren Reichthum nicht verschwenden. Aber hier sind, wie in andern Punkten, die Beziehungen des civilisirten Lebens so complicirt, dass noch andere com-pensatorische Hemmnisse eingreifen. Die Männer, welche durch Primogenitur reich sind, sind im Stande, Generation nach Generation sich die schöneren und reizvolleren Frauen zu wählen, und diese müssen allgemein an Körper gesund und an Geist lebendig sein. Den schlimmen Folgen, wie deren hier auftreten können, einer beständigen Reinhaltung derselben Descendenzreihe ohne irgendwelche "Wahl wird stets von Männern von Rang vorgebeugt, welche ihre Macht und ihren Reichthum zu vergrössern wünschen; und diese bewirken sie dadurch, dass sie Erbinnen heirathen. Aber die Töchter von Eltern, welche nur einzige Kinder erzeugt haben, sind für sich schon, wie Mr. Galton '- gezeigt hat, leicht steril. Daher werden beständig Adelsfamilien in der direc-ten Linie aussterben, so dass ihr Reichthum in irgend eine Seitenlinie überfliesst; unglücklicherweise wird aber diese Linie nicht durch Supe-riorität irgend welcher Art bestimmt.
Obgleich hiernach die Civilisation auf viele "Weisen die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl hemmt, so begünstigt dieselbe offenbar mittelst der verbesserten Nahrung und des Befreitseins von gelegentlichen Nothständen die bessere Entwickelung des Körpers. Dies lässt sich daraus schliessen, dass, wo man auch den Vergleich angestellt haben mag, civilisirte Leute immer physisch kräftiger gefunden wurden als Wilde. Sie scheinen auch gleiche Kraft der Ausdauer zu haben, wie in vielen abenteuerlichen Expeditionen sich gezeigt hat. Selbst der grosse Luxus der Reichen kann nur in geringem Grade liachtheilig sein. Denn die wahrscheinliche Lebensdauer unserer Aristokratie ist auf allen Altersstufen und in beiden Geschlechtern sehr unbedeutend geringer als diejenige gesunder Engländer der niederen Classen 13.
Wir wollen nun die intellectuellen Fähigkeiten allein betrachten. "Wenn wir auf jeder Stufe der Gesellschaft die Glieder in zwei gleiche
12 Hereditary Genius, 1870, id. 132—140.
13 s. die fünfte und sechste nach guten Quellen zusammengestellte Columne der Tahelle in E. Ray Lankester's Comparative Longevity. 1870, \i. 115.
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl bei Culturvölkern. 149
Massen thcilten, von denen die eine diejenigen umfasste, welche intel-lectuell höher begabt wären, die andere die ihnen untergeordneteren, so lässt sich kaum zweifeln, dass die erstere in allen Beschäftigungen bessere Erfolge erzielen und eine grössere Anzahl von Kindern aufbringen würde. Selbst in den niedrigsten Schichten des Lebens muss Geschick und Fälligkeit von irgendwelchem Vortlieil sein, wenn auch wegen der grossen Arbeitstheilung in vielen Thätigkcitszweigen nur von sehr geringem. Es wird daher bei civilisirten Nationen eine Neigung bestehen, sowohl der Zahl als dem Grade der intellectuellen Fähigkeiten nach zuzunehmen. Doch möchte ich nicht behaupten, dass diese Neigimg nicht auf anderem Wege mehr als ausgeglichen wird, wie z. B. durch die Vervielfältigung der Leichtsinnigen und Sorglosen; aber selbst für diese muss Geschicklichkeit von irgendwelchem Vortlieil sein.
Ansichten wie den eben vorgetragenen ist oft entgegengehalten worden, dass die ausgezeichnetsten Leute, welche je gelebt haben, keine Nachkommen hinterlassen haben, um ihren grossen Intcllect zu vererben. Mr. Galton bemerkt14: „ich bedaure, nicht im Stande zu sein, „die einfache Frage zu lösen, ob und in wie weit Männer und Frauen, „welche Wunder des Genies waren, unfruchtbar sind. Ich habe indessen gezeigt, dass hervorragende Männer dies durchaus nicht sind." Grosse Gesetzgeber, die Gründer segensreicher Religionen, grosse Philosophen und wissenschaftliche Entdecker unterstützen den Fortschritt der Menschheit in einem viel höheren Grade durch ihre Werke, als
\ durch das Hinterlassen einer zahlreichen Nachkommenschaft. Was die körperliche Structur betrifft, so ist es die Auswahl der unbedeutend besser begabten und die Beseitigung der ebenso unbedeutend weniger gut begabten Individuen und nicht die Erhaltung scharf markirter und
seltener Anomalien, welche zur Verbesserimg einer Species führt13. Dasselbe wird auch für die intellectuellen Fälligkeiten der Fall sein. Es werden nämlich auch hier die in irgend etwas fähigeren Menschen auf jeder Stufe der Gesellschaft bessere Erfolge erzielen als die weniger fähigen und, wenn sie nicht auf andere Weise daran gehindert werden, in Folge dessen stärker an Zahl zunehmen. Hat sich in irgend einer Nation die Höhe des Intellects und die Anzahl intellectueller Leute vermehrt, so können wir nach dem Gesetze der Abweichung vom Mittel,
14 Hereditary Genius. 1870, p. 330.
15 Entstehung der Arten. 4. Aufl. S. 104.
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150 Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. I. Theil.
wie Mr. Galton gezeigt hat, erwarten, dass Wunder des Genies etwas häufiger als früher erscheinen werden.
In Bezug auf die moralischen Eigenschaften ist eine geringe Beseitigung der schlechtesten Dispositionen stets in Thätigkeit, selbst bei den civilisirten Nationen. Uebelthiiter werden hingerichtet oder auf lange Zeit gefangen gesetzt, so dass sie .nicht ihre schlechten Eigenschaften in grösserer Menge fortpflanzen können. Melancholische und geisteskranke Personen werden in Gewahrsam gehalten oder begehen Selbstmord. Heftige und streitsüchtige Leute finden oft ein blutiges Ende. Ruhelose Leute, welche keiner stetigen Beschäftigung Folge leisten wollen — und dies Ueberbleibsel der Barbarei ist ein grosses Hemm-uiss für die Civilisation '6 — wandern nach neugegründeten Staaten aus, wo sie sich als nützliche Pioniere erweisen. Unmässigkeit ist in so hohem Grade zerstörend, dass die wahrscheinliche Lebensdauer der Un massigen z. B. im Alter von dreissig, nur 13,8 Jahre beträgt, während sie für die Arbeiter auf dem Lande von demselben Alter in England 40,59 beträgt n. Lüderliche Frauen haben wenig Kinder und lüder-liche Männer heirathen selten; Beide leiden durch das Vorherrschen von Krankheiten. Bei der Zucht von domesticirten Thieren ist die Beseitigung derjenigen Individuen, welche, wenn sie auch der Zahl nach wenig sind, in irgendwelchem inarkirten Grade untergeordneter sind, ein durchaus nicht bedeutungsloses Moment in Bezug auf den Erfolg. Dies gilt vorzüglich für die schädlichen Merkmale, welche durch Rückschlag wieder aufzutreten neigen, wie z..ß. schwarze Farbe bei Schafen; und auch beim Menschen können einige der schlechtesten Anlagen, welche gelegentlich ohne irgendwelche nachweisbare Ursache in Familien auftreten, vielleicht als Rückschlag auf einen wilden Zustand angesehen werden, von welchem wir durch nicht gar zu viele Generatio- nen getrennt sind. Diese Ansicht scheint in der That durch die gewöhnliche Redensart anerkannt zu werden, dass derartige Leute die „schwarzen Schafe" der Familien seien.
Soweit es einen vorgeschrittenen Zustand der Moralität und eine erhöhte Zahl ziemlich gut begabter Menschen betrifft, scheint bei civi-
16 Hereditary Genius. \ 1870, p." 347.
" E. Ray Lankester, Comparative Longevity. 1870, p. 115. Die Tabelle der Unmässigkeit ist aus Xeison's Vital Statistics. In Bezug auf Ausschweifungen s. Dr. Farr, Influence of Marriage on Mortality: Nat. Assoc. for the Promotion of Social Science. 1858.
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl hei Culturvölkern. 151
lisirten Nationen die natürliche Zuchtwahl nur wenig zu bewirken, trotzdem die fundamentalen socialen Instincte ursprünglich hierdurch erlangt wurden. Ich habe aber, als ich von den niederen Rassen handelte, mich schon hinreichend über die Ursachen verbreitet, welche zum Fortschritt der Moralität führen, nämlich die billigende Zustimmung unserer Mitmenschen — die Kräftigung unserer Sympathien durch Gewohnheit — Beispiel und Nachahmung — Verstand — Erfahrung und selbst eigenes Interesse — Unterricht während der Jugend und religiöse Gefühle.
Ein äusserst bedeutungsvolles Hemmniss für die Zunahme der Zahl von Menschen einer höheren Classe in civilisirten Ländern ist von Mr. Greg und Mr. Galton sehr schaff hervorgehoben worden18, nämlich die Tliatsaclie, dass die sehr Armen und Leichtsinnigen, welche oft durch Laster heruntergekommen sind, fast unabänderlich früh heirathen, während die Sorgsamen und Massigen, welche meist auch in anderer Beziehung tugendhaft sind, spät im Leben heirathen, so dass sie im Stande sind, sich selbst und ihre Kinder mit Leichtigkeit zu erhalten. Diejenigen, welche früh heirathen, erzeugen innerhalb einer gegebenen Zeit nicht bloss eine grössere Anzahl von Generationen, sondern sie bringen, wie Dr. Duncan gezeigt hat19, auch viel mehr Kinder hervor. Ausserdem sind die Kinder, welche von Müttern während der Blüthe ihres Lebens geboren werden, schwerer und grösser und daher wahrscheinlich kräftiger als diejenigen, welche in andern Perioden geboren werden. Hierdurch streben die leichtsinnigen, heruntergekommenen und oft lasterhaften Glieder der Gesellschaft sich in einem schnelleren Maasse zu vermehren als die vorsichtigen und im Allgemeinen tugendhaften Glieder. Oder wie Mr. Greg den Fall darstellt: „der „sorglose, schmutzige, nicht höher hinaus wollende Irländer vermehrt „sich wie die Kaninchen; der frugale, vorsichtige, sich selbst achtende „ehrgeizige Schotte, welcher streng in seiner Moralität, durchgeistigt „in seinem Glauben und disciplinirt in seinem Wesen ist, verbringt „die besten Jahre seines Lebens im Kampfe und im Stande des Cölibats „zu, heirathet spät und hinterlässt nur wenig Nachkommen. Man nehme
18 Fräsers Magazine, Sept. 18G8, p. 353. Macmillan's Magazine, Aug. 18C5 p. 318. F. W. Farrer (Fraser's Magaz. Aug. 1870, p, 2C4) ist verschiedener Ansicht.
19 On the laws of the Fertility of Women, in: Transact. Roy. Soc. Edinburgh. Vol. XXIV, p. 287. s. auch Galton, Hereditary Genius, p. 352—357, wo sich Beobachtungen zu Gunsten der obigen Ansicht finden.
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£52 Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. I. Theil.
„ein Land, welches ursprünglich von tausend Sachsen und tausend Cel-„ten bevölkert sei; und nach einem Dutzend Generationen werden 3/6 „der Bevölkerung Cclten sein, aber ,3/6 des Besitzes, der Macht, des „Intellects werden dem einen übrig gebliebenen Sechstel der Sachsen „angehören. In dem ewigen Kampfe um's Dasein wird die untergeordnete und weniger begünstigte Basse es sein, welche vorherrscht und „zwar vorherrscht nicht kraft ihrer guten Eigenschaften, sondern kraft „ihrer Fehler."
Es sind indessen mehrere Hemmnisse gegen diese nach abwärts strebende Bewegung vorhanden. Wir haben gesehen, dass die Unmäs-sigen einem hohen Sterblichkeitsverliältniss unterliegen und die im höchsten Grade Liederlichen wenig Nachkommen hinterlassen. Die ärmsten Classen häufen sich in Städten an und Dr. Stark hat nach den statistischen Ergebnissen von zehn Jahren in Schottland bewiesen2", dass auf allen Altersstufen das Sterblichkeitsverliältniss in Städten höher ist als in ländlichen Bezirken, „und während der ersten fünf Lebensjahre „ist das Mortalitätsverhältniss der Stadt fast genau das doppelte von „dem der ländlichen Bezirke." Da diese Angaben sowohl die Reicheren als die Armen umfassen, so würde ohne Zweifel mehr als die doppelte Anzahl von Geburten nöthig sein, um die Zahl der sehr armen Einwohner in Städten im Verhältniss zu denen auf dem Lande in gleicher Höhe zu erhalten. Bei Frauen ist das Verheirathen in einem zu frühen Alter in hohem Grade schädlich ; denn in Frankreich hat man gefunden, dass „zweimal soviel verheirathete Frauen im Alter von unter zwanzig »Jahren im Jahre starben, als unverheirathete desselben Alters." Auch die Sterblichkeit von verheiratheteii Männern unter zwanzig Jahren ist ganz „excessiv hoch" 2I; was aber die Ursache hievon sein mag, scheint zweifelhaft. Sollten endlich diejenigen Männer, welche in kluger Weise das Heirathen aufschieben, bis sie ihre Familien mit Comfort erhalten können, Frauen in der Blüthe des Lebens nehmen, wie sie es ja oft thun, so würde das Verhältniss der Zunahme in den bessern Classen nur unbedeutend verringert werden.
Nach einer enormen Menge statistischer Angaben, welche im Ver-
20 Tenth Anuual Report of Births, Deaths etc. in Scotland, 1867, p. XXIX.
*' Diese Citate sind unserer höchsten Autorität über solche Fragen entnommen, nämlich Dr. Farr in seinem Aufsatz: On the Influence ofMarriage on the Mortality of the French People, gelesen vor der Xat. Assoc. for the Promotion of Social Science. 1858.
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl bei Culturvölkern. 153
laufe des Jahres 1853 aufgenommen wurden, ist ermittelt worden, dass die unverheiratheten Männer in ganz Frankreich zwischen dem Alter von zwanzig und achtzig Jahren in einem viel grösseren Verhältnisse starben als die verheiratheten. So starben von jedem Tausend unverheirateter Männer zwischen dein Alter von zwanzig und dreissig Jahren jährlich 11,3, während von den verheiratheten nur 6,5 starben22. Die Gültigkeit eines ähnlichen Gesetzes wurde während der Jahre 1863 und 1864 in Bezug auf die ganze Bevölkerung über das Alter von zwanzig in Schottland nachgewiesen. Es starben z. B. von jedem Tausend uuverheiratheter Männer zwischen dem Alter von zwanzig und dreissig Jahren 14,97 jährlich, während von den verheiratheten nur 7,24 starben, also weniger als die Hälfte 23. Dr. Stark bemerkt hierzu: „ Junggesellenthum ist viel zerstörender für das Leben als es die „ungesundesten Handwerke sind oder als der Aufenthalt in einem „ungesunden Hause oder Bezirke es ist, wo niemals auch nur der entfernteste Versuch zu einer gesundheitlichen Verbesserung gemacht „worden ist." Er ist der Ansicht, dass die verringerte Mortalität das directe Resultat „der Verheirathung und der regelmässigen häuslichen „Gewohnheiten ist, welche diesem Zustande eigen sind." Er gibt indessen zu, dass die unmässigen, lüderlichen und verbrecherischen Clas-sen, deren Lebensdauer gering ist, für gewöhnlich nicht heirathen, und es muss zugegeben werden, dass Männer mit schwacher Constitution, übler Gesundheit oder irgend einer bedeutenden Schwäche an Körper oder Geist oft nicht wünschen werden zu heirathen oder zurückgewiesen werden. Dr. Stark scheint zu dem Schlüsse, dass das Verheirathetsein an sich eine hauptsächliche Ursache des verlängerten Lebens ist, dadurch gekommen zu sein, dass er fand, dass bejahrte verheirathete Männer noch immer einen beträchtlichen Vortheil in dieser Beziehung vor den unverheiratheten desselben hohen Alters voraus haben. Jedermann wird aber Beispiele erfahren haben, wo Männer von schwacher Gesundheit, welche während ihrer Jugend nicht heiratheten, doch ein hohes Alter erreicht haben, trotzdem sie schwach blieben und daher immer
22 Dr. Farr, ebenda. Die weiter unten angeführten Angaben sind derselben merkwürdigen Arbeit entnommen.
w Ich habe das fünfjährige Mittel genommen aus The Tenth Anuual Report of Fürths, Deaths etc. in Scotland. 18ß7. Das Citat nach Dr. Stark ist aus _ einem Artikel in den Daily Xews, 17. Oct. 1868, welcher nach Dr. Farr's Ur-theil mit grosser Sorgfalt verfasst i*t.
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154 Intcllectuelle und moralische Fähigkeiten. I. Theil.
eine wahrscheinlich geringere Lebensdauer zu erwarten hatten. Noch ein anderer merkwürdiger Umstand scheint die Folgerung des Dr. Stark zu unterstützen, dass nämlich Wittwen und Wittwer in Frankreich im Vergleich mit den verheiratheten Personen einem sehr ungünstigen Mortalitätsverhältnisse unterliegen; doch schreibt Dr. Fahr dies der Armuth und den üblen Gewohnheiten zu, welche der Auflösung der Familie folgen, ebenso wie dem Kummer. Im Ganzen können wir mit Dr. Farr schliessen, dass die geringere Mortalität verheiratheter Personen gegenüber derjenigen unverheiratheter, welche ein allgemeines Gesetz zu sein scheint, „hauptsächlich Folge der constanten Beseitigung unvollkommener „Formen und der geschickten Auswahl der schönsten Individuen innerhalb „jeder der aufeinander folgenden Generationen ist*, wobei die Zuchtwahl sich nur auf den verheiratheten Zustand bezieht und auf alle körperlichen, intellectuellen und moralischen Eigenschaften wirkt. Wir können daher wohl schliessen, dass gesunde und gute Männer, welche aus Klugheit eine Zeitlang unverheirathet blieben, keinem hohen Mor-talitätsverhältniss unterliegen.
Wenn die verschiedenen, in den letzten beiden Absätzen speciell angeführten und vielleicht noch andere für jetzt unbekannte Hemmnisse es nicht verhindern, dass die leichtsinnigen, lasterhaften und in anderer Weise untergeordneten Glieder der Gesellschaft sich in einem schnelleren Verhältnisse vermehren als die bessere Classe der Menschen, so wird die Nation rückschreiten, wie es in der Geschichte der Welt nur zu oft vorgekommen ist. Wir müssen uns daran erinnern, dass Fortschritt keine unabänderliche Regel ist. Es ist äusserst schwer zu sagen, warum die eine civilisirte Nation emporsteigt, machtvoller wird und sich weiter verbreitet als eine andere; oder warum eine und dieselbe Nation zu einer Zeit mehr fortschreitet als zu einer andern. Wir können nur sagen, dass dies von einer Zunahme der factischen Anzahl der Bevölkerung, von der Zahl der Menschen, die mit hohen intellectuellen und moralischen Fähigkeiten begabt sind, ebenso wie von der Höhe dessen abhängt, was bei ihnen für ausgezeichnet gilt. Körperliche Bildung scheint nur geringen Einfluss zu haben, ausgenommen insofern, als körperliche Kraft zu geistiger Kraft führt.
Es ist von mehreren Schriftstellern hervorgehoben worden, dass, weil hohe intellectuelle Kräfte einer Nation vorteilhaft sind, die alten Griechen, welche in Bezug auf den Intellect einige Grade höher standen
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Cap. 5. Natürliche Zuchtwahl hei Culturvölkem. 155
als irgend eine Kasse, welche je existirt hat24, in ihrer ganzen Ent-wickelung noch höher gestiegen, an Zahl noch mehr zugenommen und ganz Europa bevölkert haben müssten, wenn die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl wirklich bestände. Wir sehen hier die stillschweigende Annahme, die so oft in Bezug auf körperliche Bildung gemacht wird, dass irgend eine angeborene Tendenz nach einer beständigen Weiterentwickelimg an Geist und Körper vorhanden sei. Aber Ent-wickelung aller Art hängt von vielen zusammenwirkenden günstigen Umständen ab. Natürliche Zuchtwahl wirkt nur in der Weise eines Versuchs. Individuen und Kassen mögen gewisse unbestreitbare Vorteile erlangt haben und können doch, weil ihnen andere Charactere fehlen, untergegangen sein. Die Griechen können wegen eines Mangels an Zusammenhalten zwischen den vielen kleinen Staaten, wegen der geringen Grösse ihres ganzen Landes rückwärts geschritten sein, eben so wegen der Ausübung der Sclavcroi oder wegen ihrer extremen Sinnlichkeit; denn sie unterlagen nicht eher, als bis „sie entnervt und bis „in's innerste Mark verderbt waren" -5. Die westlichen Nationen Eu-ropa's, welche jetzt so unmessbar ihre früheren wilden Urerzeuger übertreffen und auf dem Gipfel der Civilisation stehen, verdanken wenig oder gar nichts von ihrer Superiorität der directen Vererbung von den alten Griechen, obwohl sie den schriftlich hinterlassenen Werken dieses wunderbaren Volks viel verdanken.
Wer kann positiv angeben, warum die spanische Nation, die zu einer Zeit so dominirend war, in dem Wettlaufe der Völker überflügelt worden ist? Das Erwachen der Nationen Europa's aus den Jahrhunderten der Dunkelheit ist ein noch venvirrcnderes Problem. In dieser frühen Zeit hatten, wie Mr. Galton26 bemerkt hat, fast alle Männer einer weicheren Natur, die, welche sich einer.beschaulichen Betrachtung oder der.Cultur des Geistes ergaben, keinen anderen Zufluchtsort als den Busen der Kirche, und diese forderte das Cölibat; und dieses wieder
2,"siehe die geistvolle und originelle Erörterung dieses Gegenstandes von Galton, Hereditary Genius, p. 340—342.
23 Greg in Fraser's Magazine. Sept. 1868, p. 357.
26 Hereditary Genius. 1870, p. 357—350. F. II. Farrar bringt Gründe für die gegentlieilige Ansicht hei (Fraser's: Magazine, August 1870, p. 257). Sir Ch. Lyell hat bereits in einer merkwürdigen Stelle (Principles of Geologie, Vol. II. 1868, p. 489) die Aufmerksamkeit auf den üblen Einfluss der Inquisition auf die durch Zuchtwahl herbeigeführte Herabsetzung des allgemeinen Standes der Intelligenz in Europa gelenkt.
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156 Intellektuelle und moralische Fähigkeiten. I. Tlieil.
musste fast sicher einen verschlechternden Einfluss auf jede der folgenden Generationen ausüben. Während dieser selben Periode wählte die heilige Inquisition mit der äussersten Sorgfalt die freisinnigsten und kühnsten Männer aus, um sie zu verbrennen oder gefangen zu setzen. Allein in Spanien wurden von den besten Leuten — von denen welche zweifelten und Fragen aufwarfen, und ohne Zweifeln ist kein Fortschritt möglich — während dreier Jahrhunderte jährlich eintausend eliniinirt. Das Uebel, welches die katholische Kirche hierdurch bewirkt hat, ist unberechenbar, wenn es auch in gewisser, vielleicht grosser Ausdehnung auf andere Weise ausgeglichen wurde. Nichtsdestoweniger ist Europa in einem Verhältniss ohne Gleichen fortgeschritten.
Der merkwürdige Erfolg der Engländer als Colonisten gegenüber anderen europäischen Nationen, welche durch einen Vergleich der Fortschritte der Canadier englischen und französischen Ursprungs erläutert wird, ist deren „unerschrockener und ausdauernder Energie" zugeschrieben worden; wer kann aber sagen, wie die Engländer ihre Energie erlangten. Wie es scheint, liegt in der Annahme sehr viel Wahres, dass der wunderbare Fortschritt der Vereinigteil Staaten ebenso wie der Character des Volks die Resultate natürlicher Zuchtwahl sind. Die energischeren, rastloseren und muthigeren Menschen aus allen Theilen Europa's sind während der letzten zehn oder zwölf Generationen in jenes grosse Land eingewandert und haben dort den grössten Erfolg gehabt 27. Blicken wir auf die weiteste Zukunft, so glaube ich nicht, dass die Ansicht des Mr. Zincke übertrieben ist, wenn er sagt28: „alle übrigen Reihen von Begebenheiten, — z. B. die, welche das Resultat „der Geistescultur in Griechenland waren, und die, welche die Folge „der römischen Herrschaft waren — scheinen nur Zweck und Bedeutung zu erhalten, wenn sie im Zusammenhange oder noch eher als „Unterstützung für den grossen Strom anglosächsiseher Auswanderung „nach dem Westen hin betrachtet werden." So dunkel das Problem des Fortschritts der Civilisation ist, so können wir wenigstens sehen, dass eine Nation, welche eine lange Zeit hindurch die grösste Zahl hoch intellectueller, energischer, tapferer, patriotischer und wohlwollender Männer erzeugte, im Allgemeinen über weniger begünstigte Nationen das Uebergewicht erlangen wird.
-' Galton in Maemillan's Magazine, Aug. 18G5, p. 325, s. auch „Nature", Dec. 1SG9, p. 184: On Darwinism and National Life. '" Last Winter in the United States. 1808, p. 29.
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Cap. 5. Civilisirte Nationen einst Barbaren. 157
Natürliche Zuchtwahl ist die Folge des Kampfes um's Dasein, und dieser ist die Folge eines rapiden Verhältnisses der Vermehrung. Es ist unmöglich, das Verhältniss, in welchem der Mensch an Zahl zuzunehmen strebt, nicht tief m bedauern, — ob dies freilich weise ist, ist eine andere Frage, — denn dies führt bei barbarischen Stämmen zum Kindesmord und vielen anderen Uebeln, und bei civilisirten Nationen zu der grässlichsten Verarmung, zum Cölibat und zu den späten Heirathen der Klügeren. Da aber der Mensch unter denselben physischen Uebeln leidet, wie die niederen Thiere, so hat er kein Hecht, eine Immunität diesen Uebeln gegenüber als eine Folge des Kampfes um's Dasein zu erwarten. Wäre er nicht der natürlichen Zuchtwahl unterlegen, so würde er zuversichtlich niemals den hohen Rang der Menschlichkeit erreicht haben. Wenn wir in vielen Theilen der Erde enorme Strecken des fruchtbarsten Landes von einigen wenigen herum-wandernden Wilden bewohnt sehen, Strecken, welche im Stande sind, zahlreiche glückliche Heimstätten zu tragen, so möchte man wohl behaupten, dass der Kampf um's Dasein nicht hinreichend heftig gewesen sei, um den Menschen aufwärts auf seine höchste Stufe zu treiben. Nach alle dem was wir vom Menschen wissen zu schliessen, hat es stets eine hinreichende Variabilität in den intellectuellen und moralischen Eigenschaften zum stetigen Fortschritt durch natürliche Zuchtwahl gegeben. Ohne Zweifel erfordert ein solches Fortschreiten viele günstig zusammenwirkende Umstände; aber es dürfte wohl zu bezweifeln sein, ob die günstigsten dazu hingereicht haben würden, wenn nicht das Verhältniss der Zunahme ein rapides und der in Folge davon auftretende Kampf um's Dasein bis zum äussersten Grade heftig gewesen wäre.
Ueber die Beweise, dass alle civilisirten Nationen einst Barbaren waren. — Da wir die Schritte zu betrachten hatten, auf denen irgend ein halb menschliches Wesen allmählich zum Rang des Menschen in seinem vollkommensten Zustand sich ei hoben hat, so kann der ebengenannte Gegenstand nicht übergangen werden. Er ist indessen in einer so eingehenden und vorzüglichen Weise von Sir J. Lub-bock 26, Mr. Tylor, Mr. M'Lexnan und Anderen behandelt worden, dass ich hier nur nöthig habe, einen sehr kurzen Auszug ihrer Resultate zu
-9 Oii tlie origin of Civilisation; Proc. Etlmolog. Soe. Nov. 2G, 1867.
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158 Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. I. Theil.
geben. Die früher vom Herzog von Aegtll 30 und noch früher vom Erzbischof von Whately zu Gunsten der Annahme, dass der Mensch als ein civilisirtes Wesen auf die Welt kam und dass alle Wilden seit jener Zeit einer Entartung unterlegen sind, vorgebrachten Argumente scheinen mir im Vergleich mit den auf der andern Seite vorgebrachten schwach zu sein. Ohne Zweifel sind viele Nationen in ihrer Civilisa-tion rückwärts gegangen und einige mögen in vollständige Barbarei verfallen sein, trotzdem ich in Bezug auf den letzteren Punkt keine Beweise gefunden habe. Die Feuerländer wurden wahrscheinlich durch andere erobernde Horden gezwungen, sich in ihrem unwirthbaren Lande niederzulassen und sie können in Folge davon wohl noch etwas weiter entartet sein; es dürfte aber schwer zu beweisen sein, dass sie viel unter den Zustand der Botokuden gesunken sind, welche die schönsten Thoile von Brasilien bewohnen.
Die Zeugnisse für die Annahme, dass alle civilisirten Nationen die Nachkommen von Barbaren sind, bestehen auf der einen Seite aus deutlichen Spuren ihres früheren niedrigen Zustandes in noch immer existirenden Gebräuchen, Glaubensansichten, der Sprache u. s. w., auf der andern Seite aus Beweisen, dass Wilde unabhängig und selbständig im Stande sind, einige wenige Schritte in der Civilisationsstnfe sich zu erheben und auch wirklich sich erhoben haben. Der thatsächliche Beweis für den ersten Punkt ist im äussersten Giade merkwürdig, kann aber hier nicht gegeben werden: ich beziehe mich auf solche Fälle wie z. B. die Kunst des Zählens, welche, wie Mr. Tylor an den an einigen Orten noch immer gebrauchten Worten nachgewiesen hat, ihren Ursprung in dem Zählen der Finger, zuerst der einen Hand, dann der andern und endlich auch der Zehen gefunden hat. Wir haben Spuren hiervon in unserem eigenen Decimalsystem und in den römischen Zahlzeichen, welche, nachdem sie die Ziller V erreicht hatten, dieselbe in VI u. s. w. verwandelten, nämlich dann ohne Zweifel, wenn die andere Hand gebraucht werden musste; — so ferner wenn die Engländer von three score and ten sprechen, wo sie im Vigesimalsystem zählen, wobei jedes score ideel gofasst für zwanzig steht — für „ein Mann", wie es ein Mexicaner oder Caraibe ausdrücken würde31. Den Ansichten einer grossen und an Anhängern noch zunehmenden Philologen-
30 Primeval Man, 1869.
31 Royal Institution of Great Britain. March 15, 1867; s. auch Researches into the Early of Ilistory of Mankind. 1805.
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Cap. 5. Civilisirte Nationen einst Barbaren. 159
schule nach trägt jede Sprache Merkzeichen ihrer langsamen und allmählichen Entwickelung an sich. Dasselbe ist der Fall mit der Kunst zu schreiben, da die Buchstaben Rudimente bildlicher Darstellungen sind. Es ist kaum möglich, Mr. M'Lennan's Work32 zu lesen, ohne zuzugeben, dass fast alle civilisirten Nationen noch immer gewisse Spuren derartiger roher Gewohnheiten, wie das zwangsweise Gefangennehmen der Weiber beibehalten. Welche Nation des Alterthums, fragt derselbe Schriftsteller, kann angeführt werden, welche ursprünglich monogam gewesen wäre? Die ursprüngliche Idee der Gerechtigkeit, wie sie sich durch das Gesetz des Kampfes und anderer Gebräuche zeigt, deren Spuren noch jetzt übrig sind, war gleichMls äusserst roh. Viele noch jetzt existirende abergläubische Züge sind die Ueberblcibsel früherer falscher religiöser Glaubensansichten. Die höchste Form der Religion — die grossartige Idee eines Gottes, welcher die Sünde hasst und die Gerechtigkeit liebt — war wahrend der Urzeiten unbekannt.
Wenden wir uns jetzt zu der andern Form von Beweisen: Sir J. Lubbock hat nachgewiesen, dass einige Wilde neuerdings in einigen ihrer einfacheren Kunstfertigkeiten fortgeschritten sind. Nach dem äusserst merkwürdigen Berichte, welchen er von den Waffen, Werkzeugen und Künsten gibt, welche Wilde in verschiedenen Theilen der Welt-gebrauchen oder üben, lässt sich nicht zweifeln, dass dies fast alles unabhängige Entdeckungen gewesen sind, vielleicht mit Ausnahme der Kunst, Feuer zu machen33. Der australische Bumerang ist ein gutes Beispiel einer solchen unabhängigen Entdeckung. Als man zuerst die Bewohner von Tahiti besuchte, waren sie in vielen Beziehungen gegen die Einwohner der meisten andern polynesischen Inseln vorgeschritten.. Für die Annahme, dass die hohe Cultur der eingeborenen Peruaner und Mexicaner aus irgend einer fremden Quelle geflossen sei, lassen sich keine triftigen Gründe anführen34; viele eingeborene Pflanzen wurden
31 Primitive Marriage, 1865; s. auch einen offenbar von demselben Verfasser herrührenden ausgezeichneten Artikel in der North British Review, Jury, 1869. Auch L. H. Morgan, A Conjcctural Solution of the Origin of the Class. System' of Relationship. in: Proceed. American Acad. of Sciences. Vol. VII. Febr. 1868. Prof. Schaaffhausen erwähnt (Anthropol. Review, Oct. 18C9, p. 373) „die Spu-„ren von Menschenopfern im Homer und im alten Testament."
33 Sir J. Lubbock, Prehistoric Times. 2. edit. 1869. Cap. XV und XVI, an mehreren Stellen.
34 Dr. Ferd. Müller hat einige gute Bemerkungen hierüber gemacht in der „Reise der Novara". Anthrop. Theil. Abtheil. III. 18G8. S. 127.
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160 Intellectuelle und moralische Fälligkeiten. I. Theil.
dort cultivirt und einige wenige eingeborene Thiere domesticirt. Wir müssen im Auge behalten, dass eine wandernde Truppe aus irgend einem halb civilisirten Lande, wenn sie an die Küsten von Amerika angetrieben würde, nach dem geringen Einflüsse der meisten Missionäre zu urtheilen, keine ausgesprochene Wirkung auf die Eingeborenen geäussert haben würde, wenn diese nicht bereits in einem gewissen Grade fortgeschritten gewessen wären. Werfen wir unsern Blick auf eine äusserst entfernt zurückliegende Zeit in der Geschichte der AVeit, so finden wir, um Sir J. Lubbock's bekannte Ausdrücke zu gebrauchen, eine paläolithisclie und eine neolithische Periode; und Niemand wird behaupten, dass die Kunst, rohe Feuersteinwerkzeuge zu poliren, eine erborgte gewesen sei. In allen Theilen von Europa, und zwar im Osten bis nach Griechenland, dann in Palästina, Indien, Japan, Neuseeland und Afrika, mit Einschluss Egyptens, sind Feuersteinwerkzeuge in grosser Menge entdeckt worden, und von ihrem Gebrauche hat sich bei den jetzigen Einwohnern auch nicht einmal eine Tradition erhalten. Wir haben auch indirecte Belege dafür, dass solche Werkzeuge früher von den Chinesen und alten Juden gebraucht wurden. Es besteht daher wohl kaum ein Zweifel darüber, dass die Bewohner dieser zahlreichen Länder, welche nahezu die ganze civilisirte AVeit umfassen, einstmals in einem barbarischen Zustande sich befanden. Zu glauben, dass der Mensch vom Ursprung an civilisirt gewesen und dann in so vielen Gegenden einer Entartung unterlegen sei, hiesse eine sehr erbärmliche Ansicht von der menschlichen Natur hegen. Allem Anscheine nach ist es eine richtigere und befriedigendere Ansicht, dass Fortschritt viel allgemeiner gewesen ist als Rückschritt, dass der Mensch, wenn auch mit langsamen und unterbrochenen Schritten, sich von einem niedrigeren Zustande zu dem höchsten jetzt in Kenntnissen, Moral und Religion von ihm erlangten erhoben hat.
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Sechstes Capitel.
Uefoer die Verwandtschaften und die Genealogie des Menschen.
Stellung des Menschen in der Thierreihe. — Das natürliche System ist genealogisch. — Adaptive Charactere von geringer Bedeutung. — Verschiedene kleine Punkte der Uebereinstimmung zwischen dem Menschen und den Qua-druraanen. — Rang des Menschen in dem natürlichen System. — Geburtsstelle und Alter des Menschen. — Fehlen von fossilen Uebergangsgliedern. — Niedere Stufen in der Genealogie des Menschen, wie sie sich erstens aus seinen Verwandtschaften und zweitens aus seinem Haue ergeben. — Früher lierniaphroditer Zustand der Wirbelthiere. — Schluss.
Selbst wenn es zugegeben wird, dass die Verschiedenheit zwischen dem Menschen und seinen nächsten Verwandten in Bezug auf seine körperliche Bildung so gross ist, wie einige Naturforscher behaupten, und obgleich wir zugeben müssen, dass die Verschiedenheit zwischen ihnen in Bezug auf die geistigen Kräfte ungeheuer ist, so zeigen doch, wie mir scheint, die in den vorausgehenden Capiteln mitgetheilten That-sachen in der deutlichsten Weise, dass der Mensch von irgend einer niedrigeren Form abstammt, trotzdem dass verbindende Zwischenglieder bis jetzt noch nicht entdeckt worden sind.
Der Mensch bietet zahlreiche unbedeutende und niannichfaltige Abänderungen dar, welche durch dieselben allgemeinen Ursachen herbeigeführt und nach denselben allgemeinen Gesetzen bestimmt und überliefert werden wie bei den niederen Thieren. Der Mensch strebt in einem so rapiden Verhältnisse sich zu vervielfältigen, dass seine Nachkommen nothwendig einem Kampfe nm's Dasein und in Folge hiervon natürlicher Zuchtwahl ausgesetzt sind. Er hat viele Kassen entstehen lassen, von denen einige untereinander so abweichend sind, dass sie oft von Naturforschern als distiucte Arten classificirt worden sind. Sein Körper ist nach demselben homologen Plane gebaut wie der anderer Sänge-thiere, ganz unabhängig von dem Gebrauche,, welchen er von den verschiedenen Theilen desselben machen mag. Er durchläuft dieselben Zustände embryonaler Entwickelung. Er behält viele rudimentäre und
DAltwIS, Abstammung. I. Zweite Auflage. 11
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IQ2 Genealogie des Menschen. I. Theil.
nutzlose Bildungen bei, welche ohne Zweifel einstmals eine Function verrichteten. Gelegentlich erscheinen Merkmale wieder bei ihm, welche, wie wir allen Grund zu glauben haben, im Besitze seiner früheren Urerzeuger waren. Wäre der Ursprung des Menschen von dem aller übrigen Thiere völlig verschieden, so wären diese verschiedenen Erscheinungen blosse nichtssagende Täuschungen; eine solche Annahme ist indessen unglaublich. Auf der andern Seite aber sind sie wenigstens in einer grossen Ausdehnung verständlich unter der Annahme, dass der Mensch, wie andere Säugethierc, von irgend eiuer unbekannten und niederen Form abstammt. In Folge des tiefen Findrucks, welchen die geistigen und seelischen Kräfte des Menschen gemacht haben, haben einige Naturforscher die ganze organische Welt in drei Reiche eingetheilt, das Menschenreich, das Thicrreich und das Pflanzenreich, womit sie also dem Menschen ein besonderes Reich einräumen '. Geistige Kräfte können von dem Naturforscher nicht verglichen oder classificirt werden; er kann aber zu zeigen versuchen, wie ich es. gethan habe, dass die geistigen Fähigkeiten des Menschen und der niederen Thiere nicht der Art nach, wennschon ungeheuer im Grade von einander abweichen. Eine Verschiedenheit des Grades, so gross sie auch sein mag, berechtigt uns nicht dazu, den Menschen in ein besonderes Reich zu stellen, wie vielleicht am besten durch eine Vergleiclumg der geistigen Kräfte zweier Insecteu gezeigt wird, nämlich eines Coccus oder Schildlaus und einer Ameise, welche unzweifehaft zu einer und derselben Classe gehören. Die Verschiedenheit ist hier grösser, wenn auch von einer etwas verschiedeneu Art, als zwischen dem Menschen und dem höchsten Säugethiere. Der weibliche Coccus befestigt sich in seiner Jugend mit seinem Rüssel an eine Pflanze, saugt deren Saft, aber bewegt sich nicht mehr, wird befruchtet und legt Eier; und dies ist seine ganze Geschichte. Andererseits aber die Gewohnheiten und geistigen Kräfte einer weiblichen Ameise zu beschreiben, würde, wie Piekee Hubek gezeigt hat, einen ganzen Band füllen. Ich möchte indessen kurz einige wenige Punkte anführen. Ameisen tauschen unter einander Mittheilungen aus und mehrere vereinigen sich zu derselben Arbeit oder zum Spielen. Sie erkennen die Mitglieder ihres Haufens selbst nach monatelanger Ab-
. l Isiilore Geoffroy Saint-Hilaire gibt einen detaillirten Bericht über die Stellung, welche dem Menschen von verschiedenen Naturforschern in ihren Classificationen eingeräumt worden ist, in seiner: Hist. natur. geuer. Tom. II. 1S59, p. 170—189.
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Cap. H. Stellung des Menschen inf System. \Q$
Wesenheit wieder. Sie errichten grosse Gebäude, halten sie reinlich, schliessen am Abend die Thüren und stellen "Wachen aus. Sie bauen Strassen und selbst Tunnels unter Flüssen. Sie sammeln Nahrung für die ganze Genossenschaft, und wenn ein für das Einbringen zu grosser Gegenstand an das Nest gebracht wird, so erweitern sie die Thüre und bauen sie nachher wieder auf2. Sie ziehen in regelmässigen Reihen zum Kampfe aus und opfern ohne Besinnen ihr Leben für das allgemeine Wohl. Sie wandern nach einem vorher gefassten Plane aus. Sie fangen sich Sclaven. Sie halten sich Blattläuse als milchende Kühe. Sie bewegen die Eier ihrer Aphiden ebenso wie ihre eigenen Eier und Co-cons nach den wärmeren Theilen des Nests, damit sie schneller zum Auskriechen gelangen; und es lieson sich noch endlose ähnliche That-sachen anführen. Im Ganzen ist der Unterschied in den geistigen Kräften zwischen einer Ameise und einem Coccus ganz ungeheuer, und doch hat sich Niemand auch nur im Traume einfallen lassen, beide in verschiedene Classen und noch viel weniger in verschiedene Reiche zu stellen. Ohne Zweifel wird dieser Abstand von den zwischenliegenden Graden geistiger Kräfte vieler andern Insecten überbrückt, und dies ist beim Menschen und den höheren Affen nicht der Fall. Wir haben aber allen Grund zu glauben, dass die Unterbrechungen der Reihe einfach das Resultat des Umstands sind, dass viele Formen ausgestorben sind.
Professor Owen hat die Säugethierreihe mit besonderer Berücksichtigung der Bildung ihres Gehirns in vier Unterclassen eingetheilt. Eine derselben umfasst den Menschen, in eine andere stellt er die beiden Abtheilungen der Marsupialien und Monotremen, so dass er den Menschen allen übrigen Säugethieren gegenüber als so verschieden hin-" stellt wie die beiden letzten Gruppen zusammengenommen. Soviel mir bekannt ist, ist diese Ansicht von keinem Naturforscher angenommen worden, welcher der Bildung eines unabhängigen Urtheils fähig ist, und braucht daher hier nicht weiter betrachtet zu werden.
Wir können wohl einsehen, warum eine Classification, welche auf irgend ein einzelnes Organ oder Merkmal — selbst auf ein Organ von einer so wunderbaren Complicirtheit oder von solcher Bedeutung wie das Gehirn — oder auf hohe Entwicklung der geistigen Fähigkeiten sich gründet, sich fast mit Gewissheit als unbefriedigend herausstellt. Der Versuch, nach diesem Principe cinzutheilen, ist in der That bei den
* Siehe den sehr interessanten Artikel „L'Instinct chez les Insectes" von George Pouchet in: Revue des Deux Mondes. Febr. 1870, p. 682.
11 *
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Genealogie des Menschen.
I. Theil.
Hymenopteru unter den Insecten angestellt worden. Wurden aber diese nach ihrer Lebensweise oder ihren Instincten classificirt, so erwies sich die Anordnung als durchaus künstlich 3. Die Classificationen können natürlich auf irgendwelchen natürlichen Character basirt werden, so auf die Grösse, die Farbe und das Element, welches die Thicre bewohnen. Es haben aber die Naturforscher schon seit langer Zeit die tiefe Ueberzeugung gehabt, dass es ein natürliches System gebe. Wie jetzt allgemein zugegeben wird, muss dieses System soweit als nur möglich genealogisch in seiner Anordnung sein, — d. h. die verschiedenen Nachkommen einer und derselben Form müssen zu einer Gruppe zusammengehalten werden und zwar getrennt von den verschiedenen Nachkommen einer andern Form. Sind aber die Stammformen mit einander verwandt, so werden es auch deren Nachkommen sein und die beiden Gruppen zusammen werden dann eine gemeinsame grössere Gruppe bilden. Der Betrag der Verschiedenheit zwischen den verschiedenen Gruppen, — welcher den Betrag der Modifikationen, denen eine jede derselben unterlegen ist, bezeichnet, — wird durch solche Ausdrücke wie Gattungen, Familien, Ordnungen und Classen angegeben. Da wir keine Urkunden über die Descendenzreihen besitzen, so können diese Abstam-mungslinien nur durch Beobachtung der Aehnlichkeitsgrade zwischen den einzelnen zu classificirenden AVesen entdeckt werden. Zu diesem Zwecke sind zahlreiche einzelne Punkte der Üebereinstimmung von viel grösserer Bedeutung als der Betrag von Aehnlichkeit oder Unähnlich-keit in einigen wenigen Punkten. Wenn nachgewiesen würde, dass zwei Sprachen einander in einer Menge von Worten und Constructionsweisen glichen, so würden sie ganz allgemein als aus einer gemeinsamen Quelle stammend anerkannt werden, trotzdem sie in einigen wenigen Punkten oder Constructionsweisen bedeutend von einander abwichen. Aber bei organischen Wesen dürfen die Punkte der Üebereinstimmung nicht aus Anpassungen an ähnliche Lebensgewohnheiten bestehen. Es können z. B. zwei Thiere ihren ganzen Körperbau zum Leben im Wasser mo-dificirt haben und werden doch trotzdem in keine irgend grössere Nähe zu einander im natürlichen Systeme gestellt werden. Wir können hieraus erkennen, woher es kommt, dass Uebereinstimmungen in unbedeutenden Bildungen, in nutzlosen und in rudimentären Organen und in Theilen, welche noch nicht völlig entwickelt oder noch nicht functionell tliätig
3 Westwood, Modem Classification of Insccts. Vol. II. 1840, p. 87.
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Caj). C. Stellung des Menschen im System. | (35
sind, für die Classification bei Weitem die zweckdienlichsten sind; denn sie können kaum Folgen von Anpassungen sein, die in einer späteren Zeit etwa eingetreten wären. Sie offenbaren uns daher die alten Dcs-cendenzlinien oder die eigentliche Verwandtschaft.
Wir können ferner einsehen, warum ein grosser Retrag von Modifikationen an einem und demselben Merkmale uns nicht veranlassen darf, zwei Organismen deshalb weit von einander zu trennen. Ein Theil, welcher bereits von demselben Theile bei andern verwandten Formen sehr verschieden ist, variirt auch nach der Entwickelungstheorie bedeutend ; und so lange der Organismus denselben anregenden Bedingungen ausgesetzt ist, würde jener Theil daher auch noch weiteren Abweichungen derselben Art unterliegen, und diese würden, wenn sie wohlthätig sind, erhalten und dadurch beständig vergrössert werden. Tn vielen Fällen, wie z. B. bei dem Schnabel eines Vogels oder bei dem Zahne eines Säugethiers, würde die beständige Weiterentwickelung dieses einen Theils für die Speeics von keinem Vortheil zur Erlangung ihrer Nahrung oder zu irgend einem andern Zwecke sein; bei Menschen indessen können wir keine bestimmte Grenze für die fortgesetzte Entwicklung des Gehirns und der geistigen Fähigkeiten sehen, soweit ein Vortheil für die Art dabei in Eede kommt. Bei der Bestimmung der Stellung des Menschen in dem natürlichen oder genealogischen Systeme darf dabei- die extreme En'twiekelung des Gehirns eine Menge von Ueberein-stimmungen in andern weniger bedeutungsvollen oder völlig bedeutungslosen Punkten nicht überwiegen.
Die grössere Zahl der Naturforscher, welche die ganze Structur des Menschen mit Einschhiss seiner geistigen Fähigkeiten in Betracht gezogen haben, ist Blumenbach und Cuvier gefolgt und hat den Menschen in eine besondere Ordnung unter dem Titel der Zweihänder gebracht und daher auf gleiche Classificationsstufe mit den Ordnungen der Vierhänder, Fleischfresser u. s. w. Neuerdings sind viele unserer besten Naturforscher zu der zuerst von Linne, der so merkwürdig wegen seines Scharfsinns war, ausgesprochenen Ansicht zurückgekehrt und haben den Menschen in eine und dieselbe Ordnung mit den Quadru-manen unter dem Titel der Primaten gebracht. Die Eichtigkeit dieser Folgerung wird zugegeben werden, wenn man an erster Stelle die soeben gemachten Bemerkungen über die vergleichsweise geringe Bedeutung der grossen Entwicklung des Gehirns beim Menschen für seine Classification im Auge behält, wenn man sich ferner daran erinnert,
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166
s Genealogie des Menschen.
I. Theil.
dass dicscharf ausgesprochenen Verschiedenheiten zwischen den Schädeln des Menschen und der Quadrumanen, welche neuerdings von Bischöfe, Aeby und Anderen hervorgehoben worden sind, offenbar Folge ihrer verschieden entwickelten Gehirne sind. An zweiter Stelle müssen wir uns aber erinnern, dass fast alle die anderen und bedeutungsloseren Verschiedenheiten zwischen dem Menschen und den Quadrumanen offenbar ihrer Natur nach adaptiv sind und sich hauptsächlich auf die aufrechte Stellung des Menschen beziehen. Dahin gehört die Bildung seiner Hände, seines Fusses und Beckens, die Krümmung seines Rückgrats und die Stellung seines Kopfes. Die Familie der Kobben bietet eine gute Erläuterung für die geringe Bedeutung adaptiver Charactere in Bezug auf die Classification dar. Diese Thiere weichen von allen andern Fleischfressern in der Form ihres Körpers und in der Bildung ihrer Gliedmaassen viel mehr ab, als der Mensch von den höheren Affen abweicht; und doch werden in jedem Systeme, von dem Cuyier's bis zu den neuesten von Mr. Flowek 4 die Kobben als eine blosse Familie in der Ordnung der Carnivora! angesehen. Wäre der Mensch nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu classificiren, so würde er niemals auf den Gedanken gekommen sein, eirt'e besondere Ordnung zur Aufnahme seiner selbst zu errichten.
Es würde über die mir gesteckten Grenzen uud auch völlig über meine Kenntnisse gehen, die zahllosen Bildungsverhältnisse auch nur namentlich anzuführen, in welchen der Mensch mit den andern Primaten übereinstimmt. Unser grosser Anatom und Philosoph, Professor HuxLEy, hat diesen Gegenstand ausführlich erörtert5 und ist zu dem Schlüsse gekommen, dass der Mensch in allen Theilen seiner Organisation weniger von den höheren Affen abweicht, als diese von den niedrigeren Gliedern derselben Gruppe verschieden sind. Folglich „ist es „nicht gerechtfertigt, den Menschen in eine besondere Ordnung zu stellen."
In einem früheren Theile dieses Bandes habe ich verschiedene That-sachen angeführt, welche zeigten, wie eng der Mensch in seiner Constitution mit den höheren Säugethieren übereinstimmt, und diese Ueber-einstimmung hängt ohne Zweifel von der grossen Aehnlichkeit unseres Körpers mit dem jener Thiere in der mikroskopischen Structur und chemischen Zusammensetzung ah. Ich führte das Beispiel an, dass wir
4 Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 4.
5 Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Uebcrs. S. 79 und an andern Orten.
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Cap. 0. Uebereiustimmuug zwischen Mensch und Affen. 167
denselben Krankheiten und Angriffen verwandter Parasiten ausgesetzt sind; ferner unsere gemeinsame Neigung zu denselben Reizmitteln und die ähnlichen durch diese hervorgerufenen Wirkungen, ebenso die Wirkung verschiedener Arzneimittel und ähnliche Thatsachen.
Da geringe und nicht bedeutungsvolle Punkte der Uebereinstim-nuing zwischen dem Menschen und den höheren Affen in den systematischen Werken gewöhnlich nicht erwähnt werden und da dieselben, wenn sie zahlreich sind,- deutlich unsere Verwandtschaft aufdecken, will ich einige wenige dieser Punkte speciell anführen. Die relative Stellung der Gesichtszüge ist offenbar dieselbe beim Menschen und den Quadru-manen; und die verschiedenen Gemüthserregungen werden von nahezu ähnlichen Bewegungen der Muskeln und der Haut oberhalb der Augenbrauen und um den Mund hemm ausgedrückt. Einige wenige Gesichtsausdrücke sind in der That fast ganz dieselben, wie das Weinen bei gewissen Affenarten und das lärmende Lachen anderer, wobei die Mundwinkel rückwärts gezogen und die unteren Augenlider gerunzelt werden. Die äusseren Ohren sind merkwürdig gleich. Beim Menschen ist die Nase in viel höherem Maasse hervorstehend als bei den meisten Affen; wir können aber den Anfang zur Krümmung einer Adlernase an der Nase des Hoolock-Gibbon's sehen; und dies ist bei dem Sem-nopifliectta nasica bis zu einem lächerlichen Extrem geführt.
Das Gesicht vieler Affen ist mit Barten, Backenbärten oder Schnurr-bärten geziert. Bei manchen Arten von Semnopithecus6 wächst das, Haar auf dem Kopf zu einer bedeutenden Länge und bei dem Mützenaffen strahlt es von einem Punkte auf dem Scheitel aus, mit einer auf der Mitte herablaufenden Scheitelung wie beim Menschen. Es wird gewöhnlich gesagt, dass die Stirn dem Menschen sein edles und intellec-tuelles Ansehen gibt; aber das dichte Haar auf dem Kopfe des Mützenallen (Macacus radiatus) endet nach unten ganz plötzlich und es folgt ihm hier so kurzes und feines Haar oder Wolle, dass von einer geringen Entfernung aus die Stirn mit Ausnahme der Augenbrauen vollständig nackt erscheint. Man hat irrthümlicher Weise angeführt, dass Augenbrauen bei keinem Affen vorhanden wären. In der eben genannten Species ist der Grad von Nacktheit an der Stirn bei verschiedenen Individuen verschieden, und Eschkicht 7 gibt an, dass die Grenze zwischen der be-
6 Isid. Geoffroy Saint-Hilaire, Eist, natur. gener. Tom. II. 1850, p. 217. 1 Ueliei- die Richtung der Haare u. s. w. in: Müller's Archiv für Anat. und Physiol. 1837. S. 51.
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Genealogie des Menschen,
I. Theil.
haarten Kopfhaut und der nackten Stirn zuweilen nicht scharf bestimmt ist, so dass wir hier beiläufig einen Fall von Rückschlag auf einen Ur-erzeuger vor uns zu haben scheinen, bei welchem die Stirn noch nicht völlig nackt geworden war.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass die Haare an unsern Armen von oben und unten am Ellbogen in eine Spitze zusammenzukommen streben. Diese merkwürdige Anordnung, welche der bei den meisten niederen Säugethieren so ungleich ist, findet sich in gleicher Weise beim Gorilla, dem Schimpanse, dem Orang, einigen Arten von Hylo-bales und selbst einigen wenigen amerikanischen Alten. Aber bei Hy-lobates agilis ist das Haar am Unterarm abwärts gerichtet, oder nach der gewöhnlichen Weise nach der Hand zu, und bei //. Lar ist es fast aufrecht mit einer nur sehr geringen Neigung nach vorn, so dass in dieser letzteren Art das Haar sich in einem Uebergangszustand befindet. Es kann kaum bezweifelt werden, dass bei den meisten Säugethieren die Dichte des Haars und seine Pachtung auf dem Rücken dem Zwecke angepasst ist, den Regen abzuhalten; selbst die querstehenden Haare auf den Vorderbeinen eines Hundes können zu diesem Zwecke dienen, wenn er beim Sciilafen sich zusammengerollt hat. Mr. Wallace macht die Bemerkung, dass das Convergiren der Haare nach dem Ellbogen zu an den Armen des Orang (dessen Lebensweise er sorgfältig studirt hat) dazu dient, den Regen abzuhalten, wenn die Arme, wie es der Gebrauch dieses Thicres ist, gebogen und die Hände um einen Zweig oder selbst auf seinem eigenen Kopf zusammengefaltet sind. Wir müssen indess anch beachten, dass die Haltung eines Thiers zum Theil vielleicht durch die Richtung seiner Haare bestimmt sein mag und nicht umgekehrt die Richtung der Haare durch die Haltung. Ist die eben gegebene Erklärung iu Bezug auf den Orang correct, so bietet das Haar an unsern Vorderarmen ein merkwürdiges Zeugniss für unsern frühern Zustand dar; denn Niemand kann die Vermuthung hegen, dass es jetzt von irgendwelchem Nutzen ist zur Abhaltung des Regens; es wäre auch bei unserer jetzigen aufrechten Stellung für diesen Zweck entschieden nicht passend gerichtet.
Es würde indessen voreilig sein, dem Principe der Anpassung in Bezug auf die Richtung der Haare beim Menschen oder seinen frühen Urerzeugern zu sehr zu vertrauen; denn es ist unmöglich, die von Eschricht über die Anordnung der Haare am menschlichen Fötus (und diese ist dieselbe wie beim Erwachsenen) gegebenen Figuren zu
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Cap. ti. Uebereiustimmung zwischen Mensch und Affen. 169
betrachten, ohne mit diesem ausgezeichneten Beobachter darin übereinzustimmen, dass noch andere und noch complicirtere Ursachen dazwischen getreten sind. Die Convergenzpunkte scheinen in einer gewissen Beziehung zu den Punkten beim Embryo zu stehen, welche sich während seiner Entwickelung zuletzt geschlossen haben. Es scheint auch irgendwelche Beziehung zwischen der Anordnung der Haare an den Gliedmaassen und dem Verlaufe der Markarterien zu bestehen s.
Man darf nun aber auch nicht etwa annehmen, dass die Aehnlich-keit, in den eben genannten und .vielen andern Punkten, zwischen dem Menschen und gewissen Affen — wie der Besitz einer nackten Stirn, eines wallenden Haarwuchses auf dem Kopfe u. s. w. — sämmtlich nothwendig das Resultat einer ununterbrochenen Vererbung von einem mit diesen Merkmalen versehenen Urerzeuger oder eines später eingetretenen Rückschlags sind. Viele von diesen Übereinstimmungen sind wahrscheinlich eine Folge analoger Abänderungen, welche, wie ich an einem andern Orte zu zeigen versucht habe 9, daher rühren, dass von gemeinsamen Stammformen ausgehende Organismen eine ähnliche Constitution haben und von ähnlichen, Variabilität hervorrufenden Ursachen beeinfliisst worden sind. In Bezug auf die ähnliche Richtung der Haare am Vorderarme des Menschen und gewisser Affen lässt sich, da dieses Merkmal fast allen anthropomorphen Affen gemeinsam zukommt, wohl annehmen, dass es wahrscheinlich auf Vererbung zu beziehen ist; indessen doch nicht sicher, da auch einige sehr weit abstehende ameri-kanische Affen in gleicher Weise characterisirt sind. Diese Bemerkung lässt sich auch auf den schwanzlosen Zustand des Menschen anwenden; denn der Schwanz fehlt bei allen anthropomorphen Affen. Nichtsdestoweniger lässt sich dieses Merkmal nicht mit Sicherheit der Vererbung zuschreiben, da der Schwanz, wenn er auch nicht völlig fehlt, doch bei verschiedenen andern Arten der alten Welt und bei einigen der neuen Welt rudimentär ist und bei mehreren zu der verwandten Gruppe der Lemuren gehörenden Species völlig fehlt.
* Ueber das Haar bei Hylobates s. C. L. Martin, Natur. Hist. of Mam-mals. 1841, p. 415, auch Isid. Geoffroy Sahu-Hilai re, über die amerikanischen Affen und andere Arten in: Hist. uatur. gener. Tom. II. 1859, ]>. 210, 243. Eschricht, a.a.O. S. 40, 55, Gl. Owen, Anatomy of Yertebrates. Vol. III. r. Gl». Wallace, Contributions to the Theory of Natural Selection. 1870, p. 344.
9 Entstehung der Arten. (Uebers.) 4. Aufl. S. 181. Das Variiren der Thierc und Pflanzen etc. Bd. 2, S. 459.
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Genealogie des Menschen.
I. Theil.
Obgleich nun, wie wir jetzt gesehen haben, der Mensch kein begründetes Recht hat, eine besondere Ordnung für sich zu bilden, so könnte er doch vielleicht eine besondere Unterordnung oder Familie beanspruchen. Professor Huxley tlieilt in seinem neuesten Werk ,0 die Primaten in drei Unterordnungen-, die Anthropiden mit allein dem Menschen, die Simiaden, welche die Affen aller Arten umfassen, und die Lemuriden mit den mannichfaltigen Gattungen der Lemuren. Soweit Verschiedenheiten in gewissen wichtigen Theilen des Baues in Betracht kommen, kann der Mensch ohne Zweifel mit Recht den Rang einer Unterordnung beanspruchen, und diese Stellung ist zu niedrig, wenn wir hauptsächlich auf seine geistigen Fähigkeiten blicken. Nichtsdestoweniger scheint es von einem genealogischen Gesichtspunkte aus, als sei dieser Kang zu hoch und dürfe der Mensch nur eine Familie oder möglicherweise selbst nur ^eiue Unterfamilie bilden. Stellen wir uns vor, es giengen drei Descendenzliiiien von einer gemeinsamen Stammform aus, so ist es völlig begreiflich, dass zwei von ihnen nach dem V.erlauf langer Zeiten so unbedeutend verändert sein könnten, dass sie noch immer Species einer und derselben Gattung blieben, während die dritte Desceiidenzlinie so bedeutend modificirt sein könnte, dass sie den Rang einer bestimmten Unterfamilie oder selbst Ordnung verdiente. Aber in diesem Falle ist es fast sicher, dass die dritte Linie noch immer in Folge der Vererbung zahlreiche kleine Punkte der Uebereinstimmung mit den andern beiden Linien darbieten würde. Hier würde denn nun die für jetzt unlösliche Schwierigkeit eintreten, wie viel Gewicht wir in uiisern Classificationen auf scharf ausgesprochene Verschiedenheiten in einigen wenigen Punkten, d. h. dem Betrage an eingetretenen Modifikationen legen sollen und wie viel auf eine nahe Uebereinstimmung in zahlreichen bedeutungslosen Punkten als Andeutung der Descendenz-reihe oder der Genealogie. Die erste Alternative ist die am meisten in die Augen springende und vielleicht die sicherste, obgleich die letztere die correctere zu sein scheint, da sie eine wirklich natürliche Classification gibt.
Um uns in Bezug auf den Menschen ein Urtheil über diesen Punkt zu bilden, müssen wir einen Blick auf die Classification der Simiaden werfen. Diese Familie wird fast von allen Zoologen in die Gruppe der Catarhinen oder Aften der alten Welt und in die Gruppe
10 An Introduction to the Classification of Animals. 1869, p. 99.
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Cap. 0. Rang des Menschen im System. 171
der Platyrhinen oder Afl'en der neuen Welt getheilt. Die erstere ist iii ihren sämmtliclien Gliedern, wie schon ihr Name ausdrückt, durch die eigenthümlichc Structur ihrer Nasenlöcher und durch den Besitz von vier falschen Backzähnen in jeder Kinnlade characterisirt; die letztere, welche zwei sehr verschiedene Untergruppen enthält, umfasst Formen, welche sämmtlich durch verschieden gebaute Nasenlöcher und durch den Besitz von sechs falschen Backzähnen in jeder Gruppe characterisirt sind. Es lassen sich noch einige andere kleinere Verschiedenheiten anführen. Der Mensch gehört nun ohne Frage riieksichtlich seiner Bezahnung, des Baues seiner Nasenlöcher und in einigen anderen Beziehungen zu der Abtheilung der Catarhinen oder der altweltlichen Formen, und den Platyrhinen gleicht er nicht mehr als die Catarhinen in irgend welchen Merkmalen, mit Ausnahme einiger weniger von nicht besonderer Bedeutung und offenbar von einer adaptiven Natur. Es würde daher gegen alle Wahrscheinlichkeit sein, wollte man annehmen, dass irgend eine alte Species der neuweltlichen Gruppe variirt und dadurch ein menschenähnliches Wesen mit allen den distinetiven Merkmalen, welche der altweltlichen Abtheilung eigen sind, hervorgebracht habe, wobei sie gleichzeitig auch ihre sämmtliclien eigenen Unterscheidungsmerkmale verloren haben müsste. Es lässt sich folglich kaum irgend bezweifeln, dass der Mensch ein Zweig des altweltlichen Simia-denstammes ist und dass er von einem genealogischen Gesichtspunkte aus in die Abtheilung der Catarhinen einzuordnen ist u.
Die anthropomorphen Affen, nämlich der Gorilla, Schimpanse, Orang und Hylobates, -werden von den meisten Zoologen als eine besondere Untergruppe von den übrigen Affen der alten Welt getrennt. Es ist mir wohl bekannt, dass Gratiolet unter Bezugnahme auf die Bildung des Gehirns das Vorhandensein dieser Untergruppe nicht zugibt, und sie ist auch ohne Zweifel eine unterbrochene. So ist der Orang, wie Mr. St. George Mivart bemerkt12; „eine der eigenthüm-, lichsten und aberrantesten Formen , die sich in der ganzen Ordnung ,finden lässt." Die übrigen, nicht anthropomorphen Affen der alten Welt werden ferner von einigen Zoologen in zwei oder drei kleinere
11 Dies ist ziemlich dieselbe Classification wie die -provisorisch von St. George Jlivart angenommene (Philos. Transact. Roy. Soc. 1SG7, p. 200), welcher nach Abscheidung der Lenmriden die übrigen Primaten in die Hominiden, die Simiaden. den Catarhinen entsprechend, die Cebiden und die Hapaliden theilt wobei die beiden letzteien Gruppen den Platyrhinen entsprechen.
n Transact. Zoolog. Soc. Vol. VI. 1867, p. 214.
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172 Genealogie des Menschen. I. Theil.
Untergruppen getheilt. Die Gattung Semnopithecus mit ihrem eigentümlich zusammengesetzten Magen bildet den Typus der einen dieser Untergruppen. Es scheint aber aus den wunderbaren Entdeckungen Mr. Gaudry's in Griechenland hervorzugehen, dass dort während der Miocenperiode eine Form existirte, welche Senmopilhecus und Macacus verband, und dies erläutert wahrscheinlich die Art und Weise, in welcher die andern und höheren Gruppen einst mit einander zusammenhielten.
Wird zugegeben, dass die anthroporaorphen Affen eine natürliche Untergruppe bilden, so kann man auch schliessen, dass irgend ein altes Glied dieser anthropomorplien Untergruppe dem Menschen Entstehung gegeben habe. Denn der Mensch stimmt mit ihnen nicht bloss in allen denjenigen Merkmalen überein, welche er mit der ganzen Gruppe der Catarhinen in Gemeinschaft besitzt, sondern auch in andern eigenthüm-lichen Characteren, so in der Abwesenheit eines Schwanzes und der Ge-sässschwielen und in der ganzen äusseren Erscheinung. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Glied einer der andern niederen Untergruppen durch das Gesetz analoger Abänderungen ein menschenähnliches Geschöpf, welches den anthroporaorphen Affen in so vielen Beziehungen gleicht, hätte entstehen lassen können. Ohne Zweifel ist der Mensch im Vergleich mit den meisten seiner Verwandten einem ausserordentlichen Betrage von Modification unterlegen, und zwar hauptsächlich in Folge seines bedeutend entwickelten Gehirns und seiner aufrechten Stellung. Nichtsdestoweniger dürfen wir nicht vergessen, dass er nur „eine „der verschiedenen exceptionellen Formen der Primaten ist" ,3.
Jeder Naturforscher, welcher an das Princip der Entwickelung glaubt, wird zugeben, dass die beiden Hauptabteilungen der Simiaden, nämlich die catarhinen und platyrhinen Affen mit ihren Untergruppen, sämmtlich von einem äusserst weit zurückliegenden alten Urerzeuger ausgegangen sind. Die frühen Nachkommen dieses Urerzeugers werden, ehe sie in irgend beträchtlichem Maasse von einander abgewichen waren, noch immer eine einzige natürliche Gruppe gebildet haben; aber einige dieser Arten oder dieser beginnenden Gattungen, werden bereits angefangen haben, durch ihre divergirenden Merkmale die künftigen Unterscheidungszeichen der beiden Abteilungen der Catarhinen und Platyrhinen anzudeuten. Es worden daher die Glieder dieser angenommenen
13 St. George Mivart, Philos. Transact. 1867, p. 410.
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Cap. 0.
Geburtsort und Alter des Menschen.
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alten Gruppe weder in ihrer Bezahlung noch in der Natur ihrer Nasenlöcher so gleichförmig gewesen sein, wie es auf der einen Seite die jetzt lebenden catarliinen, auf der andern die jetzt lebenden platyrliinen Affen sind, sondern sie werden in dieser Beziehung den verwandten Le-muriden geglichen haben, welche in der Form ihrer Schnauze l4 bedeutend und in Bezug auf ihre Bezahlung in einem ganz ausserordentlichen Grade von einander abweichen.
Die catarliinen und platyrliinen Affen stimmen in einer Menge von Merkmalen mit einander überein, wie sich schon aus dein Umstände ergibt, dass sie ohne Frage in eine und dieselbe Ordnung gestellt werden. Die vielerlei Charactere, welche sie in Gemeinschaft besitzen, können kaum von so vielen verschiedenen Species unabhängig erlaugt worden sein, es müssen also diese Merkmale vererbt sein. Aber eine alte Form, welche Charactere besass, von denen viele den catarliinen und platyrliinen Affen gemeinsam eigen sind, von denen andere in einem intermediären Zustande und einige wenige in einer von den gegenwärtig in beiden Gruppen vorhandenen vielleicht ganz verschiedenen Weise vorhanden waren, würde unzweifelhaft, wenn sie ein Zoolog zu bestimmen hätte, als ein Affe bezeichnet werden. Und da der Mensch von dem genealogischen Standpunkte aus zu dem Stamme der catarliinen oder altweltlichen Formen gehört, so müssen wir schliessen, wie sehr sich auch unser Stolz gegen diesen Schluss empören mag, dass unsere frühen Urerzeuger wahrscheinlich in dieser Weise bezeichnet worden wären 15. Wir dürfen aber nicht in den Irrthum verfallen, etwa anzunehmen, dass der frühe Urerzeuger des ganzen Stammes der Simiaden, mit Ein-schluss des Menschen, mit irgend einem jetzt existirenden Affen identisch oder ihm auch nur sehr ähnlich gewesen sei.
Ueber den Geburtsort und das Alter des Menschen. — Wir werden natürlich darauf geführt zu untersuchen, wo der Geburtsort des Menschen gewesen ist, d. h. auf derjenigen Stufe seiner Desceu-denzreihe, wo unsere Urerzeuger von dem Stamme der Catarliinen sich abzweigten. Die Thatsache, dass sie zu diesem Stamme gehörten, zeigt
11 Murie and St. George Mivart, On the Lemuridae in: Transact. Zool-log. Soo. Vol. VII. 186'J, p. 5.
13 Häckel ist. zu demselben Schlüsse gekommen, s. Ueber die Entstehung des Menschengeschlechts in Virchow's Samml. gemein, wissenseh. Vorträge. 18GS, S. 61. s. auch seine „Natürliche Schöpfungsgeschichte", in welcher er seine Ansichten über die Genealogie des Menschen im Einzelnen entwickelt.
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Genealogie des Mensehen.
I. Theil.
ganz entschieden, dass sie die alte Welt bewohnten, aber weder Australien noch irgend eine oceanische Insel, wie wir aus den Gesetzen der geographischen Verbreitung schliessen können. In jedem grossen Bezirk der Erde sind die dort lebenden Säugethiere nahe mit den ausgestorbenen Arten desselben Bezirks verwandt. Es ist daher wahrscheinlich, dass Afrika früher von jetzt ausgestorbenen Affen bewohnt wurde, welche dem Gorilla und dem Schimpanse nahe verwandt waren; und da diese beiden Species jetzt die nächsten Verwandten des Menschen sind, so ist es fast noch mehr als wahrscheinlich, dass unsere frühen Urerzeuger auf dem afrikanischen Festlande, und zwar liier eher als irgendwo anders, lebten. Es ist aber ganz unnütz, über diesen Gegenstand Speculationen anzustellen; denn ein Afi'e, fast so gross als der Mensch, nämlich der Dryopilhecns von Labtet, welcher mit dem an-thropomorphen Hylobates nahe verwandt war, existirte in Europa während der oberen Miocenperiode, und seit dieser so entfernt liegenden Periode hat die Erde sicher viele Ecvoliitionen erfahren und es ist auch hinreichende Zeit für Wanderungen im grössten Maassstabe vergangen.
Zu der Zeit und an dem Orte, wann und wo dies auch gewesen sein mag, als der Mensch zuerst sein Haarkleid verlor, bewohnte- er wahrscheinlich ein warmes Land, und dies würde einer Ernährung von Früchten, von denen er nach Analogie, zu urtheilen lebte, günstig gewesen sein. Wir sind weit davon entfernt, wirklich zu wissen, wanu der Mensch zuerst von dem Stamme der Catarhinen abzweigte; indess kann dies schon in einer so entfernten Periode eingetreten sein, wie der eocenen; denn die höheren Affen waren von den niedrigeren Formen der Ordnung bereits zu einer so frühen Zeit wie der oberen iniocenen abgezweigt, wie durch die Existenz des Dryopithecus eben bewiesen wird. Wir sind auch vollständig unwissend darüber, in einem wie schnellen Verhältnisse Organismen überhaupt, mögen sie nun hoch oder niedrig in der Stufenleiter stehen, unter günstigen Umständen modifi-cirt werden können ; indessen wissen wir, dass einige Organismen eine und dieselbe Form während eines enormen Zeitraums beibehalten haben. Nach dem, was wir im Zustande der Domestication an Thieren vor sich gehen sehen, bemerken wir, dass innerhalb einer und derselben Periode einige der gleichzeitigen Nachkommen einer und derselben Art gar nicht geändert zu haben brauchen, einige nur wenig und andere wieder bedeutend. So mag es mit dem Menschen der Fall gewesen sein, wel-
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Cap. G. Geburtsort und Alter des Menschen. 175
eher im Vergleich mit den höheren Affen einen grossen Betrag an Modifikationen iu gewissen Merkmalen erfahren hat.
Die grosse Unterbrechung in der organischen Stufenreibe zwischen dem Menschen und seinen nächsten Verwandten, welche von keiner ausgestorbenen oder lebenden Specics überbrückt werden kann, ist oft als ein schwer wiegender Einwurf gegen die Annahme vorgebracht worden, dass der Mensch von einer niederen Form abgestammt ist; für Diejenigen aber, welche durch allgemeine Gründe überzeugt an das allgemeine Princip der Evolution glauben, wird dieser Einwurf nicht als ein Einwurf von sehr grossem Gewichte erscheinen. Solche Unterbrechungen treten unaufhörlich an allen Punkten der Reihe auf, einige sind weit, sehr scharf abgeschnitten und bestimmt, andere in verschiedenen Graden weniger nach diesen Beziehungen hin, so z. B. zwischen dem Orang und seinen nächsten Verwandten — zwischen dem Tarsius und den andern Lcmuriden — zwischen dem Elcphanten und in einer noch auffallenderen Weise zwischen dem Ornüliorhynchus oder der Echiclna und den andern Sängethieren. Aber alle diese Unterbrechungen beruhen lediglich auf der Zahl der verwandten Formen, welche ausgestorben sind. In irgend einer künftigen Zeit, welche nach Jahrhunderten gemessen nicht einmal sehr entfernt ist, werden die civilisirten Rassen der Menschheit beinahe mit Bestimmtheit auf der ganzen Erde die wilden Rassen ausgerottet und ersetzt haben. Wie Professor Sciiaaffhaüsen bemerkt hat1J, werden zu derselben Zeit ohne Zweifel auch die anthropomor-piien Affen ausgerottet sein. Die Unterbrechung wird dann noch weiter gemacht werden, denn sie tritt dann zwischen dem Menschen in einem noch civilisirteren Znstande als dem kaukasischen, wie-wir hoffen können, und irgend einem so tief in der Reihe stehenden Affen wie einem Pavian auf, statt dass sie sich gegenwärtig zwischen dem Nege'r oder Australier und dem Gorilla findet.
Was das Fehlen fossiler Reste betrifft, welche den Menschen mit seinen affenähnlichen Urerzeugern zu verbinden dienen, so wird Niemand auf diese Thatsache viel Gewicht legen, welcher Sir C. Ta-ell's Erörterung ,7 gelesen hat. worin er zeigt, dass in sämmtlichen Classen der Wirbelthierreihe die Entdeckung fossiler Reste -ein äusserst langsamer und vom Zufall abhängiger Vorgang gewesen ist. Auch darf man nicht
16 Anthropological Review. Apr. 18G7, p. 23G.
17 Elements of Geology. 1865, p. 583—585. Das Alter des Menschengeschlechts (Uebers.J. S. 07.
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Genealogie des Menschen.
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vergessen, dass diejenigen Gegenden, welche am wahrscheinlichsten solche Reste darbieten, welche den Menschen mit irgend einem ausgestorbenen affenähnlichen Geschöpfe verbinden, bis jetzt von Geologen noch nicht untersucht sind.
Die niederen Stufen in der Genealogie des Menschen.— Wir haben gesehen, dass der MensctJ sich als von der Abtheilung der Catarhinen oder altweltlichen Formen der Simiaden abgezweigt darstellt, welche Abzweigung also eintrat, nachdem diese Abtheilung von der der neuweltlichen Formen verschieden geworden war. Wir wollen jetzt versuchen, den noch entfernteren Zügen seiner Genealogie zu folgen, wobei wir uns an erster Stelle auf die gegenseitigen Verwandtschaften zwischen den verschiedenen Gassen und Ordnungen beziehen und eine, wenn auch untergeordnete Unterstützung von den Perioden hernehmen, in welchen dieselben, soweit bis jetzt ermittelt ist, nach einander auf der Oberfläche der Erde erschienen sind. Die Lemuriden stehen unter und dicht bei den Simiaden, indem sie eine sehr verschiedene Familie der Primaten oder nach Häckel selbst eine besondere Ordnung bilden. Diese Gruppe ist in einem ganz ausserordentlichen Grade verschiedenartig geworden und auseinandergefallen und umfasst viele aberrante Formen. Sie hat daher wahrscheinlich viel unter dem Aussterben einzelner Formen gelitten. Die meisten der Ueberbleibsel leben noch auf Inseln , namentlich auf Madagascar und auf den Inseln des malayischeu Archipels, wo sie keiner so scharfen Concurrenz ausgesetzt gewesen sind, als dies auf gut bevölkerten Continenten der Fall gewesen sein würde. Diese Gruppe bietet auch viele gradweise Verschiedenheiten dar, welche, wie Huxtjey bemerktl8 „unmerklich von der Krone und Spitze der thierisclien Schö-„pfung zu Geschöpfen herabführt, von denen scheinbar nur ein Schritt „zu den niedrigsten, kleinsten, und wenigst intelligenten Formen der „placentalen Säugethiere ist." Nach diesen verschiedenen Betrachtungen ist es wahrscheinlich, dass die Simiaden sich ursprünglich aus den Vorfahren der jetzt noch lebenden Lemuriden entwickelt haben und diese wiederum aus Formen, welche in der Reihe der Säugethiere sehr tief standen.
Die Beutelthiere stehen in vielen bedeutungsvollen Merkmalen unterhalb der placentalen Säugethiere. Sie erscheinen in einer früheren
,s Stellung des Menschen in der Natur. S. 119.
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Cap. C>. Niedere Stnfen dos menschlichen Stammbaums. 177
geologischen Periode und ihr Verbreitungsbezirk war früher ein viel ausgedehnterer, als sich derselbe jetzt darstellt. Es wird daher allgemein angenommen, dasfls die Placentalen sich von den Implacentalen oder den Beutelthieren heraus entwickelt haben, indessen nicht etwra von Formen, welche den jetzt existirenden Marsupialien sehr gleichen, sondern von deren frühen Urerzeugern. Die Monotremen sind ganz offenbar mit den Marsupialien verwandt, sie bilden eine dritte und noch niedrigere Abtheilung. In der ganzen Reihe der Säugethiere heutigen Tages werden sie nur von dem Ornithorhynclms und der Echidna re-präsentirt, und man kann diese beiden Formen wohl getrost als Ueber-bleibsel einer bedeutend grösseren Gruppe betrachten, welche in Folge des Zusammentreffens besonders günstiger Umstände in Australien erhalten worden sind. Die Monotremen sind ganz ausserordentlich interessant, da sie in mehreren bedeutungsvollen Punkten ihres Körperbaus nach der Classe der Keptilien hinführen.
Wenn wir den Versuch machen, die Genealogie der Säugethiere und daher auch des Menschen noch weiter abwärts in der Thierreihe zu verfolgen, so kommen wir auf immer dunklere Gebiete der Wissenschaft. Wer hier zu erfahren wünscht, was Scharfsinn und Kenntnisse hervorbringen können, mag die Schriften Professor Häckrl's zu Käthe ziehen 19. Ich will mich mit einigen allgemeinen Bemerkungen hier begnügen. Jeder Anhänger der Evolutionstheorie wird zugeben, dass die fünf grossen Wirbelthierclassen, nämlich Säugethiere, Vögel, Keptilien, Amphibien und Fische, sämmtlich von einem gemeinsamen Pro-totype oder von einer Stammform abgestammt sind; denn sie haben sehr viel, besonders während ihrer embiyonaleu Zustände, gemeinsam. Da die Classe der Fische die am niedrigsten organisirte ist und vor den übrigen auf der Erde erschienen ist, so können wir schliessen, dass sämmtliche Glieder des Wirbelthierreichs von irgend einem fischälm-lichen Thiere herrühren, welches noch weniger hoch organisirt war als irgend eines, welches bis jetzt in den bekannten tiefsten Formationen
19 Ausgeführte Tabellen sind mitgetheilt in seiner „Generellen Morphologie". Bd. 2, S. CLIII und S. 425 und mit speciellerer Beziehung auf den Menschen in seiner „Natürlichen Schöpfungsgeschichte" 1870. Bei der kritischen Anzeige des letzteren Werkes iu The Academy, 1869, p. 42 sagt Prof. Huxley, dass er das Phylum oder die Descendenzlinien der Vertebraten für ausgezeichnet von Häckel erörtert hält, wenngleich er von ihm in einigen Punkten abweicht. Er drückt auch seine hohe Wertbschätzung der allgemeinen Haltung und des Geistes des ganzen Werkes aus.
DAttWIN, Abstammung. I. Zweite Auflage. 12
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Genealogie des Menschen.
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gefunden worden ist. Die Annahme, dass von einander so verschiedene Thiere, wie ein Elephant oder Affe und ein Kolibri, eine Schlange, ein Frosch und ein Fisch u. s. w. siimmtlicli von denselben Eltern entsprossen sein könnten, wird Denjenigen ganz monströs erscheinen, welche die neueren Fortschritte der Naturgeschichte nicht mit Aufmerksamkeit verfolgt haben; denn diese Annahme setzt die frühere Existenz von Zwischengliedern voraus, welche alle diese jetzt so völlig ungleichen Formen eng mit einander verbanden.
Nichtsdestoweniger ist es sicher, dass Thiergruppen existirt haben, oder selbst jetzt noch existiren, welche die verschiedenen grossen Wir-belthierclassen mehr oder weniger eng mit einander zu verbinden geeignet waren oder sind. Wir haben gesehen, dass der Ornithorhynchus sich in mehreren Beziehungen den Reptilien nähert und Professor Huxley hat die merkwürdige Entdeckung gemacht, welche Mr. Cope und Andere bestätigt haben, dass die alten Dinosaurier in vielen wichtigen Beziehungen mitten zwischen gewissen Reptilien und gewissen Vögeln inne stehen; und zu den letzteren gehören die straussartigen Vögel (offenbar die weitverbreiteten Reste einer grösseren Gruppe) und der Archaeo-pteryx, jener merkwürdige Vogel, welcher einen langen Schwanz hatte wie eine Eidechse. Ferner bieten nach Professor Owen 20 die Ichthyosaurier — grosse Meereidechsen, die mit Ruderfi'issen versehen waren — viele Verwandtschaften mit Fischen oder vielmehr, Huxley zufolge, mit Amphibien dar. Diese letztere Classe, welche in ihrer höchsten Abtheilung die Frösche und Kröten enthält, ist offenbar mit den ga-noiden Fischen verwandt. Diese letzteren Fische wieder waren während der früheren geologischen Perioden sehr zahlreich und nach einem, wie man sich auszudrücken pflegt, bedeutend verallgemeinerten Plane gebaut, d. h. sie zeigten verschiedenartige Verwandtschaften mit andern Gruppen von Organismen. Die Amphibien und Fische sind auch durch den Lepidosiren so nahe mit einander verbunden, dass die Zoologen sich lange gestritten haben, m welche dieser beiden Gruppen jene Form zu stellen sei. Der Lepidosiren und einige wenige ganoide Fische sind dadurch vor völliger Zerstörung gerettet worden, dass sie unsere Flüsse bewohnen, welche schützende Häfen bilden und dieselbe Beziehung zu den grossen Wassermassen des Oceans darbieten, wie die Inseln zu den Continenten.
Palaeontology. 1860, p. 199.
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Cap. G. Niedere Stufen des menschlichen Stammbaums. 179
Endlich ist ein einziges Glied der ungeheuer grossen und verschiedenartigen Classe der Fische, nämlich das Lanzettfischchen oder Amphioxus, so verschieden von allen übrigen Fischen, dass Häckel behauptet, es müsste eine besondere Classe im Wirbelthierreiche bilden. Dieser Fisch ist wegen seiner negativen Merkmale merkwürdig; man kann kaum sagen, dass er ein Gehirn, eine Wirbelsäule, ein Herz u. s. w. besitzt, so dass er auch von den älteren Naturforschern unter die Würmer gestellt wurde. Vor vielen Jahren machte Professor Goobsir die Beobachtung, dass das Lanzettfischchen einige Verwandtschaften mit den Ascidien darbietet, welche wirbellose hermaphroditische marine Geschöpfe und beständig fremden Körpern angeheftet sind. Sie erscheinen kaum als Thiere und bestehen aus einem zähen lederartigen Sacke mit zwei kleinen vorspringenden Oeftinuigen. Sie gehören zu den Mol-luscoiden Hüxley's, einer niedrigen Abtheilung des grossen Unterreichs der Mollusken; neuerdings sind sie aber von einigen Zoologen unter die Vermes oder AVürmer gestellt worden. Ihre Larven sind der Form nach den Kaulquappen etwas ähnlich 21 und haben das Vermögen frei herumzuschwimmen. Einige neuerdings von KÖwaleysky -- gemachte und seitdem von Professor Kuppfer bestätigte Beobachtungen werden eine Entdeckung von ausserordentlichem Interesse darbieten, wenn sie noch weiter ausgedehnt sein werden, wie es auch Kowalevsky in Neapel nach dem, was ich darüber höre, jetzt ausgeführt hat. Die Entdeckung besteht darin, dass die Larven der Ascidien den Wirbelthieren verwandt sind und zwar in der Weise ihrer Entwickelung, in der relativen Lage ihres Nervensystems und in dem Besitze eines Gebildes, welches der Chorda dorsalis der Wirbelthiere gleicht. Dürfen wir uns nun auf Embryologie verlassen, welche sich stets als der sicherste Führer hei der Classification erwiesen hat, so scheint es hiernach, als hätten wir end-
21 Ich habe die Genugthunng gehabt, auf den Falkland-Inseln im April 1833 und daher mehrere Jahre vor irgend einem andern Naturforscher die loeomo-tiven Larven einer zusammengesetzten Ascidie gesehen zu haben, welche mit Sy-noieum nahe verwandt, aber, wie es scheint, doch generisch von ihm verschieden war. Der Schwanz war ungefähr fünfmal so lang als der oblonge Kopf und endete in einem feinen Faden. Er war, wie ich es unter einem einfachen Mikroskop gezeichnet habe, deutlich durch quere opake Abtheilungen getheilt, welche, wie ich vermnthe, die grossen von Kowalevsky abgebildeten Zellen darstellen. Auf einer früheren Eutwickelungsstufc war der Schwanz dicht um den Kopf der Larve gewickelt.
" Memoir. de l'Acad. des Scienc. de St. Pctcrsbourg. Tom. X, No. 15. 186G. - j2 *
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\ 80 Genealogie des Menschen, I. Theil.
lieh eiuen Schlüssel zu jener Quelle gefunden, aus welcher die Wirbel-thierc herstammen. Wir würden darnach zu der Annahme berechtigt sein, dass in einer äusserst frühen Feriode eine Gruppe voii Thieren existirte, in vielen Beziehungen den Larven unserer jetzt lebenden Asci-dien ähnlich, welche in zwei grosse Zweige auseinandergiong; von'diesen gieng der eine in der Entwickelung zurück und -brachte die jetzige Classe der Ascidien hervor, während der andere sich zu der Krone und Spitze des ganzen Tliierreichs erhob dadurch, dass er die Wirbel-thierc entstehen liess.
Wir haben bis jetzt versucht, in grossen Umrissen die Genealogie der Wirbelthiere mit Hülfe ihrer gegenseitigen Verwandtschaften zu entwerfen. Wir wollen nunmehr den Menschen betrachten, wie er gegenwärtig oxistirt, und ich meine, wir werden theilweise im Stande sein, in den aufeinanderfolgenden Perioden, aber wohl nicht in der gehörigen Zeitfolge, den Bau unserer frühen Urerzeuger zu reconstruiren. Dies kann mit Hülfe der Rudimente ausgeführt werden, welche der Mensch noch besitzt, ferner durch die Charactere, welche gelegentlich bei ihm in Folge eines Rückschlags zur Erscheinung kommen, und endlich durch die Hülfe der Gesetze der Morphologie und Embryologie. Die verschiedenen Thatsacheu, auf welche ich mich hier beziehen werde, sind in den vorausgehenden Capitata mitgetheilt worden. Die früheu Urerzeuger des Menschen waren ohne Zweifel einst mit Haaren bekleidet, wobei beide Geschlechter Barte hatten. Ihre Ohren waren zugespitzt und einer Bewegung fähig und ihre Körper waren mit einem Schwänze versehen, welcher die gehörigen Muskeln besass. Auch auf ihre Gliedmassen und den Körper wirkten viele Muskeln, welche jetzt nur gelegentlich wiedererscheinen, aber bei den Quadrumanen im normalen Zustande vorhanden sind. Die grosse Arterie und der Nerv des Oberarms liefen durch ein supracondyloides Loch. In dieser oder einer noch früheren Periode gab der Dannkanal ein viel grösseres Divertikel oder einen Blinddarm ab als der jetzt beim Menschen vorhandene ist. Nach dem Zustande der grossen Zehe beim Menschen zu urtheilen war damals der Fuss ein' Greiü'uss und ohne Zweifel waren unsere Urerzeuger Baumthiere, welche ein warmes, mit Wäldern bedecktes Land bewohnten. Die Männchen waren mit grossen Eckzähnen versehen, welche ihnen als furchtbare Waffen dienten.
Auf einer noch viel früheren Periode war der Uterus doppelt, die
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Cap. 6.
Zwitterzustand der Wirhelthiere.
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Answnrfsstoffe wurden durch eine Cloake entleert und das Auge wurde von einem dritten Augenlide oder einer Nickhaut beschützt. Auf einer noch früheren Periode müssen die Urerzeuger des Menschen in ihrer Lebensweise Wasserthiere gewesen sein; denn die Morphologie lehrt ganz deutlich, dass unsere Lungen aus einer modiflcirten Schwimmblase her-vorgiengen, welche einst als hydrostatisches Gebilde wirkte. Die Spalten am Halse des menschlichen Embryo's zeigen uns, wo einst die Kiemen lagen. Ungefähr in dieser Periode wurden die echten Nieren durch die WoLFF'schen Körper ersetzt. Das Herz bestand nur in der Form eines einfach pulsirenden Gefässes und die Chorda dorsalis nahm die Stelle einer Wirbelsäule ein. Diese frühen Vorläufer des Menscheu, welche wir hiernach in den dunklen Zeiten vergangener Aeonen sehen, müssen so niedrig organisirt gewesen sein wie das Lanzettfisclichen oder Am-phioxus, oder selbst noch niedriger.
Es ist aber noch ein anderer Punkt, welcher einer ausführlichen Erwähnung bedarf. Es ist längst bekannt, dass in dem Wirbelthier-reiche das eine Geschlecht Rudimente verschiedener accessorischer, zu dem Systeme der Keproductionsorgane gehöriger Theile besitzt, welche eigentlich dem entgegengesetzten Geschlechte angehören, und es ist jetzt ermittelt worden, dass auf einer sehr frühen embryonalen Periode beide Geschlechter echte männliche und weibliche Generationsdrüsen besassen. Es scheint daher ein äusserst weit zurückliegender Urerzeuger des grossen Wirbelthierreichs hermaphroditisch oder androgyn gewesen zu seinrs. Hier stossen wir aber auf eine eigentümliche Schwierigkeit. In der Classe der Säugethiere besitzen die Männchen in ihren Vesiculae pro-staticae Rudimente eines Uterus mit dem daranstossenden Canal, sie besitzen auch Eudimente von Brustdrüsen; und einige männliche Beutel-thiere haben Rudimente einer marsupialen Tasche 24. Es liessen sich
23 Dies ist die Schlnssfolgerung, zu welcher eine der höchsten Autoritäten in der vergleichenden Anatomie gelangte, nämlich Prof. Gegenbaur, in seinen Grundzügen der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. 1870, S. 876. Er ist zu diesem Resultate vorzüglich durch das Studium der Amphibien geleitet worden; es scheint aber nach den Untersuchungen Wald ey er 's (Eierstock und Ei. Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichto der Soxtialorgane. Leipzig, 1870, S. 152 flgde.) die Uranlage der Sexualorgane auch bei den höheren Vertcbraten hermaphroditisch zu sein (citirt in Hnmphry's Journ. of Anat. and Phys. 1869, p. 161). Aehnliche Ansichten haben mehrere Schriftsteller schon vor längerer Zeit ge-theilt, wenn schon nicht so gut begründet wie in neuerer Zeit.
21 Der männliche Thi/hitinus bietet das beste Beispiel dar. Owen, Ana-tomy of Vertebratos. Vol. III, p. 771.
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Genealogie des Menschen.
I. Theil.
noch andere analoge Thatsachen hinzufügen. Haben wir nun anzunehmen, dass irgend ein äusserst altes Säugethier Organe besass, welche beiden Geschlechtern eigen sind, d. h. welches zwitterhaft blieb, nachdem es die hauptsächlichsten Unterscheidungsmerkmale seiner eigenen Classe erlangt hatte, nachdem es daher von den niederen Classen des Wirbelthierreichs. abgezweigt war? Dies scheint im höchsten Grade unwahrscheinlich zu sein. Denn wäre dies der Fall gewesen, so hätten wir erwarten können, dass einige wenige Glieder der beiden niederen Classen, nämlich der Fische23 und Amphibien, noch immer androgyn geblieben wären. Wir müssen im Gegentheile glauben, dass, als die fünf Wirbelthierclassen von ihrem gemeinsamen Urerzeuger divergirten, die Geschlechter bereits getrennt geworden waren. Um indessen die Thatsache zu erklären, dass männliche Sängethiere Rudimente der ac-ccssorischen weiblichen Organe und dass weibliehe Sängethiere Rudimente der männlichen Organe besitzen, brauchen wir nicht anzunehmen, dass ihre früheren Urerzeuger noch immer Zwitter waren, nachdem sie ihre hauptsächlichsten Säiigethiermerkmale angenommen hatten. Es ist sehr wohl möglich, dass, in der Weise als das eine Geschecht allmählich die ihm eigenthümlichen accessorischen Organe erlangte, einzelne der aufeinanderfolgenden Stufen oder Modifikationen auf das andere Geschlecht mit überliefert wurden. Wenn wir die geschlechtliche Zuchtwahl zu behandeln haben werden, werden wir zahllose Beispiele dieser Form der Ueberlieferung antreffen, — so in den Fällen, wo Spornen, besondere Federn oder brillante Farben, welche von den männlichen Vögeln zum Kämpfen oder zum Schmuck erlangt worden sind, im einem inivollkommenen oder rudimentären Zustand den Weibchen überliefert worden sind.-Dass männliche Sängethiere functionell unvollkommene Milchdrüsen besitzen, ist in manchen Beziehungen ganz besonders merkwürdig. Die Monotremen haben die ordentlichen milchabsondernden Drüsen mit Oeftnungen aber ohne Zitzen; und da diese Thiere factisch auf dem Boden der ganzen Säugethierreihe stehen, so ist es wahrscheinlich, dass die Urerzeuger der Classe in gleicher Weise die milchabsondernden
2 Bekanntlich findet sich Serranus oft in einem hermaphroditischen Zustande, wobei die den beiden Geschlechtern eigenen Organe symmetrisch entwickelt sind. Mehrere tüchtige Naturforseher sind überzeugt, dass dies der Normalzustand ist; Dr. Günther theilt mir indessen mit, er sei der Ansicht, dass dies nicht der normale Zustand sei. Abstammung von einem alten androgynen Prototype würde aber natürlich das Wiederauftreten dieses Zustandes bei Fischen begünstigen und in einem gewissen Maasse erklären, wenn er ein abnormer wäre.
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Cap. Ij. Zwitterznstand der Wirhelthiere. j 83
Drüsen, aber keine Zitzen besassen. Diese Folgerung wird noch durch das unterstützt, was wir von ihrer Entwickelungsweise wissen; denn Professor Turner theilt mir nach der Autorität von Köllikee und Langer mit, dass beim Embryo die Milchdrüsen deutlich nachgewiesen werden können, noch ehe die Warzen auch nur im geringsten sichtbar sind; und man muss im Sinne behalten, dass die Entwickelung nach einander auftretender Theile am Individuum im Allgemeinen die Entwickelung nach einander auftretender Geschöpfe in derselben Descendenz-reihe darzustellen oder mit dieser übereinzustimmen scheint. Die Marsupialien weichen von den Monotreraen durch den Besitz von Zitzen ab, so dass diese Organe wahrscheinlich von den Marsupialien zuerst erlangt wurden, nachdem sie von den Monotremen sich abgezweigt und sich über dieselben erhoben hatten, worauf sie dann den placentalen Säuge-thieren überliefert wurden. Niemand wird annehmen, dass irgend ein Glied der Säugetliierreihc noch zwitterhaft blieb, nachdem die Marsupialien ihren gegenwärtigen Bau annäherungsweise erreicht hatten, d. h. in einer im Ganzen späten Periode der Entwickelung der Säugethiere. Wir scheinen daher genöthigt zn sein, auf die vorstehende Ansicht zurückzukommen und zu schlicssen, dass die Zitzen zuerst bei den Weibchen irgend einer sehr frühen marsupialeu Form sich entwickelt und dann in Uebereinstimmung mit einem allgemeinen Gesetze der Vererbung in einem functionell unvollkommenen Zustand sich auf die Männchen vererbt haben.
Nichtsdestoweniger ist mir zuweilen eine Vermuthung durch den Sinn gegangen, dass lange nachdem die Urerzcuger der ganzen Säuge-thierclasse aufgehört hatten, Zwitter zu sein, beide Geschlechter Milch erzeugt und damit ihre Jungen ernährt haben mögen und, was die Marsupialien betrifft, dass beide Geschlechter ihre Jungen in den mar-supialen Taschen mit sich herumgeführt haben mögen. Dies wird nicht völlig unglaubhaft erscheinen, wenn wir bedenken, dass die Männchen der Nadelfische (SyngnathusJ die Eier der Weibchen in ihre abdominalen Taschen aufnehmen, sie ausbrüten und, wie Manche annehmen, später die Jungen ernähren26, — dass ferner gewisse andere männ-
26 Mr. Lockwood glaubt (nach dem Citat im Quart. Jour. of Science, Apr. 1808, p. 2G9) nach dem was er über die Entwickelung von llipptwampus beobachtet hat, dass die Wandungen der Abdominaltasche des Männchen in irgend einer Weise Nahrung darbieten. Ueher männliche Fische, welche die Eier in ihrem Munde ausbrüten s. einen sehr interessanten Aufsatz von Prof. Wyman
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Genealogie des Menschen.
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liehe Fische die Eier innerhalb ihres Mundes oder der Kiemenhöhlen ausbrüten, — dass gewisse männliche Kröten die rosenkranzförmigen Reihen von Eiern von ihren "Weibchen abnehmen und sie um ihre eigenen Schenkel herumwinden und dort behalten, bis die Kaulquappen geboren worden sind, — dass ferner gewisse männliche Vögel die Pflicht des Brütens ganz auf sich nehmen und dass männliche Tauben ebenso gut wie die weiblichen ihre Nestlinge mit einer Absonderung aus ihrem Kröpfe ernähren. Die oben angegebene Vermuthung kam mir aber zuerst, als ich sah, dass die Milchdrüsen bei männlichen Säugethieren so viel vollkommener entwickelt sind als die Rudimente jener andern ac-cessorischen Theile des Fortpflanzungssystems, welche sich in dem einen Geschlechte finden, trotzdem sie eigentlich dem andern angehören. Die Milchdrüsen und Zitzen können in der Form, wie sie bei männlichen Säugethieren existiren, in der That kaum rudimentär genannt werden, sie sind einfach nicht vollständig entwickelt und nicht functionell thä-tig. Sie werden unter dem Einflüsse gewisser Krankheiten sympathisch mit afficirt, ganz wie dieselben Organe beim Weibchen. Bei der Geburt sondern sie oft einige wenige Tropfen Milch ab, und man hat Fälle kennen gelernt, wo sie gelegentlich beim Menchen und andern Säugethieren wohl entwickelt waren und eine reichliche Menge von Milch absonderten. Wenn wir nun annehmen, dass während einer frühen lange dauernden Periode die männlichen Säugethiere ihre Weibchen bei der Ernährung ihrer Nachkommen unterstützten und dass später aus irgend einer Ursache, wie, wenn eine kleinere Zahl von Jungen hervorgebracht wurde, die Männchen aufhörten, diese Hülfe 7.11 widmen, so würde Nichtgebrauch der Organe während des Reifezustands dazu führen, dass sie unthätig wurden; und nach zwei bekannten Principien der Vererbung würde dieser Znstand der Unthätigkeit wahrscheinlich auf die Männchen im entsprechenden Alter der Reife vererbt werden. Aber auf allen früheren Lebensaltern würde dieses Organ unafficirt bleiben, so dass sie bei den Jungen beider Geschlechter gleichmässig wohl entwickelt sein würden.
Schluss. — Die beste Definition der Weiterentwickelung oder des Fortschritts in der organischen Stufenleiter, welche je gegeben worin: rroceeil. Boston. Soc. ^Tat. Hist. Sept. 15. 1857, auch Prof. Turner in Jouru. of Anat. and Physiol. Jfov. 1. 18G6, p. 78. Aehnliohe Fälle hat gleicherweise Dr. Günther beschrieben.
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Cap. 6. Genealogie des Menschen. 185
den ist, ist die von Karl Ernst von Baer und diese beruht auf dem Betrag der Difterenzirung und Specialisirung der verschiedenen Theile eines und desselben Wesens, wenn es, wie ich geneigt sein würde hinzuzufügen, zur Keife gelangt ist. Da nun Organismen mittelst der natürlichen Zuchtwahl langsam verschiedenartigen Richtungen des Lebens angepasst worden sind, so werden ihre Theile in Folge des durch die Theilung der physiologischen Arbeit erlangten Vortheils immer mehr und mehr für verschiedene Functionen differencirt und specialisirt worden sein. Ein und derselbe Theil scheint oft zuerst für den einen Zweck und dann lange Zeit später für irgend einen andern und völlig verschiedenen Zweck modificirt worden zu sein; und hierdurch sind alle Theile mehr oder weniger complicirt gemacht worden. Aber jeder Organismus wird noch immer den allgemeinen Typus des Baues seines Urerzeugers, von dem er ursprünglich herrührte, beibehalten. In Ue-bereinstimmung mit dieser Ansicht ist es, wie wir "unter Berücksichtigung der geologischen Zeugnisse annehmen, dass die Organisation im Ganzen auf der Erde in langsamen und unterbrochenen Schritten vorgeschritten ist. In dem grossen Unterreiche der Wirbelthiere hat sie im Menschen gegipfelt. Es darf indessen nicht angenommen werden, dass Gruppen organischer AVesen fortwährend unterdrückt werden und verschwinden, sobald sie andern und vollkommeneren Gruppen Entstehung gegeben haben. Wenn auch die Letzteren über ihre Vorgänger gesiegt haben, so brauchen sie doch nicht für alle Stellen in dem Haushalte der Natur besser angepasst gewesen zu sein. Einige alte Formen scheinen leben geblieben zu sein, weil sie geschützte Orte bewohnten, wo sie keiner sehr scharfen Concurrenz ausgesetzt waren; und diese unterstützen uns oft bei der Constrnction unser Genealogien dadurch, dass sie uns ein leidliches Bild früherer und sonst verloren gegangener Bildungen geben. Wir dürfen aber nicht in den Irrthum verfallen, die jetzt lebenden Glieder irgend einer niedrig organisirten Gruppe als vollkommene Repräsentanten ihrer alten Urerzeuger zu betrachten.
Die ältesten Urerzeuger im Unterreiche der Wirbelthiere, auf welche wir im Stande sind, einen, wenn auch nur undeutlichen, Blick zu werfen, bestanden, wie es scheint, aus einer Gruppe von Seethieren-7,
27 Alle Lebensvorgänge neigen zu einem Verlaufe in feststehenden und wiederkehrenden Perioden und bei zwischen den Flutligrenzen lebenden Thieren werden diese Perioden wahrscheinlich Mondperioden gewesen sein; denn solche Thiere müssen während zahlloser Generationen in regelmässigen lunaren Zwi-
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welche den Larven der jetzt lebenden Ascidien ähnlich waren. Diese Thiere Hessen wahrscheinlich eine Gruppe von Fischen entstehen, welche gleich niedrig wie der Lanzettfisch orgauisirt waren; und aus diesen müssen sich die ganoiden und andere dem Lepidosiren ähnliche Fische entwickelt haben. Von derartigen Fischen wird uns ein nur sehr geringer Fortschritt zu den Amphibien hinführen. Wir haben gesehen, dass Vögel nnd Eeptilien einst innig mit einander verbunden waren, und die Monotremen bringen jetzt in einem unbedeutenden Grade die Säugethiere- mit den Eeptilien in Verbindung. Für jetzt kann aber Niemand sagen, durch welche Descendenzreihe die drei höheren und verwandten Gassen, nämlich Sängethiere, Vögel und Reptilien, von einer der beiden niederen Wirbelthierclassen, nämlich Amphibien und Fischen, abzuleiten sind. Innerhalb der Classe der Sängethiere sind die einzelnen Schritte nicht schwer zu verfolgen, welche von den alten Monotremen zu den alten Marsupialien führen und von diesen zu den frühen Urerzeugern der placentalen Sängethiere. Wir können auf diese Weise bis zu den Lemuriden aufsteigen und der Zwischenraum zwischen diesen bis zu den Simiaden ist nicht gross. Die Simiaden zweigten sich dann in zwei grosse Stämme ab, die neuweltlichen nnd die altweltlichen Affen, und aus den letzteren gieng in einer frühen Zeit der Mensch, das Wunder und der Ruhm des Weltalls, hervor.
Wir haben auf diese Weise dem Menschen einen Stammbaum von wunderbarer Länge gegeben, man könnte aber meinen nicht einen Stammbaum von edler Beschaffenheit. Es ist oft bemerkt worden, dass die Welt sich lange auf die Ankuuft des Menschen vorbereitet zu haben scheint; und dies ist in einem gewissen Sinne durchaus wahr, denn er
schenränmen trocken gelassen oder mitliefern Wasser bedeckt, mit reichlicher oder beschränkter Nahrung versorgt gewesen sein. Wenn daher die Wirbelthiere von einem Thiere abgestammt sind, welches mit den jetzt zwischen den Flnth-grenzen lebenden Ascidien verwandt war, so wird die mysteriöse Thatsaehe, dass bei den höheren und jetzt auf dem Lande lebenden Wirbelthieren, — andere Classen nicht zu erwähnen — viele normale und abnorme Lebensvorgänge einen den Mondperioden entsprechenden Verlauf einhalten, verständlich. Eine wiederkehrende Periode dürfte, wenn sie annäherungsweise die gehörige Dauer hatte, sobald sie einmal erlangt war, nicht leicht einer Veränderung unterliegen; sie könnte daher fast durch jede beliebige Anzahl von Generationen überliefert werden. Diese Schlnssfolgerung würde, wenn sie als richtig erfunden würde, höchst merkwürdig sein; denn wir würden dann sehen, dass die Trächtigkeitsdauer bei allen Säugethieren, die Brütezeit aller Vogeleier, und viele andere Lebensvorgänge noch immer die ursprüngliche Geburtsstätte dieser Thiere verrathen.
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Cap. C. Genealogie des Menschen. 187
verdankt seine Geburt einer langen Eeihe von Vorfahren. Hätte ein einziges Glied in dieser langen Kette niemals existirt, so würde der Mensch nicht genau das geworden sein, was er jetzt ist. Wenn wir nicht absichtlich unsere Augen schliessen, so können wir nach unsern jetzigen Kenntnissen annähernd unsere Abstammung erkennen und wir dürfen uns derselben nicht schämen. Der niedrigste Organismus ist etwas bei weitem Höheres als der unorganische Staub unter unsern Füssen, und Niemand mit einem vorurtheilsfreien Geiste kann irgend ein lebendes Wesen , wie niedrig es auch stehen mag, studiren, ohne enthusiastisch über seine merkwürdige Structur und seine Eigenschaften erstaunt zu werden.
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Siebentes Capitel.
Ueber die Rassen der Menschen.
Die Beschaffenheit und der Werth specifischer Merkmale. — Anwendung auf die Menschenrassen. — Argumente, welche der Betrachtung der sogenannten Menschenrassen als distincter Species günstig und entgegengesetzt sind. — Snbspecios. — Monogenisten und Polygenisten. — Convergenz des Cha-racters. — Zahlreiche Punkte der Uebereinstimmung an Körper und Geist zwischen den verschiedensten Menschenrassen. — Der Zustand des Menschen, als er sich zuerst über die Erde verbreitete. — Jede Rasse stammt nicht von einem einzelnen Paare ab. — Das Aussterben von Rassen. — Die Wirkung der Kreuzung. — Geringer Einfluss der directon Wirkung der Lebensbedingungen. — Geringer oder kein Einfluss der natürlichen Zuchtwahl. — Geschlechtliche Zuchtwahl.
Es ist nicht meine Absicht, hier die verschiedenen sogenannten "Rassen des Menschen zu beschreiben, sondern nur zu untersuchen, was der Werth der Unterschiede zwischen ihnen von einem classificatorischon Gesichtspunkte aus ist und wie dieselben entstanden sind. Bei der Bestimmung des Umstands, ob zwei oder mehrere mit einander verwandte Formen als Species oder als Varietäten zu classificiren sind, werden die Naturforscher practisch durch die folgenden Betrachtungen geleitet: einmal nämlich durch den Betrag an Verschiedenheit zwischen ihnen, dann ob derartige Verschiedenheiten sich auf wenige oder viele Punkte ihres Baues beziehen und ob dieselben von physiologischer Bedeutung sind; aber noch specieller durch den Umstand, ob diese Verschiedenheiten constant sind. Constanz des Characters ist das, was für besonders werth voll gehalten und wonach von den Naturforschern gesucht wird. Sobald gezeigt oder wahrscheinlich gemacht werden kann, dass die in Frage stehenden Formen eine lauge Zeit hindurch verschieden geblieben sind, so wird dies ein Argument von bedeutendem Gewichte zu Gunsten ihrer Behandlung als Species.' Selbst ein unbedeutender Grad von Unfruchtbarkeit zwischen irgend zwei Formen bei ihrer ersten Kreuzung oder bei ihren Nachkommen wird allgemein als eine entscheidende Probe ihrer speeifischen Verschiedenheit angesehen, auch wird ihr beständiges Getrenntbleiben
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Cap. 7. Rassen des Menschen 189
innerhalb eines und desselben Bezirks ohne Verschmelzung gewöhnlich als hinreichender Beweis angesehen entweder für einen gewissen Grad gegenseitiger Unfruchtbarkeit oder, was die Thiere betrifft, eines gewissen Widerwillens gegen wechselseitige Paarung.
Unabhängig von einer Verschmelzung infolge einer Kreuzung ist der vollständige Mangel von Varietäten, welche irgend zwei nahe verwandte Formen in einer sonst gut untersuchten Gegend mit einander verbinden, wahrscheinlich das bedeutungsvollste von allen Kennzeichen für ihre specifische Verschiedenheit. Und hier liegt ein von der Be- . rücksiebtigung der blossen Constanz des Characters etwas verschiedener Gedanke zu Grunde; denn zwei Formen können äusserst variabel sein und doch keine Zwischenvarietäten erzeugen. Geographische Verbreitung wird oft unbewusst und zuweilen bewusst als Zeugniss mit herangezogen, so dass Formen, welche in zwei weit von einander getrennten Bezirken leben, innerhalb deren die meisten andern Bewohner speciflsch verschieden sind, gewöhnlich auch selbst als verschieden betrachtet werden; doch bietet dieser Umstand in Wahrheit keine Hülfe zur Unterscheidung geographischer Rassen von sogenannten guten oder echten Species dar.
Wir wollen nun diese allgemein angenommenen Grundsätze auf die Rassen des Menschen anwenden und ihn in demselben Sinne betrachten, in welchem ein Naturforscher irgend ein anderes Thier ansehen würde. Was den Betrag an Verschiedenheit zwischen den Rassen betrifft, so müssen wir unserem feinen Unterscheidungsvermögen etwas zu gute rechnen, welches wir durch die lange Uebung der Selbstbeobachtung gewonnen haben. Obschon, wie Elphinstone bemerkt', ein neu in Indien angekommener Europäer zuerst die verschiedenen eingeborenen Rassen nicht unterscheiden kann, so erscheinen sie ihm doch bald äusserst unähnlich; und ebenso kann der Hindu zuerst keine Verschiedenheit zwischen den verschiedenen europäischen Eingeborenen wahrnehmen. Selbst die verschiedensten Menschenrassen, mit Ausnahme gewisser Negerstämme, sind einander der Form nach viel ähnlicher als zuerst angenommen werden würde. Dies zeigt sich deutlich in den französischen Photographien in der Collection anthropologique du Museum von Menschen, die verschiedenen Rassen angehören, von welchen die grössere Zahl, wie viele Leute, denen ich sie gezeigt habe, bemerkt
1 History of India. 1841. Vol. I, p. 323. Der Pater Ripa macht genau dieselbe Bemerkung in Bezug auf die Chinesen.
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Rassen des Menschen.
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haben, für Europäer gelten kann. Nichtsdestoweniger würden diese Menschen, wenn man sie lebendig sähe, unzweifelhaft sehr verschieden erscheinen, so dass wir ganz entschieden in unserem Urtheile durch die blosse Farbe, der Haut und des Haars, durch unbedeutende Verschiedenheiten in den Gesichtszügen und durch den Ausdruck sehr be-einflusst werden.
Es ist indessen zweifellos, dass die verschiedenen Rassen, wenn sie sorgfältig verglichen und gemessen werden, bedeutend von einander abweichen, — so in der Textur des Haars, den relativen Proportionen aller Theile des Körpers2, der Capacität der Lungen, der Form und dem Rauminhalte des Schädels und selbst in den Windungen des Gehirns3. Es würde aber eine endlose Aufgabe sein, die zahlreichen Punkte der Verschiedenheiten des Baues einzeln durchzugehen. Die Rassen weichen auch in der Constitution, in der Acclimatisationsfähig-keit und in dem Verhalten gegen verschiedene Krankheiten von einander ab; auch sind ihre geistigen Merkmale sehr verschieden, hauptsächlich allerdings, wie es scheinen dürfte, in der Form ihrer Gemüths-erregungen, zum Theil aber auch in ihren intellectuellen Fähigkeiten. Ein Jeder, welcher die Gelegenheit zur Vergleichung gehabt hat, muss von dem Contraste überrascht gewesen sein zwischen dem schweigsamen, selbst morosen Eingeborenen von Südamerika und dem leichtherzigen schwatzhaften Neger. Ein ziemlich ähnlicher Contrast besteht zwischen den Malaycn und Papuas 4, welche unter denselben physikalischen Bedingungen leben und nur durch einen sehr dünnen Meeresstrich von einander getrennt sind.
Wir wollen zuerst die Gründe betrachten, die man zu Gunsten einer Classification von Menschenrassen als besonderer Arten vorbringen kann, und dann die, welche für die gegentheilige Ansicht sprechen. Wenn ein Naturforscher, welcher noch niemals zuvor solche Wesen gesehen hätte, einen Neger, Hottentotten, Australier oder Mongolen mit einander zu
'l Eine ungeheure Zahl von Maassangaben von AVeissen, Schwarzen und Indianern sind mitgetheilt in den Investigations in the Military aud Anthropolog. Statistics of American Soldiers, by B. A. Gould. 18G9. p. 298—358, über die Capacität der Lungen, ebend. p. 471, s. auch die zahlreichen und werthvollen Tabellen von Dr. Weisbach nach den Beobachtungen des Dr. Scherzer und Dr. Schwarz in der Reise der Novara. Anthropolog. Theil. 1867.
3 s. z. B. Marshall's Bericht über das Gehirn eines Buschmann-Weibes in Philos. Transact. p. 519.
4 Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 18C9. p. 178.
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Cap. 7. Beschaffenheit specifischer Merkmale. 191
vergleichen" hätte, so würde er sofort bemerken, dass sie in einer Menge von Charactereu von einander abweichen, von denen einige unbedeutend, einige aber von ziemlicher Bedeutung sind. Bei näherer Erörterung würde er finden, dass diese Formen einem Leben unter sehr verschiedenen Climaten angepasst sind und dass sie auch in ihrer körperlichen Constitution und ihren geistigen Anlagen etwas von einander verschieden sind. Wenn man ihm dann sagt, dass Hunderte ganz ähnlicher Exemplare aus denselben' Ländern herbeigöbracht werden könnten, so würde er zuversichtlich erklären, dass sie so gute Species seien wie viele andere, welche er mit speeifisehen Namen zu versehen gewohnt wäre. Diese Folgerung würde noch an Stärke gewinnen, sobald er sich vergewissert hätte, dass diese Formen dieselben Merkmale schon für viele Jahrhunderte beibehalten haben und dass Neger, die allem Anscheine nach mit den jetzt lebenden identisch waren, mindestens schon vor viertausend Jahren gelebt haben 5. Er würde ferner von einem ausgezeichneten Beobachter, Dr. Lünd 6, hören, dass die in den Höhlen von Brasilien gefundenen Menschenschädel, welche mit vielen ausgestorbenen Sängethieren dort begraben sind, zu demselben Typus gehören, welcher jetzt noch über den ganzen amerikanischen Continent vorherrscht.
5 In Bezug auf die Abbildungen in den berühmten Aegyptischen Höhlen von Abu-Simbel bemerkt Ponchet (The Plurality of the Human Races. Trausl. 1864. p. 50), dass er die Repräsentanten der zwölf oder noch mehr Nationen, welche einige Autoren darin wiedererkennen zu können meinen, auch nicht entfernt wiedererkennbar finden könne. Selbst einige der am schärfsten markirten Rassen können nicht mit jenem Grade der Einstimmigkeit identificirt werden, welcher nach dem, was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist, zu erwarten gewesen wäre. So führen Msrs. Nott and Gliddon (Types of Mankind, p. 148) an, dass Raineses II. oder der Grosse stolze europäische Gesichtszüge habe, während Knox, ein anderer überzeugter Anhänger der Meinung von der speeifischen Verschiedenheit der Menschenrassen (Races of Man, 1850, p. 201) bei der Schilderung des jungen Memnon (wie mir Mr. Birch sagt, ein und dieselbe Person mit Rameses IL) in der entschiedensten Weise behauptet, dass er in seinen Cha-racteren mit den Juden in Antwerpen identisch sei. Als ich ferner im British Museum mit zwei competenten Richtern, Beamten der Anstalt, die Statue des Amunoph III. betrachtete^ stimmten wir darin überein, dass seine Gesichtszüge eine stark ausgesprochene Negerform haben. Die Herren Nott und Gliddon dagegen (a. a. 0. p. 140, Fig, 53) beschreiben ihn als „einen Bastard, aber ohne Beimischung von Negerblut."
6 Citirt von Nott und Gliddon, Types of Mankind. 1854, p. 439. Sie führen auch noch weitere bestätigende Belege an; doch meint C. Vogt, dass der Gegenstand noch weiterer Untersuchung bedürfe.
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Rassen des Menschen.
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Unser Naturforscher würde sich dann vielleicht zur geographischen Verbreitung wenden und würde wahrscheinlich erklären, dass Formen, welche nicht bloss dem äussern Anscheine nach voji einander abweichen, sondern-welche einerseits für die heissesten, andererseits für die feuchtesten oder auch trockensten Länder ebensogut wie für aretische Gegenden angepasst sind, distiuete Species sein müssen. Er dürfte sich wohl auf die Thatsache berufen, dass keine einzige Species in der dem Menschen zunächst stehenden Thiergruppe, nämlich den Quadrumanen. einer niederen Temperatur oder einem einigermaasseu beträchtlichen Wechsel des Clima's wiederstehen kann und dass diejenigen Species, welche dem Menschen am nächsten kommen, niemals selbst unter dem temperirten Clima von Europa bis zur Keife aufgezogen worden sind. Die zuerst von Agassiz 7 erwähnte Thatsache würde einen tiefen Eindruck auf ihn machen, dass nämlich die verschiedenen Rassen auf der Erde innerhalb derselben zoologischen Provinzen vertheilt sind, wie diejenigen sind, welche von unzweifelhaft verschiedenen Arten und Gattungen von Säugethieren bewohnt sind. Dies ist ganz offenbar der Fall mit den Australiern, den mongolischen uud Neger-Rassen des Menschen, in einer weniger scharf ausgesprochenen Weise mit den Hottentotten, aber wieder deutlich mit den Papuas und Malayen, welche, wie Mr. Wallace gezeigt hat, ziemlich durch dieselbe Linie von einander geschieden werden, welche die beiden grossen zoologischen Provinzen von einander trennt, die Malayische und Australische. Die Ureinwohner von Amerika haben ihren Verbreitungsbezirk über diesen ganzen Continent und dies scheint zuerst der eben angegebenen Eegel entgegen zu sein, denn die meisten Naturerzengnisse der südlichen und nördlichen Hälfte sind sehr verschieden. Doch verbreiten sich einige wenige Lebensformen, wie das Opossum, von der einen Hälfte in die andere, wie es früher auch mit einigen der gigantischen Edentaten der Fall war. Die Eskimos erstrecken sich, wie andere aretische Thiere, rund um die ganze Polargegend herum. Man muss auch beachten, dass die Säugethier-formen, welche die verschiedenen zoologischen Provinzen bewohnen, nicht in gleichem Grade von einander verschieden sind, so dass man es auch kaum als eine Anomalie betrachten kann, dass der Neger mehr und der Amerikaner weniger von den andern Menschenrassen abweicht als es die Säugethiere derselben Continente von denen anderer Provinzen
' Diversity of Origin of the Human Races, in dem: Christian Examiner, July, 1850.
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Cap. 7.
Werth specifiscker Merkmale.
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thun. Es kann auch noch hinzugefügt werden, dass allem Anscheine nach der Mensch ursprünglich keine oceanische Insel bewohnt hat; und in dieser Beziehung gleicht er den andern Mitgliedern seiner Classe.
Wenn man zu bestimmen sucht, ob die Varietäten einer und derselben Form von domesticirteu Thieren als speeifisch verschieden clas-sificirt werden sollen, d. h. ob einige von ihnen von verschiedenen wilden Species abgestammt sind, so würde jeder Zoolog viel Gewicht auf die Thatsache legen, wenn sie sich ermitteln Hesse, ob ihre äusseren Parasiten speeifisch verschieden sind. Es würde nur um so mehr Gewicht auf diese Thatsache gelegt werden, als sie eine ausnahmsweise sein würde; denn Mr. Denny hat mir mitgetheilt, dass die verschiedensten Arten von Hunden, Haushühnern und Tauben in England von denselben Species von Pediculinen oder Läusen heimgesucht werden. Nun hat Mr. A. Murkay sorgfältig die in verschiedenen Ländern von den verschiedenen Menschenrassen abgesuchten Pediculinen untersucht8; und er findet, dass sie nicht bloss in der Farbe, sondern auch in der Structur ihrer Kiefern und Gliedmaassen von einander abweichen. In jedem Falle, wo zahlreiche Exemplare erlangt wurden, waren die Verschiedenheiten constant. Der Arzt eines Walfischfängers im Stillen Ocean hat mich versichert, dass wenn die Läuse, welche einige Sand-wichsinsulaner an Bord dieses Schiffes zahlreich bedeckten, sich auf die Körper der englischen Matrosen verirrten, sie im Verlauf von drei oder vier Tagen starben. Diese Pediculinen waren dunkler gefärbt und schienen von denen verschieden zu sein, welche den Eingeborenen von Chiloe in Südamerika eigenthümlich waren und von welchen man mir einige Exemplare gab. Diese wiederum scheinen viel grösser und weicher zu sein als europäische Läuse. Mr. Mukbay verschaffte sich vier Arten aus Afrika, nämlich von den Negern der Ost- und Westküste, von den Hottentotten und von den Kaffern, zwei Arten von den Eingeborenen von Australien, zwei von Nordamerika und zwei von Südamerika. In diesen letzten Fällen darf vermuthet werden, dass die Läuse von Eingeborenen kamen, welche verschiedene Districte bewohnten. Bei Insccten werden unbedeutende Verschiedenheiten des Baues, wenn sie nur constant sind, allgemein als von speeifischem Werthe angesehen, und die Thatsache, dass die Menschenrassen von Parasiten heimgesucht werden, welche speeifisch verschieden zu sein scheinen,
8 Transact. Roy. Soc. Edinburgh. Vol. XXII. 18G1. p. 0G7.
DARWIN, Abstammung. I. Zweite Auflage. 13
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194 Rassen des Menschen. I. Theil.
kann ganz ruhig als ein Argument betont werden, dass die Kassen selbst als distincte Species classificirt werden sollten.
Wäre unser angenommener Zoolog in seiner Untersuchung bis hieher vorgeschritten, so würde er zunächst untersuchen, ob die Menschenrassen, wenn sie sich kreuzen, in irgend einem Grade steril seien. Er dürfte das Werk eines vorsichtigen und philosophischen Beobachters, Professor Beoca 9, zu Rathe ziehen, und darin würde er gute Belege dafür finden, dass einige Rassen völlig fruchtbar unter einander sind, aber auch Belege einer entgegengesetzten Natur i in Bezug auf andere Rassen. So ist behauptet worden, dass die eingeborenen Frauen von Australien und Tasmanien selten mit europäischen Männern Kinder hervorbrächten; indessen sind die Zeugnisse gerade über diesen Punkt jetzt als fast werthlos erwiesen worden. Die Mischlinge werden von den reinen Schwarzen getödtet, und es ist kürzlich ein Bericht veröffentlicht worden über einen Fall, wo elf junge Leute einer Mischlingsrasse zu gleicher Zeit ermordet und verbrannt wurde^, deren Ueber-bleibsel dann von der Polizei gefunden wurden 10. Ferner ist oft gesagt worden, dass, wenn Mulatten unter einander heirathen, sie wenig Kinder erzeugen. Auf der andern Seite behauptet Dr. Bachman von Charlestown 'l positiv, dass er Mulattenfamilien gekannt habe, welche mehrere Generationen hindurch unter einander geheirathet hatten und im Mittel genau so fruchtbar waren als sowohl rein Weisse als rein Schwarze. Neuerdings von Sir C. Lyell angestellte Untersuchungen über diesen Gegenstand haben ihn, wie er mir mittheilt, zu derselben Schlussfolgerung geführt. Die Volkszählung für das Jahr 1854 in den Vereinigten Staaten umfasste Dr. Bachman zufolge 405751 Mulatten, und diese Zahl scheint unter Berücksichtigung aller bei dem Falle in Frage kommenden Umstände gering zu sein, sie dürfte aber zum Theil durch die herabgekommene und anomale Stellung der Classe und durch
' On the Phenomena of Hybridity in the genus Homo. Engl, transl. 18G4.
10 s. den interessanten Brief von T. A. Murray in der Anthropolog. Review. Apr. 1868, p. LIII. In diesem Briefe wird die Angabe des Grafen Strze-lecki widerlegt, dass Australische Frauen, welche mit einem weissen Manne Kinder gehabt haben, später mit ihrer eigenen Rasse unfruchtbar wären. A. de Quatrefages hat gleichfalls zahlreiche Belege dafür gesammelt (Revue des Cours scientifiques. Mars, 1869, p. 239), dass Australier und Europäer bei einer Kreuzung nicht unfruchtbar sind.
" An Examination of Prof. Agassiz's Sketch of the Natur. Provinces of the Animal World. Charleston, 1855, p. 44.
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Cap. 7. Werth der specifischen Merkmale. 195
das ausschweifende Leben der Frauen zu erklären sein. In einem gewissen Grade muss eine Absorption von Mulatten rückwärts in die Neger immer im Fortschreiten begriffen sein, und dies würde zu einer offenbaren Verringerung der Zahl der Ersteren führen. Die geringere Lebensfähigkeit der Mulatten wird in einem zuverlässigen Werke 12 als eine wohlbekannte Erscheinung besprochen; doch wäre dies eine von der verringerten Fruchtbarkeit etwas verschiedene Thatsache und könnte kaum als ein Beweis für die specifisclie Verschiedenheit der beiden elterlichen Rassen vorgebracht werden. Ohne Zweifel sind sowohl thierische als pflanzliche Bastarde, wenn sie von äusserst verschiedenen Species hervorgebracht sind, einem frühzeitigen Tode ausgesetzt; aber die Eltern der Mulatten können nicht in die Kategorie äusserst verschiedener Species gebracht werden. Das gewöhnliche Maulthier, dessen langes Leben und Lebenskraft und doch so grosse Unfruchtbarkeit notorisch sind, zeigt, wie wenig nothwendig bei Bastarden eine Verbindung zwischen verringerter Fruchtbarkeit und Lebensfähigkeit besteht, und andere analoge Fälle könnten noch angeführt werden.
Selbst wenn später noch bewiesen werden sollte, dass alle Menschenrassen vollkommen fruchtbar unter einander wären, so dürfte doch derjenige, welcher aus anderen Gründen geneigt wäre, sie für distiucte Species zu halten, mit vollem Rechte schliessen, dass Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit keine sicheren Kriterien specifischer Verschiedenheit darbieten. Wir wissen, dass diese Eigenschaften durch veränderte Lebensbedingungen oder durch nahe Inzucht leicht afficirt und dass sie von sehr complicirten Gesetzen beherrscht werden, z. B. dem der ungleichen Fruchtbarkeit Avechselseitiger Kreuzungen zwischen denselben zwei Species. Bei Formen, welche als unzweifelhafte Species classificirt werden müssen, besteht eine vollkommene Reihenfolge von denen an, welche bei einer Kreuzimg absolut steril sind, bis zu denen, welche fast ganz oder vollkommen fruchtbar sind. Die Grade der Unfruchtbarkeit fallen nicht scharf mit den Graden der Verschiedenheit im äusseren Bau oder in der Lebensweise zusammen. Der Mensch kann in vielen Beziehungen mit denjenigen Thiereu verglichen werden, welche schon seit langer Zeit domesticirt worden sind, und eine grosse Menge von Belegen kann zu Gunsten der Pallas'schen Theorie13 vorgebracht werden, dass die
12 Military and Anthropolog. Statistics of American Soldiers by B. A. Gould 1869, p. 319.
13 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication.
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Rassen des Menschen.
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Domcsticatiou die Unfruchtbarkeit, welche ein so allgemeines Resultat der Kreuzung von Species im Naturzustände ist, zu eliminiren strebt. Nach diesen verschiedenen Betrachtungen kann man mit Recht betonen, dass die vollkommene Fruchtbarkeit der mit einander gekreuzten Rassen des Menschen, wenn sie festgestellt wäre, uns nicht absolut daran hindern könnte, sie als distincte Species aufzuführen.
Unabhängig von der Fruchtbarkeit hat man zuweilen geglaubt, dass die Charactere der Nachkommen aus einer Kreuzung Beweise dafür darböten, ob die elterlichen Formen als Species oder als Varietäten einzuordnen seien; aber nach einer sorgfältigen Erwägung der Belege
Bd. 2. S: 145. Ich möchte hier den Leser daran erinnern, dass die Unfruchtbarkeit der Arten bei ihrer Kreuzung keine spcciell erlangte Eigenschaft, sondern wie die Unfähigkeit gewisser Bäume auf einander gepropft zu werden, Folge anderer erlangter Verschiedenheiten ist. Die Natur dieser Verschiedenheiten ist unbekannt; sie stehen aber in einer speciellcren Weise mit dem Reproductions-system und viel weniger mit der äusseren Structur oder mit den gewöhnlichen Verschiedenheiten der Constitution in Beziehung. Ein für die Unfruchtbarkeit gekreuzter Species bedeutungsvolles Element liegt allem Anscheine nach darin, dass die eine oder beide seit langer Zeit an fest stehende Lebensbedingungen gewöhnt waren; denn wir wissen, dass veränderte Lebensbedingungen einen spe-ciellen Einfluss auf das Reproductioiissystem äussern; auch haben wir, wie vorhin bemerkt, zu der Annahme guten Grund, dass die fluctuirenden Zustände der Domestication jene Unfruchtbarkeit zu eliminiren strebt, welche bei Species im Naturzustande ihrer Kreuzung so allgemein folgt. Es ist an andern Orten von mir gezeigt worden (Variiren der Thiere und Pflanzen u. s. w. Bd. 2, S. 248 und Enstehung der Arten. 4. Aufl. S. 288), dass die Unfruchtbarkeit gekreuzter Arten nicht durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden ist. Man sieht ja ein, dass es, wenn zwei Formen bereits sehr unfruchtbar geworden sind, kaum möglich ist, dass ihre Unfruchtbarkeit durch die Erhaltung oder das Ueberleben der immer mehr und mehr unfruchtbaren Individuen vermehrt werden könnte; denn in dem Maasse als die Unfruchtbarkeit zunimmt, werden immer weniger und weniger Nachkommen erzeugt werden, welche die Art fortpflanzen könnten, und endlich werden nur in grossen Zwischenräumen einzelne Individuen hervorgebracht werden. Es gibt aber selbst einen noch höheren Grad von Unfruchtbarkeit als diesen. Sowohl Gärtner als Kölreuter haben nachgewiesen, dass bei Pflanzengattungen, welche zahlreiche Species umfassen, sich eine Reihe bilden lässt von Arten, welche bei ihrer Kreuzung immer weniger und weniger Samen erzeugen, bis zu Arten, welche niemals auch nur einen einzigen Samen erzeugen, aber doch vom Pollen der andern Arten afficirt werden, da ihr Keim zu schwellen beginnt. Hier ist es offenbar unmöglich, die sterilen Individuen, welche bereits aufgehört haben, Samen zu pro-ducireu, zur Nachzucht zu wählen, so dass also der Gipfel der Unfruchtbarkeit, wo mir der Keim afficirt wird, nicht durch Zuchtwahl erreicht werden kann. Dieser höchste Grad und zweifelsohne auch die andern Grade der Unfruchtbarkeit sind Resultate, welche mit gewissen unbekannten Verschiedenheiten in der Constitution des Reproductionssystems der gekreuzten Arten zusammenhängen.
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Cap. 7. Werth der specifischeu Merkmale. 197
bin ich zu der Folgerung gekommen, dass keiner allgemeinen Eegel dieser Art getraut werden kann. So gleichen 'beim menschlichen Geschlechte die Nachkommen verschiedener Kassen in allen Beziehungen den Nachkommen echter Species und Varietäten. Dies zeigt sich z. B. in der Art und Weise, in welcher die Charactere beider Eltern mit einander verschmolzen werden, und darin, wie die eine Form durch wiederholte Kreuzung die andere absorbirt. In diesem letzteren Falle behalten die Nachkommen sowohl gekreuzter Species als gekreuzter Varietäten für eine lange Zeit noch eine Neigung, auf ihre Voreltern zurückzuschlagen und besonders auf denjenigen ihrer früheren Urerzeuger, welcher bei der Vererbung ein Uebergewicht besass. Wenn irgend ein Character bei einer Rasse oder einer Species als das Resultat eines einzigen Actes der Abänderung plötzlich erschienen ist, wie es allgemein bei Monstrositäten14 der Fall ist, und wenn dann- diese Rasse mit einer andern'nicht in derselben Weise eharacterisirten gekreuzt wird, so erscheinen die in Frage stehenden Merkmale gewöhnlich nicht bei den Jungen in einem verschmolzenen Zustande, sondern werden denselben entweder in vollkommener Entwicklung oder gar nicht überliefert. Da bei den gekreuzten Menschenrassen Fälle dieser Art selten oder niemals vorkommen, so kann dieser Umstand als ein Argument gegen die von einigen Ethnologen vorgebrachte Ansicht benutzt werden, dass nämlich gewisse Charactere, wie z. B. die Schwärze des Negers, zuerst als eine plötzliche Abänderung oder' ein Naturspiel erschienen wären. Wäre dies aber eingetreten, so würden wahrscheinlich Mulatten oft entweder vollständig schwarz oder vollständig weiss geboren worden sein. Wir haben nun gesehen, dass ein Naturforscher sich für völlig berechtigt halten könnte, die Menschenrassen als distinetc Species einzuordnen; denn er hat gefunden, dass sie durch viele Verschiedenheiten im Bau und in der Constitution, von denen einige von grosser Bedeutung sind, von einander unterschieden werden. Auch sind diese Verschiedenheiten für sehr lange Zeit constant geblieben. Er wird auch in einem gewissen Grade von dem enormen Verbreitnngsverhältnisse des Menschen beeinflusst worden sein, welches in der Classe der Säugethierc eine grosse Anomalie sein würde, w:enn das menschliche Geschlecht als eine einzige Species angesehen werden sollte. Er wird von der Vertheilung der verschiedenen sogenannten Rassen überrascht gewesen sein, wenn
14 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 122.
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Rassen des Menschen.
I. Theil.
er sie in Uebereinstimmung zu bringen suchte mit der anderer, zweifellos distincter Species von Säugethieren. Endlich' dürfte er betonen, dass die wechselseitige Fruchtbarkeit aller Rassen noch nicht vollständig bewiesen ist, und selbst wenn sie bewiesen wäre, würde sie keinen absoluten Beweis ihrer speeifischen Identität darbieten.
Wenn sich nun unser angenommener Naturforscher nach Gründen für die andere Seite der Frage umsieht und untersucht, ob die Formen des Menschen sich wie gewöhnliche Species verschieden halten, wenn sie in einem und demselben Lande in grossen Zahlen unter einander gemischt leben, so würde er sofort sehen, dass dies durchaus nicht der Fall ist. In Brasilien würde er eine ungeheure Bastardbevölkerung von Negern und Portugiesen bemerken; in Chiloe und anderen Theilen von Südamerika würde er sehen, dass die ganze Bevölkerung aus Indianern und Spaniern besteht, welche in verschiedenen Graden in einander übergegangen sind'5. In vielen Theilen desselben Continents würde er die complicirtesten Kreuzungen zwischen Negern, Indianern und Europäern antreffen, und derartige dreifache Kreuzungen bieten die schärfste Probe für wechselseitige Fruchtbarkeit der elterlichen Formen dar, wenigstens nach den Erfahrungen aus dem Pflanzenreiche zu schlies-sen. Auf einer Insel des Stillen Oceans würde er eine kleine Bevölkerung von mit einander vermischtem polynesischen und englischen Blute finden; und auf allen Inseln des Viti-Archipels eine Bevölkerung von Polynesiern und Negritos, welche sich in allen Graden gekreuzt haben. Viele analoge Fälle könnten noch z. B. aus Südafrika angeführt werden. Es sind daher die Menschenrassen nicht hinreichend distinet, um ohne Verschmelzung zusammen zu bestehen, und das ist es, was in allen gewöhnlichen Fällen die herkömmliche Probe für die speeifische Verschiedenheit abgibt.
Unser Naturforscher würde gleichfalls sehr beunruhigt werden, sobald er bemerkte, dass die Unterscheidungsmerkmale aller Rassen des Menschen in hohem Grade variabel sind. Dies fällt sofort Jedem auf, wenn er zuerst die Negersclaven in Brasilien sieht, welche aus allen Theilen von Afrika eingeführt worden sind. Dieselbe Bemerkung gilt
15 A. de Quatrefages hat in der Anthropolog. Review, Jan. 8, 1869, p. 22 einen interessanten Bericht über den Erfolg und die Energie der Paulistas in Brasilien gegeben, welche eine stark gekreuzte Rasse von Portugiesen und Indianern mit einer Zumischung von Blut anderer Rassen darstellen.
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Cap. 7.
Wertli der spccifiscb.cn Merkmale.
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auch für die Polynesier und für viele andere Kassen. Es kann bezweifelt werden, ob irgend ein Character angeführt werden kann, welcher für eine Rasse distinetiv und constant ist. Wilde sind selbst innerhalb der Grenzen eines und desselben Stammes auch nicht entfernt so gleichförmig im Character, wie oft gesagt worden ist. Die Hottentottenfrauen bieten gewisse Eigentümlichkeiten dar, welche schärfer markirt sind als diejenigen, welche bei irgend einer andern Easse auftreten ; aber man weiss, dass sie nicht von constantem Vorkommen sind. Bei den verschiedenen amerikanischen Stämmen weichen die Farbe und das Behaartsein beträchtlich ab; dasselbe gilt bis zu einem gewissen, und in Bezug auf die Form der Gesichtszüge bis zu einem bedeutenden Grade für die Neger in Afrika. Die Form des Schädels variirt in manchen Eassen bedeutend 16; und so ist es mit jedem anderen Character. Nun haben alle Naturforscher durch theuer erkaufte Erfahrungen gelernt, wie vorschnell der Versuch ist, Species mit Hülfe inconstanter Charac-tere zu definiren.
Aber das gewichtigste aller Argumente gegen die Betrachtung der Eassen des Menschen als distineter Species ist, dass sie gradweise in einander übergehen und, so weit wir es benrtheilen können, in vielen Fällen ganz unabhängig davon, ob sie sich mit einander gekreuzt haben. Der Mensch ist sorgfältiger als irgend ein anderes Wesen studirt worden und doch besteht die grösstmögliche Verschiedenheit des Urtheils zwischen fähigen Richtern darüber, ob er als eine einzige Species oder Easse classificirt werden solle oder als zwei (Vikey), als drei (Jacquinot), als vier (Kant), fünf (Blumenbach), sechs (Buffon), sieben (Hunter), acht (Agassiz), elf (Pickering), fünfzehn (Bory St. Vincent), sechszehn (Des-moulins), zweiundzwanzig (Morton), secliszig (Crawfurd) oder als drei-undsechszig nach Burke 17. Diese Verschiedenartigkeit der Beurtheilung beweist nicht, dass die Rassen nicht als Species zu classificiren wären, es zeigt aber dieselbe, dass sie allmählich in einander übergehen und
19 z.B. bei den Eingeborenen von Amerika und Australien. Prof. Huxley sagt (Transact, Internation. Congress of Prehistor. Archaeol. 1868, p. 105), dass „die Schädel vieler Süddeutscher und Schweizer so kurz und breit sind, wie die „der Tartaren" u. s. w.
" s. eine gute Erörterung dieses Gegenstandes bei Waitz, Introduct. to Anthropology. Engl, transl. 1863, p. 198—208. 227. Mehrere der obigen Angaben habe ich aus H. Tuttle's Origin and Antiquity of Physical Man, Boston, 1860, p. 35 entnommen.
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Rassen des Menschen.
I. Theil.
dass es kaum möglich ist, scharfe Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen aufzufinden.
Jedem Naturforscher, welcher das Unglück gehabt hat, sich an die Beschreibung einer Gruppe äusserst veränderlicher Organismen zu machen, sind Fälle vorgekommen, — und ich spreche aus Erfahrung — welche dem des Menschen völlig gleichen; und ist er zur Vorsicht dis-ponirt, so wird er damit enden, dass er alle die Formen, welche allmählich in einander übergehen, zu einer einzigen Species vereinigt. Denn er wird sich selbst sagen, dass er kein Kecht hat, Objecte mit Namen zu belegen, welche er nicht definiren kann. Fälle dieser Art kommen auch in der Ordnung, welche den Menschen mit einschliesst, vor, nämlich bei gewissen Gattungen von Affen, während in andern Gattungen, wie bei Cercopithecus, die meisten Species mit Sicherheit bestimmt werden können. In der amerikanischen Gattung Cebm werden die verschiedenen Formen von manchen Naturforschern als Species rangirt, von andern als blosse geographische Kassen. Wenn nun zahlreiche Exemplare von Cebus aus allen Theilen von Südamerika gesammelt würden und es stellte sich heraus, dass diejenigen Formen, welche jetzt speeifisch verschieden zu sein scheinen, durch kleine Abstufungen allmählich in einander übergehen, so würden sie von den meisten Naturforschern als blosse Varietäten oder Eassen aufgeführt werden; und in dieser Weise ist die grössere Zahl der Naturforscher in Bezug auf die Kassen des Menschen verfahren. Nichtsdestoweniger muss man bekennen, dass es wenigstens im Pflanzenreiche18 Formen gibt, welche man Species zu nennen nicht umhin kann, welche aber unabhängig von einer zwischen ihnen auftretenden Kreuzung durch zahllose Abstufungen verbunden werden.
Einige Naturforscher haben neuerdings den Ausdruck „Subspecies" angewendet, um Formen zu bezeichnen, welche viele der characteristi-schen Eigenschaften echter Species besitzen, welche aber kaum einen so hohen Rang verdienen. Wenn wir nun die gewichtigen Argumente, die oben für das Erheben der Menschenrassen zur Würde von Species mitgetheilt wurden, uns vergegenwärtigen und auf der andern Seite die unübersteiglichen Schwierigkeiten, sie zu definiren, so dürfte der Ausdruck
18 Prof. Nägeli hat mehrere auftauende Fälle in seinen Botanischen Mit-theihmgen Bd. 2. 1866, S. 294—369 beschrieben. Aehnliche Bemerkungen hat Prof. Asa Gray über einige intermediäre Formen der Compositeu Nord-Ameri-ka's gemacht.
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Cap. 7.
Sind die Mengchenrassen Species?
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„Subspecies" hier sehr passend angewendet werden. Aber schon aus langer Gewohnheit wird vielleicht der Ausdruck „Kasse" stets vorgezogen werden. Die Wahl von Ausdrücken ist nur insofern von Bedeutung, als es äusserst wünschenswerth ist, soweit es nur überhaupt möglich ist, dieselben Ausdrücke für dieselben Grade von Verschiedenheit zu gebrauchen. Unglücklicherweise ist dies sehr selten möglich; denn innerhalb einer und derselben Familie umfassen die grösseren Gattungen allgemein näher verwandte Formen, welche nur mit grosser Schwierigkeit auseinandergehalten werden können, während die kleineren Gattungen Formen einschliessen, welche vollkommen distinct sind; und doch müssen alle gleichmässig als Species rangirt werden. Ferner sind auch die Species innerhalb einer und derselben grossen Gattung durchaus nicht in demselben Grade einander ähnlich; im Gegeutheil können in den meisten Fällen einige von ihnen -in kleinen Gruppen um andere Arten herum, wie Satelliten um Planeten, angeordnet werden 19.
Die Frage, ob das Menschengeschlecht aus einer oder aus mehreren Species besteht, ist in den letzten Jahren von den Anthropologen sehr lebhaft behandelt worden, welche sich in zwei Schulen trennen, die Monogenisten und die Polygenisten. Diejenigen, welche das Princip der Entwickelung nicht annehmen, müssen die Species entweder als einzelne Schöpfungen oder als in irgend einer Weise distincte Einheiten ansehen, und welche Formen sie als Species zu betrachten haben, müssen sie nach der Analogie anderer organischer Wesen entscheiden, welche gewöhnlich als solche hingestellt werden. Es ist aber ein hoffnungsloser Versuch, diesen Punkt nach triftigen Gründen entscheiden zu wollen, bis irgend eine Definition des Ausdruckes „Species" allgemein angenommen sein wird; und diese Definition darf kein Element einschliessen, welches sich möglicherweise nicht ermitteln lässt, wie eben ein solcher Schöpfimgsact. Wir können ebensogut ohne irgend eine Definition zu entscheiden versuchen, ob eine gewisse Anzahl von Häusern ein Dorf, ein Flecken oder eine Stadt genannt werden soll. Eine practische Illustration oder Schwierigkeit haben wir in den kein Ende nehmenden Zweifeln, ob viele nahe verwandte Säugethiere, Vögel, In-secten und Pflanzen, welche einander in Nordamerika und Europa ähneln, als Species oder als geographische Kassen aufgeführt werden sollen;
19 Entstehung der Arten. 4. Aufl. S. 71.
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Rassen des Menschen.
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und dasselbe gilt für die Erzeugnisse vieler Inseln, welche in geringer Entfernung von dem nächsten Festlande gelegen sind.
Auf der. anderen Seite werden diejenigen Naturforscher, welche das Princip der Evolution annehmen, — und dies wird von der grösseren Zahl der aufstrebenden Männer jetzt angenommen, — keinen Zweifel haben, dass alle Menschenrassen von einem einzigen ursprünglichen Stamm herrühren, mögen sie es nun für passend oder nicht für passend halten, dieselben als distinete Species zu bezeichnen zum Zweck, damit den Betrag ihrer Verschiedenheit auszudrücken 20. Bei unsern dorne-sticirten Thieren steht die Frage, ob die verschiedenen Rassen von einer oder mehreren Species ausgegangen sind, verschieden. Obgleich alle solche Rassen ebenso wie alle natürlichen Species innerhalb einer und derselben Gattung unzweifelhaft einem und demselben primitiven Stamme entsprungen sind, so ist es doch ein völlig zulässiger Gegenstand der Discussion, ob alle die domesticirten Rassen des Hundes ihre jetzigen Verschiedenheiten erlangt haben, seitdem irgend eine Species zuerst vom Menschen domesticirt und gezüchtet wurde, oder ob sie einige ihrer Charactere einer Vererbung von distineten Species verdanken, welche bereits im Naturzustande modificirt worden waren. In Betreff des Menschen kann keine solche Frage entstehen, denn man kann nicht sagen, dass er zu irgend einer besonderen Periode domesticirt worden wäre.
Als die Rassen des Menschen in einer äusserst entfernt liegenden Zeit von ihrem gemeinsamen Urerzeuger divergirten, werden sie nur wenig von einander abgewichen und der Zahl nach nur wenig gewesen sein. In Folge dessen werden sie, soweit ihre unterscheidenden Merkmale in Betracht kommen, weniger Ansprüche gehabt haben, als distinete Species betrachtet zu werden als die jetzt existirenden sogenannten Rassen. Nichtsdestoweniger würden solche frühe Rassen vielleicht von einigen Naturforschern als distinete Species aufgeführt worden sein, — so willkürlich ist der Ausdruck, — wenn ihre Verschiedenheiten, obschon äusserst unbedeutend, constanter gewesen als jetzt und nicht allmählich in einander übergegangen wären.
Es ist indessen möglich, wenn auch entfernt nicht wahrscheinlich, dass die frühen Urerzeuger des Menschen anfangs bedeutend in ihren Characteren auseinander giengen, bis sie einander unähnlicher wurden,
20 s. Prof. Huxley, welcher sich in diesem Sinne ausdrückt in: Fortnightly Review. 1865, p. 275.
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Cap. 7. Convergenz des Characters. 203
als es die jetzt bestehenden Kassen irgendwie sind, und dass sie später, wie Vogt ,2 vermuthet, in ihren Characteren convergirten. Wenn der Mensch mit einem bestimmten Ziele vor Augen die Nachkommen zweier distinc-ter Species zur Nachzucht auswählt, so führt er zuweilen, soweit die allgemeine äussere Erscheinung in Betracht kommt, einen beträchtlichen Grad von Convergenz herbei. Dies ist, wie Nathusius 22 gezeigt hat, mit den veredelten Eassen der Schweine der Fall, welche von zwei distincten Species abgestammt sind, und in einem weniger scharf mar-kirten Grade auch mit den veredelten Eassen des Kindes. Ein bedeutender Anatom, Gratiolet, behauptet, dass die anthropomorphen Affen keine natürliche Untergruppe bilden, sondern dass der Orang ein hoch entwickelter Gibbon oder Semnopithecus, der Schimpanse ein hoch entwickelter Macacus und der Gorilla ein hoch entwickelter Mandrill ist. Wenn man diese Folgerung, welche fast ausschliesslich auf Characteren des Gehirns beruht, zugibt, so würde man einen Fall von Convergenz, mindestens in äusseren Merkmalen, vor sich haben. Denn die anthropomorphen Affen sind sicherlich in vielen Punkten sich untereinander ähnlicher als sie andern Affen sind. Alle analogen Aehnlichkeiten, wie die eines Walfisches mit einem Fisch, kann man in der That als Fälle von Convergenz bezeichnen. Es ist aber dieser Ausdruck niemals auf oberflächliche und adaptive Aehnlichkeiten angewendet worden. In den meisten Fällen würde es ausserordentlich voreilig sein, eine grosse Aehnlichkeit in vielen Punkten des Baues bei Wesen, welche einst weit von einander verschieden waren, einer Convergenz zuzuschreiben. Die Form eines Krystalls wird allein durch die Molecularkräfte bestimmt und es ist nicht überraschend, dass unähnliche Substanzen zuweilen ein und- dieselbe Form annehmen können; aber bei organischen Wesen sollten wir uns doch daran erinnern, dass die Form eines jeden von einer endlosen Menge complicirter Beziehungen abhängt, nämlich von den Abänderungen, welche aufgetreten sind und welche von Ursachen abhängen, die viel zu intricat sind, um einzeln verfolgt werden zu können; — ferner von der Natur der Abänderungen, welche erhalten worden sind, und dies hängt wieder von den umgebenden physikalischen Bedingungen und in einem noch höheren Grade von den umgebenden
21 Vorlesungen über den Menschen. Bd. 2, S. 285.
22 Die Rassen des Schweins. 1860, S. 46. Vorstudien für eine Geschichte etc. Schwoineschädel. 1864, S. 104. In Bezug auf das Rind s. A. de Quatrefages, Unite de l'Espece Humaine. 1861, p. 119-
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Rassen des Menschen.
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Organismen ab, mit welchen ein jeder in Concurrenz getreten ist; — und endlich von Vererbung, an sich schon ein schwankendes Element, wobei alle die zahllosen Voreltern wieder Formen besassen, welche durch ganz gleichmässig complicirte Beziehungen bestimmt worden waren. Es erscheint im äussersten Grade unglaublich, dass zwei Organismen, wenn sie in einer ausgesprochenen Weise von einander verschieden sind, jemals später so nahe convergiren sollten, dass sie durch ihre ganze Organisation hindurch sich einer Identität näherten. Was den oben angezogenen Fall der convergirenden Formen der Schweine betrifft, so haben sich Beweise ihrer Abstammung aus zwei ursprünglichen Stämmen noch immer deutlich erhalten, und zwar nach Nathusius an gewissen Knochen ihrer Schädel. Wären die Menschenrassen, wie es einige Naturforscher vermuthen, von zwei oder mehreren distineten Species abgestammt, welche von einander so weit oder nahezu so weit abgewichen wären, wie der Orang vom Gorilla abweicht, so Hesse sich kaum bezweifeln, dass ausgesprochene Verschiedenheiten in der Structur gewisser Knochen noch immer beim Menschen, wie er jetzt existirt, nachweisbar sein würden.
Obgleich die jetzt lebenden Menschenrassen in vielen Beziehungen, so in der Farbe, dem Haar, der Form des Schädels, den Proportionen des Körpers u. s. w., verschieden sind, so stellen sie sich doch, wenn man ihre ganze Organisation in Betracht zieht, als einander in einer Menge von Punkten äusserst ähnlich heraus. Viele dieser Punkte sind so bedeutungslos oder von einer so eigenthiimlichen Natur, dass es äusserst unwahrscheinlich ist, dass dieselbe!^ unabhängig von ursprünglich verschiedenen Species oder Kassen erlangt worden sein sollten. Dieselbe Bemerkung trifft mit gleicher oder noch grösserer Kraft zu in Bezug auf die zahlreichen Punkte geistiger Aehnlichkeit zwischen den verschiedensten Kassen des Menschen. Die amerikanischen Eingeborenen, die Neger und Europäer weichen von einander ihrem Geiste nach so weit ab, als irgend drei Kassen, die man nur nennen könnte. Und doch war ich, als ich mit den Feuerländern an Bord des Beagle zusammenlebte, unaufhörlich von den kleinen Characterzügen überrascht, welche zeigten, wie ähnlich ihre geistigen Eigenschaften den unsrigen waren; und dasselbe war der Fall in Bezug auf einen Vollblutneger, mit dem ich zufällig eine Zeit lang intim war.
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Cap. 7. Uebereinstimmung der Menschenrassen. 205
Wer Mr. Tylor's und Sir J. Lubbock's interessante Werke ^3 aufmerksam liest, wird kaum umhin können, einen tiefen Eindruck von der grossen Aehnlichkeit zwischen den Menschen aller Rassen in ihren Ge-schmäckeu, Dispositionen und Gewohnheiten zu erhalten. Dies zeigt sich in dem Vergnügen, welches sie alle an Tanz, an roher Musik, Schauspielen, Malen, Tättowiren und sich auf andere Weise Decoriren finden, in ihrem gegenseitigen Verständniss einer Geberdensprache und, wie ich in einer späteren Abhandlung in der Lage sein werde zu zeigen, durch den Ausdruck in ihren Zügen und durch dieselben unarti-culirten Ausrufe, wenn sie durch verschiedene Gemüthsbewegungen erregt sind. Diese Aehnlichkeit oder vielmehr Identität ist auffallend, wenn man sie mit den verschiedenen Ausdrücken zusammenhält, welche bei verschiedenen Species von Affen zu beobachten sind. Es sind gute Beweise dafür vorhanden, dass die Kunst, mit Bogen und Pfeilen zu schiessen, nicht von einem gemeinsamen Urerzeuger des Menschengeschlechts überliefert worden ist; ' und doch sind die steinernen Pfeilspitzen, welche aus den entlegensten Theilen der Erde zusammengebracht sind und in den entferntesten Zeiten verfertigt wurden, wie Nilsson gezeigt hat24, fast identisch; und diese Thatsache kann mir dadurch erklärt werden, dass die verschiedenen ßassen ähnliche Fähigkeiten der Erfindung oder geistige Kräfte überhaupt gehabt haben. Dieselbe Bemerkung ist von Archäologen25 in Bezug auf gewisse weitverbreitete Ornamente, so z. B. Zickzacks u. s. w., gemacht worden, ebenso in Bezug auf verschiedene .einfache Zeichen des Glaubens und Gebräuche, wie das Begraben der Todten unter megalithischen Bauten. Ich erinnere mich, in Südamerika beobachtet zu haben 26, dass dort, wie in so vielen andern Theilen der Erde, der Menscli allgemein die Gipfel hoher Berge gewählt hat, um auf ihnen Massen von Steinen aufzuhäufen, entweder zum Zweck, irgend ein merkwürdiges Ereigniss zu bezeichnen, oder seine Todten zu begraben.
Wenn nun Naturforscher eine nahe Uebereinstimmung in zahlreichen kleinen Einzelnheiten der Gewohnheiten, der Geschmacksrichtungen
23 Tylor, Early History of Mankind. 1865; in Bezug auf Belege für eine Gestensprache, s. p. 54. Lubbock, Prehistoric Times. 2. edit. 1869.
'" The Primitive Inhabitants of Scantlinavia. Engl, transl. ed. by Sir J. Lubbock. 1868, p. 104.
"Hodder M. Westropp, On Cromlechs etc. in: Journal of Etlmolog. Soc, mitgetheilt in Scientific Opinion, 2. June, 1869, p. 3.
-" Journal of Researches: Voyage of the „Beagle", p. 16.
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Rassen des Menschen.
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und Dispositionen zwischen zwei oder mehreren domesticirteu Rassen oder zwei nahe verwandten natürlichen Formen beobachten, so benutzen sie diese Thatsachen als Argumente dafür, dass alle von einem gemeinsamen Urerzeuger abstammen, welcher in dieser Weise begabt war, und dass folglich alle unter eine und dieselbe Species eingeordnet werden sollten. Dasselbe Argument kann mit vieler Kraft auf die Rassen des Menschen angewandt werden.
Da es unwahrscheinlich ist, dass die zahlreichen und bedeutungslosen Punkte der Aehnlichkeit zwischen den verschiedenen Menschenrassen in dem Bau des Körpers und in geistigen Fähigkeiten (ich beziehe mich hier nicht auf ähnliehe Gebräuche) sämmtlich unabhängig von einander erlangt worden sind, so müssen sie von Voreltern vererbt worden sein, welche damit ausgezeichnet waren. Wir erhalten hierdurch etwas Einsicht in den frühen Znstand des Menschen, ehe er sich Schritt für Schritt über die Oberfläche der Erde verbreitete. Der Verbreitung des Menschen in durch das Meer weit von einander getrennte Gegenden gieng ohne Zweifel irgend ein beträchtlicher Grad der Divergenz des Characters in den verschiedenen Rassen voraus, denn im andern Falle würden wir zuweilen ein und dieselbe Rasse in verschiedenen Continen-ten antreffen, und dies ist niemals der Fall. Nachdem Sir, J. Lubbock die jetzt von den Wilden in allen Theilen der Erde ausgeübten Künste mit einander verglichen hat, führt er diejenigen einzeln auf, welche der Mensch nicht gekannt haben konnte, als er zuerst aus seinem ursprünglichen Geburtsorte auswanderte; denn wenn sie einmal gelernt waren, werden sie niemals wieder vergessen worden sein27. So zeigt er, dass der Speer, welcher nur eine Weiterentwickelung der Messerspitze ist, und die Keule, welche nur ein langer Hammer ist, die einzig übrigbleibenden Sachen sind. Er gibt indessen zu, dass die Kunst, Feuer zu machen, wahrscheinlich schon entdeckt worden war, denn sie ist allen jetzt lebenden Rassen gemeinsam und war den alten Höhlenbewohnern Europa's bekannt. Vielleicht war die Kunst, rohe Boote oder Flösse zu machen, gleichfalls bekannt. Da aber der Mensch zu einer sehr entfernten Zeit existirte, als das Land an vielen Stellen in einem sehr verschiedenen Niveau erhoben war, so kann er wohl auch im Stande gewesen sein, ohne die Hülfe von Booten sich weit zu verbreiten. Sir J. Lubbock _ bemerkt ferner, wie unwahrscheinlich es ist, dass unsere frühesten Vorfahren höher hätten zählen können, als bis zu zehn, wenn
21 Prehistocic Times. 18G9, p. 574.
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Cap. 7. Zustand des Menschen bei der ersten Verbreitung. 207
man in Betracht zieht, dass so viele der jetzt lebenden Kassen nicht über vier hinauskommen. Nichtsdestoweniger konnten zu jener frühen Periode die intellectuellen und socialen Fähigkeiten des Menschen kaum in irgend einem extremen Grade geringer als diejenigen gewesen sein, welche die niedrigsten Wilden jetzt besitzen. Andernfalls hätte der Urmensch nicht so ausgezeichnet erfolgreich im Kampfe um's Dasein sein können, wie sich durch seine frühe und weite Verbreitung zeigt.
Aus der fundamentalen Verschiedenheit zwischen gewissen Sprachen haben manche Philologen den Schluss gezogen, dass der Mensch, als er sich zuerst weit verbreitete, noch kein sprechendes Thier gewesen sei. Indess lässt sich vermuthen, dass Sprachen, welche bei Weitem weniger vollkommen waren als irgend jetzt gesprochene, unterstützt von Gesten, benutzt worden sein können und doch in den späteren und höher entwickelten Sprachen keine Spuren zurückgelassen haben. Es scheint zweifelhaft, ob ohne den Gebrauch irgend einer Sprache, wie unvollkommen sie auch gewesen sein mag, der Intellect des Menschen sich bis zu der Höhe hätte entwickeln können, welche durch seine schon zu einer frühen Zeit vorherrschende Stellung bedingt war.
Ob der Urmensch in der Zeit, wo er sehr wenig Kunstfertigkeiten der rohesten Art besass und wo auch sein Vermögen zu sprechen äusserst unvollkommen war, schon verdient haben dürfte, Mensch genannt zu werden, hängt natürlich von der Definition ab, die wir anwenden. In einer Reihe von Formen, welche unmerkbar aus einem affenähnlichen Wesen in den Menschen ühergiengen, wie er jetzt existirt, würde es unmöglich sein, irgend einen solchen Punkt zu bezeichnen, wo der Ausdruck Mensch angewandt werden müsste. Doch ist dies ein Gegenstand von sehr geringer Bedeutung. Ferner ist es ein fast vollständig indifferenter Gegenstand, ob die sogenannten Menschenrassen mit diesem Ausdrucke bezeichnet oder als Species oder Subspecies rangirt werden. Doch scheint der letztere Ausdruck der angemessenste zu sein. Endlich dürfen wir wohl voraussetzen, dass in der Zeit, in welcher die Grundsätze der Evolutionstheorie angenommen sein werden, was sicher in sehr kurzer Zeit der Fall sein wird, der Streit zwischen den Monogenisten und Polvge-nisten still und unbeobachtet absterben wird.
Eine andere Frage darf nicht ohne eine Erwähnung gelassen werden, nämlich ob, wie man zuweilen annimmt, jede Subspecies oder Kasse des Menschen von einem einzigen Paare von Voreltern abgestammt ist.
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Rassen des Menschen.
I, Theill
Bei unsern domesticirten Thieren kann eine neue Rasse leicht von einem einzelnen Paare aus gebildet werden, welches einige neue Merkmale besitzt, ja selbst von einem einzigen in dieser Weise ausgezeichneten Individuum, und zwar dadurch, dass man die Nachkommen mit Sorgfalt zur Paarung auswählt. Aber die meisten unserer Kassen sind nicht absichtlich von einem ausgewählten Paare, sondern unbewusst durch die Erhaltung vieler Individuen, welche, wenn auch noch so unbedeutend, in einer nützlichen oder erwünschten Art und Weise variirt haben, gebildet worden. Wenn in einem Lande kräftigere und schwerere Pferde und in einem andern Lande leichtere und flüchtigere Pferde beständig vorgezogen würden, so könnten wir sicher sein, dass im Laufe der Zeit, ohne dass irgendwelche besondere Paare oder Individuen in jedem der Länder getrennt oder zur Nachzucht ausgelesen worden wären, zwei verschiedene Unterrassen gebildet werden würden. Viele Rassen sind in dieser Weise gebildet worden und die Art und Weise ihres Entstehens ist der der natürlichen Species sehr analog. Wir wissen auch, dass die Pferde, welche nach den Falklandinseln gebracht worden sind, während der auf einander folgenden Generationen kleiner und schwächer geworden sind, während diejenigen, welche in den Pampas verwildert sind, grössere und gröbere Köpfe erlangt haben; und derartige Veränderungen sind offenbar Folgen des Umstands, dass nicht etwa irgend ein Paar, sondern alle Individuen denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, wobei vielleicht das Princip des Rückschlags unterstützend eingewirkt hat. In keinem dieser Fälle sind die neuen Unterrassen von irgend einem einzelnen Paare abgestammt, sondern von vielen Individuen , welche in verschiedenem Grade, aber in derselben allgemeinen Art, variirt haben; und wir dürfen schliessen, dass die Menschenrassen ähnlich entstanden sind, indem die Modifikationen entweder das Resultat des Umstands waren, dass sie verschiedenen Bedingungen ausgesetzt wurden, oder das indirecte Resultat irgend einer Form von Zuchtwahl. Aber auf diesen letzteren Gegenstand werden wir sofort zurückkommen.
Ueber das Aussterben von Menschenrassen. — Das theil-weise und vollständige Aussterben vieler Rassen und Unterrassen des Menschen sind historisch bekannte Ereignisse. Humboldt sah in Südamerika einen Papagei, welcher das einzige lebende Wesen war, das die Sprache eines verlorenen Stammes noch kannte. Alte Monumente und Stein Werkzeuge, welche sich in allen Theileu der Welt finden und
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Cap. 7. Aussterben von Kassen. 209
von welchen unter den gegenwärtigen Einwohnern keine Tradition mehr erhalten ist, weisen auf reichliches Aussterben hin. Einige kleine und versprengte Stämme, Ueberbleibsel früherer "Rassen, leben noch in iso-lirten und gewöhnlich bergigen Districten. In Europa standen die alten Kassen sämmtlich nach Schaaffhausen28 auf der Stufenreihe niedriger als die rohesten jetzt lebenden Wilden; sie müssen daher in einer gewissen Ausdehnung von jeder jetzt existirenden Rasse abgewichen sein. Die von Professor Broca 29 aus Les Eyzies beschriebenen Ueberreste weisen, obgleich sie unglücklicherweise einer einzelnen Familie angehört zu haben scheinen, auf eine Rasse hin mit einer höchst merkwürdigen Combination niederer oder affenartiger und höherer characteristischer Merkmale, welche »völlig verschieden von irgend einer andern alten „oder modernen Rasse war, von der wir je gehört haben." Sie wich daher auch von der quaternären Rasse der belgischen Höhlen ab.
Ungünstige physikalische Bedingungen scheinen nur einen geringen Einfluss auf das Aussterben von Rassen gehabt zu haben3o. Der Mensch hat in den äussersten Gegenden des Nordens lange gelebt, wo er kein Holz hatte, aus dem er sich seine Boote oder andere Werkzeuge hätte machen können, und wo er nur Thran zum Brennen und zum Wärmen und besonders noch zum Schmolzen des Schnee's hatte. An der Südspitze von Amerika leben die Feuerländer ohne den Schutz von Kleidern oder von irgend einem Bau, welcher eine Hütte genannt zu werden verdient. In Südafrika wandern die Eingebornen über die dürrsten Ebenen, wo gefährliche Thiere in grosser Anzahl vorhanden sind. Der Mensch kann den tödtlichen Einfluss des Terai am Fusse des Himalaja und die pesthavichenden Küsten des tropischen Afrika ertragen.
Das Aussterben ist hauptsächlich eine Folge der Concurrenz eines Stammes mit dem andern und einer Rasse mit der andern. Verschiedene hindernde Momente sind fortwährend in Thätigkeit, wie in einem früheren Capitel einzeln aufgeführt wurde, welche dahin führen, die Zahl jedes wilden Stammes niedrig zu halten — so die periodisch eintretenden Hungersnöthe, das Wandern der Eltern und das in Folge hiervon auftretende Sterben der Kinder, das lange Stillen, das Stehlen von Frauen, Kriege, Naturereignisse, Krankheiten, zügelloses Leben, besonders Kin-
28 Uebersetzung in: Anthropolog. Review. Oct. 1868, p. 431.
29 Transact. Internat. Congress of Prehistor. Archaeolog. 1S68, p. 172—175. s. aueb Broca in: Anthropolog. Review, Oct. 18G8, p. 410.
30 Gerland, Ueber das Aussterben der Naturvölker, 18G8, S. 82.
Darwin, Abstammung. I. Zweite Auflage.
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Rassen des Menschen.
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desmord und eine vielleicht verminderte Fruchtbarkeit in Folge weniger nahrhafter Kost und vieler Mühseligkeiten. Wird in Folge irgend einer Ursache eines dieser Hindernisse vermindert, wenn auch nur in einem unbedeutenden Grade, so wird der auf diese Weise begünstigte Stamm zur Vermehrung neigen, und wenn einer von zwei an einander stossen-den Stämmen zahlreicher und machtvoller als der andere wird, so wird der Kampf sehr bald durch Krieg, Blutvergiessen, Cannibalismus, Scla-vorei imd Absorption beendet. Selbst wenn ein schwächerer Stamm nicht in dieser Weise plötzlich hinweggeschwemmt wird, nimmt er doch, wenn er einmal beginnt abzunehmen, beständig weiter ab, bis er ausgestorben ist31.
Wenn civilisirte Nationen mit Barbaren in Berührung kommen, so ist der Kampf kurz, mit Ausnahme der Orte, wo ein tödtliches Clima der eingeborenen Easse zu Hülfe kommt. Von den Ursachen, welche zum Siege der civilisirten Nationen führen, sind einige sehr deutlich, andere sehr dunkel. Wir können einsehen, dass die Cultur des Landes aus vielen Gründen den Wilden verderblich sein wird; denn sie können oder werden ihre Gewohnheiten nicht ändern. Neue Krankheiten und Laster sind in hohem Grade zerstörend, und es scheint, als ob in jeder Nation eine neue Krankheit viele Todesfälle veranlasst, bis Diejenigen, welche für ihren zerstörenden Einfluss am meisten empfänglich sind, nach und nach ausgejätet sind 32. Dasselbe dürfte mit den schlimmen Wirkungen der geistigen Getränke und ebenso mit dem unbezwingli-chen starken Geschmack an solchen, den so viele Wilde zeigen, der Fall sein. So mysteriös die Thatsache ist, so scheint es doch ferner, als ob die erste Begegnung distineter und getrennt gewesener Völker Krankheiten erzeuge *3. Mr. Spkoat, welcher die Frage des Aussterbens in Vancouvers-Island eingehend untersuchte, glaubt, dass veränderte Lebensgewohnheiten, welche stets Folge der Ankunft von Europäern sind, eine Störung der Gesundheit herbeiführen. Er legt auch auf eine so unbedeutende Ursache grosses Gewicht, wie die ist, dass
31 Gerland führt a. a. 0. S. 12 Thatsachen zur Unterstützung dieser Angabe an.
33 s. Bemerkungen in diesem Sinne bei Sir. H. Holland, Medical Notes and Reflections 1839, p. 390.
33 Ich habe eine ziemliche Anzahl sich auf diesen Punkt beziehender Thatsachen gesammelt: Journal of Reserackes, Voyage of the Beagle, p. 435. s. auch Gerland, a. a. 0. S. 8. Pöppig spricht von dem Hauche der Civilisation, welcher den Wilden giftig ist.
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Cap. 7. Aussterben von Rassen. 211
die Eingeborenen durch das neue Leben um sich herum „verdutzt und „dumm werden. Sie verlieren den Trieb zu eigener Anstrengung und „erhalten keine neuen Beize an dessen Stelle" 34.
Der Grad der Civilisation scheint ein höcht bedeutungsvolles Element bei dem Erfolge der in Concurrenz kommenden Nationen zn sein. Noch vor wenigen Jahrhunderten fürchtete Europa das Eindringen östlicher Barbaren; jetzt würde irgend eine solche Furcht lächerlich sein. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass in früheren Zeiten, wie Mr. Bagehot bemerkt hat, die Wilden nicht vor den classi-schen Nationen verschwanden. Wäre dies der Fall gewesen, so würden die alten Moralisten sicher über dieses Ereigniss ihre Bemerkungen gemacht haben, aber es findet sich in keinem Schriftsteller jener Periode über die untergehenden Barbaren irgend eine Klage *5.
Obgleich die allmähliche Abnahme und endliche Erlöschung der Menschenrassen ein dunkles Problem ist, so können wir doch sehen, dass sie von vielen Ursachen abhängt, welche an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten verschieden gewesen sind. Es ist dasselbe schwierige Problem wie das, was sicli beim Aussterben irgend eines der höheren Thiere darbietet — z. B. des Pferdes, welches aus Südamerika verschwand und nur noch fossil gefunden wird, um bald nachher innerhalb derselben Bezirke von zahlreichen Heerden des spanischen Pferdes wieder ersetzt zu werden. Der Neuseeländer scheint sich dieses Parallelismus bewusst zu sein, denn er vergleicht sein künftiges Schicksal mit dem der eingeborenen Batte, welche von der europäischen ßatte fast ganz ausgerottet ist. Ist auch die Schwierigkeit einer Erklärung sowohl für unsere Einbildung, als auch factisch gross, wenn wir die Ursachen genau festzustellen wünschen, so sollte sie es doch nicht unserem Verstände sein, so lange wir beständig vor Augen behalten, dass die Zunahme jeder Species und jeder Basse fortwährend durch verschiedene Hindernisse aufgehalten wird; denn da, wenn irgend ein neues Hinder-niss oder eine neue Zerstörungsursache, wenn auch noch so unbedeutend, hinzutritt, die Basse sicherlich an Zahl abnehmen wird, und da es überall beobachtet worden ist, dass Wilde jeder Veränderung der Lebensgewohnheiten entgegen sind, durch welches Mittel schädliche Hemmnisse wieder aufgewogen werden könnten, so wird-eine einmal auftretende
34 Sproat, Scenes and Studies of Savage Life 1808, p. 284.
35 Bagehot, Pkysics and Politics in: Fortnightly Review. Apr. 1, 18G8, p. 455.
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212 Rassen des Menschen. I. Theil.
Abnahme der Zahlen früher oder später zum Aussterben führen. Das Ende wird dann in den meisten Fällen durch das Eindringen sich vergrößernder und erobernder Stämme mit Sicherheit herbeigeführt.
Ueber die Bildung der Menschenrassen. — Es mag vorausgeschickt werden, dass, wenn wir ein und dieselbe Menschenrasse, wenn auch in verschiedene Stämme aufgelöst, über einen grossen Bezirk, wie über Amerika, verbreitet finden, wir allgemein ihre Ueber-einstimmung der Abstammung von einem gemeinsamen Stamme zuschreiben können. In einigen Fällen hat die Kreuzung von bereits verschiedenen Rassen zur Bildung ueucr Rassen geführt. Die eigenthüm-liche Thatsache, dass Europäer und Hindus, welche zu demselben arischen Stamme gehören und eine fundamental gleiche Sprache sprechen, in der äusseren Erscheinung weit von einander verschieden sind, während die Europäer nur wenig von den Juden abweichen, welche zum semitischen Stamm gehören und eine völlig andere Sprache sprechen, hat Bkoca 36 dadurch zu erklären gesucht, dass er meint, die verschiedenen Zweige hätten sich während ihrer weiten Verbreitung mit verschiedenen eingeborenen Stämmen in reichlichem Maassc gekreuzt. Wenn zwei in dichter Berührung lebende Rassen sich kreuzen, so ist das erste Resultat eine heterogene Mischung. So sagt Mr. Hunter bei Beschreibung der Santali oder Bergstämme von Indien, dass sich Hunderte von unmerkbaren Abstufungen verfolgen lassen „von den schwarzen untersetzten Stämmen der Bergländer bis zu deu schlanken olivenfarbigen „Brahmanen mit ihren intelligenten Augenbrauen, ruhigen Augen und „hohen aber schmalen Köpfen;" so dass es bei Gerichtshöfen nothwen-dig ist, die Zeugen zu fragen, ob sie Santalis oder Hindus siud 3?. Ob ein heterogenes Volk wie die eingeborenen Neger der polynesischen Inseln, die sich durch die Kreuzung zweier distineter Rassen gebildet haben, wobei nur wenig oder gar keine rassenrehie Individuen erhalten sind, jemals homogen werden könne, ist durch directe Belege uicht ermittelt. Da aber bei uiisern domesticirteu Thieren eine gekreuzte Zucht im Laufe weniger Generationen mit Gewissheit flxirt und durch sorgfältige Zuchtwahl gleichförmig gemacht werden kann, so dürfen
39 On Anthropology in: Anthropolog. Review. Jan. 1868, j). 38. " The Annais of Rural Bengal. 1868, p. 134.
38 Das Variiren der Thiere 'und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 126.
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Cap. 7. Bildung der Rassen. 213
wir schliessen, dass das reichliche und langdauernde Kreuzen einer heterogenen Mischlingsbevölkeruug während vieler Generationen die Stelle der Zuchtwahl ersetzen und jede Neigung zum Kückschlag überwinden wird, so dass endlich eine gekreuzte Kasse homogen werden wird, wennschon sie nicht in gleichem Grade an den Characteren der beiden elterlichen Kassen Theil zu haben brauchte.
Von allen Verschiedenheiten zwischen den Menschenrassen ist die der Hautfarbe die augenfälligste und eine der bestmarkirten. Verschiedenheiten dieser Art glaubte man früher dadurch erklären zu können, dass die Menschen lange Zeit verschiedenen Climaten ausgesetzt gewesen seien; aber Pallas zeigte zuerst, dass diese Ansicht nicht haltbar ist, und ihm sind fast alle Anthropologen gefolgt39. Die Ansicht ist vorzüglich deshalb verworfen worden, weil die Verbreitung der verschieden gefärbten Rassen, von denen die meisten ihre gegenwärtigen Heimath-länder lange bewohnt haben müssen, nicht mit den entsprechenden Verschiedenheiten des Clima's übereinstimmt. Es muss auch auf solche Fälle Gewicht-gelegt werden wie den der holländischen Familien, welche, wie wir von einer ausgezeichneten Autorität4" hören, nicht die geringste Farbenveränderung erlitten haben, nachdem sie drei Jahrhunderte hindurch in Südafrika gelebt haben. Die in verschiedenen Theilen der Welt doch gleichförmige äussere Erscheinung der Zigeuner und Juden ist, wenn auch die Gleichförmigkeit der Letzteren etwas übertrieben worden ist41, gleichfalls ein Argument für dieselbe Ansicht. Man hat gemeint, dass eine sehr feuchte oder eine sehr trockene Atmosphäre auf die Modification der Hautfarbe einen noch grösseren Einfluss habe als blosse Hitze. Da aber d'Orbiöny in Südamerika und Livingstonk in Afrika zu diametral entgegengesetzten Folgerungen in Bezug auf die Feuchtigkeit und Trockenheit gelangten, so muss jeder Schluss über diese Frage als sehr zweifelhaft betrachtet werden 42.
Verschiedene Thatsachen, welche ich an einem andern Ort mitge-
39 Pallas in: Acta Acad. Petropolit. 1780. Pars II, p. 69. Ihm folgte Rn-dolphi in seinen Beiträgen zur Anthropologie. 1812. Eine ausgezeichnete Zusammenfassung der Beweise hat Godron gegeben: De l'Espece. 1859. Tom. II p. 246 ete.
40 Sir Andrew Smith, citirt von Knox, Races of Man. 1850, p. 473.
41 s. hierüber A. de Quatrefages in: Revue des Cours scientifiques. Oct. 17, 1868, p. 731.
42 Livingstone, Travels and Researches in South Africa. 1857, p. 338, 329. d'Orbigny, citirt von Godron, De l'Espece. Tom. II, p. 266.
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214 Rassen des Menschen. I. Theil.
theit habe, beweisen, dass die Farbe der Haut und des Haars zuweilen in überraschender Weise mit einer vollkommenen Immunität für die Wirkung gewisser vegetabilischer Gifte und für die Angriffe gewisser Parasiten in Correlation steht. Es kam mir daher der Gedanke, dass Neger und andere dunkelfarbige Rassen ihre dunkelfarbige Haut dadurch erlangt haben könnten, dass während einer langen Reihe von Generationen die dunkleren Individuen stets dem tödtlichen Einflüsse der Miasmen ihrer Geburtsländer entgangen sind.
Ich fand später, dass dieselbe Idee schon vor langer Zeit dem Dr. Wells gekommen sei43. Dass Neger und selbst Mulatten fast vollständig exempt vom gelben Fieber sind, welches im tropischen Amerika so zerstörend auftritt, ist längst bekannt44. Sie bleiben auch in grosser Ausdehnung von den tödtlichen Wechselfiebern frei, welche in einer Ausdehnung von mindestens zweitausendsechshundert Miles an den Küsten von Afrika herrschen und welche jährlich den Tod von einem Fünftel der weissen Ansiedler und die Heimkehr eines andern Fünftels in invalidem Zustand verursachen45. Diese Immunität des Negers scheint zum Theil angeboren za sein und zwar in Abliängigkeit von irgend einer unbekannten Eigenthümlichkeit der Constitution, zum Theil als Resultat der Acclimatisation. Pouchet 46 führt an, dass die vom Vicekönig von Aegypten für den mexicanischen Krieg geborgten Negerregimenter, welche sich aus der Nähe des Sudan r,ekrutirt hatten, dem gelben Fieber fast ebensogut entgiengen als die ursprünglich aus verschiedenen Theilen von Afrika ausgeführten und an das Clima von Westindien gewöhnten Neger. Dass die Acclimatisation hierbei eine Rolle spielt, zeigt sich in den vielen Fällen, wo Neger, nachdem sie eine Zeit lang in einem kälteren Clima sich aufgehalten haben, in einer gewissen Ausdehnung für tropische .Fieber empfänglich geworden sind47.
43 s. einen vor der Royal Society 1813 gelesenen Aufsatz, welcher in seinen Essays 1818 veröffentlicht ist. Einen Bericht über Dr. Wells's Ansichten habe ich in der historischen Skizze in meiner Entstehung der Arten (4. Aufl., S. 3) gegeben. Verschiedene Fälle von Correlation der Farbe mit constitutionellen Eigenthümlichkeiten habe ich mitgetheilt im dem „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication." Bd. 2, S. 302, 443.
44 s. z. B. Nott and Gliddon, Types of Mankind, p. 68.
45 Major Tu 11 och in einem Aufsatz, gelesen vor der Statistical Society, Apr. 20. 1840 und mitgetheilt im Athenaeum, 1840, p. 353.
49 The Plurality of the Human Races (Uebers.) 1864, p. 60.
47 A. de Quatrefages, Unite de l'Espece humaine. 1861, p. 205. AVaitz,
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Cap. 7.
Bildung der Rassen.
215
Es hat auch die Natur des Clima's, in welchem die weissen Rassen lange gelebt haben, gleichfalls Einfluss auf sie; denn während der fürchterlichen Epidemie des gelben Fiebers in Demerara im Jahre 1837 fand Dr. Blair, dass das Sterblichkeitsverhältniss der Eingewanderten proportional deii Breitengraden des Landes war, aus dem sie gekommen waren. Bei dem Neger lässt die Immunität, soweit sie das Resultat einer Acclimatisation ist, auf ein ungeheuer lange wirksames Ausgesetztsein schliessen, denn die Ureinwohner des tropischen Amerika, die dort seit unvordenklichen Zeiten gewohnt haben, sind nicht exempt vom gelben Fieber und Mr. B. Tristram führt an, dass es Bezirke in Nordafrika gibt, welche die eingeborenen Einwohner jedes Jahr zu verlassen gezwungen sind, wogegen die Neger mit Ruhe dort bleiben können. Dass die Immunität des Negers in irgendwelchem Grade mit der Farbe seiner Haut in Correlation stehe, ist eine blosse Conjectur; sie kann ebensogut mit irgend einer Verschiedenheit in seinem Blute, seinem Nervensysteme oder andern Geweben in Correlation sein. Nichtsdestoweniger schien mir diese Vermuthung nach den oben angezogenen Thatsachen und in Folge des Umstands, dass ein Zusammenhang zwischen dem Teint und einer Neigung zur Schwindsucht offenbar besteht, nicht unwahrscheinlich zu sein. In Folge dessen versuchte ich, aber mit wenig Erfolg 4S, zu bestimmen, wie weit sie Gültigkeit habe. Der
Indrodnct. to Anthropology. Uebers. Vol. I. 18G3, p. 124. Livingstone führt in seinen Reisen analoge Fälle an.
48 Im Frühjahr des Jahres 1862 erhielt ich vorn General-Director des medi-cinischen Departements der Armee die Erlanhniss, den verschiedenen Regimeutsärzten im auswärtigen Dienste eine Tabelle znm Ausfüllen mit den folgenden dazu gefügten Bemerkungen zn schicken. Ich habe aber keine Antwort erhalten. „Da mehrere „gut ausgesprochene Fälle bei unsern domesticirten Thieren beschrieben worden „sind, wo eine Beziehung zwischen der Farbe der Hautanhänge nnd der Constitution bestand, und es notorisch ist, dass in einem einigermaassen beschränkten „Grade eine Beziehung zwischen der Farbe der Menschenrassen.und dem von „ihnen bewohnten Clima besteht, so scheint die folgende Untersuchung wohl der „Betrachtung werth: nämlich, ob bei Europäern zwischen der Farbe ihrer Haare „und ihrer Empfänglichkeit für die Krankheiten der Tropenländer irgend eine Beziehung besteht. Wenn die Aerzte der verschiedenen Regimenter, während sie in ungesunden tropischen Districten stationirt sind, die Freundlichkeit haben wollten, zu-„erst als Maassstab der Vergleichnng zu zählen, wie viele Leute in dem Truppentheile, „von welchem die Kranken herkommen, dunkle und hell gefärbte Haare und Haare „einer mittleren oder zweifelhaften Färbung haben; und wenn dann von demselben Arzte ein ähnlicher Bericht über alle die Leute geführt würde, welche „an Malaria- und gelbem Fieber oder an Dysenterie leiden, so würde es sich „sehr bald ergeben, nachdem Tausende von Fällen tabellarisch zusammengestellt
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216
Rassen des Menschen.
I. Theil.
verstorbene Dr. Daniell, welcher lange an der Westküste von Afrika gelebt hatte, sagte mir, dass er an keine solche Beziehung glaube. Er war selbst ungewöhnlich blond und hatte dem Clima in einer wunderbaren Weise widerstanden. Als er zuerst als Knabe an der Küste ankam, sagte ein alter und erfahrener Negerhäuptling nach seiner äusseren Erscheinung voraus, dass dies der Fall sein würde. Dr. Nicholson von Antigua schrieb mit, nachdem er dem Gegenstand eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hatte, dass er nicht glaube, dass dunkelfarbige Europäer dem gelben Fieber mehr entgiengen als diejenigen, welche hell gefärbt wären. Mr. J. M. Harris läugnet gänzlich49, dass Europäer mit dunklem Haar einem heissen Clima besser widerstehen als andere Menschen. Im Gcgcntheil hat die Erfahrung gelehrt, bei der Auswahl der Leute zum Dienste an der Küste von Afrika die mit rothem Haar zn wählen. Soweit daher diese wenigen Andeutungen reichen, scheint die Hypothese, welche mehrere Schriftsteller angenommen haben, dass die Farbe der schwarzen Kassen daher rühren könnte, dass immer dunklere und dunklere Individuen in grösserer Zahl überleben geblieben wären, während sie dem Fieber erzeugenden Clima ihrer Heimathländer ausgesetzt waren, der Begründung zu entbehren.
Obgleich wir mit unsern jetzigen Kenntnissen die so stark ausgesprochenen Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Menschenrassen weder durch die Correlation mit constitutionellen Eigentümlichkeiten, noch durch die directe Einwirkung des Clima's zu erklären vermögen, so dürfen wir doch die Wirkung des Letzteren nicht vernachlässigen; denn wir haben guten Grund zu glauben, dass ein gewisser vererbter Effect hierdurch hervorgebracht wird 50.
„sein würden, ob zwischen der Farbe des Haares und der 'constitutionellen P"m-„pfänglichkeit für Tropenkrankheiten irgend eine Beziehung existirt. Vielleicht „lässt sich keine derartige Beziehung nachweisen, die Untersuchung ist aber wohl „des Anstelleus werth. Im Fall ein positives Resultat erreicht wird, dürfte es „auch von einigem praktischen Nutzen bei der Auswahl der Leute zu ;irgend „einem speciellen Dienste sein. Theoretisch würde das Resultat von höchstem „Interesse sein, da es eins der Mittel andeutete, durch welches eine Menschenrasse, welche seit einer unendlich langen Zeit ein ungesundes tropisches Clima „bewohnt, dunkelgefärht geworden sein dürfte, nämlich durch die bessere Erhaltung dunkelhaariger Individuen oder solcher mit dunklem Teint während einer „langen Reihe von Generationen."
49 Anthropological Review. Jan. 1866, p. XXI.
50 s. z. B. A. de Quatrefages (Revue des Cours scientifiques, Oct. 10. 1868, p. 724) über die Wirkung des Aufenthalts in Abyssinien und Arabien, und andere analoge Fälle. Dr. Rolle gibt (Der Mensch, seine Abstammung u. s. w.
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Cap.. 7. Bildung der Rassen. 217
In unserem dritten Capitel haben wir gesehen , dass die Lebensbedingungen — wie sehr reichliche Nahrung und allgemeiner Comfort — in einer directen Weise die Entwickehing des ganzen Körpers affi-ciren und dass diese Wirkungen überliefert werden. Durch die combi-nirten Einwirkungen des Clima's und der veränderten Lebensgewohnheiten erleiden europäische Ansiedler in den Vereinigten Staaten, wie allgemein angenommen wird, eine geringe aber ausserordentlich schnelle Veränderung in der äusseren Erscheinung. Wir haben auch eine beträchtliche Menge von Beweisen, welche zeigen, dass in den südlichen Staaten die Haussclaven der dritten Generation eine markirte Verschiedenheit in ihrer äusseren Erscheinung von den Feldsclaven darbieten 51.
Wenn wir indessen die Menschenrassen in ihrer Verbreitung auf der ganzen Erde betrachten, so müssen wir zu dem Schlüsse gelangen, dass ihre characteristischen Verschiedenheiten durch die directe Wirkung verschiedener Lebensbedingungen , selbst nachdem sie solchen für eine enorme Zeit dauernd ausgesetzt waren, nicht erklärt werden können. Die Eskimo's leben ausschliesslich von animaler Kost, sie sind mit dicken Pelzen bekleidet und sind einer intensiven Kälte und lange dauernden Dunkelheit ausgesetzt; und doch weichen sie in keinem ausserordentlichen Grade von den Einwohnern des südlichen China ab, welche gänzlich von vegetabilischer Kost leben und beinahe nackt einem heissen, ja glühenden Clima ausgesetzt sind. Die unbekleideten Feuerländer leben von den Meereserzeugnissen ihrer unwirthlichen Küste. Die Botokuden wandern in den heissen Wäldern des Innern umher und leben hauptsächlich von vegetabilischen Erzengnissen; und doch sind diese Stämme einander so ähnlich, dass die Feuerländer an Bord des Beagle von mehreren Brasilianern für Botokuden gehalten wurden. Ferner sind die Botokuden, ebenso wie die andern Einwohner des tropischen Amerika, völlig von den Negern verschieden, welche die gegenüberliegenden Küsten des atlantischen Occeans bewohnen, einem nahezu
1865, S. 99) nach der Autorität Khanikof's an, dass die grössere Zahl der sich in Georgien niedergelassen habenden deutschen Familien in zwei Generationen dunkle Haare und Augen bekommen haben. Mr. D. Forbes theilt mir mit, dass die Qucchuas in den Anden sehr bedeutend je nach der Lage der von ihnen bewohnten Thäler in der Farbe variiren.
51 Harlan, Medical Researches p. 532. A. de Qu atre fages, Unite de l'Espece humaine, 1861, p. 128 hat sehr Viele Belege über diesen Gegenstand gesammelt.
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Rassen des Menschen.
I. Theil.
gleichen Clima ausgesetzt sind und nahebei dieselben Lebensgewohnheiten haben.
Auch durch vererbte Wirkungen des vermehrten oder verminderten Gebrauchs von Theilen können die Verschiedenheiten zwischen den Menschenrassen nicht erklärt werden, ausgenommen in einem vollkommen nichtssagenden Grade. Menschen, welche beständig in Booten leben, können ihre Beine etwas stämmiger haben, diejenigen, welche hohe Gegenden bewohnen, haben einen etwas grösseren Brustkasten und diejenigen, welche beständig gewisse Sinnesorgane gebrauchen, haben die Höhlen, in welche diese eingebettet sind, der Grösse nach etwas erweitert und in Folge hiervon ihre Gesichtszüge ein wenig modificirt. Bei civilisirten Nationen haben die etwas roducirte Grösse der Kinnladen in Folge eines verminderten Gebrauchs, das beständige Spiel verschiedener Muskeln, welche verschiedene Gemüthserregungen auszudrücken dienen, und die vermehrte Grösse des Gehirns in Folge der grösseren intellectuellen Lebendigkeit, Alles in Verbindung eine beträchtliche Wirkung auf die allgemeine Erscheinung im Vergleich mit Wilden hervorgebrachtä2. Es ist auch möglich, dass vermehrte Körper-grösse, ohne eine entsprechende Zunahme der Grösse des Gehirns, manchen Rassen (wenigstens nach den früher angeführten Fällen bei Kaninchen zu urtheilen) einen verlängerten, dem dolichocephalen Typus angehörigen Schädel verschaft't haben mag.
Endlich wird auch das nur wenig erklärte Princip der Correlation beinahe mit Sicherheit zur Thätigkeit gelaugt sein, wie in dem Falle einer bedeutenden Entwickelung des Mnskelsystems und stark vorspringender Oberaugenbrauenleisten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Textur des Haares, welche in den verschiedenen Kassen bedeutende Verschiedenheiten darbietet, in einer gewissen Art von Correlation mit der Structur der Haut stehen dürfte; denn die Farbe des Haars und der Haut sind bestimmt mit einander in Correlation, wie seine Färbung und Textur es bei den Mandan-Indianern sind 5:i. Die Farbe der Haut
" s. Prof. Schaaffhausen in: Anthropological Review. Oct. 1SR8, p. 420.
äs Mr. Catlin gibt an (North American Indians, 3. edit. 1842. Vol. 1, p. 49), dass in dem ganzen Stamme der Mandan-Indianer ungefähr eines unter je zehn oder zwölf Individuen aller Altersstufen und beider Geschlechter helle silbergraue Haare habe, was erblich sei. Dies Haar ist nun so grob und barsch wie die Mähne eines Pferdes, während die Haare anderer Farben weich und dünn sind.
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Cap. 7.
Bildung der Rassen.
219
und der von ihr ausgehende Geruch stehen gleichfalls auf irgendwelche Weise in Verbindung. Bei den Schafrassen steht die Zahl der Haare auf einem gegebenen Stücke Hautfläche und die Zahl der Drüsenöffnun-gen auf demselben im Verhältniss zu einander 54. Wenn wir nach der Analogie von unsern domesticirten Thieren urtheilen dürfen, so fallen viele Modificationen der Structur beim Menschen unter dieses Priucip des correlativen Wachsthums.
Wir haben nun gesehen, dass die characteristischen Verschiedenheiten zwischen den Eassen des Menschen in einer zufriedenstellenden Weise weder durch die directe Wirkung der Lebensbedingungen noch durch die Wirkungen des fortgesetzten Gebrauchs von Theilen noch durch das Princip der Correlation erklärt werden können. Wir werden daher zu untersuchen veranlasst, ob unbedeutende individuelle Verschiedenheiten, denen der Mensch im äussersten Maasse ausgesetzt ist, nicht im Verlaufe einer langen Reihe von Generationen durch natürliche Zuchtwahl erhalten und gehäuft worden sind. Hier begegnet uns aber sofort der Einwurf, dass nur wohlthätige Abänderungen auf diese Weise erhalten werden können; und soweit wir im Stande sind hierüber zu urtheilen (denn über diesen Punkt sind wir beständig der Gefahr eines Irrthums ausgesetzt), ist nicht eine einzige der äussern Verschiedenheiten zwischen den Menschenrassen von irgendwelchem directen oder speciellen Nutzen für dieselben. Bei dieser Bemerkung müssen natürlich die intellectuellen und moralischen oder socialen Eigenschaften ausgenommen werden; es können aber Verschiedenheiten in diesen Fähigkeiten nur wenig oder gar keinen Einfluss auf äussere Merkmale gehabt haben. Die Variabilität der sämmtlichen vorhin erwähnten characteristischen Verschiedenheiten zwischen den Rassen weist gleichfalls darauf hin, dass diese Verschiedenheiten von keiner grossen Bedeutung sein können; denn wären sie von Bedeutung gewesen, so würden sie schon lange entweder fixirt und erhalten oder eliminirt worden sein. In dieser Beziehung ist der Mensch jenen von den Naturforschern proteisch oder polymorph genannten Formen ähnlich, welche äusserst variabel geblieben sind und zwar wie es scheint in Folge des Um-standes, dass ihre Abänderungen von einer indifferenten Beschaffenheit
51 lieber den Geruch der Haut s. Gndron, Sur l'Espeee, Tom. II, p. 217. Ueber die Poren der Haut s. Dr. Wilckens, die Aufgaben der landwirtschaftlichen Zootechnik. 1869, S. 7.
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Rassen dos Menschen.
I. Theil.
und in Folge hiervon der Entwickelung der natürlichen Zuchtwahl entgangen sind.
So weit sind denn also alle unsere Versuche, die Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Rassen des Menschen zu erklären, vereitelt worden; noch bleibt aber eine bedeutungsvolle Kraft übrig, nämlich Geschlechtliche Zuchtwahl, welche mit der gleichen Energie auf den Menschen wie auf viele andere Thiere gewirkt zu haben scheint. Ich will nicht behaupten, dass geschlechtliche Zuchtwahl sämmtliche Verschiedenheiten zwischen den Rassen erklären wird. Ein unerklärter Rest bleibt übrig, über welchen wir in unserer Unwissenheit nur sagen können, dass, wie ja Individuen beständig z. B. mit ein wenig runderen oder schmäleren Köpfen oder mit ein wenig längeren oder kürzeren Nasen geboren werden, derartige unbedeutende Verschiedenheiten wohl fixirt und gleichförmig werden können, wenn die unbekannten Kräfte, welche sie herbeiführten, in einer beständigeren Art und Weise wirken und durch lange fortgesetzte Kreuzung unterstützt würden. Derartige Modificationeii gehören in die Classe provisorischer Fälle, welche ich im vierten Capitel angedeutet habe, und welche in Ermangelung einer bessern Bezeichnung spontane Abänderungen genannt wurden. Ich behaupte auch nicht, dass die Wirkungen der geschlechtlichen Zuchtwahl mit wissenschaftlicher Genauigkeit angegeben werden können; es kann aber nachgewiesen werden, dass es eine unerklärliche Thatsache sein würde, wenn der Mensch durch diese Kraft nicht modificirt worden wäre, welche in so wirksamer Weise zahllose Thiere, sowohl hoch als tief auf der Stufenleiter stehend, beeinflusst hat. Es kann ferner gezeigt werden, dass die Verschiedenheiten zwischen den Rassen des Menschen, wie die der Farbe, des Behaartseins, der Form der Gesichtszüge u. s. w. von einer solchen Natur sind, auf welche, wie man hätte erwarten können, die geschlechtliche Zuchtwahl wohl eingewirkt haben dürfte. Um aber diesen Gegenstand in einer entsprechenden Art und Weise zu behandeln, habe ich es für nöthig gehalten, das ganze Thier-reich Revue passiren zu lassen und habe demselben daher den zweiten Theil dieses Werks gewidmet. Zum Beschluss werde ich auf den Menschen zurückkommen und werde, nachdem ich den Versuch gemacht habe zu zeigen wie weit er durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt worden ist, eine kurze Zusammenfassung der in diesem ersten Theile enthaltenen Capitel geben.
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Zweiter Theil. Geschlechtliche Zuchtwahl.
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Achtes Oapitel.
Grundsätze der geschlechtlichen Zuchtwahl.
Secundäre Sexualcharactere. — Geschlechtliche Zuchtwahl, — Art und Weise der Wirkung. — Ueberwiegen der Männchen. — Polygamie. — Allgemein ist nur das Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt. — Begierde des Männchens. — Variabilität des Männchens. — Wahl vom Weibchen ausgeübt. — Geschlechtliche Zuchtwahl verglichen mit der natürlichen. — Vererbung zu entsprechenden Lebensperioden, zu entsprechenden Jahreszeiten und durch das Geschlecht beschränkt. — Beziehungen zwischen den verschiedenen Formen der Vererbung. — Ursachen, weshalb das eine Geschlecht und die Jungen nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt werden. — Anhang: über die proportionalen Zahlen der beiden Geschlechter durch das ganze Thierreich. — Ueber die Beschränkung der Zahlen der beiden Geschlechter durch geschlechtliche Zuchtwahl.
Bei Thieren mit getrenntem Geschlechte weichen die Männchen nothwendig von den Weibchen in ihren Beproductionsorganen ab; diese bieten daher die primären Geschlechtscharactere dar. Die Geschlechter weichen oft auch in dem ab, was Hunter secundäre Sexualcharactere genannt hat, welche nicht in einer directeii Verbindung zu dem Act der Beproduction stehen. Es besitzen z. B. die- Männchen gewisse Sinnesorgane oder Locomotionsorgane, welche den Weibchen völlig fehlen, oder haben dieselben höher entwickelt, damit sie die Weibchen leicht finden oder erreichen können; oder ferner es besitzt das Männchen besondere Greiforgane, um das Weibchen sicher zu halten. Diese letzteren Organe von unendlich mannichfacher Art gehen allmählich in diejenigen über und können in manchen Fällen kaum von denselben unterschieden werden, welche gewöhnlich für primäre angesehen werden, so z. B. die complicirten Anhänge an der Spitze des Hinterleibs bei männlichen Insecten. In der That, wenn wir nicht den Ausdruck „primär" auf die Generationsdrüsen beschränken, ist es kaum möglich, wenigstens soweit die Greiforgane in Betracht kommen, zu entscheiden, welche derselben primär und welche seeundär genannt werden sollen.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Das Weibchen weicht oft vom Männchen dadurch ab, dass es Organe zur Ernährung oder zum Schutze seiner Jungen besitzt, wie die Milchdrüsen der Säugethiere und die Abdominaltasche der Marsupialien. Auch das Männchen weicht in einigen wenigen Fällen vom AVeibchen durch den Besitz von analogen Organen ab, wie der Taschen zur- Aufnahme der Eier, welche die Männchen gewisser Fische besitzen, und der temporär entwickelten Bruttaschen gewisser männlicher Frösche. Weibliche Bienen haben einen speciellen Apparat zum Sammeln und Eintragen des Pollen und ihre Legeröhre ist zu einem Stachel für die Vertheidigung ihrer Larven und der ganzen Genossenschaft modificirt. Bei den Weibchen vieler Insecten ist die Legeröhre in der complicir-testen AVeise zur sicheren Unterbringung der Eier modificirt. Zahlreiche ähnliche Fälle könnten angeführt werden, doch berühren sie uns hier nicht. Es gibt indessen andere geschlechtliche Verschiedenheiten, die uns hier besonders angehen und welche mit den primären Orgauen in gar keinem Zusammenhange stehen, so die bedeutendere Grösse, Stärke und Kampflust der Männchen, ihre Angriffswaffen oder Vertheidigungs-mittel gegen Nebenbuhler, ihre auffallendere Färbung und verschiedenen Ornamente, ihr Gesangsvermögen und andere derartige Charactere.
Ausser den vorgenannten primären und seeundären geschlechtlichen Differenzen weichen die Männchen von den Weibchen zuweilen in Bildungen ab, welche mit verschiedenen Lebensgewohnheiten in Verbindung stehen und entweder gar nicht oder nur indirect auf die Keproductions-funetionen Bezug haben. So sind die Weibchen gewisser Fliegen (Culi-eidae und Tabanidae) Blutsauger, während die Männchen von Blüthen leben und keine Kiefer an ihrer Mundöffnung haben l. Nur die Männchen gewisser Motten und einiger Crustaceen (z. B. Tanais) haben unvollkommene, geschlossene Mundöffnungen und können sich nicht ernähren. Die complementären Männchen gewisser Cirripeden leben wie epiphy-tische Pflanzen auf der weiblichen oder der hermaphroditischen Form und entbehren einer Mundöffnuiig und der Greiffüsse. In diesen Fällen ist es das Männchen, welches modificirt worden ist und gewisse bedeutungsvolle Organe verloren hat, welche die andern Glieder derselben Gruppe besitzen. In andern Fällen ist es das Weibchen, welches derartige Theile verloren hat. So ist z. B. der weibliche Leuchtkäfer ohne
' West wo od, Modern Classification of Insects. Vol. IL 1840, p. 541. In Bezug auf die Angaben über Tanais, welche unten erwähnt werden, bin ich Fritz Müller zu Dank verbunden.
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Cap. 8. Verschiedenheiten der Geschlechter. 225
Flügel, wie es auch viele weiblichen Motten sind, von denen einige niemals ihre Cocons verlassen. Viele weibliche parasitische Crustaceen haben ihre Schwimmfüsse verloren. Bei einigen Rüsselkäfern (Curculionidae) besteht eine bedeutende Verschiedenheit zwischen dem Männchen und Weibchen in der Länge des Kostrums oder des Rüssels2. Doch ist die Bedeutung dieser und vieler anderer Verschiedenheiten durchaus nicht erklärt. Verschiedenheiten der Struetur zwischen den beiden Geschlechtern, welche zu verschiedenen Lebensgewohnheiten in Beziehung stehen, sind meist auf die niederen Thiere beschränkt; aber auch bei einigen wenigen Vögeln weicht der Schnabel des .Männchens von dem des Weibchen ab. Ohne Zweifel stehen in den meisten, aber allem Anscheine nach nicht in allen solchen Füllen die Verschiedenheiten in einer indirecten Verbindung mit der Fortpflanzung der Art. So wird ein Weibchen, welches eine Menge Eier zu ernähren hat, mehr Nahrung erfordern als ein Männchen und wird in Folge dessen specieller Mittel bedürfen, sich dieselben zu verschaffen. Ein männliches Thier, welches nur eine sehr kurze Zeit lebt, kann ohne Schaden in Folge von Nichtgebrauch seine Organe zur Beschaffung von Nahrung verlieren, es wird aber seine locomotiven Organe in vollkommenem Zustande behalten, damit es das Weibchen erreichen kann. Andererseits kann das AVeib-chen getrost seine Organe zum Fliegen, Schwimmen oder Geben verlieren, wenn es allmählich Gewohnheiten annimmt, welche ein derartiges Vermögen nutzlos machen.
Wir haben es indessen hier nur mit jener Art von Zuchtwahl zu thun, welche ich geschlechtliche Zuchtwahl genannt habe. Dieselbe hängt von dem Vortheile ab, welchen gewisse Individuen über andere Individuen desselben Geschlechts und derselben Species erlangen in ausschliesslicher Beziehung auf die Reproduction. Wenn die beiden Geschlechter in ihrer Struetur in Bezug auf die verschiedenen Lebensgewohnheiten, wie in den oben erwähnten Fällen, von einander abweichen, so sind sie ohne Zweifel durch natürliche Zuchtwahl modificirt worden in Verbindung mit einer auf ein und dasselbe Geschlecht beschränkten Vererbung. Es fallen ferner die primären Geschlechtsorgane und die Organe zur Ernährung und Beschützung der Jungen unter diese selbe Kategorie. Denn diejenigen Individuen, welche ihre Nachkommen am besten erzeugten oder ernährten, v/erden ceteris paribus die grösste
2 Kirby and Speiice, Introductiou to Entomology. Vol. III. 182G, p. 309.
DAinvis, Abstammung. 1. Zweite Auflage. 1 0
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Anzahl hinterlassen, diese Siipcriorität zu erben, während diejenigen, welche ihre Nachkommen mir schlecht erzeugten oder ernährten, auch nur wenige hinterlassen werden, dieses ihr schwächeres Vermögen zu erben. Da das Männchen das Weibchen aufzusuchen hat, so braucht es für diesen Zweck Sinnes- und Locomotionsorgane. Wenn aber diese Organe für die anderen Zwecke des Lebens nothwendig sind, wie es meistens der Fall ist, so werden sie durch natürliche Zuchtwahl entwickelt worden sein. Hat das Männchen das Weibchen gefunden, so sind ihm zuweilen Greiforgane, um dasselbe fest zu halten, absolut nothwendig. So theilt mir Dr. Wallace mit, dass die Männchen gewisser Motten sich nicht mit den Weibchen verbinden können, wenn ihre Tarsen oder Füsse gebrochen sind. Die Männchen vieler oceauisclier Crustaceen haben ihre Füsse und Antennen in einer ausserordentlichen Weise zum Ergreifen des Weibchens modificirt. AVir dürfen daher vermuthen, dass diese Thiere wegen des Umstandes, dass sie von den Wellen des offenen Meeres umhergeworfen werden, jene Organe absolut nöthig haben, um ihre Art fortpflanzen zu können; und wenn dies der Fall ist, so wird deren Ent-wickelmig das Resultat der gewöhnlichen oder natürlichen Zuchtwahl sein. Wenn die beiden Geschlechter genau denselben Lebensgewohnheiten folgen und das Männchen hat höher entwickelte Sinnes- oder Locomotionsorgane als das Weibchen, so kann es wohl sein, dass diese in ihrem vervollkommneten Zustand für das Männchen zum Finden des Weibchens unentbehrlich sind; aber in der ungeheuren Mehrzahl der Fälle dienen sie nur dazu, dem einen Männchen eine Ueberlegenheit über ein anderes zu geben. Denn die weniger gut ausgerüsteten Männchen werden, wenn ihnen Zeit-gelassen wird, auch noch dazu kommen, sich mit den AA'eibchen zu paaren, und sie werden in allen übrigen Beziehungen, nach der Structur des AAreibchens zu urtheilen, gleich-massig ihrer gewöhnlichen Lebensweise gut angepasst sein. In derartigen Fällen muss geschlechtliche Zuchtwahl in Thätigkeit getreten sein. Denn die Männchen haben ihre jetzige Bildung nicht dadurch erreicht, dass sie zum Ueberleben in dem Kampfe um's Dasein besser ausgerüstet sind, sondern dadurch, dass sie einen Vortheil über andere Männchen erlaugt und diesen Vortheil nur auf ihre männlichen Nachkommen überliefert haben. Es war gerade die Bedeutung dieses Unterschieds, welche mich dazu führte, diese Form der Zuchtwahl als geschlechtliche Zuchtwahl zu bezeichnen. AArcun ferner der hauptsächlichste Dienst, welchen die Greiforgane dem Männchen leisten, darin besteht, das Ent-
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Cap. 8. Secuntläre Soxuakharactcre. 227
schlüpfen des Weibchens noch vor der Ankunft anderer Männchen oder während des Angriffes von solchen zu verhüten, so werden diese Organe durch geschlechtliche Zuchtwahl vervollkommnet worden sein, d. h. durch den Yortheil, welchen gewisse Männchen über ihre Nebenbuhler erlangt haben. Es ist aber in den meisten Fällen kaum möglich, zwischen den Wirkungen der natürlichen und der geschlechtlichen Zuchtwahl zu unterscheiden. Es Hessen sich leicht ganze Capitel mit Einzelnheiten über die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern in ihren Sinnes-, Locomotions- und Greiforganen füllen. Da indessen diese Bildungen von nicht mehr Interesse als andere den gewöhnlichen Lebenszwecken angepasste sind, so will ich sie fast ganz übergehen und nur einige wenige Beispiele von jeder Classe anführen.
Es gibt viele andere Bildungen und Instinote, welche durch geschlechtliche Zuchtwahl entwickelt worden sein müssen, — so die Angriffswaffen und die Vertheidigungsmittel, welche die Männehen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern und zum Zurücktreiben derselben besitzen — ihr Miith und ihre Kampflust - ihre Ornamente verschiedener Art — ihre Organe zur Hervorbringung von Vocal- und "Instrumentalmusik — und ihre Drüsen zur Absonderung riechbarer Substanzen. Die meisten dieser letzteren Bildungen dienen nur dazu, das AVeibclien anzulocken oder aufzuregen. Dass diese Charactere das Resultat geschlechtlicher und nicht gewöhnlicher Zuchtwahl sind, ist klar, da unbewaffnete, nicht mit Ornamenten verzierte oder keine besonderen Anziehungspunkte besitzende Männchen in dem Kampfe nrn's Dasein gleichmässig gut bestehen und eine zahlreiche Nachkommenschaft hinterlassen würden, wenn nicht besser begabte Männchen vorhanden wären. Wir dürfen schliessen, dass dies der Fall sein würde; denn die Weibchen, welche ohne Waffen und Ornamente sind, sind doch im Stande, leben zu bleiben und ihre Art fortzupflanzen. Secundäre Geschlechts-charactere von der eben erwähnten Art werden in den folgenden Capiteln ausführlich erörtert werden, da sie in vielen Beziehungen von Interesse sind, aber ganz besonders, da sie von dem Willen, der Auswahl und der Eivalität der Individuen beider Geschlechter abhängen. Wenn wir zwei Männeben wahrnehmen, welche um den Besitz des AVeibchens kämpfen, oder mehrere männliche Vögel, welche ihr stattliches Gefieder entfalten und die fremdartigen Gesten vor einer versammelten Menge von Weibchen anstellen, so können wir nicht daran zweifeln, dass sie, wenn auch nur mit Instinct dazu getrieben, doch wissen, was sie thun,
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
und mit Bewusstsein ihre geistigen und körperlichen Kräfte zur Darstellung bringen.
In derselben Art und Weise, wie der Mensch die Fasse seiner KampiMhne durch die Zuchtwahl derjenigen Vögel verbessern kann, welche in den Hahnenkämpfen siegreich sind, so haben auch, wie es den Anschein hat, die stärksten und siegreichsten Männchen oder diejenigen, welche mit den besten Waffen versehen sind, im Naturzustände den Sieg davon getragen und haben zur Veredelung der natürlichen Easse oder Species geführt. Im Verlaufe der wiederholten Kämpfe auf Tod und Leben wird ein geringer Grad von Variabilität, wenn derselbe nur zu irgend einem Vortheile, wenn auch noch so unbedeutend, führt, zu der Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl beitragen; und es ist sicher, dass seeundäre Sexualcharactere ausserordentlich variabel sind. In derselben Weise wie der Mensch je nach seiner Ansicht von Geschmack seinem männlichen Geflügel Schönheit gehen kann, — wie er den Sebright-Bantam-Hühnern ein neues und elegantes Gefieder, eine aufrechte und eigen thümliche Haltung geben kann — so haben auch allem Anscheine nach im Naturzustande die weiblichen Vögel die Schönheit ihrer Männchen dadurch erhöht, dass sie lange Zeit hindurch die anziehendsten Männchen sich erwählt haben. Ohne Zweifel setzt dies ein Vermögen der Unterscheidung und des Geschmacks von Seiten des Weibchens voraus, welches anf den ersten Blick äusserst unwahrscheinlich erscheint; doch hoffe ich, später zu zeigen, dass es dies nicht ist.
Nach unserer Unwissenheit in Bezug auf mehrere Punkte ist die genaue Art und Weise, in welcher geschlechtliche Zuchtwahl wirkt, bis zu einer gewissen Ausdehnung nicht sicher zu bestimmen. Wenn trotzdem diejenigen Naturforscher, welche bereits an die Veränderlichkeit der Arten glauben, die folgenden Capitel lesen wollen, so werden sie, denke ich, mit mir darüber übereinstimmen, dass geschlechtliche Zuchtwahl in der Geschichte der organischen Welt eine bedeutende Rolle gespielt hat. Es ist sicher, dass bei fast allen Thieren ein Kampf zwischen den Männchen um den Besitz des Weibchens besteht. Diese Thatsache ist so notorisch , dass es überflüssig sein würde, hier Beispiele anzuführen. Es können daher die Weibchen unter der Voraussetzung, dass ihre geistigen Fähigkeiten für die Ausübung einer solchen Wahl hinreichen, eines von mehreren Männchen auswählen. In zahlreichen Fällen aber scheint es, als wenn eine besondere Anordnung
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Cap. 8. Wirkungsweise der geschlechtlichen Zuchtwahl. 229
getroffen worden wäre, dass ein Kampf zwischen vielen Männchen eintreten müsse. So kommen bei Zugvögeln allgemein die Männchen vor den Weibchen auf den Brüteplätzen an, so dass viele Männchen bereit sind, um jedes Weibchen zu kämpfen. Die Vogelfänger behaupten, dass dies unabänderlich bei der Nachtigall und dem Plattmönche der Fall ist, wie mir Mr. Jenner Weir mitgetheilt hat, welcher die Angabe in Bezug auf die letztere Species bestätigt.
Mr. Swaysland von Brighton, welcher während der letzten vierzig Jahre unsere Zugvögel bei ihrem ersten Eintreffen zu fangen pflegte, schreibt mir, dass er nie erfahren habe, dass die Weibchen irgend einer Art vor ihren Männchen ankämen. Während eines Frühlings schoss er neimunddreissig Männchen von Ray's Bachstelze (Budytes Bau), ehe er ein einziges Weibchen sah. Mr. Gould hat durch die Section bestätigt, wie er mir mittheilt, dass in England die männlichen Becassinen vor den weiblichen ankommen. Was die Fische betrifft, so sind zu der Periode, wenn der Lachs in unseren Flüssen aufsteigt, die Männchen in grosser Anzahl vor den Weibchen zur Brut bereit. Allem Anscheine nach ist dasselbe bei den Fröschen und Kröten der Fall. In der ganzen grossen Classe der Insecten schlüpfen die Männchen fast immer vor dem andern Geschlechte aus ihrem Puppenzustande aus, so dass sie meistens eine Zeit lang schwärmen, ehe irgendwelche Weibchen sichtbar sind 3. Die Ursache dieser Verschiedenheit zwischen der Periode der Ankunft der Männchen und der Weibchen und deren Keifeperiode ist hinreichend klar. Diejenigen Männchen, welche jährlich in ein anderes Land wandern oder welche im Frühjahre zuerst zur Brut bereit sind oder die eifrigsten sind, werden die grösste Anzahl von Nachkommen hinterlassen, und diese werden ähnliche Instincte und Constitutionen zu vererben neigen. Im Ganzen lässt sich nicht zweifeln, dass fast bei allen Thieren, bei denen die Geschlechter getrennt sind, ein beständig wiederkehrender Kampf zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen stattfindet.
s Selbst bei denjenigen Pflanzen, bei denen die Geschlechter getrennt sind, werden die männlichen Blüthen allgemein vor den weiblichen reif. Viele her-mapbroditische Pflanzen sind, wie zuerst C.K.Sprengel gezeigt hat, dichogam, d. h. ihre männlichen und weiblichen Organe sind nicht zu derselben Zeit fortpflanzungsfähig, so dass sie sich nicht seihst befruchten können. In solchen Pflanzen ist nun allgemein der Pollen in derselben Blntbe früher reif, als die Narbe, obschon einige exceptionelle Fälle vorkommen, bei denen die weiblichen Organe vor den männlichen die Reife erlangen.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
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Die Schwierigkeit in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl liegt für uns darin, m verstehen, wie es kommt, dass diejenigen Männchen, welche andere besiegen, oder diejenigen, welche sich als den Weiheben am meisten anziehend erweisen, eine grössere Zahl von Nachkommen hinterlassen, um ihre Snperiorität zu erben, als die besiegten und weniger anziehenden Männchen. Wenn dieses Resultat nicht erlangt wird, so können die Charactere, welche gewissen Männchen einen Vortheil über andere verleihen, nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl vervollkommnet und angehäuft werden. Wenn die Geschlechter in genau gleicher Anzahl existiren, so werden doch die am schlechtesten ausgerüsteten Männchen schliesslich auch Weibchen finden (mit Ausnahme der Fälle, wo Polygamie herrscht) und dann ebenso viele und für ihre allgemeinen Lebensgewohnheiten gleichmässig gut ausgerüstete Nachkommen hinterlassen als die bestbegabten Männchen. In Folge verschiedener Tliatsachen und Betrachtungen war ich früher zu dem Schlüsse gekommen, dass bei den meisten Thieren, bei denen seeundäre Se-xualcharactere gut entwickelt sind, die Männchen den Weibchen an Zahl beträchtlich überlegen sind, und dies ist auch für einige wenige Fälle richtig. Verhielten sich die Männchen zu den Weibchen wie zwei zu eins oder wie drei zu zwei oder selbst in einem noch etwas geringeren Verhältnisse, so würde die ganze Angelegenheit einfach sein. Denn die besser bewaffneten oder grössere Anziehungskraft darbietenden Männchen würden die grösste Zahl von Nachkommen hinterlassen. Nachdem ich aber, soweit es möglich ist, die numerischen Verhältnisse der Geschlechter untersucht habe, glaube ich nicht, dass irgend welche bedeutende Ungleichheit der Zahl für gewöhnlich existirt. In den meisten Fällen scheint die geschlechtliche Zuchtwahl in der folgenden Art und Weise in Wirksamkeit gekommen zu sein.
Wir wollen irgend eine Species, z.B. einen Vogel, annehmen und die Weibchen, welche einen Bezirk bewohnen, in zwei gleiche Massen theilen; die eine bestehe aus den kräftigeren und besser genährten Individuen, die andere aus den weniger kräftigen und weniger gesunden. Es kann darüber kaum ein Zweifel bestehen, dass die ersteren im Frühjahre vor den letzteren zur Brut bereit sein werden; und das ist auch die Meinung von Mr. Jenxer Weik, welcher viele Jahre hindurch die Lebensweise der Vögel aufmerksam beobachtet hat. Auch darüber kann kein Zweifel bestehen, dass die kräftigsten, gesündesten und am besten genährten Weibchen im Mittel es dahin bringen, die grösste Zahl
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Cap. 8. Wirkungsweise der geschlechtlichen Zuchtwahl. 23 1
von Nachkommen aufzuziehen. Wie wir gesehen haben, sind allgemein die Männchen schon vor den Weibchen zum Fortpflanzungsgeschäft bereit ; von den Männchen treiben jiun die stärksten und bei einigen Species die am besten bewaffneten die schwächeren Männchen fort, und die ersteren werden sich dann mit den kräftigeren und am besten genährten Weibchen verbinden, da diese die ersten sind, welche zur Brut bereit sind. Derartige kräftige Paare werden sicher eine grössere Zahl von Nachkommen aufziehen, als die zurückgebliebenen Weibchen, welche unter der Voraussetzung, dass die Geschlechter numerisch gleich sind, gezwungen werden, sich mit den besiegten und weniger kräftigen Männchen zu paaren; und hier rindet sich denn Alles was nöthig ist, um im Verlaufe aufeinander folgender Generationen die Grösse, Stärke und den Muth der Männchen zu erhöhen oder ihre Waffen zu verbessern.
Aber in einer Menge von Fällen gelangen die Männchen, welche andere Männchen besiegen, nicht in den Besitz der Weibchen unabhängig von einer Wahl seitens der letzteren. Die Bewerbung der Thiere ist durchaus keine so einfache und kurze Angelegenheit, als man wohl denken möchte. Die Weibchen werden durch die geschmnek-teren oder die sich als die besten Sänger zeigenden oder die am besten gestikulirenden Männchen am meisten angeregt oder ziehen vor, sich mit solchen zu paaren. Es ist aber offenbar wahrscheinlich, wie es auch in manchen Fällen factisch beobachtet worden ist, dass diese Männchen in derselben Weise es auch vorziehen werden, sich mit den kräftigeren und lebendigeren Weibchen zu begatten 4. Es werden daher die kräftigeren Weibchen, welche zuerst zum Brutgeschäfte kommen, die Auswahl unter vielen Männchen haben, und wenn sie auch nicht immer die stärksten und am besten bewaffneten wählen werden, so werden sie sich doch diejenigen aussuchen, welche überhaupt kräftig und gut bewaffnet sind und in manchen anderen Beziehungen am meisten Anziehungskraft ausüben. Solche zeitige Paare werden beim Aufziehen von Nachkommen auf der weiblichen Seite, wie oben auseinandergesetzt wurde, denselben Vortheil und auf der- männlichen Seite nahezu denselben Vortheil haben. Und offenbar hat dies während eines langen Verlaufes aufeinander folgender Generationen hingereicht, nicht bloss die
1 Ich habe ilitthcilungen in diesem Sinne in "Bezug auf die Hühner erhalten, welche ich später noch erwähnen werde. Selbst bei solchen Vögeln, welche sieh, wie der Tauber, für ihre Lehenszeit paaren, verlässt, wie ich von Mr. Jenner Weir höre, das Weibchen seinen Genossen, wenn er krank oder schwach wird.
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Stärke und das Kanipivermögen der Männchen zu erhöhen, sondern auch ihre verschiedenen Zierathen oder andere Punkte der Anziehung entwickeln zu lassen.
Tn dem umgekehrten und viel selteneren Falle, wo die Männchen besondere Weibchen auswählen, ist es klar, dass diejenigen, welche die kräftigsten sind und andere besiegt haben, die freieste Wahl haben; und es ist beinahe gewiss, dass sie ebensowohl kräftigere als mit gewissen Anziehungsreizen versehene Weibchen sich wählen werden. Derartige Paare werden bei der Erziehung von Nachkommen einen Vor-theil haben und dies noch besonders, wenn das Männchen die Kraft besitzt, das Weibchen während der Paarungszeit zn vertheidigen, wie es bei einigen der höheren Thiere vorkommt, oder wenn es das Weibchen bei der Sorge um das Junge unterstützt. Dieselben Grundsätze werden gelten, wenn beide Geschlechter gegenseitig gewisse Individuen des andern Geschlechts vorzogen und auswählten, unter der Voraussetzung allerdings, dass sie nicht bloss die mit grösseren Reizen versehenen, sondern gleichfalls auch die kräftigeren Individuen auswählten.
Numerisches Verhältniss der beiden Geschlechter. — Ich habe eben bemerkt, dass geschichtliche Zuchtwahl eine einfache Angelegenheit wäre, wenn die Männchen den Weibchen an Zahl beträchtlich überlegen wären. Ich wurde hierdurch veranlasst, soweit ich es thnn konnte, diu Verhältnisse zwischen den beiden Geschlechtern bei so vielen Thieren als nur möglich zu untersuchen; doch sind die Materialien nur dürftig. Tch will liier nur einen kurzen Abriss der Resultate geben und die Einzelnheiten für eine anhangsweise Erörterung aufbewahren, um hier den Gang meiner Beweisführung nicht zu unterbrechen. Nur domesticirte Thiere bieten die Gelegenheit dar, die proportionalen Zahlen bei der Geburt festzustellen; es sind aber speciell für diesen Zweck keine Berichte abgefasst oder Listen etc. geführt worden. Indessen habe ich auf indirectem Wege eine beträchtliche Menge statistischer Angaben gesammelt, aus denen hervorgeht, dass bei den meisten unserer domesticirten Thiere die Geschlechter bei der Geburt nahezu gleich sind. So sind von Beimpferden während einundzwanzig Jahren 25,560 Geburten registrirt worden, und die männlichen Geburten standen zu den weiblichen in dem Verhältnisse von 99,7 :100. Bei Windspielen ist die Ungleichheit grösser als bei irgend einem anderen Thiere, denn während zwölf Jahren verhielten sich unter 6878
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Geburten die männlichen Geburten zu den weiblichen wie 110,1 : 100. Es ist indess in einem ziemlichen Grade zweifelhaft, ob es richtig ist, zu schliessen, dass dieselben proportionalen Zahlen ebenso für die natürlichen Verhältnisse wie für den Zustand der Domestication gelten; denn unbedeutende und unbekannte Verschiedenheiten in den Lebensbedingungen afficiren in einer gewissen Ausdehnung das Verhältniss der beiden Geschlechter zu einander. So verhalten sich in Bezug auf den Menschen die männlichen Geburten in England wie 104,5, in Eussland wie 108,9, und bei den Juden in Livland wie 102 zu hundert weiblichen Geburten. Das Verhältniss wird auch in einer mysteriösen Weise noch durch den Umstand afficirt, ob die Geburten legitim oder illegitim sind.
Für unsern gegenwartigen Zweck haben wir es hier mit dem Verhältnisse der beiden Geschlechter nicht zur Zeit der Geburt, sondern zur Zeit der Reife zu thnn, und dies bringt noch ein anderes Element des Zweifels mit sich. Denn es ist eine sicher bestätigte Thatsache, dass bei dem Menschen ein beträchtlich bedeutenderer Theil von den Männclien vor oder während der Geburt und während der ersten wenigen Jahre der Kindheit stirbt als von den Weibchen. Dasselbe ist fast sicher mit den männlichen Lämmern der Fall und dasselbe dürfte wohl auch für die Männchen anderer Thiere gelten. Die Männchen mancher Thiere tödten einander in Kämpfen oder sie treiben einander herum, bis sie bedeutend abgemagert sind. Sie müssen auch, während sie im eifrigen Suchen nach Weibchen umherwanclern, oft verschiedenen Gefahren ausgesetzt sein. Bei vielen Arten von Fischen sind die Mischen viel kleiner als die Weibchen und man glaubt, dass sie oft von den letzteren oder von anderen Fischen verschlungen werden. Bei manchen Vögeln scheint es, als oh die Weibchen in einem bedeutend grösseren Verhältnisse stürben als die Männehen; auch sind sie einer Zerstörung, während sie auf dem Neste sitzen oder während sie sich um ihre Jungen mühen, sehr ausgesetzt. Bei Insecten sind die weiblichen Larven oft grösser als die männlichen und dürften in Folge dessen wohl häutiger von anderen Thieren gefressen werden. In manchen Fällen sind die reifen Weibchen weniger lebendig und weniger schnell in ihren Bewegungen als die Männchen und werden daher nicht so gut im Stande sein, den Gefahren zu entrinnen. Bei den Thieren im Naturzustande müssen wir uns daher, um über die Verhältnisse der Geschlechter im Ksifezustande uns ein Urtheil zu bilden, auf blosse
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Schätzung verlassen, und diese ist, vielleicht mit Ausnahme der Fülle, wo die Ungleichheit stark markirt ist, nur wenig zuverlässig. Soweit sich aber ein Urtheil bilden lässt, können wir nichtsdestoweniger aus den im Anhange gegebenen Thatsachen schliessen, dass die Männchen einiger weniger Säugethiere, vieler Vögel und einiger Fische und In-secten die Weibchen an Zahl beträchtlich übertreffen.
Das Verliältniss zwischen den Geschlechtern fluetuirt unbedeutend während aufeinanderfolgender Jahre. So variirte bei ltennpferden für je hundert geborener Weibchen die Zahl der Mämiclien von 107,1 in dem einen Jahre bis zn 92,6 in einem andern Jahre, und bei Windspielen von 116,3 zu 95,3. Wären aber Zahlen aus einem noch ausgedehnteren Bezirke als es England ist tabellarisch zusammengestellt worden, so würden wahrscheinlich diese Fluctuationen verschwunden sein; aber auch so wie sie sind dürften sie kaum genügen, um zur Annahme einer wirklichen Thätigkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl im Naturzustände zu führen. Nichtsdestoweniger scheinen bei einigen wenigen wilden Thieren, wie im Anhange gezeigt werden wird, die Proportionen eutweder während verschiedener Jahre oder in verschiedenen Oertlichkeiten in einem hinreichend bedeutenden Grade zu schwanken, um zu einer derartigen Wirksamkeit zu führen. Denn man muss beachten, dass irgendwelcher während gewisser Jahre oder in gewissen Oertlichkeiten von denjenigen Männchen erlangte Vortheil, welche im Stande waren, andere Männchen zu besiegen, oder welche für die Weibchen die meiste Anziehungskraft besassen, wahrscheinlich auf deren Nachkommen überliefert und später nicht wieder eliminirt wurde. Wenn während der aufeinanderfolgenden Jahre in Folge der gleichen Zahl der Geschlechter jedes Männchen überall im Stande wäre, sich ein Weibchen zu verschaffen, so würden die kräftigeren oder anziehenderen Männchen, welche früher erzeugt wurden, mindestens ebensoviel Wahrscheinlichkeit haben, Nachkommen zu hinterlassen, als die weniger kräftigen und weniger anziehenden.
Polygamie. — Die Gewohnheit der Polygamie führt zu denselben Kesultaten, welche aus einer factischen Ungleichheit in der Zahl der Geschlechter sich orgeben würden. Denn wenn jedes Mämiclien sich zwei oder mehrere Weibchen verschafft, so werden viele Männchen nicht im Stande sein, sich zu paaren; und zuverlässig werden die letzteren die schwächeren oder weniger anziehenden Individuen sein. Viele Säuge-
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Cap. 8. Polygamie. 235
tliiere nnd einige wenige Vögel sind polygam; bei Thieren indessen, welche zu den niederen Classen gehören, habe ich keine Zeugnisse hierfür gefunden. Die intellectuellen Kräfte solcher Tliiere sind vielleicht nicht hinreichend gross, um sie dazu zu führen, einen Harem von Weibchen sich zu sammeln und zu bewachen. Dass irgend eine Beziehung zwischen Polygamie und der Entwickelung seeundärer Sexualcharac-tere existirt, scheint ziemlich sicher zu sein; und dies unterstützt die Ansicht, dass ein numerisches Uebergewicht der Männchen der Thätig-keit geschlechtlicher Zuchtwahl ganz ausserordentlich günstig sein würde. Nichtsdestoweniger bieten viele Tliiere, besonders Vögel, welche ganz streng monogam leben, scharf ausgesprochene seeundäre Sexual-charactere dar, wahrend andrerseits einige wenige Tliiere, welche polygam leben, nicht in dieser Weise ausgezeichnet sind.
Wir wollen zuerst schnell die Glasse der Säugethiere durchlaufen und uns dann zu den Vögeln wenden. Der Gorilla scheint ein Polygamist zu sein, und das Männchen weicht beträchtlich vom Weibchen ab. Dasselbe gilt für einige Paviane, welche in Heerden leben, die zweimal so viele erwachsene Weibchen als Männchen enthalten. In Südamerika bietet der Mijcetes rarai/a gut ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheiten in der Färbung, dem Barte und den Stimmorganen dar; und das Männchen lebt meist mit zwei oder drei Weibchen. Das Männchen des Cebus capucinus weicht etwas von dem Weibchen ab und scheint auch polygam zu sein 5. In Bezug auf die meisten andern Affen ist über diesen Punkt nur wenig bekannt, aber manche Species sind streng monogam. Die Wiederkäuer sind ganz ausserordentlich polygam und sie bieten häufiger geschlechtliche Verschiedenheiten dar, als vielleicht irgend eine andere Gruppe von Säugethieren, besonders in ihren Waffen, aber gleichfalls in anderen Merkmalen. Die meisten hirschartigen, rillderartigen Thicre und Schafe sind polygam, wie es auch die meisten Antilopen sind, obgleich einige der letzteren monogam leben. Sir Andrew Smith erzählt von den Antilopen in Südafrika und sagt, dass in Heerden von ungefähr einem Dutzend selten mehr als ein reifes Männchen sich findet. Die asiatische Antilope Saiya
5 Ueber den Gorilla s. Savage aml Wyman in: Boston Jonrn. of Natur. Hist. Vol. V. 1845—47, p. 423. Ueber Cynocephalns s. Breiini, Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. 1864, S. 77. Ueber Mtjcete* s. Rengger, Naturgesch. d. Säugethiere von Paraguay. 1830, S. 14, 20. Ueber Cebus s. Brehm, a. a. 0. S. 108.
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scheint der ausschweifendste Polygamist in der Welt zu sein ; denn Pallas 6 gibt an, dass das Männchen sämmtliche Nebenbuhler forttreibt und eine Heerde von ungefähr Hundert um sich sammelt, welche aus Weibchen und Kälbern besteht. Das Weibchen ist hornlos und hat weichere Haare, weicht aber in anderer Weise nicht viel vom Männchen ab. Das Pferd ist polygam; mit Ausnahme der bedeutenderen Grösse und der Verhältnisse des Körpers weicht aber der Hengst nur wenig von der Stute ab. Der wilde Eber bietet in seinen grossen Hauern und einigen andern Characteren scharf markirte sexuelle Merkmale dar. In Europa und in Indien führt er mit Ausnahme der Brunstzeit ein einsames Lehen, aber um diese Zeit vergesellschaftet er sich in Indien mit mehreren Weibchen, wie Sir W. Elliot annimmt, welcher reiche Erfahrung in der Beobachtung dieses Thieres besitzt. Ob dies auch für den Eber in Europa gilt, ist zweifelhaft, doch wird es von einigen Angaben unterstützt. Der erwachsene männliche indische Elephant bringt, wie der Eber, einen grossen Theil seiner Zeit in Einsamkeit hin; aber wenn er sich mit andern zusammenthut, so findet man, wie Dr. Campbell angibt, „selten mehr als ein Männchen mit „einer grossen Heerde von Weibchen." Die grösseren Männchen treiben die kleineren und schwächeren fort oder tödten sie. Das Männchen weicht vom Weibchen durch seine ungeheuren Stosszähne und bedeutendere Grösse, JTraft und Ausdauer ab. Die Verschiedenheit ist in dieser letzteren Beziehung so gross, dass die Männchen, wenn sie gefangen sind, zwanzig Procent höher geschätzt werden als die Weibchen 7. Bei anderen paehydermen Thieren weichen die Geschlechter sehr wenig oder gar nicht von einander ab, auch sind sie, soweit es bekannt ist, keine Polygamisteri. Kaum eine einzige Species unter den Chiroptern und Edentaten oder aus den grossen Ordnungen der Nage-thiere und Insectenfresser bietet gut entwickelte seeundäre Geschlechtsdifferenzen dar; und mit Ausnahme der gemeinen Satte, von der, wie einige Rattenfänger versichern, die Männchen mit mehreren Weibchen
6 Pallas, Spicilegia Zoologica. Fascic. XII. 1777, p. 29. Sir Andrew Smith, Illustrations of the Zoology of South Africa. 1S49, pl. 29 über den Kohas. Owen gibt in seiner Anatomy of Vertebrates, Vol. III, 1S68, p, 633, eine Tabelle, welche unter Anderem auch zeigt, welche Arten von Antilopen sich paaren und welche in Heerden leben.
7 Dr. Campbell in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 138. s. auch einen interessanten Aufsatz von Lieutenant Johns tone in: Froceed. Asiatic. Soc. in Bengal, May, 1868.
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leben, kann icli keine Angabe dafür finden, dass irgend eine Species polygam lebe.
Wie icli von Sir Andrew Smith höre, lebt der Löwe in Südafrika zuweilen mit einem einzigen Weibchen, meistens aber mit mehr als einem, und in einem Falle fand man, dass er sogar mit fünf Weibchen lebte, so dass er also polygam ist. Er ist, soweit ich es entdecken kann, der einzige Polygamist in der ganzen Gruppe der landbewohnen-den Carnivoren und er allein bietet wohlausgesprochene Sexual-charactere dar. Wenn wir uns indess zu den See-Carnivoren wenden, so stellt sich der Fall sehr verschieden. Denn viele Species von Robben bieten, wie wir hernach sehen werden, ausserordentliche sexuelle Verschiedenheiten dar, und sie sind in eminentem Grade polygam. So besitzt der männliche See-Elephant der Südsee nach der Angabe von Peron stets mehrere Weiber und von dem See-Löwen von Förster sagt man, dass er von zwanzig bis dreissig Weibchen umgeben wird; im Norden begleitet den männlichen See-Bär von Steller selbst eine noch grössere Zahl von AVeibchen.
Was die Vögel betrifft, so sind viele Species, in denen die Geschlechter bedeutend von einander abweichen, sicher monogam. In Großbritannien sehen wir z. B. gut ausgesprochene Verschiedenheiten bei der wilden Ente, welche mit einem einzigen AVeibchen sich paart, bei der gemeinen Amsel und beim Gimpel, von dem man sagt, dass er sich für's Leben paart. Dasselbe gilt, wie Mr. Wallace mitgetheilt hat, für die Cotingiden von Südamerika und zahlreiche andere Vögel. In mehreren Gruppen bin ich nicht im Stande gewesen, ausfindig zu machen, ob die Species polygam oder monogam loben. Lesson sagt, dass die Paradiesvögel, welche wegen ihrer geschlechtlichen Verschiedenheiten so merkwürdig sind, polygam leben; Mr. Wallace zweifelt aber, ober für diese Ansicht hinreichende Belege habe. Mr. Salvin theilt mir mit, er werde zu der Annahme veranlasst, dass die Kolibri's polygam loben. Der männliche Wittwenvogel (Vidua), welcher wegen seiner Schwanzfedern so merkmürdig ist, scheint sicher ein Polygamist zu sein s. Mr. Jenner Weir und Andere haben mir versichert, dass nicht selten drei
8 The Ibis. Vol. III. 1861, p. 133, über den Progne-Wittwenvogel. s. auch über Vidua iktiUaris ebenda. Vol. II. 18G0, p. 211. Ueber die Polygamie des Auerhahns und der grossen Trappe s. L. Lloyd, Game Birds of Sweden. 18G7, p. 19 und 182. Montag« und Selby sprechen vom Birkhuhne als einem polygamen, vom Sclmechulme als einem monogamen Vogel.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Slawe ein und dasselbe Nest frequentiren; ob dies aber ein Fall von Polygamie oder Polyandrie ist, ist nicht ermittelt worden.
Die hühnerartigen Vögel bieten fast ebenso scharf markirte geschlechtliche Verschiedenheiten dar als die Paradiesvögel und Kolibri's, und viele ihrer Arten sind, wie bekannt ist, polygai»; andere dagegen leben in stricter Monogamie. Welchen Contrast bieten die beiden Geschlechter des polygamen Pfauen oder Fasans und des monogamen Perlhuhns oder Kebhuhns dar! Es Messen sich viele ähnliche Fälle noch anführen, wie in der Gruppe der Waldhühner, bei denen die Männchen des polygamen Auerhuhns und des Birkhuhns bedeutend von den Weibchen abweichen, während die Geschlechter des monogamen Moor- und schottischen Schneehuhns nur sehr wenig von einander abweichen. Unter den Laufvögeln bietet keine grosse Zahl von Spccies scharf markirte sexuelle Verschiedenheiten dar, mit Ausnahme der trappenartigen, und man sagt, dass die grosse Trappe (Otis tarda) polygam sei. Unter den Wadvögeln weichen nur äusserst wenige Arten sexuell von einander ab, aber der Kampfläufer (Machetes pvgnax) bietet eine sehr auffallende Ausnahme dar und Montagu glaubt, dass diese Art polygam sei. Es scheint daher, als wenn bei Vögeln oft eine nahe Beziehung zwischen Polygamie und der Entwickelung scharf markirter sexueller Verschiedenheiten bestände. Als ich Mr. Baktlett, welcher über Vögel so bedeutende Erfahrung besitzt, im zoologischen Garten frag, ob der männliche Tragopan (einer der Gallinaceen) polygam sei, überraschte mich seine Antwort: „Ich weiss es nicht, ich sollte es aber „nach seinen glänzenden Farben wohl meinen."
Es verdient Beachtung, dass der Instinct der Paarung mit einem einzigen Weibchen im Zustande der Domestication leicht verloren geht. Die wilde Ente ist streng monogam, die domesticirte Ente stark polygam. Mr. W. D. Fox theilt mir mit, dass bei einigen halb gezähmten Wildenten, welche auf einem grossen Teiche in seiner Nachbarschaft gehalten wurden, so viele Entliehe von den Wildhütern geschossen wurden, dass nur einer für je sieben oder acht Weibchen übrig gelassen wurde, und doch wurden ganz ungewöhnlich grosse Brüten erzogen. Das Perlhuhn lebt in stricter Monogamie. Mr. Fox rindet aber, dass dieser Vogel am besten fortkommt, wenn man auf zwei oder drei Hennen einen Hahn hält9. Die Canarienvögel paaren sich im Natnrzu-
9 E. S. Dixon sagt indessen positiv (Ornamental Poultry, 1S4S, p. 7G), dass
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Cap. 8. Polygamie. 239
stände; aber die Züchter in England bringen mit vielem Erfolge nur ein Männchen zu vier oder fünf Weibchen. Nichtsdestoweniger wird, wie dem Mr. Fox versichert worden ist, nur das erste Weibchen als das eigentliche Weib behandelt, nur dieses und seine Jungen werden von den Männchen gefüttert; die andern werden als Concubinen behandelt. Ich habe diese Fälle angeführt, da sie es in ziemlichein Grade wahrscheinlich machen, dass im Naturzustande monogame Arten sehr leicht entweder zeitweise oder beständig polygam werden können.
In "Bezug auf die Reptilien und Fische muss bemerkt werden, dass zu wenig von ihrer Lebensweise bekannt ist, um uns in den Stand zu setzen, von ihren Hochzeitsarrangements zu sprechen. Man sagt in-dess, dass der Stichling (Gasterosteits) ein Polygamist sei 10, und das Männehen weicht während der Brütezeit auffallend vom Weibchen ab.
Fassen wir nun die Mittel zusammen, durch welche, soweit wir es beurtheilen können, die geschlechtliche Zuchtwahl zur Entwiekelung seeuudärer Sexualeharactere geführt hat. Es ist gezeigt worden, dass die grösste Zahl kräftiger Nachkommen durch die Paarung der kräftigsten und am besten bewaffneten Männehen, welche andere Männchen besiegt haben, mit den kräftigsten und am besten ernährten Weibchen, welche im Frühjahr am ersten zur Brut bereit sind, erzogen wird. Wenn sich derartige Weibehen die anziehenderen und gleichzeitig auch kräftigeren Männehen auswählen, so werden sie eine grössere Zahl von Nachkommen aufbringen als die übrig gebliebenen Weibchen, welche sieh mit den weniger kräftigen und weniger anziehenden Männchen paaren müssen. Dasselbe wird eintreten, wenn die kräftigeren Männchen die mit grösserer Anziehungskraft versehenen und zu derselben Zeit gesünderen und kräftigeren Weibchen auswählen; und besonders wird dies gelten, wenn das Männchen das Weibchen vertheidigt und es bei der Beschaffung von Nahrung für die Jungen unterstützt. Der in dieser Weise von den kräftigeren Paaren beim Aufziehen einer grösseren Anzahl von Nachkommen erlangte Vortheil hat allem Anscheine nach hingereicht, geschlechtliche. Zuchtwahl in Thätigkeit treten zu lassen. Aber ein grosses Uebergewieht an Zahl seitens der Männchen über die Weibchen würde noch wirksamer sein: — mag das Uebergewieht nur gelegentlich und local oder bleibend sein, mag es zur Zeit
die Eier des Perlhuhns unfruchtbar seien, wenn man mehr als ein Weibchen mit einem Männchen halte.
10 Noel Hiunphreys, River Gardens, 1857.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
der Geburt oder später in Folge der bedeutenderen Zerstörung der Weibchen eintreten, oder mag es indirect ein Resultat eines polygamen Lebens sein.
Das Männchen allgemein mehr modifieirt als das Weibchen. — Wenn die beiden Geschlechter von einander in der äusseren Erscheinung abweichen, so ist es durch das ganze Thierreich hindurch das Männchen, welches, mit seltenen Ausnahmen, hauptsächlich modifieirt worden ist; denu das Weibchen bleibt den Jungen seiner eigenen Species und ebenso auch den andern Gliedern derselben Gruppe ähnlicher. Die Ursache hiervon scheint darin zu liegen, dass die Männchen beinahe aller Thiere stärkere Leidenschaften haben als die Weibchen. Daher sind es die Männchen, welche mit einander kämpfen und eifrig ihre Reize vor den Weibchen entfalten ; und diejenigen, welche siegreich aus solchen Streiten hervorgehen, überliefern ihre Superiorität ihren männlichen Nachkommen. Warum die Männchen ihre Merkmale nicht auf beide Geschlechter vererben, wird hernach betrachtet werden. Dass die Männchen aller Säugethiere begierig die Weibchen verfolgen, ist allgemein bekannt. Dasselbe gilt für die Vögel. Aber viele männliche Vögel verfolgen nicht sowohl die Weibchen, als entfalten auch ihr Gefieder, führen fremdartige Gesten auf und lassen ihren Gesang erschallen in Gegenwart der Weibchen. Bei den wenigen Fischen, welche beobachtet worden sind, scheint das Männchen viel eifriger zu sein als das Weibchen; und dasselbe ist bei Alligatoren und, wie es scheint, auch bei Batrachiern der Fall. Durch die ungeheure Classe der Insecten hindurch herrscht, wie Kirby bemerkt11, »das Gesetz, dass das Männchen das „Weibchen aufzusuchen hat." Wie ich von zwei bedeutenden Autoritäten, Mr. Blackwall und Mr. C. Spekce Bäte, höre, sind unter den Spinnen und Crustaceen die Männchen lebendiger und in ihrer Lebensweise herumschweifender als die AVeibcheu. Wenn bei Insecten und Crustaceen die Sinnes- oder Locomotionsorgane in dem einen Geschlechte vorhanden sind, in dem andern dagegen fehlen, oder wenn sie, wie es häufig der Fall ist, in dem einen Geschlechte höher entwickelt sind als in dem andern, so ist es beinahe unabänderlich, soweit ich es nachweisen kann, das Männchen, welches derartige Organe behalten oder dieselben am meisten entwickelt hat, und dies zeigt, dass das Mäun-
11 Kirby aud Spence, Iiitroduction to Eiitoinology. Vol. III. 1826, p. 342.
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Cap. 8. Das Männchen mehr modificirt. 241
chen während der Bewerbung der beiden Geschlechter der lebendigere Theil ist 12.
Das Weibchen ist andererseits mit sehr seltenen Ausnahmen weniger begierig als das Männchen. Wie der berühmte Hunter 13 schon vor langer Zeit bemerkte, verlangt es im Allgemeinen geworben zu werden; es ist spröde, und man kann oft sehen, dass es eine Zeit lang den Versuch macht, dem Männchen zu entrinnen. Jeder, der nur die Lebensweise von Thieren aufmerksam beobachtet hat, wird im Stande sein, sich Beispiele dieser Art in's Gedächtnis? zurückzurufen. Nach verschiedenen später mitzuteilenden Thatsachen zu urtheilen und nach den Resultaten, welche getrost der geschlechtlichen Zuchtwahl zugeschrieben werden können, übt das Weibchen, wenn auch vergleichsweise passiv, allgemein eine gewisse Wahl aus und nimmt ein Männchen im Vorzug vor andern an. Oder wie die Erscheinungen uns zuweilen zu glauben veranlassen dürften: es nimmt nicht dasjenige Männchen, welches ihm das anziehendste war, sondern dasjenige, welches ihm am wenigsten zuwider war. Das Ausüben einer gewissen Wahl von Seiten des Weibchens scheint ein fast so allgemeines Gesetz wie die Begierde des Männchens zu sein.
Wir werden natürlich veranlasst, zu untersuchen, warum das Männchen in so vielen- und so weit von einander verschiedenen Gassen gieriger als das Weibchen geworden ist, so dass es das Weibchen aufsucht und den lebendigeren Theil bei der ganzen Bewerbung darstellt. Es würde kein Vortheil und sogar etwas Verlust an Kraft sein, wenn beide Geschlechter gegenseitig einander suchen sollten. Warum soll aber fast immer das Männchen der suchende Theil sein? Bei Pflanzen müssen die Eichen nach der Befruchtung eine Zeit lang ernährt werden, daher wird der Pollen nothwendig zu den weiblichen Organen hingebracht, er wird auf die Narbe entweder durch die Thätigkeit der In-
12 Ein parasitisches Insect aus der Ordnung der Hymcnopteren bietet (vergl. Westwood, Modern Classific. of Inseots, Vol. II, p. 16Ü) eine Ausnahme von dieser Regel dar, da das Männchen rudimentäre Flügel hat und niemals die Zelle, in welcher es geboren wurde, verlässt, während das Weibchen gut entwickelte Flügel besitzt. Audouin glaubt, dass die Weihchen von den Männchen befruchtet werden, welche mit ihnen in derselben Zelle geboren werden; es ist aber viel wahrscheinlicher, dass die Weibihen andere Zellen besuchen und dadurch nahe Inzucht vermeiden. Wir werden später einigen wenigen exceptionelleu Fällen aus verschiedenen Classen begegnen, wo das Weibchen anstatt des Männchens der aufsuchende und werbende Theil ist.
13 Essays and Observations, edited bei Owen. Vol. I. 1861. p. 104.
Imiiwin, Alistaiimiuui'. 1. Ztvoito Auflage. 10
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II. Theil.
secten oder des Windes oder durch die eigenen Bewegungen der Staubfäden gebracht. Bei den Algen und anderen Pflanzen geschieht dies sogar durch die locomotive Fähigkeit der Antherozoiden. Bei niedrig organisirten Thieren, welche beständig an einem und demselben Orte befestigt sind und getrennte Geschlechter haben, wird das männliche Element unabänderlich zum Weibchen gebracht, und wir können hiervon auch die Ursache einsehen; denn die Eier, selbst wenn sie sich vor ihrer Befruchtung lösten und keiner späteren Ernährung oder Beschützung bedürften, könnten wegen ihrer relativ bedeutenderen Grösse weniger leicht transportirt werden als das männliche Element. Daher sind die Verhältnisse bei Pflanzen 14 und vielen der niederen Thiere in dieser Beziehung analog. Da die Männchen fest angehefteter Thiere dadurch veranlasst wurden, ihr befruchtendes Element auszustossen, so ist es natürlich, dass diejenigen ihrer Nachkommen, welche sich in der Stufenleiter erhoben und die Fähigkeit der Ortsbewegung erlangten, dieselbe Gewohnheit beibehielten und sich den Weibchen bedeutend näherten, damit das befruchtende Element nicht der Gefahr eines langen Weges durch das Wasser des umgebenden Meeres ausgesetzt würde. Bei einigen wenigen der niederen Thiere sind die Weibchen allein festgeheftet und in diesen Fällen müssen die Männchen der suchende Theil sein. In Bezug auf Formen, deren TJrerzeuger ursprünglich freilebend waren, ist es schwer zu verstehen, warum unabänderlich die Männchen die Gewohnheit erlangt haben, sich den Weibchen zu nähern, anstatt von ihnen aufgesucht zu werden. In allen Fällen würde es aber, damit.die Mäunchen erfolgreich Suchende werden, nothwendig sein, dass sie mit starken Leidenschaften begabt würden; die Erlauguug solcher Leidenschaften würde eine natürliche Folge davon sein, dass die begierigeren Männchen eine grössere Zahl von Nachkommen hinterliessen als die weniger begierigen.
Die grössere Begierde des Männchens hat somit iudirect zu der viel häufigeren Entwickeluug seeundärer Sexualcharactere beim Männchen als beim Weibchen geführt. Aber die Entwickeluug solcher Charactere wird auch, wenn die Schlussfolgerung, zu welcher ich nach meinem Studium der domesticirten Th iere. gelangt bin, zuverlässig ist,
14 Prof. Sachs (Lehrbuch der Botanik, 1870, S. G33) bemerkt bei der Schilderung der männlichen und weiblichen reproduktiven Zellen: es „verhält sich die eine bei der Vereinigung activ, .... die andere erscheint hei der Vereinigung passiv."
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Cap. 8. Das Männchen mein- inodificirt. 243
noch durch einen andern Umstand bedeutend unterstützt werden, dadurch nämlich, dass das Männchen viel häufiger variirt als das Weibchen. Tch weiss sehr wohl, wie schwierig es ist, eine Schlussfolgerimg dieser Art zu verificireu. Einige nicht sehr gewichtige Zeugnisse kann man indessen durch eine Vergleichung der beiden Geschlechter des Menschen erlangen, da der Mensch viel sorgfältiger beobachtet worden ist, als irgend ein anderes Thier. Während der Novara-Expedition lä wurde eine ungeheure Zahl von Messungen der verschiedenen Körper-theile bei verschiedenen Kassen angestellt; und dabei wurde gefunden, dass die Männer in beinahe allen Fällen eine grössere Breite der Variation darboten als die Weiber. Ich werde aber auf diesen Gegenstand in einem späteren Capitel zurückzukommen haben. Mr. J. Wood i6, welcher die Abänderungen der Muskeln beim Menschen sorgfältig verfolgt hat, druckt die Schlussfolgerung gesperrt, dass „die grösste Zahl „von Abnormitäten an einem einzelnen Leichnam bei den Männern gebunden wird". Er hatte vorher bemerkt, dass „im Ganzen unter „hundertundzwei Leichnamen die Varietäten mit überzähligen Bildungen „ein halb Mal häufiger bei Männern vorkommen als bei Frauen, was „sehr auftauend gegen die grössere Häufigkeit von Varietäten mit Fehlen gewisser Theile bei Weibern contrastirt, was vorhin besprochen „wurde." Professor Macalistek bemerkt gleichfalls n, dass Variationen in den Muskeln „wahrscheinlicher bei Männern häufiger sind als hei „Weibern." Gewisse Muskeln, welche normal beim Menschen nicht vorhanden sind, finden sich auch häufiger beim männlichen Geschlechte entwickelt als beim weiblichen, obgleich man annimmt, dass Ausnahmen von dieser Begel vorkommen. Dr. Bukt Wilder '" hat hundertzwei-undfünfzig Fälle von der Entwickelnng überzähliger Finger in Tabellen gebracht. Von diesen Individuen waren 86 männliche und 39, oder weniger als die Hälfte, weibliche, während die übrigbleibenden siebenundzwanzig in Bezug auf ihr Geschlecht unbekannt waren. Man darf indess nicht übersehen, dass Frauen häufiger wohl versuchen dürften,
15 Reise der Xovara: Anthropologischer Theil. ISG7, S. 210, 2G9. Die Re. sultate wurden nach den von K. Scherz er und Schwarz ausgeführten Messungen berechnet von Dr. Weisbach. lieber die grössere Variabilität der Männchen bei domesticirten Thieron s. mein „Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication." Bd. 2, S. 98.
16 Proceedings of the Royal Society. Vol. XVI. July 18G8, p. 519, 021. " Proceed. Royal Irish Academy. Vol. X. 1808, p. 123.
18 Massachusetts Medical Society. Vol. II. Xo. 3. 1868, p. 9.
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eine Missbildung dieser Art zu verheimlichen, als Männer. Ob die ver--. hältnissmässig grosse Zahl von Todesfällen unter den männliehen Nachkommen des Menschen und allem Anscheine nach auch der Schafe vor, während und kurz nach der Geburt im Vergleich mit der Zahl der Todesfälle unter den weiblichen Nachkommen (s. Anhang) irgend eine Beziehung zu einer stärkeren Neigung seitens der Organe des Männchens zu variiren und daher in der Structur oder Function abnorm zu werden hat, darüber will ich nicht wagen, auch nur eine Vermuthung zu äussern.
In verschiedenen Classen des Thierreichs kommen einige wenige ausnahmsweise Fälle vor, in welchen das Weibchen statt des Männchens gut ausgesprochene seeundäre Sexualcharactere erlaugt hat, wie z. 15. glänzendere Farben, bedeutendere Grösse, Kraft oder Kampflust. Wie wir hernach sehen werden, findet sich bei Vögeln zuweilen eine vollständige Transposition der jedem Geschlechte gewöhnlich eigenen Charactere; die Weibchen sind in ihren Bewerbungen viel gieriger geworden, die Männchen bleiben vergleichsweise passiv, wählen aber doch, wie es scheint und wie man nach den Kesultaten wohl schliessen darf, sich die anziehendsten Weibchen aus. Hierdurch sind gewisse weibliche Vögel lebhafter gefärbt oder in anderer Weise auffallender verziert, sowie kräftiger und kampflustiger geworden als die Männchen, und es werden dann auch diese Charactere nur den weiblichen Nachkommen überliefert.
Man könnte vermuthen, dass in einigen Fällen ein doppelter Vorgang der Zuchtwahl stattgefunden habe, dass nämlich die Männchen die anziehenderen Weibchen und die letzteren die anziehenderen Männchen sich ausgewählt haben. Doch würde dieser Process, wenn er auch zur Modificatiou beider Geschlechter führen könnte, doch nicht das eine Geschlecht vom andern verschieden machen, wenn nicht geradezu ihr Geschmack für das Schöne ein verschiedener wäre. Dies ist indess für alle Thiere, mit Ausnahme des Menschen, eine zu unwahrscheinliche Annahme, als dass sie der Betrachtung werth wäre. Es gibt jedoch viele Thiere, bei denen die Geschlechter einander ähnlich sind, bei denen beide mit denselben Ornamenten ausgerüstet sind, welche der Thätig-keit der geschlechtlichen Zuchtwahl zuzuschreiben uns wohl die Analogie veranlassen könnte. In solchen Fällen dürfte mit grösserer Wahrscheinlichkeit vermutliet werden, dass ein doppelter oder wechselseitiger Process geschlechtlicher Zuchtwahl eingetreten war. Die
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Cap. 8. Das Männchen mehr mortificirt. 245
stärkeren und früher reifen Weibchen würden die anziehenderen und kräftigeren Männchen gewählt, und die letzteren alle Weibchen mit Ausnahme der anziehenderen zurückgewiesen haben. Nach dem aber, was wir von der Lebensweise der Thiere wissen, ist diese Ansicht kaum wahrscheinlich, da das Männchen allgemein begierig ist, sich mit irgend einem Weibclien zu paaren. Es ist wahrscheinlicher, dass die, beiden Geschlechtern gemeinsam zukommenden Zierden von einem Geschlechtc, und zwar im Allgemeinen dem männlichen, erlangt und dann den Nachkommen beider Geschlechter überliefert wurden. In der That, wenn während einer langdauernden Periode die Männchen irgend einer Spe-cies bedeutend die Weibclien an Zahl überträfen und dann während einer gleichfalls lange andauernden Periode unter verschiedenen Lebensbedingungen das Umgekehrte einträte, so könnte leicht ein doppelter aber nicht gleichzeitiger Process der geschlechtlichen Zuchtwahl in Thätigkeit treten, durch welchen die beiden Geschlechter sehr von einander verschieden gemacht würden.
Wir werden später sehen, dass viele Thiere existiren, bei denen weder das eine, noch das andere Geschlecht brillant gefärbt oder mit speciellen Zierathen versehen ist, und bei denen doch die Individuen beider Geschlechter oder nur des einen wahrscheinlich durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt wrorden sind. Die Abwesenheit glänzender Farben oder anderer Zierathen kann das Resultat davon sein, dass Abänderungen der richtigen Art niemals vorgekommen sind oder dass die Thiere selbst einfache Farben, wie schlichtes Schwarz oder Weiss, vorziehen. Düstere Farben sind oft durch natürliche Zuchtwahl zum Zweck des Schutzes erlangt worden, und die Entwicklung auffallenderer Farben durch geschechtliche Zuchtwahl kann durch die damit verbundene Gefahr oft gehemmt worden sein. In andern Fällen aber haben die Männchen wahrscheinlich lange Zeit hindurch mit einander gekämpft, entweder durch rohe Gewalt oder durch die Entfaltung ihrer Reize oder durch beide Mittel in Verbindung; und doch wird keine Wirkung erreicht worden sein, wenn nicht eine grössere Zahl von Nachkommen von den erfolgreicheren Männchen zur weiteren Vererbung ihrer Superiorität hinterlassen worden ist, als von den weniger erfolgreichen Männchen; und dies hängt, wie früher gezeigt wurde, von verschiedenen complicirten Zufälligkeiten ab.
Geschlechtliche Zuchtwahl wirkt in einer weniger rigorosen Weise als natürliche Zuchtwahl. Die Letztere erreicht ihre Wirkungen durch
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G eschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
das Leben oder den Tod, auf allen Altersstufen, der mehr oder weniger erfolgreichen Individuen. Ln der That folgt zwar der Tod auch nicht selten dem Streite rivalisirender Männchen. Aber allgemein gelingt es nur dem weniger erfolgreichen Männchen nicht, sich ein Weibchen zu verschaffen, oder dasselbe erlangt später in der Jahreszeit ein übriggebliebenes und weniger kräftiges Weibchen, oder erlangt, wenn die Art polygam ist, weniger Weibchen, so dass es weniger oder minder kräftige oder gar keine Nachkommen hinterlässt. Was die Structur-verhältnisse betrifft, welche durch gewöhnliche oder natürliche Zuchtwahl erlangt werden, so findet sich in den meisten Fällen, solange die Lebensbedingungen dieselben bleiben, eine Grenze, bis zu welcher die vortheilhaften Modificationeii in Bezug auf gewisse specielle Zwecke sich steigern können. Was aber die Structurverhältnisse betrifft, welche dazu führen, das eine Männchen über das andere siegreich zu machen, sei es im directen Kampfe oder im Gewinnen des Weibchens durch allerhand Reize, so findet sich für den Betrag vortheühafter Modificationeii keine bestimmte Grenze, so dass die Arbeit der geschlechtlichen Zuchtwahl so lange fortgehen wird, als die gehörigen Abänderungen auftreten. Dieser Umstand kann zum Theil den häufig ausserordentliclien Betrag von Variabilität erklären, welchen die secundären Geschlechts-charactere darbieten. Nichtsdestoweniger wird aber die natürliche Zuchtwahl immer entscheiden, dass die siegreichen Männchen keine Charactere solcher Art erlangen, welche für sie in irgend hohem Grade schädlich sein würden, sei es dass zu viel Lebenskraft auf dieselben verwendet würde oder dass die Thiere dadurch irgend grossen Gefahren ausgesetzt würden. Es ist indess die Entwicklung gewisser solcher Bildungen — z. B. des Geweihes bei manchen Hirscharten — bis zu einem wunderbaren Extreme geführt worden und in manchen Fällen bis zu einem Extreme, welches, soweit die allgemeinen Lebensbedingungen in Betracht kommen, für das Männchen von nicht unbedeutendem Nachtheile sein muss. Aus dieser Thatsache lernen wir, dass die Vortheile, welche die begünstigten Männchen aus dem Siege über andere Männchen im Kampfe oder in der Bewerbung erlangt haben, wodurch sie auch in den Stand gesetzt wurden, eine zahlreichere Nachkommenschaft zu hinterlassen, auf die Länge bedeutender gewesen sind als diejenigen, welche aus einer vollkommeneren Anpassung an die äusseren Lebensbedingungen resultiren. Wir werden ferner sehen, und dies hätte sich niemals voraus erkennen lassen, dass das Vermögen, das Weibchen durch Reize
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Cup. 8. Gesetze der Vererbung. 247
zu fesseln, in einigen wenigen Fällen von grösserer Bedeutung gewesen ist als das Vermögen, andere Männchen im Kampf zu besiegen.
Gesetze der Vererbung.
Um zu verstehen, in welcher Weise geschlechtliche Zuchtwahl gewirkt und im Laufe der Zeit auffallende Resultate bei vielen Thieren vieler Classen hervorgebracht hat, ist es nothwendig, die Gesetze der Vererbung, soweit dieselben bekannt sind, im Geiste gegenwärtig zu halten. Zwei verschiedene Elemente werden unter dem Ausdrucke „Vererbung" begriffen, nämlich die Ueberlieferung und die Entwicklung von Characteren. Da aber diese meistens Hand in Hand gehen, wird die Unterscheidung oft übersehen. Wir sehen diese Verschiedenheit an denjenigen Merkmalen, welche in den früheren Lebensaltern überliefert werden, welche aber erst zur Zeit der Keife oder während des höheren Alters entwickelt werden. Wir sehen denselben Unterschied noch deutlicher bei seeundären Sexualcharacteren; denn diese werden durch beide Geschlechter hindurch vererbt und doch nur in dem einen allein entwickelt. Dass sie in beiden Geschlechtern vorhanden sind, zeigt sich offenbar, wenn zwei Species, welche scharf niarkirte sexuelle Merkmale besitzen, gekreuzt werden. Denn eine jede überliefert die ihrem männlichen und weiblichen Geschlechte eigenen Charactere auf die Bastard-nachkommen beider Geschlechter. Dieselbe Thatsache wird offenbar, wenn Charactere, welche dem Männchen eigen sind, gelegentlich beim Weibchen sich entwickeln, wenn dieses alt und krank wird; und dies gilt auch umgekehrt für das Männchen. Ferner erscheinen gelegentlich Merkmale, als seien sie von dem Männchen auf das Weibchen übertragen : so z. B. wrenn in gewissen Hühnerrassen Sporne regelmässig bei den jungen und gesunden Weibchen auftreten; in Wahrheit haben sie sich aber nur einfach beim Weibchen entwickelt. Denn in jeder Brut wird jedes Detail der Structur des Spornes durch das Weibchen hindurch auf dessen männliche Nachkommen vererbt. In allen Fällen von Rückschlag werden Charactere durch zwei, drei oder viele Generationen hindurch vererbt und dann unter gewissen unbekannten günstigen Bedingungen entwickelt. Diese bedeutungsvolle Unterscheidung zwischen Ueberlieferung und Entwickelung wird am leichtesten im Sinne behalten werden mit Hülfe der Hypothese der Pangenesis, mag man dieselbe nun als wahr annehmen oder nicht. Dieser Hypothese zu Folge stösst jede Einheit oder Zelle des Körpers Keimchen oder Entwickelungsatome ab,
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248 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
welche den Nachkommen beider Geschlechter überliefert werden und sich durch Selbsttheilung vervielfältigen. Sie können während der früheren Lebensjahre oder während aufeinanderfolgender Generationen unentwickelt bleiben: ihre Entwickelung zu kleinsten Einheiten oder Zellen, die denen gleichen, von welchen sie selbst herrühren, hängt von ihrer Verwandtschaft oder Vereinigung mit andern Einheiten oder Zellen ab, die sicli vor ihnen im gesctzmässigen Gange des Wachsthums entwickelt haben.
Vererbung auf entsprechenden Perioden des Lebens. — Die Neigung hierzu ist eine sicher ermittelte Thatsache. "Wenn ein neues Merkmal an einem Thiere auftritt, so lange es jung ist, mag dasselbe nun während des ganzen Lebens bestehen bleiben oder nur eine Zeit lang währen, so wird es der allgemeinen Regel nach in demselben Alter und in derselben Art und Weise auch bei den Nachkommen wiedererscheinen. Wenn auf der anderen. Seite ein neuer Cbaracter im Alter der Reife erscheint oder selbst während des hohen Alters, so neigt er dazu, bei den Nachkommen in demselben vorgeschrittenen Alter wiederzuerscheinen. Treten Abweichungen von dieser Regel auf, so erscheinen die überlieferten Charactere viel häufiger vor als nach dem entsprechenden Alter. Da ich diesen Gegenstand mit hinreichender Ausführlichkeit in einem anderen Werke ,9 erörtert habe, so will ich hier nur zwei oder drei Beispiele anführen, um den Gegenstand in das Gedächtniss des Lesers zurückzurufen. Bei mehreren Hühnerrassen weichen die Hühnchen, während sie noch mit dem Dunenkleide bedeckt sind, dann die jungen Vögel in ihrem ersten wirklichen Gefieder und auch die Hühner in ihrem erwachsenen Federkleide bedeutend von einander, ebenso wie von ihrer gemeinsamen elterlichen Form, dem Gallas bankica, ab; und diese Charactere werden von jeder Zucht ihren Nachkommen zu den entsprechenden Lebensaltern treu überliefert. So haben z. B. die Hühnchen der gefütterten (Spangled) Hamburger, so lange sie mit Dunen bekleidet sind, einige wenige dunkle Flecke auf dem Kopfe und am Rumpfe, sind aber nicht längsweise gestreift, wie in vielen anderen Zuchten; in ihrem ersten wirklichen Gefieder sind sie „wunder-
' Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 99. In dem vorletzten Capitel desselben Bandes ist die oben erwähnte provisorische Hypothese der Pangenesis ausführlich erörtert worden.
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Cap. 8. Gesetze der Vererbung. 249
„voll gestrichelt", d. h. jede Feder ist von zahlreichen dunklen Strichen quer gezeichnet; aber in ihrem zweiten Gefieder werden die Federn alle gefüttert, d. h. erhalten einen dunklen runden Fleck an der Spitze 20. Es sind daher in dieser Zucht in drei verschiedenen Lebensperioden Abänderungen aufgetreten und sind dann überliefert worden. Die Taube bietet einen noch merkwürdigeren Fall dar, da die ursprüngliche elterliche Species mit Vorschrciten des Alters keine Veränderung des Gefieders erleidet, ausgenommen, dass zur Zeit der Keife die Brust mehr iridescirt. Und doch gibt es Rassen, welche ihre characteristischen Farben nicht eher erlangen, als bis sie sich zwei-, drei- oder viermal gemausert haben; und diese Modifikationen des Gefieders werden regelmässig vererbt.
Vererbung zu entsprechenden Jahreszeiten. — Bei Thieren im Naturzustände kommen zahllose Beispiele vor, dass Merkmale zu verschiedenen Zeiten des Jahres periodisch erscheinen. Wir sehen dies an dem Geweihe der Hirsche und dem Pelzwerke arctischer Thiere, welches während des Winters dick und weiss wird. Zahlreiche Vögel erlangen allein während der Brutzeit glänzende Farben und andere Zierden. Tch kann auf diese Form von Vererbung von den an Thieren im domesticirten Zustande gemachten Beobachtungen aus nur wenig Licht werfen. Pallas gibt an'-', dass in Sibirien die domesticirten Rinder und Pferde während des Winters periodisch heller gefärbt werden, und ich habe eine ähnliche auffallende Veränderung der Farbe bei gewissen Tonies in England beobachtet. Obgleich ich nicht weiss, dass diese Neigung, ein verschieden gefärbtes Kleid während verschiedener Jahreszeiten anzunehmen, vererbt wird, so ist dies doch wahrscheinlich der Fall, da alle Farbenscbattirungeu vom Pferde streng vererbt werden. Auch ist diese durch die Jahreszeit bestimmte Ver-
20 Diese Thatsacheu sind nach der Lohen Autorität eines grossen Züchters, Mr. Teebay, in Tegetmeier's Poultry Book, 1868, p. 158 mitgetheilt. Ueber die Charactere von Hühnchen verschiedener Kassen und über die Rassen der Tauben, welche oben erwähnt werden, s. das Variiren der Thiere und Pflanzen u. s. w. Bd. 1, S. 100, 308. Bd. 2, 101.
11 Novae species Qnadrupedum e Glirium online. 1778, p. 7. Ueber die Vererbung der Farbe bei Pferden s. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Znstande der Domestiration Bd. 1, S. 63. Vergl. auch in demselben Buche Bd. 2, S. Ol eine allgemeine Erörterung über die durch das Geschlecht beschränkte Vererbung.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
erbung nicht merkwürdiger als eine durch Alter oder Geschlecht beschränkte.
Vererbung durch d a s G e s c h 1 c c li t beschränkt. — Die gleiclimässigc Ueberlieferung von Clraractcrcn auf beide Geschlechter ist die häufigste Form der Vererbung, wenigstens bei denjenigen Thicren, welche keine stark markirten geschlechtlichen Verschiedenheiten darbieten und in der That auch bei vielen mit solchen. Es werden aber nicht selten Charactere ausschliesslich auf dasjenige Geschlecht vererbt, bei welchem sie zuerst erschienen. Hinreichende Belege über diesen Punkt sind in meinem Werke über, das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication' mitgetheilt worden; ich will aber auch hier ein paar Beispiele anführen. Es gibt Passen vom Schafe und der Ziege, bei denen die Hörner des Männchens bedeutend in der Form von denen des Weibchens abweichen ; und diese im Zustande der Domestication erlangten Verschiedenheiten werden regelmässig auf dasselbe Geschlecht wieder überliefert. Bei weiss, braun und schwarz gefleckten Katzen (,tortoise-shellk) sind der allgemeinen Regel zufolge nur die Weibchen so gefärbt, wogegen die Männchen rostroth sind. Bei den meisten Hühnerrassen werden die jedem Gesclilechtc eigenen Charactere nur auf dieses selbe Geschlecht vererbt. Diese Form der Ueberlieferung ist so allgemein, dass es eine Anomalie ist, wenn wir bei gewissen Kassen Variationen gleichmässig auf beide Geschlechter vererbt sehen. So gibt es auch gewisse Unterrassen von Hühnern, bei welchen die Männchen kaum von einander unterschieden werden können, während die Weibchen beträchtlich in der Färbung abweichen. Bei der Taube sind die Geschlechter der elterlichen Species in keinem äusseren Cha-racter von einander verschieden; nichtsdestoweniger ist bei gewissen domesticirten Rassen das Männchen vom Weibchen verschieden gefärbt 2'2. Die Fleischlappen bei der englischen Botentaube und der Kropf bei der Kropftaube sind beim Männchen stärker entwickelt als beim Weibchen; und ohschon diese Charactere durch lange fortgesetzte Zuchtwahl seitens des Menschen erlangt worden sind, so ist doch die Verschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern gänzlich Folge der Form von Vererbung, welche liier geherrscht hat. Denn sie sind nicht
'" Dr. Chapuis, Le Pigeon Voyageur Beige. 18G5, p. 87. Boitard "et Corbie, Les Pigeons de Voliere etc. 1824, p. 173.
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Cap. 8.
Gesetze der Vererbung..
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in Folge der Wünsche des Züchters, sondern eher gegen diese Wünsche aufgetreten.
Die meisten unserer domesticirten Rassen sind durch die Anhäufung vieler unbedeutender Abänderungen gebildet worden; und da einige der aufeinanderfolgenden Stufen nur auf ein Geschlecht, einige auf beide Geschlechter überliefert worden sind, so finden wir in den verschiedenen Kassen einer und derselben Species alle Abstufungen zwischen bedeutender sexueller Verschiedenheit und vollständiger Aehnlichkeit. Es sind bereits Beispiele angeführt worden von den Rassen des Huhns und der Taube, und im Naturzustände sind analoge Fälle von häufigem Vorkommen. Bei Thieren im Zustande der Domestication, ob aber auch im Naturzustande will ich nicht zu sagen wagen, kann das eine Geschlecht ihm eigenthiimliclie Charactere verlieren und hierdurch dazu kommen, dass es in einer gewissen Ausdehnung dem andern Geschlcchte ähnlich wird; z.B. haben die Männchen einiger Hühnerrassen ihre männlichen Schwanz- und Sichelfedcrn verloren. Auf der andern Seite können aber auch die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern im Zustande der Domestication erhöht werden, wie es beim Merinoschafe der Fall ist, wo die Mutterschafe die Hörner verloren haben. Ferner können Charactere, welche dem einen Geschlechte eigen sind, plötzlich beim anderen erscheinen, wie es bei den Unterrassen des Huhnes der Fall ist, bei denen die Hennen, während sie noch jung sind, Sporne erhalten, oder, wie es bei den Unterrassen der polnischen Hühner sich findet, bei denen, wie man wohl anzunehmen Grund hat, ursprünglich zuerst die Weibchen eine Federkrone erhielten und sie später auf die Männchen vererbten. Alle diese Fälle sind unter Annahme der Hypothese der Pangenesis verständlich; denn sie hängen davon ab, dass die Keimchen gewisser kleinster Einheiten des Körpers, trotzdem sie in beiden Geschlechtern vorhanden sind, doch durch den Einfluss der Domestication in dem einen Geschlechte ruhend erhalten werden oder, wenn sie ihrer Natur nach ruhen, zur Entwickelung gebracht werden.
Es findet sich hier noch eine schwierige Frage, welche passender auf ein späteres Capitel verschoben werden mag, nämlich ob ein ursprünglich in beiden Geschlechtern entwickelter Character durch Zuchtwahl in seiner Entwickelung auf ein Geschlecht allein beschränkt werden kann. Wenn z. B. ein Züchter beobachtete, dass einige seiner Tauben (bei welcher Species Charactere gewöhnlich in gleichem Grade auf beide Geschlechter überliefert werden) in ein blasses Blau variirten, kann er
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
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dann durch lange fortgesetzte Zuchtwahl eine Rasse erziehen, bei welcher nur die Männchen von dieser Färbung sind, während die Weibchen unverändert bleiben? Ich will hier nur bemerken, dass dies äusserst schwierig sein dürfte, wenn es auch vielleicht nicht unmöglich ist. Denn das natürliche Resultat eines Weiterzüchtens von den blassblaucn Männchen würde das sein, seinen ganzen Stamm mit Einschluss beider Geschlechter in diese Färbung hinüberzuführen. Wenn indessen Abänderungen der bewussten Färbung auftreten, welche vom Anfang an in ihrer Entwickelung auf das männliche Geschlecht beschränkt wären, so würde nicht die mindeste Schwierigkeit vorliegen, eine Rasse zu bilden, welche dadurch characterisirt ist, dass beide Geschlechter eine verschiedene Färbung zeigen, wie es in der That mit einer belgischen Rasse erreicht worden ist, bei welcher nur die Männchen schwarz gestreift sind. Wenn in einer ähnlichen Weise irgend eine Abänderung bei einer weiblichen Taube aufträte, welche vom Anfang an in ihrer Entwickelung geschlechtlich beschränkt wäre, so würde es leicht sein, eine Rasse zu erziehen, bei welcher nur die Weibchen in dieser Weise characterisirt wären. Wäre aber die Abänderung nicht ursprünglich in dieser Weise beschränkt, so würde der Process äusserst schwierig, vielleicht unmöglich sein.
Ueber die Beziehung zwischen der Periode der Entwickelung eines Characters und seiner Liebe rlieferung auf ein Geschlecht oder auf beide. — Warum gewisse Charac-tcre von beiden Geschlechtern, andere nur von einem Geschlechte, nämlich von demjenigen, bei welchem der (Jharacter zuerst auftrat, geerbt werden, ist in den meisten Fällen völlig unbekannt. Wir können nicht einmal eine Vermuthung aufstellen, warum bei gewissen Unterrassen der Taube schwarze Streifen, trotzdem sie durch das Weibchen zur Vererbimg gelangen, sich nur beim Männchen entwickeln, während jedes andere Merkmal gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert wird; warum ferner bei Katzen die schwarze, braun und weisse Färbung (tortoise-shell) mit seltener Ausnahme nur bei den Weibchen sich entwickelt. Ein und derselbe Character, wie fehlende und überzählige Finger, Farbenblindheit u. s. w. kann beim Menschen nur von den männlichen Gliedern einer Familie und in einer andern Familie nur von den weiblichen geerbt werden, trotzdem er in beiden Fällen ebenso gut durch das entgegengesetzte wie durch das gleichnamige Geschlecht
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überliefert wird 23. Obgleich wir uns hiernach in Unwissenheit befinden, so gelten doch häufig zwei Regeln: nämlich, dass Abänderungen, welche zuerst in einem von beiden Geschlechtern in einer späteren Lebenszeit auftreten, sich bei demselben Geschlechte zu entwickeln neigen, während Abänderungen, welche zeitig im Leben in einem der beiden Geschlechter zuerst auftreten, zu einer Entwickelung in beiden Geschlechtern neigen. Ich bin indessen durchaus nicht gemeint, hierin die einzige bestimmende Ursache zu erblicken. Da ich nirgends anders diesen Gegenstand erörtert habe und er eine bedeutende Tragweite in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl hat, so muss ich hier in ausführliche und etwas in-tricate Einzelnheiten eingehen.
Es ist an sich wahrscheinlich, dass irgend ein Character, welcher in frühem Alter auftritt, zu einer gleichmässig auf beide Geschlechter sich äussernden Vererbung neigt. Denn die Geschlechter weichen der Constitution nach nicht sehr von einander ab, so lange das Eeproduc-tionsvermögen noch nicht erlangt ist. Ist auf der andern Seite dieses Vermögen eingetreten und haben die Geschlechter begonnen, ihrer Constitution nach von einander abzuweichen, so werden die Keimchen (wenn ich mich hier der Sprechweise der Hypothese der Pangenesis bedienen darf), welche von jedem variirenden Theile in dem einen Geschlechte abgestossen werden, viel mehr in der Lage sein, die eigenthümlichen Beziehungen zu einer Verbindung mit den Geweben des gleichnamigen Geschlechts darzubieten und sich daher zu entwickeln , und zwar mehr mit diesen, als mit den Keimchen des andern Geschlechts.
Zu der Annahme, dass eine Beziehung dieser Art existire, wurde ich zuerst durch die Thatsache geführt, dass, sobald nur immer in irgendwelcher Weise das erwachsene Männchen von dem erwachsenen Weibchen verschieden geworden ist, das erstere in derselben Weise auch von den Jungen beider Geschlechter verschieden ist. Die Allgemeinheit dieser Thatsache ist durchaus merkwürdig. Sie gilt für beinahe alle Säugethiere, Vögel, Amphibien und Fische, auch für viele Crustaceen, Spinnen und einige wenige Insecten, nämlich gewisse Orthopteren und Libellen. In allen diesen Fällen müssen die Abänderungen, durch deren Anhäufung das Männchen seine eigenthümlichen männlichen Charactere erlangt hat, in einer etwas späten Periode des Lebens eingetreten sein, sonst würden die jungen Männchen ähnlich ausgezeichnet worden sein;
" Verweisungen sind gegeben in meinem „Variiren der Tliiere und Pflanzen im Zustande der Domestication" Bd. 2, S. 94.
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und in Uebereinstimmung mit unserem Gesetz werden sie nur auf erwachsene Männchen vererbt und entwickeln sich nur bei diesen. Wenn andererseits das erwachsene Männchen den Jimgen beider Geschlechter sehr ähnlich ist (wobei diese mit seltener Ausnahme einander gleich sind), so ist es meist auch dem erwachsenen Weibchen ähnlich; und in den meisten dieser Fälle traten die Abänderungen, durch welche das junge und alte Thier ihre gegenwärtigen Merkmale erlangten, wahrscheinlich in Uebereinstimmung mit unserer Regel während der Jugend auf. Hier kann man aber wohl zweifeln, da zuweilen die Charactere auf die Nachkommen in einem früheren Alter vererbt werden als in dem, in welchem sie zuerst bei den Eltern erscheinen, so dass die Eltern abgeändert als sie erwachsen waren, und ihre Charactere dann auf die Nachkommen vererbt haben können, während diese jung waren. Ueberdies gibt es viele Thiere, bei denen die beiden Geschlechter einander sehr ähnlich und doch von ihren Jungen verschieden sind; und hier müssen die Charactere der Erwachsenen spät im Leben erlangt worden sein; trotzdem werden diese Merkmale im scheinbaren Widerspruch gegen unser Gesetz auf beide Geschlechter vererbt. Wir dürfen indessen die Möglichkeit oder selbst Wahrscheinlichkeit nicht übersehen, dass Abänderungen der nämlichen Natur zuweilen gleichzeitig und in gleicher Weise bei beiden Geschlechtern, wenn sie ähnlichen Bedingungen ausgesetzt sind, zu einer im Ganzen späteren Periode des Lebens auftreten; und in diesem Falle werden die Abänderungen auf die Nachkommen beider Geschlechter in einem entsprechenden späten Lebensalter vererbt. Hier würde denn kein wirklicher Widerspruch gegen unsere Hegel eintreten, dass die Variationen, welche spät im Leben auftreten, ausschliesslich auf das Geschlecht vererbt werden, bei dem sie zuerst erscheinen. Dieses letztere Gesetz scheint noch allgemeiner zu gelten als das zweite, dass nämlich Abänderungen, welche in einem der beiden Geschlechter früh im Leben auftreten, zu einer Vererbung auf beide Geschlechter neigen. Da es offenbar unmöglich war, auch nur annäherungsweise zu schätzen, in einer wie grossen Anzahl von Fällen durch das ganze Thierreich hindurch diese beiden Sätze Gültigkeit haben, so kam ich auf den Gedanken, einige auffallende und entscheidende Beispiele zu untersuchen und mich auf das von ihnen gebotene Resultat zu verlassen.
Einen ausgezeichneten Fall bietet für diese Untersuchung die Familie der hii'schartigen Thiere dar. Bei säinmtlichen Arten, mit Ausnahme
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einer einzigen, entwickelt sich das Geweih nur beim Männchen, trotzdem es ganz sicher durch das Weibchen überliefert wird und auch wohl im Stande ist, sich gelegentlich abnormer Weise bei diesem zu entwickeln. Andererseits ist beim Renthiere das Weibchen mit einem Geweihe versehen, so dass bei dieser Art das Geweih entsprechend unserem Gesetze zeitig im Leben auftreten müsste, lange zuvor ehe die beiden Geschlechter zur Reife gelangten und in ihrer Constitution sehr auseinander giengen. Bei allen den anderen Arten der Hirsche müsste das Geweih später im Leben auftreten und in Folge hiervon nur bei demjenigen Geschlechte zur Entwicklung gelangen, bei dem es zuerst am TJrerzeuger der ganzen Familie erschien. Ich finde nun bei sieben zu verschiedenen Sectionen der Familie gehörigen und verschiedene Gegenden bewohnenden Species, bei welchen nur die Männchen Geweihe tragen, dass das Geweih zuerst in einer Zeit erscheint, welche von neun Monaten nach der Geburt, und dies beim Rehbock, bis zu zehn oder zwölf oder selbst noch mehr Monaten nach derselben variirt, letzteres bei den Hirschen der sechs anderen grösseren Species 24. Aber bei dem Renthier liegt der Fall sehr verschieden. Denn wie ich von Professor Nilsson höre, welcher meinetwegen monatelang specielle Untersuchungen in Lappland freundlich genug anstellen Hess, erscheinen die Hörner bei den jungen Thieren innerhalb der ersten vier oder fünf Wochen nach der Geburt, und zwar zu derselben Zeit bei beiden Geschlechtern. Wir haben daher hier ein Gebilde, welches sich zu einer sehr ungewöhnlich frühen Lebenszeit in einer Species der Familie entwickelt und welches beiden Geschlechtern in dieser einen Species eigen ist.
Bei mehreren Arten von Antilopen sind die Männchen allein mit Hörnern versehen, während in der grösseren Zahl beide Geschlechter Hörner haben. In Bezug auf die Periode der Entwickelung derselben theilt mir Mr. Blyth mit, dass im zoologischen Garten gleichzeitig einmal ein junger Kndu (Antilope strepsireros), bei welcher Art nur
24 Ich bin He^rn Cupples sehr verbunden, welcher von Mr. Robertson, dem erfahrenen Oberwildwart des Marquis of Breadalbane, Erkundigungen über den Rehbock und den Hirsch in Schottland für mich eingezogen hat. Iu Bezug auf den Damhirsch bin ich Mr. Eyton und Anderen für Mittheilungen zu Danke verpflichtet. Wegen des Cercus alcen von Nord-Amerika s. Land and Water, 1808, p. 221 u. 254. und wegen Genus yirginunms und strougiilocerua desselben Continents s. J. D. Caton in: Ottawa Acad. of Natur. Science. 1808, p. 13. Wegen des Germia Eldi von Pegu s. Lieutenant Beavan in: Proceed. Zoologie. Soc. 1807, p. 702.
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die Männchen gehörnt sind, und das Junge einer nahe verwandten Specics, nämlich des Elaud (Antilope oreas) lebten, bei welchem beide Geschlechter gehörnt sind. Nun waren in strenger Uebereinstimmung mit unserem Gesetze bei dein jungen männlichen Kudu, trotzdem derselbe bereits zehn Monate alt war, die Hörner merkwürdig klein, wenn man die schliesslich von ihnen erreichte Grösse in Betracht zieht, während bei dem jungen mäuuliclien Elaud, obgleich er nur drei Monate alt war, die Hörner bereits sehr viel grösser waren als bei dem Kudu. Es ist auch der Erwähnung werth, dass bei der gabelhörnigen Antilope23, bei welcher Species die Hörner zwar bei beiden Geschlechtern vorhanden, aber beim Weibchen fast rudimentär sind, sie nicht eher erscheinen, als ungefähr fünf oder sechs Mouate nach der Geburt. Bei Schafen, Ziegen und den Kindern, bei denen die Hörner in beiden Geschlechtern gut entwickelt sind, wenn sie auch in der Grösse nicht völlig gleich sind, können sie schon bei der Geburt oder bald nachher gefühlt oder selbst schon gesehen werden26. Unser Gesetz lässt uns indess in Bezug auf einige Scbafrassen im Stiche, z. B. bei den Merinos, wo nur die Widder gehörnt sind. Denn in Folge eingezogener Erkundigungen-" bin ich nur im Stande, zu sagen, dass die Hörner bei dieser Basse später im Leben entwickelt werden als bei gewöhnlichen Schafen, bei denen beide Geschlechter gehörnt sind. Es ist aber bei domesti-cirten Schafen das Vorhandensein oder das Fehlen der Homer kein scharf fixirter Character. Eine gewisse relative Anzahl der Merino-mutterschafe trägt kleine Hörner und einige Widder sind hornlos, während bei gewöhnlichen Schafen auch hornlose Mutterschafe gelegentlich geboren werden.
25 Antüncapra americana. Owen, Anatomy of Yertebrates. Vol. III, p. G27.
26 Mir ist versichert worden, dass hei den Schafen in Nord-Wales schon zur Zeit der Geburt die Hörner immer gefühlt werden können und zuweilen selbst einen Zoll lang sind. In Bezug auf das;Rind sagt Youatt (Cattle, 1834, p. 277), dass der Vorsprang des Stirnbeins bei der Geburt die Haut durchbohrt und dass die Hornsubstanz sich bald auf demselben bildet.
27 Prof. Victor Carus hat für mich bei den höchsten Autoritäten in Bezug auf die Merino-Schafe in Sachsen Erkundigungen eingezogen. An der Guineaküste in Afrika gibt es vier Scbafrassen, bei welchen wie bei den Merinos nur die Widder allein Hörner haben; und Mr. Win wo od Rearte theilt mir mit, dass in dem einen beobachteten Falle ein junger, am 10. Febr. geborener Widder zuerst am 6. März die Hörner zeigte, so dass die Entwickelnng der Hörner in diesem Falle zu einer späteren Lebensperiode eintrat, unserem Gesetze zufolge, als bei dem Waliser Schaf, bei denen beide Geschlechter gehörnt sind.
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In den meisten Arten der prachtvollen Familie der Fasanen weichen die Männchen auffallend von den Weibchen ab und erreichen ihre Kör-perzierde in einer verhältnissmässig späten Periode des Lebens. Per Ohrenfasan (CrossopÜlon aucitum) bietet indess eine merkwürdige Ausnahme dar, denn hier besitzen beide Geschlechter die schönen Schwanzfedern, die grossen Ohrbüscliel und den scharlachnen Sammet um den Kopf; und eine Erkundigung im zoologischen Garten hat mir ergeben, dass alle die Charactere in Uebereiustimmung mit unserem Gesetze sehr zeitig im Leben erscheinen. Das erwachsene Männchen kann indessen vom erwachsenen Weibchen durch ein Merkmal unterschieden werden, nämlich durch das Vorhandensein von Spornen; und in Uebereiustimmung mit unserer Regel fangen diese,> wie mir Mr. Bartlett versichert hat, sich nicht vor dem Alter von sechs Monaten zu entwickeln an und können selbst in diesem Alter in beiden Geschlechtern kaum unterschieden werden28. Der männliche und weibliche Pfau differiren auffallend von einander in fast jedem Theile ihres Gefieders, mit Ausnahme des eleganten Foderstutzes auf dem Kopfe, welcher beiden Geschlechtern eigen ist; und dieser entwickelt sich sehr früh im Leben, lange znvor, ehe die anderen Zieratlien sich entwickeln, welche auf das Männchen beschränkt sind. Die wilde Ente bietet einen analogen Fall dar, denn der schöne grüne Spiegel auf den Flügeln ist beiden Geschlechtern gemeinsam, trotzdem er beim Weibchen dunkel und etwas kleiner ist; und dieser entwickelt sich zeitig im Leben, während die gekräuselten Schwanzfedern und andere dem Männchen eigenthi'im-lichen Zierden später entwickelt werden29. Zwischen solchen extremen
'2S Reim gemeinen Pfau (Paw cristatus) besitzt nur das Männchen Sporne, während beim Javanische* Pfau (l'aro mutiru.*) der ungewöhnliche Fall eintritt, dass beide Geschlechter mit Spornen versehen sind. Ich glaubte daher sicher erwarten zu dürfen, dass sich dieselben bei der letzten Species früher im Lehen entwickeln wurden, als beim gemeinen Pfau. Mr. Hegt in Amsterdam theilt mir aber mit, dass bei jungen, zu beiden Species gehörenden Vögeln des vorhergehenden Jahres eine am 23. April 1869 vorgenommene Vergleichung keine Verschiedenheit in der Entwiekelung der Sporne zeigte. Indessen waren zu dieser Zeit die Sporne nur durch unbedeutende Höcker oder Erhebungen repräsentirt. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass man es mir mitgetheilt haben würde, wenn später irgend eine Verschiedenheit in der Schnelligkeit der Entwiekelung bemerkbar gewesen wäre.
29 Bei einigen anderen Arten der Familie der Enten ist der Spiegel bei beiden Geschlechtern in einem bedeutenden Grade verschieden; ich bin aber nicht im Stande gewesen, nachzuweisen, ob seine völlige Entwiekelung bei den Männchen
DAKW1N, Abstammung I. Zwi'itu Auflag. 17
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Fällen grosser sexueller Uebereinstiinnning und bedeutender Verschiedenheit, wie die des Crossoplilon und des Pfaus, könnten viele mitten innenliegende angeführt werden, in denen die Characterc in der Reihenfolge ihrer Entwickelung unseren beiden Gesetzen folgen.
Da die meisten Insecten ihre Puppenhülle in einem geschlechts-reifen Zustande verlassen, so ist es zweifelhaft, ob die Periode der Entwickelung das Uebertragen ihrer Merkmale auf eines oder beide Geschlechter bestimmt. Wir wissen aber nicht, ob die gefärbten Schuppen z. B. in zwei Arten von Schmetterlingen, von denen die eine in den beiden Geschlechtern verschieden ist, während in der anderen beide gleich sind, in demselben relativen Alter im Cocon sich entwickeln. Auch wissen wir nicht, ob alle Schuppen gleichzeitig auf den Flügeln einer und derselben Species von Schmetterlingen entwickelt werden, bei welcher gewisse gefärbte Auszeichnungen auf ein Geschlecht beschränkt sind, während andere Flecke beiden Geschlechtern gemeinsam sind. Eine Verschiedenheit dieser Art in der Periode der Entwickelung ist nicht so unwahrscheinlich, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn bei den Orthoptern, welche ihren erwachsenen Zustand nicht durch eine einzige Metamorphose, sondern durch eine Eeihe aufeinanderfolgender Häutungen erreichen, gleichen die jungen Männchen einiger Species zuerst den Weibchen und erlangen ihre unterscheidenden männlichen Merkmale erst während einer späteren Häutung. Streng-analoge Fälle kommen auch während der aufeinanderfolgenden Häutungen gewisser männlichen Krustenthiere vor.
Wir haben bis jetzt nur die Uebertragung von Merkmalen in Bezug auf die Periode der Entwickelung bei Species im ^Naturzustände betrachtet. Wir wollen uns nun zu den domesticirten Thieren wenden und zuerst Monstrositäten und Krankheiten berühren. Das* Vorhandensein überzähliger Finger und das Fehlen gewisser Phalangen muss zu
solcher Arten später im Lehen eintritt als bei der gemeinen Ente, wie es unserer Regel zu Folge der Fall sein sollte. Wir haben aber bei dem verwandten Mergus cucullatus einen Fall dieser Art: hier weichen die beiden Geschlechter auffallend in der allgemeinen Befiederung und auch in einem beträchtlichen Grade in dem Spiegel ab, welcher beim Männchen rein weiss, beim Weibchen gräulich weiss ist. Nein sind die jungen Männchen zuerst in allen Beziehungen den Weibchen ähnlich und haben einen gräulich-weissen Spiegel; dieser wird aber in einem früheren Alter rein weiss, als in dem, in welchem das erwachsene Männchen seine stärker ausgesprochenen sexuellen Verschiedenheiten im Gefieder erhält, s. Au-dubon, Ornithological Biography. Vol. III. 1S35,. p. 210—250.
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einer frühen embryonalen Periode bestimmt werden — wenigstens ist die Neigung zu profusen Blutungen angeboren, wie es wahrscheinlich auch die Farbenblindheit ist —; doch sind diese Eigenthümlichkeiten und andere ähnliche oft in Bezug auf ihre Ueberlieferung auf ein Geschlecht beschränkt, so dass das Gesetz, dass Charactore, welche in einer frühen Periode sich entwickeln, auf beide Geschlechter vererbt zu werden neigen, hier vollständig fehlschlägt. Wie aber vorhin bemerkt wurde, scheint dieses-Gesetz keine nahezu so allgemeine Gültigkeit zu haben, wie der umgekehrte Satz, dass Charactere, welche spät im Leben an einem Geschlechte erscheinen, auch nur ausschliesslich auf dieses selbe Geschlecht vererbt werden. Aus der Thatsache, dass die oben erwähnten abnormen Eigenthümlichkeiten auf ein Geschlecht beschränkt werden, und zwar lange ehe die geschlechtlichen Functionen in Thätig-keit treten, können wir schliessen, dass eine Verschiedenheit irgend welcher Art zwischen den Geschlechtern schon zu einem äusserst frühen Lebensalter bestehen muss. Was geschlechtlich beschränkte Krankheiten betrifft, so wissen wir zu wenig von der Zeit, zu welcher sie überhaupt entstehen, um irgend einen sicheren Schluss zu ziehen. Indessen scheint die Gicht unter unser Gesetz zu fallen, denn sie ist meist verursacht durch Uumässigkeit nach der ersten Jugend und wird vom Vater auf seine Söhne in einer viel ausgesprocheneren Art als auf seine Töchter vererbt.
Bei den verschiedenen domesticirten Schafen, Ziegen und Kindern weichen die Männchen von ihren respectiven Weibchen in der Form oder der Entwickelung ihrer Hörner, ihrer Stirn, ihrer Mähne, ihrer Wamme, ihres Schwanzes und ihrer Höcker auf den Schultern ab; und in Uebereinstimmimg mit unserem Gesetze werden diese Eigenthümlichkeiten nicht eher vollständig entwickelt, als ziemlich spät im Leben. Bei Hunden weichen die Geschlechter nicht von einander ab, ausgenommen darin, dass bei gewissen Kassen, besonders bei dem schottischen Hirschhunde das Männchen viel grösser und schwerer als das Weibchen ist. Und wie wir in einem späteren Capitel sehen werden, nimmt das Männchen - bis zu einer ungewöhnlich späten Lebenszeit beständig an Grösse zu, welcher Umstand nach unserer Kegel es erklären wird, dass die bedeutendere Grösse nur seinen männlichen Nachkommen vererbt wird. Andrerseits ist die dreifarbige Beschaffenheit des Haares (tortoise-shell), welche auf weibliche Katzen beschränkt ist, schon bei der Geburt völlig deutlich, und dieser Fall streitet gegen unser Gesetz. Es gibt eine
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Taubenrasse, bei welcher nur die Männchen mit Schwarz gestreift sind, und die Streifen können selbst bei Nestlingen schon nachgewiesen werden ; sie werden aber deutlicher mit jeder später eintretenden Mauserung, so dass dieser Fall zum Theil unserer Eegel widerspricht, zum Theil sie unterstützt. Bei der englischen Botentaube und dem Kröpfer tritt die völlige Eutwickelung der Fleischlappen und des Kropfes ziemlich spät im Leben ein; und diese Charactere werden in Uebereiu-stimmung mit unserem Gesetze in Vollkommenheit nur den Männchen vererbt. Die folgenden Fälle gehören vielleicht in die früher erwähnte Classe, bei welcher die beiden Geschlechter in einer und derselben Art und Weise auf einer ziemlich späten Periode des Lebens variirt und in Folge dessen ihre neuen Merkmale auf beide Geschlechter in einer entsprechend späten Periode vererbt haben; und wenn dies der Fall ist, so widersprechen derartige Fälle unserer Kegel nicht. So gibt es Unterlassen der Tauben, welche Neumeister 3u beschrieben hat, bei denen beide Geschlechter, nachdem sie sich zwei- oder dreimal gemausert haben, die Farbe verändern, wie es in gleicher AVeise auch der Mandel-purzler thut. Nichtsdestoweniger sind diese Veränderungen, trotzdem sie ziemlich spät im Leben auftreten, beiden Geschlechtern gemeinsam. Eine Varietät des Canarienvogels, nämlich der „London Prize", bietet einen ziemlich analogen Fall dar.
Bei den Hühnerrassen scheint die Vererbung verschiedener Charactere auf ein Geschlecht oder auf beide Geschlechter allgemein durch die Periode bestimmt zu werden, in welcher sich solche Charactere entwickeln. So weicht in allen den Zuchten, bei welchen das erwachsene Männchen bedeutend in der Färbung von den "Weibchen und von der erwachsenen männlichen elterlichen Form abweicht, dasselbe auch von dem jungen Männchen ab, so dass die erst neuerdings erlangten Charactere in einer verliältuissmässig späten Periode des Lebens erschienen sein müssen. Andererseits sind bei den meisten Kassen, bei denen die beiden Geschlechter einander ähnlich sind, die Jungen in nahezu derselben Art und Weise gefärbt wie ihre Eltern, und dies macht es wahrscheinlich, dass ihre Farben zuerst früh im Leben auftraten. Wir sehen Beispiele dieser Thatsache bei allen schwarzen und weissen Kassen, bei denen die Jungen und Alten beider Geschlechter
11,1 Das Ganze des Taubenzucht. 1837, S. 21, 24. In Bezug auf die gestreiften Tauben s. Dr. Chapuis, Le Pigeon Voyageur Beige, 18G5, p. 87.
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einander gleich sind. Auch kann nicht behauptet werden, dass in einem schwarzen oder weissen Gefieder etwas Eigeiithumlich.es liege, welches zu seiner Vererbung auf beide Geschlechter führe. Denn allein die Männchen vieler natürlicher Species sind entweder schwarz oder weiss, während die Weibchen sehr verschieden gefärbt sind. Bei den sogenannten Kukuksimterrassen des Huhns, bei welchen die Federn quer mit dunklen Streifen gestrichelt sind , sind beide Geschlechter nnd die Hühnchen in nahezu derselben Art und Weise gefärbt. Das Gefieder der Sebriglit-Bantam-Hühner mit schwarz geränderten Federn ist in beiden Geschlechtern dasselbe und bei den Hühnchen sind die Federn nur schwarz gefleckt, was eine beträchtliche Annäherung an das Ge-rändertseiii darstellt. Die gefütterten Hamburger bieten indess eine theilweise Ausnahme dar, denn wenn schon die beiden Geschlechter sich nicht vollkommen gleich sind, so ähneln sie sich doch einander mehr, als es die Geschlechter der ursprünglichen elterlichen Species thun; und doch erreichen sie ihr charakteristisches Gefieder spät im Leben, denn die Hühnchen sind deutlich gestrichelt. Wendet man sich zu anderen Merkmalen ausser der Farbe, so besitzen allein die Männchen der wilden elterlichen Species und der meisten domesticirten Rassen einen gehörigen, wohlentwickelten Kamm; aber bei dem jungen spanischen Huhne ist er in einem sehr frühen Alter bedeutend entwickelt und dem Anscheine nach in Folge hiervon auch bei den erwachsenen Weibchen von ungewöhnlicher Grösse. Bei der Kampfhahnrasse wird die Kampfsucht in einem wunderbar frühen Alter entwickelt, wovon merkwürdige Beweise gegeben werden könnten; und dieser Character wird auch auf beide Geschlechter vererbt, so dass die Hennen wegen ihrer ausserordentlichen Kampfsucht jetzt allgemein in besonderen Behältern ausgestellt werden. Bei den polnischen Bässen bildet sich die Protuberanz des Schädels, welche die Federkroiie trägt, zum Theil schon ehe die Hühnchen ausschlüpfen und die Federkrone selbst beginnt sehr bald zu wachsen, wenn auch anfangs nur schwach31. Und in dieser Kasse characterisirt eine grosse knöcherne Protuberanz und eine ungeheure Federkrone die erwachsenen Thiere beider Geschlechter.
31 "Wegen ausführlicher Einzelheiten und Verweisungen über alle diese Punkte in Bezug auf verschiedene Kassen des Huhns s. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 30!) u. 316. Was die höheren Thiere betrifft, so sind die geschlechtlichen Verschiedenheiten, welche im Zustande der Domestication entstanden sind, in demselben "Werke unter den die einzelnen Species behandelnden Abschnitten beschrieben.
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Nach dem mm endlich, was wir jetzt von den Beziehungen gesehen haben, welche in vielen natürlichen Species und domesticirten Rassen zwischen der Periode der Entwickelung ihrer Merkmale und der Art und Weise ihrer Ueberliefernng existirt, — z. B. die auffallende Thatsache des frühen Wachstlroms des Geweihes beim Eenthier, bei dem beide Geschlechter Geweihe tragen, im Vergleich mit dessen viel später eintretenden Wachsthum bei den anderen Species, bei denen das Männchen allein ein Geweih trägt, — können wir schliessen, dass die eine, wenn auch nicht die einzige Ursache des Umstandes, dass Cha-ractere ausschliesslich auf ein Geschlecht vererbt werden, deren Entwickelung in einem späteren Alter ist, und zweitens, dass eine, wenn auch wie es scheint weniger wirksame Ursache des Umstandes, dass Charactere von beiden Geschlechtern vererbt werden, deren Entwickelung in einem frühen Alter ist, in einer Zeit also, wo die Geschlechter in ihrer Constitution mir wenig von einander abweichen. Es scheint indessen, als wenn doch irgend eine Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern selbst während einer frühen embi^onalen Periode existiren mnsste; denn in diesem Alter entwickelte Merkmale werden nicht selten auf ein Geschlecht beschränkt.
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen. — Nach der vorstellenden Erörterung über die verschiedenen Gesetze der Vererbung sehen wir, dass Merkmale oft oder selbst allgemein geneigt sind, sich bei demselben Geschlecht in dem nämlichen Alter und periodisch in derselben Jahreszeit, in welcher sie zuerst bei den Eltern auftraten, zu entwickeln. Diese Gesetze sind aber in Folge unbekannter Ursachen sehr einer Abänderung ausgesetzt. Die aufeinanderfolgenden Stufen in der Modifikation einer Species können daher leicht auf verschiedenen Wegen überliefert werden; einige dieser Stufen werden nur auf ein Geschlecht, andere auf beide vererbt, einige auf die Nachkommen eines bestimmten Alters und einige andere auf alle Altersstufen. Es sind nicht bloss die Gesetze der Vererbung äusserst complicirt, sondern es sind auch die Ursachen so, welche die Variabilität herbeiführen und beherrschen. Die auf diese Weise verursachten Abänderungen werden durch geschlechtliche Zuchtwahl aufbewahrt und angehäuft, welche an sich wieder eine äusserst complicirte Angelegenheit ist, da sie von der Gluth der Liebe, dem Muthe und der Nebenbuhlerschaft der Männchen und von dem Wahrnehmungsvermögen, dem Geschmacke und dem Willen
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der Weibchen abhängt. Geschlechtliche Zuchtwahl wird auch in Bezug auf das allgemeine Wohlsein der Species von der natürlichen Zuchtwahl beherrscht. Es kann daher nicht anders sein, als dass die Art und Weise, in welcher die Individuen eines von beiden Geschlechtern oder beider Geschlechter durch geschlechtliche Zuchtwahl beeinflnsst werden, im äus-sersten Grade complicirt ist.
Wenn Abänderungen spät im Leben bei einem Geschlechte auftreten und auf dasselbe Geschlecht in demselben Alter überliefert werden, so werden nothwendigerweise das andere Geschlecht und die Jungen unverändert bleiben. Treten die Abänderungen spät im Leben auf, werden sie aber auf beide Gcsclilechter in demselben Alter vererbt, so werden nur die Jungen unverändert gelassen. Indessen können Abänderungen auf jeder Periode des Lebens in einem Geschlechte oder in beiden auftreten und auf beide Gcsclilechter in allen Altersstufen überliefert werden, und dann werden alle Individuen der Art in ähnlicher Weise modificirt werden. Tu den folgenden Capiteln werden wir sehen, dass alle diese Fälle im Naturzustände häufig auftreten.
Geschlechtliche Zuchtwahl kann niemals auf irgend ein Thier wirken, bevor nicht das Alter der lieproduetiou erreicht ist. In Folge der grossen Begierde des Männchens hat sie meistens auf dieses Geschlecht und nicht auf die Weibchen gewirkt. Hierdurch sind die Männchen mit Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern oder mit Organen zur Entdeckung und zum sichern Festhalten der Weibchen oder zum Beizen oder zum Gefallen derselben versehen worden. Wenn die Geschlechter in dieser Hinsicht von einander abweichen, so ist es auch, wie wir gesehen haben, ein äusserst allgemeines Gesetz, dass das erwachsene Männchen mehr oder weniger vom jungen Männchen verschieden ist; und wir können aus dieser Thatsache schliesen, dass die aufeinanderfolgenden Abänderungen, durch welche das erwachsene Männchen modificirt wurde, allgemein nicht lange vor dem Eintritt des reproduetions-fähigen Alters entwickelt wurden. Sobald aber nur immer einige oder viele der Abänderungen früh im Leben aufgetreten sind, werden die jungen Männchen in einem grösseren oder geringeren Grade an den Characteren der erwachsenen Männchen theilhaben. Verschiedenheiten dieser Art zwischen den alten und den jungen Männchen können häufig beobachtet werden, z. B. bei Vögeln.
Es ist wahrscheinlich, dass junge männliche Thiere oft in, einer AVeise zu variiren gestrebt haben, welche in einem frühen Alter nicht
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Geschleditlidie Zuditwahl.
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bloss für sie von keinem Nutzen, sondern geradezu schädlich gewesen sein würde — wie z. B. die Erlangung glänzender Farben, welche sie ihren Feinden viel sichtbarer gemacht haben würden, oder von Gebilden, wie grossen Hörnern, welche während ihrer Entwickelung viel Lehenskraft beansprucht haben würden. Bei jungen Männchen auftretende Abänderungen dieser Art werden beinahe gewiss durch natürliche Zuchtwahl beseitigt worden sein. Andererseits wird bei erwachsenen und erfahrenen Männchen der durch Erlangung derartiger Charactere eintretende Vortheil in Bezug auf ihre Nebenbuhlerschaft gegeniiher aif-deren Männchen häufig den Umstand, dass sie dadurch Gefahren in mancherlei Graden ausgesetzt wurden, mehr als aufgehoben haben.
Da Abänderungen, welche denen, die dem Männchen eine Superio-rität über andere Männchen beim Kampfe oder beim Aufsuchen, Festhalten oder Bezaubern des andern Geschlechts geben, analog sind, wenn sie durch Zufall beim Weibchen auftreten, diesem von keinem Nutzen sein würden, so werden sie in diesem Geschlechte durch geschlechtliche Zuchtwahl nicht erhalten worden sein. Wir haben hinreichende Belege dafür, dass bei domesticirten Thieren Abänderungen aller Arten durch Kreuzung und zufällige Todesfälle bald verloren gehen, wenn sie nicht sorgfältig bei der Nachzucht ausgewählt werden. In Folge hiervon worden Abänderungen der obigen Art, wenn sie durch Zufall bei Weibchen auftreten, äusserst geneigt sein, verloren zu gehen, und die Weibchen würden dann unverändert gelassen werden, sofern diese Charactere in Betracht kommen, ausgenommen insoweit, als sie durch Uebertra-ginig von den Männchen her dieselben erhalten. Ohne Zweifel werden, wenn die Weibchen variiren und ihre neu erlangten Charactere ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, die Charactere, welche den Männchen von Vortheil waren, durch geschlechtliche Zuchtwahl erhalten werden, trotzden sie für die Weibchen selbst von keinem Nutzen sind. In diesem Falle werden beide Geschlechter in der nämlichen Art und Weise modificirt werden. Tch werde indessen später auf diese verwickelten Fälle zurückzukommen haben.
Unaufhörlich hat die Natur von Abänderungen, welche spät im Leben auftreten und nur auf ein Geschlecht überliefert werden, Vortheil gezogen und hat solche durch geschlechtliche Zuchtwahl mit Beziehung auf die Keproduction der Art angehäuft. Es erscheint daher auf den ersten Blick als unerklärliche Thatsache, dass ähnliche Abänderungen nicht auch häufig durch natürliche Zuchtwahl mit Beziehung auf
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die gewönhliclie Lebensweise angehäuft worden sind. Wäre dies eingetreten, so würden die beiden Geschlechter häufig in verschiedener Weise modificirt worden sein, z. B. zum Zwecke des Fangens von Beute oder des Entgehens der Gefahr. Wir haben solche Fälle bereits kennen gelernt und werden später noch anderen Beispielen von Verschiedenheiten dieser Art zwischen den beiden Geschlechtern begegnen, besonders bei den niederen Thieren; doch sind sie bei den höheren Classen selten. Wir sollten indessen im Sinne behalten, dass die Geschlechter in den höheren Classen allgemein eine gleiche Lebensweise haben; und angenommen, dass die Männchen allein in einer Weise variirten, welche ihr Vermögen, sich Subsistenz zu verschaffen, begünstigte n. s. w., und dass sie solche Abänderungen auch nur auf ihre männlichen Nachkommen vererbten, so würden diese allerdings eine Organisation erhalten, welche der der Weibchen überlegen wäre. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Weibchen, welche dieselbe allgemeine Constitution haben und denselben Bedingungen ausgesetzt sind, früher oder später in derselben Art und Weise variiren werden; und sobald dies eintritt, werden die Abänderungen gleichmässig durch natürliche Zuchtwahl in beiden Geschlechtern erhalten werden, welche hierdurch schliesslisli einander gleich werden. Der Fall ist von dem weit verschieden, wo Variationen durch natürliche Zuchtwahl angehäuft werden; denn die Lebensbedingungen der beiden Geschlechter in Bezug auf die reproduetiven Functionen sind nicht dieselben, und geschlechtlich überlieferte Modificationen, die nur dein einen Geschlechte von Nutzen sind, werden in diesem erhalten werden, während ähnliche Modificationen oft für das andere Geschlecht vollständig nutzlos sind und in Folge dessen in diesem bald verloren gehen werden'.
In den folgenden Capiteln werde ich von den seeundären Sexual-characteren bei Thieren aller Classen handeln und werde in jedem einzelnen Falle die in dem vorliegenden Capitel auseinandergesetzten Grundsätze anzuwenden versuchen. Die niedrigsten Classen werden uns nur für eine sehr kurze Zeit aufhalten, aber die höheren Thiere, besonders die Vögel, müssen in einer ziemlichen Ausführlichkeit betrachtet werden. Man muss dabei im Auge behalten, dass ich ans bereits angeführten Gründen nur beabsichtigte, einige wenige erläuternde Beispiele von den zahllosen Bildungen zu geben, durch deren Hülfe das Männchen das Weibchen findet oder, wenn es dasselbe gefunden hat, festhält. Auf der
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II. Theil.
andern Seite werden alle, die Bildungseigenthümlichkeiten und Instincte, durch welche ein Männchen andere Männchen besiegt und durch welche dasselbe das Weibchen anlockt oder aufreizt, ausführlich erörtert werden, da dkse in vielen Fällen die interessantesten sind.
Anhang
über die proportionalen Zahlen der beiden Gevchlechtcr bei Thieren verschiedener Classen.
Da Niemand, so weit ich darüber nachkommen kann, den relativen Zahlen der beiden Geschlechter durch das ganze Thierreich Aufmerksamkeit geschenkt hat, will ich hier meine Materialien geben so wie ich sie mir habe sammeln können, obschon sie ausserordentlich unvollständig sind. Sie enthalten nur in einigen wenigen Fällen wirkliche Zählungen und auch diese Zahlen sind nicht sehr gross. Da die Verhältnisszahlen mit Sicherheit und auf Grund im grossen Maassstabe unternommener Zählungen nur vom Menschen bekannt sind, will ich zuerst diese als Maassstab der Vergleichung mittheilen.
Mensch. — In England wurden während des Zeitraums von zehn Jahren (von 1857 bis 186H) 707,120 Kinder im jährlichen Mittel lebendig geboren und zwar im Verhältniss von 104,5 Knaben auf 100 Mädchen. Im Jahre 1857 verhielten sich aber die männlichen Geburten durch ganz England wie 105,2 und im Jahre 1865 wie 104,<> zu 100 weiblichen. Betrachtet man einzelne Bezirke, so war in Buckingham-shire (wo im Mittel jährlich 5000 Kinder geboren werden) das mit t-lere Verhältniss der männlichen zu den weiblichen Geburten während der ganzen Periode der oben genannten zehn Jahre 102,s zu 100, während es in Nord-Wales (wo das jährliche Mittel der Geburten 12,873 beträgt) sich bis auf 106,2 zu 100 erhob. Nimmt man einen noch kleineren Bezirk, z. B. Kutlandshire (wo die jährlichen Geburten im Mittel nur 739 betragen), so verhielten sich im Jahre 1864 die männlichen Geburten wie 114,6 und im Jahre 1862 wie 97,<> zu 100; aber selbst in diesem kleinen Bezirke war das mittlere Verhältniss aus den 7385 Geburten während der ganzen zehnjährigen Periode wie 104,5, zu 100, d. i. also das nämliche Verhältniss wie durch ganz England32.
32 Twenty-ninth Annual Report of the Registrar-General for 1866. In diesem Berichte ist (p. XII) eine specielle zehnjährige Tahelle gegeben.
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Ca]). 8. Zahlenverhältniss der beiden Geschlechter. 267
Die Proportionen werden zuweilen durch unbekannte Ursachen in geringem Grade gestört; so gibt Prof. Paye an, „dass in einigen Bezirken „von Norwegen während einer zehnjährigen Periode beständig zu wenig „Knaben geboren wurden, während in andern das umgekehrte Verhält-„niss bestand". In Frankreich verhielten sich während vierundvierzig Jahren die männlichen zu den weiblichen Geburten wie 106,2 zu 100; aber während dieser Periode ist es in einem Departement fünfmal, in einem andern sechsmal vorgekommen, dass die weiblichen Geburten die männlichen übertrafen.^ In Russland erhebt sich das Verhältniss sogar bis auf 108,9 zu 100 33. Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass bei Juden das, Verhältniss der männlichen Geburten entschieden grösser ist als bei Christen: so verhalten sich die männlichen Geburten der Juden in Prenssen wie 113, in Breslau wie 114 und in Liefland wie 1.20 zu 100 weiblichen, während die christlichen Geburten in denselben Gegenden das gewöhnliche Verhältniss zeigen, z. B. in Liefland von 104 zu 100:u. .Eine noch eigentümlichere Thatsache ist es, dass bei verschiedenen Nationen unter verschiedenen Bedingungen und Climaten, in Neapel, Preussen, Westplialen, Frankreich und England der Ueberscbuss der Knaben über die Mädclien in den Geburten geringer ist, wenn sie unehelich als wenn sie ehelich geboren werden 35.
Dem Prof. Faye und andern Schriftstellern zufolge würde in verschiedenen Theilen von Europa „ein noch grösseres Ueberwiegen der „Knaben angetroffen werden, wenn der Tod beide Geschlechter im Mut-„terleibe und während der Geburt im gleichen Verhältnisse träfe. Es „ist aber Thatsache, dass auf je 100 todtgeborene Mädchen in mehreren Ländern von 134,6 bis 144,9 todtgeboreuer Knaben kommen." Ausserdem sterben auch während der ersten vier oder fünf Lebensjahre mehr'Knaben als Mädchen; so sterben z. B. in England während des „ersten Jahres 126 Knaben auf je 100 Mädchen, — ein Verhältniss, „welches sich in Frankreich noch ungünstiger herausstellt" se. Als
33 In Bezug auf Norwegen und Russland s. einen Auszug von Prof. Faye's Untersuchungen in: British and Foreign Medico-Chirurgical Review April, 1867, p. 343, 345. In Bezug auf Frankreich s. das Annuaire pour l'an 1867, p. 213.
34 In Betreff der Juden s. Thury, La loi de Production des Sexes. 1863, p. 25.
35 Babbage, Edinburgh Journal of Science, 1829. Vol. I, p. 88, auch p. 90 über todtgeborene Kinder. Ueber uneheliche Kinder in England s. den Report of Registrar-General für 18G6, p. XV.
39 British and Foreign Medico-Chirurgical Review, April 1867, p. 343. D.
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II. Tlieil-
eine Folge dieses Ueberwiegens des Sterblichkeitsverhältnisscs bei Knaben und des Umstandes, dass Männer im erwachsenen Alter verschiedenen Gefahren ausgesetzt sind, ebenso ihrer Neigung zum Auswandern, erscheinen die Frauen in allen lange bestehenden Staaten, wo statistische Erhebungen angestellt worden sind 37, als beträchtlich die Männer an Zahl überwiegend.
Es ist oft vermuthet worden, dass das relative Alter der Eltern das Geschlecht der Nachkommen bestimme; und Prof. Leuckakt 38 hat seiner Ansicht nach einen Zweifel ausschliessendc Belege in Bezug auf den Menschen und gewisse domesticirte Tliiere vorgebracht, um zu zeigen, dass dies ein bedeutungsvoller Factor bei dem Resultate sei. Ferner glaubte man, dass die Periode der Befruchtung eine wirksame Ursache sei; neuere Beobachtungen erschüttern aber diese Ansicht. In Bezug auf den Menschen vermuthet man ferner, dass Polygamie die Geburt einer grösseren Proportion von Mädchen veranlasse; aber Dr. Camprell 39 hat diesem Gegenstände in den Harems von Siam eingehende Aufmerksamkeit gewidmet und ist zu dem Schlüsse gelangt, dass das Verhältniss der männlichen zu den weiblichen Geburten dasselbe ist wie bei monogamen Verbindungen. Kaum irgend ein Thier ist in solchem Maasse polygam gemacht worden als unsere Englischen Rennpferde, und doch werden wir sofort sehen, dass deren männliche und weibliche Nachkommen fast genau gleiche Zahlen darbieten.
Pferde. — Herr Tegetmeier hat die Güte gehabt, aus dem „Karing Calendar" die Geburten von Rennpferden während einer Periode von vier-nndzwanzig Jahren, nämlich von 1846 bis 1867 für mich in Tabellen zu bringen; das Jahr 1849 ist weggelassen, da in diesem Jahre die Erstark bemerkt gleichfalls (Tenth Annual Report of Births, Deaths etc. in Scot-lstnd, 18G7, p. XXVIII), dass „diese Beispiele hinreichen dürften, um zu zeigen, dass beinahe auf jeder Altersstufe die Männer in Schottland dem Sterben mehr unterliegen und ein höheres Sterblichkeitsverhältniss zeigen als die Frauen." Diese eigenthümliche Thatsache macht sich indessen am stärksten in der Periode der Kindheit geltend, wo doch Anzug, Nahrung und allgemeine Behandlung beider Geschlechter gleich sind, was zu beweisen scheint, dass das höhere Sterblichkeitsverhältniss des männlichen Geschlechts eine vom Geschlecht allein abhängige, eingeprägte, natürliche nnd constitutionelle Eigentümlichkeit ist.
J7 Bei den wilden Gnaranys von Paraguay stehen die "Weiber nach den Angaben des sorgfältigen Azara (Voyages dans FAmeriqne ineridionale, Tom. II. 1809, p. 60, 179) zu den Männern im Verhältniss von 14: 13.
ss Leuckart in: Wagn er's Handwörterbuch der Physiologie, Bd. 4. 1853, S. 774.
39 Anthropological Review, April, 1870, p. CVIII.
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hebungen nicht veröffentlicht wurden. Die Totalzahl aller Geburten betrug 25,56040, wovon 12,763 männliche und 12,797 weibliche waren, oder die männlichen standen im Verhältnis.? von 99,7 zu 100 weiblichen. Da diese Zahlen ziemlich gross sind und aus allen Theilen von England während des Verlaufs mehrerer Jahre zusammengetragen sind, so können wir mit vielem Vertrauen sihlicssen, dass bei dem domesticirten Pferde oder mindestens beim Kennpferde die beiden Geschlechter in fast gleicher Anzahl producirt werden. Die Schwankungen in den Verhältnisszahlen während der aufeinanderfolgenden Jahre sind denjenigen sehr gleich, welche beim Menschen vorkommen, wenn ein kleiner und dünn bevölkerter Bezirk in Betracht gezogen wird; so verhielten sich im Jahre 1856 die männlichen Pferde wie 107,i, und im Jahre 1867 nur wie 92,6 zu 100 weiblichen. In den tabellarisch geordneten Erhebungen variirt das Verhältniss periodisch, denn die Männchen überwogen die Weibchen während sechs aufeinanderfolgender Jahre; und die Weibchen überwogen die Männchen während zweier Perioden, jede von vier Jahren; dies kann indessen wohl zufällig sein; wenigstens kann ich nichts der Art beim Menschen in der zehnjährigen Tabelle aus dem Registrar's Report für 1866 entdecken. Ich kann hinzufügen, dass in derselben Weise, wie dies auch für gewisse Kühe und Frauen gilt, gewisse Stuten mehr Junge von dem einen Geschlechte als vom andern hervorzubringen neigen. Mr. Wrigiit von Yeldersley House theilt mir mit, dass eine seiner arabischen Stuten, trotzdem sie siebenmal zu verschiedenen Hengsten gebracht wurde, sieben Stutenfüllen hervorbrachte.
Hunde. — Während eines Zeitraums von zwölf Jahren, von 185 7 bis 1868 sind die Geburten einer grossen Anzahl von Windspielen aus ganz England in das Journal „The Field'' eingeschickt worden; und ich bin wiederum Herrn Tegbtmeiee dafür verbunden, dass er mir die Resultate sorgfältig in Tabellen gebracht hat. Die verzeichneten Geburten betrugen im Ganzen G878. von denen 3605 männliche und 3273 weibliche waren; sie standen also zu einander im Verhältniss von 110,1 männlichen zu 100 weiblichen Geburten. Die grössten Schwankungen kamen vor im Jahre 1864, wo sich die Zahlen wie 95,3 männliche, und im Jahre 1867, wo sie
40 Während der letzten elf Jahre ist auch die Zahl der Stuten verzeichnet worden, welche sich als unfruchtbar herausstellten oder welche ihre Füllen zu früh gebaren; und dabei verdient es Beachtung, da es zeigt, wie unfruchtbar diese sehr gut genährten, vielmehr noch in enger Inzucht vermehrten Thiere geworden sind, dass nicht viel unter einem Drittel der Stuten keine lebenden Füllen ergaben. So wurden während des Jahres 1856 809 Hengst- und 816 Stutenfüllen geboren und 743 Stuten brachten keine Nachkommen hervor. Während des Jahres 1SC7 wurden 836 Hengst- und 902 Stutenfüllen geboren und 794 Stuten schlugen fehl.
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sich wie 118,3 männliche zu 100 weiblichen verhielten. Das oben angegebene mittlere Verhältniss von 110,i zu 100 ist für den Windhund wahrscheinlich nahezu correct; ob es aber mich für andere domesticirte Kassen gelten dürfte, ist in ziemlichem Grade zweifelhaft. Mr. Cupples hat sich bei mehreren grossen Hundezüchtern erkundigt und dabei erfahren, dass alle ohne Ausnahme der Ansicht sind, dass die Weibchen in der Mehrzahl geboren werden; er vcrmuthet, diese Annahme könne wohl dadurch entstanden sein, dass die Weibchen weniger hoch geschätzt werden, und die damit zusammenhängende Enttäuschung mache auf das Gemüth einen stärkeren Eindruck.
Schaf. — Das Geschlecht der Schafe wird von den Landwirthen erst mehrere Monate nach der Geburt ermittelt, zu der Zeit, wenn die Männchen castrirt werden, so dass die folgenden Erhebungen nicht die Verhältnisszahlen zur Zeit der Geburt geben. Ueberdies finde ich, dass mehrere grosse Schafzüchter in Schottland, welche jährlich einige tausend Schafe erziehen, fest überzeugt sind, dass während des ersten oder der zwei ersten Jahre eine grössere Zahl von Männchen als von Weibchen stirbt; es wurde hiernach zur Zeit der Geburt das Verhältniss der Männchen etwas grösser sein als zur Zeit der Castration. Dies ist ein merkwürdiges Zusammentreffen mit dem, was, wie wir gesehen haben, beim Menschen eintritt; und wahrscheinlich hängen beide Fälle von einer gemeinsamen Ursache ab. Ich habe von vier Herren in England, welche während der letzten zehn oder sechszehn Jahre Niederuugsrassen, hauptsächlich Leicesterschafe, gezüchtet haben, Zahlenangaben erhalten; die Zahl der Geburten beträgt im Ganzen 8965; davon sind 4407 männliche und 4558 weibliche, dies ergibt also ein Verhältniss von 96,7 männlichen zu 100 weiblichen Lämmern. In Bezug auf die Cheviotrasse und die in Schottland gezüchteten Schafe mit schwarzem Gesicht habe ich' von sechs Züchtern, worunter zwei in grossem Maassstabe züchten, hauptsächlich aus den Jahren 1867 bis 1809 Angaben erhalten, einige reichen aber bis 1862 zurück. Die Gesammtzahl aller notirten Geburten beläuft sich auf 50,685 und besteht aus 25,071 männlichen und 25,614 weiblichen, so dass die Männchen im Verhältniss von 97,9 zu 100 Weibchen stehen. Nehmen wir die englischen und schottischen Erhebungen zusammen, so erhebt sich die Gesammtzahl auf 59,650, von denen 29,4 78 männliche und 30,172 weibliche Geburten sind, also im Verhältniss von 97,7 männlichen zu 100 weiblichen. Bei Schafen sind also ganz bestimmt im Alter, wo die Männchen castrirt werden, die Weibchen in der Mehrzahl; ob dies aber auch für die Zeit der Geburt gilt, ist zweifelhaft, weil die Männchen häufiger zeitig sterben41.
41 Ich bin Herrn Cupples sehr verbunden, dass er mir die obenerwähnten statistischen Angaben aus Schottland ebenso wie einige der folgenden Mitteilungen über Binder verschafft hat. Zuerst hat Mr. R. Elliot von Laighwood meine
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Cap. 8.
Zahlcnverbältnissc der Geschlechter.
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In Bezug auf Rinder habe ich Zahlenangaben von neun Herren erhalten, zusammen 982 Geburten betragend, also zu wenig, um zuverlässige Grundlagen zu gehen. Es waren 47 7 Stierkälber und 505 Kuhkälber geboren, also in dem Verhältniss von 94,4 männlichen auf 100 weibliche. Der Eev. W. D. Fox theilt mir mit, dass unter 34 im Jahre 1867 auf einer Farm in Derbyshire geborenen Kälbern nur ein einziges Stierkalb sich fand. Mr. Harrison Weir schreibt mir, dass er sich bei mehreren Schweinezüchtern erkundigt hat; die meisten schätzen das Verhältniss der männlichen zu den weiblichen Geburten wie 7 zu 6. Derselbe Herr hat viele Jahre lang Kaninchen gezüchtet und dabei beobachtet, dass eine viel grössere Zahl von männlichen als weihlichen Jungen geboren werden.
Ucber Säugethiere im Naturzustande bin ich nur sehr wenig zu erfahren im Stande gewesen. In Bezug auf die gemeine Ratte habe ich widersprechende Angaben erhalten. Mr. R. Elliot von Laighwood theilt mir mit, ein Rattenfänger habe ihm versichert, dass er immer die Männchen in bedeutender Mehrzahl gefunden habe, selbst unter den Jungen in den Nestern. In Folge hiervon untersuchte Mr. Eli.iot später selbst einige Hundert alter Ratten und fand die Angabe bestätigt. Mr. F. Buckland hat eine grosse Anzahl weisser Ratten gezogen, und auch er ist der Meinung, dass die Männchen bedeutend an Zahl die Weibchen überwiegen. In Bezug auf Maulwürfe wird gesagt, dass „die Männchen weit zahlreicher „seien als die Weibchen" i2; und da das Fangen dieser Thiere eine besondere Beschäftigung mancher Leute ist, so kann man sich vielleicht auf die Angabe verlassen. Bei der Schilderung einer Antilope von Süd-Afrika (Kobus eUipsiptymnus) bemerkt Sir A. Smitii ii, dass in den Heerdeu dieser und anderer Species die Männchen im Vergleiche mit den Weibchen geringer an Zahl sind: die Eingeborenen glauben, dass auch bei der Geburt der Thiere dies Verhältniss herrsche; Andere glauben, dass die jungen Männchen von den Heerden weggetrieben werden, und Sir A. Smitii sagt, dass er zwar selbst niemals Heerden gesehen habe, welche nur aus jungen Männchen bestanden hätten, dass aber Andere versichern, dass dies vorkomme. Es scheint wohl wahrscheinlich zu sein, dass, wenn die jungen Männchen von den Heerden fortgetrieben sind, sie sehr leicht den vielen Haubthieren des Landes zur Beute fallen.
Aufmerksamkeit auf den frühen Tod der Männchen gelenkt, eine Angabe, die mir später Mr. Aitchison und Andere bestätigten. Dem letztgenannten Herrn und Mr. Payan bin ich Dank schuldig für die umfassenderen Zahlenangaben über Schafe.
41 Bell, History of British Quadrnpeds, p. 100.
43 Illustrations of the Zoology of S. Africa. 1849, pl. 29.
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II. Theil.
Vögel.
In Bezug auf das Huhn habe ich nur einen einzigen Bericht erhalten, nämlich von 1001 Hühnchen eines hochgezüchteten Stammes von Co-chinchina -Hühnern, welche Mr. Stretch im Verlaufe von acht .Taliren erzogen hat; 487 ergaben sich als Männchen und 514 als Weibchen, das ist also ein Verhältniss von 94,: zu 100. Was die domesticirten Tauben betrifft, so sind hier gute Belege vorhanden, dass die Männchen im Exccss erzeugt werden, oder dass sie länger leben; denn diese Vögel paaren sich ausnahmslos treu, und einzelne Männchen sind, wie mir Mr. Tegetmeier mittheilt, immer billiger zu kaufen als Weibchen. Gewöhnlich ist von den beiden aus den zwei in demselben Gelege sich findenden Eiern erzogenen Vögeln das eine ein Männchen, das andere ein Weibchen; aber Mr. Har-rison Weir, welcher ein so bedeutender Züchter gewesen ist, sagt mir, dass er oft in demselben Neste zwei Tauber, selten dagegen zwei Tauben erzogen habe; ausserdem ist das Weibchen allgemein von beiden das schwächere Thier und geht leichter zu Grunde.
Was die Vögel im Naturzustände betrifft, so sind Mr. Gould und Andere 44 überzeugt, dass die Männchen allgemein zahlreicher sind; während doch, da die jungen Männchen vieler Arten den Weibchen ähnlich sind, natürlich die letzteren als die am zahlreichsten vertretenen scheinen sollten. Mr. Baker von Leadenhall hatte grosse Mengen von Fasanen aus von wilden Vögeln gelegten Eiern erzogen und theilt Mr. Jesxer Weir mit, dass meistens vier oder fünf Hähne auf je eine Henne producirt werden. Ein erfahrener Beobachter bemerkt43, dass in Scandinavien die Brüten des Aner- und Birkhuhns mehr Männchen als Weibchen enthalten, und dass von dem „Dal-ripa" (einer Art Schneehuhn [Lagopus subälpina Nilss.]) mehr Männchen als Weibchen die ,,Leks'' oder Balzplätze besuchen; den letzteren Umstand erklären indessen einige Beobachter dadurch, dass eine grössere Zahl von Hennen von kleinen Raubthieren getödtet wird. Aus verschiedenen von White in Seiborne 46 mitgeteilten Thatsachen scheint klar hervorzugehen, dass von den Rebhühnern die Männchen im südlichen England in beträchtlicher Ueberzahl vorhanden sein müssen ; und mir ist versichert worden , dass dies auch in Schottland der Fall sei. Mr. Weir erkundigte sich bei den Händlern, welche zu gewissen Zeiten des Jahres den Kampfläufer (Machetes piujnax) erhalten, und erhielt die Auskunft, dass bei dieser Art die Männchen bei weitem die zahlreichsten sind. Derselbe Natur-
41 Brohm kommt zu demselben Schlüsse (Ilhistr. Thierleben. Bd. IV, S. 990). 4ä Nach der Autorität von L. Lloyd, Game Birds of Sweden. 18G7, p. 12, 132.
46 Natural History of Seiborne. Letter XXIX. Ausg. von 1825. Vol. I, p. 139.
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forscher hat sich auch für mich bei den Vogelstellern erkundigt, welche jedes Jahr eine erstaunliche Menge verschiedener kleiner Vögel für deu Londoner Markt lebendig fangen, und erhielt ohne Zögern die Antwort, dass beim Buchflnkeu die Männchen an Zahl weit überwiegen; und zwar glaubte er ein so hohes Verhältniss wie 2 zu 1 oder mindestens wie 5 zu 3 annehmen zu müssen 47. Auch bei Amseln waren, wie derselbe Mann behauptete die Männchen die zahlreichsten, mochten sie nun in Schlingen oder Nachts in Netzen gefangen werden. Allem Anscheine nach kann man sich auf diese Angaben verlassen, da derselbe Mann angab, bei der Lerche, dem Leiufinken (Linaria montana) und dem Stieglitz seien die Geschlechter in ziemlich gleicher Anzahl vorhanden. Auf der andern Seite ist es sicher, dass beim gemeinen Hänflinge die Weibchen bedeutend überwiegen, aber während verschiedener Jahre in ungleicher Weise; der genannte Beobachter fand in manchen Jahren das Verhältniss der AVeibcheu zu den Männchen wie vier zu eins. Man muss indessen niclit ausser Acht lassen, dass die Hauptjahreszeit zum Fangen der Vögel nicht vor dem September anfängt, so dass bei einigen Species zum Theil schou die Wanderung begonnen haben kann; und die Schwärme bestehen um diese Zeit oft nur aus Weibchen. Mr. Salvin richtete seine Aufmerksamkeit besonders auf die Geschlechter der Colibri's in Central-Amerika und ist überzeugt, dass bei deu meisten Species die Männchen überwiegen; so erlangte er in einem Jahre 204 Exemplare, welche zu zehn Species gehörten, und darunter waren 166 Männchen und 38 Weibchen. Bei zwei anderen Arten waren die Weibchen in der Mehrzahl; die Verhältnisse variiren aber augenscheinlich entweder während verschiedener Jahreszeiten oder au verschiedenen Localitäten; denn bei einer Gelegenheit verhielten sich die Männchen von Gampyloptcrus Jie-müeucurus zu den Weibchen wie fünf zu zwei und bei einer andern Gelegenheit gerade im umgekehrten Verhältniss 4S. Da es zu dem letztem Punkte in Bezug steht will ich hinzufügen, dass Mr. Powvs fand, dass sich in Corfu und Epirus die Geschlechter des Buchfinken getrennt hielten und zwar waren „die Weibchen bei weitem die zahlreichsten", während Mr. Tristram in Palästina fand, dass „die männlichen Schwärme dem Anscheine nach die
47 Mr. Jenner Weir erhielt ähnliche Auskunft als er während des folgenden Jahres Erkundigungen anstellte. Um eine Idee von der Zahl der Buchfinken zu geben, will ich noch anführen, dass im Jahre 1800 zwei Sachverständige eine Wette machten; der eine fleug an einem Tage 02, der andere 40 männliche Buchfinken. Die grösste Zahl, welche ein Mann an einem einzigen Tage fleug, war 70.
48 The Ibis. Vol. II, p. 200, citirt in Gonld's Trochilidae, 1861, p. 52. In Bezug auf die vorstehenden Verhältnisszahlen hin ich Herrn Salviu für eine tabellarische Uebersicht seiner Resultate verbunden.
Darwin, Abstammung. I. Zweite Auflage. 18
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
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weiblichen bedeutend an Zahl übertrafen" 49. Su sagt ferner Mr. G. Taylor50 in Bezug auf Quiscalits major, dass in "Florida, „sehr wenig Weibchen im Verhiiltniss zu den Männchen" vorkamen, während in Honduras das umgekehrte Verhältniss herrschte und die Species den Character einer polygamen darböte.
Fische.
Bei Fischen können die Zahlenverhältnisse der beiden Geschlechter nur dadurch ermittelt werden, dass sie im erwachsenen oder fast erwachsenen Zustande gefangen werden; und auch dann noch sind viele Umstände vorhanden, welche das Erreichen irgend einer richtigen Folgerung erschweren ai. Unfruchtbare („gelte") Weibchen können leicht für Männchen genommen werden, wie Dr. Günther in Bezug auf die Forelle gegen mich bemerkt hat. Man glaubt, dass bei einigen Species die Männchen sehr bald sterben, nachdem sie die Eier befruchtet haben. Bei vielen Species sind die Männchen von viel geringerer Grösse als die Weibchen, so dass eine grosse Zahl von Männchen aus demselben Netze entschlüpfen können, mit welchem die Weibchen gefangen werden. Mr. Carbonnier a2, welcher der Naturgeschichte des Hechtes (jEsox lucius) eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, gibt an, dass viele Männchen in Folge ihrer geringeren Grösse von den grösseren Weibchen verschlungen werden: auch ist er der Ansicht, dass die Männchen fast aller Fische aus derselben Ursache grösserer Gefahr ausgesetzt sind als die Weibchen. Nichtsdestoweniger scheinen in den wenigen Fällen, in welchen die proportionalen Zahlen der Geschlechter wirklich beobachtet worden sind, die Männchen in bedeutender Ueberzahl vorhanden zu sein.. So gibt Mr. Ii. Büist, der Oberaufseher der in Stormontfield eingerichteten Versuche, an, dass im Jahre 1865 unter 70 wegen der Beschaffung von Eiern ans Land gezogenen Lachsen über 60 Männchen waren. Auch im Jahre 1867 lenkt er die Aufmerksamkeit „auf das ungeheure „Misverhältiriss der Weibchen zu den Männchen. Wir hatten im Anfange „mindestens zehn Männchen auf ein Weibchen." Später wurden Weibchen in genügender Anzahl zur Erlangung von Eiern gefangen. Er fügt hinzu: „wegen der verhältuissmässig so grossen Anzahl von Männchen kämpfen „uud zerren sie sich beständig auf den Laichplätzen herum" '3. Ohne
49 Ibis, 1860, p. 137. 1867, p. 3G9.
Sü Ibis, 1862, p. 137.
äl Leuckart citirt Bloch (Wagncr's Handwörterbuch der Physiol. Bd. 4. 1853, S. 775), dass hei Fischen zweimal so viel Männchen als Weibchen vorkommen.
" Citirt in „The Farmer", Mareh 18. 1SG9, p. 369.
53 The Stormontfield Piscicultural Experiments, p. 23. „The Field", 29. Juni, 18G7.
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Cap 8. Zahleiiverbültmsse der Geschlechter. 275
Zweifel lässt .sich dies MLsverhältniss wenigstens zum Theil, ob g'anz ist sehr zweifelhaft, dadurch erklären, dass die Männchen vor den Weibchen in den Flüssen stromaufwärts wandern. In Bezug auf die Forelle bemerkt Mr. Fr. Bucexaxd : „es ist eine merkwürdige Thatsache, dass die Männchen „an Zahl sehr bedeutend die Weibchen übertreffen. Es findet sich ausnahmslos, dass, wenn die Fische zuerst in die Netze fahren, sich zum „wenigsten sieben oder acht Männchen auf ein Weibchen gefangen haben. „Ich kann dies nicht vollständig erklären; entweder die Männchen sind „zahlreicher als die Weibchen oder die letztern suchen sich eher durch „Verbergen als durch Flucht zu retten." Er fügt dann hinzu, dass man durch sorgfältiges Absuchen der Ufer hinreichend Weibchen zur Gewinnung der Eier erlangen könne °4. Mr. H. Lee theilt mir mit, dass unter 212 zn diesem Zwecke in Lord Portsmouth's Parke gefangenen Forellen 150 Männchen und G2 Weibchen sich fanden.
Auch bei den Cypriniden scheinen die Männchen in der Mehrzahl vorhanden zu sein; aber mehrere Glieder dieser Familie, nämlich der Karpfen, die Schleihe, der Brachsen und die Elritzc folgen dem Anscheine nach dem im Tbierreiche seltenen Gebrauche der Polyandrie; denn beim Laichen begleiten stets zwei Männchen das Weibchen, eines auf jeder Seite, und beim Brachsen sogar drei oder vier. Diese Thatsache ist so wohl bekannt, dass es allgemein empfohlen wird, beim Besetzen eines Teiches zwei männliche Schleilicn auf ein Weibchen oder wenigstens drei Männchen auf zwei Weibchen zu nehmen. In Bezug auf die Elritze führt ein ausgezeichneter Beobachter an, dass auf den Laichplätzen die Männchen zehnmal so zahlreich sind als die Weibchen; sobald ein Weibchen unter die Männchen kommt, „drücken sich sofort zwei Männchen, auf jeder Seite eines, an dasselbe „heran, und wenn sie sich eine Zeit lang in dieser Situation befunden haben, „werden sie von zwei andern Männchen abgelöst" 55.
Insecten.
In dieser Classe bieten nur die Lepidoptern die Mittel dar, über die proportionalen Zahlen der Geschlechter zu einem Urtheile zu gelangen; denn diese sind von vielen guten Beobachtern mit besonderer Sorgfalt gesammelt und vom Ei oder vom Eaupenzustand in grosser Zahl erzogen worden. Ich hatte gehofft, dass mancher Züchter von Seidenwürmern vielleicht eine sorgfältige Liste geführt haben würde; aber nachdem ich nach Frankreich und
54 Land and Water, 1S63, p. 41.
55 Yarrell, Ilistory of British Fishes. Vol. I. 133G, p. 307; über Cyprinus carpio p. 331; über Tinea ttdyarls p. 331; über Ahramis brama p. 330. In Bezug auf die Elritze (Leudsms phoxinm) s. Loudou's Mag. of Natur. Hist. Vol. V. 1332, p. G32.
18*
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II. Theil.
Italien geschrieben und verschiedene Abhandlungen eingesehen habe, kann ich nur sagen, dass ich nirgends finde, dass dies jemals geschehen ist. Die allgemeine Meinung scheint dahin zu gehen, dass die Geschlechter in ziemlich gleicher Zahl auftreten; wie ich aber von Prof. Caxestrix i höre, sind in Italien viele Züchter überzeugt, dass die "Weibchen in der Mehrzahl erzeugt werden. Indessen theilt mir derselbe Forscher mit, dass von den beiden jährlichen Zueilten des Ailanthus-Seidenwurms (Bombyx cynthia) die Männchen in der ersten bedeutend überwiegen, während in der zweiten die Geschlechter ziemlich in gleicher Anzahl oder vielleicht die Weibchen eher in Mehrzahl auftreten.
Was die Schmetterlinge im Naturzustände betrifft, so sind mehrere Beobachter sehr von dem, allem Anscheine nach enormen Uebergewicht der Männchen frappirt worden 58. So sagt Mr. Eates ,">7, wo er von den, und zwar nicht weniger als ungefähr einhundert Arten spricht, welche den oberen Theil des Amazonenstromes bewohnen, dass die Männchen viel zahlreicher sind als die Weibchen, sogar selbst bis zum Yerhältniss von hundert zu vier. In Nord-Amerika schätzt Edwards, welcher bedeutende Erfahrung hatte, bei der Gattuug Papüio die Männchen zu den Weibchen wie vier zu eins; und Mr. Walsh, welcher mir diese Angabe mittheilte, sagt mir, dass es bei P. tumus sicher der Fall sei. In Süd-Afrika fand Mr. Trimbn bei neunzehn Species die Männchen in der Mehrzahl58; und bei einer derselben, welcher auf offenen Stellen schwärmt, schätzt er das Yerhältniss der Männchen zu den Weibchen wie fünfzig zu eins. Von einer anderen Art, bei welcher die Männchen an gewissen Lokalitäten zahlreich waren, sammelte er während sieben Jahren nur fünf Weibchen. Auf der Insel Bourbon sind nach der Angabe des Mr. Maillard die Männchen von einer Species Papüio zwanzigmal so zahlreich wie die Weibchen 5i). Mr. Trimen theilt mir mit, dass es nach dem, was er selbst gesehen oder von Andern gehört hat, selten vorkommt, dass die Weibchen irgend eines Schmetterlings au Zahl die Mämicheu übertreffe; doch ist dies vielleicht bei drei südafrikanischen Arten der Fall. Mr. Wallace 60 gibt an, dass von der Ornithoptera croesus im Malayischen Archipel die Weibchen häufiger sind
56 Leuckart citirt Meinecke (AVagner's Handwörterbuch der Physiol. Bd. 4, 1853, S. 775) in Bezng auf die Angabe, dass bei Schmetterlingen die Männchen drei- bis viermal zahlreicher sind als die Weibchen.
" The Naturalist on the Amazons. Vol. II. 1863, p. 228, 347.
58 Vier von diesen Fällen hat Mr. Trimen mitgetheilt in seinem Rhopalo-cera Africae Australis.
59 citirt von Trimen in: Transact. Entomol. Soc. Vol. V, part IV. 18G6, p. 330.
r'° Transact. Liimean Soc. Vol. XXV, p. 37.
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Cap. 8. Zahlenverhältnissc der Geschlechter. 277
und leichter gefangen werden als die Männchen; dies ist aber ein seltener Schmetterling. Ich will hier hinzufügen, dass Güenee in Bezug auf Hype-rythra, einem Genus der Motten, sagt, in Sammlungen aus Indien würden vier bis fünf Weibchen auf ein Männchen geschickt.
Als diese Frage nach den proportionalen Zahlen der Geschlechter der Insecten vor die Entomologische Gesellschaft gebracht wurde61, wurde allgemein zugegeben, dass die Männchen der meisten Lepidoptern im erwachsenen oder Imagozustand in grösserer Zahl gefangen würden als die Weibchen; aber mehrere Beobachter schrieben diese Thatsache dem Umstände zu, dass die Lebensweise der Weibchen mehr zurückhaltender sei und das Männchen zeitiger den Cocon verlasse. Dass das letztere bei den meisten Schmetterlingen ebenso wie auch bei anderen Insecten der Fall ist, ist allerdings wohl bekannt. Hierdurch gehen, wie Mr. Personnat bemerkt, die Männchen des domesticirten Bombyx Yamamai im Anfange der Saison und die Weibchen am Ende derselben verloren, weil sie nicht gepaart werden können 62. Ich kann mich indessen doch nicht überzeugen, dass diese Ursachen genügen sollten, den bedeutenden Ueberschuss von Männchen bei den oben erwähnten Schmetterlingen, welche in ihrem Vaterlande so ausserordentlich gemein sind, zu erklären. Mr. Stainton, welcher viele Jahre hindurch den kleineren Motten eine so eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hat, theilt mir Folgendes mit: als er sie im Imagozustande gesammelt habe, sei er der Meinung gewesen, dass die Männchen zehumal so zahlreich wären als die Weibchen; seitdem er sie aber in grossem Maassstabe aus der Kaupe erzöge, sei er überzeugt, dass die Weibchen am zahlreichsten seien. Mehrere Entomologen stimmen dieser Ansicht bei. Doch sind Mr. Doubleday und einige Andere der entgegengesetzten Meinung und sind überzeugt, dass sie aus dem Ei oder von dem Raupeuznstande eine grössere Anzahl von Männchen als Weibchen aufgezogen haben.
Ausser der beweglicheren Lebensweise der Männchen, ihrem zeitigeren Verlassen der Cocons und dem Vorzug, den sie in manchen Fällen offenen Plätzen geben, können noch andere Ursachen für die scheinbare oder wirkliche Verschiedenheit in den proportionalen Zahlen der beiden Geschlechter bei den Lepidoptern angeführt werden und zwar sowohl wenn sie im Imagozustande gefangen, als auch wenn sie aus dem Ei oder dem Raupen zustande aufgezogen werden. Viele Züchter in Italien sind, wie ich von Prof. Cane-strini höre, der Meinung, dass die weibliche Raupe des Seidenschmetterlings mehr von der neuerdings aufgetretenen Krankheit leidet als die mänuliche; und Dr. Staudinger theilt mir mit, dass beim Aufziehen von Schmetterlingen
61 Proceed. Entomol. Soc. Febr. 17, 1868.
62 citirt von Wallace in: Proceed. Entomol. Soc. 3. Ser. Vol. V. 1867, p. 487.
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278
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
mehr Weibchen im Cocon sterben als Mänuchen. Bei vielen Species ist die weihliche Raupe grösser als die männliche; ein Sammler wird aber natürlich die schönsten Exemplare auswählen und daher unbeabsichtigter Weise eiue grössere Zahl von Weibchen sammeln. Drei Sammler haben mir erzählt, dass sie dies allerdings in der Gewohnheit hätten; Dr. AVallace ist indessen überzeugt, dass die meisten Sammler alle Exemplare von den seltenereu Arten nehmen, welche sio linden können, da diese allein der Mühe des Aufziehens werth sind. Haben Vögel eine grössere Zahl von Raupen um sich herum, so werden sie wahrscheinlich die grösseren verschlingen ; auch theilt mir Prof. Canestrixi mit, dass in Italien einige Züchter, allerdings aber auf unzureichende Beweise gestützt, der Ansicht sind, dass in der ersten Zucht des Ailanthus-Seideuspinners die Wespen eine grössere Zahl weiblicher als männlicher Ranpen zerstören. Dr. Wallace bemerkt ferner, dass die weiblichen Raupen, weil sie grösser als die männlichen sind, mehr Zeit zu ihrer Entwickoluug brauchen und mehr Nahrung und Feuchtigkeit zu sich nehmen; sie werden dadurch während einer längeren Zeit der Gefahr, von Ichneumouen, ATögeln u. s. w. zerstört zu werden, ausgesetzt sein und in Zeiten des Mangels in grösserer Anzahl umkommen. Es erscheint daher ganz gut möglich, dass im Naturzustände weniger weibliche Lepidoptern den Reifezustand erreichen, als männliche; und für unseren speciellen Zweck haben wir es mit den Zahlen im Reifezustand zu thun, wenn die Geschlechter bereit sind, ihre Art fortzupflanzen.
Die Art und Weise, in welcher die Männchen gewisser Motten sich in ausserordentlichen Masseu um ein einziges Weibchen ansammelu, weist dem Anscheine nach auf einen bedeutenden Ueherschuss an Männchen hin; doch kann diese Thatsache wohl vielleicht auch dadurch erklärt werden, dass die Männchen zeitiger ihre Pnppenhülse durchbrechen. Mr. Stainton theilt mir mit, man könne oft sehen, wie zwölf bis zwanzig Männchen sich um ein einziges AVeibchen von Elacliista rafocinerca versammeln. Es ist bekannt, dass, wenn man eine jungfräuliche Lasiocampa quercus oder Saturnia car-pini in einem Behältnisse an die Luft setzt, sich in grosser Anzahl Männchen um sie her versammeln, und ist sie in einem Zimmer eingeschlossen, so kommen die Männchen selbst (in England) durch den Kamin zu ihr. Mr. Doübleday glaubt sich erinnern zu können, dass er an fünfzig bis hundert Männchen von jeder oben erwähnten Species im Verlaufe eines einzigen Tages von einem gefangen gehaltenen AVeibchen herbeigelockt gesehen habe. Mr. Trimen stellte auf der Insel AA'ight eiue Schachtel frei hin, in 'welcher ein Weihchen der Lasiocampa am vergangenen Tage eingeschlossen worden war, und sehr bald versuchten fünf Männchen sich Eingang zu verschaffen. Mr. ArERREAux steckte in Australien das AVeibchen einer kleinen Bomhvx-Avt in einer Schachte] in seine Tasche und wurde
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;ip. S.
ZahleiiverliiiltiHssc der Geschlechter.
279
dann von einer Menge Männchen begleitet, so dass ungefähr 208 mit ihm zusammen in das Haus kamen 6S.
Mr. Doubleday hat meine Aufmerksamkeit auf Dr. Staudinger's Lepi-doptern - Liste 64 gelenkt, welche die Preise der Männchen und Weibchen von 390 Species oder gut markirten Varietäten von Schmetterlingen (Rho-palocera) aufführt. Die Preise der sehr gemeinen Arten sind natürlich für beide Geschlechter dieselben; aber bei 113 der selteneren Arten sind sie verschieden; dabei sind in allen Fällen mit Ausnahme eines einzigen die Männchen die billigeren. Im Mittel von den Preisen der 113 Species verhält sich der Preis der Männchen zu dem der Weibchen wie 100 zu 149 ; und dem Anscheine nach weist dies darauf hin, dass die Männchen im umgekehrten Verhältniss aber in denselben Zahlen den Weibchen überlegen sind. Ungefähr 2000 Species oder Varietäten von Motten (Ileterocera) sind catalogisirt, wobei diejenigen mit flügellosen Weibchen wegen der Verschiedenheit in der Lebensweise der beiden Geschlechter hier weggelassen werden; von diesen 2000 Species haben 141 einen nach dem Geschlechte verschiedenen Preis, darunter sind die Männchen von 130 billiger, dagegen die Männchen von nur 11 Species theuerer als die Weibchen. Im Mittel verhält sich der Preis der Männchen zu dein der Weibchen wie 100 zu 143. In Bezug auf die Schmetterlinge in dieser mit Preisen versehenen Liste ist Mr. Doubleday (und kein Mensch in England hat eine grössere Erfahrung gesammelt) der Ansicht, dass sich in der Lehensweise dieser Arten nichts fiudet, was die Verschiedenheit in den Preisen der beiden Geschlechter erklären könne und dass die einzige Erklärung nur in dem Ueberwiegen der Männchen der Zahl nach liegen könne. Ich bin aber verpflichtet hinzuzufügen, dass Dr. Staudetger, wie er mir mittheilt, selbst anderer Meinung ist. Er meint, dass die weniger lebendigen Gewohnheiten der Weibchen und das frühere Verlassen der Puppenhülsen seitens der Männchen es erkläre, warum seine Sammler eine grössere Anzahl von Männchen als von Weibchen erhalten, was denn natürlich anch den niedrigeren Preis der ersteren erkläre. In Bezug auf die aus Baupen erzogenen Exemplare glaubt, wie vorhin schon angeführt, Dr. Staudixger, dass eine grössere Zahl von Weibchen während der Gefangenschaft sterben, als von Männchen. Er fügt noch hinzu, dass bei gewissen Arten das eine Geschlecht während gewisser Jahre das andere überwiege.
Von directen Beobachtungen über die Geschlechter von Lepidoptern, welche entweder aus dem Ei oder aus der Raupe erzogen wurden, habe ich nur die wenigen folgenden Zahlenangaben erhalten:
63 Blanchard, Metamorphoses, Moeurs des Insectes. 1868, p. 225—226. CJ Lepidoptern-Donblettenliste. Berlin, Nr. X, 1SGC.
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280
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Männchen. Weibchen. The Rev. J. Hellius 6"' in Esotor erzog während
des Jahres 1868 Imagos von 73 Species, welche
enthielten.......153 137
Mr. Albert Joses in Elthain erzog im Jahre 1868
Imagos von 9 Species, welche enthielten . 15'J 126
Im Jahre 1869 erzog derselbe Images von 4
Species, davon waren . . . . ,114 112
Mr. Bückler in Emsworth, Hanta, erzog im Jahre
1869 Imagos von 74 Species, davon waren . 180 169
Dr. Wallace in Colchester erzog in einer Brut
von Bombyx cynthia . . . . .52 48
Dr. Wallace erzog 1869 aus Cocons von Bombyx
I'ernyi, welche aus China geschickt worden
waren........224 123
Dr. Wallace erzog in den Jahren 1868 u. 1869
ans zwei Sätzen von Cocons der Bombyx Ya-
mamai ....... 52 46
Total . . 934 761
In diesen acht Partien von Cocons und Eiern wurden daher Männchen im Ueberschuss erzeugt. Nimmt man sie alle zusammen, so ist das Ver-hältniss der Männchen zu dem der Weibchen wie 122,7 zu 100. Die Zahlen, sind aber kaum gross genug, um für zuverlässig geltcu zu können. Nach den, von verschiedenen Quellen herrührenden oben mitgetheilteu Belegen, welche sämmtlich nach einer und derselben Richtung hinweisen, gelange ich im Ganzen zu der Folgerung, dass bei den meisten Species der Lcpidüptern die Männchen im Imagoznstande allgemein die Weibchen der Zahl nach übertreffen, welches auch ihr Yerhältniss bei ihrem ersten Vorlassen der Eihüllc gewesen sein mag.
In Bezug auf die anderen Insectenordnungen bin ich nur im Stande gewesen, sehr wenig zuverlässige Informationen zusammenzubringen. Beim Hirschkäfer (Lucanus cervus) „scheinen die Männchen viel zahlreicher zu sciu als die Weibchen"; als aber, wie Cornelius es im Laufe des Jahres 1867 beobachtete, eine ungewöhnliche Anzahl dieser Käfer in dem einen Theile von Deutschland auftraten, schienen die Weibchen die Männchen im Verhältniss von sechs zu eins zu übertreffen. Bei einem der Elateriden
65 Dieser Beobachter ist so freundlich gewesen, mir einige Resultate aus früheren Jahren zu schicken, nach welchen die Weibchen das Uebergewicht zu haben scheinen; es waren aber so viele der Zahlenangaben blosse Schätzungen, dass ich es für unmöglich fand, sie tabellarisch zu ordnen.
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Cap. 8.
Zahlenverhältnisse der Geschlechter.
281
sollen, wie man sagt, die Männchen viel zahlreicher als die Weibchen sein, und „oft findet man zwei oder drei Männchen in Verbindung mit einem Weibchen"66, so dass hier Polyandrie zu herrschen scheint. Von Siagonium (Staphyliniden), bei welchem die Männchen mit Hörnern versehen sind, „sind die Weibchen bei weitem zahlreicher als das andere Geschlecht." In der entomologischen Gesellschaft führte Mr. Jakson an, dass die Weibchen des Rinden fressenden Tonmus villosus so häufig sind, dass sie zu einer Plage werden, während die Männchen so selten sind, dass man sie kaum kennt. In anderen Ordnungen sind aus unbekannten Ursachen, wie es aber in einigen Fällen scheint in Folge einer Parthenogenesis, die Männchen gewisser Species noch niemals aufgefunden worden oder sind äusserst selten, so bei mehreren Arten der Cynipiden67. Bei allen gallenbildenden Cynipidon, welche Mr. AValsh bekannt sind, sind die Weibchen vier- oder fünfmal so zahlreich als die Männchen; dasselbe ist auch, wie er mir mittheilt, bei den gallenbildenden Ceciäomyiäac Zweiflügler) der Fall. Von einigen gemeinen Species der Blattwespon (Tenthredinae) hat Mr, F. Smith Hunderte von Exemplaren aus Larven aller Grössen erzogen, hat aber niemals ein einziges Männchen erhalten. Auf der anderen Seite sagt Cuktis 6"\ dass sich bei mehreren von ihm aufgezogenen Arten (Atkalia) die Männchen zu den Weibchen wie sechs zu eins verhielten, während bei den geschlechts-reifen, in den Feldern gefangenen Insecten der nämlichen Species genau das umgekehrte Verhältuiss beobachtet wurde. In Bezug auf die Neurop- -tern führt Mr. AValsh an, dass bei vielen, aber durchaus nicht bei allen Arten der Odonaten-Gruppe (Ephemerina) ein bedeutender Ueberschuss an Männchen existirt; auch bei der Gattung Iletaerina sind die Männeben mindestens viermal so zahlreich als die Weibchen. Bei gewissen Arten der Gattung Gom-phus sind die Männchen in gleicher Anzahl mit den Weibchen vorhanden, während in zwei anderen Species die Weibchen zwei- oder dreimal so zahlreich sind als die Männchen. Von einer europäischen Species von I'socus können Tausende von Weibchen ohne ein einziges Männchen gesammelt werden, während bei andern Arten der nämlichen Gattung beide Geschlechter häufig sind69. In England hat Mr. MacLachlax Hunderte
66 Günther's Piecord of zoological Literature, 1867, p. 2G0. Ueber die Ueberzahl der weiblichen Lucanus ebenda p. 250. Ueber die Männchen des Imcanus in England s. AVestwood, Modern Classific. of Insects. Vol. I, p. 187. Ueber Siagonium ebend. p. 172.
61 AValsh, in: The American Entomologist. Vol. I, 1869, p. 113. F. Smith, in: Record of zoological Literature. 18G7, p. 328.
68 Farm-Insects, p. 45—46.
69 Ohservations on North American Xeuroptera by H. Hagen and B. D. AValsb in: Proceed. Entomol. Soc. Philadelphia, Oct. 18G3, p. 168, 223, 239.
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282
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Thcil.
der weihlichen Apatania muliebns gesammelt, aber das Männchen niemals gesehen; und von Borcus hi/emalis sind hier nur vier oder fünf Männchen gesehen worden70. Bei den meisten dieser Arten (ausgenommen, so viel ich gehört hahe, die Tenthredinen) ist kein Grund zur Verinuthung vorhanden, dass die Weibchen parthenogenetisch fortpflanzen; und da sehen wir denn, wie unwissend wir über die Ursache der offenbaren Verschiedenheit der proportionalen Zahlen der beiden Geschlechter sind.
Was die anderen Classeu der Arthropoden betrifft, so bin ich noch weniger im Stande gewesen, mir Information zu verschaffen. In Bezug auf Spinnen schreibt mir Mr. Blackwall, welcher dieser Classe viele Jahre hindurch sorgfältige Aufmerksamkeit gewidmet hat, dass die Männchen ihrer herumschweifenden Lebensweise wegen häufiger gesehen werden und daher zahlreicher zu sein scheinen. Bei einigen wenigen Species ist dies factisch der Fall; er erwähnt aber mehrere Arten aus sechs Gattungen, bei denen die "Weibchen viel zahlreicher zu sein scheinen als die Männchen71. Die im Vergleiche mit der der Weihchen geringe Grösse der Männchen, welche zuweilen bis zu einem extremen Grade getrieben ist, und ihr äusserst verschiedenes Aussehen kann wohl in einigen Fällen ihre Seltenheit in den Sammlungen erklären72.
Einige der niederen Crustaceen sind im Stande ihre Art geschlechtslos fortzupflanzen und dies wird wohl die äussorste Seltenheit der Männchen erklären. Bei einigen anderen Formen (so bei Tanais und Cypriff) ist Grund zur Annahme vorhanden, wie mir Fritz Müller mittheilt, dass das Männchen viel kurzlebiger ist als das Weibchen, weicher Umstand, vorausgesetzt dass die beiden Geschlechter anfangs in gleicher Zahl vorhanden sind, die Seltenheit der Männchen erklären würde. Auf der anderen Seite hat der nämliche Naturforscher an den Küsten vou Brasilien ausnahmslos bei weitem mehr Männchen als Weibchen von den Diastyliden und Cypri-dinen gefangen: so waren unter 63 Exemplaren einer Species der letzten Gattung, die er an einem Tage gefangen hatte, 57 Männchen; er ver-muthet aber, dass dieses Ueberwiegen vielleicht Folge irgend einer unbekannten Verschiedenheit in der Lebensweise der beiden Geschlechter sein mag. Bei einer der höheren Brasilianischen Krabben, nämlich einem Gelasimus, fand Fritz Müller die Männchen viel zahlreicher als die Weibchen. Nach
70 Proceed. Entomol. Soc. London, Febr. 17, 1868.
" Eine andere bedeutende Autorität in Bezug auf diese Classe, Prof. Thoreil in Upsala (On European Spiders, 1869—70. Part I, p. 205) äussert sich so, als wenn weibliche Spinnen im Allgemeinen häufiger wären als die männlichen.
r2 s. über diesen Gegenstand Mr. Pickard-Cambridge citirt in Quarterly Journal of Science. 1868, p. 429.
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Cap. 8. Zahleuverkitltnisse der Geschlechter. 28.3
der reichen Erfahrung des Mr. Spence Bäte scheint hei sechs gemeinen Britischen Krabben, deren Namen er mir mitgetheilt hat, das Umgekehrte der Fall zu sein.
Ueber das Vermögen der natürlichen Zuchtwahl die proportionalen Zahlen der Geschlechter zu reguliren und über Allgemeine Fruchtbarkeit. — In einigen besonderen Fällen kann ein Ueberwiegen des einen Geschlechts au Zahl über das andere für eine Species von grossem Vortheile sein; dies ist z. B. mit den sterilen Weibchen socialer Insecten oder bei denjenigen Thiercn der Fall, bei welchen mehr als ein Männchen erforderlich ist um das Weibchen zu befruchten, wie bei gewissen Cirripedien und vielleicht bei gewissen Fischen. Eine Ungleichheit zwischen den Geschlechtern kann in diesen Fällen durch natürliche Zuchtwahl nicht erlangt worden sein; ihrer Seltenheit wegen brauchen sie aber nicht eingehend betrachtet zu werden. In allen gewöhnlichen Fällen würde eine Ungleichheit gewissen Individuen von keinem grösseren Vortheile oder Nachthoile sein als anderen; und deshalb kann sie kaum das Resultat natürlicher Zuchtwahl sein. Wir müssen die Ungleichheit der directen Einwirkung jener unbekannten Bedingungen zuschreiben, welche es beim Menschen verursachen, dass in gewissen Ländern die Männchen in einem etwas bedeutenderen Ueberschusse geboren werden als in anderen, oder welche die Ursache davon sind, dass das Verhältniss zwischen den Geschlechtem unbedeutend bei legitimen und illegitimen Geburten differirt.
Wir wollen nun einmal den Fall annehmen, eine Species producire aus den eben erwähnten unbekannten Ursachen von dem einen Ge-schlechte — wir wollen sagen von dem männlichen — einen Ueber-schuss, welcher überflüssig und nutzlos oder beinahe nutzlos ist. Könnte nun die Zahl der Geschlechter durch geschlechtliche Zuchtwahl ausgeglichen werden? Nach der Thatsache, dass alle Charactere variabel sind, können wir mit Sicherheit annehmen, dass gewisse Paare einen etwas geringeren Ueberschuss an Männchen über die Weibchen produ-ciren werden, als andere Paare. Angenommen, die factische Zahl der Nachkommen bliebe constant, so würden die ersteren nothwendig mehr Weibchen produciren und in Folge hiervon produetiver sein. Nach der Wahrscheinlichkeitslohre würde eine grössere Zahl von Nachkommen der produetiveren Paare leben bleiben und diese würden eine Neigung erben, weniger Männchen und mehr Weibchen zu erzeugen. Hierdurch
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284 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
würde sich eine Neigung zur Ausgleichung der Geschlechter entwickeln. Unsere Species würde aber durch diesen Process, wie oben bemerkt produetiver gemacht werden, und dies wird in vielen Füllen auch nicht entfernt einen Vortheil darbieten; denn sobald nur immer die Grenze der bestehenden Zahl nicht von der Zerstörung durch Feinde, sondern von der Menge der Nahrung abhängt, wird die erhöhte Fruchtbarkeit zu einer schärferen Concurrenz führen und die Meisten der Lebenblei-benden werden schlecht ernährt. In diesem Falle würde, wenn die Geschlechter durch eine Zahleuzunahme der Weibchen ausgeglichen würden, eine gleichzeitige Abnahme der Gesammtzahl der Nachkommen wohlthätig oder selbst nothwendig für die Existenz der Art sein und dies kann, wie ich glaube, in der später zu schildernden Weise durch die natürliche Zuchtwahl bewirkt werden. Dieselbe Keihe von Betrachtungen ist für den obigen wie für den folgenden Fall anwendbar, wenn wir annehmen, dass anstatt der Männchen Weibchen in Ueberschuss erzeugt werden; denn solche Weibchen wären, da sie sich nicht mit Männchen verbinden, überflüssig und nutzlos. Dasselbe würde für polygame Arten gelten, wenn wir annehmen, dass der Ueberschuss der Weibchen über die Maassen gross sei.
Ein Ueberwiegen des einen Geschlechts, — wir wollen wieder sagen des männlichen, — könnte indessen dem Anscheine nach durch die natürliche Zuchtwahl in einer andern und indirecten Weise elimi-nirt werden, nämlich durch eine factische Verminderung der Männchen ohne irgend welche Zunahme der Weibchen und folglich auch ohne Zunahme der Productivität der Art. Nach der Variabilität aller Cha-ractere können wir uns überzeugt halten, dass einige Paare, welche irgend eine Localität bewohnen, einen etwas geringeren Ueberschuss an überzähligen Männchen, aber eine gleiche Anzahl produetiver Weibchen hervorbringen werden. Wird die ganze Nachkommenschaft der mehr und der weniger Männchen producii enden Eltern vollständig durcheinander gemischt, so werden keine derselben irgend einen direeten Vortheil vor anderen haben; aber diejenigen, welche wenig überzählige Männchen hervorbringen, werden einen grossen direeten Vortheil haben, den nämlich, dass ihre Eier oder Embryonen wahrscheinlich grösser und schöner oder ihre Jungen sowohl im Mutterleibe als später besser ernährt werden. Wir sehen Illustrationen dieses Princips bei Pflanzen; diejenigen, welche eine ungeheure Anzahl von Samen produciren, bringen nur kleine hervor, während diejenigen, welche vergleichsweise wenig Samen tragen,
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Cap. 8.
Zahleiiverhältnisse der Geschlechter.
285
oft grosse mit Nahrungsstoff zum Gebrauche des jungen Sämlings gut versorgte Samen hervorbringen73. Es werden daher die Nachkommen derjenigen Eltern, welche am wenigsten Kraft auf die Erzeugung überzähliger Männchen verschwendet haben, die grösste Wahrscheinlichkeit haben, leben zu bleiben, und werden dieselbe Neigung, keine überzählige Männchen zu produciren, erben, während sie doch in Bezug auf die Erzeugung von AVeibchen ihre volle Fruchtbarkeit bewahren. Dasselbe würde auch im umgekehrten Falle mit den AVeibchen eintreten. Irgend ein unbedeutender Ueberschuss eines der beiden Geschlechter wird indessen kaum in einer so indirecten Weise gehemmt werden können. Auch ist factisch eine beträchtliche Ungleichheit zwischen den Geschlechtern nicht immer verhindert worden, wie wir an den in der vorstehenden Erörterung gegebenen Beispielen gesehen haben. In diesen Fällen sind die unbekannten Ursachen, welche das Geschlecht des Embryo bestimmen und welche unter gewissen Bedingungen zur Hervorbringung eines Ueberscliusses des einen Geschlechts über das andere führen, nicht durch das Ueberleben derjenigen Varietäten überwunden worden, welche dem geringsten Verschwenden organischer Substanz und organischer Kraft durch Erzeugung überzähliger Individuen des einen Geschlechts ausgesetzt waren. Nichtsdestoweniger können wir schliessen, dass die natürliche Zuchtwahl, zwar zuweilen wirkungslos, die relativen Zahlen der beiden Geschlechter auszugleichen bestrebt sein wird.
Nachdem ich so viel über die Ausgleichung der beiden Geschlechter gesagt habe, dürfte es nicht unzweckmässig sein, ein paar Bemerkungen über die Regulirnng der gewöhnlichen Fruchtbarkeit der Species durch natürliche Zuchtwahl hinzuzufügen. In einer eingehenden Erörterung hat Mr. Herbert Spencer gezeigt74, dass bei allen Organismen ein Verhältniss zwischen den beiden Momenten besteht, welche er Indivi-duation und Genesis nennt; daraus folgt, dass Wesen, welche in ihrem Wachsthume, complicirten Baue oder in ihren Lebensthätigkeiten viel Substanz oder Kraft verbrauchen, oder welche Eier und Embryonen von bedeutender Grösse erzeugen oder welche viel Lebenskraft auf die Ernährung ihrer Jungen verwenden, nicht so produetiv sein können, als
,s Mir ist oft die Thatsache aufgefallen, dass hei mehreren Species von Primula die Samen in denjenigen Kapseln, welche nur einige wenige Körner enthielten, sehr bedeutend grösser waren, als die zahlreichen Samen in den produc-tiveren Kapseln.
,J Principles of Biology. Vol. II, 1SG7, Cap. II—XI.
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28G
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Thcil.
Wesen einer entgegengesetzten Natur. Mr. Spencer zeigt ferner, dass unbedeutendere Verschiedenheiten in der Fruchtbarkeit durch natürliche Zuchtwahl regulirt werden. So wird die Fruchtbarkeit einer jeden Art sich zu vergrössern streben, da die fruchtbareren Paare eine grössere Zahl von Nachkommen hervorbringen; und diese wiederum werden schon ihrer Zahl wegen die grösste Wahrscheinlichkeit für sich haben, leben zu bleiben, und werden ihre Neigung zur grösseren Fruchtbarkeit vererben. Das einzige Hemmniss für eine beständige Zunahme der Fruclitljarkeit bei allen Organismen scheint entweder in dem Aufwände von mehr Lebenskraft und den grösseren Gefahren zu liegen, denen Eltern, welche eine zahlreichere Nachkommenschaft erzeugen, ausgesetzt sind, oder in dem Umstände, dass die Erzeugung sehr zahlreicher Eier uud Jungen mit ihrer geringeren Grösse und geringeren Lebenskraft oder später mit ihrer weniger guten Ernährung zusammenfällt. Iu jedem einzelnen Falle genau abzuwägen, wie gross die Nachtheile einer Erzeugung zahlreicher Nachkommen für eine Art und wie gross die Vortheile sind (wie z. B., dass wenigstens einige Individuen verschiedenartigen Gefahren entgehen werden), liegt völlig jenseits unseres Beurtheilungs-vermögens.
Wie die Fruchtbarkeit eines Organismus, wenn er einmal äusserst fruchtbar gemacht worden ist, durch natürliche Zuchtwahl verringert werden kann, ist nicht so deutlich zu verstehen als wie diese Eigenschaft zuerst erlangt wurde. Und doch liegt auf der Hand, dass, wenn die Individuen einer Species in Folge der Abnahme ihrer natürlichen Feinde beständig in grösserer Zahl aufgezogen würden, als sich zu erhalten im Stande wären, sie sämmtlich leiden würden. Nichtsdestoweniger würden die Nachkommen der weniger fruchtbaren Eltern keinen directen Vortheil über die Nachkommen der fruchtbareren Eltern voraus haben, wenn alle in einem und demselben Bezirke durch einander gemengt lebten. Sämmtliche Individuen würden versuchen, sich gegenseitig einander auszuhungern. Allerdings würden die Nachkommen der weniger fruchtbaren Eltern unter einem grossen Nachtheile zu leiden haben; denn schon nach der einfachen Thatsache', dass sie in geringerer Zahl erzeugt sind, wrerden sie einer Ausrottung am meisten ausgesetzt sein. Indirect indessen werden sie an einem grossen Vortheile Theil haben; denn unter der vorausgesetzten Bedingung starker Concurrenz, wo sämmtliche Individuen in Noth um Nahrung sind, ist es äusserst wahrscheinlich, dass diejenigen Individuen, welche iu Folge irgend einer Abäude-
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Cap. 8. Zahlenverhältnissc der Geschlechter. 287
mag ihrer Constitution weniger Eier oder Junge hervorbringen, diese von besonderer Grösse oder Lebenskraft hervorbringen werden; und die aus solchen Eiern erzogenen oder aus solchen Jungen erwachsenen reifen Individuen werden offenbar die grösste Wahrscheinlichkeit haben, leben zu bleiben und werden eine Neigung zu verminderter Fruchtbarkeit vererben. Ueberdies werden die Eltern, welche weniger Nachkommen zu ernähren und zu versorgen hatten, selbst einem weniger harten Stande im Kampfe nm's Dasein ausgesetzt sein und mit grösserer Wahrscheinlichkeit andere Formen überleben. Tn dieser Weise, und soweit ich es übersehen kann in keiner andern, wird unter den oben genannten Bedingungen einer scharfen Coucurrenz um Nahrung die natürliche Zuchtwahl zur Bildung einer neuen weniger fruchtbaren, aber besser als die elterliche Kasse zum Ueberlebenbleibeii ausgestatteten Rasse führen.
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Neuntes Capitel.
Secundäre Sexiialcliaractere in den niederen Classen des Thierreichs.
Derartige Charactere fehlen in den niedersten Classen. — Glänzende Farben. — Mollusken. — Anneliden. — Crustaceen, secundäre Sexualcharactere hier stark entwickelt; Dimorphismus; Farbe; Charactere, welche nicht vor der Keife erlangt werden. — Spinnen, Geschlechtsfarben derselben; Stridulation der Männchen. — Myriapoden.
In den niedersten Classen des Thierreichs sind die beiden Geschlechter nicht selten in einem und demselben Individuum vereinigt und in Folge hiervon können secundäre Sexualcharactere nicht entwickelt werden. In vielen Fällen, wo die beiden Geschlechter getrennt sind, sind die einzelnen verschiedeiigeschlechtlichen Individuen an irgend eine Unterlage dauernd befestigt, so dass das eine nicht das andere suchen oder um dasselbe kämpfen kann. Ueberdies ist es beinahe sicher, dass diese Thiere zu unvollkommene Sinne und viel zu niedrige Geisteskräfte haben, um gegenseitig die Mitwerbung zu empfinden oder die Schönheit und andere Anziehungspunkte des andern Geschlechts zu würdigen.
In so niedrigen Classen wie den Protozoen, Coelenterateu, Echi-nodermen und Scoleciden kommen daher echte secundäre Sexualcharactere nicht vor; und diese Thatsache stimmt zu der Annahme, dass derartige Charactere in den höheren Classen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, welche von dem Willen, den Begierden und der Wahl der beiden Geschlechter abhängt. Nichtsdestoweniger kommen dem Anscheine nach einige wenige Ausnahmen vor: so höre ich z. B. von Dr. Baird, dass die Männchen gewisser Eingeweidewürmer vor den Weibchen unbedeutend in der Färbung abweichen. Wir haben aber keinen Grund zu der Vermuthung, dass derartige Verschiedenheiten durch geschlechtliche Zuchtwahl gehäuft worden seien.
Viele von den niederen Thieren, mögen sie hermaphroditisch oder
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Cap. 9. Polypen und Medusen. 289
getrenntgeschleehtlich sein, sind mit den glänzendsten Farbentönen geziert oder in einer eleganten Art und Weise sehattirt oder gestreift. Dies ist der Fall mit vielen Corallen und See-Anemonen (Ariimae), mit einigen Quallen (Medusae, Porpila u. s. w.), mit manchen Planarien, Ascidien, zahlreichen Seesternen, Seeigeln u. s. w.; wir können aber aus den bereits angeführten Gründen, nämlich aus der Vereinigung der beiden Geschlechter bei einigen dieser Thiere, dem dauernd festgehefteten Zustande anderer und den niedrigen Geisteskräften aller, schliessen, dass solche Farben nicht als geschlechtliche Anziehungsreize dienen und nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Bei den höheren Thieren liegt die Sache sehr verschieden; denn wenn bei diesen das eine Geschlecht glänzender oder auffallender gefärbt ist als das andere und wenn keine Verschiedenheit in den Lebensgewohnheiten der beiden Geschlechter besteht, welche diese Abweichungen erklären könnte, so haben wir Grund, an den Einfluss der geschlechtlichen Zuchtwahl zu glauben; diese Annahme wird auch dadurch noch kräftig unterstützt, dass die bedeutender verzierten Individuen, welches fast immer die Männchen sind, ihre ßeize vor dem andern Geschleehte entfalten. Sind beide Geschlechter glcieh gefärbt, so können wir diese Folgerung auch auf beide Geschlechter in dem Falle ausdehnen, dass ihre Färbung derjenigen des in gewissen andern Species derselben Gruppe allein so gefärbten Geschlechts offenbar analog ist.
Wie haben wir denn nun die schönen oder selbst prachtvollen Farben vieler Thiere der niedersten Classen zu erklären ? Es erscheint sehr zweifelhaft, ob derartige Färbungen gewöhnlich zum Schutze dienen; doch sind wir in Hinsicht auf Merkmale aller Arten, sobald wir sie zu einem Schutze in Beziehung bringen wollen, äusserst leicht einem Irrthum unterworfen, wie jeder zugeben wird, welcher Mr. Wallace's ausgezeichnete Abhandlung über diesen Gegenstand gelesen hat. Es würde z. B. auf den ersten Blick wohl Niemanden der Gedanke kommen, dass die vollkommene Durchsichtigkeit der Quallen oder Medusen von dem höchsten Nutzen für sie als ein Schutzmittel sei; wenn wir aber von Häckel daran erinnert werden, dass nicht bloss die Medusen, sondern auch viele oceanisehe Mollusken, Crustaceen und selbst kleine oceanische Fische dieselbe glasähnliche Beschaffenheit darbieten, so können wir kaum daran zweifeln, dass sie durch dieselbe der Aufmerksamkeit pelagiseher Vögel und anderer Feinde entgehen.
Trotz unserer Unwissenheit darüber, wie weit in diesen Fällen die
DAltwis, Abstammung. I. Zweite Auflage. 19
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Färbung zum Schutze dient, scheint doch die wahrscheinlichste Ansicht mit Rücksicht auf die prachtvollen Tinten vieler der niedrigsten Thicre die zu sein, dass deren Farben das directe Resultat entweder der chemischen Beschaffenheit oder der feineren Structur ihrer Körpergewebe sind und zwar unabhängig von irgend einem daraus fliessenden Vor-theile. Kaum irgend eine Farbe ist schöner als das arterielle Blut; es ist aber kein Grund vorhanden zu vermuthen, dass die Farbe des Blutes au sich irgend ein Vortheil sei; und wenn sie auch dazu beiträgt, die Schönheit der Wangen eines Mädchens zu erhöhen, so wird doch Niemand behaupten wollen, dass sie zu diesem Zwecke erlangt worden sei. So ist ferner bei vielen Tbieren, und besonders bei den niederen, die Galle intensiv gefärbt; in dieser Weise ist z. B. die ausserordentliche Schönheit der Eoliden (nackter Seeschnecken), wie mir Dr. Hancock rnit-gethcilt hat, hauptsächlich eine Folge der durch die durchscheinenden Hautbedeckungen hindurch gesehenen Gallendrüsen; und wahrscheinlich ist diese Schönheit von keinem Nutzen für diese Thiere. Die Färbungen der absterbenden Blätter in einem amerikanischen Walde werden von Allen, die sie gesehen haben, als prachtvoll beschrieben; und doch nimmt Niemand an, dass diese Färbungen für die Bäume von dem allergeringsten Nutzen sind. Erinnert man sich daran, wie viele Substanzen neuerlich von Chemikern gebildet worden sind, welche natürlichen organischen Verbindungen äusserst analog sind und welche die prachtvollsten Farben darbieten, so müssten wir es doch für eine befremdende Thatsache erklären, wenn nicht ähnlich gefärbte Substanzen oft auch unabhängig von einem dadurch erreichten nützlichen Zwecke in dem complicirteii Laboratorium der lebenden Organismen entstanden wären.
Unterreich der Mollusken. — Durch diese ganze grosse Abtheilung des Thierreichs (in ihrer weitesten Bedeutung genommen) kommen seeundäre Sexualcharactere, solche wie wir sie hier betrachten, so weit ich es ausfindig machen kann, nirgends vor. Tu den drei niedrigsten Classen, nämlich den Ascidicn, Bryozoen und Brachio-poden (die Molluscoiden Huxley's bildend) wären solche auch nicht zu erwarten gewesen, denn die meisten der hierher gehörigen Thiere sind beständig an irgend eine Unterlage befestigt oder haben die Geschlechter in einem und demselben Individuum vereinigt. Bei den Lamelli-branchiern, oder den zweischaligen Muscheln, ist Hermaphroditismus
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nicht selten. In der nächst höheren Classe, der der Gasteropoden oder einschaligen Schnecken, sind die Geschlechter entweder vereint oder getrennt. In diesem letzteren Falle aber besitzen die Männchen niemals specielle Organe zum Finden, Festhalten oder Reizen der Weibchen oder zum Kämpfen mit andern Männchen. Die einzige äusserliche Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern bestellt, wie mir Mr. Gwyn Jeffkeys mittheilt, darin, dass die Schalen zuweilen ein wenig in der Form abweichen; so ist z. B. die Schale der gemeinen Strandschnecke (Littorina littorea) beim Männchen etwas schmäler und hat eine etwas verlängertem Spindel als die des Weibchens. Aber Verschiedenheiten dieser Art stellen, wie wohl vermuthet werden kann, direct im Zusammenhang mit dem Acte der Reproduction oder mit der Entwickelung der Eier. Wenn auch die Gasteropoden einer Ortsbewegung fähig und mit unvollkommenen Augen versehen sind, so sclieinen sie doch nicht mit hinreichenden geistigen Kräften ausgerüstet zu sein, um den Individuen eines und desselben Geschlechts einen Kampf der Nebenbuhlerschaft zu gestatten und dadurch secundäre Sexualcharactere erlangen zu lassen. Nichtsdestoweniger geht bei den lungenathmenden Gasteropoden oder Landschnecken der Paarung eine Werbung voraus; denn wenn diese Thiere auch Hermaphroditen sind, so sind sie doch durch ihre Struktur gezwungen, sich zu paaren. Agassiz bemerkt': nQweouque „a eu l'occasion d'obserrcr les amours des limagons, ne saurail mellre „en doute la sedueüon deployie dans les mouvements et les allures nqui preparent et accomplissenl le double embrassentent de ces herma-„phrodiles." Es sclieinen diese Thiere eines geringen Grades dauernder Anhänglichkeit fähig zu sein. Ein sorgfältiger Beobachter, Mr. Lons-dale, theilt mir mit, dass er einmal ein Paar Landschnecken (Helix pomatia), von denen die eine schwächlich war, in einen kleinen und schlecht versorgten Garten gethan habe. Nach einer kurzen Zeit war das kräftige und gesunde Individuum verschwunden und konnte nach der schleimigen Spur, die es hinterlassen hatte, über die Mauer in einen benachbarten gut versorgten Garten verfolgt werden. Mr. Lonsdale folgerte daraus, dass es seinen kränklichen Genossen verlassen habe; aber nach einer Abwesenheit von vierundzwanzig Stunden kehrte es zurück und theilte offenbar das Resultat seiner erfolgreichen Entdeckungsreise seinem Gefährten mit, denn beide machten sich nun auf denselben Weg und verschwanden über die Mauer.
J De l'Espece et de la Classific. etc. 18G9, p. 10G.
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Selbst in der höchsten Classe der Mollusken, der der Cephalopodcn oder der Tintenfische, bei welchen die Geschlechter getrennt sind, kommen seeundäre Sexualckaractere von der Art, welche wir liier betrachten, so viel ich sehen kann, nicht vor. Dieser Umstand überrascht wohl allerdings, da diese Thiere hoch entwickelte Sinnesorgane besitzen und auch beträchtlich ausgebildete geistige Kräfte haben, wie alle die zugeben werden, welche die kunstvollen Bestrebungen dieser Thiere, ihren Feinden zu entgehen, beobachtet haben -. Gewisse Ceplialopoden sind indessen durch ein ausserordentliches Geschlechtsmerkmal cliarac-terisirt: das männliche Sexualelement wird nämlich bei diesen in einem der Arme oder Tentakeln angesammelt, welcher dann abgeworfen wird und, sich mit seinen Saugnäpfen an den "Weibchen festhaltend, eine Zeit lang ein selbständiges Leben führt. Dieser abgeworfene Arm ist einem besondern Thiere so vollständig ähnlich, dass er von Cüvier als parasitischer Wurm, Hcctocotylus, beschrieben wurde. Diese wunderbare Bildung dürfte aber eher als ein primärer denn als ein seeun-därer Geschlechtscharacter bezeichnet werden.
Obgleich nun bei den Mollusken geschlechtliche Zuchtwahl nicht in's Spiel gekommen zu sein scheint, so sind doch viele einschalige Schnecken und zweischalige Muscheln, wie Voluten, Conus, Pilgrim-muscheln u. s. w. schön gefärbt und geformt. Die Farben sind dem Anscheine nach in den meisten Fällen von keinem Kiitzen als Schutzmittel; sie sind wahrscheinlich wie in den niedrigsten Classen das di-recte Kesultat der Beschaffenheit der Gewebe; und die Formen und die Sculptur der Schale hängt von der Art und Weise ihres Wachsthums ab. Die Menge von Licht scheint bis zu einem gewissen Maasse von Einfluss zu sein; denn obgleich, wie mir Mr. Gwyn Jeffreys wiederholt bestätigt hat, die Schalen mancher in grösster Tiefe lebender Arten glänzend gefärbt sind, so sehen wir doch im Allgemeinen, dass die untern Schalenflächen und die vom Mantel bedeckten Theile weniger hell gefärbt sind, als die obern und dem Lichte ausgesetzten Flächen 3. In manchen Fällen, wie bei Schalthieren, welche mitten unter Corallen
2 s. z. B. den Bericht, welchen ich in meinem Journal of Reseavches, 1845, p. 7 gegeben habe.
3 Ich habe ein merkwürdiges Beispiel vom Einfluss des Lichts auf die Färbung einer sich verzweigenden Incrustation gegeben (Geolog. Observations on Volcanic Islands. 1844, p. 53.) Dieselbe war vom Wellenschlag an den Uferklippen der Insel Ascension abgelagert worden und war gebildet aus der Lösung zerriebener Muschelschalen.
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oder hell gefärbten Meerpflanzen leben, dürften die hellen Farben als Schutzmittel dienen. Aber viele der Nudibranchier oder nackten See-schnecken sind ebenso schön gefärbt wie irgendwelche Schneckenschalen, wie in dem prachtvollen Werke der Herren Aldee und Hancock nachgesehen werden kann; und nach einer mir freundlichst von Mr. Hancock gemachten Mittheilung ist es äusserst zweifelhaft, ob diese Farben gewöhnlich den Thieren zum Schutze dienen. Bei einigen Arten mag dies wohl der Fall sein, wie bei einer, welche auf den grünen Blättern von Algen lebt und selbst schön grün gefärbt ist. Aber viele hellgefärbte, weisse oder in anderer Weise auffallende Specics suchen kein Versteck; während andererseits gleichmässig auffallende Species, ebenso wie andero düster gefärbte Arten unter Steinen und in dunklen Höhlungen leben. Offenbar steht daher bei diesen nudibranchen Mollusken die Färbung in keiner innigen Beziehung zu der Beschaffenheit der Oert-lichkeiten, welche sie bewohnen.
Diese nackten Seeschnecken sind Hermaphroditen; trotzdem paaren sie sich aber, wie es auch die Landsclmecken thun, von denen viele ausserordentlich nette Schalen besitzen. Es wäre wohl denkbar, dass zwei Hermaphroditen, gegenseitig durch die bedeutendere Schönheit angezogen, sich verbinden und Nachkommen hinterlassen könnten, welche die grössere Schönlieit ihrer Eltern erben würden. Aber bei so niedrig orgauisirten Wesen ist dies ausserordentlich unwahrscheinlich. Es springt auch durchaus nicht sofort in die Augen, warum die Nachkommen der schöneren Paare von Hermaphroditen über die Nachkommen der weniger schönen irgendwelchen Vortheil von der Art haben sollten, dass sie nun an Zahl zunähmen, wenn nicht Lebenskraft und Schönheit allerdings allgemein zusammenfielen. Wrir haben liier nicht einen solchen Fall vor uns, wo die Männchen früher als die Wreibchen reif werden und die schöneren Männchen dann von den lebenskräftigeren Weibchen ausgewählt werden. Allerdings wenn brillante Farben für ein hermaphroditisches Thier in Bezug auf seine allgemeinen Lebensgewohnheiten wohlthätig wären, würden auch die lebendiger gefärbten Individuen am besten fortkommen und an Zahl zunehmen; dies wäre aber dann ein Fall von natürlicher und nicht von geschlechtlicher Zuchtwahl.
Unterreich der. Würmer: Classe der Anneliden (oder Ringel würmer). — Obgleich in dieser Classe die beiden Geschlechter, wenn sie getrennt sind, zuweilen in Merkmalen von solcher Bedeutung
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von einander verschieden sind, dass sie in verschiedene Gattungen oder selbst Familien gebracht worden sind, so scheinen die Verschiedenheiten doch nicht von der Art zu sein, dass man sie mit Sicherheit der geschlechtlichen Zuchtwahl zuschreiben könnte. Es stehen diese Thiere, wie diejenigen der vorhin erwähnten Classen, dem Anscheine nach zu tief auf der Stufenleiter, als dass man annehmen könnte, die beiden Geschlechter Hessen irgend eine Wahl eintreten, um einen Genossen zu erlangen, oder die Individuen eines und desselben Geschlechts wären im Stande, mit ihren Nebenbuhlern zu kämpfen.
Unterreich der Arthropoden; Classe: Crustaceen. — In dieser grossen Classe begegnen wir zuerst unzweifelhaften seeundären Sexualcharacteren, welche oft in einer merkwürdigen Weise entwickelt sind. Unglücklicherweise ist die Lebensweise der Crustaceen sehr unvollkommen bekannt und wir können daher den Gebrauch vieler, nur dem einen Geschlechte eigenthümlichen Structurverhältnisse nicht erklären. Bei den niedrigen parasitischen Species sind die Männchen von geringer Grösse und nur sie allein sind mit vollkommenen Schwimm-füssen, Antennen und Sinnesorganen versehen. Die Weibchen entbehren dieser Organe und ihr Körper besteht oft nur aus einer unförmlichen, sackartigen Masse. Diese ausserordentlichen Verschiedenheiten zwischen den beiden Geschlechtern stehen aber ohne Zweifel in Beziehung zu ihrer so sehr von einander abweichenden Lebensweise und berühren uns in Folge dessen hier nicht. Bei verschiedenen, zu verschiedenen Familien gehörigen Crustaceen sind die vordem Antennen mit eigenthümlichen fadenförmigen Körpern versehen, von denen man glaubt, dass sie als Geruchsorgane fnngiren; und diese sind bei den Mäimchen bedeutend zahlreicher als bei den Weibchen. Da die Männchen schon ohne eine ungewöhnliche EntWickelung ihrer Geruchsorgane beinahe mit Sicherheit früher oder später im Stande sein würden die Weibchen zu finden, so ist die bedeutendere Anzahl der Kiechfäden wahrscheinlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden, und zwar dadurch, dass die besser damit ausgerüsteten Männchen bei dem Finden von Genossinnen und dem Hinterlassen von Nachkommenschaft am erfolgreichsten gewesen sind. Fritz Müller hat eine merkwürdige dimorphe Species von Tanais beschrieben, bei welcher das Männchen durch zwei distinete Formen.repräsentirt wird, welche niemals in einander übergehen. Bei der einen Form ist das Männchen mit zahlreicheren Riechfädeu, bei der
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Ca]), y. Secnndäre Sexnalcliaractere der Crnstaceen. 295
andern mit kräftigeren und verlängerteren Chelae oder Scheeren versehen, welche dazu dienen, das Weibchen festzuhalten. Fritz Müller vermuthet, dass diese Verschiedenheiten zwischen den beiden männlichen Formen einer und derselben Species dadurch entstanden sein müssen, dass gewisse Individuen in der Anzahl ihrer Eiechfäden variirt haben, während bei andern Individuen die Form und die Grösse ihrer Scheeren variirt habe; so dass von den ersteren diejenigen, welche am besten im Stande waren, die Weibchen zu finden, und von den letzteren diejenigen, welche am besten im Stande waren das Weibchen sobald sie es gefunden hatten festzuhalten, die grössere Anzahl von Nachkommen hinterlassen haben, um ihre beziehent-lichen Vortheile zu erben 4.
Bei einigen der niederen Crnstaceen weicht die rechte vordere Antenne des Männchens in ihrer Strnctur bedeutend von der der linken Seite ab, wobei die letztere in ihren einfachen spitz auslaufenden Gliedern den Antennen des Weibchen ähnlich ist. Beim Männchen ist die modificirte Antenne ent-Avcder in der Mitte geschwollen oder winklig gebogen oder (Fig. 3) in ein elegantes und zuweilen wunderbar complicirtes Greiforgan verwandelt5. Wie ich von Sir J. Lubbock höre, dient es dazu, das Weibchen festzuhalten; und zu demselben Zwecke ist einer der beiden hinteren Füsse (b) auf derselben Seite des Körpers in eine Scheere verwandelt. Bei einer andern Familie sind die unteren oder hinteren Antennen nur bei den Männchen „in merkwürdiger Weise zickzackförmig gebildet."
Bei den höheren Crnstaceen bilden die vordem Füsse ein Paar Zangen oder Scheeren und diese sind allgemein beim Männchen grösser als beim
Fig-, 3. Labidocera Vanci-mi (nach Lubbock).
a) Theü der vordem rechten Antenne des Männchens , ein Greiforgan bildend;
b) hinteres Paar der Tho-raxfüsse des Männchens;
c) dasselbe vom "Weibchen.
4 „Für Darwin." Leipzig, 1864, S. 15. s. die vorausgehende Erörterung über die Riechfaden. Sars hat einen einigermaassen analogen Fall bei einem Norwegischen Kruster, der Pontoporela affhü-% beschrieben, s. das Citat in „Na-tnre", 1870, p. 455.
5 s. Sir J. Lubbock in: Ann. and Magaz. of Nat. Hist. Vol. XL 1S53. PL I. und X. und Vol. XII (1853) PI. VII. s. auch Lubbock in: Transact. Ento-mol. Soc. New Ser. Vol. IV. 1850—58, p. 8. In Bezug auf die oben erwähnten zickzackförmigen Antennen s. Fritz Müller, Für Darwin. S. 27, Amn. 1.
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II. The iL
"Weibchen. Bei vielen Species sind die Scheeren auf den entgegengesetzten Seiten des Körpers von ungleicher Grösse, wobei, wie mir Mr. C. Spence Bäte mittheilt, die der rechten Seite meistens, wenn auch nicht unabänderlich, die grössten sind. Diese Ungleichheit ist oft beim Männchen viel bedeutender als beim Weibchen. Auch weichen die beiden Scheeren oft
Fig. i. Yordertheil des Körpers von CalUanassa (nach Milm-Edwards), die ungleich und vorschieden gebildeten Scheeren der rechten und linken Seite vom Männchen zeigend. NB. Durch Versehen des Zeichners ist die linke Scheere die grösste geworden; [die Zeichnung ist ohne Spiegel auf Holz übertragen worden].
Fig. 5. Fig. 6.
Fig. 5. Fuss des zweiten Paares von der männlichen Orchestia Tucuratinga (nach F ritz Müller). Fig. 6. Dasselbe vom AVeibehen.
in ihrer Structur von einander ah (Fig. 4, 5 und 6), wobei die kleineren denen des Weibchens ähnlich sind. Was für ein Vortlieil durch die Ungleichheit dieser Organe auf den gegenüberliegenden Seiten des Körpers und dadurch erlangt wird, dass die Ungleichheit beim Männchen viel bedeutender ist als beim Weibchen; und warum sie, auch wenn sie von gleicher Grösse sind, oft beide beim Männchen viel grösser sind als beim Weibchen, ist unbekannt. Die Scheeren sind zuweilen von solcher Länge und Grösse, dass sie, wie ich von Mr. Spexce Bäte höre, unmöglich dazu benutzt werden können, Nahrung zum Munde zu führen. Bei den Männchen gewisser Süsswasser-Garneeleu (Pulaemon)
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ist der rechte Fuss factisch länger als der ganze Körper6. Es ist wahrscheinlich, dass die bedeutende Grösse des einen Fusses und seiner Scheere dem Männchen bei seinem Kampfe mit seinen Nebenbuhlern hilft; dieser Gebrauch kann aber die Ungleichheit dieser Theile auf den entgegengesetzten Seiten des Körpers des Weibchens nicht erklären. Nach einer von Milne-Edwards mitgetheilten Angabe7 leben bei der Gattung Gelasimus Männchen und Weibchen in einer und derselben Höhle, was der Beachtung werth ist, da es zeigt, dass sie sich paaren; das Männchen verschliesst die Oeffining der Höhle mit einer seiner beiden Scheeren, welche enorm entwickelt ist, so dass sie hier indirect als Vertheidigimgsmittel dient. Ihr hauptsächlichster Nutzen besteht indessen wahrscheinlich darin, das AVeibchen zu ergreifen und festzuhalten und dies ist in einigen Beispielen, wie bei G-ammarus, bekanntlich der Fall. Indessen vereinigen sich, wie mir Mr. Spence Bäte mittheilt, bei der gemeinen Uferkrabbo (Carduus maenas) die Geschlechter di-rect, nachdem das Weibchen seine harte Schale abgestossen hat, wo es so weich ist, dass es verletzt werden würde, wrenn es das Männchen mit seinen kräftigen Scheeren ergriffe; es wird aber vom Männchen schon vor dem Acte der Häutung gefangen und herumgeschleppt, wo es eben ohne Gefahr ergriffen werden kann.
Fritz Müller führt an, dass gewisse Arten von Melila von allen andern Amphipoden durch eine Eigenthümlichkeit der Weibchen unterschieden sind; nämlich „die Hüftblätter des vorletzten Fusspaares sind „in hakenförmige Fortsätze ausgezogen, an die sich das Männchen mit „den Händen des ersten Fusspaares festklammert." Die Entwickelung dieser hakenförmigen Fortsätze ist wahrscheinlich das Resultat des Um-standes, dass diejenigen Weibchen, welche während des Reproductions-actes am sichersten gehalten wurden, die grösste Anzahl von Nachkommen hinterlassen haben. Fritz Müller beschreibt noch einen andern Brasilianischen Amphipoden (Orchestia Darwinii, Fig. 7), welcher ähnlich wie Tanais einen Fall von Dimorphismus darbietet; es finden sich hier nämlich zwei männliche Formen, welche in der Structur ihrer Scheeren von einander abweichen 8. Da Scheeren einer der beiden Formen ganz
6 s. einen Aufsatz von C. Spence Bat e mit Abbildungen in: Proceed. Zool. Soc. 18G8, p. 363 und über die Nomenclatur der Gattung ebenda p. 585. Ich bin Herrn Spence Bäte für fast alle die oben erwähnten Angaben in Bezug auf die Scheeren der höheren Crustaceen ausserordentlich verbunden.
; Histoire natnr. des Crustac. Tom. II. 1837, p. 50.
s Fritz Müller, Für Darwin. S. IG—18.
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II. Thcil.
entschieden zum Festhalten der Weibchen hingereicht haben würden, — denn beide Formen werden ja jetzt zu diesem Zwecke benutzt, —
l'i£. 7. Orchrstia Darnunii (narh F r i t 7. Müller), die verschieden gebildeten Soheeren der beiden männlichen Formen zeigend.
so entstanden die beiden männlichen Formen wahrscheinlich dadurch, dass einige in der einen, andere in einer andern Art und Weise variir-ten, wobei beide Formen aus der verschiedenen Gestalt ihrer Organe gewisse specielle, aber beinahe gleiche Vortheile erlangten.
Es ist nicht bekannt, dass männliche Crustaceen um den Besitz der Weibchen mit einander kämpfen, doch ist dies wahrscheinlich; denn es gilt für die meisten Thiero, dass, wenn das Männchen grösser ist als das Weibchen, ersteres seine bedeutende Grösse dadurch erlangt hat, dass es viele Generationen hindurch andere Männchen besiegt hat. Nun thoilt mir Mr. Spence Bäte mit, dass in den meisten Ordnungen der Crustaceen und besonders in der höchsten, der der Brachyuren, das
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Männchen grösser als das Weibchen ist; dabei müssen indessen die parasitischen Gattungen, wo die beiden Geschlechter verschiedene Lebensweisen haben, und die meisten Entomostraken ausgenommen werden. Die Scheeren vieler Crustaceen sind Waffen, welche für einen Kampf wohl geeignet sind. So sah ein Sohn des Mr. Spence Bäte, wie eine Krabbe, Portunus puber, mit einer andern, Carduus maenas kämpfte, wobei es nicht lange dauerte, bis die letztere auf den Rücken geworfen und ein Bein nach dem andern vom Körper losgerissen wurde. Wenn mehrere Männchen eines Brasilianischen Gelasimus, einer mit ungeheuren Scheeren versehenen Art, von Fiutz Müller zusammen in ein Glasgefäss gethan wurden, so verstümmelten und tödteten sie sich gegenseitig. Mr. Bäte brachte ein grosses Männchen von Carduus maenas "in einen Trog mit Wasser, welchen bereits ein Weibchen bewohnte, das sich mit einem kleineren Männchen verbunden hatte; das letztere wurde sehr bald aus dem Besitze vertrieben. Mr. Bäte fügt aber hinzu: „wenn sie um den Besitz kämpften, so war der Sieg ein unblutiger; denn ich sah keine Wunden." Derselbe Naturforscher trennte einen männlichen Sandlnipfer, Gammarus maiimis, der so gemein an den Englischen Küsten ist, von seinem Weibchen; beide wurden in einem und demselben Gefässe mit vielen andern Individuen derselben Species in Gefangenschaft gehalten. Das hierdurch geschiedene Weibchen begab sich wieder in die Gesellschaft seiner Kameraden. Nach einiger Zeit wurde das Männchen wiederum in dasselbe Gefäss gebracht, und nachdem es eine Zeit lang herumgeschwommen war, stürzte es sich mitten in die Menge und holte sich sofort ohne irgend einen Kampf sein Weibchen wieder. Diese Thatsache beweist, dass bei den Amphi-poden, einer in der Stnfenreihe so tief stehenden Ordnung, die Männchen und Weibchen einander erkennen und eine gegenseitige Anhänglichkeit besitzen.
f??<? Di0 geistigen Fähigkeiten der Crustaceen sind wahrscheinlich höher, als man erwarten zu können meint. Jeder, der versucht hat, eine der Uferkrabben, welche an vielen tropischen Küsten so zahlreich sind, zu fangen, wird wahrgenommen haben, wie schlau und alert sie sind. Es gibt eine grosse Krabbe, Birgits latro. welche sich auf Corallen-Inscln findet und sich auf dein Grunde einer tiefen Grube ein dickes Bett aus den abgezupften Fasern der Cocosnuss baut. Sie nährt sich von den abgefallenen Früchten des Cocosbaumes, indem sie die Schale, Faser für Faser, abreisst; und stets beginnt sie an dem Ende der Frucht, wo
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II. Theil.
sich die drei augenähnlichen Vertiefungen finden. Dann beisst sie durch eine von diesen Vertiefungen durch, wobei sie ihre schweren \Torder-scheeren wie einen Hammer benutzt, dreht sich dann herum und holt den eiweissartigen Kern mit ihren schmäleren hinteren Scheeren heraus. Diese Handlungen sind aber wahrscheinlich instinctiv, so dass sie wohl von einem jungen Thiere ebensogut wie von einem alten ausgeführt werden. Den folgenden Fall kann man indessen kaum in dieser Art beurtheilen: ein zuverlässiger Beobachter, Mr. Gabuner9, sah einer Strandkrabbe (Gclasimus) zu, wie sie ihre Grube baute und warf einige Muschelschalen nach der Höhlung hin. Eine davon rollte hinein und drei andere Schalen blieben wenige Zolle von der Oeffnung entfernt liegen. In ungefähr fünf Minuten brachte die Krabbe die Muschel, welche in die Höhle gefallen war, heraus und schleppte sie bis zu einer Entfernung von einem Fuss von der Oeffnung; dann sah sie die drei andern in der Xähe liegen und da sie augenscheinlich dachte, dass diese gleichfalls hinein rollen könnten, schleppte sie auch diese auf die Stelle, wo sie die erste hingebracht hatte. Ich meine es dürfte schwer sein, diese Handlung von einer zu unterscheiden, die der Mensch mit Hülfe der Vernunft ausführt.
Was die Färbung betrifft, welche so oft in den beiden Geschlechtern bei Thieren der höheren Gassen verschieden ist, so kennt Mr. Spence Bäte kein irgend scharf ausgesprochenes Beispiel einer solchen Verschiedenheit bei den Englischen Crustacoen. Indess weichen in einigen Fällen Männchen und Weibchen unbedeutend in der Schattirung ab; doch hält Mr. Bäte diese Verschiedenheit nicht für grösser, als durch die verschiedenen Lebeusgewohnheiten der beiden Geschlechter erklärt werden kann, wie denn das Männchen mehr umherwandert und daher mehr dem Lichte ausgesetzt ist. Bei einer merkwürdigen Krabbe von Bornoo, welche in Schwämmen wohnt, konnte Mr. Bäte stets die Geschlechter dadurch von einander unterscheiden, dass bei dem Männchen die Epidermis nicht so stark abgerieben war. Dr. Power versuchte die Geschlechter der Arten, welche Mauritius bewohnen, nach der Farbe zu unterscheiden, es gelang ihm indessen niemals, mit Ausnahme einer Species von Squilla, wahrscheinlich die S. stytifera; das Männchen derselben wird als „schön bläulich-grün", einige der Anhänge als Idrscliroth beschrieben, während das Weibchen grosse wolkige Flecke
9 Travels in the Interim" of Brazil. 1864, p. 111, Ich habe in meinem Journal of Rescarches eine Schilderung der Lebensweise des Birgus gegeben.
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von Braun und Grau hat und „das Eoth an ihm viel weniger lebhaft „ist als bei dem Männchen" 10. Wir dürfen wohl vernmthen, dass in diesem Falle geschlechtliche Zuchtwahl in Thätigkeit war. Bei Saphi-rina (einer oceanischen Gattung von Entomostraken und daher tief auf der Stufenleiter stehend) sind die Männchen mit sehr kleinen Schildern oder zellenähnlichen Körpern versehen, welche wunderschöne schillernde Farben darbieten; diese Gebilde fehlen bei den Weibchen, und in einem Falle fehlen sie bei beiden Geschlechtern11. Es wäre indessen ausserordentlich voreilig, zu schliessen, dass diese merkwürdigen Organe dazu dienen, bloss die Weibchen anzuziehen. Wie mir Fritz Müller mit-getheilt hat, ist bei den Weibchen einer brasilianischen Art von Ge-tasimus der ganze Körper nahezu gleichförmig gräulich-braun. Beim Männchen ist der hintere Theil des Cephalothorax rein weiss, der vordere Theil dagegen gesättigt grün und in dunkelbraun abschattirend ; dabei ist es merkwürdig, dass diese Farben sich leicht im Laufe nur weniger Minuten verändern, — das Weiss wird schmutziggrau oder selbst schwarz und das Grün „verliert viel von seinem Glänze". Wie es scheint, sind die Männchen viel zahlreicher als die Weibchen. Es verdient noch besondere Beachtung, dass sie ihre glänzenden Farben nicht vor der ßeifezeit erhalten. Auch weichen sie von den Weibchen in der bedeutenderen Grösse ihrer Scheeren ab. Bei einigen Species der Gattung, wahrscheinlich bei allen, paaren sich die Geschlechter und die Paare bewohnen je eine und dieselbe Höhle. Sie sind auch ferner, wie wir gesehen haben, hoch intelligente Thiere. Nach diesen verschiedenen Betrachtungen scheint es in hohem Grade wahrscheinlich zu sein, dass bei dieser Art das Männchen mit muntern Farben verziert worden ist, um das Weibchen anzuziehen oder anzuregen.
Es ist eben angegeben worden, dass der männliche Gelmimm seine auffallenden Farben nicht eher erreicht, als bis er reif und nahezu bereit ist, sich zu paaren. Dies scheint mit den vielen merkwürdigen Verschiedenheiten der Structur zwischen beiden Geschlechtern die allgemeine "Regel in der ganzen Classe zu sein. Wir werden hernach sehen, dass dasselbe Gesetz durch das ganze grosse Unterreich der Wirbel-thiere hindurch herrscht, und in allen Fällen ist es ganz ausserordentlich bezeichnend für Merkmale, welche in Folge geschlechtlicher Zucht-
"' Ch. ;Fraser. in: Proceed. Zoolog. Soc. 18G9, p. 3. Ich verdanke der Freundlichkeit des Herrn Bäte die 3Iittheilimg von Dr. Tower. 11 Clans, die freilebenden Copepoden. 1SG3, S. 35.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
IL Theil.
wähl erlangt worden sind. Fritz Müller 12 gibt einige auffallende Beispiele für dieses Gesetz; so erhält der männliche Sandhüpfer (Or-chestia) seine grossen Zangen, welche von denen des Weibchens sehr verschieden gebildet sind, nicht eher, als bis er fast völlig erwachsen ist; in der Jugend sind seine Zangen denen des Weibchens ähnlich. So besitzt ferner der männliche Brachyseelus, wie alle anderen Am-phipoden, ein Paar hintere Antennen; dem Weibchen aber, und dies ist ein im höchsten Grade merkwürdiger Umstand, fehlt dies und ebenso fehlt es dem Männchen so lange es nicht geschlechtsreif ist.
Classe: Araclinida (Spinnen u. s. w.). — Die Männchen sind oft dunkler, zuweilen indessen heller als die Weibchen, wie man in dem prachtvollen Werke Blackwall's sehen kann 13. In einigen Arten weichen die Geschlechter auffallend von einander in der Färbung ab; so ist das Weihchen von Sparassus smaragdulus mattgrün, während das Männchen ein schön gelbes Abdomen hat mit drei Längsstreifen von gesättigtem Roth. Bei einigen Arten von Tkomisus sind die beiden Geschlechter einander sehr ähnlich; so sind bei Th. cilreus die Füsse und der Körper des Weibchens blass gelb oder grün, während die vorderen Füsse des Männchens röthlich braun sind; bei Th. flori-colens sind die Füsse des Weibchens blassgrün, die des Männchens sind dagegen in einer auffallenden Weise mit verschiedenen Farben geringelt. Zahlreiche analoge Fälle könnten noch angeführt werden aus den Gattungen Epeira, Nephila, Philodromns, Theridion, Linyphia u. s. w. Es ist oft schwer zu sagen, welches der beiden Geschlechter am meisten von der gewöhnlichen Färbung der ganzen Gattung, zu welcher die Species gehört, abweicht; doch glaubt Mr. Blackwall, dass es, einer allgemeinen Regel zu Folge, das Männchen ist. Wie mir derselbe Schriftsteller mittheilt, sind in der Jugend die beiden Geschlechter einander ähnlich; und beide erleiden häufig bedeutende Veränderungen in der Farbe während der aufeinanderfolgenden Häutungen ehe sie zum Reifezustande gelangen. In anderen Fällen scheint nur das Männchen die Farbe zu verändern. So ist das Männchen des vorhin erwähnten glänzend gefärbten Sparassus zuerst dem Weibchen ähnlich und erhält seine ihm eigentümlichen Farben erst wenn es nahezu erwachsen ist. Spinnen
12 „Für Darwin". S. 53.
13 A History of the Spiders of Great Britain. 1861—64. In Bezug auf die oben erwähnten Thatsachen vergl. p. 102, 77, 88.
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Cap. 9. Secundäre Sexualcharactere der Arachniden. 303
besitzen sehr scharfe Sinne und zeigen auch viel Intelligenz. Wie allgemein bekannt ist, zeigen die Weibchen oft die stärkste Affection für ihre Eier, welche sie in ein seidenes Gewebe eingehüllt mit sich herumtragen. Im Ganzen erscheint es wahrscheinlich, dass gut ausgesprochene Verschiedenheiten in der Farbe zwischen den Geschlechtern allgemein das Resultat einer geschlechtlichen Zuchtwahl entweder auf Seite des Männchens oder des Weibchens sind. Man könnte aber wohl in Be-
' zug auf diesen Punkt Zweifel hegen wegen der ausserordentlichen Variabilität der Farbe bei einigen Species, so z. B. bei Therklioii linmhim, bei welcher die Geschlechter, wenn sie erwachsen sind, von einander abweichen; es weist diese grosse Variabilität darauf hin, dass die Farben keiner Form einer Zuchtwahl unterworfen worden sind.
Mr. Blackwall erinuert sich nicht die Männchen irgend einer Art untereinander um den Besitz des Weibchens kämpfen gesehen zu haben. Auch ist dies, nach Analogie zu schliessen, nicht wahrscheinlich. Denn die Männchen sind allgemein viel kleiner als die Weibchen, zuweilen in einem ausserordentlichen Grade 14. Hätten die Männchen die Gewohnheit gehabt, mit einander zu kämpfen, so würden sie wahrscheinlicher Weise allmählich eine bedeutendere Grösse und Kraft erlangt haben. Mr. Blackwall hat zuweilen gesehen, wie auf einem und demselben Gewebe zwei oder noch mehr Männchen mit einem einzigen Weibchen lebten; ihre Liebeswerbung ist aber eine zu langweilige und zu lange dauernde Angelegenheit, um leicht beobachtet zu werden. Das Männchen ist äusserst vorsichtig ehe es weitergeht, da das Weibchen seine Sprödigkeit zu einer gefährlichen Höhe treibt. De Geek sah ein Männchen, welches „mitten in seinen vorbereitenden Liebkosungen von „dem Gegenstande seiner Aufmerksamkeit ergriffen, in eiu Gewebe ein-
„ „gewickelt und dann verzehrt wurde, ein Anblick, welcher ihu, wie er „hinzusetzt, mit Schrecken und Indignation erfüllte" 15.
Westring hat die interessante Entdeckung gemacht, dass die Mämi-
14 Aug. Vinson theilt ein gutes Beispiel von der geringen Grösse des .Männchens bei Epeira nigra mit (Araneides des lies de la Reunion pl. VI, fig. 1 und 2). Wie ich hinzufügen will, ist bei dieser Species das Männchen braun, das Weibchen schwarz mit roth gebänderten Füssen. Andere selbst noch auffallendere Fälle von Ungleichheit der Grösse zwischen beiden Geschlechtern sind mitgetheilt worden in: Quarterly Journal of Science. 18G8. July, p. 429. Ich habe aber die Originalberichte nicht gesellen.
15 Kirby und Spence, Introduction to Entomology. Vol. I. ISIS, p. 280.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
chen mehrerer Arten von Theridion l6 die Fähigkeit haben, einen schwirrenden Laut hervorzubringen (ähnlich dem von vielen Käfern und andern Insecten hervorgebrachten, nur schwächer), während die Weibchen völlig stumm sind. Der Stimmapparat besteht aus einer gesägten Leiste an der Basis des Hinterleibes, gegen welche der harte hintere Theil des Thorax gerieben wird; und von dieser Bildung konnte bei den Weibchen nicht die Spur entdeckt werden. Nach Analogie mit den im nächsten Capitel zu beschreibenden Orthoptern und Homoptorn können wir wohl mit Sicherheit annehmen, dass die Stridulation, wie Westring bemerkt, dazu dient, das. Weibchen entweder zu rufen oder anzuregen; und dies ist, soviel mir bekannt ist, in der aufsteigenden Beihe der thierischen Formen der erste Fall, wo Laute zu diesem Behufe ausgegossen werden.
Classe: Myriapoda. — In keiner der beiden Ordnungen dieser, Skolopeuderu und Tausendfnsse umfassenden Classe kann ich irgendwie scharf ausgesprochene Beispiele von geschlechtlichen Verschiedenheiten finden, wie sie uns hier ganz besonders angehen. Bei Glomeris limbata indessen und vielleicht noch bei einigen wenigen andern Species weichen die Männchen unbedeutend in der Färbung von den Weibchen ab; doch ist diese Glomeris eine äusserst variable Art. Bei den Männchen der Diplopoden sind die, einein der vordem Segmente des Körpers oder auch dem hintern Segmente angehöi'enden Fiisse in Greifhaken verwandelt, welche das Weibchen festzuhalten dienen. Bei einigen Arten von Julus sind die Tarsen des Männchens mit häutigen Saugnäpfen zu demselben Zwecke versehen. Es ist, wie wir bei Besprechung der Insecten sehen werden, ein bei Weitem ungewöhnlicherer Umstand, dass es bei LHhobius das Weibchen ist, welches am Ende des Körpers mit Greifanhängen zum Festhalten des Männchens versehen ist 17.
18 Theridion (Asagena Sund.J serratipes, (ßHtdripunctatttm et guttatnm. s. Westring in: Kröyer, Naturhist. Tidskrift. Bd. IV. 1842—1843, S. 349 und And. Raekk. Bd. II. 184G—1849, S. 342. s. auch in Betreff anderer Species Ara-neae Suecicae, p. 184.
11 Walckenaer et P. Gervais, Hist. natur. des Insectes Apteros. Tom. IV. 1847, p. 17, 19, G8.
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Zehntes Capitel.
Secuudiire Sexualeharactere der Insecten.
Verschiedenartige Bildungen, welche die Männchen zum Ergreifen der Weibchen besitzen. — Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern, deren Bedeutung nicht einzusehen ist. — Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die Grösse. — Thysanura. — Biptera. — Hemiptera. — Ilomo-ptera; Vermögen, Töne hervorzubringen, nur im Besitze der Männchen. — Or-ilwplera; Stimmorgane der Männchen, verschiedenartig in ihrer Structur; Kampfsucht; Färbung. — Neuroptem; sexuelle Verschiedenheiten in der Färbung. — Ilymenoptera; Kampfsncht und Färbung. — Coleoptera; Färbung; mit grossen Hörnern vorsehen, wie es scheint, zur Zierde; Kämpfe; Stridulationsorgane allgemein beiden Geschlechtern eigen.
In der ungeheuren Classe der Insecten sind die Geschlechter zuweilen in ihren Locomotionsorganen von einander verschieden und oft auch in ihren Sinnesorganen, wie in den kamniförmigen und sehr scliön gefiederten Antennen der Männchen vieler Species. Bei einer der Ephemeren, nämlich Chloeon, hat das Männchen grosse, säulenförmig vorspringende Augen, welche dem Weibchen vollständig fehlen '. Die Punktaugen fehlen bei den AVeibchen gewisser anderer Insecten, wie bei den Mutilliden, welche auch der Flügel entbehren. Wir haben es aber hier hauptsächlich mit Bildungen zu tlnm, durch welche das eine Männchen in den Stand gesetzt wird, ein anderes zu besiegen, und zwar entweder im Kampfe oder in der Bewerbung, durch seine Kraft, Kampfsncht, Zicrathen oder Musik. Die unzähligen Veranstaltungen, durch welche das Männchen fähig wird, das AVeibchen zu ergreifen, können daher kurz übergangen werden. Ausser den complicirten Gebilden an der Spitze des Hinterleibs, welche vielleicht als primäre Organe2 aufgeführt werden kön-
1 Sir J. Lubbock, Transact. Liimcan Soc. Vol. XXV. lSßG, p. 4S4. In Bezug auf die Mutilliden s. AVestwood, Modern Classification of Insects. Vol. II. p. 213.
2 Diese Organe der Männchen sind häufig bei nahe verwandten Species verschieden und bieten ausgezeichnete speeifische Merkmale dar. Doch ist von einem functionellen Gesichtspunkte aus, wie mir Mr. R. MacLachlan bemerkt hat, ihre
DARWIN, Abstammung. I. Zwroto Auflag?. 20
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
ten, „ist es", wie Mr. B. D. Walsh 3 bemerkt hat, „erstaunlich, wie „viele verschiedene Organe von der Natur zu dem scheinbar unbedeutenden Zwecke umgestaltet worden sind, dass das Männchen das Weib-„chen festzuhalten im Stande sei." Die Kinnladen oder Mandibeln werden zuweilen zu diesem Zwecke benutzt. So hat das Männchen von Corydalis cormita, einem mit den Libellen u. s. w. ziemlich nahe verwandten Insect aus der Ordnung der Neuroptern, ungeheure gekrümmte Kiefer, welche viele Male länger als die des Weibchens sind; auch sind sie glatt, statt gezähnt zu sein, wodurch das Männchen in den Stand gesetzt wird, das Weibchen ohne Verletzung festzuhalten4. Einer der Hirschkäfer von Nordamerika (Lucanus elaphus) gebraucht seine Kiefer, welche viel grösser als die des Weibchens sind, zu demselben Zwecke, aber wahrscheinlich auch zum Kampfe. Bei einer der Sandwespen (Ammophila) sind die Kiefer in beiden Geschlechtern nahezu gleich, werden aber für sehr verschiedene Zwecke gebraucht. Die Männchen sind, wie Professor Westwood bemerkt, „ausserordentlich „hitzig und ergreifen ihre Genossen mit ihren sichelförmigen Kiefern „um den Hals" 5, während die Weibchen diese Organe zum Gräben in Sandbänken und zum Bauen ihrer Nester benutzen.
Die Tarsen der Vorderfüsse sind bei vielen Käfern verbreitert oder mit breiteii Haarpolstern versehen und bei vielen Gattungen von Wasserkäfern sind sie mit einem runden platten Saugapparate ausgerüstet, so dass das Männchen sich an dem scliliipfrigeii Körper des Weibchens festheften kann. Es ist ein viel ungewöhnlicheres Vorkommen, dass
Bedeutsamkeit wahrscheinlich überschätzt worden. Es ist die Yerrnuthung aufgestellt worden, dass unhedeutende Verschiedenheiten in diesen Organen genügen würden, die Kreuzung gut ausgesprochener Varietäten oder beginnender Species zu verhindern, und dalier die Entwickelung solcher befördern würden. Dass (lies aber schwerlich der Fall sein kann, können wir aus den vielen mitgetheilten Fällen schliessen, wo verschiedene Species in der Begattung gesehen worden sind (s. z. B. B roniij G6schichte der 2s*titiir. I>d. 2. 184.17, S. 164 und "Wßstwoodj in: Transact. Entomol. Soc. Vol. III. 1842, p. 195). Mr. MacLachlan theilt mir mit (s. Stettiner Entomolog. Zeitung. 18G7, S. 155), dass, als von Dr. Aug. Meyer mehrere Species von Phryganiden, welche scharf ausgesprochene Verschiedenheiten dieser Art darbieten, zusammen gefangen gehalten wurden, sie sich begatteten und das eine Paar befruchtete Eier producirte.
'' The Practical Entomologist. Philadelphia. Vol. II. May, 1867. p. 88.
4 Mr. Walsh, a. a. 0. p. 107.
s Modern Classification of Insects. Vol. II. 1840, p. 206. 205. Mr. Walsh, welcher meine Aufmerksamkeit auf diesen doppelten Gebrauch der Kinnladen lenkte, sagt, dass er wiederholt diese Thatsache beobachtet habe.
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Cap. 10. Secundäre Sexualcliaractere der Insecten. 307
die Weibchen manche» Wasserkäfer (Dytisuis) ihre Flügeldecken tief gefurcht mid bei Acilius sulcalus dicht mit Haaren besetzt haben, als Halt für das Männchen. Die Weibchen einiger anderer Wasserkäfer (Hydropurus) haben ihre Flügeldecken zu demselben Zweck punktirt 6. Bei den Männchen von Crabro cribrurius (Fig. 8) ist es die Tibia, welche in eine breite hornige Platte mit äusserst kleinen häutigen Flecken erweitert ist, wodurch sie ein eigentümliches siebartiges Ansehen erhält7. Bei den Männchen von Penthe (einer Gattung der Käfer) sind einige wenige der mittleren Antennenglieder erweitert und au der unteren Fläche mit Haarkissen verseben, genau denen an den Tarsen der Carabiden gleich „und „offenbar zu demselben Zwecke". Bei männlichen Libellen sind die Anhänge an der Spitze des Schwanzes in „einer fast unendlichen Verschiedenartigkeit zu merkwürdigen Formen modificirt, um sie fähig zu „machen, den Hals des Weibchens zu umfassen". Endlich sind bei den Männchen vieler Insecten die Beine mit eigenthüm-lichen Dornen, Höckern oder Spornen besetzt oder das ganze Bein ist gebogen oder verdickt — (dies ist aber durchaus nicht unabänderlich ein sexueller Character); — oder ein Paar oder alle drei Paare sind, und zwar zuweilen zu einer ganz ausserordentlichen Länge, ausgezogen 8.
In allen Ordnungen bieten die Geschlechter vieler Species Ver-
6 Wir haben hier einen merkwürdigen und unerklärlichen Fall von Dimorphismus ; denn einige Weibchen von vier europäischen Species von Dytiscus und gewisser Species von Hydroporus haben glatte Flügeldecken; und intermediäre Abstufungen zwischen gefurchten oder puncturirten und völlig glatten Flügeldecken sind nicht beobachtet worden, s. Dr. H. Schaum, citirt im „Zoologist" Vol. V—VI, 1847—48, p. 1896; auch Kirby and Spence, Introduction to En-tomology. Vol. III. 1826, p. 305.
' Westwood, Modern Classification oflnsects. Vol. II. p. 193. Die folgende Angabe in Bezug auf Penthe und andere in Anführungszeichen mitgetheilte sind aus Walsh, Practica! Entomologist. Philadelphia. Vol. II, p. 88 entnommen.
8 Kirby and Spence, Introduction to Entomology. Vol. III, p. 332—336.
20 *
Fig. 8. Crabro crihrarius. Obere Figur das Männchen, untere Figur das Weibchen.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
schiedenheiten dar, deren Bedeutung nicht zu erklären ist. Ein merkwürdiger Fall ist der von einem Käfer (Fig. 9), dessen Männchen die linke Mandibel bedeutend vergrössort hat, so dass der Mund in hohem Maasse verzerrt ist. Bei einem andern carabiden Käfer, dem Eurygnallins9, haben wir den, soweit es Mr. Wollaston bekannt ist, einzigen Fall, dass der Kopf des Weibchens, allerdings in 'einem variabeln Grade, viel breiter und grösser ist als der des Männchens. Derartige Fälle Hessen sich in beliebiger Zahl anführen. Sie sind auch unter den Schmetterlingen unendlich zahlreich; einer der ausserordentlichsten ist der, dass gewisse männliche Schmetterlinge mehr oder weniger atrophirte Vorderbeine haben, wobei die Tibien und Tarsen zu blossen rudimentären Höckern redneirt sind. Auch weichen die Flügel in den beiden Geschlechtern oft in der Ver-theilung der Adern 10 und zuweilen auch beträchtlich in dem Umrisse von einander ab, so bei Aricoris epilus, wie mir im British Museum Mr. A. Butler gezeigt hat. Die Männchen gewisser südamerikanischer Schmetterlinge haben Haarbüschel an den Rändern der Flügel und hornige Auswüchse auf den Flächen des hinteren Paars n. Bei mehreren britischen Schmetterlingen sind, wie mir Mr. Wonfor gezeigt hat, nur die Männchen theilweise mit eigenthümlichen Schuppen bekleidet.
Der Zweck der Leuchtkraft beim weiblichen Leuchtkäfer ist gleichfalls noch nicht erklärt. Denn es ist sehr zweifelhaft, ob der primäre .Nutzen des Lichtes der ist, das Männchen zum Weibchen zu leiten. Dass auch die Männchen ein schwaches Licht von sich geben, ist kein ernstlicher Einwurf gegen die eben erwähnte Ansicht; denn secundäre Sexualcharactere, welche einem Geschlechtc eigen sind, werden oft in einem unbedeutenden Grade
Fig. 9
Taphro-deres distortus. Obere Figur d. Männchen, untere Figur das Weibchen.
9 Insecta Madereusia. 1854, p. 20.
J0 E. Doubleday, in: Annais and Jlagaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1848, p. 379. Ich will hier noch hinzufügen, dass bei gewissen Hymenoptern (s. Shuckard, Fossorial Hymenoptera. 1837, p. 39—43) die Flügel nach dem Geschlechte in der Aderang verschieden sind.
11 H. W. Bates, in: Journal of Proceed. Linnean Soc. Vol. VI. 1862, p. 74. Mr. Wonfor's Beobachtungen werden citirt in: Populär Science llevicw. 18C8, p. 343.
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Cup. 10. Secundäre Sexnalcharactcrc der Inscctcu. 309
auch im andern Geschlecht« entwickelt. Ein Einwurf von grösserer Kraft ist der, dass auch die Larven leuchten und bei manchen Arten sogar sehr brillant. Fritz Müller theilt mir mit, dass das am meisten leuchtende Insect, \welches er jemals in Brasilien sah, die Larve eines Käfers war. Beide Geschlechter gewisser leuchtender Species von Elater geben Licht von sich. Kirby und Spexce vermuthen, dass die Phosphorescenz dazu dient, Feinde zu erschrecken und fortzutreiben.
Verschiedenheit in der Grösse beider Geschlechter. — Bei Insecteii aller Arten sind gewöhnlich die Männchen kleiner als die Weibchen '; und diese Verschiedenheit kann oft schon im Larvenzn-stande nachgewiesen werden. Die Verschiedenheit zwischen den männlichen und weiblichen Cocons des Seidenschmetterlings (Bonibyx moH) ist so beträchtlich, dass sie in Frankreich durch eine eigciithümliche Methode des Wagens von einander geschieden werden 13. In den niederen Classen des Thierreichs scheint die bedeutendere Grösse der Weibchen allgemein davon abzuhängen, dass sie eine enorme Anzahl von Eiern entwickeln und dies dürfte auch in einer gewissen Ausdehnung für die Insccten gelten. Dr. Wallace hat aber eine viel wahrscheinlichere Erklärung aufgestellt. Nach einer sorgfältigen Beobachtung der Entwickelung der Raupen von Bombyx Cynthia und Yamamai und besonders einiger zwerghafter, ans einer zweiten Zucht mit unnatürlicher Nahrung gezogener Raupen fand er, „dass in dem Verhältnisse „als die individuelle Motte schöner ist, auch die zu ihrer Metamorphose „erforderliche Zeit länger ist; und aus diesem Grunde geht dem Weibchen, welches das grössere und schwerere Insect ist, weil es seine „zahlreichen Eier mit sich herumzutragen hat, das Männchen voraus, „welches kleiner ist und weniger zu zeitigen hat" u. Da nun die meisten Insecteii kurzlebig und vielen Gefahren ausgesetzt sind, so wird es offenbar für das Weibchen von Vortheil sein, sobald als möglich befruchtet zu werden. Dieser Zweck wird dadurch erreicht werden, dass die Männchen zuerst in grosser Anzahl reif werden, bereit der Ankunft der Weibchen zu warten, und dies wird, wie Mr. A. R. Wallace bemerkt hat IS, natürlich eine Folge der natürlichen Zuchtwahl
12 Kirby and Spcncc, lutroduction to Entomology. Vol. III. p. 299.
13 Roliinct, Vers k Soie. 1848, p. 207.
14 Transact. Entomol. Soe. 3. Series. Vol. V, p. -18G.
15 Journal of Proceed. Entomol. Soe. -1. Febr. 1867, p. LXXI.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Tlieil.
sein; denn die kleineren Männchen werden zuerst die Reife erlangen und werden daher eine grosse Zahl von Nachkommen hervorbringen, welche die verkümmerte Grösse ihrer männlichen Erzeuger erben werden, während die grösseren Männchen, weil sie später reif werden, weniger Nachkommen hinterlassen werden.
Von der Eegel, dass die männlichen Insecten kleiner sind als die weiblichen, gibt es indess Ausnahmen und einige dieser Ausnahmen sind auch verständlich. Grösse und Körperkraft werden für Männchen von Vortheil sein, welche um den Besitz der "Weibchen kämpfen, und in diesem Falle, wie z. B. bei dem Hirschkäfer (Lucanns), sind die Männchen grösser als die Weibchen Es gibt indess andere Käfer, von denen man nicht weiss, ob sie mit einander kämpfen, und von denen doch die Männchen die "Weibchen an Grösse übertreffen; die Bedeutung dieser Thatsache ist unbekannt. Aber bei einigen dieser Fälle, so bei den ungeheuren Formen der Dynastes und Megasoma, können wir wenigstens sehen, dass keine Notwendigkeit vorliegt, dass die Männchen kleiner als die "Weibchen sein müssten, damit sie vor ihnen den Reifezustand erreichen; denn diese Käfer sind nicht kurzlebig und es würde demnach auch hinreichende Zeit zum Paaren der beiden Ge-schlechter vorhanden sein. So sind ferner männliche Libelluliden zuweilen nachweisbar grösser und niemals kleiner als die weiblichen 16, und wie Mr. MacLachlan glaubt, paaren sie sich allgemein mit den Weibchen nicht eher, als bis eine Woche oder vierzehn Tage verflossen sind und bis sie ihre eigenthümlichen männlichen Färbungen erhalten haben. Aber den merkwürdigsten Fall, welcher zeigt, von welch' com-plicirten und leicht zu übersehenden Beziehungen ein so unbedeutender Character, wie eine Verschiedenheit in der Grösse zwischen den beiden Geschlechtern, abhängen kann, bieten die mit Stacheln versehenen Hy-menoptern dar. Mr. Fkeu. Smith theilt mir mit, dass fast in dieser ganzen grossen Gruppe die Männchen in Uebereinstimmung mit der allgemeinen Regel kleiner als die Weibchen sind und ungefähr eine "Woche früher als diese ausschlüpfen; aber unter den Bienen sind die Männchen von Apis mellißca, Anthidium manicutvm und Anthophora arervorum, und unter den grabenden Hymenoptern die Männchen der Methoca ich-nevmonhles grösser als die Weibchen. Die Erklärung dieser Anomalie
" In Bezug auf diese und andere Angaben über die Grösse der Geschlechter s. Kirby and Spence, Introduction etc. Vol. III. p. 300; über die Lebensdauer bei Insecten s. ebenda p. BH.
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C'ap. 10. Iuseeten: Thysanura. 311
liegt darin, dass bei diesen Species ein Hochzeitsflug absolut nothwen-dig ist und dass die Männchen grösserer Kraft und bedeutenderer Grösse bedürfen, um die Weibchen durch die Luft zu führen. Die bedeutendere Grösse ist hier im Widerspruche mit der gewöhnlichen Beziehung zwischen der Grösse und der Entwickelnngsperiode erlangt worden; denn trotzdem die Männchen grösser sind, schlüpfen sie doch vor den kleineren Weibchen aus.
Wir wollen nun die verschiedenen Ordnungen durchgehen und dabei solche Thatsachen auswählen, wie sie uns besonders hier angehen. Die Lepidoptern (Schmetterlinge und Motten) sollen für ein besonderes Capitel aufgespart bleiben.
Ordnung: Thysanura. — Die Glieder dieser Ordnung sind für ihre Glasse niedrig organisirt. Sie sind flügellose, trüb gefärbte, sehr kleine Iuseeten mit hässlichen, beinahe misförmigen Köpfen und Körpern. Die Geschlechter sind niclit von einander verschieden; sie bieten aber eine interessante Thatsaclie dar dadurch, dass sie zeigen, wie die Männchen selbst auf einer tiefen Stufe des Thierreichs den Weibchen eifrig den Hof machen können. Sir J. Lubbock17 beschreibt den Sminthu-rus luteus und sagt: „Es ist sehr unterhaltend, diese kleinen Wesen „mit einander coquettiren zu sehen. Das Männchen, welches viel kleiner als das Weibchen ist, läuft um dasselbe her; sie stossen sich einander, stellen sich gerade gegen einander über und bewegen sieh vor-„wärts und rückwärts wie zwei spielende Lämmer. Dann thut das „Weibchen, als wenn es davonliefe, und das Männchen läuft hinter ihm „her mit einem komischen Ansehen des Aergers, überholt es und stellt „sich ihm wieder gegenüber. Dann dreht sich das Weibchen spröde „herum, aber das Männchen, schneller und lebendiger, schwenkt gleichfalls rundum und scheint es mit seinen Antennen zu peitschen. Dann „stehen sie für ein Weilchen wieder Auge in Auge, spielen mit ihren „Antennen und scheinen durchaus nur einander anzugehören."
Ordnung: Diptera (Fliegen). — Die Geschlechter weichen in der Farbe wenig von einander ab. Die grösste Verschiedenheit, die Mr. Fr. Walker bekannt geworden ist, bietet die Gattung Bibio dar, bei welcher die Männchen schwärzlich oder vollkommen schwarz und die
" Transact. Linnean Soc. Vol. XXVI. 1868, p. 290.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
IL Tlieil.
Weibchen dunkel bräunlich-orange sind. Die Gattung Elaphomyia, welche Mr. Wallace '* in Neu-Guinea entdeckt hat, ist äusserst merkwürdig, da die Männchen mit Hörnern versehen sind, welche dem Weibchen vollständig fehlen. Die Hörner entspringen von unterhalb der Augen und sind in einer merkwürdigen Weise denen der Hirsche ähnlich, indem sie entweder,, verzweigt oder bandförmig verbreitert sind. Bei einer Species sind sie an Länge der des ganzen Körpers gleich. Man könnte meinen, dass sie zum Kampfe dienen; da sie aber in einer Species von einer schönen rosenrothen Farbe sind mit Schwarz gerändert imd mit einem blassen Streifen in der Mitte, und da diese Insecten überhaupt eine sehr elegante Erscheinung haben, so ist es vielleicht wahrscheinlicher, dass die Homer zur Zierde dienen. Dass die Männchen einiger Diptem mit einander kämpfen, ist gewiss, denn Professor Westwood 19 hat dies mehrere Male bei einigen Arten von Tiputa gesehen. Viele Beobachter glauben, dass wenn Mücken {Cvlicidae} in der Luft in Masse tanzen, wobei sie abwechselnd steigen und sicli senken, hier die Männchen den Weibchen den Hof machen. Die geistigen Fähigkeiten der Zweiflügler sind wahrscheinlich ziemlich gut entwickelt, denn ihr Nervensystem ist höher entwickelt als in den meisten andern Insectenordnungen 2ü.
Ordnung: llemiptera (Wanzen). — Mr. J. AV. Douglas, welcher besonders den britischen Arten seine xlufmerksamkeit gewidmet hat, ist so freundlich gewesen, mir eine Schilderung ihrer geschlechtlichen Verschiedenheiten zu geben. Die Männchen einiger Species sind mit Flügeln versehen, während die AVeibchen flügellos sind. Die Geschlechter weichen auch von einander in der Form des Körpers und der Flügelscheideu ab, ferner in dem zweiten Gliede ihrer Antennen und in ihren Tarsen. Da aber die Bedeutung dieser Verschiedenheiten vollständig unbekannt ist, so mögen sie hier übergangen werden. Die Weibchen sind allgemein grösser und kräftiger als die Männchen. Bei britischen und, soweit Mr. Douglas es weiss, auch bei exotischen Species weichen die Geschlechter gewöhnlich nicht sehr in der Farbe ab; aber in ungefähr sechs britischen Arten ist das Männchen beträchtlich dunkler als das Weibchen, und in ungefähr vier andern Arten ist das
18 The Malay Archipelago. Vol. II. 1860, p. 313. ''' Modern Classification of Insects. Vol. IL 1840, p. 526. 20 s. Mr. B. T. Lownc's sehr interessantes Werk: On the Anatomy of the ßlow-Fly, Musca vomitoria. 1870, p. 14.
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Cap. 10. Insecten: Hoinoptera. 313
Weibchen dunkler als das Männchen. Beide Geschlechter einiger Arten sind sehr schön mit Scharlach und Schwarz gezeichnet. Es ist zweifelhaft, ob diese Farben zum Schutze dienen. Wenn in irgend welchen Arten die Männchen in einer analogen Weise von den Weibchen verschieden gewesen wären, hätte man berechtigt sein können, derartige auffallende Färbungen der geschlechtlichen Zuchtwahl mit einer Vererbung auf beide Geschlechter zuzuschreiben.
Einige Arten der Redtividen bringen ein schrillendes Geräusch hervor und bei Pirates stridulus wird angegeben21, dass dies durch die Bewegung des Halses innerhalb der Höhle des Prothorax hervorgebracht werde. Westring zufolge bringt auch Redurius personatus ein Geräusch hervor. Ich bin aber nicht im Stande gewesen, irgendwelche Einzelnheiten über diese Insecten in Erfahrung zu bringen, auch habe ich keinen Grund zu vermuthen, dass sie in dieser Beziehung nach dem Geschlechte von einander verschieden sind.
Ordnung: Momopiera (Zirpen). — Jeder, der in einem tropischen Wald umhergewandert ist, wird über den Klang erstaunt gewesen sein, den die männlichen Cicaden hervorbringen. Die Weibchen sind stumm, wie schon der griechische Dichter Xenarchus sagt: „Glücklich leben die „Cicaden, da sie alle stimmlose Weiber haben". Der von ihnen hervorgebrachte Laut konnte deutlich an Bord des Beagle gehört werden, als dieses Schiff eine viertel englische Meile von der Küste von Brasilien entfernt vor Anker lag, und Capitain Hancock sagt, dass der Laut in der Entfernung von einer englischen Meile gehört werden könne. Früher hielten sich die Griechen, wie es die Chinesen heutigen Tages thun, diese Insecten in Käfigen wegen ihres Gesanges, so dass derselbe für die Ohren mancher Menschen angenehm sein muss22. Die Cica-diden singen gewöhnlich während des Tages, während die Fulgoriden Nachtsänger zu sein scheinen. Nach Landois 23, welcher neuerdings den Gegenstand untersucht hat, wird der Laut durch die Schwingungen der Ränder der Luftöffnungen hervorgebracht, welche durch einen aus den Tracheen ausgestossenen Luftstrom in Bewegung gesetzt werden.
11 Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 473.
22 Diese Einzelnheiten sind entnommen aus Westwood's Modern Classification of Insects. Vol. II. 1840, p. 422. s. mich über dir Fulgoriden Kirby and Speuce, Introduction etc. Vol. II, p. 401.
M Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. IM. 17. 1807. S. 152—158.
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314 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Tlieil.
Er wird durch einen wunderbar complicirten Eesonanzapparat verstärkt der aus zwei mit Schuppen bedeckten Höhlungen besteht. Man kann daher diesen- Laut mit Recht als eine Stimme bezeichnen. Bei den Weibchen ist dieser Stimmapparat zwar vorhanden, aber viel weniger entwickelt als beim Männchen, und wird niemals zum Hervorbringen von Lauten benutzt.
In Bezug auf den Zweck dieser Musik sagt Dr. Hartman 24, wo er von der Cicada septemdecim der Vereinigten Staaten spricht: „Das ,Trommeln ist jetzt (6. und 7. Juni 1851) in allen Richtungen zu hören. „Ich glaube, dass dies die hochzeitliche Aufforderung seitens der „Männchen ist. In dichtem Kastaniengebüsch ungefähr von Kopf-„höhe stehend, wo hunderte von Männchen um mich herum waren, „beobachtete ich, dass die Weibchen sich um die trommelnden Männchen versammelten." Er fügt dann hinzu: „In diesem Jahre (August „ 1868) brachte ein Zwergbirnbaum in meinem Garten ungefähr fünfzig „Larven von Cicada pruinosa hervor, und ich beobachtete mehrere „Male, dass die Weibchen sich in der Nähe eines Männchens nieder-„Messen, während es seine schallenden Töne ausstiess". Fritz Müller schreibt mir aus Südbrasilien, dass er oft einem musikalischen Streite zwischen zwei oder drei Männchen einer Cicade zugehört habe, welche eine besonders' laute Stimme hatten und in einer beträchtlichen Entfernung von einander sassen. Sobald das erste seinen Gesang beendigt hatte, begann unmittelbar darauf ein zweites, und sobald auch dieses geschlossen hatte, fieng wieder ein anderes an und so immer weiter. Da hiernach so viele Rivalität zwischen den Männchen cxistirt, so ist es wahrscheinlich, dass die Weibchen sie nicht bloss an den von ihnen ausgestossenen Lauten erkennen, sondern dass sie, wie weibliche Vögel, von dem Männchen mit der anziehendsten Stimme angelockt oder angeregt werden.
Von ornamentalen Verschiedenheiten zwischen den beiden Geschlechtern bei den Homoptern habe ich keinen gut markirten Fall gefunden. Mr. Douglas theilt mir mit, dass es drei britische Arten gibt, bei denen das Männchen schwarz oder mit schwarzen Binden gezeichnet ist, während die Weibchen blass gefärbt oder düsterfarbig sind.
Ordnung: Orthoptera. — Die Männchen der drei durch ihre
11 Für diesen Auszug aus einem „Journal of the Doings of Cicada septemdecim" von Dr. Hartman bin ich Mr. "Walsh verbunden.
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Cap. 10. Insecten: Orthoptera. 315
Springfnsse ausgezeichneten Familien dieser Ordnung sind merkwürdig wegen ihrer musikalischen Fähigkeit, nämlich die Achetiden oder Grillen, die Locustiden und die Acridiiden. Die von einigen- Locustiden hervorgebrachten Geräusche sind so laut, dass sie während der Nacht in einer Entfernung von einer englischen Meile gehört werden 25, und die von gewissen Species hervorgebrachten Laute sind selbst für das menschliche Ohr nicht unmusikalisch, so dass sie die Indianer am Amazonenstrom in Käfigen von geflochtenen Weiden halten. Alle Beobachter stimmen darin überein, dass die Geräusche dazu dienen, die stummen Weibchen zu rufen oder anzuregen. Es ist aber bemerkt worden-6, dass die männliche Wanderheuschrecke Busslands (eine der Acridiiden), während sie sich mit dem Weibchen paart, aus Aerger oder Eifersucht das Geräusch hervorbringt, sobald sich ein anderes Männchen nähert. Wird das Heimchen oder die Hausgrille während der Nacht überrascht, so gebraucht es seine Stimme, um seine Genossen zu warnen -7. Das Katy-dicl (Platyphyllum concavum, eine Form der Locustiden) in Nordamerika steigt nach der Beschreibung28 auf die oberen Zweige eines Baumes und beginnt am Abend „ein lärmendes Geschwätz, während „rivalisirende Laute von den benachbarten Bäumen ausgehen, so dass „die Gebüsche von dem Bufe des Katy-did-she-did die ganze liebe „lange Nacht hindurch erschallen". Mr. Bates sagt, indem er von der europäischen Feldgrille (einer der Achetiden) spricht: „Man hat beobachtet, wie sich das Männchen am Abend vor den Eingang in seine „Höhle stellt und seine Stimme erhebt, bis sich ein Weibchen nähert; „hierauf folgt den lauteren Tönen ein leises Geräusch, während der erfolgreiche Musiker mit seinen Antennen den neugewonnenen Genossen „liebkost"29. Dr. Scuddee war im Stande, eines dieser Insecten dazu zu bringen, ihm zu antworten, dadurch dass er mit einer Feder auf einer Feile rieb 30. In beiden Geschlechtern ist von von Siebold ein
25 L. Guildiug in: Transact. Linnean Soc. Vol. XV, p. 154.
26 Koppen, citirt in dem Zoological Record, 1867, p. 460.
2' Gilbert White, Natur. History of Seiborne. Vol. II. 1825, p. 262. 18 Harris, Insects of New England. 1842, p. 128.
29 The Naturalist on the Amazons. Vol. I. 1863, p. 252. Mr. Bates gibt eine sehr interessante Erörterung über die Abstufungen in der Entwickelung der Stimmorgane der drei Familien; s. auch Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 445 und 453.
30 Proceed. Boston Soc. of Natur. History. Vol. XI. April 1868.
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316 Geschichtliche Zuchtwahl. II. Theil.
merkwürdiger Gehörapparat entdeckt worden, welcher in den Vorderschienen seinen Sitz hat '".
In den drei Familien werden die Geräusche auf verschiedene Weise hervorgebracht. Bei den Männchen der Achetiden besitzen beide Flügeldecken dieselbe Bildung, und diese besteht bei der Feldgrille (Gryllus campestris Fig. 10), wie es Landois beschrieben hat32, ans 131—138
scharfen Querleisten oder Zähnen auf der unteren Seite einer der Adern der Flügeldecken. Diese gezahnte Ader (Schrillader Laxpois) wird mit grosser Schnelligkeit quer über eine vorspringende glatte harte Ader (r) auf der oberen Fläche des entgegengesetzten Flügels gerieben. Zuerst wird ein Flügel über den andern gerieben und dann wird die Bewegung umgekehrt. Beide Flügel werden zu derselben ng. io. G,yiiuS campe,«-,., (narh i, a „- Zeit etwas in die Höhe gehoben, um die
dois). Die Figur rechts stellt die untere Seite eines Stücks der Schrillader Resonanz zu verstärken. In einigen Spe-
dar, bedeutend vergrössert und die . . n n. -,-,, , , , ., t»
zshne (st) zeigend. <»es sind die Flügeldecken an ihrer Basis
Die Figur links ist die obere Fläche m\i einer glimmerartigen Platte ver-
der Flügeldecko mit den vorspringenden glatten Adern (r), gegen welche sehen 33. Ich habe hier nebenstehend
die Zähne (,0 gerieben werden. ^ Zeichnung ^ JJJ i&, Zä]me VOn
der unteren Seite der Aderung einer andern Species von Gryllus, nämlich von G. domeslicus, gegeben.
. ^ Bei den Locustiden weichen die Flügeldecken der bei-
den einander gegenüberstehenden Seiten in ihrer Bildung ab (Fig. 12) und können nicht, wie es in der letzten Familie der Fall war, indifferent auch in umgekehrter Weise benutzt werden. Der linke Flügel, welcher wie ein Violinbogen wirkt, liegt über dem rechten Flügel, welcher als Violine selbst dient. Einer der Nerven (a) an der unte-f%. ii. Zähne ren Fläche des ersteren ist fein gesägt und wird quer
der Aderung . . ~
von Gryiius do- über die vorspringenden Nerven an der oberen Fläche des mestiem (nach entgegengesetzten oder rechten Flügels hingezogen. Bei
Landois). n o □ n oo
unserer englischen Phasgonuva viridissima schien es mir,
11 Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Bd. I. 1848. S. 583. '- Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 17. 1867. S. 117. 3:8 Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 440.
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Cap. 10. Insecten: Orthoptera. 317
als ob der gesägte Nerv gegen die abgerundete hintere Ecke des entgegengesetzten Flügels gerieben würde, deren Hand verdickt, braun ge-
Fig. Vi. Chlorocodua Tanana (nach Bat es) a b Abschnitte der beiderseitigen Flügeldecken.
färbt und sehr scharf ist. Am rechten Flügel, aber nicht am linken, findet sich eine kleine Platte, so durchscheinend wie ein Glimmerblättchen, und von Nerven umgeben, welche der Spiegel genannt wird. In Ephip-piger vitium, einem Mitgliede derselben Familie, finden wir eine merkwürdige untergeordnete Modifikation; die Flügeldecken sind hier bedeutend au Grösse rcducirt, aber „der hintere Theil des Prothorax ist „in eine Art Gewölbe über die Flügeldecken erhoben, welches wahrscheinlich die Wirkung den Laut zu verstärken hat" 34.
Wir sehen auf diese Weise, dass der musikalische Apparat bei den Locustiden, welche, wie ich glaube, die kräftigsten Sänger in der Ordnung enthalten, mehr differenzirt und specialisirt ist als hei den Achetiden, bei denen die beiden Flügeldecken dieselbe Structur und dieselbe Function haben 3S. Indessen hat Laniiois bei einer Form der Locustiden, nämlich bei Declicvs, eine kurze und schmale Keihe kleiner Zähne, fast blosser Kudimente, auf der unteren Fläche der rechten
34 Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 453. Sä Landois, a. a. 0. S. 121, 122.
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318 Geschlechtliche Zuchtwahl. ' II. Thcil.
Flügeldecke entdeckt, welche unter der andern .liegt und niemals als Bogen benutzt wird. Ich habe dieselbe rudimentäre Bildung an der unteren Fläche der rechten Flügeldecke bei Phasgonura riridissima beobachtet. Wir können daher mit Sicherheit schliessen, dass die Locustiden von einer Form abstammen, bei welcher, wie bei den jetzt lebenden Achetiden, beide Flügeldecken gezahnte Adern an der unteren Fläche besassen und beide ganz indifferent als Bogen benutzt werden konnten, dass aber bei den Locustiden die beiden Flügeldecken allmählich diiferenzirt und vervollkommnet wurden, und zwar nach dem Principe der Arbeitstheilung so, dass der eine ausschliesslich als Bogen, der andere nur als Violine wirkte. Durch welche Stufen der einfachere Apparat bei den Achetiden entstand, wissen wir nicht; es ist aber wahrscheinlich, dass die basalen Theile der Flügeldecken einander früher, so wie jetzt noch überdeckten und dass die Beibuug der Nerven einen kratzenden Tou hervorbrachte, wie es jetzt noch, wie ich sehe, der Fall mit den Flügeldecken der Weibchen ist 36. Ein in dieser Weise gelegentlich und zufällig von den Männchen hervorgebrachter kratzender
Laut kann, wenn er auch noch so wenig dazu diente, den Weibchen als liebender Zuruf zu erscheinen, doch leicht durch geschlechtliche Zuchtwahl intensiver gemacht worden sein dadurch, dass passende Abänderungen in der Kauhigkeit der Flügeladern beständig erhalten blieben.
In der letzten und dritten Familie, f^^^^^^^^fe"«^!») nämlich der der Acridiiden, wird das
schrillende Geräusch in einer sehr verschiedenen Weise hervorgebracht und ist nach Dr. Scuddek nicht so grell als in den vorhergehenden Familieu. Die innere Oberfläche des Oberschenkels (Fig. 13 r) ist mit einer Längsreihe sehr kleiner eleganter, lancettförmiger, elastischer Zähne versehen, 85—93 an Zahl 37, und diese werden quer über
Fig. 13. Hinterbein von Stenobothrus pratoritm: r die Schrill-Leiste ; die untore Figur zeigt die die Leiste bildenden Zähne, bedeutend vergrössert (nach L a n d ö i s).
36 Mr. Walsh theilt mir auch mit, wie er bemerkt habe, dass das Weibchen von Platyplußlum coneavum, „wenn es gefangen wird, ein schwaches kratzendes Geräusch durch das Reiben der beiden Flügeldecken aufeinander hervorbringe".
37 Laudois, a. a. 0. S. 113.
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Cap. 10. Insectcn: Orthoptera. 319
die scharfen vorspringenden Adern der Flügeldecken herabgezogen, welche hierdurch zum Schwingen und zur Resonanz gebracht werden. Harris 3s sagt, dass, wenn eins der Männchen zu spielen beginnt, es zuerst „die „Tibien der Hinterbeine unter die Schenkel heraufzieht, wo sie in „eine zu ihrer Aufnahme bestimmte Furche eingefügt werden, und „dann zieht es das Bein scharf auf und nieder. Es spielt seine beiden „Geigen nicht gleichzeitig auf einmal, sondern zuerst die eine, dann „die der anderen Seite." Bei vielen Arten ist die Basis des Hinterleibs zu einer grossen Blase ausgehöhlt, von welcher man annimmt, dass sie als Resonanzboden dient. Bei Pneumora (Fig. 14), einem südafrikanischen Genus, welches zu derselben Familie gehört, begegnen wir einer neuen und merkwürdigen Modifikation; Bei dem Männchen springt eine kleine, mit Einschnitten versehene Leiste schräg von jeder Seite des Abdomen vor, gegen welche die Hinterschenkel gerieben werden 39. Da das Männchen mit Flügeln versehen, das Weibchen. flügellos ist, so ist es merkwürdig, dass die Oberschenkel nicht in der gewöhnlichen Art und Weise gegen die Flügeldecken gerieben werden; dies dürfte aber vielleicht durch die ungewöhnlich geringe Grösse der Hinterbeine erklärt werden. Ich bin nicht im Stande gewesen, die innere Fläche der Oberschenkel zu untersuchen, welche der Analogie nach zu schlies-sen fein gesägt sein dürfte. Die Species von Pneumora sind eingehender zum Zwecke der Stridulation modificirt worden als irgend ein anderes orthopteres Insect. Denn bei
38 Insects of New England. 1842, p. 133.
39 Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 402.
Museum). Ober Weibchen.
Fneumora (nach Exemplaren im British Figur Männchen, untere Figdr
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320
Geschlechtliche Zuchtwahl.
IL Theil.
den Männchen ist der ganze Körper in ein musikalisches Instrument umgewandelt worden, er ist durch Luft zu einer grossen durchsichtigen Blase ausgedehnt, um die Resonanz zu verstärken. Mr. Truiex theilt mir mit, dass am Cap der guten Hoffnung diese Insecten während der Nacht ein wunderbares Geräusch hervorbringen.
Es besteht eine Ausnahme von der Regel, dass die Weibchen in diesen drei Familien eines wirksamen musikalischen Apparats entbehren ; denn beide Geschlechter von Ephippiger (Locustiden) sind der Angabe nach 40 damit versehen. Es kann dieser Fall mit dem vom Renthiere verglichen werden, bei welcher Species allein beide Geschlechter Hörner besitzen. Obgleich die weiblichen Orthoptern hiernach beinahe unabänderlich stumm sind, so fand doch Landois 41 Rudimente der Stridu-lationsorgane an den Oberschenkeln der weiblichen Acridiiden und ähnliche Rudimente an der unteren Fläche der Flügeldecken der weiblichen Achetiden. Er war aber nicht im Stande, irgend welche Rudimente beim Weibchen von Decticus, einer Species von der Familie der Locustiden zu finden. Unter den Homoptern besitzen die stummen Weibchen von Cicada den eigentümlichen Stimmapparat in einem unentwickelten Zustande, und Avir werden noch später in anderen Abtheilungen des Thierreichs zahllosen Beispielen begegnen, wo Gebilde, welche dem Männchen eigenthümlich sind, in einem rudimentären Zustande beim Weibchen vorkommen. Derartige Fälle scheinen auf den ersten Blick anzudeuten, dass ursprünglich beide Geschlechter in derselben Art und Weise ausgerüstet waren, dass aber gewisse Organe später von den AVeibchen verloren wurden. Wie indessen früher erklärt wurde, ist die Ansicht die wahrscheinlichere, dass die in Frage stehenden Organe von den Männchen erlangt und zum Theil auch auf die Weibchen vererbt wurden.
Landois hat noch eine andere interessante Thatsache beobachtet, nämlich dass bei den Weibchen der Acridiiden die für das Lautgeben bestimmten Zähne an den Oberschenkeln durch das ganze Leben in demselben Zustande bleiben, in welchem sie zuerst während des Larven-zustands in beiden Geschlechtern erscheinen. Bei den Männchen werdeu sie aber vollständig entwickelt und erreichen ihre vollkommene Bildung mit der letzten Häutung, wenn das Insect geschlechtsreif und zur Fortpflanzung bereit ist.
40 Westwood, a. a. 0. Vol. I, p. 453.
41 Landois, a. a. 0. S. 115, 116, 120, 122.
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Cap. 10. Insecten: Ortlioptera. 321
Aus den jetzt gegebeneu Thatsachen sehen wir, dass die Mittel, durch welche die Männchen ihre Laute produciren, bei den Orthoptern äusserst verschiedenartig und durchaus von denen, welche bei den Homoptern angewendet werden, abweichend sind. Aber durch das ganze Thierreich hindurch sehen wir beständig, dass derselbe Zweck durch die verschiedenartigsten Mittel erreicht wird. Dies ist eine Folge davon, dass die ganze Organisation im Laufe der Zeiten mamiichfache Veränderungen erleidet und dass, da ein Theil nach dem andern variirt, aus verschiedenen Abänderungen zu einem und dem nämlichen allgemeinen Zwecke Vortheil gezogen wird. Die Verschiedenheit der Mittel zur Hervorbringung einer Stimme in den drei Familien der Orthoptern und bei den Homoptern lässt die grosse Bedeutung dieser Gebilde für die Männchen zu dem Zwecke des Herbeirul'ens oder Anlockens der Weibchen recht hervortreten. Wir dürfen von der Grösse der Modifikationen nicht überrascht sein, welche die Orthoptern in dieser Beziehung erlitten haben, da wir jetzt in Folge von Dr. Scudder's merkwürdiger Entdeckung *- wissen, dass die Zeit hierzu mehr als hinreichend gegeben war. Dieser Naturforscher hat neuerdings in der Devonischen Formation von Neu-Braunschweig ein fossiles Insect gefunden, welches mit „dem bekannten Paukenfell oder dem Stridulationsapparat der männlichen Locustiden" versehen war. Obgleich dieses Insect in den meisten Beziehungen mit den Neuroptern verwandt war, so scheint es doch, wie es sehr oft mit sehr alten Formen der Fall ist, die beiden Ordnungen der iSTeuroptern und Orthoptern noch näher, als sie sich jetzt schon stehen, mit einander zu verbinden.
Ich habe jetzt nur noch wenig über die Orthoptern zu sagen. Einige von ihren Species sind sehr kampfsüchtig. Wenn zwei männliche Feldgrillen (Gryllus campestris) mit einander gefangen genommen werden, so kämpfen sie so lange mit einander, bis eine getödtet ist, und die Species von Manüs manövriren der Beschreibung nach mit ihren schwertförmigen Vorderbeinen wie Husaren mit ihren Säbeln. Die Chinesen halten diese Insecten in kleinen aus Bambus geflochtenen Käfigen und bringen sie wie Kampfhähne mit einander zusammen 43. Was die Färbung betrifft, so sind einige ausländische Heuschrecken wunderschön verziert. Die Hinterftügel sind mit Koth, Blau und Schwarz gezeichnet.
42 Transact. Entomol. Soc. 3. Series. Vol. II. Journal of Proceedings, p. 117.
43 Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 427, wegen der Grillen p. 445.
Darwin", Abstammung. I. Zweite Auflage. 21
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322 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
Da aber in der ganzen Ordnung die beiden Geschlechter selten bedeutend in der Färbung von einander verschieden sind, so ist es zweifelhaft, ob sie diese glänzenden Tinten der geschlechtlichen Zuchtwahl verdanken. Auffallende Färbungen können für diese Insecten auch als Schutzmittel von Nutzen sein nach dem im nächsten Capitel zu beschreibenden Grundsatze dadurch, dass sie ihren Feinden anzeigen, dass sie ungeniess-bar sind. So ist beobachtet worden 44, dass eine indische hell gefärbte Heuschrecke ohne Ausnahme verschmäht wurde, wennvman sie Vögeln und Eidechsen darbot. Es sind indessen auch einige Fälle von geschlechtlicher Verschiedenheit in der Färbung aus dieser Ordnung bekannt. Das Männchen einer amerikanishen Grille *5 wird beschrieben als weiss wie Elfenbein, während das Weibchen von einer beinahe weissen Farbe bis zu einer grünlich gelben oder schwärzlichen variirt. Mr. Walsh theilt mir mit, dass das erwachsene Männchen von Spectrum femoratum (eine Form der Phasmiden) .von einer glänzenden ,bräunlich-gelben Farbe ist, das erwachsene Männchen dagegen von „einem trüben opaken bräunlichen Aschgrau, während die Jungen bei-„der Geschlechter grün sind1-. Endlich will ich noch erwähnen, dass das Männchen einer merkwürdigen Art von Grillen 4fi mit „einem langen „häutigen Anhange versehen ist, welcher wie ein Schleier über das „Gesicht herabfällt"; ob dies aber als Zierde dient, ist nicht bekannt.
Ordnung: Neuropl era. — Hier braucht nur wenig bemerkt zu werden ausgenommen hinsichtlich der Färbung. Bei den Epheme-riden weichen die Geschlechter oft unbedeutend in ihrer düsteren Farbe ab47; es ist aber nicht wahrscheinlich, dass die Männchen hierdurch für die Weibchen anziehend gemacht werden. Die Libelluliden oder Wasserjungfern sind mit glänzenden grünen, blauen, gelben und schar-lachencn metallischen Färbungen geziert und die Geschlechter weichen oft von einander ab. So sind die Männchen einiger der Agrioniden, wie Professor AVestwood bemerkt48, „von einem reichen Blau mit „schwarzen Flügeln, während die Weibchen schön grün mit farblosen
44 Gh. Hörne in Proceed. Eutomolog. Soc, 3. May, 1869, p. XII.
45 Der Oeeanthus nivalis. Harris, Insects of New-Euglaud. 1842, p. 124.
46 Flatyblemmus: West wo od, Modem Classificat. Vol. I, p. 447.
47 B. D. "Walsh, The Pseudo-Neuroptera of Illinois, in: Froceed. Eutomol. Soc. of Philadelphia, 18G2, p. 3G1.
4i> Modern Classification etc. Vol. II, p. 37.
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Cap. 10. Insecten: Ncuroptera. 323
„Flügeln sind". Aber bei Agritm Bamburii sind diese Farben in den beiden Geschlechtern gerade umgekehrt49. In der ausgedehnten Nord-amerikanischen Gattung Iletaerina haben allein die Männchen einen schönen karminrothen Fleck an der Basis jedes Flügels. Bei Anax junins ist der basale Theil des Abdomen beim Männchen von einem lebhaften Ultramarinblau und beim Männchen grasgrün. Andererseits weichen bei der verwandten Gattung Gomphus und in einigen anderen Gattungen die Geschlechter nur wenig in der Färbung von einander ab. Durch das ganze Thierreich hindurch sind ähnliche Fälle, wo die Geschlechter nahe verwandter Formen entweder bedeutend oder sehr wenig oder durchaus nicht von einander abweichen, von häufigem Vorkommen. Obgleich bei vielen Libelluliden eine so beträchtliche Verschiedenheit in der Färbung zwischen den Geschlechtern besteht, so ist es doch oft schwer zu sagen, welches das am meisten glänzende ist, und die gewöhnliche Färbung der beiden Geschlechter ist, wie wir eben gesehen haben, bei einer Art von Agrioniden geradezu umgekehrt. Es ist nicht wahrscheinlich, dass in irgend einem dieser Fälle die Farben als Schutzmittel erlangt worden sind. Wie Mr. MacLachlan, welcher dieser Familie eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hat, mir schreibt, werden die Libellen, die Tyrannen der Tnsectenwelt, am wenigsten unter allen Insecten von den Vögeln oder anderen Feinden angegriffen. Er glaubt, dass ihre glänzenden Farben als ein geschlechtliches An-ziehungsmittel dienen. Da es auf unseren Gegenstand Bezug hat, verdient es Beachtung, dass gewisse Libellen durch besondere Farben angezogen zu werden scheinen. So beobachtet Mr. Patterson 50, dass diejenigen Species von Agrioniden, deren Männchen blau sind, sich in grosser Zahl auf das blaue Schwimmstück eine)- Angelleine niedcr-liessen, während zwei andere Species von hellweisen Farben angezogen wurden.
Es ist eine zuerst von Schelver beobachtete interessante Thatsache, dass die Männchen mehrerer zu zwei Unterfamilien gehörigen Gattungen, wenn sie zuerst aus der Puppenhülle ausschlüpfen, genau so wie die Weibchen gefärbt sind, dass aber ihre Körper in einer kurzen Zeit eine auffallend milcliigblaue Farbe erlangen in Folge der Ausschwitzung einer Art von Oel, welches in Aether und Alcohol löslich ist. Mr. Mac-
49 Walsh, a. a. 0. p. 881. Ich bin diesem Forscher für Mittheilung der folgenden Thatsachen in Bezug auf ITetaerina, Anax und Gomphus verbunden.
50 Transact. Entomol. Soc. Vol. I, 1836, p. LXXXI.
21 *
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324
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Lachlan glaubt, dass bei den Männchen von Libcllula depressa diese Veränderung der Farbe nicht vor vierzehn Tagen nach der Metamorphose eintritt, wenn die Geschlechter bereit sind, sich zu paaren.
Gewisse Species voii Ncurolhemis bieten einer Angabe von Brauer51 zufolge einen merkwürdigen Fall von Dimorphismus dar, indem einige der Weibchen ihre Flügel in der gewöhnlichen Weise netzförmig gezeichnet haben, während andere Weibchen sie „wie bei den Männchen „der nämlichen Species sehr reich netzförmig entwickelt haben." Brauer erklärt die Erscheinung nach „Darwinschen Grundsätzen durch die „Vermuthung, dass das dichte Netzwerk der Adern ein secundärer „Semalcharacter bei den Männchen ist." Dieser letztere Character wird allgemein nur bei den Männchen entwickelt; da er aber, wie jeder andere männliche Character, beim Weibchen latent vorhanden ist, so gelangt er gelegentlich auch bei diesen zur Entwickelung. Wir haben hier eine Erläuterung der Art und Weise, in welcher die beiden Geschlechter bei' vielen Thieren wahrscheinlich dazu gekommen sind, einander ähnlich zu werden, nämlich durch Abänderungen, welche zuerst bei den Männchen auftraten, bei ihnen erhalten wurden und dann auf die Weibchen sich vererbten und dort entwickelten. Aber bei diesem besonderen Genus wurde eine vollständige Uebertragung gelegentlich und ganz plötzlich bewirkt. Mr. MacLachlan theilt mir noch einen anderen Fall von Dimorphismus bei mehreren Species von Agrimi mit, bei denen eine gewisse Zahl von Individuen von einer orangenen Färbung gefunden wird; und diese sind unabänderlich Weibchen. Dies ist wahrscheinlich ein Fall von Rückschlag; denn bei den echten Libelluliden sind, sobald die Geschlechter in der Färbung verschieden sind, die Weibchen immer orange oder gelb, so dass es, — angenommen Agrion stamme von irgend einer primordialen Form ab, welche die characteristischen geschlechtlichen Färbungen der typischen Libelluliden besessen habe, — nicht überraschend wäre, wenn eine Neigung, in dieser Art und Weise zu variiren, allein bei den Weibchen einträte.
Obgleich viele Libelluliden so grosse, kraftvolle und wilde Insecten sind, so hat doch Mr. MacLachlan nicht beobachtet, dass die Männchen mit einander kämpften, mit Ausnahme, wie er meint, einiger der kleineren Species von Agrion. Bei einer anderen sehr verschiedenen Gruppe dieser Ordnung, nämlich bei den Termiten oder weissen Ameisen,
51 s. den Auszug in dem Zoological Recovd for 18G7, p. 450.
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Cap. 10. Insecten; Ilymenoptcra. 325
kann man sehen, wie beide Geschlechter um die Zeit dos Schwärmens herumlaufen, „das Männchen hinter dorn Weibchen her, zuweilen zwei „ein Weibchen jagend und mit grossem Eifer kämpfend, wer den Preis „gewinne" 52.
Ordnung: Hymenoptera. — Bei der Beschreibung der Lebensweise von Cereeris, einem wespenähnlichen Insect, bemerkt jener unnachahmliche Beobachter Fabre53, dass „häufig Kämpfe zwischen den Männchen um den Besitz eines besonderen Weibchens stattfinden, welches „als ein dem Anscheine nach unbetheiligter Zuschauer des Kampfes um „die Obergewalt daneben sitzt und wenn der Sieg entschieden ist, ruhig in „Begleitung des Siegers davonfliegt". Westwood sagt54, dass die Männchen der Blattwespen (Tenthredines) „beobachtet worden sind mit einander „kämpfend und mit ihren Mandibcln in einander verbissen". Da Fabre davon spricht, dass die Männchen von Ccrccris um den Besitz eines besonderen Weibchens kämpfen, so verlohnt es sich der Mühe, sich daran zu erinnern, dass zu dieser Ordnung gehörige Insecten das Vermögen, einander nach langen Zeiträumen wiederzuerkennen, und grosse Anhänglichkeit an einander besitzen. So trennte z. B. Pierre Huber, dessen Genauigkeit Niemand bezweifelt, mehrere Ameisen von einander, und als sie nach einem Zwischenräume von vier Monaten andere antrafen, welche zu demselben Haufen gehört hatten, erkannten sie sich gegenseitig und liebkosten einander mit ihren Antennen. Wären es fremde gewesen, so würden sie mit einander gekämpft haben. Wenn ferner zwei Ameisenhaufen mit einander in Kampf gerathen, so greifen die Ameisen einer und derselben Seite in der allgemeinen Verwirrung zuweilen einander an, bemerken aber bald den Irrthum, und die eine Ameise begütigt die andere 3ä.
Unbedeutende Verschiedenheiten in der Färbung je nach dem Geschlecht sind in dieser Ordnung häufig, aber auffallende Verschiedenheiten sind selten, mit Ausnahme der Familie der Bienen; und doch sind beide Geschlechter gewisser Gruppen so brillant gefärbt, — z. B. bei Chrysis, bei welcher Gattung Scharlach und metallisches Grün vorherrschen, —
52 Kirby and Spence, Introduction to Entomology. Vol II. 1818, p. 35.
53 s. einen interessanten Artikel: The Writings of Fabre in: Natur. History Review. April, 1862, p. 122.
54 Journal of Proceecl. Entomolog. Soc. Sept. 7., 1863, p. 169.
55 P. Huber. Recherches sur les moeurs des Fourmis. 1810, p. 150, 105.
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326
Geschlechtliche Zuchtwahl.
11. Theil.
dass wir dies als ein Resultat der geschlechtlichen Zuchtwahl anzusehen versucht werden. Der Angabe von Mr. Walsh zufolge56 sind bei den Tch-neumoniden die Männchen fast allgemein heller gefärbt als die Weibchen. Andererseits sind bei den Tenthrediniden die Männchen meistens dunkler als die Weibchen. Bei den Siricidcn sind die Geschlechter häufig verschieden. So ist das Männchen von Sirex juveneus mit Orange gebändert, während das Weibchen dunkel purpurn ist; es ist aber schwierig zu sagen, welches Geschlecht das am meisten geschmückte sei. Bei Tremex columbae ist das Weibchen viel glänzender gefärbt als das Männchen. Wie mir Mr. F. Smith mittheilt, sind unter den Ameisen die Männchen mehrerer Species schwarz, während die Weibchen bräunlich sind. In der Familie der Bienen, besonders bei den einzeln lebenden Arten, sind, wie ich von demselben ausgezeichneten Entomologen gehört habe, die Geschlechter öfters in der Färbung verschieden. Die Männchen sind allgemein die glänzendsten und bei Bombus ebensowohl wie bei Apatims viel variabler in der Färbimg aLs die Weibchen. Bei Anthophora retusa ist das Männchen von einem gesättigten Röthlich-braun, während das Weibchen vollständig schwarz ist; ebenso sind die Weibchen mehrerer Species von Xylocopa schwarz, während die Männchen hellgelb sind. Bei einer australischen Biene (Lestis bombylans) ist das Weibchen von einem äusserst brillanten Stahlblau, zuweilen mit lebhaftem Grün gefärbt, wogegen das Männchen von einem hellen Messinggelb ist mit einem reichen röthlichen Haaranflug. Da in dieser Gruppe die Weibchen mit einer ausgezeichneten Vertheidigungswaffe in ihrem Stachel versehen sind, so ist es nicht wahrscheinlich, dass sie zu dieser Verschiedenheit in der Färbung, gegenüber den Männchen, zum Zwecke eines Schutzes gelangt sind.
Mulilla europaea gibt einen stridulirendcn Laut von sich, und der Angabe von Goureau 57 zufolge haben beide Geschlechter diese Fähigkeit. Er schreibt den Laut einer Reibung des dritten und der vorhergehenden Hinterleibssegmente zu, und wie ich sehe, sind die oberen Flächen dieser mit sehr feinen concentrischen Leisten versehen; aber ebenso ist es auch der vorspringende Brustkragen, auf welchen der Kopf eingelenkt ist; und wird dieser Kragen mit einer Nadelspitze gekratzt, so gibt er den cigenthümlichen Laut von sich. Es ist ziem-
56 Proceed. Entomolog. Soc. of Philadelphia. 1866, p. 238—239.
57 citirt von Westwood in: Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 214.
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Cap. 10. Insccten: Coleoptera. 327
lieh überraschend, dass beide Geschlechter diese Fähigkeit, einen Laut hervorzubringen, besitzen, da das Männchen geflügelt und das Weibchen flügellos ist. Es ist notorisch, dass Bienen gewisse Gemüthsbewegungen, z. B. Aerger, durch den Ton ihres Snmmcns ausdrücken, wie es auch manche zweiflügelige Insccten thun. Ich bin aber auf diese Laute nicht weiter eingegangen, da es nicht bekannt ist, dass sie in irgend einer Weise mit dem Acte des Hofmacbens in Verbindung stehen.
Ordnung: Coleoptera (Käfer). — Viele Käfer sind so gefärbt, dass sie der Oberfläche der Orte ähnlich sind, welche sie gewöhnlich bewohnen. Andere Species sind mit prächtigen metallischen Färbungen geziert — z. B. Carabiden, welche auf dem Boden leben und die Fälligkeit haben, sich durch eine intensive scharfe Secretion zu ver-theidigen — die glänzenden Diamantkäfer, welche durch äusserst harte Bedeckungen geschützt sind — viele Species von Chrysomela, wie C. cerealis, eine grosse sehr schöne, mit verschiedenen Färbungen gestreifte Art, welche in England auf den kahlen Gipfel des Snowdon beschränkt ist, — und einer Menge anderer Species. Diese glänzenden Farben, welche oft in Streifen, Flecken, Kreuzen und anderen eleganten Zeichnungen angeordnet sind, können kaum als Schutzmittel von wohlthätigem Einflüsse sein, ausgenommen in dem Fall einiger von Blüthcn lebender Arten; und doch können wir nicht glauben, dass sie zwecklos sind. Es entsteht daher die Vermnthung, dass sie als geschlechtliche Anziehungs-mittel dienen. Wir haben aber hierüber keine Belege, denn die Geschlechter sind nur selten in der Färbung verschieden. Blinde Käfer, welche selbstverständlich nicht die Schönheit des anderen Geschlechts bewundern können, bieten, wie ich von Mr. Watekhouse jun. höre, niemals glänzende Farben dar, obgleich sie oft polirte Oberflächen haben. Doch kann die Erklärung ihrer düsteren Färbung auch wohl darin liegen, dass blinde Insecten Höhlen und andere dunkle Oertlich-keiten bewohnen.
Einige Longicornier, besonders gewisse Prioniden, bieten indess eine Ausnahme von der gewöhnlichen Kegel dar, dass die Geschlechter der Käfer in der Färbung nicht von einander verschieden sind. Die meisten dieser Insecten sind gross und glänzend gefärbt. Die Männchen der Gattung Pyrodes58 sind, wie ich in Mr. Bates' Sammlung
58 I'ijrodes pulcherrimus, bei welcher Art die Geschlechter auffallend von einander verschieden sind, ist von Mr. Bates in den Transact. Entomolog. Soc.
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328 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
sali, gewöhnlich röther, aber etwas dunkler als die Weibchen, welche letztere von einer mehr oder weniger glänzenden goldgrünen Färbung sind. Andererseits ist bei einer Species das Männchen goldgrün, während das Weibchen reich mit Koth und Purpur gefärbt ist. In der Gattung Esmeralda weichen die Geschlechter in der Färbung so bedeutend von einander ab, dass sie als verschiedene Arten angeführt wurden; bei einer Species sind Beide von einem schönen glänzenden Grün, aber das Männchen hat einen rothen Thorax. Im Ganzen sind, soweit ich es beurtheilen kann, die Weibchen derjenigen Prioniden, bei denen die Geschlechter verschieden sind, reicher gefärbt als die Männchen, und dies stimmt nicht mit der gewöhnlichen Kegel in Bezug
auf die Färbung überein, sobald diese durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden ist. Eine äusserst merkwürdige Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern vieler Käfer bieten die grossen Hörner dar, welche vom Kopfe, dem Thorax oder dem Schildchen der Männchen entspringen. In einigen wenigen Fällen gehen dieselben von der unteren Fläche des Körpers aus. In der grossen Familie der Lamellicornia sind diese Hörner denen verschiedener Säugethiere ähnlich, wie
1869, p. 50 beschrieben worden. Ich will hier noch die wenigen anderen Fälle anführen, bei denen ich eine Verschiedenheit der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern bei Käfern habe erwähnen hören. Kirby und Spence führen (Introduction to Entomology. Vol. III. p. 301) eine Cantharis, Meloc, ein Eha-gium und die Leptura testacea an; das Männchen der letzteren ist bräunlich mit einem schwarzen Thorax, das Weibchen durchaus schmutzig roth. Diese beiden letzten Käfer gehören zur Ordnung der Longieornia. Die Herren R. Trimen und Waterhonse jun. nennen mir zwei Lamellicornier, nämlich eine Peri-trichia und einen Trichius; das Männchen des letzteren ist dunkler gefärbt als das Weibchen. Bei Talus elongatus ist das Männchen schwarz, das Weibchen dagegen, wie angenommen wird, immer dunkelblau gefärbt mit einem rothen Thorax. Wie ich von Mr. Walsh höre, ist das Männchen von Orsodacna atra schwarz, während das Weibchen (die sogenannte 0. ruficollis) einen röthlich braunen Thorax hat.
Fig. 15. Chalcosoma alias. Obere Figur das Männchen (verkleinert); untere Figur das Weibchen (nat. Gr.).
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Cap. 10. Insecten: Colcoptera. - 329
der Hirsche, Khiuocerose u. s. w., und sind sowohl ihrer Grösse, als ihrer verschiedenartigen Formen wegen wunderbar. Statt sie zu beschreiben, habe ich Abbildungen der Männchen und Weibchen von
Fig. IG. Copris isidis.
Tig. 17. Phanaeus faumis
Fig. IS. Dipelicux cantori
Fig. 19. Ontttophaijus rangifer (vergrössert). (Die Figuren links sind die Männchen.)
einigen der merkwürdigeren Formen gegeben (Fig. lö—19). Die Weibchen bieten allgemein Rudimente der Hörner in der Form kleiner Höcker oder Leisten dar, aber einigen fehlt selbst jedes Rudiment da-
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330
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
von. Andererseits sind bei den Weibchen von Phanaeus lancifer die Hörner nahezu so gut entwickelt wie beim Männchen und bei den Weibchen einiger anderer Species der nämlichen Gattung und der Gattung Copris nur unbedeutend weniger entwickelt. In den verschiedenen Unterabtheiluugen der Familie laufen die Verschiedenheiten in der Structur der Hörner, wie mir Mr. Bates mitgetheilt hat, nicht mit ihren bedeutenderen und characteristischen Verschiedenheiten parallel. So gibt es innerhalb einer und derselben Section der Gattung Onlho-phagus Species, welche entweder ein einziges am Kopfe stehendes Hörn haben, oder zwei verschiedene Hörner.
In beinahe allen Fällen sind die Hörner wegen excessiver Variabilität merkwürdig, so dass eine gradweise angeordnete Reihe sich bilden lässt von den am höchsten entwickelten Männchen zu anderen so entarteten Männchen, dass sie kaum von den Weibchen unterschieden werden können. Mr. Walsh59 fand, dass bei Phanaeus curnifex die Hörner bei einigen Männchen dreimal so lang waren als bei anderen. Nachdem Mr. Bates über hundert Männchen von Onthophagas ran-gifcr (Fig. 19) untersucht hatte, glaubte er, dass er endlich eine Species entdeckt habe, bei welcher die Hörner nicht variirten; und doch erwies eine noch weitere Untersuchung das Gegentheil.
Die ausserordentliche Grösse der Hörner und ihre sehr verschiedene Bildung bei nahe verwandten Formen deutet darauf hin, dass sie zu irgend einem wichtigen Zwecke gebildet worden sind; aber ihre ausserordentliche Veränderlichkeit bei den Männchen einer und derselben Species führt wieder zu dem Schlüsse, dass dieser Zweck nicht von einer ganz bestimmten Natur sein kann. Die Hörner bieten kein Zeichen von Abreibung dar, als wenn sie zu irgend einer gewöhnlichen Arbeit benutzt würden. Einige Schriftsteller vermuthen60, dass die Männchen, weil sie viel mehr herumwandern als die Weibchen, der Hörner als Vertheidigungsmittel gegen ihre Feinde bedürfen; aber in vielen Fällen scheinen die Hörner nicht gut zur Verteidigung angepasst zu sein, da sie nicht scharf sind. Die am meisten in die Augen springende Verniuthung ist die, dass sie von den Männchen in ihren gegenseitigen Kämpfen benutzt werden. Aber man hat niemals beobachtet, dass sie mit einander kämpfen. Auch konnte Mr. Bates nach einer sorgfältigen Untersuchung zahlreicher Arten keine hinreichenden Belege in dem
59 Proceed. Entoraolog. Soc. of Philadelphia. 1804, p. 228.
60 Kirby aud Spence, Introduction to Eatomology. Vol. III, p. 300.
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verstümmelten oder zerbrochenen Zustande der Hörner dafür finden, dass sie zu diesem Zwecke benutzt worden wären. Wenn die Männchen die Gewohnheit gehabt hatten, mit einander zu kämpfen, so würde wahrscheinlich die Grösse der Thiere selbst durch natürliche Zuchtwahl vermehrt worden sein, so dass sie die der Weibchen überträfen. Mr. Bates hat aber die beiden Geschlechter in über hundert Species von Copriden mit einander verglichen und findet bei gut entwickelten Individuen keine ausgesprochene Verschiedenheit in dieser Beziehung. Ue-berdies gibt es einen zu der nämlichen grossen Abtheilung der Lamel-licornier gehörigen Käfer, nämlich Lethrus, dessen Männchen wie man weiss mit einander kämpfen; doch sind diese nicht mit Hörnern versehen, wenn auch ihre Mandibeln viel grösser sind als die der Weibchen.
Die Schlussfolgerung, welche am besten mit der Thatsache übereinstimmt, dass die Hörner so immens und doch nicht in einer feststehenden "Weise entwickelt worden sind — wie sich durch ihre ausserordentliche Variabilität in einer und derselben Species und durcli ihre ausserordentliche Verschiedenartigkeit in nahe verwandten Species zeigt — ist die, dass sie zur Zierde erlangt worden sind. Diese Ansicht wird auf den ersten Blick äusserst unwahrscheinlich erscheinen; wir werden aber später bei vielen Thieren, welche in der Stufenleiter viel höher stehen, nämlich bei Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln finden, dass verschiedene Arten von Leisten, Höckern, Hörnern und Kämmen allein Anscheine nach nur für diesen einen Zweck entwickelt worden sind.
Die Männchen von Onitis fureifer (Fig. 20) sind mit eigenthüm-lichen Voisprüngen an den Oberschenkeln der Vorderbeine und mit einer grossen Gabel oder einem Paar Hörnern an der unteren Fläche des Thorax versehen. Die Lage dieser ^jy^ibu^ Theile scheint äusserst übel angebracht zu sein, um viöll?
diese Vorsprünge zu zeigen, und sie dürfen eher von ^si^vsljv einem materiellen Dienst sein ; aber bis jetzt kann kein S MßM \ bestimmter Zweck ihnen zugeschrieben werden. Es ist I |
eine sehr merkwürdige Thatsache, dass, obgleich die jf i
Männchen auch nicht eine Spur von Hörnern an der j?tg.?o. ohuu jurd-oberen Fläche ihres Körpers darbieten, doch bei den /«. mmu«&«h, tob
1 unten gesehen.
Weibchen ein Rudiment eines einfachen Horns auf dem
Kopf (Fig. 21a) und einer Leiste (b) am Thorax deutlich sichtbar ist.
Dass die unbedeutende Thoraxleiste beim Weibchen ein Rudiment eines
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dem Männchen eigenthümlichen Vorsprungs ist, welcher freilich bei dem Männchen dieser besonderen Species vollständig fehlt, ist klar. Denn
Fig. 21. Linke Figur das Männchen von Onitis fureifer, von der Seite gesehen; die rechte Figur das Weibchen. — a. Rudiment des Horns am Kopfe; b. Spur des Horns oder der Leiste am Thorax.
das "Weibchen von Bubas bison, einer Onitis sehr nahe verwandten Form, hat eine ähnliche geringe Leiste am Thorax und das Männchen hat an derselben Stelle einen grossen Vorsprung. So kann ferner darüber kein Zweifel sein, dass der kleine Höcker (a) am Kopfe des weiblichen Onitis fureifer, ebenso wie bei den Weibchen zweier oder dreier verwandter Species ein rudimentärer Repräsentant des am Kopfe stehenden Horns ist, welches den Männchen so vieler lamellicorner Käfer, wie z. B. Phanaeus (Fig. I?), häufig zukommt. In der That sind die Männchen einiger nicht benannter Käfer im British Museum, welche, wie man annimmt, factisch zur Gattung Onitis gehören, mit einem ähnlichen Hörne versehen. Die merwürdige Natur dieses Falls wird am besten aus einer beispielsweisen Illustration deutlich werden. Die wiederkäuenden Sängethiere sind den lamellicornen Käfern darin parallel, dass einige Weibchen Hörner besitzen, in derselben Grösse wie die Männchen, während andere sie viel kleiner haben oder sie nur als Rudimente (obgleich dies bei Wiederkäuern ebenso selten, als es bei La-mellicorniern häufig ist) oder durchaus keine Hörner besitzen. Wenn nun eine neue Species von Hirschen oder Schafen entdeckt würde, bei welcher das Weibchen deutliche Rudimente von Hörnern trüge, während der Kopf des Männchens absolut glatt wäre: so würden wir einen Fall haben, der dem des Onitis fureifer gliche.
In diesem Falle bewährte sich der alte Glaube, dass Rudimente nur erschaffen worden sind, um das Schema der Natur zu vervollständigen, in einem Grade nicht, dass alle gewöhnlichen Regeln vollständig durchbrochen werden. Die Ansicht, welche die wahrscheinlichste zu sein scheint, ist die, dass irgend ein früher Urerzeuger von Onitis, wie andere Lamellicornier, Hörner am Kopfe und am Thorax erhielt und sie dann in einem rudimentären Zustande, wie bei so vielen existirenden
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Species, auf die Weibchen vererbte, von denen sie seit jener Zeit beständig beibehalten wurden. Der spätere Verlust der Hörner seitens der Männchen kann nach dem Princip der Compensation des Wachs-thums das Resultat der Entwicklung jener Vorsprünge an der unteren Fläche gewesen sein, während das Weibchen hierdurch nicht berührt wurde, da es jene Vorspränge nicht besitzt und folglich die Rudimente der Höruer an der oberen Fläche beibehalten hat. Obgleich diese Ansicht durch den Fall von Bledius, der sogleich mitgetheilt werden soll, unterstützt wird, so weielien docli die Vorsprünge an der anderen Fläche bedeutend in der Structur und in der Entwickelung bei den Männchen mehrerer Species von Onitis unter einander ab und sind bei einigen selbst nur rudimentär vorhanden. Nichtsdestoweniger ist die obere Fläche bei allen diesen Specis vollständig ohne Hörncr. Da secundäre Sexualcharactere so ausserordentlich variabel sind, so ist. es möglich, dass die Vorspränge an der unteren Fläche zuerst von einem Ur-erzeuger von Onitis erlangt wurden, dann ihre Wirkung durch die Compensation des Wachsthums äusserten und dann in gewissen Fällen beinahe vollständig verloren wurden.
Alle die bisher mitgetheilten Fälle bezieheu sich auf die Lamelli-cornier; aber die Männchen einiger weniger anderen Käfer, welche zu zwei sehr weit von einander verschiedenen Gruppen gehören, nämlich den Curculioniden und Staphyliniden, sind mit Hörnern versehen, — bei den ersteren an der unteren Fläche des Körpers6', bei den letzteren an der oberen Fläche des Kopfes und Thorax.' Bei den Staphyliniden sind die Hörner der Männchen einer und der nämlichen Species ausserordentlich variabel, genau so wie wir es bei den Lamellicorniern gesehen haben. Bei Siagoninm haben wir einen Fall von Dimorphismus; denn die Männchen können in zwei Gruppen getheilt werden^ welche bedeutend in der Grösse ihrer Körper und in der Entwickelung ihrer Hörner von einander abweichen ohne irgendwelche zwischenliegende Stufe. Bei einer Species von Bledius (Fig. 22), welche gleich-
Fig. 22. Bledius lavrus, vergrößert, Figur links das Männchen, Figur rechts das Weibchen.
falls zu den Staphyliniden gehört, können au der nämlichen Oertlich-Bl Kirby and Spence, Indroduction to Entomology. Vol. III, p. 320.
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keit männliche Exemplare gefunden werden, wie Professor Westwood angibt, „bei welchen das centrale Hörn des Thorax sehr gross ist, „ während die Hörner des Kopfes ziemlich rudimentär sind, und andere, „bei denen die Hörner des Thorax viel kürzer sind, während die Vorspränge am Kopfe lang sind" 62. Hier haben wir daher dem Anscheine nach ein Beispiel von Gompensation des Wachsthums, welches auf den eben mitgetheilten Fall von einem Verluste der oberen Hörner bei den Männchen von Onitis fureifer Licht wirft.
Gesetz des Kampfes. — Einige männliche Käfer, welche zum Kampfe nur schlecht ausgerüstet zu sein scheinen, treten doch mit andern in einen Streit um den Besitz der Weibchen ein. Mr. Wallace 63 sah zwei Männchen von Leptorhynchus angustatus, einem schmalen, langen Käfer mit einem sehr verlängerten Rostrum, „die um ein Weibchen kämpften, welches dicht dabei emsig mit Bohren beschäftigt war. „Sie stiessen einander mit ihren Rüsseln, kratzten und schlugen sich „offenbar in der grössten Wuth". Das kleinere indessen „rannte bald „davon und gab sich dadurch als besiegt zu erkennen." In einigen wenigen Fällen sind die Männchen gut zum Kämpfen ausgerüstet, und zwar durch den Besitz grosser, gezähnter Mandibeln, welche viel grösser als die der Weibchen sind. Dies ist bei dem gemeinen Hirschkäfer (Lncanus cervns) der Fall, dessen Männchen ungefähr eine Woche früher als die Weibchen aus der Puppe ausschlüpfen, so dass häufig mehrere Männchen zu sehen sind, welche ein und dasselbe Weibchen verfolgen. Um diese Zeit ereignen sich heftige Kämpfe zwischen ihnen. Als Mr. A. H. Davis 64 zwei Männchen mit einem Weibchen in einer Schachtel einschloss, knipp das grössere Männchen das kleinere so lange und so heftig, bis dieses seine Ansprüche aufgab. Ein Freund erzählte mir, dass er als Knabe oft die Männchen zusammengebracht, nm sie kämpfen zu sehen, und dabei bemerkt habe, dass sie viel kühner und wüthen-der gewesen seien als die Weibchen, wie es ja auch bei den höheren
62 Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 172. Auf derselben Seite wird auch Siagonium geschildert. Im British Museum bemerkte ich ein männliches Exemplar von Siagonium, welches einen intermediären Zustand darbot, so dass der Dimorphismus nicht streng durchgeführt ist.
63 The Malay Archipelago. Vol. II. 18C9, p. 276.
84 Entomological Magazine. Vol. I. 1833, p. 82. s. auch in Bezug auf die Kämpfe dieser Species: Kirby and Spence, Introduction etc. Vol. III, p. 314 und Westwood, Modern Classification. Vol. I, p. 187.
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Thieren bekanntlich der Fall ist. Die Männchen ergriffen seinen Finger, wenn er vor sie gehalten wurde, aber nicht so die Weibchen. Bei vielen der Lucaniden, ebenso wie bei dem vorhin erwähnten Leplo-rhynchus sind die Männchen grössere und kräftigere Insecten als dio Weibchen. Die beiden Geschlechter von Lethrus cephalotes (einer der Lamellicornier) bewohnen eine und dieselbe Höhle, und das Männchen hat grössere Mandibeln als das Weibchen. Wenn ein fremdes Männchen während der Brunstzeit in die Höhle einzudringen versucht, so wird es angegriffen. Das Weibchen bleibt dabei nicht passiv, sondern schliefst die Oeffnung der Höhle und feuert sein Männchen dadurch an, dass es dasselbe beständig von hinten hervortreibt. Die ganze Handlung hört nicht eher auf, als bis der Angreifer getödtet ist oder davonläuft65. Die beiden Geschlechter eines andern lamellicornen Käfers, des Ateu-chus cicatricosus, leben paarweise und scheinen sehr an einander zu hängen. Das Männchen treibt das Weibchen dazu an, die Kothballen zu rollen, in denen die Eier abgelegt werden, und wenn das Weibchen entfernt wird, wird das Männchen sehr beunruhigt; wird dagegen das Männchen entfernt, so hört das Weibchen völlig auf zu arbeiten und wurde, wie Mr. BßULEftiE66 glaubt, auf derselben Stelle bleiben, bis es stürbe.
Die grossen Mandibeln der männlichen Lucaniden sind in ausserordentlichem Grade sowohl der Grösse als der Structur nach variabel und sind in dieser Beziehung den Hörnern am Kopfe und Thorax vieler männlichen Lamellicornier und Staphyliniden ähulich. Man kann von den bestausgerüsteten bis zu den schlechtest bedachten oder degenerir-ten Männchen eine vollkommene Keihe darstellen. Obgleich die Mandibeln des gemeinen Hirschkäfers und wahrscheinlich auch vieler anderen Species als wirksame Waffen im Kampfe benutzt werden, so ist es doch zweifelhaft, ob ihre bedeutende Grösse hierdurch erklärt werden kann. Wir haben gesehen, dass bei dem Lucanus elaphus von Nordamerika dieselben zum Ergreifen des Weibchens benutzt werden. Da sie so auffallend und elegant verzweigt sind, so ist mir zuweilen die Vermuthung durch den Kopf gegangen, dass sie den Männchen als Zierathen dienstbar seien, in derselben Weise wie die Hörner am Kopfe und Thorax der verschiedenen oben beschriebenen Species. Der männ-
65 Citirt aus Fischer in: Dictionaire class. d'Hist. Nat. Tom. X, p. 324.
66 Annales Soc. Entomol. de Franc. 186fi, citirt in Journal of Travel by A. Murray. 1868, p. 135.
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liehe Cliiasognalhus Granlii von Süd-Chile, ein prachtvoller, zu derselben Familie geliöriger Käfer, hat enorm entwickelte Mandibeln (Fig. 23) und ist kühn und kampfsüchtig. Wird er von irgend einer Seite her bedroht, so dreht er sich herum, öffnet seine grossen Kiefern und beginnt zu derselben Zeit ein lautes stridulirendes Geräusch zu machen. Seine Mandibeln waren aber nicht kräftig genug, meinen Finger so zu kneipen, dass ich einen wirklichen Schmerz empfunden hätte. Geschlechtliche Zuchtwahl, welche den Besitz eines beträchtlichen AVahrnehmungsvermögens und starker leidenschaftlicher Empfindungen voraussetzt, scheint bei den Lamellicorniern eine grössere Wirksamkeit entfaltet zu haben als bei irgend einer andern Familie der Coleoptern oder Käfer. Bei einigen Species sind die Männchen mit Waffen zum Kampfe ausgerüstet; einige leben in Paaren und zeigen gegenseitige Anhänglichkeit; viele haben das Vermögen, Laute von sich zu geben, wenn sie erregt werden; viele sind mit den ausserordentlichsten Hörnern versehen, oifenbar zum Zwecke eines Schmucks. Einige ihrer Lebensweise nach als Tagformen zu bezeichnende sind prächtig gefärbt; und endlich gehören mehrere der grössten Käfer in der Welt zu dieser Familie, r" ¥ welche von Linke und Fabricius an die Spitze
Fig. 23. Chiatognathut Gran-
m, verkleinert, obere Fi- der ganzen Ordnung der Coleoptera gestellt
gur da3 Männchen, untere wyn'flp 67 Figur das Weibchen.
Stridulationsorgane. — Käfer, welche zu vielen und sehr von einander verschiedenen Familien gehören, besitzen derartige Organe. Der Laut kann zuweilen in der Entfernung mehrerer Fuss oder selbst Yards68 gehört werden, ist aber nicht mit dem von den Orthoptern hervorgebrachten zu vergleichen. Der Theil, welchen man die Baspel nennen könnte, besteht allgemein aus einer schmalen leicht erhobenen Fläche,
67 West wo od, Modern Classification of Insects. Vol. I, p. 184.
68 Wollaston, On certaiu musical Curculionidae in: Annais and Magaz. of Natur. Hist. Vol. VI. 1860, p. 14.
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welche von sehr feinen parallelen Rippen gekreuzt wird, die zuweilen so fein sind, dass sie iridescirende Farben hervorbringen und unter dem Mikroskope eine sehr elegante Erscheinung darbieten. In manchen Füllen, z.B. bei Typhoeus, kann deutlich gesehen werden, dass äusserst kleine borstige, schuppenartige Vorsprünge, welche die ganze umgebende Fläche in annähernd parallelen Linien bedecken, dadurch die Rippen der Raspel bilden, dass sie zusammenfliessen, gerade werden und zu derselben Zeit stark vorspringen und glatt werden. Eine harte Leiste an irgend einem benachbarten Theile des Körpers, welcher in einigen Fällen speciell für diesen Zweck modificirt ist, dient als Kratzer für die Raspel. Dieser Kratzer wird schnell quer über die Raspel bewegt oder auch umgekehrt die Raspel quer über den Kratzer.
Diese Organe sind an sein- verschiedenen Stellen des Körpers angebracht. Beim Todtengräber (Necrophorus) finden sich zwei parallele Raspeln (r Fig. 24) an der dorsalen Oberfläche des fünften Abdominalsegments, wobei jede Raspel oder jedes Reibzeug, wie es Landois69 beschrieben hat, von 126 bis 140 feinen Rippen gekreuzt wird. Diese Rippen werden von den hinteren Rändern der Flügeldecken gerieben, von denen ein kleiner Theil über die allgemeinen Contouren vorspringt. Bei vielen Oioceriden und bei Chjthra quadripnnctaiu (einer der Cbryso-meliden) und bei einigen Tcnebrioniden etc. 7U liegt das Reibzeug auf der dorsalen Spitzen-Fläche des Abdomen, auf dorn Pygidium oder Pro-pygidium, und wird in dem obigen Falle von den Flügeldecken gerieben. Bei Helerocerus, welcher zu einer andern Familie gehört, liegen die Reibzeuge an den Seiten des ersten Abdominalsegments und werden
69 Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 17. 1867, S. 127.
10 Ich hin Mr. G. R. Crotch sehr dafür verbunden, dass er mir zahlreiche Präparate von verschiedenen Käfern dieser drei sowohl, als anderer Familien, ebenso wie werthvolle Information aller Art mitgetheilt hat. Er glaubt, dass das Stridulatiousvermögen bei Clylhra früher noch nicht beobachtet worden ist. Auch Mr. Janson bin ich für Mittheilungen und für Präparate Dank schuldig. Ich will hinzufügen, dass mein Sohn, Mr. F. Darwin gefunden hat, dass l)er-niestes murinus stridnlirt; er hat aber vergebens nach dem betreffenden Apparate gesucht. Keuerdings ist auch Seolyfots von Dr. Chapman als ein schrillender Käfer beschrieben worden in : Entomologist's Monthly Magazine, Vol. VI. p. 130.
IMKW1K, Abstammung. I. Zweite Annage. 22
Fig. 24. Necrophorus (nach Jjantlo i s). r die beiden Reibzeugo oder Haspeln. Linke i'ignr ein Tlieil der Haspel stark vergrössert.
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von Leisten an den Oberschenkeln gerieben71. Bei gewissen Curcu-lioniden und Carabiden72 sind die bctrofteuden Theile in Bezug auf ihre Stellung gerade umgekehrt; denn das Keibzeug liegt hier an der unteren Fläche der Flügeldecken in der Nähe ihrer Spitzen oder ihren äusseren Rändern entlang und die Kanten der Abdominalsegmentc dienen als Reiber. Bei Pelobius llermanni (einem der Dytisciden oder Wasserkäfer) läuft eine starke Leiste parallel und nahe dem Nahtrande der Flügeldecken und wird von Rippen gekreuzt, die in dem mittleren Theile grob, aber nach den beiden Enden hin und besonders nach dem oberen Ende zu allmählich immer feiner werden. Wird dieses Insect unter Wasser oder in der Luft festgehalten, so wird ein stridulirendes Geräusch durch Reiben des äussersten hornigen Randes des Abdomen gegen das Reibzeug' hervorgebracht. Bei einer grossen Anzahl von longi-cornen Käfern liegen die Organe wieder durchaus verschieden. Das Reibzeug findet sich hier am Mesothorax, welcher gegen den Prothorax gerieben wird. Landois zählte 238 sehr feine Rippen an dem Reibzeuge von Cerambyx keros.
Viele Lamellicornier haben das Vermögen, Laute hervorzubringen. Die betreffenden Organe weichen in Bezug auf ihre Lage sehr von einander ab. Einige Species striduliren sehr laut, so dass, als Mr. F. Smith einen Trox snbulosus gefangen hatte, ein dabei stehender Wildwart glaubte, er habe eine Maus gefangen. Ich bin aber nicht im Stande gewesen, die betreffenden Organe bei diesem Käfer nachzuweisen. Bei Ceolrupes und Typhocus läuft eine schmale Leiste schräg (r Fig. 25) über die Coxa jedes Hinterbeins und hat bei G. slercorarius vierundachtzig Rippen, welche von einem speciell hierzu vorspringenden Theile eines der Abdominalsegmentc gerieben werden. Bei dem nahe verwandten Copris hmavis läuft eine ausserordentlich schmale feine Raspel dem Nahtrande der Flügeldecken entlang mit einer andern kurzen Raspel nahe dem basalen Aussenrande. Aber bei einigen andern
" Schiödte, übersetzt in: Annais and Magaz. of Natur. Hist. Vol. XX. 1867, p. 37.
" Westring hat in Kröyer's Naturbistor. Tidskrift. Bd. 2. 1848—49. p. 334 die Stridulationsorgane sowohl von diesen beiden als auch von andern Familien beschrieben. Unter den Carabiden habe ich Elaphrus uliginosusi und Ble-thisa multipiinctatit, die mir Mr. Crotch übersandt hatte, untersucht. Bei Jile-thisa kommen die queren Leisten an dem gefurchten Rande des Abdominalseg-meuts, soviel ich es benrtheilen kann, nicht mit beim Kratzen der Reibzeuge auf den Flügeldecken ins Spiel.
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Fi£. "25. Hinterbein von Geotru-pes stercorarins (nach Ij a n d o i s). i*. Keibzeug; c. Coxa ; f. Temnr; t.Tibla; tr.Tai-äi.
Coprincn liegt der Angabe von Leconte 7a zufolge das Reibzeug auf der dorsalen Oberfläche des Abdomen. Bei Onjctes ist es auf dem Propygidimn gelegen und der Angabe desselben Ento-mologen zufolge bei einigen andern Dynastinen an der unteren Fläche der Flügeldecken. Endlich gibt Westring an, dass bei Omalopllu bruniiea das Reibzeug an dem Prosternum, der Reiber an dem Metastermim gelegen sei. Hier nehmen also diese Thcile die untere Fläche des Körpers ein, statt wie bei den Longicorniern auf der oberen Fläche gelegen zu sein.
Wir sehen hieraus, dass die Stridulationsorgaue in den verschiedenen Familien der Coleoptern der Lage nach wunderbar verschiedenartig sind, aber nicht so bedeutend der Structnr nach. Innerhalb einer und derselben Familie sind einige Species mit diesen Organen versehen und einigen fehlen dieselben vollständig. Diese Verschiedenartigkeit wird verständlich, wenn wir annehmen, dass ursprünglich verschiedene Species ein reibendes oder zischendes Geräusch durch das Aufeinander-reiben der harten und rauhen Theile ihrer Körper, die. in Berührung waren, hervorbrachten, und dass in Folge des Umstandes, dass der hierdurch bervorgebraclito Laut in irgendwelcher AVeise nützlich war, die rauhen Stellen allmählich in regelmässige Stridulationsorgane entwickelt wurden. Einige Käfer bringen, wenn sie sich bewegen, entweder absichtlich oder unabsichtlich jetzt ein reibendes Geräusch hervor, ohne irgend besondere Organe zu diesem Zwecke zu besitzen. Mr. AVallace tbeilt mir mit, dass der Euchirus longimanus (ein Lamellicornier, dessen Vorderbeine beim Mäunchen wunderbar verlängert sind) ,während ,er'sich bewegt ein leises, zischendes Geräusch durch das Vorstrecken „und das Nachziehen des Abdomen hervorbringt, und wenn er ergriffen „wird, bringt er ein kratzendes Geräusch hervor dadurch, dass er seine „Hinterbeine gegen die Kanten der Flügeldecken reibt". Das zischende Geräusch wird ganz offenbar hervorgebracht durch eiii schmales, feilenartiges Reibzeug, welches dem Nahtrande jeder Flügeldecke entlang läuft; und ich konnte in gleicher AVeise das kratzende Geräusch her-
13 Mr. AValsh, von Illinois, ist so gut gewesen, mir Auszüge von Lcconte's Introduction to Entomology. p. 101, 143 zu schicken, wofür ich ihm sehr verbunden hiu.
22*
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vorbringen, als ich die cbagrinirte Oberfläche des Oberschenkels gegen den granulirten Rand der entsprechenden Flügeldecke rieb. Ich konnte aber hier kein eigentlich feilenartiges Reibzeug entdecken, auch ist es nicht wahrscheinlich, dass ich dasselbe bei einem Insect von dieser Grösse übersehen haben sollte. Nach den Untersuchungen von Cycknts und nach dem, was Westring in seinen zwei Abbandlungen über diesen Käfer geschrieben hat, scheint es sehr zweifelhaft, ob derselbe irgend ein echtes Reibzeug besitzt, trotzdem er das Vermögen hat, einen Laut hervorzubringen.
Nach der Analogie mit den Orthoptern und Homoptera erwartete ich auch bei. den Ooleoptern zu finden, dass die Stridulationsorgane je nach dem Geschlecht verschieden seien. Doch bat Landois, welcher mehrere Species sorgfältig untersucht hat, keine solche Verschiedenheit gefunden, ebensowenig Westrixg und Mr. G. R. Crotch, welcher die Freundlichkeit gehabt hat, zahlreiche Präparate zu machen, die er mir zur Untersuchung mitgetheilt hat. Es würde indessen schwer sein, irgendwelche unbedeutende geschlechtliche Verschiedenheit hier nachzuweisen wegen der grossen Variabilität dieser Organe. So war bei dem ersten Paare von Necrophorvs humalor und des Pelobius, welches ich untersuchte, das Reibzeug beim Männchen beträchtlich grösser als beim Weibchen; bei später untersuchten Exemplaren war dies aber nicht der Fall. Bei Geolrupes slercorarius schien mir das Reibzeug bei drei Männchen dicker, opaker und vorspringender zu sein als bei derselben Zahl von Weibchen. In Folge dessen sammelte mein Sohn, Mr. F. Darwin, um nachzuweisen ob die Geschlechter in ihrem Stri-dulationsvermögen von einander abweichen, siebenundfünfzig lebende Exemplare, welche er in zwei Gruppen theilte, je nachdem sie in derselben Art und Weise gehalten ein grösseres oder unbedeutenderes Geräusch machten. Er untersuchte dann ihr Geschlecht, fand aber, dass die Männchen in beiden Theilen sich sehr nahe in demselben Verhältnisse zu den Weibchen befanden. Mr. F. Smith hat zahlreiche Exemplare von Moiiouychus pseudacori (ein Curculionide) lebendig gehalten und ist überzeugt, dass beide Geschlechter Laute hervorbringen, und zwar dem Anscheine nach in gleichem Grade.
Nichtsdestoweniger ist das Stridulationsvermögen sicher bei einigen wenigen Coleoptern ein sexueller Character. Mr. Crotch hat die Entdeckung gemacht, dass nur die Männchen zweier Species von Helio-jiatlics (Tenebrionidae) Stridulationsorgane besitzen. Ich untersuchte
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fünf Männchen von Heliopalhes gibbus und bei allen diesen fand sich ein wohlontwickeltes Reibzeug, zum Theil in zwei gotheilt, an der dorsalen Fläche des terminalen Abdominalsegments, während in derselben Anzahl von Weibchen auch nicht ein Rudiment des Reibzeugs zu finden, die häutige Bedeckung des Segments im Gegeiltheil durchscheinend und viel dünner als beim Männchen war. Bei H. cribratostruitus besitzt das Männchen ein ähnliches Reibzeug, ausgenommen, dass es nicht theilweise in zwei Abteilungen getrennt ist; und dem Weibchen fehlt dieses Organ vollständig. Aber ausserdem hat das Männchen noch an den Spitzenrändern der Flügeldecken auf jeder Seite der Naht drei oder vier kurze Längsleisten, welche von äusserst feinen Rippen gekreuzt werden, die parallel mit den auf dem abdominalen Serbzeug und diesem ähnlich sind. Ob diese Leisten als ein selbständiges Reibzeug oder als ein Reiber für das Abdominalreibzeug dienen, konnte ich nicht nachweisen. Das Weibchen bietet nicht die Spur von dieser letzteren Bildung dar.
Wir haben ferner bei drei Species des lamellicornen Genus Oryc-tes einen nahezu parallelen Fall. Bei dem Weibchen des 0. gryphus und nasicornis sind die Rippen auf den Reibzeugen des Propygidiums weniger continuirlicli und weniger deutlich als beim Männchen. Die hauptsächlichste Verschiedenheit liegt aber darin, dass die ganze Oberfläche dieses Segments, wenn sie in dem gehörigen Lichte gehalten wird, .dicht mit Haaren bekleidet erscheint, welche bei den Männchen fehlen oder durch ausserordentlich feinen Flaum dargestellt werden. Fs muss bemerkt werden, dass bei allen Coleoptern der wirksame Theil dos Reibzeugs von Haaren entblösst ist. Bei 0. senegalensis ist die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern schärfer markirt, und dies ist am besten zu sehen, wenn das betreuende Segment gereinigt und als durchscheinendes Object betrachtet wird. Beim Weibchen ist die ganze Oberfläche mit kleinen separaten Leisten bedeckt, welche Dornen tragen, während beim Männchen diese Leisten, je weiter sie nach der Spitze zu sich finden, immer mehr und mehr zusammenfliessen, regelmässig und nackt werden, so dass drei Viertel des Segments mit äusserst feinen parallelen Rippen bedeckt werden, welche beim Weibchen vollständig fehlen. Man kann indessen bei den Weibchen aller drei Species von Orycfcs. wenn das Abdomen eines aufgeweichten Exemplars vorwärts und rückwärts gezogen wird, einen leichten kratzenden oder stridulirenden Laut hervorbringen.
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Was Ileliopalhes und Oryctes betrifft, so lässt sich kaum daran zweifeln, dass die Männchen den stridulirenden Laut hervorbringen um die Weibchen zu rufen oder zu reizen; aber bei den meisten Käfern dient dem Anscheine nach die Stridulation beiden Geschlechtern als gegenseitiger Lockruf. Diese Ansicht wird dadurch nicht unwahrscheinlich gemacht, dass Käfer bei verschiedenen Erregungen striduliren; wir wissen ja auch, dass Vögel ihre Stimme zu verschiedenen Zwecken benutzen ausser dem an ihre Genossen gerichteten Gesänge. Der grosse Chiasognathus stridulirt aus Aerger oder zur Herausforderung, viele Species thun dasselbe in der Angst oder Furcht, wenn sie so gehalten werden, dass sie nicht entschlüpfen können. Die Herren Wollaston und Ckotch waren im Stande, durch Klopfen an die hohlen Baumstämme auf den Canarischen Inseln die Gegenwart von Käfern, die zur Gattung Acalles gehören, durch ihre Stridulation zu entdecken. Endlich bringt der männliche Ateuchus seinen Laut hervor, um das Weibchen in seiner Arbeit zu ermuthigen, und aus Unruhe, wenn dasselbe entfernt wird74. Einige Naturforscher glauben, dass die Käfer diesen Laut hervorbringen, um ihre Feinde damit fortzuschrecken; ich kann aber nicht glauben, dass die Vierfüsscr und Vögel, welche im Stande sind, die grösseren Käfer mit ausserodentlich harten Bedeckungen zu fressen, durch ein so unbedeutendes kratzendes Geräusch weggeschreckt werden können. Die Annahme, dass die Stridulation als ein geschlechtlicher Lockruf dient, wird durch die Thatsache unterstützt, dass die Individuen von Aiwbium tesselalum bekanntlich das Klopfen unter einander beantworten oder, wie ich selbst beobachtet habe, selbst auf ein künstlich gemachtes klopfendes Geräusch antworten; so tlieilt mir Mr. Doukleday mit, dass er zwei oder drei Mal gesehen habe, wie ein Weibchen klopfte75, und im Verlaufe von einer
74 M. P. de la Brulerie, citirt in: Journal of Travel by A. Murray. Vol. I, 1868, p. 135.
75 Mr. Doubleday theilt mir mit, dass „das Geräusch von dem Insect dadurch hervorgebracht wird, dass es sich so hoch auf seinen Beinen erhebt, als „es nur kann und dann seinen Thorax fünf- oder sechsmal in rapider Aufeinanderfolge gegen die Unterlage aufstösst, auf welcher es sitzt". Wegen Nach-weisnngen über diesen Gegenstand s. Landois in: Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 17, S. 131. Olivier sagt (nach dem Citat bei Kirby and Spence, Introduction etc. Vol. II, p. 395), dass das Weibchen von Pimelia striata einen ziemlich lauten Ton hervorbringt durch das Aufschlagen ihres Abdomen gegen irgend eine harte Substanz „und dass das Männchen, dieses Rufes gewär-„tig, ihr bald aufwartet und sie sich paaren".
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Insecten: Coleoptera.
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oder zwei Stunden fand er es mit einem Männchen vereint und bei einer Gelegenheit sogar von mehreren Männchen umgeben. Endlich erscheint es wahrscheinlich, dass die beiden Geschlechter vieler Arten von Käfern zunächst in den Stand gesetzt wurden, einander durch das unbedeutende reibende Geräusch zu finden, welches durch das Reiben der benachbarten Thcile ihres harten Körpers auf einander hervorgerufen wurde, und dass in dem Maasse als die Männchen oder die Weibchen, welche das stärkste Geräuch machten, den besten Erfolg beim Finden von Genossen hatten, die Kauhigkciten an verschiedenen Theilen ihrer Körper allmählich durch geschlechtliche Zuchtwahl zu echten Stridulationsorganeu entwickelt wurden.
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Elftes Capitel,
Insecten. (Fortsetzung.) Ordnung: Lepicloptera,
Geschlechtliche Werbung der Schmetteiiinge. — Kämpfe. — Klopfende Geräusche. — Farben beiden Geschlechtern gemeinsam oder brillanter bei den Männchen. — Beispiele. — Sind nicht Folge der directen Wirkung der Lebensbedingungen. — Farben als Schutzmittel augepasst. — Färbungen der Motten. — Entfaltung. — Wahrnehmungsvermögen der Lepidoptern. — Variabilität. — Ursache:! der Verschiedenheiten in der Färbimg zwischen den Männchen und Weibchen. — Helle Farben der Raupen. — Zusammenfassung und Schlussbemcrkungen über die secumlären Sexualcharactere der Insecten. — Vögel und Insecten mit einander verglichen
Der interessanteste Punkt für uns ist bei dieser Ordnung die Verschiedenheit in der Färbung zwischen den Geschlechtern einer und derselben Species und zwischen den verschiedenen Species einer und derselben Gattung. Beinahe dieses ganze Capitel wird diesem Gegenstande gewidmet sein; ich will aber zuerst einige wenige Bemerkungen über einen oder zwei andere Punkte machen. Oft kann man mehrere Männchen sehen, welche ein Weibchen verfolgen oder sich um dasselbe versammeln. Ihre Bewerbung scheint eine sich sehr in die Länge ziehende Angelegenheit zu sein, denn ich habe häufig ein oder mehrere Männchen beobachtet, wie sie um ein Weibchen herumtanzten, bis ich ermüdet wurde, ohne das Ende der Bewerbung auch nur vorauszusehen. Obgleich Schmetterlinge so schwache und zerbrechliche AVesen sind, sind sie doch kampfsüchtig; man hat eine Tris l gefangen, deren Flügelspitzen in Folge eines Kampfes mit einem andern Männchen gebrochen waren. Mr. Colungwood erzählt von den häufigen Kämpfen zwischen den Schmetterlingen von Borneo und sagt: „sie drehen sich mit „der grössten Schnelligkeit um einander herum und scheinen von der „grössten Wuth erregt zu sein." Man kennt eiuen Fall, wo ein Schmetterling, nämlich die Ageronia feronia. ein Geräusch hervorbrachte wie
' Apatiira Tris: the Entomologist's Weekly Intelligencer. 1859, p. 139. In Bezug auf die Schmetterlinge von Borneo s. C. Colli ngivood, Kambles of a Naturalist. 1868, p. 183.
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Cap. 11.
lusecten: Lepiüoptera.
345
das eines Zahnrades, welches unter einem federnden Sperrhaken läuft, und welches in der Entfernung von mehreren Yards gehört werden konnte. Bei Kio de Janeiro hörte ich dieses Geräusch nur, als zwei Schmetterlinge einander in unrcgclmässigem Laufe jagten, so dass es wahrscheinlich während der Bewerbung der Geschlechter hervorgebracht wird. Ich habe aber dem Punkte damals keine Aufmerksamkeit geschenkt2.
Jedermann bewundert die ausserordentliche Schönheit vieler Schmetterlinge und einiger Motten ; und wir werden zu der Frage veranlasst, wie ist diese Schönheit erlangt worden ? Sind diese Färbungen und verschiedenen Zeichnungen einfach das Kesultat der directen Wirkung der physikalischen Bedingungen, denen diese lusecten ausgesetzt gewesen sind, ohne irgendwelchen daraus fliessenden Vortheil? oder sind nach einander auftretende Abänderungen angehäuft und entweder als Schutzmittel oder für irgend einen unbekannten Zweck festgehalten worden, vielleicht damit das eine Geschlecht dem anderen anziehend gemacht werde? Und ferner, was ist die Bedeutung davon, dass bei den Männchen und Weibchen gewisser Species die Färbungen sehr vorschieden und bei den beiden Geschlechtern anderer Species gleich sind ? Ehe wir versuchen, diese Fragen zu beantworten, muss eine Anzahl von That-saclien hier mitgetheilt werden.
Bei den meisten unserer englischen Schmetterlinge, sowohl denen, welche schön sind, wie dem Admiral, dem Pfauenauge, den Füchsen QVmiessaß), und denen, welche einfach gefärbt sind, den Grasfaltern (Hipparchiae), sind die Geschlechter einander gleich. Dies ist auch der Fall bei den prachtvollen Heliconiden und Danaiden der Tropenländer. Aber bei gewissen andern tropischen Gruppen und bei einigen unserer englischen Schmetterlinge, so bei der Iris, dem Aurorafalter u. s. w. iApalura Iris und Anthocharis cwüamines), weichen die Geschlechter entweder bedeutend oder nur unbedeutend in der Farbe von einander ab. Es ist unmöglich den Glanz der Männchen einiger tropischer Species mit Worten zu schildern. Selbst innerhalb einer und ' der nämlichen Gattung finden wir oft Species, welche eine ausserordentliche Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern darbieten, während bei andern die Geschlechter nahezu gleich sind. So theilt mir
- s. mein Journal of Researches. 1845, p. 33. Mr. Doubleday hat einen eigenthiinilichen häutigen Sack an der Basis der Vorderflügel entdeckt, welcher wahrscheinlich zur Hervorbringung des Lautes in Beziehung steht (Proeeed. En-tomolog. Soc, 3. March, 1845, p. 123).
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Mr. Bates, welchem ich für die meisten der folgenden Thatsachen ebenso wie dafür, dass er diese ganze Erörterung nochmals durchgesehen hat, sehr verbunden bin, mit, dass er von der südamerikanischen Gattung Epicallia zwölf Species kennt, von denen die beiden Geschlechter an denselben Orten schwärmen (und dies ist nicht immer bei Schmetterlingen der Fall), welche daher nicht durch die äusseren Bedingungen verschieden beeintiusst worden sein können 3. Von neun unter diesen zwölf Species gehören die Männchen zu den brillantesten von allen Schmetterlingen und weichen so bedeutend von den vergleichsweise einfachen Weibchen ab, dass sie früher in besondere Gattungen gestellt wurden. Die Weibchen dieser neun Species sind einander in dem allgemeinen Typus ihrer Färbung ähnlich und sind gleichfalls beiden Geschlechtern von mehreren verwandten Gattungen ähnlich, welche sich in verschiedenen Theilen der Erde finden. In Uebereinstimmung mit der Descen-denztheorie können wir daher schliessen, dass diese neun Species und wahrscheinlich alle übrigen Arten dieser Gattung von einer vorelter-lichen Form abstammen, welche in nahezu derselben Weise gefärbt war. Bei der zehnten Species behält das Weibchen noch immer dieselbe allgemeine Färbung, aber das Männchen ist ihm ähnlich, so dass dies in einer viel weniger auffallenden und abstechenden Art gefärbt ist als die Männchen der vorhergehenden Species. Bei der elften und zwölften Species weichen die Weibchen von dem bei ihrem Geschlechte in dieser Gattung gewöhnlichen Typus der Färbung ab, denn sie sind in nahezu derselben Weise lebhaft decorirt, wie die Männchen, aber in einem etwas geringeren Grade. Es scheinen also bei diesen beiden Arten die hellen Farben der Männchen auf die Weibchen übertragen worden zu sein, während das Männchen der zehnten Species die einfache Färbung sowohl des Weibchens als der elterlichen Form der Gattung entweder beibehalten oder wiedererlangt hat, so dass die beiden Geschlechter in beiden Fällen, wenn auch in einer entgegengesetzten Art und Weise, nahezu gleich gemacht wurden. In der verwandten Gattung Eubagls sind beide Geschlechter einiger Species einfach gefärbt und einander nahezu gleich, während bei der grösseren Zahl die Männchen mit schönen metallischen Färbungen in einer verschiedenartigen Weise verziert sind und bedeutend von ihren Weibchen ab-
3 s. auch den Aufsatz von Mr. Bates in den Proceed. Entomolog. Soc. of Philadelphia. 1865, p. 206; auch Mr. Wallace über denselben Gegenstand in Bezug auf Diadem», in Transact. Entomolog. Soc. of London. 18G9, p. 278.
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weichen. Durch die ganze Gattung hindurch behalten die Weibchen denselben allgemeinen Character, so dass sie gewöhnlich einander bedeutend ähnlicher sind als ihren eigenen Männchen.
Bei der Gattung Papilio sind alle Species der Gruppe Aeneas merkwürdig wegen ihrer auffallenden und stark contrastirenden Farben und sie erläutern die häufig vorhandene Neigung, in der Grösse der Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern gradweise Abstufungen eintreten zu lassen. In einigen wenigen Species, z. B. bei P. ascanius, sind die Männchen und Weibchen einander gleich, bei andern sind die Männchen wenig oder sehr viel glänzender gefärbt als die Weibchen. Die unsern Vanessae verwandte Gattung Junonia bietet einen nahezu parallelen Fall dar ; denn obgleich die Geschlechter der meisten ihrer Species einander ähnlich sind und satter Färbung entbehren, so ist doch in gewissen Species, wie z. B. bei J. oenone, das Männchen etwas glänzender gefärbt als das Weibchen, und bei einigen wenigen (z. B. J. andremiaja) ist das Männchen von dem "Weibchen so verschieden, dass es leicht fälschlich für eine vollständig verschiedene Species genommen werden kann.
Auf einen andern merkwürdigen Fall machte mich im British Museum Mr. A. Butler aufmerksam, nämlich auf die Thedae aus dem tropischen Amerika, bei denen beide Geschlechter nahezu gleich und wundervoll glänzend sind. Bei einer andern Art ist das Männchen in einer ähnlichen prächtigen Weise gefärbt, während die ganze obere Fläche des Weibchens von einem dunklen gleichförmigen Braun ist. Unsere gemeinen kleinen blauen englischen Schmetterlinge der Gattung Lycaena erläutern die verschiedenen Differenzen in der Färbung zwischen den Geschlechtern fast ebensogut, wenn auch nicht in einer so auffallenden Weise, wie die eben genannten exotischen Gattungen. Bei Lycaena ageslis haben beide Geschlechter braune Flügel mit kleinen orangenen Augenflecken und sind folglich gleich. Bei L. aegon sind die Flügel des Männchens schön blau mit Schwarz gerändert, während die Flügel des "Weibchens braun sind mit einem ähnlichen Rande und denen von L. agestis sehr ähnlich. Endlich sind bei L. arion beide Geschlechter von blauer Farbe und nahezu gleich, obschon beim Weibchen die Bänder der Flügel etwas trüber und die schwarzen Flecke einfacher sind. Und in einer hellblauen indischen Species sind beide Geschlechter einander noch mehr gleich.
Ich habe die vorstehenden Fälle in ziemlichem Detail mitgetheilt, um an erster Stelle zu zeigen, dass, wenn die Geschlechter bei Schmet-
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terlingen von einander abweichen, der allgemeinen Regel nach das Männchen das schönste ist und am meisten von dem gewöhnlichen Typus der Färbung der Gruppe, zu welcher die Art gehört, abweicht, fn den meisten Gruppen sind daher die Weibchen der verschiedenen Specics einander viel mehr ähnlich als es die Männchen sind. Indessen sind in einigen ausnahmsweisen Fällen, auf welche ich später noch hinzuweisen haben werde, die Weibchen glänzender gefärbt als die Männchen. An zweiter Stelle sind die obigen Fälle mitgetheilt worden, um es dem Leser klar zu machen, dass innerhalb einer und der nämlichen Gattung die beiden Geschlechter häufig jede Abstufung von gar keiner Verschiedenheit in der Färbung bis zu einer so bedeutenden darbieten, dass es lange gedauert hat, ehe die beiden Geschlechter von den Entomologen in eine und dieselbe Gattung gestellt wurden. Wir haben aber drittens auch gesehen, dass, wenn die Geschlechter einander ziemlich ähnlich sind, dies allem Anscheine nach entweder die Folge davon ist, dass das Männchen seine Farben dem Weibchen überliefert hat, oder dass das Männchen die ursprünglichen Farben der Gattung zu welcher die Art gehört, beibehalten oder vielleicht auch wiedererlangt hat. Auch verdient es Beachtung, dass in denjenigen Gruppen, bei denen die Geschlechter irgendwelche Verschiedenheit der Farbe besitzen, die Weibchen gewöhnlich in einer gewissen Ausdehnung den Männchen ähnlich sind, so dass, wenn die Männchen in einem ausserordentlichen Grade schön sind, auch die Weibchen fast ausnahmslos einen gewissen Grad von Schönheit ihrerseits darbieten. Aus den zahlreichen Fällen von Abstufung in dem Betrage an Verschiedenheit zwischen der Geschlechtern und aus dem Vorherrschen desselben allgemeinen Typus der Färbung durch die ganze Gruppe hindurch können wir schlies-sen, dass, was auch die Ursachen gewesen sein mögen, welche die brillante Färbung allein der Männchen bei manchen Species und beider Geschlechter in mehr oder weniger gleichem Grade bei andern Species bestimmt haben, diese Ursachen im Allgemeinen dieselben gewesen sind.
Da so viele prachtvolle Schmetterlinge die Tropenländer bewohnen, so ist oft vermuthet worden, dass sie ihre Farben der grossen Wärme und Feuchtigkeit dieser Zonen verdanken. Aber aus der Vergleichung verschiedener nahe verwandter Gruppen von Insecten aus den gemässigten und den tropischen Ländern hat Mr. Bates gezeigt 4, dass diese Ansicht nicht aufrecht erhalten werden kann; und die Belege hierfür 4 The Naturalist on the Amazons. Vol. I. 1863, p. 19.
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werden zwingend, sobald brillant gefärbte Männchen und einfach gefärbte Weibchen einer und derselben Species den nämlichen Bezirk bewohnen, sich von demselben Futter ernähren und genau dieselben Lebensbedingungen haben. Selbst wenn die Geschlechter einander ähnlich sind, können wir kaum glauben, dass ihre brillanten und schön angeordneten Farben das zwecklose Resultat einer besonderen Beschaffenheit der Gewebe und eine Folge der Einwirkung der umgebenden Bedingungen sind. Sobald die Farbe zu irgend einem speciellen Zwecke modificirt worden ist, so ist dies, und zwar bei Thieren aller Arten, soweit wir es bcurtheilen können, zum Zwecke des Schutzes oder zur Bildung eines Anziehungsmittels der Geschlechter an einander geschehen. Bei vielen Arten von Schmetterlingen sind die oberen Flächen der Flügel dunkel gefärbt, und dies befähigt sie aller Wahrscheinlichkeit nach dazu, der Beobachtung und der Gefahr zu entgehen. Aber Schmetterlinge sind vorzuglich, wenn sie ruhen, deii Angriffen ihrer Feinde ausgesetzt und fast alle Arten erheben beim Buhen ihre Flügel senkrecht über ihren Kücken, so dass nur die unteren Seiten dem Blicke ausgesetzt sind. Diese Seite ist es daher, welche in vielen Fällen in auffallender Weise so gefärbt ist, dass sie der Fläche gleicht, auf welcher diese Insecten sich am häufigsten niederlassen. Ich glaube, es war Dr. Eössler, welcher zuerst die Aehnlichkeit der geschlossenen Flügel gewisser Vanessae und anderer Schmetterlinge mit der Rinde von Bäumen bemerkte. Viele analoge auffallende Fälle könnten hier noch mitgetheilt werden. Der interessanteste Fall ist der, den Mr. Wallace 5 von, einem gewöhnlichen indischen und snmatraner Schmetterling (Kallima) berichtet hat, welcher wie durch einen Zauber verschwindet, wenn er sich in einem Gebüsche niederlässt. Denn er verbirgt seinen Kopf und seine Antennen zwischen den geschlossenen Flügeln und diese können in ihrer Form, Färbung und Aderung von einem verwelkten Blatte in Verbindung mit dessen Stiel nicht unterschieden werden. In einigen andern Fällen ist die untere Fläche der Flügel brillant gefärbt und doch dient sie als Schutzmittel. So sind die Flügel bei Thecla rubi, wenn sie geschlossen sind, smaragdgrün und gleichen den jungen Blättern des Himbeerstrauchs, auf welchen dieser Schmetterling im Frühjahr am häufigsten sitzend anzutreffen ist.
5 s. einen interessanten Artikel in der Westmiuster Review, July, 1867 p. 10. Ein Holzschnitt der Kallima ist von Mr. Wallace in Hardwieke's Science Gossip, Sept. 1867, p. 19G mitgetheilt worden.
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350 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
Obgleich die dunklen Färbungen der oberen oder unteren Flächen vieler Schmetterlinge ohne Zweifel dazu dienen, sie zu verbergen, so können wir doch unmöglich diese Ansicht auch auf die brillanten und auffallenden Färbungen vieler anderen Arten ausdehnen, wie z. B. auf unsern Admiral und unser Pfauenauge, die Wanessae, nnsern weissen Kohlschmetterling CPievis) oder den grossen schwalbenschwänzigen Pa-püio, welcher auf offenen Gründen schwärmt. Denn es' sind diese Schmetterlinge durch jene Farben sichtbar für jedes lebende Wesen gemacht worden. Bei diesen Species sind beide Geschlechter einander gleich, aber bei dem gemeinen Citronenvogel (Gonepteryx rkamni) ist das Männchen intensiv gelb, während das AVeibchen viel blässer ist, und bei dem Aurorafalter (Antliocharis cardamlnes) haben nur die Männchen die glänzenden orangenen Spitzen an ihren Flügeln. In vielen Fällen sind die Männchen und Weibchen gleichmässig in die Augen fallend und es ist nicht glaubhaft, dass ihre Verschiedenheit in der Färbung in irgend einer Beziehung zu gewöhnlichen Schutzmitteln steht. Nichtsdestoweniger ist es möglich, dass die auffallenden Farben vieler Species in einer indirecten Weise wohlthätig sind und zwar, wie hernach noch gezeigt werden wird, dadurch, dass dieselben den Feindon ihrer Art es sofort zu erkennen geben, dass sie ungenicssbar sind. Selbst in diesem Falle ist der Schluss noch nicht mit Sicherheit zu ziehen, dass die glänzenden Farben und schönen Zeichnungen zu diesem specialen Zwecke erlangt worden sind. In einigen andern merkwürdigen Fällen ist die Schönheit zum Zwecke eines Schutzes durch die Nachahmung anderer schöner Species erreicht worden, welche denselben Bezirk bewohnen nnd vor Angriffen dadurch sicher geworden sind, dass sie in irgendwelcher Weise den Feinden offensiv sind.
Das Weibchen unseres Aurorafalters, welcher oben erwähnt wurde, und einer amerikanischen Species CAnlhocharis gemdia) bietet uns, wie Mr. Walsh gegen mich geäussert hat, wahrscheinlich die ursprünglichen Farben der elterlichen Art der ganzen Gattung dar, denn beide Geschlechter von vier oderx fünf sehr weit verbreiteten Arten sind in nahezu derselben Art und Weise gefärbt. Wir können hier schliessen, wie in mehreren der vorhergehenden Fälle, dass es die Männchen von Antliocharis cardamines und genulia sind, welche von dein gewöhnlichen Typus der Färbung ihrer Gattung abgewichen sind. Bei der Anth. sara von Californien sind die orangenen Spitzen beim AVeibchen zum Theil entwickelt worden, denn ihre Flügel sind mit einem Röthlich-
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Orange getupft, aber blässer als beim Männchen und in einigen andern Beziehungen unbedeutend verschieden. Bei einer verwandten indischen Form, der Iphias ghutcippe, sind die orangenen Spitzen in beiden Geschlechtern völlig entwickelt. Bei dieser Iphins gleicht die untere Fläche der Flügel, worauf mich Mr. A. Butler aufmerksam gemacht hat, in merkwürdiger Weise einem blassgefärbten Blatte und bei unserem englischen Aurorafalter gleicht die obere Fläche dem Blüthen-kopfe der wilden Petersilie, auf welcher man denselben sich zur Nachtruhe niederlassen sehen kann 6. Dieselbe Beweiskraft, welche uns dazu zwingt zu glauben, dass die untere Fläche in diesen Fällen zum Zwecke des Schutzes gefärbt worden ist, veranlasst uns aber auch es zu läug-nen, dass in den Fällen, wo die Flügel mit hellem Orange an der Spitze versehen worden ist, und besonders wenn dieser Character auf das Männchen beschränkt ist, dies zu demselben Zwecke geschehen ist.
Wenden wir uns nun zu den Motten. Die meisten dieser Thiere ruhen während des ganzen Tages oder des grösseren Theils desselben bewegungslos mit herabhängenden Flügeln, und die oberen Flächen der Flügel sind oft, wie Mr. Wallace bemerkt hat, in einer wunderbaren Weise schattirt und gefärbt, um der Entdeckung zu entgehen. Bei den meisten Bombyciden und Noctuiden7 bedecken im Kuhezn-stande die Vorderflügel die Hinterflügel und verbergen dieselben, so dass die letzteren ohne grosse Gefahr glänzend gefärbt sein können; und so sind sie in vielen Species beider Familien wirklich gefärbt. Während des Flugs selbst sind die Motten oft im Stande, ihren Feinden zu entgehen; nichtsdestoweniger müssen, da die Hinterflügel beim Fliegen dem Blicke vollständig ausgesetzt sind, die glänzenden Farben derselben allgemein auf Kosten einer gewissen Gefahr erlangt worden sein. Aber die folgende Thatsache zeigt uns, wie vorsichtig wir sein müssen beim Ziehen von Schlüssen üb'er einen derartigen Gegenstand. Die gemeinen Gelbbandeulen (Triphaena) fliegen oft während des Tags oder des frühen Abends herum und sind dann wegen der Farbe ihrer Hinterflügel sehr auffallend. Man würde natürlich hier denken, dass dies eine Quelle der Gefahr sei; aber Mr. Jenner Weir glaubt, dass dies factisch ein Mittel zur Sicherung ist. Denn die Vögel stossen
8 s. die interessanten Beobachtungen von Mr. T. W. Wood, „The Student", Sept. 1868, p. 81.
' Mr. Wallace in Hardwicke's Science Gossip, Sept. 18U7, p. l'J3.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Tlieil.
auf diese glänzend gefärbten und zerbrechlichen Flächen statt auf den Körper. So that z. B. Mr. Weir ein kräftiges Exemplar von Triphaena pronuba in seine Voliere, welches, sofort von einem llothkehlclien verfolgt wurde, da aber die Aufmerksamkeit des Vogels sich auf die gefärbten Flügel richtete, so wurde die Motte nicht eher als nach ungefähr fünfzig Versuchen gefangen und nachdem kleine Partieeu der Flügel wiederholt abgebrochen worden waren. Er versuchte dasselbe Experiment in freier Luft mit einer Triphaena funbria und einer Schwalbe, aber die bedeutende Grösse dieser Motte verhinderte wahrscheinlich ihre Gefangennahme 8. Wir werden hierdurch an eine von Mr. Wal-lace 9 gemachte Angabe erinnert, nämlich dass in den brasilianischen Wäldern und auf den malayischen Inseln viele häufige und auffallend decorirte Schmetterlinge nur schwache Flieger sind, trotzdem sie in ihren Flügeln eine grosse Fläche darbieten; und „oft werden sie mit „durchbohrten und gebrochenen Flügeln gefangen, als wenn sie von „Vögeln ergriffen worden wären, denen sie dann wieder entgangen wä-„ren. Wären die Flügel im Verhältnisse zum Körper viel kleiner ge-„wesen, so würde das Insect, wie es scheint, wahrscheinlich häufiger „an einem wichtigen Theile getroffen oder durchbohrt worden sein, und „deshalb kann wohl die Zunahme der Flächenausdehnung der Flügel „indirect eine Wohlthat für das Insect gewesen sein".
Entfaltung der Reize. — Die hellen Farben der Schmetterlinge und einiger Motten sind besonders zur Entfaltung angeordnet worden, mögen sie ausserdem noch als Schutzmittel dienen oder nicht. Helle Farben werden zur Nachtzeit nicht sichtbar sein; und es lässt sich nicht zweifeln, dass Motten im Ganzen genommen viel weniger lebhaft gefärbt sind als Schmetterlinge, von denen alle ihrer Lebensweise nach Tag-thiere sind. Aber die Motten gewisser Familien, so z. B. der Zygaeniden, mehrere Sphingiden, Uraniiden, einige Arctiiden und Saturniiden fliegen während des Tags oder des frühen Abends herum, und viele dieser Arten sind ausserordentlich schön und viel glänzender gefärbt als die' im strengen Sinne Nachts lebenden Arten. Einige wenige Ausnahmsfälle von glänzend gefärbten Nachtfliegern sind indessen mitgetheilt worden lü.
8 s. auch Aber diesen Gegenstand Mr. Weir's Aufsatz in den Transact. En-tomolog. Soc. 1869, p. 23.
9 Westminster Review, July, 1807, p. Iß.
10 so z. B. Litliosia; Prof. Westwood scheint aber (Modern Classific. of Insects, Vol. II, p. 390) über diesen Fall überrascht "gewesen zu sein. Ueber die
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Cap. 11.
Tnsectpn: Tjppidoptera.
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Wir haben auch noch einen Beweis anderer Art in Bezug auf diese Entfaltung. Wie vorhin erwähnt erlieben die Schmetterlinge ihre Flügel im Ruhezustände; und während sie im Sonnenscheine ausruhen, erheben sie oft abwechselnd die Flügel und lassen sie wieder sinken, wodnrch sie beide Oberflächen vollständig dem Blicke aussetzen; obschon nun die untere Fläche oft als Schutzmittel in einer dunklen Weise se-färbt ist, so ist sie doch in vielen Species ebenso glänzend gefärbt als die Oberfläche, zuweilen auch in einer sehr verschiedenen Weise. In einigen tropischen Species ist die untere Flache selbst noch brillanter gefärbt als die obere11. Bei dem grossen Perlnmtterfalter, der Argynnis aylaia. ist nur die untere Fläche mit glänzenden Silbertlecken verziert. Nichtsdestoweniger ist der allgemeinen Regel nach die obere Fläche, welche wahrscheinlich die meist vollständig exponirte ist, glänzender und in einer verschiedenartigeren Weise gefärbt als die untere. Es bietet daher die untere Fläche im Allgemeinen den Entomologen die nützlichsten Merkmale dar zum Nachweis der Verwandtschaften der verschiedenen Arten.
Wenn wir uns nun zu der enormen Gruppe der Motten wenden, welche gewöhnlich die untere Fläche ihrer Flügel nicht vollständig dem Blicke aussetzen, so finden wir, wie ich von Mr. Stainton höre, dass diese Seite sehr selten glänzender gefärbt ist als die obere oder auch mir mit gleichem Glänze. Einige Ausnahmen von dieser Regel, entweder wirkliche oder scheinbare, müssen angeführt werden, so die lly-popyra, die Mr. Wormald l2 angeführt hat. Mr. R. Trimkn theilt mir mit, dass in Guenee's grossem Werke drei Motten abgebildet sind, bei denen die untere Fläche weitaus die brillanteste ist. So ist z. B. bei der australischen Gastrophora die obere Fläche der Vorderflügel blass gräulich-ockergelb, während die untere Fläche prachtvoll mit einem Au-gonflecke von Kobaltblau verziert ist, welcher in der Mitte eines schwarzen, von Orangegelb und nach aussen von Bläulichweiss geränderton Fleckes sich befindet. Aber die Lebensweise dieser drei Motten ist unbekannt,* so dass für diese ungewöhnliche Art der Färbung keine Erklärung gegeben werden kann. Auch theilt mir Mr. Trimen mit, dass
relativen Färbungen der Tag- uml Nachtscbmetterlinge s. ebenda p. 333 und 392; auch Harris, Treatise on the Insccts of New England. 1842, p. 315.
1' Derartige Verschiedenheiten zwischen den oberen nnd unteren Flächen der Flügel bei mehreren Species von Papilio kann man auf den schönen Tafeln sehen zn Mr. Wallace's Abhandlung on the Papilionidae of the Malayan Region, in: Transact. Linncan Soc. Vol. XXV. Part. I. 18G5.
12 Proceed. Entomolog. Soc, 2. iMarch, 18G8.
DARWIN, Ab.stammui]g. 1. Zweite Autkigü. 23
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
die untere Fläche der Flügel gewisser anderer Geometrae13 und viertheiliger Nocluae entweder bunter oder glänzender gefärbt ist als die obere Fläche; aber einige dieser Species haben die Gewohnheit, „ihre „Flügel vollständig aufrecht über ihren Rücken zu halten und in dieser „Stellung eine beträchtliche Zeit zu bleiben", Avobei sie die untere Fläche dem Blicke aussetzen. Andere Species haben, wenn sie sich auf den Boden oder auf Pflanzen niederlassen, die Gewohnheit, ihre Flügel dann und wann plötzlich leicht zu erheben. Es ist daher die Thatsache, dass die untere Fläche der Flügel bei manchen Motten glänzender gefärbt ist als die obere, kein so anomaler Umstand, als es auf den ersten Blick erscheint. Die Saturniiden enthalten einige der schönsten unter allen Motten, ihre Flügel sind wie beim kleinen Nachtpfauenauge mit schönen Augenflecken verziert, und Mr. T. W. Woon '* macht die Bemerkung, dass sie in manchen ihrer Bewegungen Schmetterlingen gleichen, „z. B. in dem sanften Auf- und Abschwingen ihrer „Flügel, als wenn es auf eine Entfaltung ihrer Schönheit ankäme, welches für die Tagschmetterlinge characteristischer ist als für Motten". Es ist eine eigenthümliche Thatsache, dass bei keiner britischen Motte, ebensowenig bei irgendwelchen ausländischen Arten, soweit ich es wenigstens nachweisen kann, sobald sie brillant gefärbt sind, die Geschlechter in Bezug auf die Färbung bedeutend von einander verschieden sind, trotzdem dies bei vielen glänzend gefärbten Schmetterlingen der Fall ist. Indess wird eine amerikanische Motte, die Saturnia Ja, beschrieben als im Besitze tiefgelber und merkwürdig mit purpurrothen Flecken gezeichneter Vorderflügel, während die Flügel des Weibchens purpurbraun und mit grauen Linien gezeichnet sind 13. Die britischen Motten, welche in ihrer Färbung dem Geschlechte nach verschieden sind, sind alle braun oder haben verschiedene Farbennuancen von Schmutzig-gelb oder fast Weiss. Bei mehreren Species sind die Männchen viel dunkler als die Weibchen lö, und diese gehören Gruppen an, welche meistens während des Nachmittags fliegen. -Auf
ls s. auch eine Beschreibung der süd-amerikaniseben Gattung Erateina (einer der Geometern) in : Transact. Entomolog. Soc. New Series, Vol. V, pl. XV und XVI. " Proceed. Entomolog. Soc. of London, July fi, 1808, p. XXVII.
15 Harris, Treatise on the Insects of New England, edited by Fl int. 1862, p. 395.
16 Ich beobachtete z. B. in der Sammlung meines Sohnes, dass bei Lasiocampa quercus. Oäonentis potatoria, Hypogymna tlispar, Dasyclüra puäihimäa und Ci/c-nia mendica die Männchen dunkler sind als die Weibchen. Bei der zuletzt ge-
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der anderen Seite haben- bei vielen Gattungen, wie mir Mr. Stainton mittheilt, die Männchen weissere Unterflügel als die Weibchen, für welche Thatsache Agrolis exdamatinnts ein gutes Beispiel darbietet. Hierdurch werden die Männchen viel auffallender als die Weibchen, wenn sie in der Dämmerung umherfliegen. Bei dem Hopfenspinner (Hepialiis humuli) ist die Verschiedenheit schärfer ausgesprochen, die Männchen sind weiss und die Weibchen gelb mit dunkleren Zeichnungen. Es ist schwer eine Vermuthung auszusprechen, was die Bedeutung dieser Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern in den Schattirungsgraden von dunkler und heller sein mag; wir können aber kaum annehmen, dass sie nur das Resultat blosser Variabilität mit geschlechtlich beschränkter Vererbung unabhängig von einem daraus fliessenden Vortheile sein sollten. Nach den vorstehenden Angaben ist es unmöglich zuzugeben, dass die brillanten Farben von Schmetterlingen und einigen wenigen Motten im Allgemeinen zum Zwecke des Schutzes erlangt worden seien. Wir haben gesehen, dass ihre Färbungen und eleganten Zeichnungen so, als wenn es auf eine Entfaltung derselben abgesehen sei, angeordnet sind und dem Anblicke dargeboten werden. Ich werde daher zu der Vermuthung geleitet, dass die Weibchen im Allgemeinen die brillanter gefärbten Männchen vorziehen oder von diesen am meisten angeregt werden: denn nach jeder andern Annahme würden die Männchen, so weit wir sehen können, zu gar keinem Zwecke geschmückt sein. Wir wissen, dass Ameisen und gewisse lamellicorne Käfer eines Gefühls der Zuneigung für einander fähig sind und dass Ameisen ihre Genossen nach einem Verlaufe von mehreren Monaten wiedererkennen. Es liegt daher keine abstracte Unmöglichkeit vor, dass die Lepidoptern, welche in der Stufenleiter wahrscheinlich nahezu oder vollständig so hoch stehen wie jene Insecten, hinreichende geistige Fähigkeiten haben sollten, hellere Färbungen zu bewundern. Sie finden sicher Blüthen durch
nannten Species ist die Verschiedenheit in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern scharf ausgesprochen; auch theilt mir Mr. Wallace mit, dass wir liier, wie er meint, einen Fall von protectiver Xachäffung vor mis haben, welche auf das eine Geschlecht beschränkt ist, wie später noch ausführlich auseinandergesetzt werden wird. Das weisse Weibchen von (,'ycnia gleicht dem sehr gemeinen Spiloüoma menthastri, bei welchem beide Geschlechter weiss sind; und Mr. Stainton hat die Beobachtung gemacht, dass die letztere Motte mit äusserstem Widerwillen von einer ganzen Brut junger Truthühner verschmäht wurde, welche andere Motten sehr gern fressen. Wenn daher die l'ycnia von britischen Vögeln gewöhnlich für ein SjiiJoaovm gehalten würde, so würde sie dem Gefressenwerden entgehen und ihre weisse Farbe wäre daher eine ausserordentliche Wohlthat für sie.
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deren Färbungen und, wie ich an einem andern Orte gezeigt habe, haben diejenigen Pflanzen, welche ausschliesslich durch den Wind befruchtet werden, niemals eine auffallend gefärbte Bliithenkrone. Der Taubenschwanz (Macroglossa slellalarum) stürzt sich, wie oft beobachtet werden kann, ans einer ziemlichen Entfernung auf eine Gruppe Bliithen in der Mitte von grünem Laube, und ein Freund hat mir versichert, dass im Süden von Frankreich diese Motte wiederholt an den Wänden eines Zimmers gemalte Blumen aufsuchte. Der gemeine weisse Schmetterling fliegt oft, wie ich von Mr. Doubletiay höre, auf ein Stück Papier auf der Erde hinunter, indem er dasselbe ohne Zweifel für ein Insect seiner Art hält. Mr. Collinowood n erzählt von der Schwierigkeit, gewisse Schmetterlinge in dem malayischen Archipel zu sammeln und gibt an, dass „ein auf einen auffallend vorspringenden Zweig „ gestecktes todtes Exemplar oft ein Insect derselben Species in seinem „stürmischen Fluge aufhält und in den Bereich des Netzes herabbringt, „besonders wenn es dem andern Geschlechte angehört".
Die Werbung der beiden Geschlechter bei Schmetterlingen ist eine langwierige Angelegenheit. Die Männchen kämpfen zuweilen aus Eifersucht mit einander und man sieht oft, wie viele um ein und dasselbe Weibchen herumjagen oder sich um dasselbe versammeln. Wenn nun die Weibchen nicht ein Männchen dem andern vorziehen, so muss die Paarung dem blossen Zufalle überlassen sein, und dies scheint mir durchaus nicht der wahrscheinliche Ausgang zu sein. Wenn auf der andern Seite die Weibchen gewöhnlich, oder selbst nur gelegentlich, die schöneren Männchen vorziehen, so werden die Farben der letzteren gradweise glänzender geworden sein und werden auf beide Geschlechter oder nur auf ein Geschlecht vererbt worden sein je nach dem gerade vorherrschenden Gesetze der Vererbung. Sind die Schlussfolgerungen, zu denen wir aus verschiedenen Arten von Belegen in dem Anhange zum neunten Capitel gelangt sind, zuverlässig, so wird der Process der geschlechtlichen Zuchtwahl durch einen Umstand sehr erleichtert worden sein, nämlich dadurch dass die Männchen vieler Lepidoptern. wenigstens im Imagozustande, die Weibchen bedeutend an Zahl übertreffen.
Einige Thatsachen stehen indessen der Annahme, dass weibliche Schmetterlinge die schöneren Männchen vorziehen, entgegen. So ist mir von mehreren Beobachtern versichert worden, dass frische Weib-
" Ramhles of a Naturalist in the Chinese Seas. 1868, p. 182.
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chen häufig in der Paarung mit abgeflogenen, abgoblassten oder schmutzigen Männchen zu sehen sind. Doch ist dies ein Umstand, welcher in vielen Fällen kaum ausbleiben kann, da die Männchen zeitiger aus ihren Puppeuhiillen ausschlüpfen als die Weibchen. Bei Motten aus der Familie der Bombj'ciden paaren sich die Geschlechter unmittelbar nachdem sie die Form des Imago angenommen haben; denn wegen des rudimentären Zustands ihrer Mundorgane können sie sich nicht ernähren. Wie mir mehrere Entomologen bemerkt haben, befinden sich die Weibchen in einem fast torpiden Zustande und scheinen auch nicht die mindeste Wahl in Bezug auf ihre Genossen zu äussern. Dies ist mit dem gemeinen Seidenschmetterling (_Bombyx mori) der Fall, wie mir mehrere Züchter vom Continente und in England gesagt haben. Dr. AVal-lace, welcher in Bezug auf die Züchtung von Bombyx Cynthia so ungeheure Erfahrung hat, ist der Ueberzeugung, dass die Weibchen keine Wahl oder keine Vorliebe zeigen. Er hat über dreihundert von diesen Motten lebend zusammengehalten und hat oft die kräftigsten AVeibehen mit verstümmelten Männchen sich paaren sehen. Wie es scheint, kommt das Umgekehrte selten vor. Denn wie er glaubt gehen die kräftigen Männchen bei den schwächlichen Weibchen vorüber und werden mehr von denen angezogen, welche die, meiste Lebenskraft darbieten. Obgleich wir iudirect zu der Annahme geführt worden sind, dass die Weibchen vieler Species die schöneren Männchen vorziehen, so ist doch kein Grund vorhanden zu vermutheii, weder bei Motten noch bei Schmetterlingen, dass die Männchen von der Schönheit der Weibchen angezogen werden. Wären die schöneren Weibchen beständig vorgezogen worden, so ist es fast sicher, da die Farben bei Schmetterlingen so häufig nur auf ein Geschlecht vererbt werden, dass die AVeibehen auch oft schöner als ihre männlichen Genossen gemacht worden wären. Dies kommt aber mit Ausnahme einiger weniger Beispiele uicht vor, und diese können, wie wir sofort sehen werden, aus dem Principe der Nachahmung und des Schutzes erklärt werden.
Da geschlechtliche Zuchtwahl ursprünglich und an erster Stelle von Variabilität abhängt, so müssen ein paar Worte über diesen Gegenstand noch hinzugefügt werden. In Bezug auf die Farbe bestellt hier keine Schwierigkeit, da äusserst variable Lepidoptern in beliebiger Zahl angeführt werden können. Ein einziges gutes Beispiel wird hier genügen. Mr. Bates zeigte mir eine ganze Reihe von Exemplaren von
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Papilio Sesostris nnd Childrenae. Bei der letzteren Art variirten die Männchen sehr in der Grösse des schön emaillirten grünen Fleckes auf den Vorderflügeln und in der Grösse sowohl des weissen Flecks als des glänzenden carmoisinrotlien Streifens auf den Hinterfliigeln, so dass zwischen den am meisten und am wenigsten glänzend gefärbten Männchen ein grosser Unterschied bestand. Das Männchen von Papilio Sesostris ist, wenn auch ein schönes Iusect, viel weniger schön als Papilio Childrenae, Auch dieses variirt etwas in der Grösse des grünen Flecks auf den Vorderliiigeln und in dem gelegentlichen Auftreten eines kleinen carmoisinrotlien Streifens auf den Hinterflügeln, der, wie es" scheinen möchte, von dem Weibchen seiner eigenen Species entlehnt ist. Denn die Weibchen dieser und vieler anderen Species der /(eseas-Grnppc besitzen diesen carmoisiuen Streifen. Es fand sich daher zwischen den glänzendsten Exemplaren von P. Sesostris und den wenigst glänzenden von P. Childrenae nur eine kleine Lücke; nnd es war offenbar, dass, soweit blosse Variabilität in Betracht kam, keine Schwierigkeit vorlag, mittelst der Zuchtwahl die Schönheit der Species beständig zu erhöhen. Hier ist die Variabilität fast ganz auf das männliche Geschlecht beschränkt; aber Mr.,Wallack und Mr. Bates haben gezeigt l8, dass die Weibchen einiger andern Species ausserordentlich variabel sind, während die Männchen nahezu constant bleiben. Da ich vorhin den Hopfenschwärmer (üepiulus liumuli) als eines der besten Beispiele in Grossbritannien für die Verschiedenheit in der Färbung zwischen den Geschlechtern bei Motten erwähnt habe, so dürfte es der Mühe werth sein, noch hinzuzufügen19, dass auf den Shetland-lnseln häufig Männchen gefunden werden, welche den Weibchen sehr ähnlich sind. In einem späteren Gapitel werde ich Gelegenheit haben zu zeigen, dass die schönen augenartigen Flecken, oder Ocellen, die auf den Flügeln vieler Lepidoptern so häufig sind, ausserordentlich variabel sind.
Obgleich viele ernstliche Einwürfe erhoben werden können, so scheint es doch im Ganzen wahrscheinlich, dass die meisten derjenigen
ls Wallace, ou the Fapiliouklac of the Malayan Region in: Transact. Lin-nean Soc. Vol. XXV. 1S05, p. R, 30. Ein auffallendes Vorkommen einer seltenen, ganz streng zwischen zwei andern schwach niarkirteu Varietäten intermediären Varietät ist von Mr. Wallace beschrieben worden, s. auch Mr. Bates in: Proceed. Entomolog. Soc, Nov. 11), ISCß, p. XL.
10 Mr. R. Mac Lachlan, Transact. Entomolog. Soc. S. Series. Vol. II. Part. 6. I8CG, p. 459.
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C'ap. 11. Insecteu: Lepicloptera. 359
Species von Lepidoptern, welclie brillant gefärbt sind, ihre Farben geschlechtlicher Zuchtwahl verdanken, ausgenommen gewisse, sofort zu erwähnende Fälle, bei denen die auffallende Färbung als ein Schutzmittel eine Wohlthat für die Art ist. In Folge der heftigeren Begierde des Männchens durch das ganze Thierreieh hindurch ist dasselbe allgemein bereit, jedes Weibchen anzunehmen, und es ist gewöhnlich das Weibchen, welches eine Wahl ausübt. Wenn daher hier geschlechtliche Zuchtwahl eingewirkt hat, so müsstc, wenn die Geschlechter verschieden sind, das Männchen das am brillantesten gefärbte sein, und dies ist unzweifelhaft die gewöhnliche Regel. Wenn die Geschlechter brillant gefärbt sind und einander gleichen, so scheinen die von den Männchen erlangten Charactere auf beide Geschlechter überliefert worden zu sein. Wird aber diese Erklärung der Aehnlichkeit und Unähn-lichkeit der Färbung beider Geschlechter genügen?
Es ist bekannt -°, dass die Männchen und Weibchen einer und" derselben Species von Schmetterlingen in mehreren Fällen verschiedene Localitäten bewohnen, dass erstere meist im Sonnenscheine sich herumfummeln, während letztere düstere Wälder aufsuchen. Es ist daher möglich, dass verschiedene Lebensbedingungen direct auf die beiden Geschlechter eingewirkt haben; doch ist dies nicht wahrscheinlich21, da sie im erwachsenen Zustande nur während einer sehr kurzen Zeit verschiedenen Bedingungen ausgesetzt sind und die Larven beider den nämlichen Bedingungen unterliegen. Mr. Wällace glaubt, dass die weniger brillanten Farben des Weibchens in allen oder fast allen Fällen zum Zwecke des Schutzes specicll erlangt worden sind. Mir scheint es im Gegentheil wahrscheinlicher, dass in der grossen Majorität der Fälle nur die Männchen ihre glänzenden Färbungen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben, während die Weibchen mir wenig modificirt worden sind. In Folge dessen müssten die Weibchen verschiedener aber verwandter Species einander viel mehr ähnlich sein als die Männchen der nämlichen Species, und dies ist die allgemeine Regel. Es zeigen uns daher die Weibchen annähernd die ursprüngliche Färbung der elterlichen Species der Gruppe, zu welcher sie gehören. Indessen sind sie beinahe immer in einer gewissen Ausdehnung durch einige der
'i0 II. W. Bates, Tbc Katuralist on tlic Amazons. Vol. II. 1863, p. 228. A. R. Wallace,in: Transact. Linnean Soc. Vol. XXV. 1865, p. 10.
21 lieber diesen ganzen Gegenstand s. Ueber das Yariircn der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2. 1868. Cap. 23.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
aufeinanderfolgenden Stufen der Abänderung modificirt worden, durch deren Anhäufung die Männchen, auf welche dieselben vererbt wurden, schöner geworden sind. Auch werden die Männchen und Weibchen verwandter, wenn auch verschiedener Arten im Allgemeinen während ihrer längeren Larvenzustände verschiedenen Bedingungen ausgesetzt gewesen und können hierdurch indirect beeinfiusst worden sein. Doch wird bei den Männchen jede unbedeutende Veränderung der Farbe, die hierdurch hervorgerufen wurde, oft vollständig durch die mittelst sexueller Zuchtwahl erlangten brillanteren Färbungen maskirt worden sein. Wenn wir die Vögel besprechen werden, so werden wir die ganze Frage zu erörtern haben, ob die Verschiedenheiten der Färbung zwischen den Männchen und Weibehen zum Theil speciell von den letzteren als Schutzmittel erlangt worden sind; ich werde daher hier nur einige unvermeidliche Details anführen.
Wenn die häufigere Form einer gleichmässigen Vererbung auf beide Geschlechter vorgeherrscht hat, so wird in allen Fällen die Zuchtwahl der hellgefärbten Männchen auch streben, die Weibchen hellgefärbt zu machen, und die Zuchtwahl dunkel gefärbter Weibchen wird umgekehrt streben, die Männchen dunkel zu machen. Werden beide Vorgänge gleichzeitig durchgeführt, so werden sie dahin streben, einander zu neu-tralisiren. Soviel ich sehen kann, dürfte es äusserst schwierig sein, mittelst der Zuchtwalil die eine Form der Veränderung in die andere zu verwandeln. Aber durch die Zuchtwahl snecessiv auftretender Abänderungen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferung geschlechtlich beschränkt waren, wird anch nicht die geringste Schwierigkeit vorhanden sein, nur den Männchen helle Farben zu geben und in derselben Zeit oder später nur den Weibchen dunkle Färbungen. In dieser letzteren Art und Weise sind, wie ich vollständig zugebe, weibliche Schmetterlinge und Motten wohl zum Zwecke des Schutzes unansehnlich und von ihren Männchen sehr verschieden geworden.
Mr. Wallace2'- hat zu Gunsten seiner Ansicht mit vielem Nachdrucke angeführt, dass, wenn die Geschlechter verschieden sind, das Weibchen speciell zum Zwecke des Schutzes modificirt worden ist und dass dies dadurch bewirkt worden ist, dass die eine Form der Vererbung, nämlich die Ueberlieferung von Merkmalen auf beide Geschlechter,
'" A. E. Wallace in: Journal of Travel. Vol. I, 1868, p. 88. Westminster Review. July, 1807, p. 37. s. auch Wallace imil Bates in: Proreed. Ento-molog. Soc. Nov. 19., 1866, p. XXXIX.
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Cap. 11.
Insecten: Lei>ido[>tera.
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durch die Thätigkeit der natürlichen Zuchtwahl in die andere Form, nämlich die Ueberlieferung auf ein Geschlecht allein, verwandelt worden ist. Ich war zuerst sehr stark geneigt, diese Ansicht anzunehmen; je mehr ich aber die verschiedenen Classen durch das ganze Thierreich hindurch studirt habe, desto weniger ist sie mir wahrscheinlich erschienen. Mr. Wau,ace betont, dass beide Geschlechter bei den Heli-coniden, Danaiden, Acraeiden glcichmässig brillant sind, weil beide gegen die Angriffe von Vögeln und anderen Feinden durch ihren offensiven Geruch geschützt sind, dass aber in anderen Gruppen, welche diese Immunität nicht besitzen, die Weibchen unansehnlich geworden sind, weil sie mehr eines Schutzmittels bedürfen als die Männchen. Diese vorausgesetzte Verschiedenheit „in dem Bedürfnisse eines Schutzes seitens »der beiden Geschlechter" ist etwas täuschend und erfordert einige Erörterungen. Es ist offenbar, dass hellgefärbte Individuen, mögen sie Männchen oder Weibchen sein, glcichmässig die Aufmerksamkeit ihrer Feinde fesseln werden und dass dunkel gefärbte Individuen gleichmässig ihren Feinden entgehen werden. Wir haben es hier aber mit den Wirkungen der Zerstörung oder Erhaltung gewisser Individuen beider Geschlechter auf den Character der Easse zu thun. Bei Insecten wird die grössere oder geringere Immunität gegen Gefahren bei beiden Geschlechtern in einer Zeit, nachdem das Männchen das Weibchen befruchtet und nachdem das letztere seine Eier abgelegt hat, unmöglich irgend eine Wirkung auf die Nachkommen äussern können. Wenn beide Geschlechter in gleicher Anzahl existirten und wenn sie sich streng paarten (angenommen alle übrigen Umstände seien dieselben), so würde, ehe die Geschlechter die ihnen eigenen Functionen ausgeübt haben, die Erhaltung der Männchen und Weibchen von gleich grosser Bedeutung für die Existenz der Art und für den Character der Nachkommen sein. Aber bei den meisten Thieren kann, wie dies bei dem domesticirten Seidenschmetterling bekanntlich der Fall ist, das Männchen zwei oder drei Weibchen befruchten, so dass die Zerstörung der Männchen für die Art nicht so nachtheilig sein wird, als die der Weibchen. Auf der anderen Seite glaubt Dr. Wallace, dass bei Motten die Nachkommen aus einer zweiten oder dritten Befruchtung gern schwächlich sind und daher nicht so viel Wahrscheinlichkeit haben fortzuleben. Wenn die Männchen in bedeutend grösserer Anzahl existiren als die Weibchen, so können ohne Zweifel viele Männchen zerstört werden ohne der Spe-cios dadurch Schaden zuzufügen; ich kann aber nicht einsehen, dass
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
die Resultate der gewöhnlichen Zuchtwahl zum Zwecke eines Schutzes dadurch becinflusst werden, dass die Geschlechter in ungleichen Zahlen existiren. Denn von den mehr unansehnlichen Individuen, mögen es männliche oder weibliche sein, wird wahrscheinlich eine im Verhältniss gleiche Zahl zerstört werden. Böten die Männchen eine grössere Reihe von Abänderungen in der Färbung dar, so würde allerdings das Resultat verschieden sein; wir haben aber nicht nöthig, liier solche complicirte Einzelnheiten weiter zu verfolgen. Im Ganzen kann ich nicht einsehen, dass Ungleichheiten in der Zahl der beiden Geschlechter in irgendwelcher auffallenden Art die Wirkung der gewöhnlichen Zuchtwahl auf den Character der Nachkommen becinflusst.
Wie Mr. Wallace betont, bedürfen weibliche Lepidoptern einiger Tage, um ihre befruchteten Eier abzulegen und einen passenden Platz auszusuchen. Während dieser Zeit (während also das Leben des Männchens von keiner Bedeutung mehr ist) werden die heller gefärbten Weibchen der Gefahr ausgesetzt sein und leicht zerstört werden. Die trüber gefärbten Weibchen werden auf der anderen Seite leben bleiben und werden hierdurch, wie man denken könnte, in einer bestimmten Weise den Character der Art beeinflussen und zwar entweder beider Geschlechter oder nur des einen Geschlechts, je nach dem Gesetze der Vererbung, welches vorherrscht. Es, darf aber nicht vergessen werden, dass die Männchen einige Tage vor den Weibchen die Puppenhülle verlassen, und während dieser Periode, solange also die noch nicht geborenen Weibchen in Sicherheit sind., werden die heller gefärbten Männchen der Gefahr ausgesetzt sein, so dass schliesslich beide Geschlechter wahrscheinlich eine nahezu gleich lange Zeit hindurch der Gefahr ausgesetzt gewesen sein werden und die Ausmerzung auffallender Farben in dem einen Geschlechte von keiner grösseren Wirkung gewesen sein wird als in dem andern.
Von grösserer Bedeutung ist es zu bedenken, dass weibliche Lepidoptern , wie Mr. Wallace bemerkt und wie jedem Sammler bekannt ist, allgemein langsamere Flieger als die männlichen sind. In Folge dessen dürften die letzteren, wenn sie auch wegen ihrer auffallenderen Färbungen einer grösseren Gefahr ausgesetzt sind, doch eher im Stande sein ihren Feinden zu entgehen, während die ähnlich gefärbten Weibchen hiednreh zerstört werden würden, und hiernach dürften daher die weiblichen Schmetterlinge den grössten Einllnss auf die Modificirung der Färbung bei der Nachkommenschaft äussern.
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Noch ein anderer Gegenstand verdient aber Beachtung. Soweit geschlechtliche Zuchtwahl in Betracht kommt, sind glänzende Farben gewöhnlich für die Weibchen von keinem Nutzen, so dass wenn diese letzteren in der Lebhaftigkeit der Farben variirten und die Abänderungen in der Färbung geschlechtlich beschränkt würden, es vom blossen Zufalle abhiengc, ob die glänzenden Farben auch bei den Weibchen vermehrt würden; und dies würde dann durch die ganze Ordnung hindurch dazu führen, die Zahl der Arten mit glänzend gefärbten Weibchen im Vergleich zu den Species, welche glänzend gefärbte Männchen haben, zu vermindern. Auf der andern Seite werden, da glänzende Farben für die Männchen in ihrem Liebeskampfe von dem grössten Nutzen sind, wie allgemein angenommen wird, die glänzenden Männchen (wie wir auch in dem Capitel über Vögel sehen werden), trotzdem sie eher einer grösseren Gefahr ausgesetzt sind, im Mittel doch eine grössere Anzahl von Nachkommen hervorbringen als die trüber gefärbten Männchen. Wären in diesem Falle die Abänderungen in ihrer Vererbung auf das männliche Geschlecht beschränkt, so würden nur die Männchen glänzend gefärbt werden; wären aber die Abänderungen nicht in dieser Weise beschränkt, so würde die Erhaltung und Anhäufung solcher Abänderungen davon abhängen, ob für die Art ein grösserer Nachtheil darin liegt, dass die Weibchen auffallend gefärbt werden oder ein grösserer Vortheil für die Männchen darin, dass gewisse Individuen ihren Rivalen gegenüber dadurch erfolgreich würden.
Da darüber kaum ein Zweifel besteht, dass beide Geschlechter vieler Schmetterlinge und Motten zum Zwecke des Schutzes trübe gefärbt worden sind, so dürfte, dies auch bei den Weibchen allein in manchen Species der Fall gewesen sein, bei welchen aufeinanderfolgende Abänderungen nach einer immer düsteren Färbung hin zuerst beim leiblichen Geschlcchtc auftraten und von Anfang an in ihrer Vererbung auf dieses selbe Geschlecht beschränkt waren. Wären sie nicht in dieser Weise beschränkt gewesen, so würden beide Geschlechter trübe gefärbt worden sein. Wenn wir von der Nachahmung der Färbungen reden, so werden wir sofort sehen, dass nur die Weibchen gewisser Schmetterlinge zum Zwecke des Schutzes ausserordentlich schön gemacht worden sind, ohne dass irgend eine der aufeinanderfolgenden zum Schutze dienenden Abänderungen auf die Männchen vererbt worden wäre, für welche dieselben unmöglich auch mir im geringsten Grade schädlich sein konnten, und welche auch nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl hätten
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
beseitigt werden können. Ob es in jeder besonderen Species, bei welcher die Geschlechter der Färbung nach verschieden sind, das Weibchen ist, welches zum Zwecke des Schutzes speciell modificirt worden ist, oder oh es das Männchen gewesen ist, welches zum Zwecke der geschlechtlichen Anziehung speciell modificirt ist, während das Weibchen seine nur unbedeutend durch die vorhin angedeuteten Kräfte veränderte ursprüngliche Färbung beibehalten hat, oder ob ferner beide Geschlechter modificirt worden sind, und zwar das Weibchen zum Schutze und das Männchen zur geschlechtlichen Anziehung, kann nur dann definitiv entschieden werden, wenn wir die Lebensweise einer jeden einzelnen Species kennen.
Ohne entscheidende Beweise möchte ich nicht annehmen, dass bei einer grossen Anzahl von Species ein doppelter Vorgang einer Zuchtwahl lange Zeit in Thätigkeit getreten ist, — wobei nämlich die Männchen durch das Besiegen ihrer Nebenbuhler glänzender und die Weibchen dadurch, dass sie ihren Feinden entgiengen, trübe gefärbt worden wären. Wir können den gewöhnlichen Citronenvogel (Gonepteryx). welcher zeitig im Frühjahr, früher als irgend eine andere Art erscheint, als Beispiel nehmen. Das Männchen dieser Spies ist von einem bei Weitem intensiveren Gelb als das AVeibchen, obschon das letztere fast gleich-massig auflallend ist; und in diesem Falle scheint es nicht wahrscheinlich zu sein, dass letzteres seine lilasserc Färbung als ein Schutzmittel erlangt habe, trotzdem es walirsclicinlich ist, dass das Männchen seine helleren Farben als ein Mittel zur geschlechtlichen Anziehung erlangte. Das Weibchen von Anlhocharis cardamines besitzt nicht die schönen orangenen Spitzen an seinen Flügeln, mit welchen das Männchen verziert ist. Tu Folge dessen ist es den in unsern Gärten so gemeinen weissen Schmetterlingen (Pieris) sehr ähnlich; wir haben aber keinen Beweis, dass diese Achnlichkeit für die Art eine Wohlthat ist. Im Gegentheil, da dieses Weibchen beiden Geschlechtern mehrerer Species der nämlichen Gattung ähnlich ist, welche verschiedene Theile der Erde bewohnen, so ist es wahrscheinlicher, dass es einfach in einein hohen Grade seine ursprünglichen Farben behalten hat.
Verschiedene Thatsachen unterstützen die Schlussfolgerimg, dass bei der grösseren Anzahl brillant gefärbter Lepidoptern das Männchen es ist, welches modificirt worden ist. Die beiden Geschlechter sind verschieden von einander oder einander ähnlich geworden je nach der Form von Vererbung, welche vorgeherrscht hat. Die Vererbung .wird durch, so viele unbekannte Gesetze oder Bedingungen bestimmt, dass
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Cap. 11. Insecten: Lepiiloptera. 3G5
sie uns in ihrer "Wirkung äusserst launisch erscheint 23; und insoweit können wir wohl einsehen, woher es kommt, dass bei nahe verwandten Species die Geschlechter der einen in einem erstaunlichen Grade von einander abweichen, während die Geschlechter andere]' in ihrer Färbnng identisch sind. Da die auf einander folgenden Stufen in dem Processe der Abänderung nothwendig sämmtlich durch das Weibchen hindurch überliefert werden, so kann eine grössere oder geringere Anzahl solcher Verändernngszustande sich bei diesem leicht entwickeln, und hieraus können wir verstehen, weshalb sich so häufig eine Eeihe feiner Abstufungen von einer ausserordentlich grossen Verschiedenheit bis zu einem durchaus nicht verschiedenen Zustande zwischen den Geschlechtern der Species innerhalb einer und derselben Gruppe zeigt. Diese Fälle von Abstufungen sind viel zu häufig, um die Vermuthung zu begünstigen, dass wir hier Weibchen vor uns sähen, welche factisch den Process des Uebergangs darböten und ihre glänzenden Farben zum Zwecke des Schutzes verlören. Denn wir haben allen Grund zu schliessen, dass in einer jeden gegebenen Zeit die grössere Zahl der Species sich in einem fixirten Zustande befindet. Was die Verschiedenheiten zwischen den Weibchen der Arten in einer und derselben Gattung oder Familie betrifft, so kann man sehen, dass sie wenigstens zum Theil davon abhängen, dass die Weibchen an den Farben ihrer betreffenden Männchen theilnehmen. Dies zeigt sich deutlich in denjenigen Gruppen, in welchen die Männchen in einem ausserordentlichen Grade geschmückt sind. Denn die Weibchen nehmen in diesen Gruppen allgemein in einer gewissen Ausdehnung an dem Glänze ihrer männlichen Genossen Theil. Endlich finden wir beständig, wie bereits bemerkt wurde, dass die Weibchen fast aller Species in der nämlichen Gattung oder selbst Familie einander viel mehr in der Farbe ähnlich sind als die Männchen, und dies weist darauf hin, dass die Männchen in einem höheren Grade modificirt worden sind als die Weibchen.
Nachäffiuig. — Dieses Princip ist zuerst in einem ausgezeichneten Aufsätze von Mr. Bates 24 klar nachgewiesen worden, welcher dadurch eine Masse Licht auf viele dunkle Probleme Avarf. Es war früher beobachtet worden, dass gewisse Schmetterlinge in Südamerika,
23 lieber (las Variiren iler Thiere und Pflanzen im Zustande der Domesti-cation. Bd. 2. Cap. 12. S. 23.
21 Transact. Liunean Soc. Vol. XXIII. 18G2, p. 495.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
welche zu völlig verschiedenen Familien gehören, den Heliconiden in jedem Striche und jeder Schattirung der Färbung so sehr glichen, dass sie nur durch einen erfahrenen Entomologen von jenen unterschieden werden konnten. Da die Heliconiden in ihrer gewöhnlichen Art und Weise gefärbt sind, während die Andern von der gewöhnlichen Färbung der Gruppen, zu denen sie gehören, abweichen, so ist es klar, dass die Letzteren die nachahmenden und die Heliconiden die nachgeahmten sind. Mr. Bates bemerkte ferner, dass die nachalinienden Species vergleichsweise selten sind, während die nachgeahmten in grossen Zahlen umherschwärmen. Die beiden Formen leben durcheinandergemischt. Aus der Thatsache, dass die Heliconiden in die Augen fallende und schöne Insecten, aber sowohl den Individuen als den Arten nach so zahlreich sind, folgerte er, dass sie gegen die Angriffe der Vögel durch irgend eine Absonderung oder einen Geruch geschützt sein müssten, und diese Hypothese ist jetzt durch eine beträchtliche Zahl merkwürdiger Belege bestätigt worden 2ä. Aus diesen Betrachtungen schloss Mr. Bates ferner , dass die Schmetterlinge, welche die geschützten Species nachahmen, ihre jetzige wunderbar täuschende Erscheinung durch Abänderung und natürliche Zuchtwahl erlangt haben, mit der Absicht, für die geschützten Arten gehalten zu werden und dadurch dem Gefressenwer-den zu entgehen. Eine Erklärung der brillanten Farben der nachgeahmten Schmetterlinge wird hier nicht zu geben versucht, nur eine Erklärung der Färbung der nachahmenden. Die Farben der Ersteren müssen wir in derselben allgemeinen Weise uns erklären wie in den früheren in diesem Capitel erörterten Fällen. Seit der Veröffentlichung des Aufsatzes von Mr. Bates sind ähnliche und in gleicher Weise auffallende Thatsachen von Mr. Wallace -6 in der malayischen Provinz und von Mr. Trimen in Südafrika beobachtet worden.
Da mehrere Schriftsteller -1 es für sehr schwierig gehalten haben
25 Proceed. Entomolog. Soc, 3. Dec, 1800, p. XLV.
28 Transaet. Linnean Soc. Vol. XXV. 1805. p. 1, auch in: Transact. Entomolog. Soc. 3. Series. Vol. IV. 1807, p. 301.
27 s. einen geistreichen Artikel unter dem Titel: „Difficulties of the Theory of Natural Selection" in dem „Month" 1809. Der Verfasser nimmt befremdlicher Weise an, ich schriebe die Abänderungen in der Färbung bei Lepidoptern, wodurch gewisse Species, die zu verschiedenen Familien gehören, andern ähnlich geworden sind, einem Kückschlage auf einen gemeinsamen Urerzeuger zu: es liegt aber nicht mehr Grund vor, diese Abänderungen dem Rückschlage zuzuschreiben, als in den Fällen gewöhnlicher Abänderung.
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Cap. 11.
Insecten: Lcpidoptera.
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einzusehen, wie die ersten Schritte in dem Processe der Xachäffmig durch natürliche Zuchtwahl hätten gescliehen können, so dürfte die Bemerkung wohl zweckmässig sein, dass der Process wahrscheinlich niemals bei Formen seinen Anfang nahm, welche in der Färbung einander sehr unähnlich waren. Aber bei zwei Species, welche einander nur massig ähnlich waren, konnte die allergrösste Aehnlichkcit, wenn sie einer der beiden Formen von Vortlieil war, leicht auf diesem Wege erreicht werden, und wenn die nachgeahmte Form später allmählich durch geschlechtliche Zuchtwahl oder durch irgendwelche andere Mittel noch weiter modificirt wurde, so würde die nachahmende Form denselben Weg mitgeführt werden, so dass sie schliesslich ein Ausehen oder eine Färbung erreichte, welche der der andern Glieder der Gruppe, zu welcher sie gehört, völlig ungleich ist. Da äussere unbedeutende Abänderungen in der Farbe in vielen Fällen nicht hinreichen würden, eine Species einer andern geschützten Art so gleich zu machen, dass es zu ihrer Erhaltung führte, so niuss man sich daran erinnern, dass viele Species von Lepidoptern sehr gern beträchtlichen und plötzlichen Abänderungen in der Farbe unterliegen. Einige wenige Beispiele sind in diesem Capitel mitgetheilt worden; man sollte aber von diesem Gesichtspunkte aus Mr. Bates' Originalabhandlung über Nachäffung ebenso wie die Aufsätze von Mr. Wallace zu Käthe ziehen.
In den vorhin erwähnten Fällen werden beide Geschlechter der nachahmenden Species der nachgeahmten ähnlich; aber gelegentlich ahmt mir das Weibchen eine brillant gefärbte und geschützte in demselben Bezirke wohnende Species nach. In Folge dessen wird das Weibchen in der Farbe verschieden von seinem eigenen Männchen und ist dann, was ein seltener und anomaler Umstand ist, die glänzender gefärbte Form von den Beiden. In allen den wenigen Species von Pieridcn, bei welchen das Weibchen auffallender gefärbt ist als das Männchen, ahmt dasselbe, wie mir Mr. Wallace mitgetheilt hat, irgend eine geschützte, dieselbe Gegend bewohnende Species nach. Das Weibchen von Dia-dema anomala ist glänzend purpur-braun und dabei fast auf der ganzen Oberfläche sammetblaii glänzend. Damit ahmt dasselbe die Euploea midamus sehr genau nach, ,einen der gemeinsten Schmetterlinge des .Orients". Das Männchen dagegen ist bronzen oder olivenbraun und hat nur einen leichten blauen Glanz an den äusseren Theilen der Flügel 2X.
28 Wallaco, Notes on Eastm-n Bitttcrflies. in: Transact. Entomolog. Soc. 1869, p. 287.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Beide Geschlechter dieser Diadema und von D. bolina halten dieselben Lebensgewohnheiten, so dass die Verschiedenheiten der Färbung zwischen den beiden Geschlechtern nicht dem Umstände zugeschrieben werden können, dass sie verschiedenen Bedingungen ausgesetzt sind29, auch selbst dann nicht, wenn diese Erklärung in andern Fällen zulässig wäre 3n. Die oben erwähnten Fälle von weiblichen »Schmetterlingen, welche glänzender gefärbt sind als die Männchen, zeigen uns zuerst, dass Abänderungen im Naturzustande bei dem weiblichen Geschlechte entstanden und ausschliesslich oder beinahe ausschliesslich auf dasselbe Geschlecht vererbt worden sind, und zweitens, dass diese Form von Vererbung nicht durch natürliche Zuchtwahl bestimmt worden ist. Denn wenn wir annehmen, dass die Weibchen, ehe sie in Folge einer Nachahmung anderer geschützten Arten glänzend gefärbt wurden, während jeden Jahres einen längeren Zeitraum hindurch Gefahren ausgesetzt gewesen wären als die Männchen, oder wenn wir annehmen, dass sie nicht so leicht ihren Feinden entfliehen könnten, so können wir auch einsehen, weshalb sie allein ursprünglich durch natürliche Zuchtwahl und geschlechtlich beschränkte Vererbung ihre jetzigen sie schützenden Farben erreicht haben dürften. Aber ausgenommen unter der Annahme, dass diese Abänderungen ausschliesslich auf die weiblichen Nachkommen vererbt worden sind, können wir nicht einsehen, warum die Männchen trübe gefärbt geblieben sein sollten. Denn es würde sicherlich in keiner Weise für jedes individuelle Männchen nachtheilig gewesen sein, wenn es durch Vererbung an den schützenden Färbungen des Weibchens theilgcnommen und dadurch eine grössere Wahrscheinlichkeit erlangt hätte, der Zerstörung zu entgehen. Bei einer Gruppe, in welcher brillante Farben so häufig sind, wie bei Schmetterlingen, kann nicht angenommen werden, dass die Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl trübe gefärbt gehalten worden sind, nämlich dadurch, dass die Weibchen diejenigen Individuen verworfen hätten, welche so schön wie sie selbst geworden wären. Wir können daher schliessen, dass in diesen Fällen die Vererbung auf ein Geschlecht keine Folge einer durch natürliche Zuchtwahl erreichten Modification eines Strebens nach gleichmässiger Vererbung auf beide Geschlechter gewesen ist.
'lf> "Wallace, in: Westminstcr Review, July, 1867, p. 37 und in: Journal of Travel and Natur. Hist. Vol. I. 18G8, p. 88.
30 s. Bemerkungen von Bat es und Wallace in: Proceed. Entomolog. Soc. Nov. 19. 18CG, p. XXXIX.
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Es dürfte zweckmässig sein, hier einen analogen Fall aus einer andern Ordnung mitzutlieileu, wo Charactere nur vom Weibchen erlangt worden sind, trotzdem dieselben, soAveit wir es beurtheilen können, nicht im Geringsten für das Männchen von Nachtheil gewesen wären. Unter den Phasmiden oder Gespenstlieuschrecken sind es, wie Mr. Wallace angibt, »oft allein die Weibchen, welche so auftauend Blättern ähnlich „sind, während die Männchen nur eine oberflächliche Annäheruno- an „diese Form darbieten". Was nun auch immer die Lebensweise dieser Insecten sein mag, so ist es im hohen Grade unwahrscheinlich, dass es für die Männchen unvortheilhaft sein sollte, der Entdeckung dadurch zu entgehen, dass sie Blättern ähnlich werden31. Wir können daher schliessen, dass in diesem letzteren Falle, wie in dem früher mitge-theilten, die Weibchen ursprünglich in gewissen Merkmalen abgeändert
31 s. Mr. Wallace in der Westminster Review, July, 1867, p. llnndp. 37. Wie mir Mr. Wallace mittheilt, kennt man keinen männlichen Schmetterling, welcher des Schutzes wegen vom Weibchen in der Färbung abweicht; derselbe fragt mich, wie ich diese Thatsache aus dem Principe erklären könne, dass allein das eine Geschlecht variirt und seine Abänderungen ausschliesslich auf das nämliche Geschlecht überliefert habe ohne Beihülfe einer Zuchtwahl, um die Vererbung der Abänderungen auch auf das andere Geschlecht zu hemmen. Wenn gezeigt werden könnte, dass die Weibchen sehr vieler Arten durch protectives Nachäffen schön geworden wären, dass dies aber niemals hei den Männchen vorgekommen wäre, so würde hierin ohne Zweifel eine ernstliche Schwierigkeit liegen. Aber die Zahl der bis jetzt bekannt gewordenen Fälle gestattet kaum schon ein richtiges Urtheil. Wir können einsehen, dass bei den Männchen wohl kaum so leicht die Färbung zum Zwecke, ein Schutzmittel zu schaffen, modifleirt worden sein wird, da dieselben das Vermögen, schneller zu fliegen und dadurch den Gefahren zu entgehen, besitzen; dies würde es aber nicht im Geringsten gestört haben, dass die Männchen durch Vererbung von den Weibchen protective Färbungen erhalten haben könnten. An zweiter Stelle ist es wahrscheinlich, dass geschlechtliche Zuchtwahl es factisch zu verhindern suchen wird, dass ein schönes Männchen dunkel gefärbt wird; denn die weniger brillant gefärbten Individuen würden den Weibchen weniger anziehend sein. Angenommen, dass die Schönheit des Männchens irgend einer Species hauptsächlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sei, so würde doch, wenn diese Schönheit gleichzeitig als Schutzmittel von Nutzen wäre, deYen Erlangung auch durch natürliche Zuchtwahl unterstützt worden sein. Es würde aber vollständig über unsere Kräfte hinausgehen, zwischen den beiden Processen der geschlechtlichen und der gewöhnlichen natürlichen Zuchtwahl zu unterscheiden. Wir dürften daher wahrscheinlich nicht im Stande sein, Fälle anzuführen, wo die Männchen ausschliesslich durch protective Nachäffung brillant geworden wären, obschon dies für die Weibchen vergleichsweise leicht ist, welche, soweit wir es beurtheilen können, nur selten oder niemals zum Zwecke einer sexuellen Anziehung schön geworden sind; freilich haben sie oft Schönheit erlangt durch Vererbung von ihren männlichen Erzeugern.
IUKW1N, Abstammung. 1. XweltB Auflag*'. 24
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
n. Thcil.
haben. Diese Merkmale wurden dann durch gewöhnliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes erhalten und angehäuft und von Anfang an allein auf die weiblichen Nachkommen vererbt.
Helle Färbung d e r R a u p e n. — Während ich über die Schönheit so vieler Schmetterlinge Betrachtungen anstellte, kam mir der Gedanke, dass ja auch mehrere Raupen glänzend gefärbt sind, und da geschlechtliche Zuchtwahl hier unmöglich eingewiikt haben kann, so erschien es mir voreilig, die Schönheit des geschlcchtsreifen Tnsects der Wirksamkeit dieses Processes zuzuschreiben, wenn nicht die glänzenden Farben seiner Larven in irgendwelcher Weise erklärt werden könnten. An erster Stelle mag bemerkt werden, dass die Farben der Raupen in keiner nahen Correlation zu denen des geschlechtsreifen In-sects stehen. Zweitens dienen ihre glänzenden Farben in keiner gewöhnlichen Art und Weise zum Schutz. Als ein Beispiel hierfür theilt mir Mr. Bates mit, dass die am auffallendsten gefärbte Larve, welche er je gesehen hat (die einer Sphinx), auf den grünen Blättern eines Baumes in den offenen Llanos von Südamerika lebte. Sie war ungefähr 4 Zoll lang, quer schwarz und gelb gebändert und hatte Kopf, Beine und Schwanz hellroth. Sie fiel daher jedem Menschen, welcher vorbeigieng, in einer Entfernung von vielen Yards und ohne Zweifel auch jedem vorüberfliegenden Vogel auf.
Ich wandte mich nun an Mr. Wallace, welcher ein angeboreues Genie hat Schwierigkeiten zu lösen. Nach einigem Ueberlegen erwie-derte -er: „Die meisten Raupen erfordern Schutz, was sich daraus abgleiten lässt, dass mehrere Arten mit Stacheln oder irritirenden Haaren „versehen und dass viele grün, wie die Blätter auf denen sie leben, oder „den Zweigen derjenigen Bäume, auf welchen sie leben, merkwürdig „gleich gefärbt sind." Ich will noch als ein anderes Beispiel von Schutz hinzufügen, dass es, wie mir Mr. J. Mansel Weale mittheilt, eine Raupe einer Motte gibt, welche auf den Mimosen in Südafrika lebt und sich eine Hülle fabricirt, welche von den umgebenden Dornen vollständig ununterscheidbar ist. Nach derartigen Betrachtungen hielt es Mr. Wallace für wahrscheinlich, dass auffallend gefärbte Raupen dadurch geschützt seien, dass sie einen ekelerregenden Geschmack hätten. Da aber ihre Haut äusserst zart ist und da ihre Eingeweide leicht aus einer Wunde hervorquellen, so würde ein unbedeutendes Picken mit dem Schnabel eines Vogels für sie so lethal sein, als wenn sie gefressen worden wären. „Widriger Geschmack allein würde daher", wie Mr.
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Cap. 11. Insecten: Lepidoptera. 371
Wallace bemerkt, „nicht genügend sein, eine Raupe zu schützen, wenn „nicht irgend ein äusseres Zeichen dem Thiere, welches sie fressen will, „anzeigte, dass die vorgebliche Beute ein widriger Bissen ist". Unter diesen Umständen wird es in hohem Grade vorteilhaft für eine Raupe sein, augenblicklich und mit Sicherheit von allen Vögeln und anderen Thieren als nngeniessbar erkannt zu werden. Daher werden die prächtigsten Farben von Nutzen sein und können durch Abänderungen und durch das Ueberleben der am leichtesten wieder zu erkennenden Indi-duen erlangt worden sein.
Diese Hypothese erscheint auf den ersten Blick sehr kühn; als sie aber der entomologischen Gesellschaft:i2 mitgetheilt wurde, tauchten verschiedene Angaben zu ihrer Unterstützung auf; Mr. J. Jenner Weir, welcher eine grosse Zahl von Vögeln in einer Voliere hält, hat, wie er mir mittheilt, zahlreiche Versuche gemacht und findet keine Ausnahme von der Regel, dass alle Raupen von natürlicher und zurückgezogener Lebensweise mit glatter Haut, ferner alle von grüner Färbung, ebenso alle, welche Zweigen in ihrer Farbe ähnlich sind, mit Gier von Vögeln verzehrt werden. Die mit Haaren und Stacheln besetzten Arten wurden ohne Ausnahme verschmäht, ebenso vier in einer auffallenden Weise gefärbte Arten. Wenn die Vögel eine Raupe verwarfen, so gaben sie deutlich durch das Schütteln ihres Kopfes und Reinigen ihres Schnabels zu erkennen, dass ihnen der Geschmack widerstand 33. Mr. A. Butler gab gleichfalls drei auffallend gefärbte Arten von Raupen und Motten einigen Eidechsen und Fröschen und sie wurden verschmäht, trotzdem dass andere Arten gierig gefressen wurden. Es ist hierdurch die grosse Wahrscheinlichkeit der Ansicht Mr. Wal-lace's bestätigt, dass nämlich gewisse Raupen zu ihrem eigenen Besten auffallend gefärbt worden sind, damit sie leicht von ihren Feinden wiedererkannt würden, beinahe nach dem nämlichen Grundsatze, wie die Apotheker gewisse Gifte auffallend färben zum Besten der dort verkehrenden Menschen. Es ist wahrscheinlich, dass diese Ansicht später noch auf viele Thiere, welche in einer auffallenden Weise gefärbt sind, ausgedehnt werden wird.
32 Proceed. Entoniolog. Soc, Dec. 3., 1866, p. XLV. und March. 4., 1867, p. LXXX.
33 s. den Aufsatz von Mr. J. Jenner Weir, on Insccts and Insectivorous Bivds in: Transact. Eutomolog. Soc. 1869, p. 21, auch Mr. Butler's Aufsatz ebenda p. 27.
24*
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372
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Thcil.
Zusammenfassung und Sclilussbemerkungen über Insecten. — Blicken wir zurück_ auf die verschiedenen Ordnungen, so haben wir gesehen, dass die Geschlechter oft in verschiedenen Merkmalen von einander abweichen in einer Weise, deren Bedeutung nicht einzusehen ist. Die Geschlechter weichen auch oft in ihren Sinnes- oder Locomo-tionsorganen von einander ab, so dass die Männchen schnell die Weibchen entdecken oder erreichen können, und noch öfter darin, dass die Männchen verschiedenartige Einrichtungen zum Halten der Weibchen besitzen, wenn sie sie einmal gefunden haben. Aber geschlechtliche Verschiedenheiten dieser Arten gehen uns hier nicht viel an.
In beinahe allen Ordnungen kennt man Arten, deren Männchen, selbst wenn sie schwächlicher und zarter Natur sind, in hohem Grade kampfsüchtig sind, und einige wenige sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern ausgerüstet. Aber das Gesetz des Kampfes herrscht bei Insecten nicht nahe so weit vor wie bei höheren Thieren. Es ist wahrscheinlich aus diesem Grunde, dass die Männchen selten grösser und stärker geworden sind als die Weibchen. Im Gegen-theil sind sie gewöhnlich kleiner, damit sie sich in einer kürzeren Zeit entwickeln können, um in grösserer Anzahl beim Ausschlüpfen der Weibchen in Bereitschaft zu sein.
In zwei Familien der Homoptern besitzen nur die Männchen Organe, welche mau Stimmorgane nennen kann, in einem wirksamen Zustand, und in drei Familien der Orthoptern besitzen die Männchen allein Stridulationsorgane. Tu beiden Fällen werden diese Organe während der Brunstzeit unaufhörlich gebraucht, nicht bloss um das Weibchen zu rufen, sondern auch um dieses anzuregen und zu bezaubern im Wettkampfe mit audern Männchen. Niemand, welcher die Wirksamkeit natürlicher Zuchtwahl zugibt, wird bestreiten, dass diese musikalischen Instrumente durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. In vier andern Ordnungen sind die Individuen eines Geschlechts oder häufiger noch beider Geschlechter mit Organen zur Hervorbringung verschiedener Laute versehen, welche dem Anscheine nach bloss als Locktöne gebraucht werden. Selbst wenn beide Geschlechter in dieser Weise ausgerüstet sind, werden diejenigen Individuen, welche im Stande sind, das lauteste oder anhaltendste Geräusch zu machen, vor denjenigen Genossen den Vorzug erhalten, welche weniger lärmend sind, so dass ihre Organe wahrscheinlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Es ist belehrend, über die wunderbare Mannichfaltigkeit der
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Cap. 11.
Insecten.
373
Mittel nachzudenken, durch welche Laute hervorgebracht werden; Einrichtungen, welche entweder die Männchen allein oder beide Geschlechter in nicht weniger als sechs Ordnungen besitzen und welche wenigstens ein Tnsect bereits in einer entfernt liegenden geologischen Epoche besass. Wir lernen daraus, wie wirksam geschlechtliche Zuchtwahl gewesen ist bei der Hervorbriugung von Modificationen der Structur, welche zuweilen, wie bei den Homoptern, von grosser Bedeutung sind.
Nach den im letzten Capitel beigebrachten Gründen ist es wahrscheinlich, dass die grossen Hörner der Bläulichen vieler Lamellicornier und einiger anderer Käfer als Zierathen erlangt worden sind. Dasselbe ist vielleicht mit gewissen andern Eigentümlichkeiten der Fall, welche auf das männliche Geschlecht beschränkt sind. AVegen der unbedeutenden Grösse der Insecten sind wir geneigt, ihre äussere Erscheinung zu unterschätzen. AVenn wir uns aber ein männliches Chalcosoma (Fig. 15) mit seinem polirten, bronzefarbigen Panzer, seinen ungeheuren, complicirten Hörnern zur Grösse eines Pferdes oder selbst nur eines Hundes vergrössert vorstellen könnten, so würde es eines der imponi-rendsten Thiere der AVeit sein.
Die Färbung der Insecten ist ein complicirter und dunkler Gegenstand. AVenn das Männchen unbedeutend vom AA^eibchen abweicht und keines der beiden Geschlechter brillant gefärbt ist, so haben wahrscheinlich beide Geschlechter in einer unbedeutend verschiedenen Art und AVeise variirt, wobei dann die Abweichungen auf ein und dasselbe Geschlecht vererbt wurden, ohne dass daraus irgend ein Vortheil oder Nachtheil hervorgieng. AAfenn das Männchen brillant gefärbt ist und auffallend vom AVeibchen abweicht, wie es bei manchen Libellen und vielen Schmetterlingen der Fall ist, so ist wahrscheinlich dieses allein modificirt worden und verdankt, seine Farben geschlechtlicher Zuchtwahl, während das AVeibchen einen ursprünglichen oder sehr alten Typus der Färbung beibehalten hat, welcher nur unbedeutend durch die früher erörterten Einwirkungen modificirt und deshalb mindestens in den meisten Fällen, nicht zum Zwecke des Schutzes dunkel gemacht worden ist. Aber zuweilen ist allein das AVeibchen brillant gefärbt worden, so dass es andere denselben Bezirk bewohnende geschützte Arten nachahmt. AArenn die Geschlechter einander ähnlich und beide dunkel gefärbt sind, so sind sie ohne Zweifel in einer Menge von Fällen zum Zwecke des Schutzes gefärbt worden. Dasselbe ist in einigen Beispielen der Fall, wo beide hell gefärbt sind, wodurch sie den um-
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374
Geschlechtliche Zuchtwahl.
IL Theil.
gebenden Gegenständen, wie Blüthen, oder auch andern geschützten Arten ähnlich werden oder indirect ihren Feinden zu erkennen geben, dass sie von einer ungeniessbaren Art sind. In vielen andern Fällen, wo die Geschlechter einander ähnlich und brillant gefärbt sind, und besonders wenn die Farben zur Entfaltung entwickelt sind, können wir schliessen, dass sie von dem männlichen Geschlechte als Anziehungs-mittel erlangt und dann auf beide Geschlechter übertragen worden sind. Wir werden zu dieser Folgerung noch besonders geführt, sobald derselbe Typus der Färbung durch eine ganze Gruppe hindurch herrscht; und wir finden dann, dass die Männchen einiger Species von den Weibchen sehr abweichen, während beide Geschlechter anderer Species völlig gleich sind, wobei dann zwischenlicgcndc Abstufungen diese beiden extremen Zustände mit einander verbinden.
In derselben Art und Weise, wie helle Farben oft theilweise von den Männchen auf die Weibchen übertragen worden sind, ist es auch mit den ausserordentlichen Hörnern vieler Lamellicornier und anderer Käfer der Fall gewesen; so sind ferner die Stimm- oder Instrtimental-organe, welche den Männchen der Homoptern und Orthoptern eigen sind, allgemein in einem rudimentären oder selbst in einem nahezu vollkommenen Zustande auf die Weibchen übertragen worden, allerdings nicht in einem hinreichend vollkommenen Zustande, um als wirkliche Laut producirendc Organe benutzt zu werden. Es ist auch eine interessante und sich auf geschlechtliche Zuchtwahl beziehende Thatsache, dass die Stridulationsorgane gewisser männlicher Orthoptern nicht eher als bis mit der letzten Häutung vollständig entwickelt werden und dass die Farben gewisser männlicher Libellen nicht eher vollständig entwickelt werden, als eine kurze Zeit nach ihrem Ausschlüpfen aus dem Puppenziistandc und wenn sie zur Begattung reif sind.
Eine Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl ist nur unter der Voraussetzung denkbar, dass die anziehenderen Individuen von dem andern Geschlechte vorgezogen werden, und da es bei den Insecten, wenn die Geschlechter von einander abweichen, das Männchen ist, welches mit seltenen Ausnahmen am meisten geziert ist und welches am meisten von dem Typus, zu welchem die Art gehört, abweicht, und da es das Männchen ist, welches begierig das Weibchen aufsucht, so müssen wir annehmen, dass gewöhnlich oder gelegentlich das Weibchen die schöneren Männeben vorzieht, und dass diese hierdurch ihre Schönheit erlangt haben. Dass in den meisten oder sämmtlichen Ordnungen die Weibchen
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Cap. 10.
Inspcten.
375
das Vermögen haben, irgend ein besonderes Männchen zu verschmähen, können wir getrost aus den vielen eigenthiimlichen Vorrichtungen schlies-sen, welche die Männchen besitzen, um die Weibchen zu ergreifen, wie grosse Kinnladen, Haftkissen, Dornen, verlängerte Beine u. s. w.; denn diese Einrichtungen zeigen, dass der Act seine Schwierigkeiten hat. In den Fällen einer Verbindung zwischen verschiedenen Species, wofür viele Beispiele angeführt worden sind, muss das Weibchen der zustimmende Theil gewesen sein. Nach dem, was wir von dem Wahrnehmungsvermögen und den Affecten verschiedener Insecten wissen, liegt von vornherein keine Unwahrscheinlichkeit vor, dass geschlechtliche Zuchtwahl in ziemlicher Ausdehnung in Thätigkeit getreten ist; wir haben aber bis jetzt noch keine directen Belege über diesen Punkt und einige Thatsachen widersprechen der Annahme. Nichtsdestoweniger können wir doch, wenn wir sehen, dass viele Männchen ein und dasselbe Weibchen verfolgen, kaum glauben, dass die Paarung einem blinden Zufalle überlassen wäre, — dass das Weibchen keine Wahl ausübte und von den prächtigen Färbungen oder anderen Zierathen, mit denen das Männchen allein decorirt ist, nicht beeiuflusst werden sollte.
Wenn wir annehmen, dass die Weibchen der Homoptern und Or-thoptern die von ihren männlichen Genossen hervorgebrachten musikalischen Laute würdigen und dass die verschiedenen Instrumente zu diesem Zwecke durch geschlechtliche Zuchtwahl vervollkommnet worden sind, so liegt in der weiteren Annahme wenig Unwahrscheinliches, dass die Weibchen anderer Insecten Schönheit in der Form und Färbung würdigen und dass in Folge hiervon solche Merkmale von den Männchen zu diesem Zwecke erlangt sein sollten. Aber wegen des Umstands, dass die Farbe so variabel und dass dieselbe so oft zum Zwecke des Schutzes modificirt worden ist, ist es ausserordentlich schwierig zu entscheiden, wie zahlreich im Verhältniss die Fälle sind, bei welchen geschlechtliche Zuchtwahl ins Spiel gekommen ist. Dies ist ganz besonders schwierig in denjenigen Ordnungen, wie den Orthoptern, Hymeiioptern und Coleoptern, bei welchen die beiden Geschlechter selten bedeutend in der Farbe von einander abweichen, denn die besten Belege für irgend eine Beziehung zwischen der Fortpflanzung der Art und der Farbe werden uns hier entzogen. Was indessen die Coleoptern betrifft, so finden wir, wie vorhin bemerkt wurde, dass in der grossen Gruppe der Lamellicornier, welche von einigen Autoritäten an die Spitze der Ordnung gesetzt wird und bei wel-har wir zuweilen eine gegenseitige Anhänglichkeit zwischen den Ge-
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376
Insecten: Coleoptera.
II. Theil.
schlechtem beobachten, die Männchen einiger Species in Besitz von Waffen zum geschlechtlichen Kampfe, andere mit wunderbaren Hörnern versehen, viele mit Stridulationsorganen ausgerüstet und andere wieder mit glänzenden metallischen Farben verziert sind. Es scheint daher hiernach wahrscheinlich, dass alle diese Charactere auf einem und demselben Wege erlangt worden sind, nämlich durch geschlechtliche Zuchtwahl.
Wenn wir von den Vögeln handeln werden, so werden wir sehen, dass sie in ihren secundären Scxualcharacteren die grösste Analogie mit den Insecten darbieten. So sind viele männliche Vögel in hohem Grade kampflustig und manche sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern ausgerüstet. Sie besitzen Organe, welche während der Brutzeit zum Hervorbringen vocaler und instrumentaler Musik benutzt werden. Sie sind häufig mit Kämmen, Hörnern, Fleisch-lappen und Schmuckfedern der manuichfaltigsten Arten geschmückt und mit schönen Farben verziert, Alles offenbar zum Zweck der Entfaltung. Wir werden finden, dass wie bei den Insecten in gewissen Gruppen beide Geschlechter gleichmässig schön und gleichmässig mit Zicrathen versehen sind, welche gewöhnlich auf das männliche Geschlecht beschränkt sind. In andern Gruppen sind beide Geschlechter gleichmässig einfach gefärbt und ohne besondere Zierden. Endlich sind in einigen wenigen anomalen Fällen die Weibchen schöner als die Männchen. Wir werden oft in einer und derselben Gruppe von Vögeln jede Abstufung von gar keiner Verschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern bis zu einer äusserst grossen Verschiedenheit finden. In dem letzteren Falle werden wir sehen, dass, ganz wie die weiblichen Insecten, die weiblichen Vögel oft mehr oder weniger deutliche Spuren der Merkmale besitzen, welche ursprünglich den Männchen gehörten. In der That ist die Analogie in allen diesen Beziehungen zwischen den Vögeln und Insecten eine merkwürdig grosse. Was für eine Erklärung nur immer in der einen Classe anwendbar ist, dieselbe lässt sich wahrscheinlich auch auf die andere anwenden; und diese Erklärung liegt, wie wir später noch zu zeigen versuchen werden, beinahe mit Sicherheit in geschlechtlicher Zuchtwahl.
Ende des ersten Bandes.
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Abstammung des Menschen
und
die gesclilcclitliclie Zuchtwahl.
Zweiter Band.
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In der E. Schweizerbart'schen Verlagshandlung (E. Koch) in Stuttgart sind von demselben Verfasser ferner erschienen:
Charles Darwin
über die
Entstehung* der Arten
durch natürliche Zuchtwahl
oder die Erhaltung der begünstigten Hassen im Kampfe um's Dasein.
Aus dem Englischen übersetzt von H. Cr. Bronn.
Nach der 5. englischen sehr vermehrten Auflage durchgesehen n. berichtigt
von
J. Y i c t o r Car u s.
Vierte Auflage.
Mit dem Portrait des Verfassers.
Preis broch. .% 3. — oder /£. 5. 15. in Leinw. geb. Sfa 3. 10. Jg. 5. 51.
Das Variiren der Thiere und Pflanzen
im Zustande der Domestication
von
Charles Darwin.
Aus dem Englischen übersetzt von J. Victor Carus. Zwei Bände mit 43 Holzschnitten. Preis Ethlr. 0. 10 oder fl. 11. —
Ueber die Einrichtungen zur Befruchtung
britischer und ausländischer Orchideen
durch Insecten und über die günstigen Erfolge der Wechselbefruchtung
von
Charles Darwin.
Mit 34 Holzschnitten.
Aus dem Englischen übersetzt von Dr. H. G. Bronn. Preis Rthlr. 1. 12 oder fl. 2. 20.
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Die
Abstammung des Menschen
und
die geschlechtliche Zuchtwahl
von
Charles Darwin.
A us de m E n g 1 i s c li e n übersetzt
von
J. Victor Carus.
In zwei Bänden.
II. Band.
Mit cinund fii nfzig llolzsclini tten. Zweite nach der letzten Ausgabe des Originals berichtigte Auflage.
STUTTGART.
1. Scliwoizcrbart'schc Verlagshandluiig (K. Koch). 1872.
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I
Prurk von Fr. Schweizerbart in Stuttgart.
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Inhalt.
Zwölftes Capilcl.
Secundärc Sexualcharactere der Fische, Amphibien und
Reptilien.
Fische: Werbung und Kämpfe der Männchen. — Bedeutendere Grösse der Weibchen. — Männchen: helle Farben und ornamentale Anhänge; andere merkwürdige Charactere. — Färbungen und Anhänge von den Männchen allein während der Paarungszeit erlangt. — Fische, bei denen beide Geschlechter brillant gefärbt sind. — Protective Farben. — Die weniger augenfälligen Färbungen der Weibchen können nicht nach dem Grundsatze des Schutzgebens erklärt werden. — Männliche Fische bauen Nester und sorgen für die Eier und Jungen. — Amphibien: Verschiedenheiten des Baues und der Farbe zwischen den Geschlechtern. — Stimmorgane. — Reptilien: Chelonier. — Crocodile. — Schlangen: Farben in manchen Fällen protectiv. — Eidechsen: Kämpfe derselben. — Ornamentale Anhänge. — Merkwürdige Verschiedenheiten in der Structur der beiden Geschlechter. — Färbungen. — Geschlechtliche Verschiedenheiten fast so gross wie bei den Vögeln . S. 1.
Dreizehntes Capitel. Secundäre Sexualeharactere der Vögel.
Geschlechtliche Verschiedenheiten. — Gesetz des Kampfes. — Specielle Waffen. — Stimmorgane. — Instrumentalmusik. — Liebesgeherden und Tänze. — Permanenter und an die Jahreszeit gebundener Schmuck. — Doppelte und einfache jährliche Mauser. — Entfaltung der Ornamente seitens der Männchen.
S. 32.
Vierzehntes Capitel.
Vögel (Fortsetzung).
Wahl seitens der Weibchen. — Dauer der Bewerbung. — Nichtgepaarte Vögel. — Geistige Eigenschaften und Geschmack für das Schöne. — Vorliehe für, oder Antipathie gegen gewisse Männchen seitens der Weihchen. — Variabilität
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VI
der Vögel. — Abänderungen zuweilen plötzlich auftretend. — Gesetze der Abänderung. — Bildung der Augenflecken. — Abstufungen der Charactere.
— Pfauhahn, Argus-Fasan und Urosticte...........S. 86.
Fünfzehntes Capitcl. Vögel (Fortsetzung).
Erörterung, warum in manchen Species allein die Männchen, und in andern Species beide Geschlechter glänzend gefärbt sind. — lieber geschlechtlich beschränkte Vererbung, in ihrer Anwendung auf verschiedene Bildungen und auf ein hell gefärbtes Gefieder. — Nestbau in Beziehung zur Farbe. — Verlust des Hochzeitsgefieders während des Winters.......S. 134.
Sechszehntes Capilel.
Vögel (Schluss).
Das Jugendgefieder in Bezug auf den Character des Gefieders beider Geschlechter im erwachsenen Zustande. — Sechs Hassen von Fällen. — Geschlechtliche Verschiedenheiten der Männchen nahe verwandter oder repräsentativer Species. — Das Weibchen nimmt die Charactere des Männchens an. — Das Gefieder der Jungen in Bezug auf das Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen. — lieber die Steigerung der Schönheit der Vögel auf der ganzen Erde. — Protective Färbung. — Auffallend gefärbte Vögel. — Würdigung der Neuheit. — Zusammenfassung der vier Capitel über Vögel . . S. 160.
Siebenzehntes Capitel.
Seeundäre Sexualcharactere der Säugethiere.
Das Gesetz des Kampfes. — Specielle auf die Männchen, beschränkte Waffen. — Ursache des Fehlens der Waffen bei den Weibchen. — Beiden Geschlechtern gemeinsame Waffen, die aber doch ursprünglich zuerst vom Männchen erlangt wurden. — Anderer Nutzen solcher Waffen. — Ihre hohe Bedeutung.
— Bedeutendere Grösse der Männchen. — Vertheidigungsmittcl. — lieber die von beiden Gesclileciitern gezeigte Vorliebe beim Paaren der Säugethiere
S. 240.
Achtzehntes Capitel.'
Seeundäre Sexualcharactere der Säugethiere (Fortsetzung). *
Stimme. — Merkwürdige geschlechtliche Eigentümlichkeiten bei Robben. — Geruch. — Entwickelung des Haars. — Farbe des Haars und der Haut. — Anomaler Fall, wo das Weibchen mehr geziert ist als das Männchen. — Farbe und Schmuck Folgen geschlechtlicher Zuchtwahl. — Farbe zum Zwecke des Schutzes erlangt. — Farbe, wenn schon beiden Geschlechtern gemeinsam, doch häufig Folge geschlechtlicher Zuchtwahl. — lieber das Verschwinden von Flecken und Streifen bei erwachsenen Sftugethiercn. — lieber die Farben und Zierathen der Quadrumanen. — Zusammenfassung . . S. 241.
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VII
Neunzehntes Capilel.
Secundäre Sexualeharactere des Menseben.
Verschiedenheiten zwischen dem Mann und der Fran. — Ursachen derartiger Verschiedenheiten und gewisser, beiden Geschlechtern eigener Charactere.
— Gesetz dos Kampfes. — Verschiedenheiten der Geisteskräfte — und der Stimme. — Ueber den Kinfluss der Schönheit auf das Eingehen von Hei-rathen beim Menschen. — Aufmerksamkeit der Wilden auf Zierathen. — Ihre Ideen von Schönheit der Frauen. — Neigung, jede natürliche Eigentümlichkeit zu übertreiben ..............S. 277.
Zwanzigstes Capitel. Secundäre Sexualchar acter o des Mensehen (Fortsetzung).
Ueber die Wirkungen der fortgesetzten Wahl von Frauen nach einein verschiedenen Maassstabe der Schönheit in jeder Rasse. — Ueber die Ursachen, welche die geschlechtliche Zuchtwahl bei civilisirtcn und wilden Rassen stören. — Der geschlechtlichen Zuchtwahl günstige Bedingungen in Urzeiten.
— Ueber die Art der Wirkung der geschlechtlichen Zuchtwahl beim Menschengeschlecht. — Ueber den Umstand, dass die Frauen wilder Stämme in etwas die Fähigkeit haben, sich Gatten zu wählen. — Fehlen des Haars am Körper und Entwickelung des Bartes. — Farbe der Haut. — Zusammenfassung ......................S. 312.
Einundzwanzigstes Capitel. Allgemeine Zusammenfassung und Schluss.
Hauptsächlichste Schlussfolgerung, dass der Mensch von einer niederen Form abstammt. — Art und Weise der Entwickelung. — Genealogie des Menschen.
— Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. — Geschlechtliche Zuchtwahl.
— Schlussbemerkungen................S. 339.
Register
S. 357
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1
I
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Zwölftes Oapitel.
Seeundlire Sexualcharactcre der Fische, Amphibien und
Reptilien.
Fische: Werbung und Kämpfe der Männchen. — Bedeutendere Grösse der Weihchen. — Männchen: helle Farben und ornamentale Anhänge; andere merkwürdige Charactere. — Färbungen und Anhänge von den Männchen allein während der Paarungszeit erlangt. — Fische, bei denen beide Geschlechter brillant gefärbt sind. — Protective Farben. — Die weniger augenfälligen Färbungen der Weibchen können nicht nach dem Grundsätze des Schutzgebens erklärt werden. — Männliche Fische bauen Nestor und sorgen für die Eier und Jungen. — Amphibien: Verschiedenheiten des Baues und der Farbe zwischen den Geschlechtern. — Stimmorgane. — Reptilien: Chelonier. — Crocodile. — Schlangen: Farben in manchen Fällen protectiv. — Eidechsen: Kämpfe derselben. — Ornamentale Anhänge. — Merkwürdige Verschiedenheiten in der Structur der beiden Geschlechter. — Färbungen. — Geschlechtliche Verschiedenheiten fast so gross wie bei den Vögeln.
Wir sind nun bei dem grossen Unterreiche der Wirbelthiere angekommen und wollen mit der untersten Gasse, nämlich den Fischen, beginnen. Die Männchen der Plagiostomen (Haifische, Kochen u. s. w.) nnd der chimärenartigen Fische sind mit Klammerwerkzcugcu versehen, welche dazu dienen, das Weibchen festzuhalten, ähnlich wie die verschiedenen Bildungen, welche so viele der niedrigeren Thiere besitzen. Ausser den Klammerorganen haben die Männchen vieler Kochen hau-fenfönnige Gruppen starker scharfer Dornen auf dem Kopfe und mehrere Reihen solcher „den oberen äusseren Flächen ihrer Brustflossen „entlang." Diese sind hei den Männchen einiger Species vorhanden, welche die andern Tlieile ihres Körpers glatt haben. Sie werden nur zeitweise entwickelt während der Paarungszeit, und Dr. G Cnthkr vermuthet, dass sie als Greiforganc in Thätigkeit kommen in der Weise, dass die beiden Seiten des Körpers nach innen und unten umgeschlagen werden. Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass die Weibchen und nicht die
DARWIN, Abstammung. IT. Zweite Auflage. 1
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2 Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Theil.
Mftmichen mancher Species, so z. B. von Raja rlarala, den "Rücken mit grossen hakenförmigen Dornen dicht besetzt haben '.
In Folge des Unistands, dass die Fische im Wasser leben, ist nur wenig von ihrer Bewerbung und nicht viel von ihren Kämpfen bekannt. Der männliche Stichling (Gmlerostem Iciunis) ist beschrieben worden als „närrisch vor Entzücken", wenn das Weibchen aus seinem Verstecke heraus kommt und das Nest in Augenschein nimmt, welches das Männchen für dasselbe gebaut hat. „Das Männchen fliegt um das Weibchen „herum in allen Richtungen, dann zurück zu den angehäuften Materialien für den Nestbau, dann wieder zurück in einem Augenblicke, und „wenn das Weibchen nicht entgegenkommt, versucht das Männchen es „mit seiner Schnauze zu stosseu und es mit dem Schwänze' und dem „Seitenstachel nach dem Neste zu treiben' -, Die Männchen sollen Polygamisten sein 3. Sie sind ausserordentlich kühn und kampflustig, während „die Weibchen vollständig friedfertig sind." Thre Kämpfe sind zu Zeiten verzweifelter Art: „denn diese kleinen Kämpfer heften sich „für mehrere Secunden eng aneinander und stürzen mit einander kopf-„über hemm, bis ihre Kraft vollständig erschöpft zn sein scheint". Bei den raubschwänzigen Stichlingen (G. trachwv«) beissen die Männchen einander, während sie im Kampfe rnnd um einander herumschwimmen, und versuchen, sich gegenseitig mit ihren erhobenen seitlichen Dornen zu durchbohren. Derselbe Schriftsteller fügt hinzu 4: „der Biss „dieser kleinen Furien ist sehr scharf. Sie benutzen auch ihre seitlichen Dornen mit solch' tödtlicher Wirkung, dass ich gesehen habe, „wie während eines Kampfes der eine seinen Widersacher vollständig „aufschlitzte, so dass er auf den Boden sank und starb." Ist ein Fisch , besiegt, „so verlässt ihn sein tapferes Benehmen, seine munteren Far-„ben blassen ab, und er verbirgt sein Unglück in der Mitte seiner „friedlichen Cameraden, ist aber eine Zeit lang der beständige Gegenstand der Nachstellungen seitens seines Bcsiegcrs."
Der männliche Lachs ist so kampflustig wie der kleine Stichling, ebenso ist es die männliche Forelle, wie ich von Dr. Günther höre.
1 Yarrell, History of British Fishes. Vol. lt. ISSfl, p. 417, 425, 436. Dr. Günther theilt mir mit, dass die Dornen hei Mttjtt chtrat« den Weihchen eigen-thümlich sind.
2 s. die interessanten Artikel Mr. YV arington's in: Annals and Magaz. of Nat. Bist. 2. Ser. Vol. X. 1852, p. 276 und Vol. XVI. 1S55, p. 330.
3 Noel Humphreys, River Gardons. 1857.
4 London'» Magaz. of Xatnr. History. Vol. III. 1830, p. 331.
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Cap. 12. Fische. 3
Mr. Shaw beobachtete einen heftigen Kampf zwischen zwei männlichen Lachsen, welcher einen ganzen Tag dauerte; und Mr. E. Buist, Superintendent der Fischereien, theilt mir mit, dass er oft von der Brücke in Perth beobachtet hat, wie die Männchen ihre Nebenbuhler forttreiben, während die Weibchen laichen. „Die Männchen kämpfen beständig und treiben einander von den Laichstätten, und viele verletzen „einander so, dass sie den Tod gar mancher Rivalen veranlassen. Wenigstens hat man viele in der Nähe der Flussufer in einem Zustande „der Erschöpfung und dem Anscheine nach im Todeskampfe schwimmen „gesehen" 3. Wie mir Mr. Bcist mittheilt, besuchte der Verwalter der Stormontfielder Zuchtteiche im Juni 1868 den nördlichen Tyne und fand ungefähr dreihundert todte Lachse, welche mit Ausnahme eines einzigen sämmtlich Männchen waren. Seiner Ueberzengung nach hatten sie alle ihr Leben im Kampfe mit andern verloren.
Der merkwürdigste Umstand in Bezug auf den männlichen Lachs ist, dass sich während der Laichzeit ausser einer bedeutenden Veränderung in der Farbe „die untere Kinnlade verlängert und'ein knorpliger Vorsprang von der Spitze aus sich nach oben erhebt, welcher, „wenn die Kinnladen geschlossen sind, in eine tiefe Aushöhlung zwischen den Ihtermaxillarknochen des Oberkiefers eingreift" 6 (Figg. 26 und 27). Bei unserem Lachse hält diese Structurveränderung nur während der Laichzeit an; bei dem Salmo lycaodon des westlichen Nordamerika aber ist diese Veränderung, wie Mr. J. K. Lord glaubt7, permanent und am meisten bei den älteren Männchen ausgesprochen, welche schon früher in den Flüssen aufgestiegen sind. Bei diesen alten Männchen werden die Kinnladen zu ungeheuren hakenförmigen Vorsprüngen entwickelt und die Zähne wachsen zu regelmässigen Hauern aus, oft über einen halben Zoll lang. Der Angabe von Mr. Lloyd 8 zufolge dient bei dem europäischen Lachse die temporäre hakenförmige Bildung dazu, die Kinnladen zu kräftigen und zu schützen, wenn das eine Männchen ein anderes mit wunderbarer Heftigkeit angreift. Aber die bedeutend entwickelten Zähne des männlichen europäischen Lachsen
5 Tbc Field, 29. Juni 1807. Wegen Mr. Shaw's Angabe s. Edinburgh Review 1843. Ein anderer erfahrener Beobachter (Scrope, Days of Salinem Fis-hing, p. CO) bemerkt, dass der männliche Lachs, wenn er könnte, alle übrigen Männchen wie der Hirsch vertreiben würde.
6 Yarrell, History of British Fishes. Vol. II. 1S.SG, p. 10. ' The Naturalist in Vancouver's Island. Vol. I. 18GG, p. 54. 8 Scandinavian Adventures. Vol. I. 1854, ji. 100, 104.
1 *
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4
Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
können mit den Stosszähnen vieler männlichen SiUigethierc verglichen werden und sie weisen eher auf einen oilensiven Zweck hin als auf ein blosses Schutzmittel.
Fig. 27.
Fig. 26. Kopf des männlichen Lachsen (Xalmo saJar) während der Paarungszeit.
Fig. 27. Kopf des weiblichen Lachsen.
Der Lachs ist nicht der einzige Fisch, bei welchem die Zähne in den beiden Geschlechtern verschieden sind. Dies ist auch bei vielen
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Cap. 12. Fische. 5
Rochen der Fall. Bei Raja clacata hat das Männchen scharfe spitze Zähne, welche nach rückwärts gerichtet sind, während die Zähne des Weibchens breit und platt sind und eine Art Pflaster bilden, so dass diese Zähne in den beiden Geschlechtern einer und der nämlichen Spe-cies mehr von einander verschieden sind, als es gewöhnlich bei verschiedenen Gattungen einer und derselben Familie der Fall ist. Die Zähne des Männchens werden erst dann scharf, wenn dasselbe erwachsen ist; so lange es jung ist, sind sie breit und platt wie die des Weibchens. Wie es so häufig bei seeundären Sexualcharacteren vorkommt, besitzen beide Geschlechter einiger Species von Rochen, z. B. R. bath, wenn sie erwachsen sind, scharfe, zugespitzte Zähne und hier scheint ein Character, welcher dem Männchen eigen und ursprünglich von diesem erlangt worden ist, auf die Nachkommen beider Geschlechter fiberliefert worden zu sein. Auch bei R. maculula sind die Zähne gleichfalls in beiden Geschlechtern zugespitzt, aber nur wenn sie vollständig erwachsen sind; die Männchen erhalten diese Form in einem früheren Alter als die Weibchen. Wir werden später analogen Fällen bei gewissen Vögeln begegnen, bei welchen das Männchen das beiden Geschlechtern im erwachsenen Zustande eigene Gefieder in einem etwas früheren Alter erlangt als das Weibchen. Bei andern Arten von Rochen besitzen die Männchen, selbst wemi sie alt sind, niemals scharfe Zähne, und es sind folglicli beide Geschlechter, wenn sie erwachsen sind, mit breiten, platten Zähnen versehen, ähnlich denen der Jungen und der reifen Weibchen der oben erwähnten Speeies9. Da die Rochen kühne, kräftige und gefrässige Fische sind, so dürfen wir vermuthen, dass die Männchen ihre scharfen Zähne zum Kämpfen mit ihren Rivalen erhalten ; da sie aber viele Theile besitzen, welche zum Ergreifen des Weibchens moditicirt und angepasst sind, so ist es möglich, dass ihre Zähne zu demselben Zwecke benutzt werden.
Was die Grösse betrifft, so behauptet Mr. Oarboxniek ,0, dass bei fast allen Fischen das Weibchen grösser ist als das Männchen ; und Dr. Günther kennt nicht ein einziges Beispiel, in welchem das Männchen factisch grösser wäre als das Weibchen. Bei einigen Cyprino-donten ist das Männchen nicht einmal halb so gross als das Weibchen. Da bei vielen Arten von Fischen die Männchen gewöhnlich mit ein-
9 s. Yarrell's Schilderung der Rochen in seiner Ilistory of British Fishes. Vol. II. 1S36, p. 416, mit einer ausgezeichneten Figur, und Fig. 422, 432. J" citirt in The Farmer. 18fr3, n. 3G9.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
ander kämpfen, so ist es überraschend, dass sie nicht allgemein durch die Wirkungen der geschlechtlichen Zuchtwahl grösser und kräftiger geworden sind als die Weibchen. Die Männchen leiden unter ihrer geringen Grösse; denn der Angabe des Mr. Carbonniek zufolge werden sie gern von den Weibehen ihrer eigenen Species, sobald dieselbe fleischfressend ist, und ohne Zweifel auch von andern Species gefressen. Bedeutende Grösse muss daher in irgend welcher Weise von grösserer Bedeutung für die Weibchen sein, als es die Kraft und die Grösse für die Männchen zum Kämpfen mit andern Männchen ist, und dies wahrscheinlich , um denselben die Erzeugung einer ungeheuren Anzahl von Eiern zu ermöglichen.
Bei vielen Arten ist nur das Männchen mit hellen Farben verziert oder die Farben sind beim Männchen viel glänzender als beim Weibchen. Auch ist das Männchen zuweilen mit Anhängen versehen, welche demselben von keinem grösseren Nutzen zu den gewöhnlichen Zwecken des Lebens zu sein scheinen, als es die Schwanzfedern des Pfauhahns sind. Die meisten der folgenden Thatsachen verdanke ich der grossen Freundlichkeit des Dr. Günther. Es ist Grund zu der Vermutlning vorhanden, dass viele tropische Fische dem Geschlechte nach in Farbe und Structur von einander verschieden sind und hierfür finden sich auch einige auffallende Beispiele bei unsern britischen Fischen. Der männliche CalUotujmus lyra wird von den Engländern gemmeous dragonct genannt „wegen seiner brillanten cdelsteinartigen Farben." Wenn er frisch aus dem Meere genommen wird, ist der Körper gelb in verschiedenen Schattirungen und mit einem lebhaften Blau auf dem Kopfe gestreift und gefleckt; die Kückenflossen sind blassbraun mit dunkeln Längsbändern, die Bauehflossen, Schwanz- und Afterflossen sind bläulichschwarz. Das Weibchen, von den Engländern „sordid dragonel* genannt, wurde von Linne und vielen späteren Naturforschern für eine besondere Species gehalten. Dasselbe ist von einem schmutzigen Röth-lichbraun, die Rückenflossen sind braun und die andern Flossen weiss. Die Geschlechter weichen auch in der proportionalen Grösse des Kopfes und des Mundes von einander ab, ebenso in der Stellung der Augen11; aber die am meisten auffallende Verschiedenheit ist die ausserordentliche Verlängerung der ersten Rückenflosse beim Männchen (Fig. 28). Die jungen Männchen gleichen in ihrer Structur und Farbe den er-
" Ich hahe diese De Schreibung nach Yarrcll's British Fishes. Vol. I. 1830, ji. 201 und 2GG zusammengestellt.
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Cap. Vi. Fisc]ie. _
wachsenen Weibchen. Durch die ganze Gattung Cullionjjmiis hindurch 12 ist das Männchen allgemein viel glänzender gefleckt als das Weibchen,
Fi{,'. MS. <'alUonymw< hjra. Obei'ö Fijjur das Mannchen ; nntfiro Figur das Woibchen.
und bei mehreren Species ist nicht bloss die Rückenflosse, sondern auch die Afterflosse des Männchens bedeutend verlängert.
Das Männchen des Seeskorpious (Cottus scorpio) ist schlanker und kleiner als das AVeibciieu. Es besteht auch eine grosse Verschiedenheit in der Färbung zwischen den Geschlechtern. „Für Jeden, der diesen , Fisch nicht während der Laichzeit, wo seine Färbung am glänzendsten .ist, beobachtet hat, ist es", wie Mr. Lloyd13 bemerkt, „schwierig, ,sich eine Vorstellung von der Mischung von brillanten Farben zu „machen, mit welchen derselbe, der in andern Beziehungen so wenig .begünstigt ist, um diese Zeit verziert ist". Bei Labrus mixtus sind beide Geschlechter schön, trotzdem sie in der Färbung sehr verschieden sind. Das Männchen ist orange mit hellblauen Streifen und das Weibchen hellroth mit einigen schwarzen Flecken auf dem Kücken.
In der sehr ausgezeichneten Familie der Cyprinodontiden, Bewohner der süssen Gewässer fremder Länder, weichen die Geschlechter zuweilen bedeutend in verschiedenen Merkmalen von einander ab. Bei dem Männ-
12 Catalogne of Aeanthopter. Fishes in the British Museum by Dr. Günther. 1861, p. 138—151.
13 Game Birds of Sweden etc. 1687, p. 46G.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Tlieil.
chen von Mollienesia petenensis u ist die Kückenflosse bedeutend entwickelt und mit einer Keihe grosser runder, augenförmiger, hellgefärbter Flecke gezeichnet, während dieselbe Flosse beim Weibchen kleiner, von verschiedener Form und nur mit unregelmässigen gekrümmten braunen Flecken gezeichnet ist. Bei den Männchen ist anch der basale Hand der Afterflosse ein wenig vorgezogen und dunkel gefärbt. Bei den Männchen einer verwandten Form, des Xiphophovus Ilcllcrii (Fig. 29), ist der untere Band der Afterflosse zu einem langen Faden entwickelt,
Fig. '29. Xijihoj'/iorus HeUerii. Ohere Figur das Männchen; untere Figur das Weibchen.
welcher, wie ich von Dr. Günther höre,'mit hellen Farben gestreift ist. Dieser fadenförmige Anhang enthält keine Muskeln und kann dem Anscheine nach von keinem directen Nutzen für den Fisch sein. Wie es bei Callionymtis der Fall ist, sind die Männchen so lange sie jung sind, in ihrer Färbung und Structur den erwachsenen Weibchen ähnlich. Geschlechtliche Verschiedenheiten wie die vorstehenden können ganz streng mit denen verglichen werden, welche bei hühnerartigen Vögeln so häufig vorkommen l5.
Bei einem siluroiden Fisch, welcher die süssen Gewässer von Südamerika bewohnt, nämlich dem Plecostomus barbalus 16 (Fig. 30), ist bei dem Männchen der Mund und das lnteroperculum mit einem Barte
14 In Bezug auf diese und die folgenden Species bin ich Dr. Günther für Information verbunden, s. auch dessen Aufsatz über die Fische von Central-Ame-rika in: Transact. Zoolog. Soc. Vol. VI. 1SG8, p. 485.
15 Dr. Günther macht diese Bemerkung; Catalogue of Fishes in the British Museum. Vol. III. 1861, p. 141.
16 s. Dr. Günther über diese Gattung in: Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 232.
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Cap. 12. Fisehe. 9
steifer Haare gefranst, von welchen das Weibchen kaum eine Spur zeigt. Diese Haare sind von der Natur der Schuppen, Bei einei andern Species
Fig. .10. Plrcoftom^n barbalun. Obere Figur Kopf des Mänrnhens ; untere Figur Kopf des Weibchens.
derselben Gattung springen von dem vorderen Theile des Kopfes des Männchens weiche biegsame Tentakeln vor, welche beim Weibchen fehlen. Diese Tentakeln sind Verlängerungen der wirklichen Haut und sind daher den steifen Haaren der früheren Species nicht homolog;
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
es lässt sich aber kaum zweifeln, dass beide zu demselben Zwecke dienen. Was dieser Zweck sein mag, ist schwierig zu vermuthen. Eine Verzierung scheint liier nicht wahrscheinlich zu sein; wir können aber kaum vcrniuthen, dass steife Haare und biegsame Filamente in irgend einer gewöhnlichen Weise allein den Männchen von Nutzen sein könnten. Der Monacanthus scopas, welchen mir Dr. Günther auf dem British Museum zeigte, bietet einen sehr analogen Fall dar. Das Männchen hat eine Gruppe steifer, gerader Dornen, ähnlich den Zinken eines Kammes, an den Seiten des Schwanzes, und diese waren bei einem Exemplare von sechs Zoll Länge beinahe anderthalb Zoll lang. Das Weibchen hat an derselben Stelle einen Haufen von Borsten, welche mit denen einer Zahnbürste verglichen werden können. Bei einer andern Species, dem 31. Peronii, hat das Männchen eine Bürste wie die, welche das Weibchen der letztgenannten Species besitzt, während die Seiten des Schwanzes beim Weibchen glatt sind. In einigen andern Species ist zu bemerken, dass derselbe Theil des Schwanzes beim Männchen ein wenig rauh, dagegen beim Weibchen vollkommen glatt ist, und endlich bei noch andern Species haben beide Geschlechter glatte Seiten. Bei jenem fremdartigen, monströs aussehenden Fische, der Chimaera monslrosa, hat das Männchen einen hakenförmigen Knochen auf der Spitze des Kopfes, welcher nach vorwärts gerichtet und an seinem abgerundeten Ende mit scharfen Dornen bedeckt ist; beim Weibchen „fehlt „diese Krone vollständig"; was aber ihr Gebrauch sein mag, ist völlig unbekannt n.
Die Gebilde, die bis jetzt erwähnt wurden, sind beim Männchen, nachdem es zur Keife gekommen ist, permanent; aber bei einigen Arten von Blcmiius und bei einer andern verwandten Gattung 1S entwickelt sich ein Kamm auf dem Kopfe des Männchens nur während der Paarungszeit, auch wird der Körper der Männchen zu derselben Zeit heller gefärbt. Es lässt sich nur wenig zweifeln, dass dieser Kamm als ein temporäres geschlechtliches Ornament dient; denn das Weibchen zeigt auch nicht eine Spur davon. Bei andern Arten der nämlichen Gattung besitzen beide Geschlechter einen Kamm und mindestens bei einer Species ist keines von beiden Geschlechtern damit versehen. In diesem Falle und in dem von Monacunlhus selten wir gute Belege tla-
17 F. Buckland, in: Land and Water. July, 1868, p. 377 mit einer Abbildung.
'* Dr. Günther, Catalogne of Fishes etc. Vol. III, p. 221 und 240.
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Cap. 12.
Fische.
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für, wie bedeutend die geschlechtlichen Merkmale nahe verwandter Formen in ihrer Entwiekelung abweichen können. Bei vielen Chromiden, z. B. bei Geophayus und besonders bei Ciclila, haben die Männchen, wie ich von Professor Agassiz höre19, eine auffallende Protuberanz am Vorderkopfe, welche bei den Weibchen und den jungen Männchen vollständig fehlt. Professor Agassiz fügt hinzu: „Mt habe diesen Fisch „häufig zur Zeit des Laichens beobachtet, wo die Protuberanz am gross-„ teil ist, ebenso zu andern Jahreszeiten, wo dieselbe vollständig fehlt „und die beiden Geschlechter in der Contur des Profils ihres Kopfes „durchaus keine Verschiedenheit von einander zeigen. Ich konnte durchaus nicht mit Sicherheit bestimmen, dass diese Hcrvorragung irgend \ „einer speciellen Function diene, und die Indianer am Amazonenstrome „wissen über ihren Gebrauch nichts". Diese Protuberanzen gleichen in ihrem periodischen Erscheinen den fleischigen Carunkeln an den Köpfen gewisser Vögel, ob sie aber als Ornamente von Nutzen sind, muss für jetzt zweifelhaft bleiben.
Die Männchen derjenigen Fische, welche beständig in der Färbung von den Weibchen verschieden sind, werden häufig während der Zeit des Laichens brillanter, wie ich von Professor Agassiz und Dr. Günther höre. Dies ist gleichfalls bei einer Menge von Fischen der Fall, deren Geschlechter zu allen andern Zeiten des Jahres in ihrer Färbung identisch sind. Als Beispiel können die Sehleihe, das Rothauge und der Barsch angeführt werden. Der männliche Lachs ist in dieser Jahreszeit „auf den „Wangen mit orange gefärbten Streifen gezeichnet, welche ihm die Erscheinung eines Labnts geben, und auch der Körper nimmt an einer „goldig-orangenen Färbung theil. Die Weibchen sind von Farbe dunkel „und werden gewöhnlich Schwarzfische genannt" 20. Eine analoge und selbst noch grössere Veränderung findet bei dem Scilmo eriox (dem bull-trout der Engländer) statt. Die Männchen der Rothforelle (Salmo vmbla) sind gleichfalls während der Laichzeit etwas heller in der Färbung als die Weibehen-1. Die Farben des Hechts der Vereinigten Staaten (Esox reliculatus), besonders die des Männchen, werden wäh-- rend der Laichzeit ausnehmend intensiv brillant und iridescirend -1.
19 s. auch Trof. and Mrs. Agassiz, a Jouniey in Brazil. 1868, i>. 220.
20 Yarrell, History of British Fislies. Vol. II. 1836, p. 10, 12, 35.
21 W. Thompson, in: Annais and Magaz. of Natur. Hist. Vol. VI. 1841. p. 440.
The American Agriculturist. 1808, p. 100.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
Unter vielen andern Beispielen bietet ein weiteres auffallendes der männliche Stich]ing (_Gaslerustevs lehirvs) dar, welcher von Mr. W.VR1NGTON 23 beschrieben wird als „über alle Beschreibung schön". Der Kücken und die Augen des Weibchens sind einfach braun und der Bauch weiss, dagegen sind die Augen des Männchens „von dem glänzendsten Grün und „habeu einen metallischen Glanz, wie die grünen Federn mancher Co-„libri's. Die Kehle und der Bauch sind von einem hellen Scharlach, „der Bücken gräulich-grün, und der ganze Fisch erscheint, als wenn ,er in gewisser Weise durchscheinend wäre und von einem inneren „Feuer erglühte". Nach der Laichzeit verändern sich alle diese Farben, die Kehle und der Bauch werden blässer roth, der Kücken mehr grün und die glühend scheinendeil Färbungen verschwinden.
Dass bei den Fischen eine nahe Beziehung zwischen ihren Farben und ihren geschlechtlichen Functionen existirt, können wir sehr deutlich sehen; — erstens daraus, dass die erwachsenen Männchen gewisser Species verschieden von den Weibchen und oft viel brillanter gefärbt sind, — zweitens daraus, dass diese selben Männchen so lange sie unreif sind, den reifen Weibchen gleichen — und endlich daraus, dass die Männchen selbst derjenigen Species, welche zu allen andern Zeiten des Jahres in der Färbung mit den Weibchen identisch sind, oft während der Zeit des Laichens brillantere Färbungen erhalten. Wir wissen, dass die Männchen in ihrer Bewerbung äusserst eifrig sind und zuweilen verzweifelt mit einander kämpfen. Wenn wir annehmen dürfen, dass die Weibchen die Fälligkeit haben, eine Wahl auszuüben und die schöner verzierten Männchen zu wählen, so werden die sämmtliehen oben erwähn-teil Thatsachen nach dem Principe der geschlechtlichen Zuchtwahl verständlich. Wenn auf der andern Seite die Weibchen ihre Eier gewohn-heitsgemäss ablegten und sie zur Befruchtung dem ersten besten Mann-cheu, welches sicli zufällig näherte, überliessen, so würde diese That-sache der Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl entschieden widersprechend sein; denn dann könnte keine Wahl eines Genossen stattfinden. Das Weibchen laicht aber, so weit es bekannt ist, niemals von selbst, ausgenommen in der nächsten Gegenwart eines Männchens,. und das Männchen befruchtet die Eier niemals, ausgenommen in der dichtesten Gegenwart eines Weibchens. Offenbar ist es schwer, direetc Belege in Bezug darauf zu erhalten, dass weibliche Fische ihre Ge-
" Annais and Magaz. of Natur. Hist. 2. Ser. Yol. X. 1852, p. 27G.
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Cap. 12. Fische. 13
uossen auswählen. Ein ausgezeichneter Beobachter-4, welcher sorgfältig das Laichen der Elritzen CCyprvms phoxinus) beobachtet hat, bemerkt, dass er in Folge des Umstand es, dass die Männchen, welche zehnmal so zahlreich als die Weibchen waren, sich dicht um diese herum versammelten, „nur mit Zweifel über ihre Operationen sprechen könne. „Sobald ein Weibchen unter eine Zahl von Männchen kam, wurde es „unmittelbar von diesen verfolgt, und wenn es nicht bereit war seinen „Laich abzugeben, so trat es einen äusserst eiligen Rückzug an; war „es aber hierzu bereit, so trat es kühn unter die Männchen hin und „wurde sofort von einem Männchen auf jeder Seite dicht gedrängt; „hatten dann diese sich eine kurze Zeit in dieser Lage befunden, so „wurden sie von zwei andern abgelöst, welche sich zwischen jene und „das Weibchen eindrängten, wobei Letzteres alle seine Liebhaber mit „derselben Freundlichkeit zu behandeln schien." Trotz dieser letzteren Angabe kann ich nach den früher mitgetlieilten Betrachtungen den Glauben nicht aufgeben, dass diejenigen Männchen, welche für die Weibchen die anziehendsten sind, wegen ihrer helleren Farben oder anderer Zierathen, gewöhnlich von ihnen vorgezogen werden, und dass im Laufe der Zeit die Männchen hierdurch allmählich schöner geworden sind.
Wir haben nun zunächst zu untersuchen, ob diese Ansicht unter Zuhülfenahme des Gesetzes der gleichmässigen Ueberlieferung von Merkmalen auf beide Geschlechter auf jene Gruppen übertragen werden kann, bei welchen die Männchen und Weibchen in demselben oder naliezu demselben Grade und in derselben Art und Weise brillant sind. Bei einer Gattung wie Labrus, welche einige der glänzendsten Fische der ganzen Erde nmfasst, z. B. den Labrus pewo, der mit sehr verzeihlicher Uebertreibung beschrieben wird'5 als aus polirten Schuppen von Gold bestehend, eingefasst mit Lapislazuli, Rubinen, Saphirn, Smaragden und Amethysten, können wir mit vieler Wahrscheinlichkeit dieser Annahme folgen; denn wir haben gesehen, dass die Geschlechter wenigstens bei einer Species bedeutend in der Färbung von einander abweichen. Bei einigen Fischen könnten wohl, wie bei vielen der niedrigsten Thiere, glänzende Farben das directe Resultat der Natur ihrer Gewebe und der "Wirkung der umgebenden Bedingungen sein ohne irgendwelche Hülfe einer Zuchtwahl. Vielleicht ist der Goldfisch (Cypruius auralus),
24 Loiulon's Magaz. of Natur. History. Vol. V. 1832, p. 681. "s Bory de Saint Vincent, in: Diction. class. d'Hist. natur. Tom. IX. 1S2G. p. 151
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
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wenigstens nach der Analogie der Goldvarietät des gemeinen Karpfens zu ui'theilen, ein hier einschlagender Fall, da er seine glänzenden Farben einer einzigen plötzlich auftretenden Abänderung verdanken dürfte in Folge der Bedingungen, welchen dieser Fisch im Zustande der Gefangenschaft unterworfen ist. Es ist indessen wahrscheinlicher, dass diese Farben durch künstliche Zuchtwahl intensiver geworden sind, da diese Species in China seit einer sehr entlegenen Zeit schon sorgfältig gezüchtet wird26. Unter natürlichen Verhältnissen scheint es nicht wahrscheinlich, dass so hoch organisirte Wesen wie Fische, und welche unter so complicirten Bedingungen leben, brillant gefärbt werden sollten, ohne aus einer so bedeutenden Veränderung irgend einen Nachtheil oder einen Vortheil zu erlangen, folglich also auch ohne das Dazwischentreten natürlicher Zuchtwahl.
Was müssen wir denn nun in Bezug auf viele Fische, bei welchen beide Geschlechter gleich gefärbt sind, daraus folgern ? Mr. Waijace-7 -glaubt, dass die Species, welche Riffe bewohnen, wo Korallen und andere glänzend gefärbte Organismen in grosser Zahl leben, glänzend gefärbt sind, damit sie der Entdeckung seitens ihrer Feinde entgehen, aber meiner Erinnerung zufolge würden sie hierdurch nur in hohem Grade auffallend gemacht. In den süssen Gewässern der Tropenländer finden sich keine brillant gefärbten Korallen oder andere Organismen, welchen die Fische ähnlich werden könnten, und doch sind viele Species im Amazonenstrome schön gefärbt und viele der fleischfressenden Cypri-niden in Indien sind „mit glänzenden Längslinien verschiedener Farben" geschmückt28. Mr. M'Clelland geht bei Beschreibung dieser Fische so weit zu vermuthen, dass „der eigenthümliche Glanz ihrer Farben
56 Veranlasst durch einige Bemerkungen über diesen Gegenstand in meinem Buche „Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande dar Domcstication" hat Mr. W. F. Mayers (Chinese Notes and Queries, Aug. 18G8, p. 123) die alten chinesischen Encyklopädien durchsucht. Er findet, dass Goldfische zuerst in der Gefangenschaft unter der Sung-Dynastie gezüchtet wurden, welche um das Jahr 9G0 unserer Zeitrechnung herrschte. Im Jahre 1129 waren diese Fische sehr zahlreich. An einem andern Orte wird erzählt, dass seit dem Jahre 1548 „in Hangchow eine Varietät producirt wurde, welche wegen ihrer intensiv rothen „Farbe der Feuer-Fisch genannt wurde. Sie wird ganz allgemein bewundert, „und es gibt keinen Hausstand, wo sie nicht eultivirt würde, theils in Folge des „.Wetteifers in Bezug auf ihre Farbe, theils als Quelle von Einnahmen."
27 Westminster Review. July, 1867, p. 7.
'is Indian Cyprinidae. by Mr. J. M'Clelland. in: Asiatie Rcscarchos. Vol. XIX. P. II. 1839, p. 230.
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Cap. 12.
Fische.
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„als ein besseres Ziel für Eisvögel, Seeschwalben, und andere Vögel, „diene, welche dazu bestimmt seien, die Anzahl dieser Fische in gewissen Schranken zu halten.1' Aber heutigen Tages werden nur wenige Naturforscher annehmen, dass irgend ein Thier auffallend gemacht worden sei als Hülfsmittel zu seiner eigenen Zerstörung. Es ist möglich, dass gewisse Fische auffallend gefärbt worden sind, um Vögel und ßaubthiere zu warnen, dass sie ungeniessbar sind (wie auseinandergesetzt wurde, als die Raunen besprochen wurden); es ist aber, wie ich glaube, nicht bekannt, dass irgend cirf Fisch, wenigstens kein Süss-wasserfiseh, deshalb verschmäht würde, weil er fischfressenden Thieren widerwärtig wäre. Im Ganzen ist die wahrscheinlichste Ansicht in Bezug auf die Fische, bei denen beide Geschlechter brillant gefärbt sind, die, dass ihre Farben von den Männchen als eine geschlechtliche Zierde erlangt worden und dann in einem gleichen oder nahezu gleichen Grade auf das andere Geschlecht überliefert worden sind.
Wir haben nun zu betrachten, ob, wenn das Männchen in einer auffallenden Weise von dem Weihchen in der Färbung oder in andern Zierathen abweicht, dasselbe allein modificirt worden ist, so dass auch die Abänderungen nur von seinen männlichen Nachkommen ererbt worden sind, oder ob das Weibchen besonders modificirt und unansehnlich geworden ist zum Zwecke des Schutzes, wobei dann solche Modifikationen nur von den Weibchen ererbt wurden. Es lässt sich unmöglich zweifeln, dass die Färbung von vielen Fischen als Schutzmittel erlangt worden ist. Niemand kann die gefleckte obere Fläche einer Flunder betrachten und deren Aelnilichkcit mit dem sandigen Grunde des Meeres, auf welchem der Fisch lebt, übersehen. Eines der auffallendsten Beispiele unter allen je beschriebenen von einem Thiere, welches durch seine Farbe (soweit sich nach Samnilungsexemplaren urthoileu lässt) und durch seine Form Schutz erhält, ist das von Dr. Günther mitge-theilte 29 von einer Mecrnadel, welche mit ihren röthlicheu, flottirenden Fadenanhängen kaum von dem Seegras zu unterscheiden ist, an welches sie sich mit ihrem Greifschwanzc befestigt. Die Frage, welche jetzt hier zu untersuchen ist, ist aber die, ob die Weibchen allein zu diesem Zwecke modificirt worden sind. Die. Fische bieten wcrthvolle Belege über diesen Punkt dar. Wir können einsehen, dass ein Geschlecht durch natürliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes nicht mehr als das andere
' Frocced. Zoolog. Soc. 1805, p. 327. pl. XIV und XV.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
modificirt werden wird, wenn wir annehmen, dass beide Geschlechter variiren; es miisste dann das eine Geschlecht eine längere Zeit hindurch Gefahren ausgesetzt sein oder geringere Kraft besitzen, solchen Gefahren zu entgehen, als das andere; und bei Fischen scheinen die Geschlechter in diesen Beziehungen nicht von einander abzuweichen. Soweit eine derartige Verschiedenheit existirt, sind die Männchen, weil sie meist von geringerer Grösse sind und mehr umherwandern, einer grösseren Gefahr ausgesetzt als die Weibchen; und docli sind die Männchen, wenn die Geschlechter überhaupt verschieden sind, beinahe immer die am auffallendsten Gefärbten. Die Eier werden unmittelbar nachdem sie abgelegt sind befruchtet, und wenn dieser Process mehrere Tage dauert, wie es beim Lachse der Fall ist30, so wird das Weibchen während der ganzen Zeit vom Männchen begleitet. Nachdem die Eier befruchtet sind, werden sie in den meisten Fällen von beiden Eltern unbeschützt gelassen, so dass die Männchen und Weibchen, soweit das Geschäft des Eierlegens in Betracht kommt, gleichmässig der Gefahr ausgesetzt sind; auch sind Beide für die Erzeugung fruchtbarer Eier von gleicher Bedeutung. Tu Folge dessen werden die mehr oder weniger hell gefärbten Individuen beiderlei Geschlechts in gleichem Maasse häufig zerstört oder erhalten werden und beide werden einen gleichen Einfluss auf die Färbung ihrer Nachkommen oder der Rasse haben.
Gewisse zu verschiedenen Familien gehörige Fische bauen Nester und einige dieser Fische sorgen auch für die Jungen, wenn sie ausgeschlüpft sind. Bei Crenilabrus massa und melops arbeiten beide Geschlechter der hellgefärbten Arten zusammen beim Aufbau ihrer Nester aus Seegras, Muscheln u. s. w. 3I. Aber bei gewissen Fischen vorrichten die Männchen alle Arbeit und übernehmen auch später die ausschliessliche Sorge für die Jungen. Dies ist der Fall bei den dunkel gefärbten Meergrundeln32, bei denen die Geschlechter soviel man weiss in der Farbe nicht von einander verschieden sind, und ebenfalls bei den Stichlingen (Gaslcrostetis), bei welchen die Männchen während der Laichzeit brillant gefärbt werden. Das Männchen des glattschwänzigen Stichliugs (G- leiuvus) verrichtet eine lange Zeit hindurch die Pflichten einer Wärterin mit exemplarischer Sorgfalt und Wachsamkeit und ist
30 Yarrell, History of British Fishcs. Vol. II, p. 11.
31 Nach den Beobachtungen von Gerbe, s. Günther's Record of Zoolog. Literature. 18G5, p. 194.
31 Cuvier, Regne animal. Vol. II. 1829, p. 212.
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Cap. 12.
Fische.
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beständig tliätig, die Jungen sanft zum Nest znrückzulciten , wenn sie sich zu weit entfernen. Mtitbig treibt dasselbe alle Feinde fort mit Einschlnss der Weibchen seiner eigenen Speeies. Es würde in der That für das Männchen kein geringer Trost sein, wenn das Weibchen nach Ablegung seiner Eier sofort von irgend einem Feinde gefressen würde, denn das Männchen ist gezwungen, es beständig von dem Neste fortzutreiben 3:!.
Die Männchen gewisser anderer Fische, welche Südamerika und Ceylon bewohnen und zu zwei verschiedenen Ordnungen gehören, haben die ausserordentliche Gewohnheit, die von den Weibehen gelegten Eier innerhalb des Mundes oder der Kiemcnhöhlen auszubrüten ;u. Bei den Specios vom Amazonenstrome, welche diese Gewohnheit haben, sind, wie mir Professor Agassiz frenndlicli mitgetlieilt hat, .die Männchen nicht ,bloss gewöhnlich heller als die Weibchen, sondern es ist auch diese .Verschiedenheit zur Laichzeit grösser als zu irgend einer andern Zeit." Die Speeies von Geopkagm handeln in derselben Weise, und bei dieser Gattung wird eine auffallende Protuberans am Vorderkopfe der Männchen während der Brütezeit entwickelt. Bei den verschiedenen Speeies von Chromkien lassen sich, wie mir gleichfalls Professor Aciassjz mittheil t, geschlechtliche Differenzen in der Farbe beobachten, ,mögen dieselben ihre Eier im Wasser um die Wasserpflanzen herum oder in . Höhlungen legen, wonach sie dieselben beim Ausschlüpfen, ohne weitere .Sorge für sie zu haben, sich selbst überlassen, oder mögen sie flache -Nester in den Flusschlamm bauen, auf denen sie dann sitzen, wie .unsere Promoiis es tliut. Es ist auch zu beachten, dass diese Nest-,sitzer zu den hellsten Speeies ihrer betreffenden Familien gehören; ,so ist z. B. Hggrogonus hellgrün mit grossen schwarzen, von dem bril-.lautesten Roth eiiigefassten Augenflecken." Ob bei allen den Speeies von Chromiden das Männchen allein es ist, welches auf den Eiern sitzt, ist nicht bekannt. Es ist indessen oflenliar, dass die Thatsaclie, ob die Eier beschützt werden oder unbeschützt bleiben, wenig oder gar keinen Einflnss auf die Verschiedenheiten in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern geäussert hat. Es ist auch ferner offenbar, dass in allen
;i:i s. Mr. Warington's äusserst interessante Beschreibung der Lebensweise von (rasleroMett-t leiuriis in: Ann. and Mngaz. of Natur. Hist. 2. Ser. Vol. XVI. 1855, p. 330.
S4 Prof. Wyma.il, in: Proceed. Poston Soe. of Natur. Ilist., 15. Sept., 1857. s. auch W. Turner, in: Journal of Anatomy anil Physich, 1. Nov., 1S00, p. 78. Dr. Günther hat gleichfalls noch weitere Fälle besehrieben.
IJUiWIN, Abstammung. II. Zweite Auflage. -
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
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den Fällen, in denen die Männchen ausschliesslich die Sorge um das Nest und die Jungen übernehmen, die Zerstörung der heller gefärbten Männchen von einem viel grösseren Einflüsse auf den Charactor der Kasse sein würde, als die Zerstörung der heller gefärbten Weibchen. Denn der Tod des Männchens während der Periode der Babrii-tung oder Aufzucht würde den Tod der Jungen mit sich führen, sodass diese dessen Eigentümlichkeiten nicht erben könnten; und doch sind in vielen dieser selben Fälle die Männclicn auffallender gefärbt als die Weibchen.
Bei den meisten Lophobranchiern (Meernadeln, Seepferdchen u. s. w.) haben die Männchen entweder marsnpiale Taschen oder halbkugelige Vertiefungen am Abdomen, in welchen die von den Weibchen gelegten Eier ausgebrütet werden. Auch zeigen die Männchen grosse Anhänglichkeit an ihre Jungen'35. Die Geschlechter weichen gewöhnlich nicht sehr in der Färbung von einander ab; doch glaubt Dr. Günther, dass die männlichen Hippocampi eher heller sind als die weiblichen. Die Gattung Solenosloma bietet indessen einen sehr merkwürdigen exceptio nellen Fall dar3e. Denn das Weibchen ist viel lebhafter gefärbt und gefleckt als das Männchen und nur das Weibchen hat eine marsnpiale Tasche und brütet die Eier aus, so dass das Weibchen von Solenosloma von allen übrigen Lophobranchiern in dieser letzteren Beziehung und von beinahe allen übrigen Fischen darin verschieden ist, dass es heller gefärbt ist als das Männchen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese merkwürdige doppelte Umkehrnng des Gharacters bei dem Weibchen ein zufälliges Zusammentreffe« sein sollte. Da die Männchen mehrerer Fische, welche ausschliesslich die Sorge für die Eier und die Jungen übernehmen, heller gefärbt sind als die Weibchen und da hier das weibliche Solenosloma dieselbe Sorge auf sich nimmt und heller gefärbt ist als das Männchen, so könnte man schliessen, dass die auffallenden Farben desjenigen Geschlechts, welches von beiden für die Wohlfahrt der Nachkommen das bedeutungsvollste ist, in einer gewissen Weise als Schutzmittel dienen müssen. Aber in Betracht der Menge von Fischen, bei denen die Männchen entweder dauernd oder periodisch heller sind als die Weibchen, deren Leben aber durchaus nicht von
35 Yarrell, Hist. of British Fishes. Vol. II. 1336, p. 829, 338.
36 Seit dem Erscheinen des Werks: The Fishes of Zanzibar by Col. Plai-fair, 18GG, worin p. 137 fliese Art beschrieben ist, hat Dr. Günther die Exemplare nochmals untersucht und mir die oben initgetheilten Bemerkungen gegeben.
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Fische.
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grösserer Bedeutung für die Wohlfahrt der Spocies ist als das der Weibchen , kann diese Ansicht kaum aufrecht erhalten werden," Wenn wir die Vögel besprechen werden , werden sich uns analoge Fälle darbieten, bei welchen eine vollständige Umkehrung der gewöhnlichen Attribute der beiden Geschlecliter eingetreten ist, und wir werden dann eine wie es scheinen dürfte wahrscheinlich« Erklärung bierfür geben, nämlich diese, dass die Männchen die anziehenderen Weibchen gewählt haben, anstatt dass die letzteren in Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen, durch das ganze Thierreich hindurch herrschenden Regel die anziehenderen Männchen gewählt hätten.
Im Ganzen können wir schliessen, dass bei den meisten Fischen, bei welchen die Gesclüechter in der Farbe oder in andern ornamentalen Merkmalen von einander verschieden sind, die Männchen ursprünglich zuerst abgeändert haben, worauf dann ihre Abänderungen auf dasselbe Geschlecht überliefert und durch geschlechtliche Zuchtwahl, nämlich durch Anziehung und Heizung der Weibchen, angehäuft wurden. Indessen sind in vielen Fällen derartige Merkmale entweder theilweise oder vollständig auf die Weibchen übertragen worden. Ferner sind in andern Fällen beide Gesclilecbter zum Zwecke des Schutzes gleich gefärbt worden. Es scheint aber kein einziges Beispiel vorzukommen, wo das Weibchen allein seine Farben oder andere Merkmale speciell zu diesem Zwecke modifleirt erhalten hätte.
Der letzte Punkt, welcher einer Erwähnung bedarf, ist, dass Fische aus vielen Theilen der Welt bekannt sind, welche eigenthümliche Geräusche hervorbringen, nnd diese werden in manchen Fällen als musikalische Laute beschrieben. Tn Bezug auf die Mittel, durch welche derartige Laute hervorgebracht werden, ist sehr wenig ermittelt worden und noch weniger über die Zwecke derselben. Das Trommeln der Um-brinu in den europäischen beeren soll aus einer Tiefe von zwanzig Faden hörbar sein. Die Fischer von Rochelle behaupten, „dass allein ,die Männchen während der Laichzeit das Geräusch inachen und dass ,es möglich ist, dieselben durch Nachahmung dieses Geräuschs ohne „Köder zu fangen" 37. Wenn diese Angabe zuverlässig ist, so liegt hier ein Beispiel aus der niedersten Classe der Wirbelthiere vor für einen Vorgang, den wir durch die andern Wirbelthicrclassen bestehen sehen werden und welcher, wie wir bereits gesehen haben, bei Tnsecten
'" C. Kiugsley, in: Xature, May, W7l>, p. 10.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
und Spinnen eintritt, nämlich dass vocale und instrumentale Laute so gewöhnlich als Liebesruf oder Liebesreiz dienen, .dass das Vermögen dieselben hervorzubringen wahrscheinlich zuerst in Verbindung mit der Fortpflanzung der Species entwickelt wurde.
Ainnliiliie.il.
Urodela. — Beginnen wir mit den geschwänzten Amphibien. Hie Geschlechter der Wassersalamander oder Tritonen weichen oft sowohl in der Farbe als in der Structnr bedeutend von einander ab. - Bei einigen Species entwickeln sich während der Paarungszeit prehensile Krallen an den Vorderbeinen der Männchen; zu dieser Zeit sind bei dem männlichen Triton palmipes die Tfinterfüsse mit einer Schwimmhaut versehen, welche während des Winters beinahe vollständig absorbirt wird, so dass dann seine Füsso denen des Weibchens gleich sind ris. Diese Structnr unterstützt ohne Zweifel das Männchen bei seinem eifrigen Suchen und Verfolgen des Weibchens. Uei unsern gewöhnlichen Was-sersalamandern (Trikm -punclalns und cristatnsl entwickelt sich ein hoher, vielfach gezahnter Kamm dem Kücken und Schwänze des Männchens entlang während der Paarungszeit, welcher während des Winters
Fi». .11. Trilnn'r-rislalus, liallm natüvlSühn Oi'Bsst (nach Y. o I 1, British Kentilns). Olicro Fiunr (las Manuellen wäln-pud t]vr Paarungszeit.; nnlcvti nsiir das VVribrlir-n.
wieder absorbirt wird. Wie mir Mr. St. Geotuje Mitart mittheilt. ist der Kamm nicht mit Muskeln versehen und kann daher nicht zur Ortsbewegung benutzt werden. Da er während der Zeit der Brautwerbung mit hellen Farben gerändert wird, so lässt sich kaum zweifeln, dass er als eine männliche Zierath dient. Bei vielen Species bietet der
:ls Bell. Ilistory nf British Reptiles. 2. odit. 1811), ]i. 150—159.
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Caji. 12. Amphibien. OJ
i Körper stark coiitrastirende, wenn auch schmutzige Färbungen dar und diese werden während der Paarungszeit lebendiger. So ist %. 15. das Männclien unseres gemeinen kleinen Wassersalamanders (Triton punctata.*) „oben bräunlich-grau, was nach unten in Gelb übergeht, welches „im Frühling ein saftiges helles Orange wird,- überall mit runden dunk-„len Flecken gezeichnet." Der Rand des Kammes ist dann gleichfalls mit Hellroth oder Violett punktirt. Das Weibchen ist gewöhnlich von gelblich-brauner Farbe mit zerstreut stehenden braunen Flecken und i die untere Flüche ist häufig' vollständig gleichfarbig 39. Die Jungen sind düster gefärbt. Die Fier werden während des Acts des Eierlegens befruchtet und werden in der Folge weder vom Vater noch von der Mutter weiter besorgt. Wir können daher schliessen, dass die "Männchen ihre scharf gezeichneten Färbungen und ornamentalen Anhänge durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben, und dass diese dann entweder allein, auf die männlichen Nachkommen oder auf beide Geschlechter überliefert worden sind.
Anura oder Batrachia, — Hei vielen Fröschen und Kröten dienen die Farben offenbar zum Schulze, wie es die hellgrünen Farben bei Laubfröschen und die düster gefleckten Zeichnungen vieler auf der Erde lebenden Arten thnn. Die am aullallendsten gefärbte Kröte, welche ich je gesellen habe, nämlich der Phrynisrm nigricans 40, war auf der ganzen oberen Fläche des Körpers so schwarz wie Tinte, während die Sohlen der Füsse und Theile des Abdomen mit dem hellsten Carnioisin gelleckt waren. Sie kroch auf den weiten, sandigen oder offenen Gras-ebenen von La Plaia unter einer glühenden Sonne herum und musste den Blick jedes vorüberkomniendeu Wesens auf sich ziehen. Diese Farben können für die Kröte eine Wohlthat sein dadurch, dass sie allen Raubvögeln sofort anzeigen, dass dieselbe ein ekelerregender Bissen ist. Denn Jedermann weiss, dass diese Thiere eine giftige Absonderung von sich geben, welche den Mund eines Hundes zum Schäumen bringt, als hätte er einen Anfall von Wasserscheu. Ich war von den auffallenden Farben dieser Kröte um so mehr überrascht, als ich dicht dabei eine Eidechse fand (l'roclotrelas mtiltimacttlalns), welche, wenn sie erschreckt wurde, ihren Körper abplattete, ihre Augen schloss und dann mit
,!', Bp.I1, a. a. 0. ji. UC, 151.
40 Zoology of the Voyage of the „lieagle". 1843. Reptiles. bei Mr. Kell, 1>. 40.
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99 Geschlechtliche Zuchtwahl. 11. Tlieil.
ihren gefleckten Färbungen kaum von dem umgebenden Sande zu unterscheiden war.
"Was geschlechtliche Verschiedenheiten betrifft, so kennt Dr. Günther bei Fröschen und Kröten kein auffallendes Beispiel; doch kann er häufig das Männchen von dem Weibchen dadurch untersclieiden, dass die Färbung des ersteren ein wenig mehr intensiv ist. Auch kennt Dr. Gühthkr keine auffallende Verschiedenheit in der äusseren Structur zwischen, den Geschlechtern mit Ausnahme der Vorsprünge, welche während der Paarungszeit an den Vorderbeinen des Männchens sich entwickeln und durch welche das Männchen befähigt wird, das Weibchen zu halten. Das beste "Beispiel eines gewissen Grades von Structur-verschiedenheit zwischen den Geschlechtern bietet die Megalophrys moni(inail dar (Fig. 32). Hier sind bei den Männchen die Nasenspitze und die Augenlider in dreieckige Hautzipfel ausgezogen und auf dem Rücken findet sich ein kleiner schwarzer Höcker, Merkmale, welche beim Weibchen fehlen oder nur schwach cutwickelt sind. Es ist über-
Fig. 32. Mi'tjalophrys montana. Die beiden linken Figuren stellen den Kopf des Männchens, die beiden rechten den des Weibchens dar.
raschend, dass Frösche und Kröten nicht schärfer ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheiten erlangt haben: denn wenn sie auch kaltes Blut haben, so sind doch ihre Leidenschaften stark. Dr. Günther theilt mir mit, dass er mehrere Male gefunden hat, wie eine unglückliche weibliche Kröte durch eine zu dichte Umarmung von drei oder vier Männchen erstickt worden war.
41 The Reptiles of India, hy Dr. A. Günther. Ray Society. 18(54, p. 413.
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Cap. 12. Amphibien. — Reptilien. 23
Es besitzen indessen diese Thiere eine interessante geschlechtliche Verschiedenheit, nämlich die sich nur im Besitze der Männchen befindenden musikalischen Begabungen. Es scheint freilich mit "Rücksicht auf uiisern Kunstgeschmack ein unangebrachter Ausdruck zu sein, wenn man die dissonirenden und überwältigend lauten Töne, welche männliche Riesenfrösche und einige andere Species ausstossen, als Musik bezeichnet. Nichtsdestoweniger singen gewisse Frösche in einer entschieden gefälligen Weise. In der Nähe von Bio de Janeiro pflegte ich häufig am Abend dazusitzen und auf eine Anzahl kleiner Laubfrösche zu horchen, welche auf den Grasflächeu in der Nähe des Wassers sassen und liebliche zirpende Töne harmonisch erklingen Hessen. Die verschiedenen Laute werden hauptsächlich von den Männchen während der Paarungszeit aus-gestossen, wie es auch der Fall mit dem Quaken unserer gewöhnlichen Frösche ist.42 In Uebereinstimmung mit dieser Thatsache sind die Stimmorgane der Männchen viel höher entwickelt als die der Weibchen. In einigen Gattungen sind nur die Männchen mit Säcken versehen, welche sich in den Kehlkopf öffnen. 43 So sind z. B. bei dem essbaren Frosche (Ilana esculenla) „die Stimmsäcke den Männchen eigentümlich und werden beim Acte des Quakens mit Luft gefüllte grosse „kugelige Blasen, welche an beiden Seiten des Halses in der Nähe der „Mundwinkel nach aussen hervorragen." Der Ruf des Männchens wird hierdurch ausserordentlich kräftig gemacht, während der des Weibchens nur ein unbedeutendes, knurrendes Geräusch ist.44 Die Stimmorgane weichen in ihrer Structur auch beträchtlich bei den verschiedenen Gattungen der Familie ab und ihre Entwickelung kann in allen Fällen geschlechtlicher ZuchtAvahl zugeschrieben werden.
Reptilien. Chelonia oder Schildkröten. — Meer- und Landschildkröten bieten keine gut ausgesprochenen geschlechtlichen Verschiedenheiten dar. Bei manchen Species ist der Schwan*/, des Männchens länger als der des Weibchens. Bei manchen ist das Plastron oder die untere Hälfte des Knochenpanzers beim Männchen unbedeutend concav in Beziehung zum Rücken des Weibchens. Das Männchen der Schlammschildkröte
« Dell, History of British Beptiles. 1849, p. 93.
13 J. Dishop, in: Todd's Cyelopacilia of Anatomy and Physiol. Vol. IV, p. 1503.
14 Bell, a. a. 0. p. 112 — 114.
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Geschlechtliche Zuchtwahl.
II. Theil.
der Vereinigten Staaten (Cfiiyscrnys picta) bat an seinen Vorderfüssen Krallen, welche zweimal so lang, sind, wie diejenigen des Weibchens', und diese werden gebraucht, wenn sieh die Geschlechter verbinden. 47> Bei den ungeheueren Schildkröten der Galapagosinseln {Tcsludo nigra) sollen, wie man sagt, die Männchen zu einer bedeutenderen Grösse heranwachsen als die Weibchen. Während der Paarungszeit und zu keiner anderen bringt das Männchen ein heiseres, blasendes Geräusch hervor, welches in einer Entfernung von mehr als hundert Yards gehört werden kann; das Weibehen auf der andern Seite braucht seine Stimme niemals.46
Groeodilia. — Die Geschlechter weichen, wie es scheint, in der Farbe nicht von einander ab; ich weiss auch nicht, dass die Männchen mit einander kämpfen, obschon dies wahrscheinlich ist. Denn manche Arten führen wunderbare Vorstellungen vor den Weibehen auf. Bartkam 4" beschreibt, dass der männliche Alligator bestrebt ist, sich das Weibchen dadurch zu gewinnen, dass er in der Mitte einer Lagune sich herumtnmmelt und brüllt. Dabei ist er „in einem Grade geschwollen, „dass er dem Platzen nahe ist; seinen Kopf und Schwanz in die Höhe »gehoben, dreht und treibt er sich auf der Oberfläche des Wassers „herum wie ein Indianerhäuptling, der seine Kriegstänze cinstudirt' Während der Paarungszeit geben die Unterkieferdrüsen des (Jroeodils einen moschusartigen Geruch Von sich, der seine Wohnplätze durchzieht. IS
Ophidia. — Feher Schlangen habe ich nur wenig zu sagen. Dr. Gf.vnii-a; theilt mir mit, dass die Männchen immer kleiner als die Weibchen sind und allgemein längere und schlankere Schwänze haben; er kennt aber keine andere Differenz ihrer äusseren Bildung. Was die Barbe betrifft, so kann Dr. Günthek beinahe immer das Männchen vom Weibchen durch seine schärfer hervortretenden Färbungen unterscheiden. So ist das schwarze Zickzackband auf dem Bücken der männlichen ägyptischen Viper deutlicher ausgedrückt als bei der weiblichen. Die Verschiedenheit ist bei den Klapperschlangen von Nordamerika noch viel deutlicher, deren Männchen, wie mir der Wärter im zoologischen
15 C. ,J. Maynai'il, in: The American Naturalist. Dcc. 1869, p. 555. "' s. mein Journal of Rescarches iltiring the Voyage of the Bcagle. 1815. li. 384.
4' Travels tliroimli Carolina etc. 171)1, >i. 128.
** Owen, Anatomy of Yertebratcs. Vol. I, 186<i, p. G15.
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Cap. 12. Reptilien: Schlangen. 25
Garten zeigte, augenblicklich von dem Weibchen dadurch unterschieden werden kann, dass es am Körper mehr schmutzig-gelb ist. In Südafrika bietet der Bucephalus capensis eine analoge Verschiedenheit dar, denn „das Weibchen ist niemals so vollkommen mit Gelb an den Seiten „gefleckt als das Männchen49." Auf der andern Seite ist das Männchen der indischen Dipsas cynoüon schwärzlich braun mit einem zum Theil schwarzen "Bauch, während das Weibchen röthlich oder gelblich-olivenfarben ist und einen entweder gleichförmig gelblichen oder mit Schwarz marmorirten Bauch hat. Bei Tragops dispar desselben Landes ist das Männchen hellgrün und das Weibchen bronzefarbig- 5|) Ohne Zweifel dienen die Farben einiger Schlangen zum Schutze, wie die grünen Färbungen der Baumschlangen und die verschieden gefleckten Färbungen der Species, welche an sandigen Orten leben. Es ist aber zweifelhaft, ob die Farben vieler Arten, so z. B. der gemeinen englischen Viper, dazu dienen, sie zu verbergen; und dies ist noch zweifelhafter bei den vielen ausländischen Arten, welche mit äusserster Eleganz gefärbt sind. Während der Paarungszeit sind ihre analen Drüsen in lebhafter Function31; dasselbe gilt für die gleichen Drüsen bei den Eidechsen, wie wir es schon bei den Unterkielerdrüsen von Crocodilen gesehen haben. Da die Männchen der meisten Thiere die Weibchen aufsuchen, so dienen diese einen riechenden Stoff absondernden Drüsen wahrscheinlich .dazu, das Weibchen zu reizen oder zu bezaubern, und zwar hierzu viel eher, als dasselbe nach dem Orte bin zu leiten, wo das Männchen zu finden ist. 5- Trotzdem männliche Schlangen so trag zu sein scheinen, sind sie doch verliebt; denn man hat schon viele Männchen um ein und dasselbe Weibclien herumkriechen sehen, ja selbst um den todten Körper eines Weibchens. Es ist nicht bekannt, dass sie aus Eifersucht mit einander kämpfen. Ihre intcllectucllen Kräfte sind höher, als sich hätte voraussetzen lassen. Ein ausgezeichneter Beobachter in Ceylon,
4'* Sir Andrew Smith, Zoology of South Africa. Reptilia. 1819, pl. X.
50 Dr. A. Günther, Reptilcs of British Iiulia. Ray Society. 1861. p. 304, 308.
51 Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. I. 1860, p. 615.
i2 Der bekannte Botaniker Seh leiden bemerkt gelegentlich (lieber den Darwinismus in: .,Unsere Zeit." 186CJ, S. 260), ilass die Klapperschlangen ihre Klappern zu sexuellen Loektönen benutzen, durch welche sich die Geschlechter finden. Ich weiss nicht, ob diese Bemerkung auf directen Beobachtungen beruht. In den zoologischen Gärten paaren sich diese Schlangen. Die Wärter haben aber niemals beobachtet, dass sie in dieser Zeit ihre Klappern mehr benutzen als in einer andern.
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2(> Geschlechtliche Zuchtwahl. II. Thcil.
Mr. B, Layakd, S3 sah eine Cobra ihren Kopf durch eine enge- Oeffnung stecken und eine Kröte verschlingen. „Mit dieser Last versehen, konnte ,sie sich nicht wieder zurückziehen. Da sie dies einsah, brach sie mit „Bedauern den kostbaren Bissen wieder ans, welcher sich davonzumachen ,begann. Dies war zu stark für die Philosophie einer Schlange; so .wurde denn die Kröte wieder ergriffen, und von Neuem war die , Schlange nach heftigen Anstrengungen, sich zurückzuziehen, dazu gezwungen , ihre Beute wieder von sich zu gelten. Diesmal hatte sie „aber etwas gelernt, und nun wurde die Kröte an den Beinen ergriffen, .zurückgezogen und dann im Triumph verschlungen."
Es scheint indessen daraus, dass die Schlangen ein gewisses Vermögen der Ueherlegung und lebendige Leidenschaften besitzen, nicht zu folgen, dass sie auch mit hinreichendem Geschmacke begabt sein sollten, brillante Färbungen bei ihren Genossen in einer Weise zu bewundern, dass hierdurch die Species mittelst geschlechtlicher Zuchtwahl verschönt worden sein könnte. Trotzdem ist es schwierig, auf irgend eine andere "Weise die ausserordentliche Schönheit gewisser Species zu erklären, so z. B. die der Corallensclilangen von Amerika,' welche intensiv rotli sind mit schwarzen und gelben Querbändern. Ich erinnere mich noch sehr wohl, wie überrascht ich war, als ich die Schönheit der ersten Corallenschlange vor mir hatte, welche ich quer über einen Pfad in Brasilien gleiten sah. Schlangen, in dieser eigenthümlichen Weise gefärbt, werden, wie Mr. YVallace auf die Autorität von Dr. Günther gestützt angibt,34 nirgends anders auf der ganzen Erde als in Südamerika gefunden, und hier kommen nicht weniger als vier Gattungen vor. Eine von diesen ist giftig (Elaps) eine zweite und weit davon verschiedene Gattung ist zweifelhaft giftig und die beiden andern sind vollständig harmlos. Die zu diesen verschiedenen Gattungen gehörigen Arten bewohnen dieselben Bezirke und sind einander so ähnlich, dass Niemand -als ein Naturforscher die harmlosen von den giftigen Arten unterscheiden kann.- Es haben daher, wie Mr. "Wallace glaubt, die unschädlichen Arten ihre Farben als ein Schutzmittel nach dem Principe der Naehäffung erhalten, denn ihre Feinde werden sie dieses Umstandes wegen für gefährlich halten. Indessen bleibt die Ursache der glänzenden Farben der giftigen Elaps hiernach unerklärt, man könnte sie vielleicht aus geschlechtlicher Zuchtwahl erklären.
" RamMes in Ceylon in: Ann. and Magaz. of Natur. Hist. 2. Ser. Vol. IX. 1852, p. 333.
54 Westminster Review, 1. July, 1867, p. 32.
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Caii. 12.
Reptilien: Eidechsen.
27
Lacertilia. — Die Männelion von manchen und wahrscheinlich von vielen Arten 'von Eidechsen kämpfen aus Eifersucht mit einander. So ist die auf Bäumen lebende Anolis crisiatctlus von Südamerika ausserordentlich kampflustig. „Während des Frühjahrs und des ersten „Theils des Sommers begegnen sich nur selten zwei Männchen, ohne »in einen Kampf zu gerathen. Wenn sie einander zuerst erblicken, „so nicken sie drei oder vier Mal mit ihrem Kopfe auf und nieder und „breiten zu derselben Zeit den Kragen oder die Tasche unterhalb ihrer „Kehle aus. Ihre Augen glänzen vor Wuth und nachdem sie ihre „Schwänze einige Secunden lang hin und her geschwungen haben, als „wollten sie sich Energie sammeln, stürzen sie wüthend auf einander „los, rollen sich kopfüber über einander und halten sich mit ihren „Zähnen fest. Der Kampf endet meist damit, dass einer der Kämpfer „seinen Schwanz verliert, welcher dann häufig von dem Sieger verzehrt „wird.6 Das Männchen dieser Species ist beträchtlich grösser als das Weibchen ä5, und soweit Dr. Günther im Stande gewesen ist es nachzuweisen, ist dies bei Eidechsen aller Arten die allgemeine Kegel.
Die Geschlechter weichen oft bedeutend in verschiedenen äusseren Merkmalen von einander ab. Das Männchen der obenerwähnten Anolis ist mit einem Kamme versehen, welcher dem Kücken und Schwänze entlang läuft und nach Belieben aufgerichtet werden kaun; aber das Weibchen zeigt von diesem Kamme auch nicht eine Spur. Bei der indischen Copholis ceylanica besitzt das Weibchen einen Rückenkamm, doch viel weniger entwickelt als beim Männchen, und dasselbe ist, wie mir Dr. Günther mittheilt, bei den Weibchen vieler lyuana, Chamaeleon nnd anderer Eidechsen der Fall. Bei einigen Species ist indessen der Kamm in beiden Geschlechtern gleiclimässig entwickelt,, so bei der lyuana iuberculala. Bei der Gattung Sita na sind allein die Männchen mit einer grossen Kehltasche (Fig. 33) versehen, welche wie ein Fächer auseinandergefaltet werden kaun nnd blauschwarz und roth gefärbt ist. Diese glänzenden Farben bietet dieselbe aber nur während der Paarungszeit dar. Das Weibchen besitzt auch nicht ein Rudiment dieses Anhangs. Bei Anolis cristalellus ist der Angabe von Mr. Austen zufolge derselbe, wenn auch in einem rudimentären Zustande, beim Weibchen vorhanden und hellroth mit Gelb marmorirt. Ferner sind bei gewissen andern Eidechsen beide Geschlechter in gleicher Weise mit
55 Mr. N. L. Austen hat diese Thiere lange Zeit lebendig gehalten, s. Land and Water, July, 1867, p. 9.
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Geschlechtliche Zucht wühl.
II. Thal.
l'ig. 33. Sitatia winvr. Miinnrlien mit fntfalti'tem Kohlsacke (nach G ii nr t hor's Reptil« of India).
Keldsäckeii versehen. Bier selten wir, wie in vielen früher erörterten Fallen, hei Species, welche zu derselben Gruppe gehören, den näniliclien Character auf die Männchen beschränkt oder bei den Männchen bedeutender entwickelt als bei den Weibchen oder auch in beiden Geschlechtern gl eich massig entwickelt. Die kleinen Eidechsen der Gattung Draco, welche auf ihren von Rippen unterstützten Fallschirmen durch die Luft gleiten und welche in Bezug auf die Schönheit ihrer Färbung jeder Beschreibung spotten, sind mit Hautanhängen an ihren Kehlen versehen, .ähnlich den Fleischlappen der hiihnerartigen ,Vögel." Diese werden aufgerichtet, wenn das Thier gereizt wird. Sie kommen in beiden Geschlechtern vor, sind aber am besten bei dem Männchen entwickelt, wenn es zur Beife.gelangt, in welchem Alter der mittlere Anhang zuweilen zweimal so lang als der Kopf wird. Die meisten dieser Species haben gleichfalls einen niedrigen Kamm dem Kücken entlang laufend, und dieser ist bei den völlig erwachsenen Männchen viel mehr entwickelt als bei den Weibchen oder jungen Männchen 56.
Es sind noch andere und viel merkwürdigere Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern gewisser Eidechsen vorhanden. Das Männchen von Cerulapliura uspera trägt an der Spitze seiner Schnauze einen Anhang, der halb so lang als der Kopf ist. Er ist eyliiidriseh, mit Schuppen bedeckt, biegsam und wie es scheint einer Erection fähig; beim Weibchen ist er vollständig rudimentär. Bei einer zweiten Species der nämlichen Gattung bildet eine endstäiidige Schuppe ein kleines Born auf der Spitze des biegsamen Anhangs und bei einer dritten Species (C. Sloddurlii, Fig. 34) ist der ganze Anhang in ein Born umgewandelt, welches gewöhnlich von weisser Farbe ist, aber wenn das Thier gereizt wird eine purpurähnliche Färbung erlangt. Beim erwachsenen Männchen dieser letzteren Species ist das Born einen halben Zoll lang; aber beim Weibchen und den .Bingen ist es von
511 Alle diese Augahen und Citate in Bezug auf thphDtU, Sitmvi und Druco, ehein-o die folgenden Thntsachen in Bezug auf ('ci-tduphora sind dem prehtvollen Werke Dr. Günther*« Keptiles of British India, Ray Society, 18fH, p. V22, 130, 135, entnommen.
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Cap. 12.
Reptilien: Kiilorlisi'u.
29
einer äusserst geringen Grösse. Dieser Anhang las st sieb, wie Dr. Günther gegen mich bemerkt hat, mit den Kämmen hühuorartiger Vögel vergleichen und dient, wie es den Anschein hat, als Zierath.
Hei der Gattung Chamaefoau kommen wir zu dem höchsten Grade von Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern. Der obere Tlieil des Schädels des männlichen Chamadeon bi-fiimis (Fig. 35), eines Bewohners von Madagaskar, ist in zwei grosse solide knöcherne Vorspränge ausgezogen, welche mit Schuppen bedeckt sind wie der übrige Kopf, und von dieser wunderbaren Modifikation der Bildung besitzt das Weibchen nur ein Rudiment. Ferner tragt bei Chmaaelem Owatm (Fig. :Jli), von Fis- M- cn-atvphm
i >bere Figur das Mümieln-ii,
der Westküste von Al'rica, das .Männchen an „„&„ V\gw .im watu«*««. seiner Schnauze und dem Vorderkopfe drei f <* merkwürdige Hörner, von welchen das Weibchen nicht eine Spur hat. Diese Hörner bestehen aus einem I\no-chenausu uchs. welcher mit einer glatten, einen Tlieil der allgemeinen
Körperbedeckuugen bildenden Scheide überzogen ist, so dass sie ihrer Structur nach identisch mit den Hörnern eines Ochsen, einer Ziege oder anderer scheidenhörniger Wiederkäuer sind. Obgleich diese drei Hör ncr in ihrer Erschei nung so bedeutend von den beiden grossen Verlängerungen des Schädels bei Climitaelroti bifnrav* verschieden sind, so lässt sich doch kaum
Fig. 3j. (^hamarleon hifnrcus Figur das Weibcben.
Obere Figur das Manuellen, untere
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30
Geschlechtliche Zuchtwahl.
IL Theil.
Fig. ,J6. Chamaeleon OwenU. Obere Figur das Miinnchen, untern Figur das "Weibchen.
zweifeln, dass sie in der Lebensgeschichte dieser beiden Thiere demselben allgemeinen Zwecke dienen. Die erste Vermuthmig, welche wohl
einem Jeden entgegentreten wird, ist, dass sie von den Männchen, wenn sie mit einander kämpfen, benutzt werden. Dr. Günther aber, welchem ich wegen der vorstehenden Details zu Dank verbunden bin, glaubt nicht, dass solche friedliebende Thiere jemals kampfsüchtig werden dürften; wir werden daher zu der Annahme getrieben, dass diese monströsen Abweichungen der Bildung nur als männliche Zierathen dienen. Bei vielen Arten von Eidechen weichen die Geschlechter unbedeutend in der Farbe, den Schattiruiigen und Streifen von einander ab, welche bei den Männchen heller und deutlicher abgegrenzt sind als bei den Weibchen. Dies ist z. B. mit den vorhin erwähnten Copiwtis und dem Acanthodactylus capensis von Südafrika der Fall. Bei einem Cordylus des letzterwähnten Landes ist das Männchen entweder viel röther oder viel grüner als das Weibchen. Bei den indischen Calotes niyrilabris besteht eine grössere Verschiedenheit in der Farbe zwischen den Geschlechtern, auch sind die Lippen des Männchens schwarz, während die des Weibchens grün sind. Bei unserer kleinen, lebendig gebärenden Eidechse (Zooloca riripara) ist „die untere Seite des Körpers „und die Basis des Schwanzes beim Männchen hell orange mit Schwarz „gefleckt; beim Männchen sind diese Theile blass-gräulich-grüu ohne „Flecke 57.B Wir haben gesehen, dass allein die Männchen bei Sitana einen Kehlsack besitzen, und dieser ist in einer glänzenden Weise mit Schwarz, Blauschwarz und Roth gefärbt. Bei dem Pvoctotretus tenais von Chile ist nur das Männchen mit Flecken von Blaugriin und Kupfrig-roth gezeichnet5S. Ich sammelte in Südamerika vierzehn Species dieser
" Bell, History of British Rüptiies. 2. edit. 1S49, p. 40.
48 In Bezug auf Proctotretu* s. Zoology of the Voyage of the „Beagle". Reptiles by Mr. Bell, p. 8. Wegen der Eidechsen von Süd-Africa s. Zoology of South Africa: Keptiles by Sir Andrew Smith, pl. 26 und 39. Wegen des indischen Calolts s. Günther, Heptiles of British India, p. 143.
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Cap. 12. Reptilien: Eidechsen. 31
Gattung, und trotzdem ich es vernachlässigte die Geschlechter zu bezeichnen, beobachtete ich doch, dass nur gewisse Individuen mit sma-ragdähnlichen grünen Flecken gezeichnet waren, während andere orange gefärbte Kehlen hatten; und diese waren in beiden Fällen ohne Zweifel die Männchen.
In den vorher erwähnten Speeres sind nur die Männchen heller gefärbt als die Weibchen, aber bei vielen Eidechsen sind beide Geschlechter in einer und derselben eleganten oder selbst prächtigen ^Yeise gefärbt, und es ist kein Grund zu der Yermuthung vorhanden, dass solche auffallende Färbungen zum Schutze dienen. Bei einigen Eidechsen indessen dienen die grünen Färbungen ohne Zweifel zum Verbergen und ein Beispiel ist bereits beiläufig von einer Species von Proctotretus angeführt worden, welche dem Sande, auf dem sie lebt, äusserst ähnlich ist. Im Ganzen können wir mit ziemlicher Sicherheit schliessen, dass sowohl die schönen Färbungen vieler Eidechsen als auch verschiedene Anhänge und andere fremdartige Modificationen der Bildung von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl zum Zwecke einer Verzierung erlangt und entweder allein auf die männlichen Xachkommen oder auf beide Geschlechter überliefert worden sind. In der That scheint geschlechtliche Zuchtwahl bei Reptilien eine fast ebenso bedeutungsvolle Rolle gespielt zu haben als bei Vögeln. Aber die weniger auffallenden Färbungen der "Weibchen im Vergleich mit denen der Männchen können, wie Mr. YVallace bei Vögeln thun zu können glaubt, nicht dadurch erklärt werdeu, dass die AYeibchen während der Brütezeit Gefahren ausgesetzt sind.
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Dreizehntes Gapitel.
Secuntfiirc Sexualcliurnctere der Vögel.
Geschlechtlich? Verschiedenheiten. — Gesetz des Kampfes. — Specielle Waffen. — Stiinmorgane, — Instrumentalmusik. — Liebesgeherden und Tänze. — Permanenter und an die Jahreszeit gebundener Schmuck. — Doppelte und einfache jährliche Mauser. — Entfaltung der Ornamente seitens der Männchen.
Secumläre Semalcharactere sind bei Vögeln von grösserer Mannich-faltigkeit und auftauender, wenn sie auch vielleicht keine bedeutenderen Veränderungen in der Structur mit sich bringen, als in irgend einer andern Classe des Thierrach.es. Ich werde daher den Gegenstand in ziemlicher Ausführlichkeit behandeln. Zuweilen, wenn auch selten, besitzen männliche Vögel specielle Watten zum Kampfe mit einander. Sie bestricken die Weibchen durch vocale und instrumentale Musik der mannichfaltigsten Arten. Sie sind mit allen Arten von Kämmen, Fleischlappen, Protuberanzen, Hörnern, von Luft ausdehnbaren Säcken, Federstützen, nackten Federschäften, Schmuckfedern und andern verlängerten Federn, die graziös von allen Theilen des Körpers entspringen , verziert. Der Schnabel und die nackte Haut um den 'Kopf herum und die Federn sind oft prächtig gefärbt. Die Männchen machen den Weibchen zuweilen den Hof durch Tanzen oder durch'Ausführung fremdartiger Gesten, entweder auf dem Boden oder in der Luft. Mindestens in einem Falle sendet das Männchen einen moschusartigen Geruch aus, von dem man wohl vermuthen kann, dass er für das Weibchen als Reiz- oder Liebesmittel dient; denn jener ausgezeichnete Beobachter, Mr. Ramsay ', sagt von der australischen Moschusente (Bi-ziura lobaia), dass „der Geruch, welchen das Männchen während der „Sommermonate aussendet, auf dieses Geschlecht*' beschränkt ist und „bei einigen Individuen während des ganzen Jahres abgesondert wird, „Ich habe niemals, selbst in der Paarungszeit, ein Weibchen geschossen, welches irgendwelchen Geruch nach Moschus gezeigt hätte.'
1 Ibis. New Ser. Vol. III. 1SG7, p. 414.
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Cap. 13. Vögel. 33
Dieser Geruch ist so stark während der Paarungszeit, dass er lange ehe der Vogel zu sehen ist, wahrgenommen werden kann 2. Im Ganzen scheinen die Vögel unter allen Thieren die ästhetischsten zu sein, natürlich mit Ausnahme des Menschen, und sie haben auch nahezu denselben Geschmack für das Schöne wie wir haben. Dies zeigt sich darin, dass wir uns über den Gesang der Vögel freuen und dass unsere Frauen, sowohl die civilisirten als die wilden, ihre Köpfe mit erborgten Federn schmücken und Edelsteine zur Zierde benutzen, welche kaum brillanter gefärbt sind als die nackte Haut und die Fleischlappen gewisser Vögel. Ehe wir von den Characteren handeln, mit denen wir es hier ganz besonders zu thim haben, will ich mir eben gewisse Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern anführen, welche dem Anscheine nach von Verschiedenheiten in ihren Lebensweisen abhängen; denn wenn auch derartige Fälle bei den niederen Glassen häufig sind, so sind sie doch bei den höheren selten. Zwei Kolibris, die zu der Gattung Euslephanus gehören und die Insel Juan Femandez bewohnen, wurden lange Zeit für speeifisch verschieden gehalten; wie mir aber Mr. Gould mittheilt, weiss man jetzt, dass es die beiden Geschlechter einer und derselben Species sind, und in der Form ihres Schnabels weichen sie nur unbedeutend von einander ab. Bei einer andern Gattung von Kolibris (Grypus) ist der Schnabel des Männchens dem Rande entlang gesägt und an seiner Spitze hakenförmig gekrümmt, wodurch er von dem des Weibchens bedeutend abweicht. Bei der merkwürdigen Ncomorplut von Neuseeland besteht eine noch grössere Verschiedenheit in der Form des Schnabels, und Mr. Goulii hat in Erfahrung gebracht, dass das Männchen mit „seinem geraden „und kräftigen Schnabel" die Rinde von Bäumen abzerrt, damit das Weibchen mit seinem schwächeren und mehr gekrümmten Schnabel sich von den nun unbedeckt daliegenden Larven nähren könne. Etwas ganz Aehnliches lässt sich bei unserem Stieglitze (Carduclis clcguns) beobachten, denn wie mir Mr. Jennkk Weir versichert, können die Vogelfänger die Männchen an ihrem unbedeutend längeren Schnabel erkennen. Wie ein alter und zuverlässiger Vogelfänger behauptet hat, findet man Schaaren von Männchen sich von den Samen der Weberkarden (Dipsa-cus) nähren, welche sie mit ihrem verlängerten Schnabel erreichen können, während die Weibchen sieh häufiger von den Samen der Scropltu-laria ernähren. Nimmt man eine unbedeutende Verschiedenheit dieser
2 Gould, Handbook to the Birtls of Australia. 1S03. Vol. II, p. ÖS3.
D.lltwiN-, Abstammung. II. Zweite Auflage. 3
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:u
Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
Art als Ausgangspunkt an, so liisst sich sehen, wie die Schnäbel der beiden Gesclileclitcr durch natürliche Zuchtwahl zu einer bedeutenden Verschiedenheit gebracht werden können. Es ist indessen in allen diesen Fällen und besonders bei den zanksüchtigen Kolibris möglich, da.ss die Verschiedenheiten in den Schnäbeln zuerst von den Männchen in Beziehung auf ihre Kämpfe erlangt worden sind und später zu unbedeutenden Aenderungen der Lebensweise geführt haben.
Gesetz des Kampfes. — Fast alle männlichen Vögel sind äusserst kampfsiiehfig und brauchen ihren Schnabel, ihre Flügel und Beine, um mit einander zu kämpfen. Wir sehen dies alle Frühjahre bei unsern Kotbkehlchen und Sperlingen. Der kleinste von allen Vögeln, nämlich der Kolibri, ist einer der zanksüchtigsten. Mr. Gosse :! beschreibt einen solchen Kampf, in welchem'ein paar Kolibris sich an ihren Schnäbeln fassten und sich beständig rund herumdrehten, bis sie fast auf den Boden fielen; und Mr. Montks de Oca spricht von einer andern Gattung und erzählt, dass sieh selten zwei Männchen begegnen ohne einen sehr heftigen in der Luft ausgekämpften Streit. Werden sie in Käfigen gehalten, so „endet ihr Kampf meistens damit, dass die ,Zunge des einen von Beiden aufgeschlitzt wird, welcher dann sicherlich, weil er unfähig ist sich zu ernähren, stirbt" l. Unter den Wadvögeln kämpfen die Männchen des gemeinen Wasserhuhns (Gitllmula chloropiis) „zur Paarungszeit heftig um die Weibchen. Sie stehen fast „aufrecht im Wasser und schlagen mit ihren Füssen.* Man hat gesehen, dass zwei Hähne eine halbe Stunde lang sich in dieser Weise bekämpften, bis einer den Kopf des andern zu fassen bekam, welcher entschieden getödtet worden wäre, wenn nicht der Beobachter eingeschritten wäre. Das Weibchen sieht während der ganzen Zeit als ruhiger Zuschauer zu *. Die Männchen eines verwandten Vogels (Galli-crex crislalnsj sind, wie mir Mr. Blyth mittheilt, ein Drittel grösser als die Weibchen und sind während der Paarungszeit so kampfsüehtig, dass sie von den Eingeborenen des östlichen Bengalen zu Kämpfen gehalten werden. In Indien werden verschiedene andere Vögel zu demselben Zwecke gehalten, z. B. die Bulhnls (Pyriionolus haeiuocrhuus), welche „mit grossem Elan kämpfen" 6.
3 Citirt von'Gould, lutrodnetion to the Trochilidae. 1861, p, 20.
4 Gould, a. a. 0. p. 52.
5 W. Thompson, Natur, llist. of 1 rehwill: Binls. Vol. II. 1850, p. 327. " Jcrdou, Uivds of liulia. 1863. Vol. II, p. W.
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Cap._ V). (n'si'tz des Kampfes. 35
Der polygame Kampfläufer (Mache/es pngnn.r. Fig. 37) ist wegen seiner ausserordentlichen Kampfxucht bekannt; im Friihlinge versammeln sich die Männchen, welche beträchtlich grosser sind als die Weibchen, Tag für Tag an bestimmten Flecken, wo die Weibchen ihre Eier zu legen beabsichtigen. Die Hübnerjiiger entdecken diese Flecke
Kig. .17. Ptn- Kamxit'lüiifer oder Macheten pwjTiux (aus Brohm, Thierloboii).
daran, dass der Rasen in einem geringen Grade niedergetreten ist. Hier kämpfen diese Läufer in einer den Kampfbahnen sehr ähnlichen Weise, ergreifen-einander mit ihren Schnäbeln und schlagen sich mit ihren Flügeln. Der runde Federkragen rund um ihren Hals wird dann auf-
3*
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3G Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel, II. Thcil.
gerichtet und dient der Angalte des Colone! Moxtaou zufolge den Thieren wie ein Schild, um „auf dem Boden hiustreichend die zarteren Theile „zu schützen". Dies ist auch das einzige mir bekannte Beispiel hei Vögeln von irgend einer Bildung, welche als ein Schild dient. Indessen dient dieser Federkragen wegen seiner verschiedenartigen reichen Färbungen wahrscheinlich zum hauptsächlichsten Theil zur Zierde. Wie die meisten kampfsüchtigen Vögel scheinen sie jederzeit zum Kampfe bereit zu sein und wenn sie in enger Gefangenschaft mit einander leben, tödten sie sich oft. Moxtagu beobachtete aber, dass ihre Kampflust während des Frühjahrs grösser wird, wenn die langen Federn an ihrem Halse vollständig entwickelt sind; und zu dieser Zeit ruft die geringste Bewegung von irgend einem Vogel einen allgemeinen Kampf hervor T. Für die Kampflust der mit Scliwimmfüsseii versehenen Vögel werden zwei Beispiele genügen. In Guyana „kommen blutige Kämpfe zur „Paarungszeit zwischen den Männchen der wilden Moschusente (_Cairina „moschata) vor, und da wo diese Kämpfe gefochten worden sind, * ist „der Fluss eine Strecke lang mit Federn bedeckt" s. Selbst Vögel, welche für einen Kampf nur schlecht ausgerüstet zu sein scheinen, beginnen heftige Kämpfe. So treiben unter den Pelikanen die stärkeren Männchen stets die schwächeren fort, schnappen nach ihnen mit ilirem grossen Schnabel und geben ihnen heftige Schläge mit ihren Flügeln. Männliche Schnepfen kämpfen zusammen, „stossen und treiben einander „mit ihren Schnäbeln in einer Weise, wie sie merkwürdiger kaum geflacht werden kann". Von einigen Arten glaubt man, dass sie niemals kämpfen. Dies ist nach Audubon mit einem der Spechte der Vereinigten Staaten (Pirus auratus) der Fall, obgleich „die Weibchen „von einer Anzahl', bis zu einem halben Dutzend, ihrer muntern Liebhaber verfolgt werden" 9.
Die Männchen vieler Vögel sind grösser als die Weibchen, und dies ist ohne Zweifel ein Vortheil für sie bei Kämpfen mit ihren Nebenbuhlern und ist durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden. Die Grössenverschiedenbeiten zwischen den beiden Geschlechtern ist bei einigen australischen Species bis zu einem ganz extremen Grade geführt
5 Macgillivray, History of British lih-ds. Vol. IV. 1852, p. 177—181.
8 Sir K. Sckotnburgk, in: Journal of E. Geograph. Soc. Vol. XIII. 1843, p. 31.
9 Ornithological Biograph}-. Vol. 1, p. 191. Wegen der Pelikane und Schnepfen s. ebenda. Vol. III, p. 381, 477.
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Ca]>. 13. Gesetz dos Kampfes. 37
worden. So sind die Männchen der Moschusente (Bizkira) und die "Männchen von Cmcloramphm crmriMs (mit unserem Steinschmätzer verwandt) der wirklichen Messung nach factisch zweimal so gross als ihre beziehentlichen Weibchen 10. Bei vielen andern Vögeln sind die Weibchen grösser als die Männehen und, wie früher bereits bemerkt wurde, ist die häufig hierfür angeführte Erklärung, dass nämlich die Weibchen beim Aufziehen der Jungen die meiste Arbeit haben, nicht hinreichend. ' In einigen wenigen Fällen haben, wie wir späterhin noch sehen werden, die Weibchen allem Anscheine nach ihre bedeutendere Grösse und Kraft deshalb erlangt, um andere Weibchen besiegen und in den Besitz der Männchen gelangen zu können.
Die Männchen vieler liühnerartigen Vögel, besonders der polygamen Arten, sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern versehen, nämlich mit Spornen, welche mit einer fürchterlichen Wirkung benutzt werden können. Ein zuverlässiger Schriftsteller hat berichtet u, dass in Derbyshire ein Habicht auf eine Tvampfhenne, welche in Begleitung ihrer Küchlein war, stiess, worauf der Hahn zu ihrem Entsätze herbeieilte und seinen Sporn gerade durch das Auge und den Schädel des Angreifers hindurchschlug. Der Sporn war nur mit Schwierigkeit aus dem Schädel herauszuziehen, und da der Habicht, trotzdem er todt war, seinen Griff festhielt, Äraren die beiden Vögel fest in einander verbissen. Doch war der Hahn, als er freigemacht wurde, nur wenig verletzt. Der unbesiegliche Muth der Kampfhähne ist ja bekannt. Ein Herr, welcher vor langer Zeit die folgende brutale Scene beobachtete, erzählte mir, dass ein Vogel durch irgend einen Zufall in dem Hühnerstalle ein Bein gebrechen hatte, und der Besitzer wagte eine Wette dafür, dass wenn das Bein geschient werden könnte, so dass der Vogel nur aufrecht stehen könne, er zu kämpfen fortfahren würde. Dies wurde auf der Stelle ausgeführt und der Vogel kämpfte mit unbezähmtem Muthe so lange, bis er seinen Todesstreich erhielt. In Ceylon kämpft eine nahe verwandte wilde Art, der Galli/s Stanleyi, bekanntlich ganz verzweifelt «in der Verthcidigung seines Serails % so dass einer der Kämpfenden häufig todt gefunden wird 12. Ein indisches Rebhuhn (Ortygomis gi/lnris), dessen Männchen mit starken und scharfen Spornen versehen ist, ist so streitsüchtig, .dass die Xarben von
10 Goukl, Handbook of Binls of Australia. Vol. I, fs. 305. Vol. II, ]). 383. " Mr. Hewitt, in dem: Poultry Book l>y Tcgetmeyer. 18GG, p. 137. 12 Layard, in: Ann. and Magaz. of Jfat. Hist. A'ol. XIV. 185J, p, 63.
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38 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Thcil.
,früheren Kämpfen die Brust von beinahe jedem Vogel, den man tödtet, entstellen" l3.
Die Männchen beinahe aller hühncrartigeu Vögel, selbst derjenigen welche nicht mit Spornen versehen sind, werden während der Paarungszeit in heftige Kämpfe verwickelt. Der Aucrhahn und das Birkhuhn (Tclrao urogallus und T. lelrix), welche beide polygam leben, haben regelmässig bestimmte Plätze, wo sie viele Wochen hindurch sich in grosser Anzahl versammeln um mit einander zu kämpfen und vor den Weibchen ihre Heize zu entfalten. Mr. W. Kowalevsky theilt mir mit, dass er in Eussland auf den Plätzen, wo der Auerhahii gefochten hat, den Schnee ganz blutig fand, und die Birkhühner .lassen die Fehlern in allen Richtungen hinfliegen", wenn mehrere „in einem königlichen Kampfe engagirt" sind. Der ältere Brehji gibt einen anziehenden Bericht über die Balze, wie dieser Liebestanz und Liebesgesang des Birkhuhns genannt wird. Der Vogel stösst beinahe beständig die fremdartigsten Laute aus. „Vor dem Kollern hält er den Schwanz ,senkrecht und fächerförmig ausgebreitet, richtet Hals und Kopf, an , welchen alle Federn gesträubt sind, in die Höhe und trägt die Flügel „vom Leibe ab und gesenkt. Dann Unit er einige Sprünge hin und „her, zuweilen im Kreise herum und drückt endlich den Unterschnabel „so tief auf die Erde, dass er sich die Kinnfedern abreibt. Bei allen „diesen Bewegungen schlägt er mit den Flügeln und dreht sich um „sich selber herum. Je hitziger er wird, um so lebhafter guberdet er »sich, und schliesslich meint man, dass mau einen Wahnsinnigen oder „Tollen vor sieh habe." Zu solchen Zeiten werden die Birkhühner so von ihrem Gegenstände absorbirt, dass sie fast blind und taub werden, indess in einem geringeren Grade als der Auerhahii. In Folge dessen lässt sich ein Vogel nach dem andern an dem nämlichen Orte schiessen oder selbst mit der Hand fangen. Nachdem die Männchen diese Sce-nen aufgeführt haben, beginnen sie mit einander zu kämpfen, und ein und derselbe Birkhahn wird, um seine Stärke über mehrere Gegner zu beweisen, mehrere Balzplätze an einem Morgen besuchen, welche in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren immer dieselben bleiben '*.
Der Pfauhahn erscheint mit seiner langen Schwanzschleppe mehr
IS Jerdon, Birils of Inrti.i. Vol. ITT, n. 574.
14 Bvehm, rilustrirtes Thierleben. 1867. Bd. 4, S. 351. Einige der oben niitgetlieilten Angaben sind entnommen ans L. Lloyd, The (iame lürtls of Svre-den etc. 18i)7, p. 70.
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Cap. 13. Gesetz des Kampfes. 39
wie ein Stutzer als ein Krieger, doch tritt auch er zuweilen in heftige Kämpfe ein. Mr. W. Dakwin Fox theilt mir mit, dass zwei Pfauhähne, während sie in einer geringen Entfernung von ehester mit einander kämpften, so aufgeregt wurden, dass sie über die ganze Stadt hinweg immer noch kämpfend flogen, bis sie sich auf der Spitze von St. John's Thurm niederliessen.
Der Sporn ist bei denjenigen hühnerartigen Vögeln, welche damit versehen sind, im Allgemeinen einfach, aber Polyplcctron (s. Fig. 51 S. 77) hat zwei oder selbst mehr an einem Beine, und es ist beobachtet worden , dass einer der Blutfasane (Ithaginis crueiittts) fünf Sporne hatte. Die Sporne sind allgemein auf das Manuellen beschränkt und Averden beim Weibchen durch blosse Höcker oder Rudimente repräsentirt; doch besitzen die Weibchen des javanischen Pfaus (Paro niiiticus) und, wie mir Mr. Blytii mittheilt, die Weibchen des kleinen rothrückigen Fasans (Eiiplocamus ergthrophtltalmus) Sporne. Bei Galloperdix ist es gewöhnlich, dass das Männchen zwei Sporne und das Weibchen nur einen Sporn an jedem Beine hat 13. Man kann daher die Sporne getrost als einen männlichen Cliaracter ansehen, obgleich sie gelegentlich in grösserem oder geringerem Grade auf die Weibchen übertragen sind. Wie die meisten andern secundären Sexnaleliaractere sind die Sporne äusserst variabel sowohl in ihrer Zahl als in ihrer Entwickehmg bei einer und derselben Speeies.
Verschiedene Vögel haben Sporne an ihren Flügeln. Aber die ägyptische Gaus (Cl/enulopcx acgypliacus) hat nur nackte, stumpfe Höcker, und dies zeigt uns wahrscheinlich die erste Stufe, aus welcher echte Sporne sich bei andern verwandten. Vögeln entwickelt haben. Bei der sporntlügeligen Gaus (Plcctruplerus yambeitsis) haben die Männchen viel grössere »Sporne als die Weibchen und sie benutzen dieselben, wie mir Mr. Bartlett mittheilt, bei ihren Kämpfen unter einander, so dass in diesem Falle die Fliigelsporncn als geschlechtliche Waffen dienen; aber der Angabe Livixgstoxe"s zufolge werden sie hauptsächlich bei der Verteidigung der Jimgen gebraucht. Die Pnhnnedea (Fig. SS) ist mit einem Paare Spornen an jedem'Flügel bewaffnet und diese sind so fürchterliche Waffen, dass ein einziger Schlag damit einen Hund heulend davongetrieben hat. Dein Anscheine nach sind aber in diesem Falle oder auch bei den mit Spornen an den Flügeln versehenen Ballen
15 Jerdoii, Binls of India: über Itlwrjiuix. Vol. III, p. ~>~", über GaUo-pmUx, j5. 541.
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40 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
die Sporne beim Männchen nicht grösser als beim Weibchen 16. Bei gewissen Regenpfeifern müssen indessen die Flflgelsporne als ein go-
ng. 38. Palavncdea corniiia (aus Brehip, Tbierleben). Man beachte die doppelten Fliigeisporno und den Fadenanhang am Kopf.
schlechtlicher Character betrachtet werden. So wird der Höcker an der Flügelschulter beim Männchen unseres gemeinen Kibitzes {Vanellus cri-slalus) während der Paarungszeit vorragender, und es ist bekannt, dass
16 In Bezug auf die ägyptische Gans s. Macgi lli vray, British Birds. Vol. TV, p. 030. "Wegen Plectropterus s. Li v ings ton o, Travels, p. 254. Wegen l'almne/lea s. Brehm's Thierleben. Bd. 4, S. 740. s._ über diesen Vogel auch Azara, Voyages daiis FAmerique raeridion. Tom. IV. 1809. p. 179, 253.
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Cap. 13.
Gesetz des Kampfes.
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die Männchen mit einander kämpfen. Bei einigen Species von Lobkanellus entwickelt sich während der Paarungszeit ein ähnlicher Höcker „zu einem „kurzen hornigen Sporne". Beim australischen L. lobatus haben beide Geschlechter Sporne, aber dieselben sind bei den Männchen viel grösser als bei den Weibchen. Bei einem verwandten Vogel, dem Hoplopterus ar-matus, nehmen die Sporne während der Paarungszeit nicht zu, aber man hat in Aegypten gesehen, dass diese Vögel in derselben AVeise mit einander kämpfen wie unsere Kibitze. Sie springen dann plötzlich in die Höhe und schlagen einander von der Seite zuweilen mit einem tödlichen Erfolge. Sie treiben auf diese AVeise auch andere Feinde fort,7. Die Zeit der Liebe ist die Zeit des Kampfes. Aber die Männchen einiger Vögel, wie des Kampfhulins und der Kampfläufer und selbst die jungen Männchen des wilden Truthuhns und Haselhuhns 1S sind bereit zu kämpfen, so oft sie einander begegnen. Die Gegenwart des AVeibchens ist die teterrima belli causa. Die bengalischen Knaben bringen die niedlichen kleinen Männchen des Aniadavat (Estrelda uman-dava) dazu, mit einander zu kämpfen, dadurch dass sie drei kleine Käfige in eine Pieihe stellen mit einem ATeibchen in der Mitte. Xach kurzer Zeit lassen sie die zwei Männchen frei und sofort beginnt ein ganz verzweifelter Kampf19. Wenn viele Männchen sich auf demselben bestimmten Platze versammeln und mit einander kämpfen, wie es bei den Waldhühnern und verschiedenen andern ATögeln der Fall ist, so sind sie meist von den AVeibchen begleitet2ü, welche später mit den siegreichen Kämpfern sich paaren. Aber in einigen Fällen geht das Paaren dem Kämpfen voraus statt ihm zu folgen. So führt Audubon an21, dass mehrere Männchen des virginischen Ziegenmelkers tCapri-
17 s. über den Kibitz Mr. R. Carr in: Land and Water 8. Aug. 1868, p. 46. In Bezug auf Lobivanellus s. Jerdon, Birds of India. \rol. III, p. 647. und Gould, Handbook of Birds of Australia. Vol. II, p. 220. Wegen des Hoplopterus s Mr. Allen, in: Ibis, Vol. V. 18G3, p. 156.
18 Audubon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 492. Vol. I, p. 4—13.
19 Mr. Blyth, in: Land and Water. 1867, p. 212.
20 Ricliardson, über Tetrao umbellus, in: Fauna Bor. Amer.: Birds. 1831. p. 343. L. Lloyd, Game Birds of Sweden. 1867, p; 22, 79, über den Auer- und Birkhahn. Brehm führt indessen an (Thierleben u. s. w. Bd. 4, S. 352), dass in Deutschland die Birkhennen gewöhnlich heim Balzen der Birkhähne nicht zugegen sind; dies ist aber eine Ausnahme von der gewöhnlichen Regel. Möglicherweise liegen die Hennen versteckt in den umgehenden Büschen, wie es bekanntlich hei den Birkhennen in Scandinavicn und mit andern Arten in Nord-Amerika der Fall ist.
21 Ornithological Biography. A'ol. II, \>. 275.
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42 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. l'heil.
muh/us iiirginianus) „in einer äusserst unterhaltenden Art und Weise „dem Weibchen den Hof machen, und sobald dasselbe seine Wahl ge-«trollen hat, jagt der bevorzugte Liebhaber alle Eindringlinge fort und „treibt sie über die Grenzen seiner Herrschaft hinaus." Im Allgemeinen versuchen die Männchen mit aller Kraft ihre Nebenbuhler fortzutreiben oder zu tödten ehe sie sich paaren. Indessen scheint es doch, als ob die Weibchen nicht ohne Ausnahme immer die siegreichen Männchen vorzögen. Mir ist in der That von Mr. W. Kowaleysky versichert worden, dass das weibliche Atiefhuhn sich zuweilen mit einem jungen Männchen fortstiehlt, welches nicht gewagt hat, mit den älteren Hähnen den Kampfplatz zu betreten, in derselben Weise wie es gelegentlich bei den Thieren des Bothwilds in Schottland der Fall ist. Wenn zwei Männchen in Gegenwart eines einzigen Weibchens sich in einen Kampf einlassen, so gewinnt ohne Zweifel gewöhnlich der Sieger das Ziel seiner Wünsche. Aber einige von diesen Kämpfen werden dadurch verursacht, dass herumwandenide Männchen versuchen, den Frieden eines bereits vereinigten Paars zu stören 22.
Selbst bei den kampfsüchtigsten Arten ist es wahrscheinlich, dass das Paaren nicht ausschliesslich von der blossen Kraft und dem blossen Jluthe der Männchens abhängt. Denn derartige Männchen sind allgemein mit verschiedenen Zierathen geschmückt, welche oft während der Paarungszeit brillanter und eifrigst vor den AVeibehen entfaltet werden. Auch versuchen die Männchen ihre Genossin durch Liebestöne, Gesang und Gesten zu bezaubern oder zu reizen, und in vielen Fällen ist die Bewerbung eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Weibchen für die Reize des andern Geschlechts unempfänglich sind oder dass sie unabänderlich gezwungen sind, sich den siegreichen Männchen zu ergeben. Es ist wahrscheinlicher, dass die Weibchen von gewissen Männchen entweder vor oder nach dein Kampfe gereizt werden und diese daher un-bewusst vorziehen. Was den Telrao umbdliis betrifft, so geht ein guter Beobachter23 so weit anzunehmen, dass die Kämpfe der Männchen „nur Scheingefechte sind, ausgeführt, um sich in grösstmöglichem „Vortheile vor den um sie herum versammelten und sie bewundernden „AVeibchen zu zeigen. Denn ich bin niemals im Stande gewesen, einen
Ti ISrehm, Thierleben etc. Bd. 4. 1867, S. 990. Auflulioii, Ornithological Biography. Vol. IT, p. 402.
*3 Land and AVater, 25. July, 1808, p. 14.
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Cup. 13.
Gesang.
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„verstümmelten Helden zu* finden, und selten habe ich mehr als eine „geknickte Feder gefunden." leb werde auf diesen Gegenstand zurückzukommen haben, will aber hier hinzufügen, dass beim Tetrao ciipido der Vereinigten Staaten ungefähr zwanzig Männchen sich auf einem besonderen Flecke versammeln und, während sie umherstolzireu, die Luft von ihrem ausserordentlichen Lärmen ertönen machen. Bei der ersten Autwort seitens des Weibchens beginnen die Männchen wütheud mit einander zu kämpfen, und der Schwächere gibt nach. Aber dann suchen der Angabe von Audubon zufolge sowohl die Sieger als die Besiegten das Weibchen, so dass die Weibchen dann entweder eine Wahl eintreten lassen müssen oder der -Kampf von Neuem beginnen muss. So kämpfen ferner die Männehen eines der Feldstaarc der Vereinigten Staaten (ßturnclla ludoriciana) heftig mit einander, „aber'beim Erblicken „eines Weibchens fliegen sie alle hinter diesem her als wenn sie när-,riscb wären" 24.
Vocal- und Instrumentalmusik. — Bei Vögeln dient die Stimme dazu, verschiedene Gemütliserregungeii auszudrücken, wie Unglück, Furcht, Aerger, Triumph oder blosses Gefühl des Glücks. Dem Anscheine nach wird sie zuweilen dazu benutzt, Schrecken zu erregen, wie es mit dem zischenden Geräusch der Fall ist, welches einige Vögel als Nestlinge ausstossen. Audubon erzählt -5, dass ein Eeiber (Ardea nyrticorax, Lixxe), welchen er zahm hielt, sich zu verstecken pflegte, wenn sich eine Katze näherte, und „dann stürzte er plötzlich vor und „stiess eines der fürchterlichsten Geschreie aus, sich offenbar über die „Unruhe und die Flucht der Katze aniüsirend." Der gemeine Haus-hahn gluckt seiner Henne und die Henne ihren Küchlein, wenn ein kleiner Bissen gefunden wird. Die Henne „wiederholt, wenn sie ein „Ei gelegt hat, einen und denselben Ton sehr oft und schliesst dann' .mit der Sechste höher, welche sie für lange Zeit aushält"-6; und hierdurch drückt sie ihre Freude aus. Einige sociale Vögel rufen offenbar einander zu Hülfe, und da sie von Baum zu Baum flüchten, wird der Schwärm durch stets einander anwortende zirpende Rufe zusammengehalten. Während der nächtlichen Wanderungen der Gänse und
''' Aiulubon's Ornithological Biograpby: über Tetrao ciipido, Vol. II, p. 492 über die SturneU«, Vol. II, p. 219.
23 Oniitbologieal Biography. Vol. V, p. 601.
26 Daines Barrington, in: l'bilosopbical Transactions, 1773, p. 252.
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44 Geschlechtliche Zuchtwahl:. Vögel. II. Theil.
anderer Wasscrvögel kann man hoch über unsern Köpfen sonore Ausrufe von der Spitze des Zugs in der Dunkelheit hören; denen dann Ausrufe von dem Ende des Zuges antworten. Gewisse Ausrufe dienen als Warnungssignale, welche, wie der Jäger auf Kosten seiner Zeit erfahren hat, sowohl von einer und derselben Species als auch von andern sehr wohl verstanden werden. Der Haushahn kräht und der Kolibri zirpt im Triumph über einen besiegten Nebenbuhler. Indessen werden der echte Gesang der meisten Vögel und verschiedene fremdartige Laute hauptsächlich während der Paarungszeit hervorgebracht und dienen entweder nur als Reize oder bloss als Lockruf für das andere Geschlecht. Die Naturforscher sind in Bez.ug auf den Zweck des Singens der Vögel sehr getheilter Meinung. Seit Montagu's Zeiten haben wenige noch sorgfältigere Beobachter gelebt als er, und derselbe behauptet, dass „die Männchen der Singvögel und viele andere im Allgemeinen ,nicht die Weibchen aufsuchen; sondern ihr Geschäft im Frühlinge beisteht im Gegentheil darin, sich auf irgend einen weit sichtbaren Punkt „niederzulassen und dort ihre vollen liebeathmenden Töne erklingen zu „lassen; das Weibchen erkennt diese aus Tnstinct und begibt sich „darauf nach dem Flecke hin, um sich ihren Genossen zu wählen"27. Mr. Jenxer Weir theilt mir mit, dass dies in Bezug auf die Nachtigall sicher der Fall ist. Beciistein, welcher während seines ganzen Lebens Vögel hielt, führt an, „dass der weibliche Canarienvogel immer „den besten Sänger sich wählt und dass im Naturzustände der weib-,liehe Finke unter Hunderten von Männchen dasjenige sich auswählt, „dessen Gesang ihm am besten gefällt"-8. Darüber kann kein Zweifel sein, dass Vögel äusserst aufmerksam auf ihren gegenseitigen Gesang sind. Mr. Weir hat mir einen Fall von einem Gimpel mitgetheilt, dem gelehrt worden war, einen deutschen Walzer zu pfeifen, und der ein so guter Sänger war, dass er zehn Guineen kostete. Als dieser Vogel zuerst in ein Zimmer gebracht wurde, wo andere Vögel gehalten wurden, und er zu singen anfieng, stellten sich alle übrigen Vögel und es waren ungefähr zwanzig Hänflinge und Canarinvögel vorhanden, auf die nächste Seite in ihren Bauern und hörten mit dem grössten
21 Ornithological Pictionary. 1833, p. 475.
2S Naturgeschichte der Stubenvögel. 1840, ,S. 4. Auch Mr. Ilarrison Weir schreibt mir: „Mir ist gesagt worden, ilass die am besten singenden Männcheu „zuerst einen Genossen erhalten, wenn sie in demselben Räume gezüchtet worden „sind."
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Cap. 13. Gesang. 45
Interesse dem neuen Sänger zu. Viele Naturforscher glauben, dass das Singen der Vögel beinahe ausschliesslich „die Wirkung der Rivalität „und Nebenbuhlerschaft" sei und nicht m dem Zwecke ausgeübt werde, ihre Genossen zu bezaubern. Dies war die Ansicht von Daixes Bar-kinuton und White von Seiborne, welche beide dem Gegenstand besondere Aufmerksamkeit schenkten'29, lndess gibt Barrinhton zu, „dass „eine Ueberlegenheit im Gesänge den Vögeln eine wunderbare Ueber-„legenheit über andere überhaupt gibt, wie Vogelfänger sehr gut „wissen." v
Es besteht ganz sicher ein intensiver Grad von Rivalität zwischen den Männchen in ihrem Gesänge. Vogelliebhaber bringen ihre Vögel zusammen, um zu sehen, welclier am längsten singen wird, und mir hat Mr. Yarrell erzählt, dass ein Vogel ersten Ranges zuweilen singen wird, bis er fast todt oder der Angabe von Bechstein zufolge 3ft vollständig todt umfällt, in Folge des Zerplatzens eines Gefässes in den Lungen. Was auch immer die Ursache sein mag, männliche Vögel sterben, wie icli von Mr. Weir höre, häufig während der Singezeit plötzlich. Dass die Gewohnheit zu singen zuweilen von der Liebe vollständig unabhängig ist, ist klar. Denn man hat einen unfruchtbaren hybriden Ca-narienvogcl beschrieben^1, welcher sang, als er sich selbst im Spiegel erblickte, und dann auf sein eigenes Spiegelbild losstürzte. Er griff in gleicher Weise mit Wuth, einen weiblichen Canarienvogel an, als er zu ihm in denselben Bauer gebracht wurde. Die Vogelfänger ziehen beständig von der Eifersucht, die durch den Act des Singens angeregt wird, Vortheil. Ein Männchen, welches gut singt, wird verborgen und geschützt, während ein ausgestopfter Vogel, mit geleimten Zweigen umgeben, dem Blicke ausgesetzt wird. Auf diese Weise hat, wie Mr. Weir mir mittheilt, ein Mann im Verlaufe eines einzigen Tages fünfzig und an einem sogar siebenzig männliche Buchfinken gefangen. Das Vermögen und die Neigung zum Singen weicht bei Vögeln so bedeutend ab, dass, obschon der Preis eines gewöhnlichen männlichen Buchfinken nur einen Sixpence beträgt, Mr. Weir doch einen Vogel sah, für welchen der Vogelfänger drei Pfund forderte. Die Probe für einen wirklich guten Sänger ist dabei die, dass derselbe zu singen fort-
-9 Philosophical Transactions, 1773, p. 2G3. White, Natural History of Selbome. Vol. I. 1825, p. 246.
31 Naturgeschichte der Stubenvögel. 1840, S. 252. 31 Mr. Bold, in: Zoologist. 1813—14, p. 05'J.
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46 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
fährt, während der Käfig rund um den Kopf des Besitzers geschwungen wird. x
Dass Vögel ebensowohl aus Eifersucht als zu dem Zwecke, das Weibchen zu bezaubern, singen, ist durchaus nicht unverträglich mit einander und hätte sich in der That als mit einander Hand in Hand gehend erwarten lassen, ebenso wie Geschmücktsein und Kampfsncht. Indessen schliesscn einige Autoren, dass der Gesang des Männchens nicht dazu dienen könne, das Weibchen zu bezaubern, weil die Weibchen einiger Species, wie des Canarienvogels, des Rothkehlchens, der Lerche und des Gimpels, besonders wenn sie, wie Beckstein bemerkt, im Zustande des Verwittwetseins sich befinden, selbst einen melodiösen Gesang ertönen lassen. In einigen von diesen Fällen kann man die Gewohnheit zu singen zum Theil dem Umstände zuschreiben, dass die Weibchen sehr gut gefüttert und in Gefangenschaft gehalten worden sind s-, denn dies stört alle die gewöhnlich mit der Reproduction der Art im Zusammeuliange stehenden Functionen. Es sind bereits viele Beispiele mitgetheilt worden von der theilweisen Uebertragung seeun-därer männlicher Charactere auf das AVeibchen, so dass es durchaus nicht überraschend ist zu sehen, dass die Weibchen einiger Species auch das Vermögen zu singen, besitzen. Man hat ferner auch geschlossen, dass der Gesang des Männchens nicht als ein Reizmittel dienen könne, weil die Männchen gewisser Species, z. B. des Rothkehlchens, während des Herbstes singen 33. Es ist indessen nichts häufiger, als dass Thiere darin Vergnügen finden, irgendwelchen Instinct auch zu anderen Zeiten auszuüben als zu denen, wo er ihnen von wirklichem Nutzen ist. Wie oft sehen wir Vögel leicht hinfliegen, durch die Luft gleitend und segelnd, und offenbar nur zum Vergnügen. Die Katze spielt mit der gefangenen Maus und der Connoran mit dem gefangenen Fische. Der Webervogel (Ploceus) amüsirt sich, wenn er in einem Käfig eingeschlossen ist, damit, Grashalme niedlich zwischen das Drahtgitter seines Käfigs einzuflechten. Vögel, welche gewöhnlich während der Paarungszeit kämpfen, sind meist zu allen Zeiten bereit, mit einander zu kämpfen, und die Männchen des Auerhalms halten ihre Balzen oder Loks auf den gewöhnlichen Versammlungsplätzen auch während des Herbstes34. Es
32 Daines Barringion, in: Philosoph. Tvansact. 1773, p. 262. Bech-steiu, Katurgeschichte der Stuheuvögel. 1810, S. 4.
3S Dies ist auch mit der Wasseramsel (Cinclus) der Fall. s. Mr. Hephurn in: Zoologist, 1844—46, p. 1068.
31 L. Lloyd, Game Birds of Sweden. 1867, p. 25.
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Cap. 13.
Gesang.
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ist daher durchaus nicht überraschend, dass männliche Vögel zu ihrer eigenen Unterhaltung auch dann noch zu singen fortfahren, wenn die Zeit der Brautwerbung vorüber ist.
Das Singen ist bis zu einem gewissen Grade, wie in einem früheren Capitel gezeigt wurde, eine Kunst und wird durch Uebung bedeutend veredelt. Man kann Vögel verschiedene Melodieen lehren, und selbst der nnmelodische Sperling hat zu singen gelernt wie ein Hänfling. Sie nehmen den Gesang ihrer NSibrelte.ru35 und zuweilen den ihrer Nachbarn an 36. Alle die gewöhnlichen Sänger gehören zu der Ordnung der Insessores und ihre Stimmörganc sind viel complieirter als diejenigen der meisten andern Vögel. Doch ist es eine merkwürdige Thatsaehe, dass einige der Insessores, wie die Raben, Krähen und Elstern, denselben Singapparat 3r besitzen, trotzdem sie niemals singen und von Natur ihre Stimmen in durchaus keiner bedeutenden Weise moduliren. J. Hunter behauptet38, dass bei den echten Sängern die Kehlkopfmuskeln der Männchen stärker sind als die der Weibchen. Aber mit dieser unbedeutenden Ausnahme besteht zwischen den Stimni-organen der beiden Geschlechter keine Verschiedenheit, trotzdem die Männchen der meisten Species so viel bosser und so beständiger singen als die Weibchen.
Es ist merkwürdig, dass nur kloine Vögel eigentlich singen. In-dess mu'ss die australische Gattung Menura ausgenommen werden, denn die Menura Alberti, welche ungefähr die Grösse eines halberwachsenen Truthahns hat, ahmt nicht bloss andere Vögel nach, sondern es ist auch „ihr eigenes Pfeifen ausserordentlich schön und mannichfaltig." Die Männchen versammeln sich wie zu einer Concertprobe, wo sie singen nnd ihre Schwänze aufheben und anseinanderbreiten wie Pfauen und ihre Flügel sinken lassen39. Es ist auch merkwürdig, dass die Vögel, welche singen, selten mit brillanten Farben oder andern Zieratben ge-
'* Da in es Barr ington, a. a. 0. p. 264. Iiechstcin, Stubenvögel. S. 5.
36 Bureau de la Malle führt ein merkwürdiges Beispiel von einigen frei in seinem' Garten in Paris lebenden Amseln an (Amial. des sciene. natur. 3. Ser. Zool. Tom. X,-p. 118), welche von einem im Käfig gehaltenen Vogel ein republikanisches Lied lernten.
37 Bishop, in: Toihl's Cyclopaedia of Anat. and Physiol. Vol. IV, p. 1490. 3S Nach der Angabe von Barrington in den Philosoph. Transact. 1773,
p. 202.
39 Gnu hl, Hamlbook to the Birds of Australia. Vol. I. 1805, p. 308—310. s. auch T. W. Wood, in dem „Student", April, 1870, p. 125.
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48 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
schmückt sind. Von unsern britischen Vögeln sind, mit Ausnahme des Gimpels und des Stieglitz, die besten Sänger einfach gefärbt. Die Eisvögel, Bienenfresser, Eaken , Wiedehopfe, Spechte u. s. w. stossen harsche Geschreie aus und die brillanten Vögel der Tropcnländcr sind kaum jemals Sänger 40. Es scheinen daher glänzende Färbungen und das Vermögen zu singen einander zu ersetzen. Wir können wohl einsehen, dass, wenn das Gefieder nicht in seinem Glänze variirte oder wenn helle Farben für die Art gefährlich wären, andere Mittel hätten angewendet werden müssen, das Weibchen zu bezaubern; und wenn die Stimme melodisch gemacht würde, würde sie eben eines dieser Mittel darbieten.
Bei einigen Vögeln sind die Stimmorgane je nach den Geschlechtern sehr von einander verschieden. Bei Telrao cupido (Fig. 39) hat das Männchen zwei nackte, orange gefärbte Säcke, einen auf jeder Seite des Halses, und diese werden stark aufgeblasen, wenn das Männehen während der Paarungszeit einen merkwürdig hohlen, in einer grossen Entfernung hörbaren Laut ansstösst. Audubon hat nachgewiesen, dass der Laut innig mit diesem Apparate in Verbindung steht, welcher uns an die Luftsäcke an jeder Seite des Kopfes bei gewissen männlichen Fröschen erinnert; denn er fand, dass der Laut bedeutend vermindert wurde, wenn einer der Säcke bei einem zahmen Vogel angestochen war, und waren beide angestochen, so hörte er vollständig auf. Das Weibchen hat ,eine etwas ähnliche, wenn auch kleinere nackte Hautstelle „am Halse, aber sie kann nicht aufgeblasen werden- 4I. Das Männchen einer andern Art von Waldhuhn (Telrao urophasianus) hat, während es das Weibchen umwirbt, seinen „nackten gelben Kropf zu „einer beinahe monströsen Grösse, reichlich halb so gross als der Kör-„per, aufgetrieben", und es stösst dann verschiedenartige kratzende, tiefe, hohle Töne aus. Die Halsfedern aufgerichtet, die Flügel gesenkt und auf dein Boden schleifend und den langen zugespitzten Schwranz wie einen Fächer ausgebreitet, zeigt es sich dann in einer Menge ver-
40 s. Bemerkungen hierüber in: Gould, Introductiou to the Trochilidae. 1861, p. 22.
41 Major W. Ross King, The Sportsman and Katuralist in Canada. 18GG, p. 144—146. Mr. T. W. AVood gibt im „Student" (April, 1870, p. 116) eine ausgezeichnete Schilderung der Stellungen und Gewohnheiten dieses Vogels während seiner Bewerbung. Er führt an', dass die Ohrbüschel oder Halsschrauckfedern aufgerichtet werden, so dass sie sich oberhalb des Kopfes treffen.
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Ciip. U
Gesang.
4lJ
schieden artiger grotesker Stellungen. Die Speiseröhre des Weibchens ist in keiner Weise merkwürdig 4'2.
Fig. 39. Teirao cupido, Mänucue.i (aus lirehm, TMerleben).
Es scheint jetzt sicher ermittelt zu sein, dass der Kehlsack der männlichen europäischen Trappe (Otts tarda) und wenigstens noch vier anderer Species nicht, wie mau früher vermiitliete, dazu dienu Wasser zu lialtcn, sondern mit der Aeusscruiig eines eigenthümlichcn Tons während der Paarungszeit in Zusammenhang stellt, welcher einem ,Ock"
4i Ricliardson, Fauna Bor. Americana: Birds. 1831, p. 359. Andubon, Ornitholog. Biograph. Vol. IV, p. 507.
IUKW1N, Abstammung. II. Zwi-itu Auflag«. 4
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50 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
gleicht. Während der Vogel diesen Laut ausstösst, nimmt er ausserordentliche Stellungen ein. Es ist eine eigentlnimliehe Thatsache, dass unter den Männchen einer und derselben Speeies dieser Sack nicht bei
Fig. 40. Der Schirmvogel oder Cephalopterits ornatu.s, Miiniichfiii (aus Uro hm, Thierh'ben).
allen Individuen entwickelt ist43. Ein rabenartiger Vogel, welcher Südamerika bewohnt (Cephaloplenm ornalux, Pig. 40), wird Schinnvogel
43 Die folgenden Aufsätze sind neuerdings über diesen Gegenstand geschrieben worden: Prof. A. Newton, in: „The Ibis", 1SG2, p. 107. Dr. Cullen, ebenda 1805, p. 145; l'rof. Flower, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1865, p. 747, und Dr. Mtirie, in: Proceed. Zoolog. Soc. 18GS, p. 471. In dem letzterwähnten Aufsätze ist eine ausgezeichnete Abbildung der männlichen australischen Trappe in voller Entfaltung mit ausgedehntem Kehlsacke gegeben.
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Cap. 18. Gesang. 51
genannt wegen seines ungeheuren, von nackten weissen Federschäften und dunkelblauen erstere ül)erdeckeuden Federn gebildeten Federstutzes, welchen der Vogel zu einer grossen, nicht weniger als fünf Zoll im Durchmesser haltenden und den ganzen Kopf bedeckenden Haube erheben kann. Dieser Vogel hat an seinem Halse einen langen dünnen, cylindrischen, fleischigen Anhang, welcher dicht mit schuppenartigen blauen Federn bekleidet ist. Er dient wahrscheinlich zum Thcil als Schmuck, aber gleichfalls auch als ein Kesonanzapparat. Denn Mr. Bates fand, dass derselbe „mit einer ungewöhnlichen Entwickeluug der „Luftröhre und der Stimmorgane" im /Aisammenhang_steht. Wenn der Vogel seinen eigenthümlichen tiefen, lauten und lange ausgehaltenen flötenartigen Ton ausstösst, wird jener Anhang ausgedehnt. Beim Weibchen ist die Federkrone und der Anhang am Halse nur rudimentär vorhanden 44.
Die Stimmorgane verschiedener mit Sehwimmfiissen versehener und Wade-Vögel sind ausserordentlich complicirt und weichen in gewisser Ausdehnung bei beiden Geschlechtern von einander ab. In manchen Fällen ist die Luftröhre wie ein Waldhorn gewunden und tief in das Brustbein eingebettet. Beim wilden Schwan (Cygnus fems) ist sie beim erwachsenen Männchen tiefer eingebettet als beim Weibchen oder dem jungen Männchen. Bei dem männlichen Jlery/mser ist der erweiterte Theil der Luftröhre mit einem besonderen Muskelpaare versehen 45. Aber die Bedeutung dieser Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern vieler Anatiden ist durchaus nicht erklärt; denn das Männchen ist nicht immer das stimm reichere. So ist bei der gemeinen Ente der Ton des Männchens nur ein Zischen, während das Weibchen ein lautes Quacken ausstösst46. Bei einem der Kraniche (Grus cvrgo) dringt die Luftröhre bei beiden Geschlechtern in das Sternum ein, bietet aber „gewisse geschlechtliche „Modificationen" dar. Bei dem Männchen des schwarzen Storches findet sich gleichfalls eine wohl ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheit
" Rates, The Naturalist on the Amazons. 18G3. Vol. II, p. 284. Wallace, in: Frocced. Zoolog. Soc. 1850, p. 206. Neuerdings ist eine neue Spccics mit einem noch grösseren Ilalsauhangc entdeckt worden (0. penduUfjer); s. Iliis, Vol. I, p. 457.
45 Bishop, in: Todd's Cyclopacdia of Anat, and Fhysiol. Vol. IV, p. 1499.
46 Der Löffelreiher (l'latalea) hat eine in der Form einer Acht gewundene Luftröhre; und doch ist dieser Vogel stumm (s. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 7G.%). Mr. Blyth theilt mir aber mit, dass diese Windungen nicht immer vorhanden sind, so dass sie vielleicht jetzt auf dem Wege sind zu verschwinden.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
in der Länge und der Krümmung der Luftröhrenäste47. Es haben also in diesen Fällen sehr bedeutungsvolle Gebilde je nach dem Geschlechte gewisse Modifieationen erfahren.
Es ist oft schwierig zu vermuthen, ob die vielen fremdartigen Töne und Gescbreie, welche männliche Vögel während der Paarungszeit ausstossen, als ein Reizmittel oder nur als ein Lockruf für das Weibchen dienen. Das sanfte Girren der Turteltaube und vieler andern Tauben gefällt dem Weibchen, wie man wohl vermuthen kann. Wenn das Weibchen des wilden Truthahns am Morgen seinen Huf ertönen lässt, so antwortet das Männchen mit einem von dem gewöhnlichen kollernden Geräusche verschiedenen Tone. Ersteres bringt es hervor, sobald es mit aufgerichteten Federn, rauschenden Flügeln und geschwollenen Fleischlappen vor dem Weibchen sich brüstend einhcrstolzirt 48. Das Kollern des Birkhahns dient sicher als Lockruf für das Weibchen; denn man hat erfahren, dass es vier oder fünf Weibchen aus weiter Entfernung zu einem in Gefangenschaft gehaltenen Männchen liinge-rufen hat. Da aber der Birkhahn sein Kollern Stunden lang während aufeinanderfolgender Tage und, wie auch der Auerhahn, »mit Alles »überwältigender Leidenschaft" fortsetzt, so werden wir zu der Ver-muthung geführt, dass die Weibchen, welche bereits anwesend sind, hierdurch bezaubert werden 49. Die Stimme des gemeinen Raben wird bekanntlieh während der Paarungszeit verschieden und ist daher in einer gewissen Weise geschlechtlich 50. Was sollen wir aber zu dem rauhen Gescbreie z. B. mancher Arten von Macaws sagen? Haben diese Vögel wirklieb einen so schlechten Geschmack für musikalische Laute als sie dem Anscheine nach für Farben haben, wenigstens nach dem unharmonischen Oontrast ihres auffallend gelben und blauen Gefieders zu urtheileu ? Es ist allerdings möglich, dass die lauten Stimmen vieler männlichen Vögel, ohne dass dadurch irgend ein Vortheil für sie erreicht würde, das Resultat der vererbten Wirkungen des beständigen Gebrauchs ihrer Sthnmorgane sind, wenn sie durch die kräftigen Leidenschaften der Liebe, der Eifersucht und der Wuth aufgeregt werden.
** Etui. Wagner, Lehrbuch der Anatomie der Wirhelthiere. 1843. S. 128. In Bezug auf die Angabe vom Schwan s. Yarrell, History of Brit. Birds. 2. eilit. 1815. Vol. III, p. 193.
4S C. L. Bonaparte, citirt in: The NaturaKst's Library. Birds. Vol. XIV. ]i. 12G.
49 L. Lloyd, The Game Birds of Sweden. 1S(!7, p. 22, 81.
3fl Jenner, Philosoph. Transart. 1S24, p. 20.
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Cap. 13. Gesang: Instrumentalmusik. 53
Auf diesen Punkt werden wir aber zurückkommen, wenn wir die Säuge-tbiere behandeln werden.
Wir haben bis jetzt nur von der Stimme gesprochen, aber die Männchen verschiedener Vögel üben während der Zeit ihrer Bewerbung auch etwas aus, was man Instrumentalmusik nennen könnte. Pfauhähne und Paradiesvögel rasseln mit den Kielen ihrer Federn zusammen und die schwingende Bewegung dient allem Anscheine nach nur dazu, ein Geräusch zu machen, denn es kann kaum die Schönheit ihres Gefieders erhöhen. Truthähne fegen mit ihren Flügeln über den Boden hin und» einige Arten von Waldhühnern bringen hierdurch ein summendes Geräusch hervor. Wenn ein anderes nordftmerikauisch.es Waldhuhn (Tctrao umhelkts) mit aufgerichtetem Schwänze und entfalteter Krause % seine , Federpracht den in der Nachbarschaft verborgen liegenden Weibchen ,darbietet," so trommelt es, indem es seine Flügel der Angabe Mr. K. Hayjiond's zufolge oberhalb des Rückens zusammenschlägt und nicht wie Audubün meinte gegen die Seite schlägt. Der hierdurch hervorgebrachte Laut wird von Einigen mit einem entfernten Donner, von Andern mit dem schnellen Wirbel einer Trommel verglichen. Das Weibchen trommelt niemals, ,sondern fliegt direct nach der Stelle, wo das Männchen in „der genannten Weise beschäftigt ist." In dem Himalaya macht das Männchen des Kalij-Fasans „oft ein eigenthümlich trommelndes Ge-„rausch mit seinen Flügeln, dem Geräusche nicht unähnlich, welches „man durch das Schütteln eines Stücks steifer Leinwand hervorbringen „kann.11 An der Westküste von Afrika versammeln sich die kleinen schwarzen Webervögel (Ploccus?} in einer kleinen Anzahl auf den Büschen rund um einen kleinen offenen Fleck und singen und gleiten durch die Luft mit zitternden Flügeln, „was einen rapiden schwirrenden Ton hervorbringt, wie eine Kinderklapper". Ein Vogel nach dem andern producirt sich in dieser Weise stundenlang, aber nur während der Paarungszeit. In derselben Zeit bringen die Männchen gewisser Ziegenmelker tCaprimulgits) ein äusserst fremdartiges Geräusch mit ihren Flügeln hervor. Die verschiedenen Species von Spechten klopfen einen Zweig mit ihrem Schnabel mit einer so rapiden schwingenden Bewegung, dass „der Kopf an zwei Stellen zugleich zu sein scheint." Der hierdurch hervorgebrachte Klang ist in einer beträchtlichen Ent-fernung hörbar, kann aber nicht beschrieben werden, und ich glaube sicher, dass die Ursache desselben von Niemand je vermuthet werden wird, der ihn zum ersten Male hört. Da dieses rasselnde Geräusch
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5 i
Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögol.
IL Theil.
vorzüglich während der Paarungszeit gemacht wird, so ist es als ein Liebesgesang angesehen worden; es ist aber strenger genommen vielleicht mir ein Lockruf. Wenn das Weibchen von seinem Neste getrieben wird, so hat man beobachtet, dass es sein Männchen in dieser Weise ruft, welches dann in derselben Weise antwortet und bald an Ort und Stelle erscheint. Endlich verbindet auch der männliche Wiedehopf (Ujmpa e[>ops) Voeal- mit Instrumentalmusik. Denn während der Paarungszeit zieht er, wie Mr. Swiniioe gesehen hat, zuerst Luft ein und schlägt dann die Spitze seines Schnabels senkrecht gegen einen Stein oder den Stamm eines Baumes, „worauf dann die durch den röhrenförmigen Schnabel abwärts gestossene Luft den richtigen Laut hervorbringt". Wenn das Männchen seinen Huf ausstösst ohne den Schnabel in der eben geschilderten Weise aufzustossen, ist der Laut völlig verschieden 51.
Tu den vorstehend angeführton Fällen werden Laute hervorgebracht mit Hülfe von bereits vorhandenen und anderweit notwendigen Gebilden, aber in den folgenden Fällen sind gewisse Federn spccioll m dem ausdrücklichen Zwecke modilicirt worden, die Töne hervorzubringen. Das meckernde, schnurrende oder summende Geräusch, wie es die verschiedenen Beobachter bezeichnen, welches die Bekassine ISculopax gallinago) hervorbringt, muss einen Jeden, der es nur einmal gehört hat, überrascht haben. Dieser Vogel fliegt zur Zeit der Paarung „vielleicht tausend Fuss in die Höhe," treibt sich in solcher Höhe flatternd im Kreise herum und schiesst aus dieser mit ganz ausgebreitetem Schwänze und erzitternden Flügeln in einem Bogen mit überraschender Schnelligkeit zur Erde herab. Der Laut wird nur während dieses rapiden Herab-schiessens hervorgebracht. Niemand war im Stande, die Ursache dieses Geräuschs zu erklären, bis Meves beobachtete, doss auf jeder Seite des Schwanzes die äusseren Federn eigenthiimlich geformt sind (Fig. 41);
51 Wegen der verschiedene» oben angeführten Tbatsacben s. über Paradiesvögel: lirehni, Thierlcben, Bd. 3, S. 325; üher Waldhühner; B ich arilson, Fauna Bor. Americana: Birds. p. 343 und 359; Major W. Ross King, The Sportsmnu in Canada, 18GG, p. 15G; Mr. Tlaymond, in: Prof. Cox's Geol. Survey of Indiana. p. 227. Andnbon, American Ornitholog. Biograph. Vol. I, p. 21G; üher den Kalij-Fasanen: Jerdon, Birds of lndia. Vol. III, p. 533; über die Wehervögel: Livingstone, Expedition to the Zambesi. 18G3, p. 425; über Spechte: Maegilliv-ray, Hist. of British Birds. Vol. III. 1810, p. 84, 88, 89 und 95; üher den Wiedehopf: Swinhoe in: Frocecd. Zoolog. Soc. 23. Jim. 1863, p. 2G4; üher die Ziegenmelker: Andnbon, a.a.O. Vol. II, p. 255. Der englische Ziegenmelker macht gleichfalls im Frühlinge ein merkwürdiges Geräusch während seines rapiden Flugs.
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Cap. 13. Instrumentalmusik. 55
Fig. 41. Aousserc Schwanzfeder von Rcolopax '.gallinatjo (nach dem Proc. Zool. Soc. IS58).
sie haben nämlich einen steifen , säbelförmig gekrümmten Schaft, die schräg davon abgehenden Aeste der Fahne sind von ungewöhnlicher Länge und die äusseren Ränder sind fest an einander geheftet. Er fand, dass wenn man auf diese Federn bläst oder wenn man dieselben an einen langen dünnen Stock bindet und sie schnell durch die Luft bewegt, man einen genau dem meckernden, von dem lebenden Vogel hervorgebrachten Laute ähnlichen .Ton hervorbringen kann. Beide Geschlechter sind mit diesen Federn versehen; sie sind aber beim Männchen allgemein grösser als beim Weibchen und bringen einen tieferen Ton hervor. Bei einigen Species, so bei S. frenala (Fig. 42), sind vier Federn und bei S. jareiisis (Fig. 43) sind niclit weniger als acht Federn auf jeder Seite des Schwanzes bedeutend modificirt. Werden die Federn von verschiedenen Species in der eben geschilderten Weise durch die Luft geschwungen, so werden verschiedene Töne hervorgebracht, und der Srotopax Wilsonii der Vereinigten Staaten macht, während er sich schnell zur Erde herabstürzt, ein Geräusch, wie wenn eine Gerte schnell durch die Luft gezogen wird Ä2.
Beim Männchen von Chamaepclcs mieolor (einem grossen hühnerartigen Vogel von Amerika) ist die erste Schwungfeder erster Ordnung nach der Spitze zu gebogen und viel mehr zugespitzt als beim Weibchen. Bei einem verwandten Vogel, der Penelope nigra, beobachtete Mr. Salvin ein Männchen, welches, während es „mit ausgebreiteten „Flügeln abwärts flog, eine Art von krachendem rauschendem Geräusche „von sich gab," wie beim Umfallen eines Baumes 33. Nur das Männ-
52 s. deu interessanten Aufsatz von Kleves in: Proceed. Zoolog. Soc. 1S58, p. 19'J. In Bezug auf die Lebensweise der Bekassine s. Mncgilli vray, History of British Birds. Vol. IV, p. 371. Wegen der amerikanischen Bekassine: Capt. Blakiston in: Ibis, Vol. V. 18G3, p. 131.
" Mr. Salvin, in: Troceed. Zoolog. Soc. 18f>8, p. HSO. leb bin diesem ausgezeichneten Ornithologen sehr verbunden für Zeichnungen der Federn von Cha-maepetes und für andere Älittheiluugen.
Fig. 4?. Aeussere Schwanzfeder von Scnlo-pax frr?tfiln.
Fig. 4.5. Aeussere Schwanzfeder von Scolti-jiax jacensis.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
eben einer der indianischen Trappen (Sypheotidcs anritus) hat bedeutend zugespitzte Schwungfedern erster Ordnung, und vom Männchen einer verwandten Species weiss man, dass es, während es das Weibchen umwirbt, einen summenden Ton hervorbringt54. Bei einer sehr verschiedenen Gruppe von Vögeln, nämlich den Kolibris, haben nur die Männchen gewisser Arten entweder die Schäfte ihrer Schwungfedern erster Ordnung sehr verbreitert oder die Fahnen plötzlich nach dem Ende zu ausgeschnitten. So hat z. B. das Männchen von Selasphorus platycer-cus im erwachsenen Zustande die ersten Schwungfedern (Fig. 44) in
dieser Weise ausgeschnitten. Während es von "~"°* Blüthe zu Blüthe fliegt, bringt es „ein schar-„fes, fast pfeifendes Geräusch" hervor53, aber wie es Mr. Salvin schien, wurde das Geräusch nicht absichtlich hervorgebracht.
Fig. 44. Schwungfeder erster Ord- ... . . . , i n
mm? eines Kolibri, des se!aVhu- Endlich haben bei verschiedenen Species rusr'atuwcm^ch einer Skizze eiuei. Untergattung von Pipm oder Manakins
von Mr. S.ilvin). Obere Figur '
von einem Männchen ; untere Fi- die Männchen modificirte Schwungfedern zwei-
srm- die entsprechende Feder vom . r\ i i t r n
weihehen. tei" Ordnung, und zwar, wie Mr. Sclatek
beschrieben hat, in einer noch merkwürdigeren Weise. Bei der brillant gefärbten Pipm deliciosa sind die drei ersten Schwungfedern zweiter Ordnung' dickschäftig und nach dem Körper zu gekrümmt; bei der vierten und fünften (Fig. 45 a) ist die Veränderung grösser; und bei der sechsten und siebenten (b, c) ist der Schaft in einem ausserordentlichen Grade verdickt und bildet eine solide hornige Masse. Auch die Fahnen sind bedeutend in ihrer Form verändert in Vergleich mit den entsprechenden Federn (d, e, f) des Weibchens. Selbst die Knochen des Flügels, welche diese eigeiithümlichen Federn tragen, sollen beim Männchen, wie Mr. Fräser sagt, bedeutend verdickt sein. Diese kleinen Vögel bringen ein ausserordentliches Geräusch hervor. Der erste „scharfe Ton ist dem Knall einer Peitsche nicht unähnlich"56. Die Verschiedenartigkeit der sowohl durch die Stimmorgane als andere Werkzeuge hervorgebrachten Laute, welche die Männchen vieler Species während der Paarungszeit äussern, und die Verschiedenheit der
51 Jerdon, BWs of India. Vol. III, p. 61S, 621.
54 Gould, Tiitroilnction to the Trochilidae. 1861, p. 49. Salvin, I'roceetl. Zoolog. Soc. 1867, p. 160.
56 Sclater, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1860, p. 90 und in: Ibis, Vol. IV. 1862, p. 175; auch Salvin, in: Ibis, 1860, p. 37.
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Cap. 13. . Instrumentalmusik. 57
,3
1
Mittel zur Hervorbringung solcher Laute ist im hohen Grade merkwürdig. Wir erhalten hierdurch eine hohe Idee von ihrer Bedeutung zu sexuellen Zwecken und werden an dieselbe Folgerung erinnert, zu der wir in Bezug auf Aehnliches bei den Tnsecten gelangten. Es ist nicht schwer, sich die verschiedenen Stufen vorzustellen, durch welche die Töne eines Vogels, welche ursprünglich nur als ein blosser Lockruf oder zu irgend einem andern Zwecke gebraucht wurden, zu einem melodischen Lie-besgesang veredelt worden sein können. Dies ist etwas schwieriger, wo es sich um die Modifikation von Federn handelt, durch welche das Trommeln, Pfeifen oder die andern lauteren Geräusche hervorgebracht werden. Wir haben aber gesehen, dass einige Vögel während ihrer Brautwerbung ihr nicht modi-ficirtes Gefieder schütteln, rasseln oder erzittern machen und wenn die Weibchen veranlasst wurden, die besten Spieler zu wählen, so dürften diejenigen Männchen, welche die stärksten oder dicksten oder auch die am meisten verdünnten, an irgend einem beliebigen Theile des Körpers sitzenden Federn besasseu, die erfolgreichsten sein; und hiedurch können in langsamen Abstufungen die Federn beinahe in jeder Ausdehnung modificirt worden sein. Natürlich werden die Weibchen nicht jede unbedeutende aufeinanderfolgende Abänderung in der Form beachten, sondern nur die durch so veränderte Federn hervorgebrachten Laute. Es ist eine merkwürdige Thatsaehe, dass in derselben Classe von Thieren so verschiedenartige Laute sämmtlich den Weibchen der verschiedenen Species
d c f
Fig. 4j. Schwungfedern zweiter Ordnung von Pipra deUeiosa (nach S c 1 a t e r, in: Pi'oc. Zool. Soc. 1 Süll),
Die drei oberen Federn a, b, c vom Männchen, die droi untern d, e, f sind die entsprechenden Fodern vom Weibehen.
.1 und d, fünfte Schwungfeder zweiter Ordnung vom llännchen und Weibchen, obere Fläche; — b und e, sechste Schwungfeder, c und f, siebente Schwungfeder zweiter Ordnung, obere Fläche.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel..
IL Theil.
angenehm sein sollen, wie das Meckern der Bekassine mit ihrem Schwänze, das Klopfen des Spechtes mit dem Schnabel, das rauhe tromjietenartige Geschrei gewisser Wasservögel, das Girren der Turteltaube und der Gesang der Nachtigall. Wir dürfen aber den Geschmack der verschiedenen Arten nicht nach einem gleichförmigen Maassstabe beurtheilen; auch dürfen wir hierbei nicht den Maassstab des menschlichen Geschmacks anlegen. Selbst in Bezug auf den Menschen müssen wir uns daran erinnern, welche unharmonische Geräusche das Ohr der Wilden angenehm berühren, wie das Schlagen der Tamtams nnd die grellen Töne von Rohrpi'eifen, Sir S. Baker bemerkt57, dass „wie der Magen .der Araber das rohe Fleisch und die warm aus dem Thiere genommene „noch rauchende Leber vorzieht, so ziehe sein Ohr auch seine in glei-,cher Weise rauhe und unharmonische Musik aller andern vor."
Liebes geberden und Tänze. — Die merkwürdigen Liebesgeberden verschiedener Vögel, besonders der Gallinaceen, sind bereits gelegentlich erwähnt worden, so dass hier nur wenig hinzugefügt zu werden braucht. In Nordamerika versammeln sich grosse Mengen eines Waldhuhns, des Telrao pliasianellint, jeden Morgen während der Paarungszeit auf einem ausgewählten ebenen Flecke und hier laufen sie rund herum in einem Kreise von ungefähr fünfzehn oder zwanzig Fuss im Durchmesser, so dass der Boden vollständig kahl getreten wird, wie ein Elfcnriug. Bei diesen .lieblnihntänzen", wie sie von den Jägern genannt werden, nehmen die Vögel die fremdartigsten Stellungen an und laufen herum, einige nach links, einige nach rechts. Audubon beschreibt die Männchen eines Reihens (Ardea Iterodias), wie sie auf ihren langen Beinen mit grosser Würde vor ihren Weibchen herumstolziren und ihre Nebenbuhler herausfordern. Bei einem widerwärtigen Aasgeier (Culltartcs Jota) sind, wie derselbe Naturforscher augibt, „die Ge-„sticulationen und das Paradiren der Männchen im Anfange der Liebes-„zeit äusserst lächerlich". Gewisse Vögel führen ihre Liebesgeberden im Fluge aus, wie wir bei dem schwarzen afrikanischen Webervögel gesehen haben, und nicht auf der Erde. Während des Frühjahrs erhebt sich unser kleines Weisskehlchen (Stjlcia cinerea) oft wenige Fuss oder Yards über einem Gebüsche in die Luft und „schwebt mit einer verzückten und phantastischen Bewegung während der ganzen Zeit singend
37 The Nile Trihutaries of Abyssima. 1867, p. 203.
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Cap. 13. Liebesgebertal. 59
.darüber und senkt sich wieder auf seinen Kubcplat?/. Die grosse englische Trappe wirft sich, wie es Wolf dargestellt hat, in ganz unbeschreibliche wunderliche Stellungen, während sie das Weibchen umwirbt. Eine verwandte indische Trappe (OHs lieiiyalaisLs) „steigt in , solchen Zeiten senkrecht in die Luft mit einem eiligen Schlagen der ,Flügel, wobei sie ihren Federkamm erhebt, die Federn des Halses und .der Brust aufsträubt, und lässt sich dann auf den Boden nieder." Sie wiederholt dies Manöver mehrmals hintereinander und summt während der Zeit in einer eigenthümlicheii Weise. Die Weibchen, welche zufällig in der Nähe sind, „gehorchen jenen tanzenden Autforderungen," und wenn sie sich nähern, senkt sie ihre Flügel und breitet ihren Schwanz wie ein Truthahn aus 38.
Den merkwürdigsten Fall aber bieten drei verwandte Gattungen australischer Vögel dar, die berühmten Lanbenvögel — sämmtlich ohne Zweifel Nachkommen einer alten Species, welche zuerst den merkwürdigen Instiuct erlangte, sich zur Production ihrer Liebespantomimen kleine Lauben zu bauen. Die Lauben (Fig. 46), welche wie wir später noch sehen werden, mit Federn, Muschelschalen, Knochen und Blättern in hohem Grade decorirt sind, werden einzig zu dem Zwecke der Bewerbung auf die Erde gebaut, denn ihre Nester bauen sie auf Bäume. Beide Geschlechter helfen bei dem xVnfbauen dieser Lauben, aber das Männchen ist der hauptsächlichste Arbeiter daran. Dieser Instinct ist so stark, dass er selbst in der Gefangenschaft noch ausgeübt wird. Mr. Strange hat die Lebensweise einiger Atlas-Laubenvögel beschrieben59, welche er in seiner Voliere in Neu-Südwales sich hielt. „Eine-Zeit .lang jagt das Männchen das Weibchen durch die ganze Voliere, dann „geht es zu der Laube, pickt eine lebhaft gefärbte Feder oder ein grosses Blatt auf, stösst einen merkwürdigen Laut aus, richtet alle seine „Federn in die Höhe, läuft rund um die Laube herum und wird dabei „so aufgeregt, dass seine Augen fast aus dem Kopfe hcrauszuspringen
5s Wegen Telmo pTumtmeilm) s. Richardson, Fauna Hör. Americana. p. 361, und wegen weiterer Einzelnheiten Capt. Blakiston, Ibis, 1863, p. 125. In Bezug sm( ('«thartes und Arclea: Aiululion, Oniitliol. Biograph. Vol. II, p. 51 und Vol. III, p. 89. Ucbcr das Wcisskeliklieii s. Macgillivrajy Tlistory of British Birds, Vol. IT, p. 35t. Ueher die Indische Trappe: Jcrdon, Birds of India. Vol. III, p. 618.
">'' Gould, Ilandbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 444, 419, 455. Die Laube des Atlasvogels ist jederzeit im Zoologischen Garten in Begents Tark zu sehen.
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60 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Thcil.
„scheinen; unaufhörlich hebt es zuerst den einen Flügel, dann den an-„dern, stösst einen sanften, pfeifenden Ton aus und scheint, wie der
Fig. IG. Kragenvogel, Chlamydrra maculata, mit seiner Laube (aus B r Ohm, Thicrleben).
„Haushahu, irgend etwas von der Erde aufzupicken, bis zuletzt das „Weibchen sanften Muthes auf dasselbe zugeht." Captain Stokes hat die Lebensweise und die ,Spielhäuser" einer andern Art, nämlich des grossen Laubenvogels, beschrieben. Hier sah er, wie derselbe „vorlud rückwärts flog, eine Muschelschale abwechselnd von der einen, ,dann von der andern Seite aufnahm und. dieselbe in seinem Schnabel ,haltend, in die Pforte eintrat." Diese merkwürdigen Bauten, welche
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Cap. 13. Schmuck.
61
einzig und allein als Versammlungsräume aufgeführt werden, wo sich beide Geschlechter unterhalten und sieb den Hof machen, müssen den Vögeln viel Mühe kosten, so ist z. B. die Laube der braunbrüstigen Art beinahe vier Fuss lang, achtzehn Zoll hoch und auf einer dicken Lage von Stäben errichtet.
Schmuck. — Ich will zuerst die Fälle erörtern, in welchen die Männchen entweder ausschliesslich oder in einem viel bedeutenderen Grade geschmückt sind als die Weibchen, und in einem späteren Ca-pitel diejenigen, in denen beide Geschlechter in gleicher Weise geschmückt sind, und endlich die seltenen Fälle, in denen das Weibchen etwas glänzender gefärbt ist als das Männchen. Wie es mit den künstlichen Zierathen der Fall ist, welche wilde und civilisirte Menschen benutzen, so ist auch bei den natürlichen Zieratben der Vögel der Kopf der hauptsächlichste Gegenstand der Ausschmückung 60. Die Zieratheir sind, wie im Eiugange dieses Gapitels erwähnt wurde,, in einer wunderbaren Weise verschiedenartig, Die Schmuckfedern an der vorderen oder hinteren Seite des Kopfes bestehen aus verschieden geformten Federn und sind zuweilen einer Aufrichtung oder Ausbreitung fähig, wodurch ihre schönen Farben vollständig entfaltet wurden. Gelegentlich sind elegante Ohrbüschcl (s. Fig. 39, S. 49) vorhanden. Der Kopf ist zuweilen mit sammetartigon kurzen Federn bedeckt, wie beim Fasan, oder er ist nackt und lebhaft gefärbt oder trägt fleischige Anhänge, Fäden oder solide Protuberanzen. Auch die Kehle ist zuweilen mit einem Barte geschmückt oder mit Fleischlapper oder Karunkeln. Derartige Anhänge sind im Allgemeinen bei1 gefärbt und dienen ohne Zweifel als Zierathen, wenn sie auch nicht immer für unsere Augen ornamental sind. Denn während das Männchen sich im Acte des ITofmachens dem Weibchen gegenüber befindet, schwellen dieselben oft an und nehmen noch lebendigere Farben an, wie z. B. bei dem Truthahn. Zu solchen Zeiten schwellen die fleischigen Anhänge am Kopfe des männlichen Tragopan-Fasans (Ceriornis Temminckii) zu einem grossen Lappen an der Kehle und zu zwei Hörnern an, eines auf jeder Seite des glänzenden Federstutzes, und diese sind dann mit dem intensivsten Blau gefärbt, was ich je gesehen habe. Bei den afrikanischen Hornraben CBu-corax abyssini'cus) wird der scbarlachene blasenartige Fleischlappen
60 s. Bemerkungen in diesem Sinuc über das Gefühl für Schönheit hei den Thieren von J. Shaw im: Athenaeum, 21. Xov. 13GG, p. 081.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vogel.
11. Theil.
am Halse aufgeblasen, und der Vogel bietet dann mit seinen herabhängenden Flügeln und ausgebreitetem Schwänze „eine ganz grossartige ,Erscheinung' dar61. Selbst die Iris des Auges ist zuweilen beim Männchen glänzender gefärbt als beim Weibehen, und dasselbe ist häufig mit dem Schnabel der Fall, z. B. bei unserer gemeinen Amsel. Bei Buceros corrugatus sind der ganze Schnabel und der ungeheure Helm beim Männchen auffallender gefärbt als beim Weibchen, und „die schrägen Gruben an den Seiten der unteren Kinnlade sind dem männlichen „Geschlechte eigenthürnlich" 6~.
Die Männchen sind oft mit verlängerten Federn geschmückt, die von beinahe jedem Theile des Körpers entspringen können. Die Federn an der Kehle und der Brust sind zuweilen zu schönen Kragen und Halskrausen entwickelt. Die Schwanzfedern sind häufig sehr verlängert, wie wir an den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns und am Schwänze des Argnsfasans sehen. Der Körper dieses letzterwähnten Vogels ist nicht grösser als der eines Huhns; doch beträgt seine Länge von der Spitze des Schnabels bis zum Ende des Schwanzes nicht weniger als fünf Fuss drei Zoll63. Die Flügelfedern sind nicht entfernt so häufig verlängert als die Schwanzfedern, denn ihre Verlängerung würde den Act des Fliegens hindern. Doch sind die sehr schön mit Augenflecken gezierten Flügelfedern zweiter Ordnung des männlichen Argnsfasans nahezu drei Fuss lang, und bei einem kleinen afrikanischen Ziegenmelker (Cosmelornis cexillariiis) erreicht eine der Schwungfedern erster Ordnung während der Paarungszeit eine Länge von sechsundzwanzig" Zoll, während der Vogel selbst nur zehn Zoll lang ist. Bei einer andern nahe verwandten Gattung von Ziegenmelkern sind die Schäfte der verlängerten Flügelfedern nackt mit Ausnahme der Spitze, wo sie eine Scheibe tragen64. Ferner sind in einer andern Gattung von Ziegenmelkern die Schwanzfedern selbst noch ungeheurer entwickelt, so dass wir eine und dieselbe Art von Verzierung bei den Männchen nahe verwandter Vögel durch die Entwickelung sehr verschiedener Federn erreicht finden.
Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass die Federn von Vögeln,
61 Mr. Monteiro, in: Ibis, Vol. IV. 1SG2, p. 339. fi2 Land and Water, 1S6S, p. 217.
6:1 Jardine's Naturalist's Library: Eirds. Vol. XIV, p. 1GG. 61 Sclater, in: Ibis, Vol. VI. 18(54. p. 114. Liviugstone, Expedition to the Zambesi. 1SG5, p. GG.
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Cap. 18. Schmuck. 63
welche zu verschiedenen Gruppen gehören, in beinahe genau derselben eigenthümlichen AVeise modificivt woideu sind. So giud die Flügelfedern bei einem der oben erwähnten Ziegenmelker am ganzen Schafte nackt und endigen nur in einer Scheibe oder sie sind, wie es zuweilen genannt wird, löffel- oder spateiförmig. Federn dieser Art kommen am Schwänze eines Motmot Ci^i'mM}iota siipcrciliaris), eines Eisvogels, Finken, Koli-bri's, Papageien, mehrerer indischer Drongos (Dicrurus und Edolins, bei dem die Scheibe in einer Art senkrecht steht) und am Schwänze gewisser Paradiesvögel vor. Bei diesen letzteren Vögeln zieren ähnliche Federn, sehr schön mit Angenflecken verschen, den Kopf wie es gleichfalls bei einigen hfihnerartigen Vögeln der Fall ist. Bei einer indischen Trappe (Sypheotides aurilus) endigen die Federn, welche die Ohrbflschel, die ungefähr vier Zoll lang sind, bilden, gleichfalls in Scheiben e\ Die Fahnen der Federn sind bei verschiedenen sehr weit auseinanderstchenden Vögeln fadenförmig, wie bei einigen Keihera, Ibissen, Paradiesvögeln und hülmerartigen Vögeln. In andern Fällen verschwinden die Fahnen und lassen den Schaft nackt und dieser erreicht im Schwänze von Puradisea apoda eine Länge von vierunddreissigZoll °6. Werden kleinere Federn in dieser Weise nackt, so erscheinen sie wie Borsten, so z. B. an der Brust des Truthahns. Wie eine jede schwankende Mode in der Kleidung beim Menschen allmählich bewundert wird, so scheint auch bei Vögeln eine Veränderung beinahe jeder Art in der Structur oder der Färbung der Federn beim Männchen von dem Weibchen bewundert worden zu sein. Die Thatsache, dass die Federn in sehr weit von einander verschiedenen Gruppen in einer analogen Art und Weise modificirt worden sind, hängt ohne Zweifel ursprünglich davon ab, dass alle Federn nahezu dieselbe Structur und Entwickclungs-weisc haben und folglich auch in einer und der nämlichen Art und Weise zu variireu neigen. Wir sehen oft eine Neigung zu analoger Variabilität in dem Gefieder unserer domesticirten Vogelrassen, welche zu verschiedenen Species gehören. So sind Federbiische bei mehreren Species aufgetreten. Bei einer ausgestorbenen Varietät des Truthahns bestand der Federstutz aus nackten Schäften, welche von dnnenartigen Fadeiifedern überragt wurden, so dass diese in einem gewissen Grade den spateiförmigen, oben beschriebenen Federn ähnlich wurden. Bei"
115 ,TBrilon. Binls of Imlia. Vol. III, p. (S20.
Ii0 Wallace. in: Annais and Magaz. of Nat. Hist. Vol. XX. 1857, p. 416, und in seinem Malay Arcliipelago. Vol. II. 18(J'J, p. 390.
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64 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Tlieil.
gewissen Rassen der Taube und des Huhns sind die Federn fadenförmig, wobei die Schäfte eine gewisse Neigung haben, nackt zu werden. Bei der Sebastopolgans sind die Scliiilterfedern bedeutend verlängert, gekräuselt oder selbst spiral gedreht und haben fadige Ränder 6\
Es braucht hier kaum irgend etwas über die Färbung gesagt zu
Fig. 47. Pavaüiaea rubra, Männchen (aus Urelim, Thierleliüu).
werden, denn Jedermann weiss, wie glänzend die Farben der Vögel und wie harmonisch sie mit einander verbunden sind. Die Farben sind oft
6' s. mein Buch: Das Variiren der Tliiere und Pflanzen im Znstande der Domestication. Bd. 1, S. 3G0 und 365.
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Cap. 13. Schmuck. 65
metallisch und iridescirend. Kreisföinrige Flecke werden zuweilen von einer oder mehreren verschieden schatteten Zonen Hingehen und werden hierdurch in Äugenflecke verwandelt. Auch braucht nicht viel über die wunderbaren Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern oder von der ausserordentlichen Schönheit der Männchen vieler Vögel gesagt zu werden. Der gemeine Pfauhahn bietet hier ein auffallendes Beispiel
R./UNSR, Fig. 4S. Lfjphornis aniatus Männchen und Weibchen (aus It r e h m, Thierloben.)
dar. Weibliche Paradiesvögel sind düster gefärbt und entbehren aller Ornamente, während die Männchen wahrscheinlich die am allermeisten unter allen Vögeln und in so verschiedenen Weisen geschmückten Vögel sind, dass man sie sehen muss, um Alles würdigen zu können. Die
DARWIN, Abstammung. It. Zweite Auflagü. 5
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(5ß Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. The.il.
verlängerten und goldig-orangenen Schmuckfedern, welche von unterhalb der Flügel der Paradisea npoda entspringen (s. Fig. 47 Paradisea rubra, eine viel weniger schöne Species) werden, wenn -sie senkrecht aufgerichtet und zum Schwingen gebracht werden, als eine Art von Hof beschrieben, in dessen Mittelpunkt der Kopf „wie eine
Fig. 49. Spathura UnderuooiU, Männchen und Weibchen (aus Brehiu, Thierleben).
„kleine smaragdene Sonne erscheint, deren Strahlen von den beiden „Schmuckfedern gebildet werden" 6S. In einer andern ausserordentlichen
68 Citirt nach Mr. de Lafre snaye in: Annais and ilagaz. of Xat. Hist. Vol. XIIL 1854, p. 157. s. auch Mr. Wallace's viel ausführlichere Schilderung ebenda, Vol. XX. 1857, p. 412 und in seinem Malay Archipelago.
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Cap. 13.
Schmuck.
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Species ist der Kopf kahl und „von 'einem reichen Kobaltblau mit „mehreren Querrcihon von schwarzen, sammetartigen Federn" 69.
Mänunliche Kolibri's (Fig. 48 und 49) überbieten beinahe die Paradiesvögel in ihrer Schönheit, wie Jeder zugeben wird, welcher die prächtigen Abbildungen von Mr. Gould oder seine reiche Sammlung gesehen hat. Es ist sehr merkwürdig, in wie vielen verschiedenartigen Weisen diese Vögel verziert sind. Es ist beinahe von jedem Theile des Gefieders Vortheil gezogen worden durch besondere Modifikation desselben, und die Modifikationen sind, wie mir Mr. Gould gezeigt hat, in einigen Arten fast aus jeder Untergruppe zu einem wnnderbaren Extreme getrieben. Derartige Fälle sind denen merkwürdig gleich, welche wir bei unsern Liebhaberrassen sehen, welche der Mensch nur des Schmuckes wegen züchtet: gewisse Individuen variirten ursprünglich in einem Merkmale und andere Individuen, welche zu einer und derselben Species gehörten, in andern Merkmalen, und diese hat dann der Mensch aufgegriffen und bis zu einem extremen Punkte gehäuft. So geschah es mit dem Schwänze der Pfauentaube, der Haube des Jacobiners, dem Schnabel und den Fleischlappen der P>otentaube u. s. w. Die einzige Verschiedenheit zwischen diesen Fällen ist die, dass bei den einen die Entwickelung derartiger Merkmale das Resultat der vom Menschen ausgeübten Zuchtwahl ist, während sie in den andern, wie bei Kolibris, Paradiesvögeln u. s. w. eine Folge geschlechtlicher Zuchtwahl, d. li. der vom AVeibcheu vollzogenen Wahl der schöneren Männchen ist.
Ich will nur noch einen andern Vogel erwähnen, welcher wegen des ausserordentlichen Contrastes in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern merkwürdig ist, nämlich den berühmten Glöckner QChasmo-rhynchus nweus) von Südamerika, dessen Stimme in einer Entfernung von drei Meilen (miles) unterschieden werden kann und einen Jeden, der sie zuerst hört, in Erstaunen setzt. Das Männchen ist rein weiss, während das Weibchen schmutzig-grün ist, und die erstere Färbung ist bei Landvögeln massiger Grösse und von nicht aggressiven Gewohnheiten sehr selten. Auch hat das Männchen, wie Waterton beschrieben hat, ein spirales ßohr, welches beinahe drei Zoll lang ist und von der Basis des Schnabels entspringt. Es ist tief schwarz und über und über mit kleinen dunigen Federn bedeckt. Dieses Kohr kann mit Luft durch eine Communication mit dem Gaumen aufgeblasen werden und
Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1860, p. 405.
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68 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
wenn es nicht aufgeblasen ist, hingt es an ,der einen Seite herab. Die Gattung besteht aus vier Species, deren Männchen sehr verschieden sind, während die Weibchen, nach der Beschreibung von Mr. Sci,atek in einem äusserst interessanten Aufsatze, einander ausserordentlich ähnlich sind und hierdurch ein vorzügliches Beispiel der allgemeinen Kegel darbieten, dass innerhalb einer und derselben Gruppe die Männchen viel mehr von einander verschieden sind als die Weibchen, In einer zweiten Art (C. nitdicollis) ist das Männchen gleichfalls sclmeeweiss mit Ausnahme eines grossen Fleckes nackter Haut an der Kehle und rund um die Augen, welcher während der Paarungszeit von schöner grüner Farbe ist. In einer dritten Art (C. Iricaruiiculafns) sind nur der Kopf und Hals des Männchens weiss, der übrige Körper ist kastanienbraun ; auch ist das Männchen dieser Species mit drei fadenförmigen Vorsprüngen versehen, welche halb so lang als der Körper sind und von denen der eine von der Basis des Schnabels und die beiden andern von den Mundwinkeln entspringen70.
Das gefärbte Gefieder und gewisse andere Ornamente der Männchen im erwachsenen Zustande werden entweder für das Leben beibehalten oder periodisch während des Sommers und der Paarungszeit erneuert. Um diese Zeit wechseln der Schnabel nnd die nackte Haut um den Kopf häufig ihre Farben, wie es der Fall ist bei einigen Keiheru, Ibissen, Möven, einem der eben erwähnten Glöckner u. s. w. Bei dem weissen Ibis werden die Wangen, die ausdehnbare Haut der Kehle und der basale Theil des Schnabels carmoisinroth 71. Bei einer der Rallen (GalKcrex oristalusl entwickelt sich während derselben Zeit eine grosse rothe Caruukel am Kopfe des Männchens. Dasselbe ist mit einem dünnen hornigen Kamme auf dem Schnabel eines Pelikan'« (P. erylhrorhyn-chwQ der Fall; denn nach der Paarungszeit werden diese Hornkämme abgeworfen wie die Hörn er von den Köpfen der Hirsche; und das Ufer einer Insel in einem See in Nevada fand man mit diesen merkwürdigen Kesten ganz bedeckt72.
Veränderungen der Farbe im Gefieder je nach der Jahreszeit hängen erstens von einer doppelten jährlichen Mauserung, zweitens von
10 Sclater, in: The Intellectual Observer, .Tau. 1867. Waterton's Wandertags, p. 118. s. auch den interessanten Aufsatz von Salvin, mit einer Tafel, in: Ibis, 18G5, p. 90.
71 Land and Water, 18G7, p. 394.
12 D. G. Elliot, in: Proceed. Zoolog. Soc. 18G9, p. 5S9.
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ap. 13. Schmuck. 69
einer wirklichen Veränderung der Farbe in den Federn selbst und drittens davon ab, dass die dunkler gefärbten Ränder periodisch abgestos-sen werden, oder dass diese drei Vorgänge sich mehr oder weniger com-biniren. Das Abstossen der hinfälligen Ränder lässt sich mit dem Ab-stossen des Duiienkleides bei sehr jungen Vögeln vergleichen, denn die Dunen entstehen in den meisten Fällen von den Spitzen der ersten wirklichen Federn 73.
In Bezug auf die Vögel, welche jährlich einer zweimaligen Mauserung unterliegen, gibt es erstens einige Arten, z. B. Schnepfen, Brachschwalben (GlareolaeJ und Brach Schnepfen, bei welchen die beiden Geschlechter einander ähnlich sind und die Farbe zu keiner Zeit verändern. Ich weiss nicht, ob das Wintergefieder dicker und wärmer ist als das Sommergefieder, was, wenn keine Farbenveränderung eintritt, die wahrscheinlichste Ursache der doppelten Mauserung ist. Zweitens gibt es auch Vögel, z. B. gewisse Species von Totanus und andere Wadvögel, deren Geschlechter einander gleichen, aber deren Sommergefieder in unbedeutendem Grade von dem Wintergefleder verschieden ist. Indessen ist die Verschiedenheit der Farbe in diesen Fällen so unbedeutend, dass sie kaum ein Vortheil für die Vögel sein kann, und sie lässt sich vielleicht der directen Einwirkung der umgebenden Bedingungen zuschreiben, welchen die Vögel während der beiden verschiedenen Jahreszeiten ausgesetzt sind. Drittens gibt es viele andere Vögel, bei welchen die Geschlechter gleich sind, welche aber in ihrem Sommer- und Wintergefieder sehr verschieden sind. Viertens gibt es Vögel, deren Geschlechter in der Farbe von einander abweichen. Obgleich aber die Weibchen sich zweimal mausern, behalten sie doch dieselbe Färbung das ganze Jahr hindurch, während die Männchen eine Veränderung erleiden und zuweilen, wie bei gewissen Trappen, sogar eine grosse Veränderung in ihrer Färbung zeigen. Fünftens und letztens gibt es Vögel, deren Geschlechter sowohl im Winter- als im Sommergefieder von einander verschieden sind; aber das Männchen unterliegt einer grösseren Veränderung als das Weibchen bei jeder der wiederholt abwechselnd eintretenden Jahreszeiten, wofür der Kampfläufer (_Machetes pugnaxj ein gutes Beispiel darbietet.
Was die Ursache oder den Zweck der Verschiedenheiten in der Färbung zwischen dem Sommer- und Wintergefieder betrifft, so können
ri Xitzsch, Pterylography, ertited by P. L. Sclater. Kay Society. 1867, p. 14.
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70 Geschlechtlich« Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
dieselben in einigen Fällen wie bei dem Schneehuhn 14, während beider Jahreszeiten zum Schutz dienen. Ist die Verschiedenheit zwischen den beiden Gefiedern .unbedeutend, so kann sie vielleicht, wie bereits bemerkt, der directen AVirkung der Lebensbedingungen zugeschrieben werden; aber bei vielen Vögeln lässt sich kaum daran zweifeln, dass das Sommergefieder zum Schmucke dient, selbst dann, wenn beide Geschlechter einander gleich sind. Wir können wohl annehmen, dass dies bei vielen Reihern, Silberreihern u. s. w. der Fall ist, denn sie erhalten ihre schönen Schmuckfedern nur während der Paarungszeit.. Ueberdies sind derartige Schmuekfedem, Federstütze u. s. w., wenn sie auch beide Geschlechter besitzen, doch gelegentlich beim Männchen etwas stärker entwickelt als beim Weibchen und sie sind den Federn und andern Zierathen ähnlich, welche nur die Männchen bei andern A'ogeln besitzen. Es ist auch bekannt, dass Gefangenschaft dadurch, dass sie das Repro-ductivsystem männlicher Vögel afficirt, häufig die Entwickelung ihrer seeundären Sexnalcharactere hemmt, aber keinen unmittelbaren Einfluss auf irgend ein anderes Merkmal hat; auch hat mir Mr. Baktlett mit-getheilt, dass acht oder neun Exemplare von Trin</a Camlvs ihr schmuckloses AVintergefieder im' zoologischen Garten das ganze Jahr hindurch behielten, aus welcher Thatsache wir schliessen können, dass das Sommergefieder, wenn es auch beiden Geschlechtern gemein ist, von derselben Natur ist wie das ausschliesslich männliche Gefieder vielen andern Vögel75.
Aus den vorstehenden Thatsacheu und ganz besonders aus der, dass bei gewissen Vögeln keines der beiden Geschlechter während beider jährlicher Mauserungen die Farbe verändert oder sie nur so unbedeutend verändert, dass diese Aenderung ihnen kaum von irgendwelchem Nutzen sein kann,, und daraus, dass die Weibchen anderer Species zwar sich
,4 Das braune gefleckte Sommergefieder des Schneehuhns ist als Schutzmittel für dasselbe von genau so grosser Bedeutung als das weisse Wiiitcrgc-fleder; denn man weiss, dass in Scandinavien während des Frühlings, wenn der Schnee verschwunden ist, der Vogel einer Zerstörung durch Raubvögel sehr ausgesetzt ist, ehe er sein Sommerkleid erhalten hat. s. Wilhelm von Wright, in: Lloyd, Game Birds of Sweden. 18G7, p. 125.
,5 In Bezug auf die vorstehenden Angaben über Mauserung s. wegen der Bekassinen u. s. w. Macgillivray, Hist. Brit. Birds. Vol. IV, p. 371, über Glanola, Brachschnepfen und Trappen: Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 015, 630, 683, über Totcmus, ebenda p. 700, über die Schmuckfedern der Reiher, ebenda p. 738 und Maegitlivray, a. a. 0. Vol. IV, p. 435 und iU, und Mr Stafford Allen in: The Ibis. Vol. V. 18G3, p. 33.
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Cap. 13. Schmuck. 71
zweimal mausern, aber doch das ganze Jahr hindurch dieselben Farben beibehalten, können wir schliessen, dass die Gewohnheit sich im Jahre zweimal zu mausern nicht deshalb erlangt worden ist, dass das Männchen während der Paarungszeit einen ornamentalen (Jharacter erhalten soll, wir werden vielmehr zu der Annahme geführt, dass die doppelte Mauserung, welche ursprünglich zu irgend einem bestimmten Zwecke erlangt worden ist, später dazu benutzt wurde, in gewissen Fällen den Vögeln durch Erlangung eines Hochzeitsgefieders einen Vortheil zu gewähren. Es scheint auf den ersten Blick ein überraschender Umstand zu sein, dass bei nahe verwandten Vögeln einige Species regelmässig eine zweimalige jährliche Mauserung erleiden und andere nur eine einzige. Das Schneehuhn mausert sich z. B. zwei- oder selbst drei Mal im Jahre und das Birkhuhn nur einmal. Einige der glänzend gefärbten Honigvögel (Nectariniae) von Indien und einige Untergattungen dunkel gefärbter Pieper (Aittkus) haben eine doppelte Mauserung, während andere nur eine einmalige im Jahre haben76. Aber die Abstufungen in der Art und Weise der Mauserung, welche bei verschiedenen Vögeln bekanntlich vorkommen, zeigen uns, wie Species oder ganze Gruppen von Species ursprünglich ihre doppelte jährliche Mauserung erhalten haben dürften oder wie sie dieselbe, nachdem sie sie früher einmal erlangt hatten, wieder verloren haben. Bei gewissen Trappen und Eegenpfeifern ist die Frühjahrsmanserung durchaus nicht vollständig. Einige Federn werden erneuert und einige in der Farbe verändert. Wir haben auch Grund zu vermuthen, dass bei gewissen Trappen und rallenartigen Vögeln, welche eigentlich eine doppelte Mauserung erleiden, einige der älteren Männchen ihr Hochzeitsgefieder das ganze Jahr hindurch behalten. Einige wenige bedeutend modificirte Federn können während des Frühjahrs allein dem Gefieder hinzugefügt werden, wie es mit den scheibenförmigen Schwanzfedern gewisser Drongos (Bhvinga) in Indien und mit den verlängerten Federn am Rücken, Halse und mit dem Federkamme gewisser Keiher der Fall ist. Durch derartige Stufen kann die Frühjahrsmanserung immer vollständiger gemacht worden sein, bis eine vollkommene doppelte Mauserung erreicht wurde. Es lässt sich auch eine Abstufung nachweisen in der Länge der Zeit, während welcher jedes der jährlichen Gefieder beibehalten wird, so dass das eine endlich das ganze Jahr hin-
16 TJeber das Mausern des Schneehuhns s. Gould, Bircls of Grcat Britain. Uehei- die Honigvögel s. Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 35'J, 3ti5, 30'J. Ueber das Mausern von Anlhus s. Blyth, in: Ibis, 1867, p. 32.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
IL Theil.
durch behalten wird, während das andere vollständig verloren geht. So behält der Macheies pugnax seinen Kragen im Frühjahre kam« zwei Monate lang. "Der männliche Wittwenvogel (Chore pvogne) erhält in Natal sein schönes Gefieder und seine langen Schwanzfedern im De-cember oder Januar und verliert sie im März, so dass sie nur während ungefähr dreier Monate behalten werden. Die meisten Species, welche eine doppelte Mauserung erleiden, behalten ihre ornamentalen Federn ungefähr sechs Monate lang. Indessen behält das Männchen des wilden Gallus bankira seine Hals-Sichelfedern neun oder zehn Monate lang und wenn diese abgeworfen werden, treten die darunter liegenden schwarzen Federn am Halse völlig sichtbar, hervor. Aber bei den do-mesticirten Nachkommen dieser Art werden die Hals-Sichelfedern sofort durch neue wieder ersetzt, so dass wir hier in Bezug auf einen Theil des Gefieders sehen, wie eine doppelte Mauserung durch den Einflnss der Domestication in eine einfache Mauserung umgewandelt worden ist77. Der gemeine Enterich (Anas hoschas) verliert bekanntlich nach der Paarungszeit sein männliches Gefieder für eine Zeit von drei Monaten, während welcher Zeit er das Gefieder des Weibchens annimmt. Die männliche Spiessente (Anas arula) verliert ihr Gefieder für eine kürzere Zeit, nämlich für sechs "Wochen oder zwei Monate, und Montag« bemerkt, dass „diese doppelte Mauserung innerhalb einer so ,kurzen Zeit ein äusserst merkwürdiger Umstand ist, welcher allem ,menschlichen Nachdenken Trotz zu bieten scheint". Wer aber an die allmähliche Modification der Arten glaubt, wird durchaus nicht überrascht sein, Abstufungen aller Arten zu finden. Sollte die männliche Spiessente ihr neues Gefieder innerhalb einer noch kürzeren Zeit erhalten, so würden die neuen männlichen Federn beinahe nothwendig mit den alten sich vermischen und beide wieder mit einigen, die dem Weibchen eigentümlich sind; und dies ist allem Anscheine nach bei dem Männchen eines in keinem sehr entfernten Grade mit jenen ver-
" Wegen der vorstehenden Angabe in Bezug auf eine theihveise Mauserung und über die alten Männchen, welche ihr Hochzeitsgefieder behalten, s. Jerdon, über Trappen und Regenpfeifer in: Birds of India. Vol. III, p. 617, (137, 700, 711; auch Blyth, in: Land and Water, 1867, p. S4. Ueber die \rUlua: Ibis Vol. III. 1801, p. 133. Ueber die Drongos: Jerdon, a. a. 0. Vol. I, p. 435. Ueber die Frnhjahrsmauseruug des IleroiUas Inhalats s. Mr. S. S. Allen, in: Ibis, 1S63, p. 33. Ueber Gallus hemkmi s. Blyth, in: Annais and Magaz. of Xatur. Hist. Vol. !. 1848, p. 455. s. auch über diesen Gegenstand mein „Va-riiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication." Bd. 1, S. 292.
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Caii. 13. Schmuck. 73
wandten Vogels, nämlich bei dem des Mergamer serrator der Fall. Denn liier sagt man, dass die Männchen „eine Veränderung des Gefieders erleiden, welche sie in einem gewissen Maasse den Weibchen ähnlich ,macht." Durch eine unbedeutend weitergehende Beschleunigung des Vorgangs würde die doppelte Mauserung vollständig verloren gehen 78. Einige männliche Vögel werden, wie früher schon angegeben, im Frühjahre heller gefärbt, nicht durch eine Frühlingsmauserung, sondern entweder durch eine wirkliche Veränderung der Farbe in den Federn oder durch das Abstossen der dunkel gefärbten hinfälligen Bänder derselben. Die hierdurch verursachte Aenderung der Farbe kann eine ' längere oder kürzere Zeit andauern. Bei dem Pelecanus oiiocrolatus breitet sich ein schöner rosiger Hauch über das ganze Gefieder im Frühlinge aus, wobei citronengefärbte Flecke auf der Brust auftreten. Diese Färbungen halten aber, wie Mr. Sclaxek anführt, ..nicht lange „an, sondern verschwinden allgemein in ungefähr sechs Wochen oder »zwei Monaten, nachdem sie erlangt worden sind". Gewisse Finken stossen die Bänder ihrer Federn im Frühlings ab und werden hierdurch heller gefärbt, während andere Finken keine Veränderung dieser Art erleiden. So bietet die Fringüla tristis der Vereinigten Staaten (ebenso wie viele andere amerikanische Species) ihre hellen Farben nur dar, wenn der Winter vorüber ist, während unser Stieglitz, welcher jenen Vogel in der Lebensweise genau repräsentirt, und unser Zeisig, welcher demselben der Structitr nach noch näher entspricht, keine derartige Veränderung erleiden. Aber eine Verschiedenheit dieser Art im Gefieder verwandter Species ist nicht überraschend; denn bei dem gemeinen Hänfling, welcher zu derselben Familie gehört, zeigt sich die car-moisine Stirn und Brust in England nur während des Sommers, während diese Farben in Madeira das ganze Jahr hindurch behalten werden 79.
Entfaltung des Gefieders seitens der Männchen..— Die männlichen Vögel entfalten eifrigst Zierathen aller Arten, mögen diese
,R s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. V, p. 34, 70 und 223, über die Mauserung der Anatiden mit Citaten nach Waterton und Montag u. s. auch Yarrell, History of British Birds, Vol. III, p. 243.
'" lieber den Pelikan s. Sclater, in: Proceed. Zoolog. Soc. 18118, p. 2(15. lieber die Amerikanischen Finken, s. Audnbon, Ornitholog. Biograph. Vol. I, p. 174, 221, nnd Jerdon, Birds of Iudia, Vol. II, p. 383. Ueber die FringiUa cannabina von Madeira s. Mr. E. Vernon II arco urt, in: Ibis, Vol. V. 1863 p. 230.
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74 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
nun permanent oder nur zeitweise erlangt sein; und diese Ornamente dienen allem Anscheine nach dazu, die Weibchen aufzuregen oder anzuziehen oder zu bezaubern. Die Männchen entfalten aber auch diese Zierathen zuweilen, wenn sie sich nicht in der Gegenwart der Weibchen befinden, wie es gelegentlich mit den Waldhühnern auf ihren Balzplätzen geschieht und wie man auch bei dem Pfauhalme beobachten kann. Indessen wünscht dieser letztere Vogel sich offenbar irgend einen Zuschauer und zeigt selbst häufig seinen Schmuck, wie ich selbst oft gesehen habe, vor Hühnern, ja selbst vor Schweinen80. Alle Naturforscher, welche die Lebensweise der Vögel, gleichviel ob im Naturzustände oder in der Gefangenschaft, aufmerksam beobachtet haben, sind einstimmig der Ansicht, dass die Männchen ein Vergnügen darin finden, ihre Schönheit zu entfalten. Audubon spricht häufig von den Männchen, als versuchten sie in verschiedenen Weisen das Weibchen zu bezaubern. Mr. Gould beschreibt einige Eigenthümlichkeiten bei einem männlichen Kolibri und fährt dann fort, er zweifle nicht, dass er das Vermögen habe, diese Eigenthümlichkeiten auf das Vortheilhafteste vor dem Weibchen zu entfalten. Dr. .Teedon betont81, dass das schöne Gefieder des Männchens dazu diene, „das Weibchen zn bezaubern und „anzuziehen". Mr. Raetlett im zoologischen Garten drückt sich in demselben Sinne auf das Allerentschiedenste ans.
Es muss ein grossartiger Anblick in den Wäldern von Indien sein, plötzlich auf zwanzig oder dreissig Pfauhennen zu stosscn, vor denen „die Männchen ihre prachtvollen Behänge entfalten und in aller Pracht „ihres Stolzes vor den befriedigten Weibchen herumstolziren". Der wilde Truthahn richtet sein glitzerndes Gefieder auf, breitet seinen schön gebänderten Schwanz und seine quergestreiften Flügel feldern aus und bietet im Ganzen mit seinen prachtvollen cannoisinen und blauen Fleischlappen eine prächtige, wenn auch für unsere Augen groteske Erscheinung dar. Aehnliche Thatsachen sind bereits in Bezug auf die Waldhühner verschiedener Arten mitgetheilt worden. Wenden wir uns zu einer andern Ordnung: die männliche Rupicula crocea (Fig. 50) ist einer der schönsten Vögel in der Welt, nämlich von einem glänzenden Orange, wobei einige Federn merkwürdig abgestutzt sind und fadig auseinandergehen. Das Weibchen ist bräunlich-grün mit Roth schattirt
80 s. auch E. S. Dixon, Ornamental Poultry. 184S, p. 8.
81 Birds of India, Introdnction, Vol. 1, p. XXIV: über den Pfauliahn: Vol. III, p. 507. s. Gould, Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 15 uiid 111.
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und hat einen viel kleineren Federkamni. Sir R. Sühomburgk hat ihre Bewerbung beschrieben. Er fand einen ihrer Versammlungsplätzc, wo zehn Männchen nnd zwei Weibchen gegenwärtig waren. Der Platz war von vier bis fünf Fuss im Durchmesser und erschien so, als ob
Fig. 50. Itupicofa croceu, Männchen (aus ßrehra, ' Tbierleben).
er durch menschliche Hände von jedem Grashalm gereinigt und niedergeglättet wäre. Eines der Männchen ,hüpfte herum, offenbar zum Entzücken mehrerer anderer. Jetzt breitete es seine Flügel aus, warf „seinen Kopf in die Höhe oder öffnete seinen Schwanz wie einen Fächer, „jetzt stolzirte es herum mit einem hüpfenden Gange, bis es ermüdet
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
„war, wo es eine Art von Gesang anstimmte und von einem andern ,Männchen abgelöst wurde. So traten drei von ihnen nach einander „auf die Bühne und zogen sich dann mit Selbstzufriedenheit zu den „andern zurück." Die Indianer warten, um ihre Bälge zu erhalten, an einem dieser Vcrsammlungsplätze, bis die Vögel eifrig mit Tanzen beschäftigt sind, und sind dann im Stande, mit ihren vergifteten Pfeilen vier oder fünf Männchen eines nach dem andern zu tödten 82. Von den Paradiesvögeln versammeln sich ein Dutzend oder noch mehr im vollen Gefieder befindlicher Männchen auf einem Baume, um, wie es die Eingeborenen nennen, eine Tanzgesellschaft abzuhalten, nnd hier scheint der ganze Baum, wie Mr. Wallace bemerkt, von dem Umherfliegen der Vögel, dem Erheben ihrer Flügel, dem Auf- und Abschwingen ihrer ausgezeichneten Schimickfedern und dem Erzittern derselben, als sei er mit schwingenden Federn erfüllt. "Wenn sie hiermit beschäftigt sind, so werden sie so davon absorbirt, dass ein geschickter Bogenschütze fast die ganze Gesellschaft schiessen kann. Werden diese Vögel in Gefangenschaft auf dem malayischen Archipel gehalten, so sollen sie auf das Beinhalten ihrer Federn sehr viel Sorgfalt verwenden, breiten sie oft aus, untersuchen sie und entfernen jedes Pünktchen Schmutz. Ein Beobachter, welcher mehrere Paare lebend hielt, zweifelte nicht daran, dass die Entfaltung des Männchens dazu bestimmt war, dem Weibchen zu gefallen 83.
Der Goldfasan (Tlutunutlea pickt) breitet nicht bloss während seiner Brautwerbung seinen prächtigen Halskragen aus und erhebt ihn, sondern wendet ihn auch, wie ich selbst gesehen habe, schräg gegen das Weibchen hin, auf welcher Seite dieses auch stehen mag, offenbar damit eine grössere Fläche davon vor demselben entfaltet werde *'. Mr. Baktlett hat ein männliches Poh/pleciron (Fig. 51) im Acte der Brautwerbung beobachtet und hat mir ein Exemplar gezeigt, welches in der Stellung ausgestopft wurde, die es bei jenem Acte einnahm. Der Schwanz und die Flügelfedern dieses Vogels sind mit wunderschönen Augen-
82 Journal of the Roy. Geograph. Soc. Vol. X. 1840, p. 236.
81 Aunals and Magaz. of Natur. Ilist. Vol. XIII. 1854, p. 157, auch Wallace, ebenda. Vol. XX. 1857, p. -112, und The llalay Arehipelago, Vol. II. 1809, p. 252; auch Dr. Renne», citirt von Brehm, Tbierleben. Bd. 3, S. 320.
1-4 Mr. T. W. Wood hat im „Student", April, 1870, p. 115, eine ausführliche Schilderung der Art und Weise dieser Entfaltung gegeben, welche er die laterale oder einseitige nennt; es bietet sie der Goldfasan und der Japanische Fasan dar, Ph. versicolor. *
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flecken verziert, ähnlich denen auf dein Schwänze des Pfanliahns. Wenn nun der Pfauhahn sich präsentirt, so breitet er den Schwanz aus und richtet ihn quer zu seinem Körper in die Höhe, denn er steht vor dem Weibchen und hat zu derselben Zeit seine lebhaft gefärbte blaue Kehle und Brust zu zeigen. Aber die Brust des Polyplectrou ist dunkel ge-
V\g. 51. Pülyphctvon chinquis, Männchen (.aus liruhui. Thierlüben).
färbt und die Augenflecke sind nicht .auf die Schwanzfedern beschränkt. In Folge dessen steht das Pohjphctron nicht vor dem Weibchen, sondern es richtet seine Schwanzfedern etwas schräg auf und breitet sie in dieser Richtung aus, wobei es auf derselben Seite auch den Flügel
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ausbreitet und den der entgegengesetzten Seite erhebt. In dieser Stellung sind die Augenflecke über den ganzen Körper vor den Augen des bewundernden AYeibchens in einer grossen fütternden Fläche entwickelt. Auf welche Seite sich auch das Weibchen wenden mag, die ausgebreiteten Flügel und der schräg gehaltene Schwanz werden nach ihm hin gedreht. Der männliche Tragopan-Fasan handelt fast in derselben Weise; denn er richtet die Federn seines Körpers in die Höhe, wenn auch nicht gerade den Flügel selbst, und zwar auf der Seite, welche der entgegengesetzt ist, wo das Weibchen sich findet, und welche daher sonst verborgen wäre, so dass fast alle die schön gefleckton Federn zu einer und derselben Zeit gezeigt werden.
Bei dem Argusfasan ist die Sache noch auffallender. Die ungeheuer entwickelten Schwungfedern zweiter Ordnung, welche auf das ' Männchen beschränkt sind, sind mit einer Reihe von zwanzig bis drei-nndzwanzig Augenflecken verziert, jeder über einen Zoll im Durchmesser haltend. Die Federn sind auch elegant mit schrägen dunklen Streifen und Reihen von Flecken gezeichnet, ähnlich denen an der Haut des Tigers und eines Leoparden in Verbindung. Die Augenflecke sind so schön schattirt, dass, wie der Herzog von Argtll bemerkt 8~°, sie wie eine lose in eiuer Aushöhlung liegende Kugel erscheinen. Als ich aber das Exemplar im British Museum mir betrachtete, welches mit ausgebreiteten und abwärts hängenden Flügeln ausgestopft ist, war ich sehr enttäuscht, denn die Augenflecken erscheinen glatt oder selbst coneav. ludess erklärte mir Mr. Guold die Sache sehr bald, denn er hatte eine Zeichnung von einem Männchen gemacht, während dasselbe sich vor dem Weibchen präsentirte. Zu solchen Zeiten werden die langen Schwungfedern zweiter Ordnung in beiden Flügeln senkrecht aufgerichtet und ausgebreitet, und diese stellen dann in Verbindung mit den enorm verlängerten Schwanzfedern einen grossen halbkreisförmigen, aufrechten Fächer dar. Sobald nun die Schwungfedern in dieser Stellung gehalten werden und das Licht von oben auf sie fallt, tritt die volle Wirkung der Schattirnng zu Tage und jeder Augenfleck gleicht sofort jenem ornamentalen Motive, das man Kugel- und Sockel-Verzierung nennt. Diese Federn sind mehreren Künstlern gezeigt worden, und alle haben ihre Bewunderung über die vollkommene Schattirung ausgedrückt. Man darf wohl fragen, ob solche künstlerisch schattirte Verzierungen durch
85 The Reign of Law, 18G7, p. 203.
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Cap. 13. Entfaltung lies männlichen Schmucks. 79
die Thätigkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl gebildet sein können. Es wird aber zweckmässig sein, die Antwort auf diese Frage bis dahin zu verschieben, wenn wir im nächsten Capitel von dem Principe der stufenweisen Entwickelung sprechen.
Die Schwungfedern erster Ordnung, welche bei den meisten hühner- , artigen Vögeln gleichförmig gefärbt sind, stellen beim Argusfasan nicht weniger wundervolle Objecte dar als die der zweiten Ordnung. Sie siud von einer weichen, braunen Färbung mit zahlreichen dunklen Flecken, von denen jeder aus zwei oder drei schwarzen Flecken mit einer umgebenden dunklen Zone besteht. Aber die hauptsächlichste Verzierung besteht in einem parallel dem dunkelblauen Schafte laufenden Räume, welcher in seiner Contour eine vollkommene zweite Feder darstellt, welche innerhalb der wahren Feder drin liegt. Dieser innere Theil ist heller kastanienbraun gefärbt und ist dicht mit äusserst kleinen weissen Punkten gefleckt. Ich habe diese Federn mehreren Personen gezeigt, und viele haben sie selbst noch mehr bewundert als die Kugel-nnd Sockel-Federn und haben erklärt, dass sie mehr einem Kunstwerke als einem Naturgegenstände glichen. Diese Federn werden nun bei allen gewöhnlichen Veranlassungen gänzlich verborgen, werden aber vollständig entfaltet, wenn die laugen Schwungfedern erster Ordnung aufgerichtet werden, freilich in einer sehr verschiedenen Weise. Denn sie werden vor jenen ausgebreitet wie zwei kleine Fächer oder Schilder, und zwar eines auf jeder Seite der Brust nahe dem Boden.
Der Fall bei dem männlichen Argusfasan ist ausserordentlich interessant, weil er einen guten Beleg dafür darbietet, dass die raffinir-teste Schönheit nur als Reizmittel für das "Weibchen dienen kann und zu keinem andern Zwecke. Dass dies der Fall ist, müssen wir folgern, da die Schwungfedern erster Ordnung niemals entfaltet werden und die Kugel- und Sockel-Verzierung niemals in ganzer Arollkommenheit gezeigt wird, ausgenommen, wenn das Männchen die Stellung der Brautwerbung annimmt. Der Argusfasan besitzt keine brillanten Farben, so dass sein Erfolg bei der Bewerbung von der bedeutenden Grösse seiner Zierfcdern abgehangen zu haben scheint, ebenso wie von der Ausführung der elegantesten Zeichnungen. Viele werden erklären, dass es vollkommen unglaublich ist, dass ein weiblicher Vogel im Stande sein sollte, feine Schattirungeu und ausgezeichnete Zeichnungen zu würdigen. Es ist zweifellos eine merkwürdige Thatsache, dass das Weibchen diesen beinahe menschlichen Grad von Geschmack besitzen soll, doch bewundert
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dasselbe vielleicht mein- die allgemeine Wirkung als jedes besondere Detail. Wer der Ansicht ist, mit Sicherheit die Unterscheidungskraft und den Geschmack der niederen Thiere abschätzen zu können, mag läugnen, dass der weibliche Argusfasan solche ausgesuchte Schönheit würdigen kann; er wird aber dann gezwungen sein zuzugeben, dass die ausserordentlichen Stellungen, welche das Männchen während des Actes der Bewerbung annimmt und durch welche die wunderbare Schönheit seines Gefieders vollständig zur Entfaltung kommt, zwecklos sind, und dies ist eine Schlüssfolgerung, welche ich für meinen Theil wenigstens niemals zugeben kann.
Obgleich so viele Fasanen und verwandte hiihnerartige Vögel sorgfältig ihr schönes Gefieder vor den Weibchen entfalten, so ist es doch merkwürdig, dass dies, wie mir Mr. Bartlett mittheilt, bei den trübe gefärbten Ohren- und Wallich'schen Fasanen (Crossoplilon aiiritum und Phasiamis Wallirhü) nicht der Fall ist; es scheinen daher diese Vögel sich dessen bewusst zu sein, dass sie wTenig Schönheit zu entfalten im Stande sind. Mr. Bartlktt hat niemals gesehen, dass die Männchen einer dieser beiden Species mit einander kämpften, obschon er nicht so gute Gelegenheit gehabt hat, den Wallich'scheii Fasan zu beobachten als den Ohrenfasan. Auch findet Mr. Jenner Weir , dass alle männlichen Vögel mit reichem oder scharf characterisirtem Gefieder zanksüchtiger sind als die trübe gefärbten Arten, welche zu denselben Gruppen gehören. Der Stieglitz ist z. B. viel zanksüchtiger als der Hänfling, und die Amsel zanksüchtiger als die Drossel. Diejenigen Vögel, welche in den verschiedenen Jahreszeiten eine Veränderung des Gefieders erleiden, werden in der Periode, wo sie am lebhaftesten geziert sind, gleichfalls viel kampflustiger. Ohne Zweifel kämpfen auch die Männchen einiger dunkel gefärbten Vögel verzweifelt mit einander, aber es scheint doch, als ob in den Fällen, wo die geschlechtliche Zuchtwahl von grossem Einflüsse gewesen ist und den Männchen irgend einer Species helle Farben gegeben hat, dieselbe dann auch den Männchen eine starke Neigung zum Kämpfen verliehen hätte. Wir werden nahe analoge Fälle noch zu verzeichnen haben, wenn wir von den Säugethieren reden werden. Auf der andern Seite sind bei Vögeln das Vermögen des Gesangs und brillante Färbungen selten von den Männchen einer und derselben Species zusammen erlangt worden. In diesem Falle würde aber der dadurch erlangte Vortheil ganz genau derselbe gewesen sein, nämlich Erfolg beim Bezaubern des Weibchens. Nichtsdestoweniger muss znge-
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geben werden, dass die Männchen mehrerer brillant gefärbter Vögel ihre Federn speciell zu dem Zwecke modificirt haben, Instrumentalmusik hervorzubringen, obschon die Schönheit dieser letzteren, wenigstens unserem Geschmacke nach, nicht mit der Vocalinusik vieler Singvögel verglichen werden kann.
Wir wollen uns nun zu denjenigen männlichen Vögeln wenden, welche in keinem sehr hohen Grade verziert sind, welche aber doch nichtsdestoweniger während ihrer Brautwerbung das was sie nur irgend an Anziehuiigsmitteln besitzen, zur Entfaltung bringen. Diese Fälle sind in manchen Beziehungen noch merkwürdiger als die in dein Vor-' stehenden erörterten und sind nur wenig beachtet worden. Ich verdanke die folgenden Thatsachen, welche aus einer grossen Menge werthvoller Notizen ausgezogen sind, der Güte des Mr. Jenxek Weir, welcher lange Zeit Vögel vieler Arten, mit Einschluss aller britischen Fringil-liden und Emberiziden, gehalten hat. Der Gimpel macht seine Annäherungsversuche, indem er vor dem Weibchen steht, bläst seine Brust auf, so dass viel mehr von den carmoisinen Federn auf einmal zu sehen sind als es sonst der Fall sein würde, und zu derselben Zeit dreht und biegt er seinen schwarzen Schwanz von der einen nach der andern Seite hin in einer lächerlichen Art und Weise. Auch der männliche Buchfink steht vor dem Weibchen und zeigt dabei seine rothe Brust und seinen aschblauen Kopf und Nacken. Die Flügel werden zu derselben Zeit leicht erhobeu, wobei die rein weissen Binden auf den Schultern auffallender werden. Der gemeine Hänfling dehnt seine rosige Brust aus, erhebt leicht seine braunen Flügel und den Schwanz, so dass er durch Darstellung ihrer weissen Ränder sie offenbar noch am besten verwerthet. Wir müssen indessen vorsichtig sein, wenn wir schliessen wollen, dass die Flügel nur zur Entfaltung ausgebreitet werden, da dies manche Vögel thun, deren Flügel nicht schön sind. Dies ist der Fall mit dem Haushahn, doch ist es hier stets der Flügel auf der dem Weibchen entgegengesetzten Seite, welcher ausgebreitet und gleichzeitig auf dem Boden hingefegt wird. Der männliche Stieglitz benimmt sich von allen andern Finken ganz verschieden. Seine Flügel sind schön, die Schultern sind schwarz und die schwarzen Flügelfedem mit AVeiss gefleckt und mit Goldgelb gerändert. Wenn er dem Weibchen den Hof macht, schwingt er seinen Körper von der einen Seite nach der andern und dreht seine leicht ausgebreiteten Flügel schnell herum, zuerst auf die eine, dann auf die andere Seite, wobei ein goldener Glanz über sie fällt. Wie Mr.
AUtfWlX, Abstammung. II. Zweite Auflage. G
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II. Thcil.
Weir mir mittheilt, dreht sich kein anderer britischer Pinke während seiner Bewerbung in dieser Weise von Seite zu Seite, nicht einmal der nahe verwandte männliche Zeisig tlmt es, denn er würde dadurch nichts zu seiner Schönheit zufügen.
Die meisten der britischen Aminern sind einfach gefärbte Vögel. Im Frühjahre erhalten aber die Federn auf dem Kopfe des männlichen Rohrsperlings (Emberina sclweniclus) eine schöne schwarze Farbe durch Abstossung der grauen Spitzen, und diese werden während des Actes der Bewerbung aufgerichtet. Mr. Weir hat zwei Arten von Amadina aus Australien gehalten. Die A. castanoiis ist ein sehr kleiner und bescheiden gefärbter Finke mit einem dunklen Schwänze, weissem Eumpfe und glänzend schwarzen oberen Schwanzdeckfedern, von welchen letzteren jede einzelne mit drei grossen, auffallenden, ovalen, weissen Flecken gezeichnet ist 86. Wenn das Männchen dieser Species das Weibchen umwirbt, breitet es leicht diese zum Theil gefärbten Schwanzdeckfedern ans und macht sie in einer sehr eigenthümlichen Weise erzittern. Die männliche Amadina Lathami benimmt sich sehr verschieden hiervon, indem sie ihre brillant gefärbte Brust und ihren scharlachenen Rumpf und die scharlachenen oberen Schwanzdeckfedern vor dem Weibchen entfaltet. Ich will hier nach Dr. Jerdon hinzufügen, dass der indische Bnlbul (PycnoRolus haemorrhous) carmoishirothe untere Schwanzdeckfedern hat, und die Schönheit dieser Federn kann, wie man denken möchte, niemals gut entfaltet werden. „Wird aber der Vogel erregt, „so breitet er sie oft seitwärts aus, so dass sie selbst von oben ge-,sehen werden können" 87. Die gemeine Taube hat iridescirende Federn an der Brust, und ein Jeder muss ja gesehen haben, wie das Männchen seine Brust aufbläst, während es das Weibchen umwirbt, und dabei diese Federn auf das Vorteilhafteste zeigt. Eine der schönen bronze-flügeligen Tauben von Australien (Ocyphaps hphotes) benimmt sich, wie mir Mr. Weih es beschrieben hat, sehr verschieden. Während das Männchen vor dem Weibchen steht, senkt es seinen Kopf fast bis auf die Erde, breitet den Schwanz aus und erhebt ihn senkrecht und breitet auch seine Flügel halb aus. Es hebt dann abwechselnd den Körper in die Höhe und senkt ihn wieder langsam, so dass die iridescirenden
»« Wegen der Beschreibung dieser Vögel s. G o u 1 il, üandbook to the Birds of Austrat«. Vol. I. 18Ö5, p. 417. 87 Birds of India. Vol. II, p. 9G.
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Cap. 13. Entfaltung Jos männlichen Schmucks. 83
metallisch glänzenden Federn alle auf einmal zu sehen sind und in der Sonne glitzern.
Es sind nun hinreichende Tliatsachen mitgetheilt worden, welche zeigen, mit welcher Sorgfalt männliche Vögel ihre verschiedenen Reize entfalten und wie sie dies mit dem grössten Geschicke thun. Während sie ihre Federn ausputzen, haben sie häufig Gelegenheit sich selbst zu bewundern und zu studiren, wie sie ihre Schönheit am besten darbieten können. Da aber sämmtliche Männchen einer und der nämlichen Spe-cies sich in genau derselben Art und Weise produciren, so scheint es, als seien doch vielleicht zuerst absichtliche Handlungen instinetive geworden. Wenn dies der Fall ist, so dürfen wir die Vögel nicht be-wnsster Eitelkeit beschuldigen; und doch scheint uns, wenn wir einen Pfauhahn mit ausgebreiteten und erzitternden Schwanzfedern umher-stolzireu sehen, derselbe das lebendige Abbild von Stolz und Eitelkeit zu sein.
Die verschiedenen Zierathen, welche die Männchen besitzen, sind gewiss von der grössten Bedeutung für dieselben, denn sie sind in einigen Fällen auf Kosten des bedeutend eingeschränkten Flug- oder Laufvermögens erlangt worden. Der afrikanische Ziegenmelker (Cos-metornis), welcher während der Paarungszeit eine seiner Schwungfedern erster Ordnung zu einem Fadenanhange von ausserordentlicher Länge entwickelt hat, wird hierdurch in seinem Fluge aufgehalten, obschon er zu andern Zeiten seiner Schnelligkeit wegen merkwürdig ist. Die „un-„geheure Grösse" der Schwungfedern zweiter Ordnung des männlichen Argusfasan beraubt, wie man sagt, „den Vogel fast vollständig des „Vermögens zu fliegen". Die schönen Schmuckfedern männlicher Paradiesvögel stören sie während eines starken Windes. Die ausserordentlich langen Schwanzfedern der männlichen Wittwenvögel (Vidita) von Südafrika machen „ihren Flug schwer", sobald dieselben aber abgeworfen sind, fliegen sie so gut wie die Weibchen. Da Vögel stets brüten, wenn die Nahrung reichlich vorhanden ist, so erleiden die aMännchen wahrscheinlich nicht viel Unbequemlichkeiten beim Suchen von Nahrung in Folge ihres gehinderten Bewcgungsvermögens. Es lässt sich aber kaum zweifeln, dass sie viel mehr der Gefahr ausgesetzt sind, von Raubvögeln ergriffen zu werden. Auch können wir daran nicht zweifeln, dass das lange Behänge des Pfanhahns und der lange Schwanz und die langen Schwungfedern des Argusfasans sie viel leichter zu einer
Beute für irgend eine raubgierige Tigerkatze machen müssen, als es
G*
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
sonst der Fall wäre. Selbst die hellen Farben vieler männlichen Vögel müssen sie selbstverständlich für ihre Feinde aller Arten auffallender machen. AVahrschcinlich sind aber, wie Mr. Gould bemerkt hat, solche Vögel allgemein von einer scheuen Disposition, als oh sie sich dessen bewusst wären, dass ihre Schönheit eine Quelle der Gefahr für sie ist; auch sind sie viel schwerer zu entdecken und zu beschleichen als ihre dunkel gefärbten und vergleichsweise zahmen Weibchen oder als ihre jungen und noch nicht geschmückten Männchen s8.
Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass die Männchen einiger Vögel, welche mit speciellen AVaflen für den Kampf ausgerüstet und im Naturzustände so karapfsüchtig sind, dass sie oft einander tödten, darunter leiden, dass sie gewisse Zierathen besitzen. Kampf hahnzüchter stutzen die Sichelfedern und schneiden die Kämme und Fleischlappen ihrer Hähne ab, und dann, sagt man, sind die Vögel „abgestumpft". Ein „nichtgestumpfter" (undubbed) Vogel ist, wie Mr. Tegetmeier betont, „in einem ungeheuren Nachtheile. Der Kamm und die Fleisch-Klappen bieten dem Schnabel seines Gegners einen leichten Halt dar, „und da ein Hahn allemal schlägt wo er hält, wenn er einmal seinen „Feind ergriffen hat, so hat er ihn dann vollständig in seiner Gewalt. „Selbst angenommen, dass der Vogel nicht getödtet wird, so ist der „Verlust an Blut, den ein nichtgestumpfter Hahn erleidet, viel bedeutender als der, welchem ein gestumpfter Hahn ausgesetzt ist* 89. Junge Truthähne ergreifen während ihrer Kämpfe sich einander bei den Fleischlappen, und ich vermuthe, dass die alten Vögel in derselben Weise kämpfen. Man könnte vielleicht einwerfen, dass der Kamm und die Fleischlappen nicht zur Zierde dienen und den Vögeln auf diese Weise nicht von Nutzen sein können; aber selbst für unsere Augen wird die Schönheit des glänzend schwarzen spanischen Hahns durch sein weisses Gesicht und den carmoisinen Kamm bedeutend erhöht, und Jeder, der nur irgend einmal die glänzend blauen Fleischlappen dos
88 lieber den Cosmetornis s. Livingstone, Expedition to the Zambesi, 1865, p. 6G. Ueber den Argus-Fasan s. Jardine, Naturalist's Library: Birils. Vol. XIV, p. 1G7. Ueber Paradiesvögel: Lesson, citirt von P,rehm, Thierleben, Bd. 3, S. 325. Ueber den Wittwenvogel s. Barrow, Travels in Afriea. Vol. I, p. 243, und Ibis, Vol. III. 1SG1, p. 133. Mr. Gould, über das Scheuscin männlicher Vögel in: Handbook to the Binls of Australia. Vol. I. 18G5, p. 210, 457.
89 Tegetmeier, The Poultry Book. 18GG, p. 139.
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Cap. 13. Entfaltung des männlichen Sclimucks. 83
männlichen Tragopan-Pasans gesehen hat, wenn er sie während der Brautwerbung ausdehnt, kann auch nicht einen Moment /.weifein, dass das in ihrer Eiitwickelung verfolgte Ziel die Schönheit sei. Aus den vorstehend mitgetheilten Thatsachen sehen wir deutlich, dass die Zierfedern und andere Sclmmckarten des Männchens von der grössten Bedeutung für dasselbe sein müssen; und wir sehen ferner, dass Schönheit in einigen Fällen selbst von grösserer Bedeutung ist als ein Erfolg beim Kampfe.
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Vierzehntes Capitel.
Vögel (Fortsetzung).
Wahl seitens der Weibchen. — Dauer der Bewerbung. — Niclitgepaarte Vögel. — Geistige Eigenschaften und Geschmack für das Schöne. — Vorliebe für, oder Antipathie gegen gewisse Männchen seitens der Weibchen. — Variabilität der Vögel. — Abänderungen zuweilen plötzlich auftretend. — Gesetze der Abänderung. — Bildung der Augenflecken. — Abstufungen der Charactere. — Pfauhahn, Argus-Fasan und Urosticte.
Wenn die Geschlechter in Bezug auf die Schönheit ihrer Erscheinung, auf ihr Gesangsvermögen oder auf das Vermögen das zu produ-ciren, was icli Instrumentalmusik genannt habe, von einander abweichen, so ist es beinahe unveränderlich das Männchen, welches das Weibchen übertrifft. Wie wir soeben gesehen haben, sind diese Eigenschaften offenbar für das Männchen von höchster Bedeutung. "Werden sie nur für einen Theil des Jahres erlangt, so geschieht dies immer kurz vor der Paarungszeit. Es ist das Männchen allein, welches mit Sorgfalt seine verschiedenartigen Anziehungsmittel entfaltet und oft fremdartige Geberden auf dem Boden oder in der Luft in Gegenwart des Weibchens ausführt. Jedes Männchen treibt alle seine Nebenbuhler fort oder tödtet dieselben, wenn es kann. Wir können daher folgern, dass es die Absicht des Männchens ist, das Weibchen dazu zu veranlassen, sich mit ihm zu paaren, und zu diesem Zwecke versucht es, dasselbe auf verschiedenen Wegen zu reizen und zu bezaubern; dies ist auch die Meinung aller Derer, welche die Lebcnsgewohnheiten der Vögel sorgfältig studirt haben. Es bleibt aber hier eine Frage übrig, welche eine äusserst bedeutungsvolle Tragweite in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl hat, nämlich: reizt jedes Männchen einer und derselben Species gleichmässig das Weibchen und zieht es dasselbe gleichmässig an? oder übt das Letztere eine Wahl aus und zieht dieses gewisse Männchen vor? Diese Frage kann in Folge zahlreicher directer und indirecter Belege bejahend beantwortet werden. Viel schwieriger ist zu entscheiden, welche Eigenschaften die Wahl der Weibchen bestimmen. Aber auch hier wiederum
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Cap. 14. Dauer der Brautwerbung. 87
haben wir einige directe und indirecte Beweise dafür, dass in grossem Maasse das Anziehende der äusseren Erscheinung des Männchens es ist, welches liier in's Spiel kommt, obschon ohne Zweifel seine Kraft, sein Muth und andere geistige Eigenschaften desselben in Betracht kommen. Wir wollen mit den indirecten Beweisen beginnen.
Dauer der Brautwerbung. — Die Dauer der meist längeren Periode, während welcher beide Geschlechter gewisser Vögel Tag für Tag sich auf einem bestimmten Platze treffen, hängt wahrscheinlich zum Theil davon ab, dass die Bewerbung eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit ist, zum Theil von der Wiederholung des Paarungsactes. So dauert in Deutschland und Scandinavien das Balzen oder die Leks der Birkhähne von der Mitte des März durch den ganzen April bis in den Mai hinein. Bis vierzig oder fiinfzig oder selbst noch mehr Vögel versammeln sich auf den Leks und ein und derselbe Platz wird häufig während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Das Balzen des Auer-hahus dauert von Ende März bis in die Mitte oder selbst das Ende des Monats Mai. In Nordamerika dauern „die Kebhuhntänze" des Tetrao pkasiaiiellus ,einen Monat oder noch länger". Andere Arten von Waldhühnern sowohl in Nordamerika als im östlichen Sibirien ' haben dieselben Gewohnheiten. Die Hühnerjäger entdecken die Hügel, wo die Kampfläufer sich versammeln, daran, dass das Gras niedergetreten ist, und dies weist daraufhin, dass derselbe Fleck lange Zeit frequentirt wird. Die Indianer von Guyana kennen die abgeräumten Kampfplätze sehr wohl, wo sie die schönen Waldhühner zu finden erwarten können, und die Eingeborenen von Neu-Guinea kennen die Bäume, wo sich zehn bis zwanzig in vollem Gefieder befindliche männliche Paradiesvögel versammeln, In diesem letzteren Falle ist nicht ausdrücklich angegeben, dass die Weibchen sich auf denselben Bäumen einfinden, aber wenn die Jäger nicht speeiell darnach gefragt werden, werden sie wahrscheinlich deren Anwesenheit nicht erwähnen, da ihre Bälge werthlos sind. Kleine Abtheilungen eines afrikanischen Webervogels (Ploceus) versammeln sich während der Paarungszeit und führen
1 Nordmann beschreibt (Bullet. Soc. lmp. des Natur, de Moscou, 1861, Tom. XXXIV, p. 264) das Balzen des Tetrao nroyaUoides in dein Amur-Lande. Er schätzt die Zahl der sich versammelnden Männchen auf über ein Hundert ohne die Weibchen, welche in den umgebenden Sträuchern verborgen liegen, mitzuzählen. Die dabei ausgestossenen Geräusche weichen von denen des T. itro-tjallus oder des Auerhahns ab.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
stundenlang ihre graziösen Evolutionen aus. Die grosse Recassiue (Scolopax major) versammelt sich während der Dämmerung in grossen Zahlen in einem Sumpfe, und ein und derselbe Ort wird zu demselben Zwecke während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Hier kann man sie umherfliegen sehen, „ wie so viele grosse Ratten", mit ausgebreiteten Federn, ihre Flügel schlagend und die fremdartigsten Geschreie ausstossend2.
Einige der oben erwähnten Vögel, nämlich der Birkhahn, der Auerhahn, der Tetrao phasianellus. der Kampfläufer, die grosse Becas-sine und vielleicht noch einige andere leben, wie man annimmt, iu Polygamie. Bei solchen Vögeln hätte mau glauben können, dass die stärkeren Männchen einfach die schwächeren forttreiben und dann sofort sich in den Besitz so vieler Weibchen als möglich setzen würden. Wenn es aber für das Männchen unerlässlicli ist, das Weibchen zu reizen oder demselben zu gefallen, so können wir den Grund der längeren Dauer der Bewerbung und der Versammlung so vieler Individuen beider Geschlechter an demselben Orte wohl verstehen. Gewisse Species, welche in strenger Monogamie leben, halten gleichfalls Hochzeitszusammonkünfte. Dies scheint in Scaudinavien mit einem der Schneehühner der Fall zu sein; und deren Leks dauern von Mitte März bis Mitte Mai. In Australien errichtet der Leyervogel oder Menura superba kleine runde Hügel und die JB. Alberti scharrt sich flache Höhlen aus oder, wie sie von Eingeborenen genannt werden, Probirplätze, wo sich, wie man annimmt, beide Geschlechter versammeln. Die Versammlungen der Menura superba sind zuweilen sehr gross und neuerdings hat ein Reisender eine Schilderung veröffentlicht 3, wonach er in einem unter ihm befindlichen Thale, welches dicht mit Strauchwerk bedeckt war, „ein Klingen hörte, „welches ihn vollständig in Erstaunen versetzte". Als er in die Nähe hinkroch, erblickte er zu seiner Verwunderung hundertundfünfzig der prachtvollen Leyervogel „in förmlicher Schlachtordnung aufgestellt und „mit unbeschreiblicher Wuth kämpfend." Die Lauben der Laubenvögel sind Zufluchtsorte beider Geschlechter während der Paarungszeit; und „hier treffen sich die Männchen und streiten mit einander um die Gunst-
1 In Bezug auf die Versammlungen der oben erwähnten Waldhühner s. Brehm, Thicrlehen, Bd. 4, S. 350; auch L. Lloyd, Game Birds of Sweden, 1866, p. 19, 78. Richard son, Fauna Bor. Americana. Birds, p. 362. Verweisungen in Bezug auf die Versammlungen anderer Vögel sind früher gegehen worden. Ueber Paradisea s. Wallace, in: Annais and Magaz. of Natur. Hist, 2. Ser. Vol. XX, 1857, p. 412. Ueber die Becassinen: Lloyd, a. a. 0. p. 221.
3 citirt von T. W. Wood, in: „Student", April 1870, p. 125.
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Cap. 14. Niclitgepaarte Vögel. 89
,bezeiguiigen der Weibchen, und hier versammeln sich die Letzteren „und kokettiren mit den Männchen." Bei zweien der Gattungen wird dieselbe Laube während vieler Jahre besucht 4.
Die gemeine Elster (Cornis pica L.) pflegt sich, wie mir Mr. Darwin Fox mitgetheilt hat, aus allen Tlieilen des Delamere-Waldes her zu versammeln, um „die grosse Elsternhochzeit" zu feiern. Vor einigen Jahren waren diese Vögel in ausserordentlich grosser Anzahl vorhanden, so dass ein Wildwart an einem Morgen neunzehn Männchen und ein anderer mit einem einzigen Schusse sieben Vögel von einem Sitze zusammen schoss. Während sie so zahlreich waren, hatten sie die Gewohnheit, sich sehr zeitig im Frühjahre an besonderen Orten zu versammeln, wo man sie in Haufen seilen konnte, schwatzend, zuweilen mit einander kämpfend und geschäftig in den Bäumen hin und her Biegend. Die ganze Angelegenheit wurde offenbar von den Vögeln als eine äusserst wichtige angesehen. Kurz nach der Versammlung trennten sie sich alle, und Mr. Fox beobachtete dann, ebenso wie Andere, dass sie sicli mm für das ganze Jahr paarten. In einem Bezirke, in welchem eine Species nicht in grosser Anzahl oxistirt, können selbstverständlich keine grossen Versammlungen dieser Art abgehalten werden und eine und die nämliche Species mag auch in verschiedenen Ländern verschiedene Lebensweisen haben. So habe ich z. B. niemals irgend eine Schilderung regelmässiger Versammlungen der Birkhühner in Schottland gelesen, und trotzdem sind diese Versammlungen in Deutschland und Scan-dinavien so wohl bekannt, dass sie besondere Namen erhalten haben.
Niclitgepaarte Vögel. — Aus den hier mitgetheilten That-sachen können wir schliessen, dass bei Vögeln, welche zu sehr verschiedenen Gruppen gehören, die Bewerbung oft eine sehr langdauernde delicate und mühsame Angelegenheit ist. Es ist selbst Grund zu der Vermuthung vorhanden, so unwahrscheinlich dies auf den ersten Blick erscheinen wird, dass immer einige Männchen und Weibchen der nämlichen Species, welche denselben Bezirk bewohnen, einander nicht gefallen und in Folge dessen sich auch nicht paaren. Viele Schilderungen sind veröffentlicht worden, wonach entweder das Männchen oder das Weibchen eines Paares geschossen und sehr schnell durch ein anderes ersetzt worden ist. Dies ist bei der Elster häufiger beobachtet worden
4 Gould, Hamlbook of Birds of Australia, Vol. I, p. 300, 308, 448, 451. Ueber das Schneehuhn, was oben erwähnt wurde, s. Lloyd, a. a. 0., p. 129.
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als bei irgend einem anderen Vogel, vielleicht in Folge ihrer auffallenderen Erscheinung und ihres leichter sichtbaren Nestes. Der berühmte Jknnek führt an, dass in Wiltshire ein Individuum eines Paares jeden Tag, und zwar nicht weniger als sieben Male hintereinander geschossen wurde, aber trotz alledem ohne Erfolg; denn die übrigbleibende Elster „fand sehr bald einen anderen Gefährten," und das letzte Paar zog die Jungen auf. Allgemein wird ein neuer Gatte am folgenden Tage gefunden; aber Mr. Thompson führt einen Fall an, wo ein Gatte schon am Abend desselben Tages wieder ersetzt wurde. Selbst nachdem die Eier ausgebrütet sind, wird, wenn einer der alten Vögeln getödtet wird, häufig ein neuer Gefährte gefunden. Dies geschah nach einem Verlaufe von zwei Tagen in einem vor Kurzem von einem von Sir J. Lübbock's Jiigeru beobachteten Falle 5. Die erste und augenfälligste Venuuthung ist die, dass männliche Elstern bedeutend zahlreicher sein müssen als weibliche und dass in den oben erwähnten Fällen ebenso wie in noch vielen anderen, die noch angeführt werden könnten, allein die Männchen getödtet wurden. Dies gilt allem Anscheine nach für einige Beispiele. Denn die Wildwarte im Delamere-Forst versicherten Mr. Fox, dass die Elstern und Krähen, welche sie früher nach und nach in grosser Zahl in der Nähe ihrer Nester schössen, sämmtlich Männchen waren, und sie erklärten dies durch die That-sache, dass die Männchen leicht getödtet werden, während sie den auf den Nestern sitzenden Weibchen Nahrung zubringen. Indessen führt Macgilliveay nach der Autorität eines ausgezeichneten Beobachters ein Beispiel auf, wo drei auf einem und demselben Neste hintereinander geschossene Elstern sämmtlich Weibchen waren, und dann noch einen andern Fall an, wo sechs Elstern hintereinander getödtet wurden, während sie auf denselben Eiern sassen, was es wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die meisten von ihnen Weibchen waren, obschon, wie ich von Mr. Fox höre, auch das Männchen auf den Eiern sitzt, wenn das Weibchen getödtet ist.
Sir J. Lübbock's Wildwart hat wiederholt, aber wie oft konnte er nicht sagen, eines von einem Paare von Eichelhähern (Garrithts ylan-darius) geschossen und kurze Zeit nachher das überlebende Individuum ausnahmslos wieder gepaart gefunden. Mr. W. D. Fox, Mr. F. Bond
5 Ueber Elstern s. Jenner, in: Thilosoph. Trausact., 1824, p. 21. Mac-gillivray, History of British Birds, Vol. I, ji. 570. Thompson, in: Amials and Magax. of Katar. Hist., Vol. VIII, 1842, p. 494.
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Cap. 14. Nichtgepaarte Vögel. 9 t
und Andere haben eine von einem Paare Krähen (Corvus corone) geschossen, aber bald darauf war das Nest wieder von einem Paare be-wohut. Diese Vögel sind im Allgemeinen häufig; aber der Wanderfalke (Falco peregrinns) ist selten, und doch führt Mr. Thompson an, dass in Irland, „wenn entweder ein altes Männehen oder ein Weibchen .in „der Paarungszeit getödtet wird, was kein ungewöhnlicher Umstand „ist, binnen sehr wenigen Tagen ein neuer Gefährte gefunden wird, so „dass ungeachtet solcher Zufälligkeiten die Horste doch mit Sicherheit „die gehörige Zahl Junge ergeben." Mr. Jenner Weir. bat in Erfahrung gebracht, dass dasselbe auch mit dem Wanderfalken in Beachy-Head eintritt. Derselbe Beobachter theilt mir mit, dass drei Thurm-falken, und zwar sämmtlieh Männchen (Falco tinniinculus), einer nach dem andern geschossen wurden, während sie ein und dasselbe Nest besuchten. Zwei von diesen waren in erwachsenem Gefieder und der dritte im Gefieder des vorhergehenden Jahres. Selbst in Bezug auf den seltenen Goldadler (Afjviia chri/saclos) versicherte ein zuverlässiger Wildwart in Schottland dem Mr. Birkreck, dass wenn einer getödtet werde, sich bald ein anderer finde. So ist auch in Bezug auf die Schleiereule (Slrix flammen) beobachtet worden, dass der überlebende Vogel sehr leicht wieder einen Gatten fand und also durch die Tödtung nichts erreicht war.
White von Solborne, welcher den Fall von der Eule anführt, fügt hinzu, dass er einen Mann gekannt habe, welcher die männlichen Keb-hühner schoss, weil er glaubte, dass die Pärchen durch die Kämpfe der Männchen gestört würden; und trotzdem er ein und dasselbe Weibchen mehrere Male zur Wittwc gemacht habe, so wäre es doch stets sehr bald mit einem neuen Gatten versehen gewesen. Derselbe Naturforscher liess die Sperlinge, welche die Ilausschwalben ihrer Nester beraubten, schiessen; aber der Uebrigbleibende, „mochte es nun ein Männ-'„chen oder ein Weibchen sein, verschaffte sich sofort einen neuen „Gatten und so mehrere Male hintereinander." Ich könnte analoge Fälle in Bezug auf den Buchfinken, die Nachtigall und das Rothschwänzchen anführen. In Bezug auf den letzteren Vogel (Phoenicnra niticilla) bemerkt der Verfasser, dass derselbe durchaus nicht häufig in der Gegend gewessen sei, und er drückt sein grosses Erstaunen darüber aus, wie das auf dem Neste sitzende Weibchen so bald mit Erfolg zu erkennen geben konnte, dass es verwittwet sei. Mr. Jenner Weir hat einen ganz ähnliehen Fall gegen mich erwähnt. In Blackheath sah
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er weder jemals den wilden Gimpel noch hörte er seinen Gesang und doch, wenn eines seiner in Käfigen gehaltenen Männchen gestorben war, kam im Verlaufe weniger Tage ein wildes Männchen herbei und Hess sich in der Nähe des verwittweten Weibchens nieder, dessen Lockruf durchaus nicht laut ist. Ich will nur noch eine einzige weitere That-saehe nach der Autorität desselben Beobachters anfuhren, Einer von einem Staarpaare (Stvmus vulgaris) wurde am Morgen geschossen; am Mittag war ein neuer Gefährte gefunden; dieser wurde wiederum geschossen; aber noch vor Einbruch der Nacht war das Pärchen wieder complet, so dass die untröstliche Wittwe oder der betreffende Wittwer während eines und desselben Tages sich dreimal zu trösten wusste. Mr. Enuleheart theilt mir gleichfalls mit, dass er mehrere Jahre hindurch einen von einem Staarpärchen zu schiessen pflegte, welches in einer Hölile in einem Hause in Blackheath baute; aber der Verlust war immer sofort wieder ersetzt. Während des einen Jahres hielt er sich eine Liste und fand, dass er fünfiinddreissig Vögel von einem und demselben Neste geschossen hatte. Unter diesen befanden sich sowohl Männchen als Weibchen, aber in welchem Verhältnisse konnte er nicht sagen. Trotz aller dieser Zerstörung aber wurde doch eine Brut herangezogen *>.
Diese Thatsachen sind gewiss merkwürdig. Woher kommt es, dass so viele Vögel bereit sind, sofort einen verlorenen Gatten zu ersetzen? Elstern, Eichelhäher, Krähen, liebhühner und einige andere Vögel sieht man während des Frühjahrs niemals allein, und diese bieten auf den ersten Blick den allerverwirrendsten Fall dar. Es leben aber auch Vögel eines und desselben Geschlechts, welche also selbstverständlich nicht eigentlich gepaart sind, zuweilen in Paaren oder in kleinen Gesellschaften, wie es bekanntlich mit Tauben und Kebhühnern der Fall ist. Es leben auch Vögel zu Dreien, wie bei den Staaren, Krähen, Papageien und Kebhühnern beobachtet worden ist. Von Kebhühnern ist bekannt geworden, dass zwei Weibehen mit einem Männchen und auch umgekehrt zwei Männchen mit einem Weibchen leben.
0 Ueber den "Wanderfalken s. Thompson, Natur. Ilistory of Ireland: Birds, Vol. I, 1840, p. 39. Ueber Eulen, Sperlinge und Rebhühner s. White, Natur. Ilistory of Seiborne, Ausgabe von 1825, Vol. 1, p. 139. Ueber die Thocnicura s. Loudon's llagaz. of Natur. Ilist., Vol. VII, 1834-, p. 245. Brelim, (Thier-leben, Bd. 4, S. 991) erwähnt gleichfalls mehrere Fälle, wo sich Vögel während eines und desselben Tages dreimal von ueuem paarten.
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Cap. 14. Nichtgepaarte Vögel. 93
In allen solchen Fällen ist wahrscheinlich die Verbindung sehr leicht zu lösen. Die Männchen gewisser Vögel kann man gelegentlich ihren Liebesgesang anstimmen hören lange nachdem die eigentliche Zeit vorüber ist, was dafür spricht, dass sie entweder ihre Gattin verloren oder niemals eine solche erlangt haben. Der Tod eines von einem Paare, sei es durch Zufall oder in Folge von Krankheit, wird den anderen Vogel frei und ledig zurücklassen, und es ist Grund zu der Ver-muthung vorhanden, dass weibliche Vögel während der Paarungszeit ganz besonders einem zeitigen Tode zu unterliegen neigen. Ferner werden Vögel, deren Nester zerstört wurden, oder unfruchtbare Paare oder verspätete Individuen leicht veranlasst werden sich neu zu paaren und werden wahrscheinlich froh sein, alle die Freuden und Pflichten des Aufziehens von Nachkommen auf sich zu nehmen, wenn auch diese nicht ihre eigenen sind7. Derartige Zufälligkeiten erklären wahrscheinlich die meisten der im Vorstehenden angeführten Fälle 8. Nichtsdestoweniger ist es eine befremdende Thatsache, dass innerhalb eines und desselben Bezirkes während der Höhe der Paarungszeit so viele Männchen und Weibchen immer in Bereitschaft sein sollten, den Verlust des gepaarten Vogels wieder zu ersetzen. Warum paaren sich solche einzeln gebliebene Vögel nicht sofort mit einander? Haben wir nicht
7 s. White, (Natur. History of Seiborne, 1825. Vol. I, p. 140) über das Vorkommen kleiner Brüten männlicher Rebhühner zeitig im Jahre, von welcher Thatsache ich noch andere Beispiele habe anführen hören, s. Jenner, über den zurückgebliebenen Zustand der Generationsorgane bei gewissen Vögeln, in: Philosoph. Transaet., 1824. In Bezug auf Vögel, welche zu Dreien leben, verdanke ich Mr. Jenner Weh' die Mittheilnng der Fälle vom Staare und den Papageien, und Mr. Fox den von den Rebhühnern. Ueber Krähen s. „The Field," 1808, p. 415. Ueber das Singen verschiedener Vögel noch nach der eigentlichen Zeit s. L. Jenyns, Ohvervations in Natural History, 184G, p. 87.
8 Nach der Autorität des Honor. 0. W. Forest er hat Mr. J. 0. Morris den folgenden Fall mitgetheilt (The Times, Aug. C, 1868). „Der Wildwart hier „fand in diesem Jahre ein Habiehtsnest mit fünf Jungen darin. Er nahm vier „davon und tödtete sie, liess aber einen mit gekappton Flügeln übrig um als Lock-„vogel beim Zerstören der Alten zu dienen. Diese wurden beide am nächsten „Tage geschossen, als sie damit beschäftigt waren, den jungen zu füttern; und der „Wärter glaubte, die Sache sei abgemacht. Den nächsten Tag kam er wieder „und fand zwei andere mitleidige Habichte, welche mit Adoptivgefühlen herbeigekommen waren, dem Waisenkinde zu helfen. Diese beiden wurden wieder geschossen und das Nest verlassen. Als er später wiederkehrte, fand er zwei „weitere mitleidige Individuen hei ihrem WohlthätigkeitsgeseMft. Einen von die-„sen tödtete er; den andern schoss er gleichfalls, konnte ihn aber nicht finden. „Nun kam keiner wieder zu diesem unfruchtbaren Werke".
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9.j Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. IL Theil.
einige Veranlassung, liier zu vermuthen (und auf diese Vermuthung ist auch Mr. Jenner Weir gekommen), dass ebenso wie der Act der Bewerbung bei vielen Vögeln eine sich in die Länge ziehende und langweilige Angelegenheit zu sein scheint, es auch gelegentlich eintritt, dass gewisse Männchen und Weibchen während der eigentlichen Zeit heim Anregen der Liebe zu einander keinen Erfolg haben und in Folge dessen sich auch nicht paaren ? Diese Vermuthung wird etwas weniger unwahrscheinlich erscheinen, nachdem wir gesehen haben, welche starke Antipathien und Bevorzugungen weibliche Vögel gelegentlich in Bezug auf besondere Männchen äussern.
Geistige Eigenschaften der Vögel und ihr Geschmack für das Schöne. — Ehe wir die Frage weiter erörtern, ob die Weibchen die anziehenderen Männchen sich auswählen oder das erste beste annehmen, das ihnen zufällig begegnet, wird es gerathen sein, kurz die geistigen Kräfte der Vögel in Betracht zu ziehen. Ihr Verstand wird allgemein und vielleicht mit Recht als gering geschildert; doch Hessen sich einige Thatsachen mittheilon9, welche zu dem entgegengesetzten Schlüsse führen. Ein geringes Vermögen des Nachdenkens ist indess, wie wir es .beim Menschen sehen, mit starken Affectionen, scharfer Wahrnehmung und Geschmack für das Schöne ganz gut verträglich, und mit diesen letzteren Eigenschaften haben wir es gerade hier zu thun. Es ist oft gesagt worden, dass Papageien so innig an einander hängen, dass wenn der eine stirbt der andere eine lange Zeit hindurch sicli grämt. Mr. Jenner Weir glaubt aber, dass in Bezug auf die meisten Vögel die Stärke ihrer Zuneigung bedeutend übertrieben worden ist. Nichtsdestoweniger hat man gehört, dass wenn einer von einem Paare im Zustande der Freiheit geschossen worden ist, der Ueber-lebende tagelang nachher noch einen klagenden Ton ausgestossen hat, und Mr. St. John theilt verschiedene Thatsachen mit''", welche die Anhänglichkeit gepaarter Vögel an einander beweisen. Docli können,
9 Mr. Yarrell gibt z. B. an (History of British Birds, Vol. III, 1845, p. 5S5), dass eine Mövo nicht im Stande war, einen kleinen Vogel zu verschlingen, der ihr gegeben war. Die Möve „hielt einen Augenblick inue und lief dann, als hätte „sie sich plötzlich besonnen, in grösster Eile zu einem Becken mit Wasser, schüttelte den Vogel däsm, bis er ordentlich durchweicht war und schluckte ihn nun „sofort hinunter. Seit dieser Zeit nahm sie unabänderlich in ähnlichen Fällen „ihre Zuflucht zu demselben Auskunftsmittel."
'" A Tour in Southorlandshire, Vol. I, 1849, p. 1S5.
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Cap. 14. Geistige Eigenschaften. 95
wie wir gesehen haben, Staare dreimal im Verlaufe eines und desselben Tages über den Verlust ihres Gatten getröstet werden. Im zoologischen Garten haben Papageien ihre früheren Herren nach einem Verlaufe von mehreren Monaten deutlich wiedererkannt. Tauben haben ein so ausgezeichnetes Ortsgedächtniss, dass man in Erfahrung gebracht hat, dass sie zu ihren früheren Heimstätten nach einem Verlaufe von neun Monaten wieder zurückgekehrt sind; und doch höre ich von Mr. Harrison Weir, dass, wenn ein Pärchen, welches seiner Natur nach zeitlebens verbunden geblieben sein würde, während des Winters für einige Wochen getrennt und mit anderen Vögeln gepaart wird, die Beiden, wenn sie wieder zusammengebracht werden, selten, wenn überhaupt je, sich einander wiedererkennen.
Vögel zeigen zuweilen wohlwollende Gefüllte; sie füttern die verlassenen Jungen selbst verschiedener Arten. Dies könnte man aber vielleicht für einen MisgrilT ihres Instincts halten. Sie füttern auch, wie in einem früheren Tlieile dieses Buches gezeigt wurde, erwachsene Vögel ihrer eigenen Species, welche blind geworden sind. Mr. Buxton gibt eine merkwürdige Schilderung eines Papageien, welcher die Sorge um einen vom Prost getroffenenen und verkrüppelten Vogel einer verschiedenen Species auf sich nahm, seine Federn reinigte und ihn gegen die Angriffe der anderen Papageien vertheidigte, welche zahlreich in seinem Garten herumschwärmten. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass diese Vögel, wie es scheint, eine gewisse Sympathie mit den Freuden ihrer Genossen empfinden. Als ein Paar Cacadus ein Nest in einen Akazienbaum bauten, „war es förmlich lächerlich, das , extravagante Interesse zu beobachten, welches die anderen Individuen „derselben Species an diesem Geschäfte nahmen". Diese Papageien zeigten auch eine unbändige Neugier und hatten offenbar „die Idee von „Eigenthiim und Besitz" ll.
Vögel besitzen eine scharfe Beobachtungsgabe. Ein jeder gepaarte Vogel erkennt natürlich seinen Genossen. Audubon führt an, dass von den Spottdrosseln der Vereinigten Staaten (Mimus pohjyhüus) eine gewisse Zahl das ganze Jahr hindurch in Louisiana bleibt, während die andern nach den östlichen Staaten auswandern. Diese Letzteren werden bei ihrer Kückkehr sofort wieder erkannt und von ihren südlichen Brüdern angegriffen. Vögel in der Gefangenschaft erkennen
11 C. Buxton, Acclimatization of Farrots, in: Annals and Magaz. of Natur. Hist., Nov. 1SG8, p. 381.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
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verschiedene Personen, wie durch die starke und dauernde Antipathie oder Zuneigung, welche sie ohne irgend eine scheinbare Ursache gegen gewisse Individuen zeigen, bewiesen wird. Ich habe von zahlreichen Beispielen hierfür bei Eichelhähern, "Rebhühnern, Ganarienvögeln und ganz besonders bei Gimpeln gehört. Mr. Hussey hat es beschrieben, in welcher ausserordentlichen Weise ein gezähmtes Rebhuhn Jedermann erkannte; und seine Zu- und Abneigung war sehr stark. Dieser Vogel schien „lebhafte Farben sehr gern zu haben und man konnte kein „neues Kleid anziehen und keinen neuen Hut aufsetzen, ohne seine Aufmerksamkeit zu fesseln12." Mr. Hewitt hat die Lebensweise einiger Enten (directe Nachkommen noch wilder Vögel) sorgfältig beschrieben, welche bei der Annäherung eines, fremden Hundes oder einer Katze sich kopfüber in's AVasser stürzten und sich in Versuchen zu entfliehen erschöpften. Sie kannten aber Mr. Hewitt's eigene Hunde und Katzen so gut, dass sie sich dicht bei ihnen niederlegten und in der Sonne wärmten. Sie zogen sich immer vor einem fremden Menschen zurück und thaten dasselbe auch vor der Dame, welche sie pflegte, so oft sie irgend eine bedeutende Veränderung in ihrem Air/uge vorgenommen hatte. Audubon berichtet, dass er einen wilden Truthahn aufzog und zähmte, welcher vor jedem fremden Hunde ausriss. Dieser Vogel entfloh in die Wälder, und einige Tage später sah Audubon, wie er glaubte, einen wilden Truthalm und liess seinen Hund ihn jagen. Aber zu seinem Erstaunen lief der Vogel nicht weg und als der Hund an ihn herankam, griff er den Vogel nicht an, sondern sie erkannten sich beide als alte Freunde wieder 13.
Mr. Jenner Weir ist überzeugt, dass Vögel den Farben anderer Vögel besondere Aufmerksamkeit zuwenden, zuweilen aus Eifersucht und zuweilen als Zeichen von Verwandtschaft. So that er einen Rohrsperling (Enibcriza schoeniclus), welcher seinen schwarzen Kopf bekommen hatte, in seine Voliere, und der neue Ankömmling wurde von keinem Vogel weiter beachtet, ausgenommen von einem Gimpel, welcher gleichfalls einen schwarzen Kopf hat. Dieser Gimpel war ein sehr ruhiger Vogel und hatte sich noch nie zuvor mit einem seiner Kameraden gezankt, mit Einschluss eines andern Rohrsperlings, welcher aber
12 The Zoologist, 1847—1848, p. 1G02.
13 Hewitt, über wihle Enten, in: Journal of Horticulture, Jan. 13, 1SG3, p. 39. Andnbon, über den wilden Truthahn, in: Ornitholog. Biography, Vol. I. p. 14, über die Spottdrossel, ebenda Vol. I, p. 110.
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Cap. 14.
Geschmack für das Schöne.
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seinen schwarzen Kopf noch nicht erhalten hatte. Aber der Rohrsperling mit dem schwarzen Kopfe wurde so unbarmherzig behandelt, dass er wieder entfernt werden musste. Mr. Wkir war auch gezwungen, ein Rothkehlchen zu entfernen, da es alle Vögel, die nur irgend etwas Roth in ihrem Gefieder hatten, aber keine andern Arten, wüthend angriff. Es tödtete factisch einen rothbrüstigen Kreuzschnabel und tödtete beinahe einen Stieglitz. Auf der andern Seite hat er beobachtet, dass einige Vögel, als sie zuerst in seine Voliere gebracht wurden, nach den Arten hinflogen, welche ihnen am meisten in der Farbe glichen, und sich ruhig an ihrer Seite niederliessen.
Da männliche Vögel mit so viel Sorgfalt ihr schönes Gefieder und andere Zierathen in der Gegenwart der Weibchen entfalten, so ist es offenbar wahrscheinlich, dass diese die Schönheit ihrer Liebhaber würdigen. Es ist indessen schwierig, Belege ihrer Fähigkeit, Schönheit zu würdigen, zu erlangen. Wenn Vögel sich selbst in einem Spiegel anstarren, wofür viele Beweise angeführt worden sind, so sind wir nicht, sicher, ob es nicht ans Eifersucht gegen einen vermeintlichen Nebenbuhler geschieht, obschon einige Beobachter dies nicht daraus folgern. In andern Fällen ist es schwierig, zwischen blosser Neugierde und Bewunderung zu unterscheiden. Es ist vielleicht das erstere Gefühl, welches, wie Lord Lilford anführt14, den Kampfläufer so mächtig zu jedem hellen Gegenstande hinzieht, so dass er auf den jonischen Inseln „auf ein hell gefärbtes Taschentuch herabfährt, ohne „Rücksicht auf wiederholt abgefeuerte Schüsse.11 Die gemeine Lerche wird aus den Lüften herabgezogen und in grosser Anzahl gefangen durch einen kleinen Spiegel, den man in der Sonne bewegt und glitzern lässt. Ist es Bewunderung oder Neugierde, was die Elster, den Raben und einige andere Vögel veranlasst, glänzende Gegenstände, wie Silberzeug oder Juwelen, zu stehlen und zu verbergen?
Mr. Gould führt "an, dass gewisse Kolibris die Aussenseite ihrer Nester „mit dem äussersten Gesehmacke verzieren. Sie befestigen in-,,stinctiv schöne Stücke flacher Flechten daran, die grösseren Stücke „in der Mitte und die kleineren an dem mit dem Zweige verbundenen „Theile. Hier und da wird eine hübsche Feder hineingeschoben oder an „die äusseren Seiten befestigt, wobei der Schaft immer so gestellt wird, „dass die Feder frei von der Oberfläche hervorragt". Den besten Be-
11 The Ibis. Vol. IL 1S60, p. 344.
D.uuvix, Abstammung. II. Zwtfite Aml.ige. 7
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98 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Thcil.
weis indessen für einen Geschmack für das Schöne bieten die drei Gattungen der bereits erwähnten australischen Laubenvögel dar. Ihre Lauben (s. Fr>\ 46, S. 60), wo sich die Geschlechter vereinen und ihre fremdartigen Geberdeu ausführen, werden verschieden gebaut; was uns aber hier am meisten angeht ist, dass dieselben von den verschiedenen Species in einer abweichenden Art und Weise verziert werden. Der Atlasvogel sammelt munter gefärbte Gegenstände, solche wie die blauen Schwanzfedern von Papageien, gebleichte Knochen und Muschelschalen, welche er zwischen die Zweige steckt oder an dem Eingange in die Laube anordnet. Mr. Goui.d fand in der einen Laube einen sehr nett gearbeiteten steinernen Tomahawk und ein Stückchen blauen Gattung, den sich die Vögel offenbar ans einem Lager der Eingeborenen verschafft hatten. Diese Gegenstände werden beständig anders angeordnet und von den Vögeln in ihrem Spiele umhergeschleppt. Die Laube des gedeckten Laubenvogels „wird schön mit langen Grashalmen ausgefüttert, „welche so angeordnet werden, dass die Spitzen sich nahezu treffen, „und die Verzierungen sind ausserordentlich reich." Kunde Steine werden dazu benutzt, die Grasstengel an ihrem gehörigen Orte zu halten und verschiedene zu der Laube hinleitende Pfade zu bilden. Die Steine und Muscheln werden oft aus einer sehr grossen Entfernung herbeigebracht. Der Prinzenvogel verziert nach der Beschreibung des Mr. Ramsay seinen kurzen Laubengang mit gebleichten Landmiischeln, welche zu fünf oder sechs Species gehören, und „mit Beeren verschiedener Far-„ben, Blau, Roth und Schwarz, welche der Laube, wenn sie frisch sind, „ein sehr nettes Aussehen geben. Ausser diesen fanden sich mehrere „frisch abgepflückte Blätter und junge Schösslinge von einer rosa Fär-„bung daran, so dass das Ganze einen entschiedenen Geschmack für ,,das Schöne bekundete," Mr. Gould dürfte mit vollem Rechte sagen, dass „diese in hohem Grade verzierten Versanmiluiigshallen als die „wunderbarsten Beispiele von Vogelarchitectur betrachtet werden mi'is-„sen, die bis jetzt entdeckt sind;" und wie wir sehen ist der Geschmack der verschiedenen Species gewiss verschieden 15.
Die Weibchen ziehen besondere Männchen vor. — Nachdem ich diese vorläufigen Bemerkungen über das Unterscheidungsver-
15 lieber die verzierten Nester der Kolibris s. Gould, Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 19. Ueber die Laubenvügel: G ould, Ilandbook to the Rirds of Australia. 1805. Vol. I, p. 444—4G1. Air. Ramsay in: The Ibis. 1807, p. 45G.
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Cap. 14. Vorliebe der Weibchen. 99
mögen und den Geschmack der Vögel gemacht habe, will ich nun alle die mir bekannten Thatsachen mittheilen, welche sich auf den Vorzug beziehen, welchen nachweisbar das Weibchen bestimmten Männchen gibt. Es ist sicher, dass verschiedene Species von Vögeln sich im Naturzustände gelegentlich paaren und Bastarde erzeugen. Hierfür liesseil sich viele Beispiele anführen. So erzählt Macgilliykav, wie eine männliche Amsel und eine weibliche Drossel „sich in einander verliebten" und Nachkommen erzeugten 16. Bis vor mehreren Jahren wurden achtzehn Fälle beschrieben, in denen in Grossbritannien Bastarde zwischen dem Birkhuhn und dem Fasan vorgekommen waren 17. Aber die meisten dieser Fälle lassen sich vielleicht dadurch erklären, dass einzelnlebende Vögel keinen Genossen ihrer eigenen Art linden, um sich mit ihm zu paaren. Bei andern Vögeln glaubt Mr. Jennkk Weir Grund zu der Vermiithnng zu haben, dass Bastarde zuweilen das Resultat eines gelegentlichen Verkehrs von Vögeln sind , welche in dichter Nachbarschaft bauen. Aber diese Bemerkungen lassen sich nicht auf viele angeführte Beispiele von gezähmten oder domesticirten Vögeln anwenden, welche, trotzdem sie zu verschiedenen Species gehörten und mit Individuen ihrer eigenen Species lebten, absolut vernarrt in einander waren. So erzählt Watertox 18, class aus einer Heerde von dreiundzwanzig Canada-Gänsen sich ein Weibchen mit einem einzeln lebenden Bernikel-gänserich paarte, trotzdem dieser in der äusseren Erscheinung und der Grösse so verschieden ist, und sie brachten wirklich hybride Nach-
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kommen hervor. Man hat die Erfahrung gemacht, dass eine männliche Pfeifente £Marecu penelope), welche mit dem Weibchen ihrer eigenen Species lebte, sich mit einer Spiesseute (Qiterquedula acuhi) paarte. Lloyd beschreibt die merkwürdige Anhänglichkeit zwischen einer männlichen Brandente (Vulpanscr ladorna) und einer gemeinen Ente. Viele weitere Beispiele könnten hier noch angeführt werden. Mr. E. S. Dixox bemerkt, „dass diejenigen, welche viele verschiedene Species zusammengehalten haben, sehr wohl wissen, welche unerklärliche Verbindungen
16 History of British Birds. Vol. II, p. 92.
" The Zoologist. 1853—54, p. 394G.
18 Watertou, Essays on Natural History. 2. Seriös, p. 42, 117. Was die folgenden Angaben betrifft, so ist zu vergleichen: über die Pfeifente; London's Magaz. of Natur. Ilist. Vol. XI, p. GIG. L. Lloyd, Scandinavian Adventures. Vol. I. 1854, p. 452. Dixon, Ornamental aud Domestic Poultry. p, 137. II e-witt, in: Journal of Horticulture, Jan. 18., 18G3, p. 40. Bechstein, Stuben-vögel. 1840, S. 230.
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Kit)
Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel,
II. Theil.
„dieselben häufig eingehen und dass sie völlig ebenso gern sich mit „Individuen einer Kasse oder Species paaren und Junge erziehen, welche „ihrer eigenen so fremdartig als möglich ist, als mit ihrer eigenen „Stammform."
Mr. W. D. Fox theilt mir mit, dass er einmal gleichzeitig ein Paar chinesischer Gänse (Anser ci/ynoides) und einen gemeinen Gänserich mit drei Gänsen besass. Die beiden Gruppen lebten völlig getrennt von einander bis der chinesische Gänserich eine der gemeinen Gänse verführte mit ihm zu leben. Ausserdem waren von den aus den Eiern der gemeinen Gänse ausgebrüteten Jungen nur vier reinen Blutes. Die andern achtzehn erwiesen sich als Bastarde, so dass der chinesische Gänserich ganz überwiegende Reize verglichen mit dem gemeinen Gänseriche gehabt zu haben sclieint. Ich will liier nur noch einen andern Fall anführen. Mr. Hkwitt führt au, dass eine in der Gefangenschaft aufgezogene Wildente, „nachdem sie ein Paar Jahre „mit ihrem eigenen Enterich gebrütet hatte, sich auf einmal desselben „entledigte, nachdem Mr. Hewitt eine männliche Spiessente auf das „Wasser gebracht hatte. Es war offenbar ein Fall von Verliebtwerden „auf den ersten Blick. Denn das Weibchen schwamm um den Ankömmling liebkosend herum, trotzdem dieser offenbar beunruhigt und von „ihren Liebeseröffnungen unangenehm berührt schien. Von dieser Stunde „an vergass das Weibehen seinen alten Genossen. Der Winter zog „vorüber und im nächsten Frühjahr schien die Spiessente von den „Schmeicheleien des Weibchen umgestimmt worden zu sein. Denn sie „nisteten zusammen und brachten sieben oder acht Junge hervor."
Was in diesen verschiedenen Fällen den Zauber gebildet haben mag, ausser dem Reize der Neuheit, können wir nicht einmal vermuthen. Indess spielt zuweilen die Farbe doch wohl eine Rolle; denn um Bastarde vom Zeisig (Friitgilla spinusj und dem Canarienvogel zu ziehen, ist es der Angabe von Bechstein zufolge am besten, Vögel ein und derselben Färbung zusammenbringen. Mr. Jenxer Weir brachte einen weiblichen Canarienvogel in seine Voliere, wo sich männliche Hänflinge, Stieglitze, Zeisige, Grünfinken, Buchfinken und andere Vögel befanden, um zu sehen, welchen von diesen das Weibchen sich erwählen würde. Aber derselbe zweifelte nicht einen Augenblick und der Grüntinke gewann den Preis; sie paarten sich und producirten hybride Nachkommen.
Was die Individuen einer und derselben Species betrifft, so erregt wohl die Thatsache, dass das Weibchen es vorzieht sich lieber mit dem
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Gap. 11. Vorliebe der AVeilichen. 101
einen Männchen als mit dem andern zu paaren, nicht so leicht die Aufmerksamkeit , als wenn dies zwischen verschiedenen Species eintritt. Derartige Fälle können am besten bei domesticirten oder in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln beobachtet werden. Dieselben sind aber oft durch zu reichliches Futter verwöhnt und zuweilen sind ihre Instincte bis zu einem ganz ausserordentlichen Grade verderbt. Von dieser letzteren Thatsache könnte ich hinreichende Belege von Tauben und besonders von Hühnern anführen, sie können aber hier nicht einzeln mit-getheilt werden. Verderbte Instincte können auch einige der Bastardverbindungen erklären, welche vorhin erwähnt wurden. Aber in vielen derartigen Fällen war den Vögeln gestattet worden sich frei auf grossen Teichen zu bewegen und es liegt kein Grund zur Vermuthung vor, dass sie durch reichliches Futter unnatürlich erregt worden wären.
Was Vögel im Naturzustande betrifft, so ist die erste sich Jedermann aufdringende und am meisten in die Augen springende Vermuthung, dass das Weibchen zur gehörigen Zeit das erste Männchen dem es zufällig begegnet annimmt. Dasselbe hat aber wenigstens Gelegenheit eine Wahl auszuüben, da es fast unabänderlich von vielen Männchen verfolgt wird. Audubon — und wir müssen uns erinnern, dass dieser Forscher ein langes Leben hindurch in den Wäldern der Vereinigten Staaten sich herumgefummelt und die Vögel beobachtet hat — zweifelt nicht daran, dass das Weibchen sich mit üeberlegung seinen Gatten wählt. So spricht er von einem Spechte und erzählt, dass das Weibchen von einem halben Dutzend munterer Liebhaber verfolgt werde, welche beständig fremdartige Geberden ausführen, „bis dem einen „in einer ausgesprochenen Weise der Vorzug gegeben wird." Das Weibchen des rothgeflügelten Staars (Affekten* phoe?iicens) wird gleichfalls von mehreren Männchen verfolgt, .bis dasselbe ermüdet sich uiederlässt „die Werbungen der Männchen entgegennimmt und bald darauf eine ,Wahl trifft". Er beschreibt auch, wie mehrere männliche Ziegenmelker wiederholt mit erstaunlicher Schnelligkeit durch die Luft streifen, sich plötzlich herumdrehen und dabei ein eigentümliches Geräusch hervorbringen. „Aber sobald das Weibchen seine Wahl getroffen hat, „werden die andern Männchen fortgetrieben." Bei einer der Geierarten der Vereinigten Staaten (Cathartes aura) versammeln sich Gesellschaften von acht oder zehn oder mehr Männchen und Weibchen auf umgestürzten Stämmen und „zeigen das stärkste Verlangen sich gegenseitig zu gefallen"; nnd nach vielen Liebkosungen führt jedes der
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
IL Thcil.
Männchen seine Gattin im Fluge hinweg. Auduron beobachtete auch sorgfältig die wilden Heerden der Canadagänse CAiiser eunadensis) und gibt eine lebendige Beschreibung ihrer Liebesgeberden. Er sagt, dass die Vögel, welche sich schon früher gepaart hatten „ihre Bewerbung sehr zeitig und zwar schon im Monat Januar erneuerten, wählend die andern jeden Tag sich stundenlang stritten und coquettirten, .,bis alle sich mit der Wahl, welche sie getroffen hatten, befriedigt ,zeigten, wonach, trotzdem sie alle zusammenblieben, doch Jedermann .leicht beobachten konnte, dass sie sehr ängstlich waren sich paarweise „zusammenzuhalten. Ich habe auch beobachtet, dass, je älter die Vögel ,waren, desto kürzer die Präliminarien ihrer Brautwerbung waren; die .Junggesellen und alten Jungfern traten, ob mit Betrübniss oder in „der Absicht von der Unruhe nicht gestört zu werden, ruhig zur Seite „und legten sich in einer Entfernung von den übrigen nieder" 19. Von demselben Beobachter Hessen sich noch viele ähnliche Angaben in Bezug auf andere Vögel anführen.
Wenden wir uns nun zu den domesticirten und in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln, so will ich damit beginnen das Wenige mitzuthei-len, was ich in Bezug auf die Bewerbung der Hühner in Erfahrung gebracht habe. Ich habe lange Briefe über diesen Gegenstand von den Herren Hewitt und Tegetmeiee und beinahe eine ganze Abhandlung von dem verstorbenen Mr. Brent erhalten. Jedermann wird zugeben, dass diese Herren, welche durch ihre veröffentlichten Werke so wohl bekannt sind, sorgfältige und erfahi'enc Beobachter sind. Sie glauben nicht, dass die Weibchen gewisse Männchen wegen der Schönheit ihres Gefieders vorziehen; aber man muss den künstlichen Znstand, in welchem sie lange Zeit gehalten worden sind, emigermaassen in Rechnung bringen. Mr. Tegetmeiee ist überzeugt, dass ein Kampfbahn, trotzdem er dnrch das Abstumpfen und das Stutzen seiner Sichelfedern entstellt' ist, ebensoleicht von den Weibchen angenommen wird als ein Männchen, welches seine sämmtlichen Ornamente noch besitzt. Mr. Buent indessen gibt zu, dass die Schönheit des Männchens wahrscheinlich dazu beiträgt, das Weibchen anzuregen; und die Zustimmung des Weibchens ist nöthig. Mr. Hewitt ist überzeugt, dass die Verbindung durchaus nicht einem blossen Zufalle überlassen ist, denn das Weibchen zieht beinahe ausnahmslos das kräftigste, stolzeste und zanksüchtigste
'" Aiulubon, Ormtholog. Biograph)-. Vol. I, p. 191, 349. Vol. II, p. 42, 275. Vol. 111, p. 2.
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Männchen vor. Es ist daher, wie er bemerkt, fast nutzlos, „ein reines „Züchten zu versuchen, wenn ein Kampfhahn in guter Gesundheit und „gutem Zustande an demselben Orte frei umherläuft, denn fast eine jede „Henne wird nach dem Verlassen ihres Ruheplatzes sich dem Kampf-„ bahne nähern, selbst wenn dieser Vogel nicht factisch das Männchen „von der Varietät des Weibchens wegtreibt." Unter gewöhnlichen Umständen scheinen die Männchen und Weibchen des Huhns vermittelst gewisser Geberden zu einem gegenseitigen Einverständnisse zu gelangen, welche mir Mr. Brext beschrieben hat, Hennen vermeiden aber häutig die ostensiblen Aufmerksamkeiten jüngerer Männchen. Alte Hennen von einem kampfsüchtigen Temperament haben, wie derselbe Schriftsteller mir mittheilt, fremde Männchen nicht gern und geben denselben nicht eher nach, als bis sie gehörig zum Gehorsam geschlagen werden. Indessen beschreibt Mr. Ferguson, wie eine kampfsüchtige Henne sofort durch die sanften Bewerbungen eines Shanghai-Hahnes gezähmt wurde 20.
Wir haben Grund anzunehmen, dass Tauben beiderlei Geschlechts eine Paarung mit Vögeln derselben Kasse vorziehen; und Haustauben hassen alle die hochveredelten Kassen21. Mr. Harrison Weir hat vor Kurzem von einem glaubwürdigen Beobachter, welcher blaue Tauben hielt, gehört, dass diese alle anders gefärbten Varietäten, wie weisse, rothe und gelbe wegtreiben, und von einem andern Beobachter, dass eine weibliche graubraune Botentanbe nach wiederholten Versuchen nicht mit einem schwarzen Männchen gepaart werden konnte, aber sich unmittelbar darauf mit einem graubraunen paarte. Im Allgemeinen scheint die Farbe allein nur wenig Einfluss auf das Paaren der Tauben zu haben. Mr. Tegetiieier färbte auf meine Bitte einige seiner Vögel mit Magenta-Koth, aber sie wurden von den übrigen nicht sehr beachtet.
Weibliche Tauben empfinden gelegentlich eine starke Antipathie gegen gewisse Männchen und zwar ohne irgend nachweisbare Ursache. So geben Boitauu und Corbie, deren Erfahrungen sich über einen Zeitraum von fünfundvierzig Jahren erstrecken, an: .Qnand wie femellc Teprouve de Vanlipathie pouv un. mäh, avec lequcl on reut l'accouplcr, „malgre. tous les feux de l'amour, malgrc l'alpiste et le chenecis dont
20 Rare and Prize Poult.ry. 1854, p. 27.
-' Das Yariiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 13G.
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|Q_| Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Thcil.
»on tu nourrit pottr augmenter son ardeiir, malgre un emprisonne-„mcnt de six mois et mime d'vn an, eile refuse constamment ses ca-»resses: les uvances empressces, les agaceries, les tournoiemens, les »tendres roiivoulemens, rinn ne peut lui plairc, ni l'emonroir; gonflec, „boudeuse, blottie dans im coin de In prison, eile rien sorl quc ponr „boire et manger, ou pour repousscr cwcc une espece de rage des ca-„resses derenues trop pressantes« --. Auf der andern Seite hat Mr. Harrison Weir selbst beobachtet und von mehreren Züchtern gehört, dass eine weibliche Taube gelegentlich eine starke Liebhaberei für ein besonderes Männchen erhielt und ihren eigenen Gatten seinetwegen ver-liess. Einige Weibchen sind der Angabe eines anderen erfahrenen Beobachters, Biedel, zufolge'23, von einer liederlichen Disposition und ziehen fast jedes fremde Männchen ihrem eigenen Gatten vor. Manche verliebte Männchen, welche unsere englischen Züchter „heitere Vögel" nennen, sind in ihren Galanterien so erfolgreich, dass sie, wie mir Mr. Harrison Weir mittheilt, getrennt gehalten werden müssen, wegen des Nachtheils den sie verursachen.
Audübon zufolge „richten in den A7ereinigten Staaten zuweilen „wilde Truthähne ihre Bewerbungen an domesticirte AVeibchen und „werden meist von diesen mit grossem Vergnügen angenommen." Hiernach scheint es als ob diese Weibchen den wilden Männchen vor ihren eigenen den Vorzug gäben '-*.
Das folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall. Sir K. Hehon hielt viele Jahre hindurch ein Tagebuch über die Gewohnheiten der Pfauen, welche er in grösserer Anzahl züchtete. Er führt an, dass „die Hennen häufig eine grosse Vorliebe für einen besonderen Pfau-„hahn haben. Sie waren sämmtlich einem alten gefleckten Pfauhahne „so gut, dass, als derselbe in dem einen Jahre eingesperrt wurde, aber „immer noch von den Weibchen gesehen werden konnte, sich dieselben „beständig dicht um das Lattenwerk seines Gefängnisses versammelten „und nicht litten, dass ein schwarzschultriger Pfauhahn sie anrührte. „Als er im Herbst freigelassen wurde, machte ihm die älteste von den „Hennen den Hof und war in ihrer Bewerbung erfolgreich. Im näch-
22 Boitard et Corbie, Les Pigeons. 1824, p. 12. Prosper Lucas (Traite rle l'Höreditc naturelle. Tom. II, 1850, p. 296) hat selbst sehr ähnliche Fälle bei Tauben beobachtet.
23 Die Taubenzucht, 1824. S. 86.
24 Ornithological Biography, Vol. I, p. 13.
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„sten Jahre wurde er in einem Stalle gehalten und nun coquettirten „alle die Hennen mit seinem Nebenbuhler" 25. Dieser Nebenbuhler war ein schwarzschultriger oder laekirter Pfauhahn, welcher für unsere Augen ein schönerer Vogel ist, als die gewöhnliche Art.
Lichtenstein, welcher ein guter Beobachter war und ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung am Cap der guten Hoffnung hatte, versicherte Kudolphi, dass der weibliche Wittwenvogel (Chera progne) das Männchen verlasse, wenn dasselbe der langen Schwanzfedern beraubt wird, mit welcheu es während der Paarungszeit verziert ist; ich möchte veriuuthcn, dass diese Beobachtung an Vögeln im Zustande der Gefangenschaft gemacht sein muss -(i. Das Folgende ist ein anderes auffallendes Beispiel: Dr. Jäger-7, früher Director des zoologischen Gartens in Wien, führt an, dass ein männlicher Silberfasan, welcher über die anderen Männchen gesiegt hatte und der angenommene Liebhaber der Weibchen war, sein ornamentales Gefieder verletzt hatte. Er wurde darauf sofort von einem Kivalen verdrängt, welcher die Oberhand erhielt und später den Trupp anführte.
Das Weibchen übt nicht bloss eine Wahl aus, sondern umwirbt in einigen wenigen Fällen das Männchen oder kämpft sogar um dessen Besitz. Sir R. Hebon führt an, dass bei den Pfauen die ersten Annäherungen stets vom Weibchen ausgehen. Etwas derselben Art findet auch Audubon zufolge bei den älteren Weibchen des wilden Truthuhns statt. Beim Auerhiihn coquettiren die Weibchen um das Männchen herum, während es auf einem der Versammlungsplätze herumstolzirt und suchen dessen Aufmerksamkeit zu fesseln ;8. Wir' haben gesehen, dass eine zahme Wildente nach einer langen Umwertung einen anfangs unwilligen Spiessenterich verführte. Mr. Baetlett glaubt, dass der Lo-phoplwrus wie viele andere hühnerartige Vögel von Natur polygam ist; man kann aber nicht zwei Weibchen mit einem Männchen in einen und
25 Proceed. Zoolog. Soo. 1835, p. 54. Der schwarzschultrige Pfau wird von Mr. Sclater für eine besondere Species gehalten, welche Pirna nigripennis benannt ist.
26 Kudolphi, Beiträge zur Anthropologie. 1812, S. 184.
27 Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zu Moral und Religion. 1869, S. 59.
2S In Bezug auf Pfauen s. Sir R. Heron, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1835, p. 54 und E. S. Dixon, Ornamental Ponltry, 1818, p. 8. Wegen des Truthuhns s. Audubon, a. a. 0. p. 4. Wegen des Auerhuhns: Lloyd, Game Birds of Sweden. 1867, p. 23.
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denselben Käfig thun, da sie so heftig- mit einander kämpfen. Das folgende Beispiel von Rivalität ist noch überraschender, da es sich anf Gimpel bezieht, welche sich gewöhnlich für die Zeit ihres Lebens paaren. Mr. Jenskr Weib brachte ein dunkel gefärbtes und hässliches Weibchen in seine Voliere und unmittelbar darauf griff dieses ein anderes, gepaartes Weibchen so erbarmungslos an, dass das letztere getrennt werden musste. Das neu hinzugekommene Weibchen verrichtete alle Dienste der Bewerbung und war zuletzt erfolgreich, denn es paarte sich mit dem Männchen. Aber nach einer gewissen Zeit erhielt es seinen gerechten Lohn; denn nachdem es aufgehört hatte kampfsüchtig zu sein, brachte Mr. Weir das alte Weibchen wieder hinein, und nun verliess das Männchen seine neue und kehrte zu seiner alten Liebe zurück.
In allen gewöhnlichen Fällen ist das Männchen so gierig, dass es jedes Weibchen annimmt und, so weit wir es beurtheilen können, nicht das eine einem andern vorzieht. Aber Ausnahmen von dieser Regel kommen, wie wir später sehen werden, allem Anscheine nach in einigen wenigen Gruppen vor. Unter den domesticirten Vögeln habe ich nur von einem einzigen Falle gehört, in welchem die Männchen irgend eine Vorliebe für besondere Weibchen zeigten, nämlich vom Haushahn, welcher der hohen Autorität des Mr. Hewitt zufolge die jüngeren Hennen den älteren vorzieht. Auf der anderen Seite ist Mr. Hewitt in Folge seiner Erfahrung bei der Ausführung hybrider Verbindungen zwischen den männlichen Fasanen und gemeinen Hennen überzeugt, dass der Fasan ohne Ausnahme die älteren Vögel vorzieht. Er scheint nicht im Mindesten von ihrer Farbe beeinflusst zu werden, ist aber „in seinen „Neigungen äusserst launisch* -9. In Folge irgend einer nnerklärbaren Ursache zeigt er die allereiitscliiedenste Aversion gegen gewisse Hennen, welche keine Sorgfalt von Seiten des Züchters überwinden kann. Manche Hennen sind, wie Mr. Hewitt mir mittheilt, völlig ohne irgendAvelchc Anziehung selbst für Männchen ihrer eigenen Species, so dass sie mit mehreren Hähnen ein ganzes Jahr hindurch gehalten werden können, und nicht ein Ei unter vierzig oder fünfzig erweist sich als fruchtbar. Auf der anderen Seite ist bei der langschwänzigen Eisente (Hareldn gla-cialis). wie Ekström sagt, „beobachtet worden, dass gewisse Weibchen „mehr umworben werden als die übrigen. In der That sieht man „häufig ein Individuum von sechs oder acht verliebten Männchen iim-
"* Mr. Hewitt, citirt in Tegetmeier's Poultry Book. 1866, p. 165.
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,geben". Ob diese Angabe glaubhaft ist, weiss ich nicht. Arier die Jäger des Landes schiessen diese Weibchen, um sie als Lockvögel auszustopfen 3n.
In Bezug auf den Umstand, dass weibliche Vögel eine gewisse Vorliebe für gewisse Männchen fühlen, müssen wir im Auge behalten, dass wir darüber, ob eine Wahl ausgeübt wird, nur insofern urtheilon können, als wir uns in unserer Einbildung in dieselbe Lage versetzen. Wenn ein Bewohner eines anderen Planeten eine Anzahl junger Landleute auf einem Jahrmarkte erblickte, wie sie mit einem hübschen Mädchen schön thäten und sich um dasselbe zankten, wie Vögel auf einem ihrer Versammlungsplätze, so würde er im Stande sein den Schluss, dass das Mädchen das Vermögen der Wahl hätte, nur aus dem Umstände zu ziehen, dass er den Eifer der Bewerber ihm zu gefallen und ihren Staat vor ihm zu entfalten, beobachtete. Nun liegt bei den Vögeln der Beweisapparat gerade so: sie haben scharfes Beobachtungsvermögen und scheinen einen gewissen Geschmack für das Schöne sowohl in Bezug auf die Farbe als auf Töne zu besitzen. Es ist sicher, dass Weibchen gelegentlich aus unbekannten Ursachen die stärkste Antipathie und stärkste Vorliebe für gewisse Männchen zeigen. Wenn die Geschlechter in der Farbe und gewissen Verzierungen von einander abweichen, so sind mit wenigen Ausnahmen die Männchen die am meisten verzierten, und zwar entweder für immer oder nur zeitweise während der Zeit der Paarung. In der Gegenwart der Weibchen entfalten sie eifrig ihre verschiedenen Zierathen, strengen sie ihre Stimme an und führen fremdartige Geberden aus. Selbst gut bewaffnete Männchen, von denen man hätte glauben mögen, dass sie in Bezug auf ihren Erfolg nur von dem Gesetze des Kampfes abhiengen, sind in den meisten Fällen im hohen Grade verziert, und ihre Zieratlien sind auf Kosten eines gewissen -Betrages an Kraft erlangt worden. In anderen Fällen sind Zierathen um den Preis einer vergrösserten Gefahr vor Raubthie-ren oder Raubvögeln erlangt worden. Bei verschiedenen Species versammeln sich viele Individuen beider Geschlechter an demselben Orte und ihre Brautwerbung ist eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit. Wir haben selbst Grund zu vermutheu, dass die Weibchen und Männchen innerhalb eines und desselben Districts nicht immer den Erfolg haben, einander zu gefallen nnd sich zu paaren.
Citirt in Lloyd's Game Birds ot Sweden, p. 345.
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II.Theil.
"Welche Folgerung haben wir denn nun aus diesen Thatsachen und Betrachtungen zu ziehen? Entwickelt das Männchen seine Heize mit so viel Pracht und Rivalität zu gar keinem Zwecke ? Sind wir nicht berechtigt anzunehmen, dass das Weibchen eine Wahl ausübt und dass dasselbe die Liebeserklärungen desjenigen Männchens annimmt, welches ihm am meisten gefällt? Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich das "Weibchen die Sache lange mit Bewusstsein überlegt; aber es wird von dem schönsten oder melodischsten oder tapfersten Männchen am meisten gereizt oder angezogen. Auch darf nicht vermnthet werden, dass das Weibchen jeden Streifen oder jeden farbigen Fleck studirt, dass z. ß. die Pfauhenne jedes Detail in dem prachtvollen Behänge des Pfanhahns bewundert: — es wird wahrscheinlich nur durch die allgemeine Wirkung frappirt. Wenn wir aber gehört haben, dass der männliche Argus-Fasan seine eleganten Schwungfedern erster Ordnung entfaltet und seine mit Augenflecken versehenen Schniuckfedern in der richtigen Stellung, um die volle Wirkung hervorzubringen, aufrichtet, oder ferner wie der männliche Stieglitz abwechselnd seine goldig fütternden Flügel entfaltet, so dürfen wir nichtsdestoweniger uns nicht etwa dabei beruhigen, dass das Weibchen keinem Detail eines schönen Gefieders seine Aufmerksamkeit zuwendet. Wir können, wie bereits bemerkt wurde, über eine etwa ausgeübte Wahl nur nach der Analogie unseres eigenen Geistes urtheilen; und die geistigen Fähigkeiten der Vögel weichen, wenn man den Verstand aiisschliesst, nicht fundamental von den unser« ab. Nach diesen verschiedenen Betrachtungen können wir schliessen, dass das Paaren der Vögel nicht dem Zufalle überlassen ist, sondern dass diejenigen Männchen, welche in Folge ihrer verschiedenen Keize am besten im Stande sind den Weibchen zu gefallen oder dieselben zu reizen, unter gewöhnlichen Umständen von letzteren angenommen werden. Wenn dies zugegeben wird, so ist es auch nicht schwierig zu verstehen, auf welche Weise männliche Vögel nach und nach ihre ornamentalen Charactere erlangt haben. Alle Thiere bieten individuelle Verschiedenheiten dar, nnd da der Mensch seine domesticirten Vögel dadurch modificiren kann, dass er die Individuen auswählt, welche ihm am schönsten erscheinen, so wird auch die gewöhnlich oder selbst nur gelegentlich eintretende Vorliebe des Weibchens für die anziehenderen Männchen beinahe mit Sicherheit zu der Modifikation der MTumchen führen; derartige Modifikationen können dann im Verlaufe der Zeit in
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Cap- 14. Variabilität der Vögel. 109
jeder Ausdehnung vermehrt werden, so lange sie nur mit der Existenz der Species verträglich sind.
Variabilität der Vögel und besonders ihrer secundären Sexualcharactere. — Variabilität und Vererbung sind die Grundlagen für die Wirksamkeit der Zuchtwahl. Dass domesticirte Vögel bedeutend variirt und dass ihre Abänderungen sich vererbt liaben, ist sicher. Dass ferner Vögel im Naturzustände individuelle Verschiedenheiten darbieten, wird von Jedermann zugegeben, und dass sie zuweilen sich zu distineten Kassen modificirt haben, wird gleichfalls allgemein zugegeben31. Abänderungen sind von zweierlei Arten, welche unmerklich in einander übergehen, nämlich einmal unbedeutende Verschiedenheiten zwischen sämmtlicheu Gliedern einer und der nämlichen Species, und schärfer ausgesprochene Abweichungen, welche nur gelegentlich auftreten. Diese Letzteren sind bei Vögeln im Naturzustände selten und es ist sehr zweifelhaft, ob sie oft durch Zuchtwahl erhalten und auf spätere Generationen überliefert worden sindSi. Nichtsdestoweniger dürfte es der Mühe werth sein die wenigen Fälle, welche ich zu sammeln im Staude gewesen bin und welche sich hauptsächlich auf Farbe beziehen, jedoch
:il Nach Dr. Blasius (The Ibis, Vol. II. 1860, p. 297) gibt es 425 unzweifelhafte Species von Vögeln, welche in Europa brüten, ausser 60 Formen, welche häufig für distinete Species gehalten werden. Von den letzteren meint Dr. Blasius, dass nur zehn wirklich zweifelhaft sind und dass die übrigen fünfzig mit ihren nächsten Verwandten vereinigt werden müssen; dies zeigt aber, dass hei einigen unserer europäischen Vögel ein beträchtlicher Grad von Abänderung bestehen muss. Es ist auch ein fernerer von den Naturforschern noch nicht festgestellter Punkt, ob mehrere nordamerikanische Vögel als von den europäischen Arten speeifisch verschieden classificirt werden müssen.
''- Entstehung der Arten, 4. Aufl. S. 104. Ich hatte beständig beobachtet, dass seltene und scharf markirte Structurabweichungcn, welche Monstrositäten genannt zu werden verdienen, nur selten durch natürliche Zuchtwahl erhalten werden können und dass die Erhaltung selbst äusserst woklthätiger Abänderungen in einer gewissen Ausdehnung vom Zufalle abhängt. Ich hatte auch vollkommen die Bedeutung blosser individueller Verschiedenheiten gewürdigt, und das bewog mich, so stark jene unbewusste Form von Zuchtwahl seitens des Menschen zu betonen, welche eine Folge der Erhaltung der am meisten geschätzten Individuen jeder Rasse ist, ohne dass er beabsichtigte, den Character der Rasse zu modificiren. Ehe ich aber einen vortrefflichen Artikel in „The North British Review" (March 1867, p. 289 und flgde.) gelesen hatte, welcher von grösserem Nutzen für mich gewesen ist, als irgend eine andere Kritik, sah ich nicht, wie gross die Wahrscheinlichkeit gegen die Erhaltimg von Abänderungen ist, welche, mögen sie nun schwach oder stark ausgesprochen sein, nur in einzelnen Individuen auftreten.
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HO Geschlechtliche Zuchtwahl: Vogel. II. Theil.
mit Ausschluss des einfachen Albinisimis und Melanismus, hier mitzu-theilen.
Mr. Goulii gibt bekanntlich das Vorhandensein von Varietäten nur selten zu; denn er hält selbst unbedeutende Verschiedenheiten für specitisch. Nun führt er an 3'5, dass in der Nähe von Bogota gewisse Kolibris, welche zu der Gattug Cynanihus gehören, in zwei oder drei Hassen oder Varietäten sich schieden, welche von einander in der Färbung des Schwanzes abwichen: „Bei einigen sind sänimtlicho Federn „blau, während bei anderen die acht centralen Federn mit einem schöben Grün an der Spitze geüeckt sind-. Wie es scheint sind in diesem und in den folgenden Fällen intermediäre Abstufungen nicht beobachtet worden. Nur bei den Männchen eines australischen Papageien sind „die Oberschenkel bei manchen Scharlachrofch, bei anderen grasgrün'. Bei einem anderen Papagei desselben Landes haben „einige „ Individuen das quer über die Flügeldeckfedern sich ziehende Band hell-„gelb, während bei anderen derselbe Theil mit Roth gefärbt ist' 34. Tn den Vereinigten Staaten haben einige wenige Männchen des schar-lachenen Tanager (Tanagra rubra) „eine schöne Querbinde von Feuer-„roth auf den kleineren Flügeldeckfedern" 35. Es scheint aber diese Abänderung etwas selten zu sein, so dass ihre Erhaltung durch geschlechtliche Znchtwahl nur unter ungewöhnlich günstigen Umständen erfolgen würde. In Bengalen hat der Honigbnssard (Pernis cristatus) entweder einen kleinen rudimentären Federstutz auf seinem Kopfe oder durchaus keinen. Es würde indessen eine so unbedeutende Verschiedenheit kaum werth gewesen sein erwähnt zn werden, besässe nicht diese nämliche Species im südlichen Indien „einen gut entwickelten Occipital-„kamm, welcher aus mehreren abgestuften Federn gebildet wird' :16.
Der folgende Fall ist in manchen Hinsichten noch interessanter. Eine gelleckte Varietät des Raben, bei welcher der Kopf, die Brust, das Abdomen und Theile der Flügel und der Schwanzfedern weiss sind, ist auf die Färöer beschränkt. Sie ist dort nicht sehr selten, denn Graba sah während seines Besuches acht bis zehn lebende Exemplare. Obschon die Charactere dieser Varietät nicht völlig constant sind, so
31 Introtluctiou to the Trochilidae, p. 102.
31 Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 32 und 08. '5 Auduhon, Ornithological Biograph)-, 1838. Vol. IV, p. 389. 36 .Terdon, Birds of India. Vol. I, p. 108; und Mr. Blyth, in: Land and Water, 1868, p. 381.
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Cap. 14. Variabilität clor Vögel. 11 l
ist dieselbe doch von mehreren hervorragenden Oriiithologen als eine verschiedene Species aufgeführt und benannt worden. Die Thatsache, dass die gefleckten Vögel von den andern Haben der Inseln mit viel Geschrei verfolgt und angegriffen wurden, war die hauptsächlichste Veranlassung, welche Brünmich zu dem Schlüsse leitete, dass sie specifiscli verschieden seien; man weiss indess jetzt, dass dies ein Irrthum ist'17.
In verschiedenen Theilen der nördlichen Meere wird eine merkwürdige Varietät der gemeinen Lumme (Uria trotte) gefunden, und auf Färö gehört unter je fünf Vögeln nach Graba's Schätzung stets einer dieser Varietät an. Dieselbe wird durch einen rein weissen King rund um das Auge, mit einer gebogeneu schmalen anderthalb Zoll langen weissen Linie, welche sich von dem Ringe aus nach hinten erstreckt, charaeterisirt 38. Dieser auffallende Character ist die Veranlassung gewesen, dass der Vogel von mehreren Omithologen für eine besondere Species gehalten wurde, welche den Namen Uria lacrymans erhielt. Man weiss aber jetzt, dass es bloss eine Varietät ist. Sie paart sich oft mit der gemeinen Art, docli sind intermediäre Uebergangsformen noch nie gesehen worden; auch ist dies nicht überraschend, denn Abänderungen, welche plötzlich erscheinen, werden, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe 39, entweder unverändert oder gar nicht überliefert. Wir sehen hieraus, dass zwei verschiedene Formen einer und der nämlichen Species an derselben Oertlichkeit zusammen existiren können, und wir dürfen nicht zweifeln, dass wenn die eine irgend einen bedeutenden Vortheil über die andere besessen hätte, sie sich bis zur Unterdrückung der Letzteren vervielfältigt haben würde. Wenn z. 13. die männlichen gefleckten Raben statt verfolgt und von ihren Kameraden fortgetrieben zu werden, in ähnlicher Weise wie der früher erwähnte gefleckte Pfauhahn eine bedeutende Anziehungskraft auf gewöhnliche schwarze Raben-Weibchen geäussert hätten, so würde sich ihre Zahl mit Schnelligkeit vermehrt haben und dies würde ein Fall von geschlechtlicher Zuchtwahl gewesen sein.
Tu Bezug auf unbedeutende individuelle Verschiedenheiten, welche in einem grösseren oder geringeren Grade allen Gliedern einer und der
'" Graba, Tagebuch einer Reise nach Färö. 1830, S. 51 — 54. Macgilli-vray, History of British Birds. Vol. III, p. 745. Ibis, Vol. V. 1803, p. 469. ^
38 Graba, a. a. 0. S. 54. Macgillivray, a. a. 0. Vol. V, p. 327.
s" Das Vai-iirrn der Tbiere und Pflanzen im Znstande der Domestication. Bd. 2, S. 122.
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|| o Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
nämlichen Species gemein sind, haben wir allen Grund zu glauben, dass sie in Bezug auf Wirksamkeit der Zuchtwahl die bei weitem wichtigste Holle spielen. Secundäre Sexual-Charactere sind einer" Abänderung ausserordentlich unterworfen, sowohl bei Thioren im Naturzustände als bei solchen im Zustande der Domestication 40. Wie wir in unserem achten Capitel gesehen haben, ist auch Grund vorhanden anzunehmen, dass Abänderungen mehr im-männlichen Geschlechte aufzutreten geneigt sind. Alle diese Zufälligkeiten in Verbindung sind für geschlechtliche Zuchtwahl äusserst günstig. Ob in dieser Weise erlangte Charactere auf ein Geschlecht oder auf beide Geschlechter überliefert werden, hängt, wie ich in dem folgenden Capitel zu zeigen hoffe, in den meisten Fällen ausschliesslich von der Form der Vererbung ab, welche bei der in Rede stehenden Gruppe vorherrscht.
Es ist zuweilen schwierig, sich darüber eine Meinung zu bilden, ob gewisse unbedeutende Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern bei den Vögeln einfach das Resultat einer Vfiriabilität mit geschlechtlich beschränkter Vererbung ohne die Hülfe geschlechtlicher Zuchtwahl, oder ob sie durch diesen letzteren Process gehäuft worden sind. Tch beziehe mich hier nicht auf die zahllosen Beispiele, in denen das Männchen prachtvolle Farben oder andere Verzierungen entfaltet, au welchen das Weibchen nur in einem unbedeutenden Grade Theil hat; denn diese Fälle sind beinalie eine sichere Folge davon, dass ursprünglich erlangte Merkmale in einem grösseren oder geringeren Grade auch auf's Weibchen vererbt worden sind. Was haben wir nun aber aus solchen Fällen zu schliessen, in welchen, wie bei gewissen Vögeln, z. B. die Augen der beiden Geschlechter unbedeutend in der Farbe von einander abweichen?41 In manchen Fällen sind die Augen auffallend verschieden. So sind unter den Störchen in der Gattung Xenorhynrhus die des Männchen schwärzlich nussbraun, während die der Weibchen bräun-lichgelb sind. Bei vielen Hör n - Vögeln (Bureros) haben, wie ich von Mr. Blyth höre4'2, die Männchen intensiv carmoisinrothe und die Weibchen weisse Augen. Bei Burerus bicovnis ist der hintere Rand des Helms und ein Streifen auf dem Schnabel kämm beim Männ-
4" Ueber diese Punkte s. auch das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 313, Bd. 2, S. 97, 9S.
41 s. z. B. über die Iris einer Podka und eines Gallicrex in: „The Ibis. Vol. II. 18G0, p. 20G, und Vol. V. 1863, p. 426.
A! s. auch Jerdon, liirds of India. Vol. I, p. 243 215.
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Ca . 14. Variabilität. 113
chen schwarz, aber nicht so beim "Weibchen. Haben wir anzunehmen, dass diese schwarze Zeichnungen und die carmoisinrothe Farbe der Augen bei den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erhalten oder verstärkt worden sind? Dies ist sehr zweifelhaft; denn Mr. Bartt.ett' zeigte mir im zoologischen Garten, dass die innere Seite des Mundes dieses Buceros beim Männchen schwarz und beim Weibchen fleischfarbig ist, und ihre äussere Erscheinung oder Schönheit wird hierdurch gar nicht berührt. Ich beobachtete in Chile 43, dass die Iris beim Condor, wenn er ungefähr ein Jahr alt ist, dunkelbraun ist, dass sie sich aber im Alter der Reife beim Männchen in Gelblichbraun und beim Weibchen in Hellroth verändert. Auch hat das Männchen einen kleinen longitudinalen, bleifarbigen, fleischigen Kamm. Bei vielen hühnerartigen Vögeln ist der Kamm eine bedeutende Verzierung und nimmt während des Actes der Brautwerbung lebendige Farben an. Was sollen wir aber von dem trüb gefärbten Kamme beim Condor uns denken, welcher uns nicht im allergeringsten ornamental erscheint? Dieselbe Frage könnte man in Bezug auf andere Merkmale aufwerten, so in Bezug auf den Höcker an der Basis des Schnabels bei der chinesischen Gans (Anser cygnoides). welcher beim Männchen viel grösser ist als beim Weibchen. Auf diese Frage kann keine bestimmte Antwort gegeben werden; wir sollten aber vorsichtig mit der Annahme sein, dass solche Höcker und fleischige Anhänge für's Weibchen nicht anziehend sein könnten, wenn wir uns daran erinnern, dass bei wilden Menschenrassen verschiedene hässliche Entstellungen sämmtlich als ornamental bewundert werden: z.B. tiefe Narben auf dem Gesicht, aus denen das Fleisch in Protuberanzen sich erhebt, ferner die Nasenscheidewand mit Stäben oder Knochen durchbohrt, Löcher in den Ohren und weit offen gezerrte Lippen.
Mögen nun Verschiedenheiten ohne weitere Bedeutung zwischen den Geschlechtern wie die eben einzeln angeführten durch geschlechtliche Zuchtwahl erbalten worden sein oder nicht, so müssen diese Verschiedenheiten ebensogut wie alle übrigen doch ursprünglich von den Gesetzen der Abänderung abhängen. Nach dem Principe der correla-tiven Entwickelung variirt das Gefieder oft an verschiedenen Theilen des Körpers oder über den ganzen Körper in einer und derselben Art und Weise. Wir sehen dies bei gewissen Hühnerrassen sehr deutlich aus-
43 Zoology of the Voyage of IL M. S. Beagle. 1811. p. G.
ll.UtWIN, AbsIP.II. 11.111,;. 11. £*WH' AllfliijfP. 8
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
geprägt. Bei allen Bässen sind die Federn am Halse und deu Weichen im männlichen Geschlechte verlängert und werden Sichelfedern genannt. Wenn nun beide Geschlechter einen Federstutz erhalten, welches in dieser Gattung ein neues Merkmal ist, so werden die Federn auf dem Kopfe des Männchens sichelfederförmig, offenbar nach dem Principe der Cor-relation, während diejenigen auf dem Kopfe des Weibchens von der gewöhnlichen Form sind. Auch steht die Farbe der den Federstutz bildenden Sichelfedern bei den Männchen oft mit der der Sichelfedern am Halse und an den Weichen in Corrclation, wie sich bei einer Verglei-chung dieser Federn bei den gold- und silbergefütterten polnischen Hühnern, den Houdans- und den Creve-coeur-Bassen ergibt. Bei einigen natürlichen Species können wir dieselbe Correlation in den Farben derselben Federn beobachten, so z. B. bei den Männchen der prachtvollen Gold- und Amherst-Fasanen.
Die Structur jeder individuellen Feder ist im Allgemeinen die Ursache, dass jede Veränderung in ihrer Färbung symmetrisch wird. Wir sehen dies in den verschiedenen betressten, gefütterten und gestrichelten Rassen des Huhns, und nach -dem Principe der Correlation sind häufig die Federn über den ganzen Körper in einer und derselben Weise modificirt. Wir werden hierdurch in den Stand gesetzt, ohne viele Mühe Kassen zu züchten, deren Gefieder fast ebenso symmetrisch wie das natürlicher Species gezeichnet und gefärbt ist. Bei betressten und gefütterten Hühnern sind die gefärbten Bänder der Federn abrupt begrenzt, aber bei einer Mischlingsform, welche ich von einem schwarzen spanischen Hahne, der einen grünlichen Sammetglanz hatte, und einer weissen Kampf nenne -erzog, waren alle Federn grünlich-schwarz, ausgenommen nach ihrer Spitze zu1, welche gelblich-weiss war. Aber zwischen den weissen Spitzen und den schwarzen Grundtheilen fand sich an jeder Feder eine symmetrische, gebogene Zone von Dunkelbraun. Tn manchen Fällen bestimmt der Schaft der Federn die Vertheilung der Farben, 'So war bei den Körperfedern eines Mischlings von demselben schwarzen spanischen Hahne und einer silbergeflitterten polnischen Henne der Schaft und ausserdem ein schmaler Streif an jeder Seite grünlich-schwarz, und dieser letztere wurde von einer regelmässigen bräunlich-weiss geränderten Zone von Dunkelbraun umgeben. In diesen Fällen sehen wir Federn symmetrisch schattirt werden, ähnlich denen, welche dem Gefieder vieler natürlicher Species eine so grosse Fileganz verleihen. Ich habe auch eine Varietät der gemeinen Taube beobachtet, bei welcher
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Cap. 14. Variabilität. 115
die Flflgelbalken symmetrisch mit drei hellen Sehattirungen eingefasst waren, statt einfach schwarz auf einem schieferblauen Grunde zu sein, wie es bei der elterlichen Species sich findet.
In vielen grossen Gruppen von Vögeln beobachtet man, dass das. Gefieder in jeder Species verschieden gefärbt ist, dass aber gewisse Zeichnungen oder Streifen, wenngleich auch sie ebenfalls verschieden gefärbt sind, doch von allen Species beibehalten werden. Analoge Fälle kommen bei den Rassen der Tauben vor, welche gewöhnlich die beiden Flügelbalken beibehalten, obschon sie gelb, roth, weiss, schwarz oder blau gefärbt sein können, während das übrige Gefieder von irgend einer völlig verschiedenen Färbung ist. Das Folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall, in welchem gewisse Zeichnungen zwar beibehalten, aber doch in einer fast genau umgekehrten Weise gefärbt sind, als im Naturzustände. Die ursprüngliche Felstaube hat einen blauen Schwanz und die Spitzenhälfte der äusseren Fahnen der beiden äusseren Schwanzfedern weiss; nun gibt es eine Untervarietät welche statt eines blauen einen weissen Schwanz hat und bei welcher derselbe kleine Theil schwarz ist, welcher bei der elterlichen Species weiss gefärbt ist 4+.
Bildung und Variabilität der Ocellen oder Augenfle cken auf dem Gefieder der Vögel. — Da keine Verzierungen schöner sind als die Augenflecken auf den Gefiedern verschiedener Vögel, auf dem Haarkleide mancher Säugethiere, auf den Schuppen von Reptilien „ uud Fischen, auf der Haut von Amphibien, auf den Flügeln vieler Schmetterlinge-und anderer Insecten , so verdienen sie wrohl besonders hervorgehoben zu werden. Bin solcher Augenflecken oder Ocellus besteht aus einem Flecke innerhalb eines anders gefärbten Ringes, ähnlich der Fupille innerhalb der Iris, aber der centrale Flecken wird oft von noch weiter hinzutretenden concentrischen Zonen umgeben. Die Augenflecken auf den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns bieten ein allbekanntes Beispiel dar, ebenso diejenigen auf den Flügeln des Pfauenaugen-Schmetterlings (Vanessa). Mr. Tbimen hat mir eine Beschreibung einer südafrikanischen Motte iGynanisa his) gegeben, welche unserem kleinen Nachtpfauenauge verwandt ist und bei welcher ein prachtvoller Augenfleck nahezu die ganze Oberfläche jedes Hinterflügels einnimmt. Fr besteht aus einem schwarzen Mittelpunkte, welcher eine durchscheinende
44 Beckstein, Naturgpscnielite Deutschlands, Dd. 4, 1705, S. 31, über eine untervarietät der Mönch-Taube.
8 *
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
halbmondförmige Zeichnung enthält und wird von aufeinanderfolgenden ockergelben, schwarzen, ockergelben, rosa, weissen, rosa, braunen und weisslichen Zonen umgeben. Obschon wir nun die Schritte nicht kennen, auf welchen diese wunderbar schönen und complicirten Verzierungen entwickelt worden sind, so ist doch mindestens bei Insectcn der Procoss wahrscheinlich ein einfacher gewesen, denn wie mir Mr. Tristes schreibt, sind „bei den Lepidoptern keine andere Charactere blosser Zeichnung oder Färbung so unbeständig wie die Augenflecken, sowohl der Zahl „als der Grösse nach". Mr. Wallach, welcher zuerst meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand lenkte, zeigte mir eine Reihe von Exemplaren unseres gemeinen gelben Sandauges (Hipparchia Jauira), welche zahlreiche Abstufungen von einem einfachen äusserst kleinen, schwarzen Flecken bis zu einem elegant geformten Augenflecken darboten. Bei einem südamerikanischen Schmetterlinge (Cyllo leda L.~). welcher zu derselben Familie gehört, sind die Augenflecken selbst noch variabler. In manchen Exemplaren (A. Fig. 52) sind grosse Stellen auf der oberen Fläche
E IJl
Fig. 52. Cyllo leda L. , nach einer Zeichnung von alr. Trimcn, die ausserordentliche Weite der
Abänderungen in den Ocellen darstellend.
A Exemplar von Mauritius, obere Fläche des U Exemplar von Java, obere Fläche des Ilinter-
Vorderflügels, flügels,
A1 Exemplar von Natal, ebenso; B1 Exemplar von Mauritius, ebenso.
der Flügel schwarz gefärbt und enthalten unregelmässige weisse Zeichnungen, und von diesem Znstande aus lässt sich eine unvollkommene Stufenreihe verfolgen bis zu einem ziemlich vollkommenen Ocellus (A1); dieser ist das Resultat einer Zusaramenziehung der unregelmässigen Farbenflecke. In einer andern Reihe von Exemplaren lässt sich eine Abstufung verfolgen von äusserst kleinen weissen Flecken, welche von einer kaum sichtbaren schwarzen Linie umgeben werden (B), zu voll-
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Cap. 14. Bildung der Augenflecke. 1(7
kommen symmetrischen und grossen Augenflecken (B1)45. In Fällen wie den vorstehenden erfordert die Entwicklung eines vollkommenen Ocellus keinen langen Verlauf von Abänderungen und Zuchtwahl.
Bei Vögeln und vielen anderen Thieren scheint es nach der Ver-gleichung verwandter Species, als seien die kreisförmigen Flecken dadurch entstanden, dass Streifen unterbrochen und contrahirt wurden. Bei dem Tragopau-Fasan repräsentiren beim Weibchen weisse Linien die schönen weissen Flecken des Männchens46; und etwas derselben Art lässt sich in den beiden Geschlechtern des Argusfasans beobachten. Wie sich dies auch verhalten möge, so gibt es doch Erscheinungen, welche die Annahme sehr stark begünstigen, dass auf der einen Seite ein dunkler Flecken oft dadurch gebildet wird, dass der färbende Stoff nach einem Mittelpunkte von einer umgebenden Zone aus hin gezogen wird, welche hierdurch heller gemacht wird, und auf der anderen Seite, dass ein weisser Flecken oft dadurch gebildet wird, dass die Farbe von einem centralgelegenen Punkte entfernt wird, so dass er sich in einer umgebenden dunklen Zone anhäuft. In beiden Fällen ist ein Augenflecken das Kesnltat. Der färbende Stoff scheint in einer nahezu constanten Menge vorhanden zu sein, wird aber verschiedentlich vertheilt und zwar entweder centripetal oder centrifugal. Die Federn des gemeinen Perlhuhns bieten ein gutes Beispiel weisser Flecken dar, welche von dunkeln Zonen umgeben werden: und wo nur immer die weissen Flecken grösser sind und nahe bei einander stehen, da fliessen die umgebenden dunkeln Zonen zusammen. Bei einer und derselben Schwungfeder des Argus-fasans kann man dunkle Flecken sehen, welche von einer blassen Zone umgeben sind, und weisse Flecken innerhalb einer dunklen Zone. Es erscheint hiernach die Bildung eines Augenfleckens in seinem einfachsten Znstande eine einfache Angelegenheit zu sein. Auf welche weitere Weisen aber die conrplicirteren Augenflecken, welche von vielen aufeinanderfolgenden farbigen Zonen umgeben sind, sich gebildet haben, will ich nicht zu sagen wagen. Erinnert man sich indessen an die gebänderten
*5 Dieser Holzschnitt ist nach einer schönen Zeichnung augefertigt worden, welche Mr. Trimen für mich zn machen die Güte haben: s. auch seine Beschreibung des wunderbaren Betrags von Abänderung in der Färbung nud der Form des Flügels dieses Schmetterlings in seinen: Rhopalocera Africae Australis, p. 180. s. auch einen interessanten Aufsatz von H. PI. Higgins über den Ursprung der Ocellen bei Lepidoptern in dem Quarterly Journal of Science, July, 18G8, p. 325.
16 .Terdon, Birds of India, Vol. III, p. 517.
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J18 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Tlieil.
Federn der Mischlingsnaehkommen von verschieden gefärbten Hühnern und an die ausserordentliche Variabilität der Augen flecken bei vielen Schmetterlingen, so kann die Bildung dieser schönen Ornamente kaum ein ausserordentlich complicirter Process sein und hängt wahrscheinlich von irgend einer unbedeutenden und sich abstufenden Veränderung in der Natur der Gewebe ab.
Abstufung seeundärer Sexualen aracte re. — Fälle von Abstufung sind für uns von Bedeutung, da sie uns zeigen, dass es wenigstens möglich ist, dass sehr bedeutend complicirte Verzierungen durch kleine aufeinanderfolgende Stufen erhalten worden sind. Um die wirklichen Stufen zu entdecken, auf welchen das Männchen irgend eines jetzt existirenden Vogels seine prachtvollen Farben oder anderen Verzierungen erhalten hat, müssten wir die lange Reihe seiner alten und ausgestorbenen Urerzeuger betrachten. Dies ist aber offenbar unmöglich. Wir können indessen allgemein einen Schlüssel zum Ver-ständiiiss durch eine Vergleichung aller Species einer Gruppe, wenn dieselbe grösser ist, erhalten; denn einige von ihnen werden wahrscheinlich mindestens in einer partiellen Art und Weise Spuren ihrer früheren Merkmale beibehalten haben. Statt auf langweilige Einzelnheiten in Bezug auf verschiedene Gruppen einzugehen, aus welchen auffallende Beispiele solcher Abstufungen angeführt werden könnten, scheint es am Besten zu sein, ein oder zwei scharf characterisirte Fälle zu nehmen, z. B. den Pfauhahn, und zu untersuchen, ob auf diese Weise irgend welches Licht auf die Schritte geworfen werden kann, durch welche dieser Vogel so prachtvoll decorirt worden ist. Der Pfauhahn ist hauptsächlich merkwürdig wegen der ausserordentlichen Länge seiner Schwanzdeckfedern, wogegen der Schwanz selbst nicht bedeutend verlängert ist. Die Federfahnen sind fast der ganzen Länge dieser Federn entlang getrennt oder sind aufgelöst. Doch ist dies bei Federn vieler Species der Fall und auch bei einigen Varietäten des Haushuhns und der Taube. Die einzelnen Fahnenäste treten nach der Spitze des Schaftes zu zusammen, um die ovale Scheibe oder den Augenflccken zu bilden, welcher sicherlich eines der schönsten Objecte der Welt ist. Ein solcher besteht aus einem iridescirenden intensiv blauen zahnförmig eingeschnittenen Mittelpunkte, umgeben von einer sattgrünen Zone. Diese wiederum wird von einer breiten kupferbraunen Zone und diese endlich von fünf anderen schmalen Zonen mit unbedeutend verschieden gefärbten
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Cap. 14. Abstufung sccnndärcre Sexualcharactere. HO
iridescirenden Schattirungen umgeben. Vielleicht verdient ein unbedeutender Character in der Scheibe Beachtung. Den Fahneniisten fehlen, eine Strecke lang einer der concentrisehen Zonen entsprechend, in höherem oder geringerem Grade die seitlichen Aestchen, so dass ein Theil der Scheibe von einer fast durchscheinenden Zone umgeben wird, welche derselben einen äusserst eleganten Anstrich gicbt. Jch habe aber an einer anderen Stelle eine genau analoge Abänderung der Siebelfedern einer Untervarietät des Kampfhahns gegeben 4?, bei welcher die Spitzen, welche einen metallischen Anstrich haben, „von dem unteren Theile der .Feder durch eine symmetrisch geformte durchscheinende Zone, getrennt „werden, welche aus den nackten Theilen der Fahnenäste gebildet wird." Der untere Band oder die Basis des dunkelblauen Mittelpunktes des Augenfleckens ist in der Richtung des Schaftes mit einem tiefen zahn-förmigen Einschnitte versehen. Die umgebenden Zonen zeigen, wie man in der Abbildung (Fig. 53) sehen kann, gleichfalls Spuren derartiger Einschnitte oder vielmehr Unterbrechungen. Diese zahnförmigen Einschnitte sind dem indischen und javanischen Pfauhahne iPaco vri-stattis und P. muticus) gemeinsam und sie scheinen mir besondere Aufmerksamkeit zu verdienen, da sie wahrscheinlich mit der Entwickelung des Augenfleckens in Verbindung stehen; aber eine lange Zeit konnte ich ihre Bedeutung auch nicht einmal vermuthen.
Wen wir das Princip der allmählichen Entwickeluug annehmen, so müssen früher viele Species existirt haben, welche jeden der einzeln aufeinanderfolgenden Zustäudo zwischen den wimderbar verlängerten Schwanzdeckfedern des Pfauhalms und den kurzen Schwanzdeckfederu aller gewöhnlichen Vögel darboten; ferner ebenso Zwischenstufen zwischen den prachtvollen Augenflecken der ersteren und den einfachen Ocellon oder den einfach gefärbten Flecken anderer Vögel; und dasselbe gilt auch für alle übrigen Merkmale des Pfauliahus. Sehen wir uns unter den verwandten hühnerartigen Vögeln nach irgend welchen gegenwärtig noch bestehenden Abstufungen um. Die Species und Subspecies von Poly-pleclron bewohnen Länder, welche an das Heimathland des Pfauhahns grenzen und sind diesem Vogel insoweit ähnlich, dass sie zuweilen Pfatien-fasanen genannt werden. Mir hat auch Mr. Bahtlett mitgetheilt, dass sie dem Pfauhahne in ihrer Stimme und in einigen Zügen ihrer Lebensweise ähnlich sind. "Während des Frühjahrs stolziren, wie früher be-
47 Das Variiren der Tüiere und Pflanzen im Zustande der Pomestication. Bd. 1, S. 314.
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|0() Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
sclii'iebcn wurde, die Männchen vor den vergleichsweise einfach gefärbten Weibchen einher, breiten ihren Schwanz und ihre Schwungfedern aus und richten sie auf, welche beide mit zalilreichen Augenflecken verziert sind. Ich ersuche den Leser, seinen Blick zurück auf die Zeichnung eines Polypleclron zu werfen (Fig. 51, S. 77). Bei P. Napoleonis sind die Augenflecken auf den Schwanz beschränkt und der Kücken ist von einem reichen metallischen Blau, in welchen Beziehungen diese Species sich dem javanischen Pi'auhahne nähert. P. llardicickü besitzt einen eigentümlichen Federstutz in einer gewissen Weise dem derselben Pfauenart ähnlich. Die Augenflecken auf den Flügeln und dem Schwänze
Fig. 53. Feder des Pfanhahns, ungefähr zwei Drittel der natürlichen Grösse, sorgfaltig von 31r.
Ford gezeichnet. Die durchscheinende Zone ist durch die äusserste weisse Zone dargestellt, welcho
auf das obere Ende der Scheibe beschrankt ist.
der verschiedenen Species von Polypleclron sind entweder kreisförmig oder oval und bestehen aus einer schönen iridescirenden grünlich-blauen oder grünlich-purpurnen Scheibe mit einem schwarzen Bande. Dieser Band schattirt sich bei P. Chinquis in braun ab, welches wieder mit blassrosa umrändert ist, so dass der Augenflecken hier von verschiedenen, wenn auch nicht glänzend schattirten concentrischen Farben-Zonen um-
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Cap. 14. Bildung der Augenflecke. 121
geben ist. Die ungewöhnliche Länge der Schwanzdeckfedern ist ein anderer äusserst merkwürdiger Character bei Polyplectron. Denn in einigen Species sind sie halb so lang und in anderen zwei Drittel so lang als die echten Schwanzfedern. Die Schwanzdeckfedern sind mit Augenficcken versehen, wie beim Pfauhahne. Es bilden hierdurch die' verschiedenen Species von Polyplectron offenbar eine allmähliche Annäherung an den Pfauhahn und zwar in der Länge ihrer Schwanzdeck-federn, in den Zonen ihrer Augenflecken und in einigen anderen Characteren.
Trotz dieser Annäherung veranlasste mich beinahe doch die erste Species von Polyplectron, welche ich durch Zufall zur Untersuchung unter die Hände bekam, die ganze Prüfung aufzugeben; denn ich fand nicht nur, dass die wirklichen Schwanzfedern, welche beim Pfauhahne völlig gleich gefärbt sind, mit Augenflecken verziert waren, sondern dass die Augenflecke auf allen Federn fundamental von denen beim Pfauhahne verschieden waren und zwar dadurch, dass sich an einer und derselben Feder zwei solcher Flecken fanden (Fig. 54), einer auf jeder Seite des Schaftes. Ich kam hierdurch zu der Folgerung, dass die frühen Urerzcugcr der Pfau-hahns einem Polyplectron in gar keinem Grade ähnlich gewesen sein könnten. Als ich aber meine Untersuchung fortsetzte, beobachtete ich, dass in einigen der Species die beiden Augenflecken einander sehr nahe standen, dass bei den Schwanzfedern von P. Hardwickii sie sich einander berührten und endlich dass sie bei den Schwanzdeckfedern dieser letzteren Species ebenso wie bei P. malaccense (Fig. 55) factisch zusammenflössen. „ Da nur der centrale Theil Beider ineinander fliesst, so bleibt am oberen und unteren Ende ein zahnförmiger Einschnitt übrig, wie auch die umgebenden gefärbten Zonen gleichfalls eingezahnt sind. Hierdurch wird auf jeder Schwanzdeckfeder ein einfacher Augenflecken gebildet, wenngleich er noch
Fig. 54. Theil einer Schwanzdeckfeder von Polyplrctron chhiquis mit den beiden Ocellen, in natürl. Grösse.
'ig. 5.">. Theil einer Schwanzdeck-foder von Pohrplevtron malaccense mit den beiden Ocellen , welche theilweise ziisaminonfliessen ; natürl. Grösse.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
deutlich seinen Ursprung aus dem doppelten Flecken vcrräth. Diese zusammenflicssendcii Augenflecken weichen von den einfachen Ocellen des Pfauhahns dadurch ab, dass sie einen zalmförmigen Einschnitt an beiden Enden besitzen, statt dass sie nur am unteren oder basalen Ende einen solchen hätten. Die Erklärung dieser Verschiedenheit ist indessen nicht schwierig. In einigen Arten von Polyplectron stehen die beiden ovalen Augenflecken auf einer und derselben Feder einander parallel, bei anderen Species (so bei P. Chinquis) convergiren sie nach einem Ende hin. Es wird nun das theilweise Zusammenfliessen zweier convergirender Augenflecken offenbar einen viel tieferen Einschnitt an dem divergirenden Ende bestehen lassen, als an dem convergirenden Ende. Es ist auch ganz offenbar, dass wenn die Convergenz stark ausgesprochen und das Zusammenfliessen vollständig ist, die Indentation an dem convergirenden Ende völlig obliterirt zu werden strebt.
Die Schwanzfedern bei beiden Species des Pfauhahns sind völlig ohne Augenflecken, und dies steht offenbar in Beziehung zu dem Umstände, dass sie von den langen Schwanzdeckfedern verdeckt und verborgen werden. In dieser Beziehung weichen sie merkwürdig von den Schwanzfedern von Polyplectron ab, welche in den meisten Species mit grösseren Ocellen verziert sind, als diejenigen auf den Sclnvanzdeck-federn sind. Ich wurde hierdurch veranlasst, sorgfältig die Schwanzfedern der verschiedenen Species von Polyplectron zu untersuchen, um nachzusehen, ob die Augenflecken bei irgend einer derselben eine Neigung zum Verschwinden zeigten, und zu meiner Genugthunng hatte ich hierbei Erfolg. Die centralen Schwanzfedern von P. Xapoleonis haben beide Augenflecken auf jeder Seite des Schaftes vollständig entwickelt, aber der innere Augenflecken -wird bei den mehr nach aussen gelegenen Schwanzfedern immer weniger und weniger deutlich, bis an der inneren Seite der äussersten Feder ein blosser Schatten oder eine rudimentäre Spur eines Fleckens übrig bleibt. Ferner sind, wie wir gesehen haben, bei P. malaccense die Augenflecken an den Schwanzdeckfedern zusammen-fliessend, und diese Federn selbst sind von einer ungewöhnlichen Länge, indem sie zwei Drittel der Länge der Schwanzfedern betragen, so dass in diesen beiden Beziehungen sie den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns ähnlich sind. Bei dieser Species nun sind nur die beiden centralen Schwanzfedern und zwar jede mit zwei hell gefärbten Ocellen verziert, während die Augenflecken von den inneren Seiten aller übrigen Schwanzfedern völlig verschwunden sind. Es bilden folglich die Sehwanzdeck-
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Cap. \i. Argusfasan. 123
federn und die Schwanzfedern dieser Specics von Polyptectron eine bedeutende Annäherung in der Structur und Verzierung an die entsprechenden Federn des Pfanhahns dar.
So weit denn nun das Princip der Abstufung irgend welches Licht auf die Schritte wirft, durch welche das prachtvolle Gehänge des Pfauhahns erlangt worden ist, braucht kaum noch irgend etwas mehr nachgewiesen zu werden. Wir können uns im Geiste einen Urerzeuger des Pfauhahns in einem beinahe genau intermediären Zustande zwischen dem jetzt existirenden Pfauhahne mit seinen enorm verlängerten Schwanzdeckfedern, die mit einfachen Augenflecken verziert sind, und einem gewöhnlichen hühneravtigen Vogel mit kurzen Schwanzdeckfedern, die bloss mit etwas Farbe gefleckt sind, vormalen; und wir werden dann mit unserem geistigen Auge einen Vogel erblicken, welcher der Aufrichtung und Entfaltung fähig, mit zwei zum Theil zusammenfliessenden Augen-flecken verzierte und fast bis zum Verbergen der eigentlichen Schwanzfedern verlängerte Schwanzdeckfedern besitzt, während die letzteren bereits ihre Augenflecken zum Theil verloren haben. Wir werden, um kurz zu sein, ein Polyplertron erblicken. Der zahnförmige Einschnitt der centralen Scheibe und der umgebenden Ringe, der Angenflecken in beiden Species von Pfauen scheint mir deutlich zu Gunsten dieser Ansicht zu sprechen, und es wäre diese Structur auch sonst unerklärlich. Die Männchen von Polt/p'ec-Iron sind ohne Zweifel sehr schöne Vögel; es kann aber ihre Schönheit, wenn sie aus einer geringeren Entfernung betrachtet werden, mit der des Pfauhahus. wie ich einst selbst im zoologischen Garten sah, nicht verglichen werden. Viele weibliche Vorfahren des Pfauen müssen während einer langen Descendenzreihe diese Superiorität gewürdigt haben; denn sie haben unbewnsst durch das fortgesetzte Vorziehen der schönsten Männchen den Pfauhahn zum glänzendsten aller lebenden Vögel gemacht.
Argusfasan. — Einen anderen ausgezeichneten Fall zur Untersuchung bieten die Augenflecken auf den Schwungfedern des Argusfasans dar, welche in einer so wundervollen Weise schattirt sind, dass sie innerhalb Sockeln liegenden Kugeln gleichen, und welche von den gewöhnlichen Augenflecken verschieden sind. Ich glaube, es wird wohl Niemand diese Schattirung, welche die Bewunderung vieler erfahrener Künstler erregt hat, dem Zufall zuschreiben, — dem zufälligen Zusammentritte von Atomen gefärbter Substanzen. Dass diese Ornamente sich durch eine behufs der Paarung ausgeübte Auswahl vieler aufein-
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124 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
anderfolgender Abänderungen gebildet haben sollten, von denen nicht eine einzige ursprünglich bestimmt war, diese Wirkung einer Kugel im Sockel hervorzubringen, scheint so unglaublich, als dass sich eine von Raphael's Madonnen durch die Wahl zufällig von einer langen Reihe jüngerer Künstler hingekleckster Schmierereien gebildet hätte, von denen nicht eine einzige ursprünglich bestimmt war, die menschliche Figur wiederzugeben. Um zu entdecken in welcher Weise sich die Augenflecken bestimmt entwickelt haben, können wir auf keine lange Reihe von Urerzeugern blicken, auch nicht auf verschiedene nahe verwandte Formen, denn solche existiren nicht; aber glücklicher Weise geben uns die verschiedenen Federn am Flügel einen Schlüssel zur Lösung des Problems und sie beweisen demonstrativ, dass eine Abstufung von einem einfachen Flecken bis zu einem vollendeten Kugel-und Sockel-Ocellus wenigstens möglich ist.
Die die Augenflecken tragenden Schwungfedern sind mit dunklen Streifen oder Reihen dunkler Punkte bedeckt, wobei jeder Streifen oder jede Reihe schräg an der äusseren Seite des Schaftes nach einem Augenflecke hinläuft. Die dunklen Punkte sind meist in querer Richtung in Bezug auf die Reihe, in welcher sie stehen, verlängert. Sie werden oft zusammentlicssend entweder in der Richtung der Reihe — und dann bilden sie einen longitudinalen Streifen — oder quer, d. h. mit den Flecken in den benachbarten Reihen, und dann bilden sie quere Streifen. Zuweilen löst sich ein Flecken in kleine Flecken auf, welche noch immer an ihren betreffenden Plätzen stehen.
Es dürfte angemessen sein, zuerst einen vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken zu beschreiben. Ein solcher besteht aus einem intensiv schwarzen, kreisförmigen Rande, welcher einen Raum umgibt, der genau so abschattirt ist, dass er einer Kugel ähnlich wird. Die hier mitgetheilte Abbildung ist von Mr. Ford wunderbar genau gezeichnet und in Holz geschnitten worden. Es kann aber ein Holzschnitt die ausgezeichnete Schattirung des Originals nicht wiedergeben. Der Ring ist beinahe immer an einem in der oberen Hälfte liegenden Punkte etwas nach rechts und nach oben von dem weissen Lichte der eingeschlossenen Kugel unbedeutend unterbrochen (s. Fig. 56), zuweilen ist er auch nach der B-asis zu an der rechten Seite unterbrochen. Diese kleinen Unterbrechungen haben eine wichtige Bedeutung. Der Ring ist nach dem linken oberen Winkel, wenn man die Feder aufrecht hält, in welcher Stellung sie hier gezeichnet ist, immer sehr verdickt, wobei
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Cap. 14. Argusfasan, Augenfleeke. 125
die Ränder sehr undeutlich umschrieben sind. Unter diesem verdickten Tlieile findet sich auf der Oberfläche der Kugel eine schräge, beinahe rein weisse Zeichnung, welche nach abwärts in einen blassbleifarbigen Ton abscliattirt ist, und diese geht wieder in gelbliche und braune Färbungen über, welche nach dem unteren Theile der Kugel merklich dunkler und dunkler werden. Es ist gerade diese Schattirung, welche in einer so wunderbaren Weise die Wirkung hervorbringt, als scheine Licht auf eine convexe Oberfläche. Untersucht mau eine dieser Kugeln, so wird man finden, dass der untere Theil von- einer brauneren Färbung und undeutlich durch eine gekrümmte schräge Linie von dem oberen Tlieile geschieden ist, welcher gelber und mehr bleiern aussieht. Diese schräge Linie läuft in rechtem Winkel auf die längere Achse des weissen Lichtflecks und in der That aller Scliat-tirungen. Aber diese Verschiedenheit in den Tinten, welche natürlich nicht wiedergegeben werden kann, stört nicht im allermindesten die vollkommene Schattirung der Kugel 4lt. Man muss noch besonders beachten, dass jeder Augenflecken in offenbarem Zu-
48 Wenn der Argusfasan seine Schwungfedern wie einen grossen Fächer entfaltet, so stehen die dem Körper zunächst sich findenden aufrechter als die äusseren, so dass die Schattirung der Kugel- und Sockel-Augenflecken auf verschiedenen Federn unbedeutend von einander verschieden sein müssten, um im Verhältniss zum auffallenden Lichte ihre volle Wirkung hervorzubringen. Mr. T. W. Wood, welcher das erfahrene Auge eines Künstlers besitzt, behauptet (Zeitsehrift „Field", May 28., 1870, p. 457), dass dies der Fall ist. Nachdem ich aber sorgfältig zwei ausgestopfte Exemplare (von welehem einen Mr. Gould mir die betreffenden Federn zur genaueren Vergleiehimg gegeben hat) untersucht habe, kann ich nicht wahrnehmen, dass dieser Gipfel der Vollendung in der Schattirung erreicht worden ist; auch können Andere, welchen ioh diese Federn gezeigt habe, diese Thatsaehe nieht erkennen.
a b c
Fig. 56. Theil einer Schwanzfeder zweiter Ordnung vom Argusfasan , welcher zwei vollständige Augenflecken (a und b) zeigt. A, B, C dunkle Streifen, welche schräg nach abwärts laufen, ein jeder zu einem Oeellus.
(Von der Fahne ist auf beiden Seiten , besonders links vom Schafte , ein grosses Stück abgesebnitten worden.)
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(26 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
sammenhange mit einein dunklen Streifen oder einer Reibe dunkler Flecken steht, denn beide kommen ganz indifferent an einer und derselben Feder vor. So läuft in b'igur 56 der Streifen A zu dem Augcn-flecken a, der Streifen B läuft zu dem Flecken b, der Streifen G ist in dem oberen Tbeilc unterbrochen und läuft abwärts zu dem nächstfolgenden Augenficcken, welcher im Holzschnitte nicht mehr dargestellt ist. Dasselbe gilt für die Streifen B und F. Endlich werden die verschiedenen Augenflecken durch eine blasse Fläche, welche unregelmässige schwarze Zeichnungen trägt, von einander getrennt.
Ich will nun zunächst das andere Extrem der Reibe beschreiben, nämlich die erste Spur eines Augenflecken. Die kurze. Schwinge zweiter Ordnung (Fig. 57) zunächst dem Körper ist wie die übrigen Federn mit schrägen longitudinalen im ganzen unregelmässigen Reihen von Flecken gezeichnet. Der unterste Flecken, oder der am nächsten dem Schafte, ist in den fünf unteren Reihen (mit Ausnahme der basalen Reihe) um ein Weniges grösser als die anderen Flecken in derselben Reihe und ein wenig mehr in einer queren Richtung verlängert. Er weicht auch von anderen Flecken dadurch ab, dass er an seiner oberen Seite mit einigen mattgelben
zweiter Ordnung, zunächst dem Körper. ScliattirUllgeU gei'ÜUdei't ist. Es ist abd'
dieser Flecken in keiner Weise merkwürdiger, als die am Gefieder vieler Vögel auftretenden und kann leicht völlig übersehen werden. Der nächst höhere Flecken in jeder Reihe weicht durchaus nicht von den oberen in derselben Reihe ab, obsebon er, wie wir sehen werden, in den folgenden Reihen bedeutend modificirt wird. Die grösseren Flecken nehmen genau dieselbe relative Stellung an dieser Feder ein, wie die vollkommenen Augenflecken an den längeren Schwungfedern.
Betrachtet man die nächsten zwei oder drei folgenden Schwingen zweiter Ordnuug, so lässt sich eine absolut unmerkbare Abstufung von einem der eben beschriebenen unteren Flecken in Verbindung mit den nächst höheren in derselben Reihe bis zu einer merkwürdigen Verzierung verfolgen, welche nicht ein Augenflecken genannt werden kann und
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Oap. 14. . Argusfasaii, Angenflecke, 127
welche ich aus Mangel eines besseren Ausdrucks ein „elliptisches Or-„nainent* nennen will. Diese werden in der beistehenden Figur erläutert (Fig. 58). Wir sehen hier mehrere schräge Reihen von Flecken des gewöhnlichen Characters A, B, C, D, (s. die mit Buchstaben versehene TTmrisszeiclmung). Jede Reihe von Flecken läuft abwärts nach einem der elliptischen Ornamente hin und steht mit ihm in Verbindung, in genau derselben Weise wie jeder Streifen in Figur 56 abwärts zu einem
Fig. 58. Abschnitt einer der Schwungfedern zweiter Ordnung nahe am Körper, die sogenannten
elliptischen Ornamente zeigend. Die Figur rechts ist nur als schematisclier Umriss beigegeben
worden wegen der Buchstabenzeichnung.
A, C, C u. s. f. Reihen von Flecken, welche c der nächst folgende Flecken oder die nächste
nach abwärts zu den elliptischen Ornamen- Zeichnung in derselben Reihe.
ten laufen und diese bilden. d Allem Anscheine nach eine unterbrochene
b Unterster Flecken oder Zeichnung in der Reihe IS. Verlängerung des Fleckens c in der Reiho B.
der Kugel- und Sockel-Augenflecken läuft und mit diesem in Verbindung steht. Fasst man irgend eine Reihe in das Auge, z. B. B; so ist der unterste Flecken oder die unterste Zeichnung (b) dicker und beträchtlich länger als die oberen Flecken und sein linkes Ende ist zugespitzt und nach oben gekrümmt. Die schwarze Zeichnung wird in ihrer oberen Seite von einem im ganzen breiten Räume reich schattirter Färbungen eingefasst, welche mit einer schmalen braunen Zone beginnen, die wieder in eine orangene und diese in eine blasse bleifarbige Färbung übergeht, wobei das Ende nach dem Schafte hin blässer ist. Diese Zeichnung entspricht in jeder Beziehung dem grösseren schattirten Flecken, welcher in dem letzten Abschnitte (Fig. 57) beschrieben wurde, ist aber viel
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128 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. IT. Theil.
weiter entwickelt und viel heller gefärbt. Nach oberhalb und rechts von diesem Flecken (b) mit seiner hellen Schattirung findet sich eine lange schmale schwarze Zeichnung (c), welche zu derselben Reihe gehört und welche ein wenig nach abwärts gekrümmt ist, so dass sie b gegenübersteht. Sie wird auch an der unteren Seite von einer gelblichen Färbung schmal gerändert. Nach links und oben von c findet sich in derselben schrägen Richtung aber immer mehr oder weniger abgesetzt von ihr eine andere schwarze Zeichnung (d). Diese Zeichnung ist allgemein subtriaugulär und in der Form unregelmässig, aber die in der Umrisszeichnung mit dem Buchstaben versehene ist ungewöhnlich verlängert und regelmässig. Sie besteht dem Anscheine nach aus einer seitlichen und unterbrochenen Verlängerung der Zeichnung c, wie ich aus den Spuren ähnlicher Verlängerungen der darauf folgenden oben) Flecken schliesse; doch bin ich hierüber nicht sicher. Diese drei Zeichnungen b, c und d, mit den dazwischen tretenden helleren Schattirun-gen bilden zusammen das sogenannte elliptische Ornament. Diese Ornamente stehen in einer dem Schafte parallelen Reihe und entsprechen offenbar ihrer Lage nach den Kugel- und Sockel-Augenflecken. Ihre ausserordentlich elegante Erscheinung kann nach der Zeichnung nicht gewürdigt werden, da die orangenen und bleifarbigen Färbungen, die so schön mit den schwarzen Färbungen contrastiren, nicht dargestellt werden können.
Zwischen einem der elliptischen Ornamente und einem vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken ist die Abstufung so vollkommen, dass es kaum möglich zu entscheiden ist, wenn der letztere Ausdruck in Gebrauch treten soll. Ich bedaure, dass ich nicht noch eine weitere Zeichnung ausser Fig. 58 gegeben habe, welche ungefähr halbwegs in der Reihe zwischen einem der einfacheren Flecken und einem vollkommenen Ocellus in der Mitte steht. Der Uebergang von dem elliptischen Ornamente in einen Augenflecken wird durch die Verlängerung und grössere Krümmung in entgegengesetzten Richtungen der unteren schwarzen Zeichnung (b) und besonders noch der obern (c) in Verbindung mit einem Zusammenziehen der unregelmässigen subtriangulären oder schmalen Zeichnung (d) bewirkt, so dass endlich diese drei Zeichnungen zusammenfliessend werden und einen regelmässigen elliptischen Ring bilden. Dieser Ring wird allmählich mehr und mehr kreisförmig und regelmässig,- während er in derselben Zeit an Durchmesser zunimmt. Spuren der Verbindung aller drei verlängerten Flecken oder
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Cap. 14. Abstufung der Charactere. 129
Zeichnungen, besonders der beiden oberen, können noch in vielen der vollkommensten Augenflecken beobachtet werden. Es wurde der unterbrochene Zustand des schwarzen Ringes an der oberen Seite des Augenfleckens in Figur 56 hervorgehoben. Die unregelmässige subtrianguläre, oder schmale Zeichnung (d) bildet offenbar durch ihre Zusammenzieliung und Ausgleichung die verdickte Partie des Ringes an der linken oberen Seite des vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenfleckens. Der untere Theil des Ringes ist ausnahmslos ein wenig dicker als die anderen Theile (s. Fig. 56) und dies folgt daraus, das die untere schwarze Zeichnung des elliptischen Ornaments (b) ursprünglich dicker war, als die obere Zeichnung (c). In dem Processe des -Zusammenfliessens und der Modification kann jeder einzelne Schritt verfolgt werden, und der schwarze Ring, welcher die Kugel des Ocellus umgibt, wird ohne Frage durch die Verbindung und iModificatioii der drei schwarzen Zeichnungen b, c, d, des elliptischen Ornamentes gebildet. Die unregelmässigen schwarzen Zickzackzeichmingen zwischen den aufeinanderfolgenden Augenflecken (s. wiederum Fig. 56) sind offenbar Folge davon, dass die etwas regelmässigem], aber ähnlichen Zeichnungen zwischen den elliptischen Ornamenten unterbrochen werden.
Die auf einander folgenden Abstufungen in der Schattirung der Kugel- und Sockel-Augenflccken können mit gleicher Deutlichkeit verfolgt werden. Es lässt sich beobachten, wie die braunen, orangenen und blass-bleifarbenen schmalen Zonen, welche die untere schwarze Zeichnung des elliptischen Ornaments begrenzen, sich allmählich immer mehr und mehr ausgleichen und in einander abschattiren, wobei der obere hellere Theil nach dem Winkel linker Hand immer heller wird, so dass er fast weiss erscheint. Aber selbst in dem vollkommensten Kugel- und Sockel-Ocellus lassen sich unbedeutende Verschiedenheiten in den Färbungen, wenn auch nicht in der Schattirung, zwischen den oberen und unteren Theilen der Kugel beobachten (wie vorher ausdrücklich erwähnt wurde). Denn die Tretinungslinie verläuft in derselben Richtung mit den hell gefärbten Lichtern des elliptischen Ornamentes. Es lässt sich in dieser Weise zeigen, dass fast jedes minutiöse Detail in der Form und Färbung der Kugel- und Sockel-Augeu-flecken aus allmählichen Veränderungen au den elliptischen Ornamenten hervorgeht und die Entwicklung der letzteren kann durch in gleicher Weise unbedeutende Schritte aus der Vereinigung zweier beinahe ein-
D\RWI>r, Abstammung. IE. Zweite Auflagt). 9
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
facher Flecken verfolgt werden, von denen der untere (Figur 57) an seiner oberen Seite eine kleine, mattgelbliche Schattirung zeigt.
Die Enden der längeren Schwungfedern zweiter Ordnung, welche die vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken tragen, sind in eigentümlicher Weise verziert (Fig. ö9). Die sclirägen longitudinalen Streifen
hören nach oben hin plötzlich auf und werden unregelmässig und oberhalb dieser Grenze ist das ganze obere Ende der Feder (a) mit weissen, von kleinen schwarzen Bingen umgebenen Flecken bedeckt, welche auf einem dunkeln Grunde stehen. Selbst der schräge Streifen, welcher zu dem obersten Augenflecken gehört (1)), wird nur durch eine sehr kurze, unregelmässige schwarze Zeichnung mit der gewöhnlichen gekrümmten queren Basis dargestellt. Da dieser Streifen hiermit nach oben plötzlich abgeschnitten wird, so können wir nach dem, was vorausgegangen ist, verstehen, wie es kommt, dass der obere verdickte Theil des Ringes bei dem obersten Augenflecken fehlt; denn wie früher angegeben wurde, wird dieser verdickte Theil dem Anscheine nach durch eine unterbrochene Verlängerung des nächst höheren Fleckens in derselben Reihe gebildet. Wegen der Abwesenheit des oberen und verdickten Theiles des Ringes erscheint der oberste Augenflecken, trotzdem er in allen übrigen Beziehungen vollkommen ist, so, als wenn sein oberes Ende schräg abgeschnitten wäre. Ich glaube, es würde Jedermann, welcher glaubt, dass das Gefieder des Argusfasans so wie wir es jetzt sehen erschaffen sei, in Verlegenheit bringen, sollte er den unvollkommenen Zustand der obersten Augenflecken erklären. Ich will noch hinzufügen, dass bei den vom Körper entferntesten Scliwungfedern zweiter Ordnung alle Augenflecken kleiner und weniger vollkommen sind als an den übrigen Federn und dass bei ihnen die oberen Theile der äusseren schwarzen Ringe fehlen, wie in dem eben erwähnten Falle.
Fig. 59. Partie einer der Schwungfedern zweiter Ordnung nahe der Spitze, vollkommene Kugel- und Soekel-Augonfleeke tragend.
a. Verzierter eberer Theil.
b. Oberster, unvollkommener Kugel-uud Sockel-Augenfleck (die Schattirung oberhalb der weisson Zeichnung auf der Spitze des Ocellus ist hier ein wenig zu dunkel).
c. Vollkommener Augenfleck.
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Cap. 14. Abstufung der Charactere. 131
Hier scheint die Unvollkommenheit mit der Thatsaehc in Verbindung zu stehen, dass die Flecken an dieser Feder weniger als gewöhnlich die Neigung zeigen, zu Streifen zusammenzufliessen; sie werden im Gegen-theile oft in kleinere Flecken aufgelöst, so dass zwei oder drei nach abT wärts zu jedem Augeniiecken laufen.
Wir haben nun gesehen, dass eine vollkommene Reihe von zwei beinahe einfachen Flecken, die ursprünglich völlig distinct von einander sind, bis zu einer jener wundervollen Kugel- und Sockel-Verzierungen sich verfolgen lässt. Mr. Gould, welcher mir einige dieser Federn freundlichst überliess, stimmt durchaus mit mir in Bezug auf die Vollständigkeit der Abstufung überein. Offenbar zeigen uns die von den Federn eines und des nämlichen Vogels dargebotenen Bntwickelungs-stufen durchaus nicht uothwendig die Schritte an, durch welche die ausgestorbenen ürerzeuger der Species hindurchgegangen sind; sie geben uns aber wahrscheinlich den Schlüssel für das Verständniss der wirklichen Schritte und beweisen mindestens bis zur Demonstration, dass eine Abstufung möglich ist. Vergegenwärtigen wir uns, wie sorgfältig der männliche Argusfasan seine Schmuckfedern vor dem Weibchen entfaltet, ebenso wie die vielen anderen Thatsachen, welche es wahrscheinlich machen, dass weibliche Vögel die anziehenderen Männchen vorziehen, so wird Niemand, der die Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl zugibt, läugnen können, dass ein einfacher dunkler Flecken mit einer mattgelblichen Schattirurg durch die Annäherung und Modifica-tion der benachbarten Flecken in Verbindung mit einer unbedeutenden Verstärkung der Färbung in eines der sogenannten elliptischen Ornamente umgewandelt werden kann. Diese letzteren Verzierungen sind vielen Personen gezeigt worden und alle haben zugegeben, dass sie ausserordentlich hübsch sind. Einige halten sie sogar für schöner als die Kugel- und Sockel-Augenflecken. In der Weise wie die Schwungfedern zweiter Ordnung durch geschlechtliche Zuchtwahl verlängert wurden und die elliptischen Ornamente im Durchmesser zunahmen, wurden ihre Farben dem Anscheine nach weniger hell; und es musste nun die Verzierung der Schmuckfedern durch Verbesserungen der Zeichnung und Schattirung erreicht werden. Dieser Vorgang ist nun eingetreten bis zur endlichen Entwicklung der wundervollen Kugel- und Sockel-Augenflecken. In dieser Weise — und wie mir scheint in keiner anderen — können wir den jetzigen Zustand und den Ursprung der Verzierungen auf den Schwungfedern des Argusfasans verstehen.
9*
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132 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
In Folge des Lichtes, welches das Princip der Abstufung uns gibt, — nach dem, was wir von den Gesetzen der Abänderung wissen, — nach den Veränderungen, welche in vielen unserer domesticirten Vögel stattgefunden haben, — uud endlich (wie wir später noch deutlicher sehen werden) nach dem Character des Jugendgefieders jüngerer Vögel können wir zuweilen mit einem gewissen Grade von Vertrauen die wahrscheinlichen Schritte andeuten, durch welche die Männchen ihr brillantes Gefieder und ihre verschiedenen Verzierungen erlangt haben. Doch sind wir in vielen Fällen in Dunkelheit gehüllt. Vor mehreren Jahren machte mich Mr. Gould auf einen Kolibri aufmerksam, die Urosticte Benjamin!, welcher wegen der eigenthüinlichen Verschiedenheit, die die beiden Geschlechter darbieten, merkwürdig ist. Das Männchen hat ausser einer glänzenden Kehle grünlichschwarze Schwanzfedern, deren vier centralen mit Weiss gespitzt sind. Bei dem Weibchen sind, wie bei den meisten der verwandten Species, die drei äusseren Schwanzfedern auf jeder Seite mit Weiss an der Spitze versehen, so dass das Männchen die vier centralen, das Weibchen dagegen die sechs äusseren Federn mit weissen Spitzen verziert besitzt. Was den Fall so eigentümlich macht ist, dass, obgleich die Färbung des Schwanzes in beiden Geschlechtern vieler Arten von Kolibris verschieden ist, Mr. Gould doch nicht eine einzige Species ausser der Urosticte kennt, bei welcher das Männchen die vier centralen Federn mit weisser Spitze versehen hätte.
Der Herzog von Argyll bespricht diesen Fall49, übergeht die geschlechtliche Zuchtwahl und fragt, „welche Erklärung gibt das Gesetz „der natürlichen Zuchtwahl für solche speeifische Varietäten, wie diese?" Er antwortet: „durchaus keine", und ich stimme mit ihm vollkommen überein. Kann dies aber mit gleicher Zuversicht von der geschlechtlichen Zuchtwahl gesagt werden? Wenn man sieht, in wie vielfacher Weise die Schwanzfedern der Kolibris verschieden sind, warum könnten nicht die vier centralen Federn allein in dieser einzigen Species so va-riirt haben, dass sie weisse Spitzen erlangten? Die Abänderungen können allmählich, oder auch etwas plötzlich eingetreten sein, wie in dem neuerdings mitgetheilten Falle der Kolibris in der Nähe von Bogota, bei denen nur bei gewissen Individuen „die centralen Schwanzfedern wunderschöne grüne Spitzen haben". Bei den Weibchen der Urosticte bemerkte ich äusserst kleine oder rudimentäre weisse Spitzen 19 The Reign of Law, 18G7, p. 247.
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Cap. 14. Abstufung der CLaracterc. 133
an den zwei äusseren der vier centralen schwarzen Schwanzfedern, so dass wir hier eine Andeutung einer Veränderung irgend welcher Art in dem Gefieder dieser Species vor uns sehen. Geben wir die Möglichkeit zu, dass die centralen Schwanzfedern des Männchens in ihrem Weisswerden variiren, so liegt darin nichts Fremdartiges, dass derartige Variationen von der geschlechtlichen Wahl berücksichtigt worden sind. Die weissen Spitzen tragen in Verbindung mit den kleinen weissen Ohrbüscheln, wie, der Herzog von Arstll zugibt, sicherlich zur Schönheit des Männchens bei, und die weisse Farbe wird allem Anscheine nach von allen anderen Vögeln gewürdigt, wie sich aus derartigen Fällen schliessen lässt, wie das schueeweisse Männchen des Glockenvogels einen solchen darbietet. Die von Sir R. Heron gemachte Angabe sollte nicht in Vergessenheit kommen, dass nämlich seine Pfauhennen, als sie vom Zutritte zu dem gefleckten Pfauhalme abgeschnitten waren, mit keinem anderen Männchen sich verbinden wollten und während dieses Jahres keine Nachkommen producii'ten. Es ist auch nicht befremdend, dass Abänderungen an den Schwanzfedern der Urosticle speciell des Ornamentes wegen ausgewählt sein sollten. Denn das nächstfolgende Genus in der Familie erhält seinen Namen MetaUura von dem Glänze dieser Federn. Nachdem Mr. Gould das eigentümliche Gefieder der Urosticle beschrieben hat, fügt er hinzu: »dass Verzierung und Abwechselung das einzige Ziel hierbei ist, darüber besteht bei mir nur wenig »Zweifel" ,ü. Wird dies zugegeben, so können wir einsehen, dass die Männchen, welche in der elegantesten und neuesten Art und Weise gekleidet waren, einen Vortheil erlangten, und zwar nicht im gewöhnlichen Kampfe um's Dasein, sondern in dem Rivalisiren mit anderen Männchen, und dass sie folglich eine grössere Zahl von Nachkommen hinter-liessen, um ihre neu erlangte Schönheit zu vererben.
Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 110.
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'Fünfzehntes Capitel.
Yögel (Fortsetzung).
Erörterung, warum in manchen Species allein die Männchen, und in andern Spe-cies beide Geschlechter glänzend gefärbt sind. — Ueber geschlechtlich beschränkte Vererbung, in ihrer Anwendung auf verschiedene Bildungen und auf ein hell gefärbtes Gefieder. — Nestbau in Beziehung zur Farbe. — Verlust des Hochzeitsgefieders während des Winters.
Wir haben in diesem Capitel zu betrachten, warum bei vielen Arten von Vögeln das Weibchen nicht dieselben Verzierungen erhalten hat, wie das Männchen, und warum bei vielen andern Vögel beide Geschlechter in gleicher Weise oder in beinahe gleicher Weise verziert sind. Im folgenden Capitel werden wir dann untersuchen, warum in einigen seltenen Fällen das Weibchen in die Augen fallender gefärbt ist als das Männchen.
In meiner „Entstehung der Arten" l habe ich vorübergehend die Vermuthung ausgesprochen, dass der lange Schwanz des Pfauhahns, ebenso wie die auffallende schwarze Farbe des männlichen Auerhuhns für das Weibchen unzweckmässig und selbst gefährlich wäre, solange es dem Brütgeschäfte obzuliegen hat, und dass in Folge hiervon die Ueberlieferung dieser Charactere vom Männchen auf weibliche Nachkommen durch die natürliche Zuchtwahl gehemmt worden sei. Ich glaube noch immer, dass in einigen wenigen Beispielen dies eingetreten ist; aber nachdem ich alle Thatsachen, welche ich zusammenzubringen im Stände war, reiflich überdacht habe, bin ich jetzt zu der Annahme geneigt, dass, wenn die Geschlechter verschieden sind, die aufeinander folgenden Abänderungen allgemein vom Anfange an in der Ueberlieferung auf dasselbe Geschlecht beschränkt gewesen sind, bei welchem sie zuerst auftraten. Seitdem meine Bemerkungen hierüber erschienen sind, ist der Gegenstand der geschlechtlichen Färbung in einigen sehr interessanten Aufsätzen von Mr. Wallace 2 erörtert worden, welcher der
1 Dritte (deutsche) Auflage, S. 2i8.
'' Westminster Review. July, 1867. Journal of Travel, Vol. I. 1868, p. 73.
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Cap. 15. Geschlechtlich beschränkte Vererbung. 135
Ansicht ist, dass in beinahe allen Fällen die aufeinanderfolgenden Abänderungen ursprünglich zu einer gleichmässigcn Vererbung auf beide Geschlechter neigten, dass aber das Weibchen durch natürliche Zuchtwahl vor dem Erlangen der auffallenden Farben des Männchens bewahrt worden ist in Folge der Gefahr, welcher es sonst während der Bebrütung ausgesetzt gewesen wäre.
Diese Ansicht macht eine langwierige Erörterung über einen schwierigen Punkt nothwendig, nämlich ob die Ueberlieferung eines Charac-ters, welcher zuerst von beiden Geschlechtern geerbt wurde, später durch Hülfe von Zuchtwahl auf ein Geschlecht allein beschränkt werden kann. Wir müssen im Sinne behalten, wie es in dem vorläufigen Capitel über geschlechtliche Zuchtwahl gezeigt wurde, dass die Gharactere, welche in ihrer Entwickclnng auf ein Geschlecht beschränkt sind, immer in dem anderen Geschlechte latent vorhanden sind. Wir können uns ein Beispiel ausdenken, welches am besten geeignet ist, die Schwierigkeit des Falles uns vor Augen zu führen. Nehmen wir an, das ein Züchter den Wunsch hat, ein Kasse von Tauben darzustellen, bei welcher allein die Männchen blass blau gefärbt sind, während die Weibchen ihre frühere schieferblaue Färbung behalten sollen. Da bei Tauben Gharactere aller Arten gewöhnlich auf beide Geschlechter gleichmässig vererbt werden, so würde der Züchter den Versuch zu machen haben, diese letztere Form von Vererbung in eine geschlechtlich beschränkte Ueberlieferung umzuwandeln. Alles was er nun tlnui könnte, bestünde darin, in ausdauernder Weise jede männliche Taube, welche im allergeringsten Grade blässer blau gefärbt wäre, zur Zucht auszuwählen, und das natürliche Resultat dieses Processes, wenn er eine lange Zeit hindurch stetig fortgesetzt würde und wenn die blassen Abänderungen entschieden vererbt würden oder häufig aufträten, würde darin bestehen, dass der Züchter seinen ganzen Stamm heller blau färbte. Unser Züchter würde aber gezwungen sein, Generation nach Generation seine blassblauen Männchen mit schieferblauen Weibchen zu paaren. Denn er wünscht ja die letzteren von dieser- Färbimg zu behalten. Das Resultat würde im Allgemeinen entweder die Production einer gescheckten Mischlingsrasse sein oder, und zwar wahrscheinlicher, der schnelle und vollständige Verlust der blassblauen Farbe. Denn die ursprüngliche sehie-ferblaue Färbung würde mit überwiegönder Kraft überliefert werden. Nehmen wir indess an, dass in jeder der aufeinanderfolgenden Generationen einige blassblaue Männchen und schiefcrblaue Weibchen
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
hervorgebracht und immer mit einander gekreuzt würden, dann würden die schieferblauen Weibchen, wenn ich mich des Ausdruckes bedienen darf, viel blassblaues Blut in ihren .Adern haben, denn ihre Väter, Grossväter u. s. w. werden alle blassblaue Vögel gewesen sein. Unter diesen Umständen lässt sich wohl denken (obschon ich keine entscheidenden Thatsachen kenne, welche die Sache wahrscheinlich machen), dass die schieferblauen Weibchen eine so starke latente Neigung zur blassblauen Färbung erlangen, dass sie diese Farbe bei ihren männlichen Nachkommen nicht zerstören, während ihre weiblichen Nachkommen immer noch die schieferblaue Färbung behalten. Wäre dies der Fall, so würde das gewünschte Ziel, eine Rasse zu erzeugen, in welcher die beiden Geschlechter permanent in ihrer Farbe verschieden wären, erreicht werden.
Die ausserordentliche Bedeutung oder geradezu Notwendigkeit des Umstandes, dass der in dem eben erläuterten Falle erwünschte Charac-ter, nämlich die blassblaue Färbung, wenn auch in einem latenten Zustande bei dem Weibchen vorhanden ist, so dass die männlichen Nachkommen nicht benachtheiligt werden, wird am besten nach den folgenden Erläuterungen richtig gewürdigt werden. Das Männchen vom Sömmerringsi'asan hat einen siebenunddreissig Zoll langen Schwanz, während der des Weibchens nur acht Zoll lang ist. Der Schwanz des Männchens des gemeinen Fasans ist ungefähr zwanzig Zoll und der des Weibchens zwölf Zoll lang. Wenn nun der weibliche Sömmerringsfasan mit seinem kurzen Schwänze mit dem männlichen gemeinen Fasane gekreuzt würde, so kann man nicht zweifeln, dass die männlichen hybriden Nachkommen einen viel längeren Schwanz haben würden, als die reinen Nachkommen des gemeinen Fasans. Wenn auf der anderen Seite der weibliche gemeine Fasan, dessen Schwanz nahezu zweimal so lang als der des weiblichen Sömmerringsfasans ist, mit dem Männchen dieser letzteren Form gekreuzt würde, so würden die männlichen hybriden Nachkommen einen viel kürzeren Schwanz haben als der der reinen Nachkommen des Sömmerringsfasans ist3.
Unser angenommener Züchter wird, um seine neue Basse, deren Männchen von einer entschieden blassblauen Farbe sind, während die
\Terarainck sagt, dass der Schwanz des weiblichen Phasianus Soemmer-ringii nur sechs Zoll lang sei: Planches coloriees, Vol. V. 1838, p. 487 und 488; die oben mitgetheilten Messungen hat Herr Sclater für mich ausgeführt. In Bezug auf den gemeinen Fasan s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. J, p. 118—121.
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Cup. 15. Geschlechtlich beschränkte Vererbung. 137
Weibchen unverändert bleiben, zu bilden, beständig viele Generationen hindurch die Männchen auszuwählen haben und jeder Zustand von Blässe wird in den Männchen zu fixiren und in den Weibchen latent zu machen sein. Die Aufgabe würde eine ausserordentlich schwierige sein und ist auch niemals versucht worden, könnte aber möglicherweise Erfolg haben. Das hauptsächlichste Hindernis« würde der frühzeitige und vollständige Verlust der blassblauen Färbung sein, wegen der Notwendigkeit wiederholter Kreuzungen mit den schieferblauen Weibchen, welche letztere zunächst gar keine latente Neigung haben, blassblaue Nachkommen zu erzeugen.
Wenn auf der andern Seite ein oder zwei Männchen, wenn auch noch so unbedeutend, in der Blässe ihrer Färbung variiren sollten und wenn die Abänderungen von Anfang an in der Ueberlieferung auf das männliche Geschlecht beschränkt wären, so würde die Aufgabe, eine neue Rasse der gewünschten Art zu bilden, leicht sein; denn es würden einfach derartige Männchen zur Zucht auszuwählen und mit gewöhnlichen Weibchen zu paaren sein. Ein analoger Fall ist factisch eingetreten, denn in Belgien 4 gibt es Taubenrassen, bei welchen die Männchen allein mit schwarzen Streifen gezeichnet sind. Was das Huhn betrifft, so kommen Abänderungen der Farbe, welche in der Ueberlieferung auf das männliche Geschlecht beschränkt sind, beständig vor. Selbst wenn diese Form von Vererbung vorherrscht, kann es sich wohl zutragen, dass einige aufeinanderfolgende Stufen in dem Processe der Abänderung auf die Weibchen mit übertragen werden können, welche dann in einem unbedeutenden Grade dem Männchen ähnlich werden, wie es bei manchen Hühnerrassen vorkommt. Oder es könnten auch ferner die grössere Zahl, aber nicht alle, der aufeinanderfolgenden Stufen auf beide Geschlechter übertragen werden, und das Weibchen würde dann dem Männchen sehr ähnlich werden. Es lässt sich kaum zweifeln, dass dies die Ursache davon ist, dass die männliche Kropftaube einen etwas grösseren Kropf und die männliche Botentaube etwas grössere Fleischlappen hat als die beziehentlichen Weibchen. Denn die Züchter haben nicht ein Geschlecht mehr als das andere bei der Nachzucht berücksichtigt, und haben nicht den Wunsch gehegt, dass diese Charactere beim Männchen stärker entfaltet sein sollten als beim Weibchen, trotzdem dies bei beiden Rassen der Fall ist.
4 Dr. Chapuis, Le Pigeon Voyageur Beige, 1865, p. 87.
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138 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Tlieil.
Es müsste derselbe Process eingeleitet und e*s müssten ganz dieselben Schwierigkeiten überwunden werden, wenn wir wünschten, eine Rasse zu bilden, bei welcher nur die Weibchen irgend eine neue Färbung darböten.
Es könnte nun aber endlich unser Züchter wünschen eine Rasse zu bilden, bei welcher beide Geschlechter von einander und auch beide von der elterlichen Species verschieden wären. Hier würde die Schwierigkeit ganz ausserordentlich sein, wenn nicht die aufeinanderfolgenden Abänderungen von Anfang an auf beide Seiten beschränkt wären, und dann würde gar keine Schwierigkeit eintreten. Wir sehen dies bei dem Huhne. So weichen die beiden Geschlechter der gestrichelten Hamburger bedeutend von einander, ebenso wie von den beiden Geschlechtern des ursprünglichen Gallus bankica ab und beide werden jetzt auf der Höhe ihrer Vorzüglichkeit gehalten durch fortgesetzte Zuchtwahl, welche unmöglich wäre, wenn nicht die Unterscheidungsmerkmale beider Geschlechter in ihrer Ueberliefentng beschränkt wären. Das spanische Huhn bietet einen noch merkwürdigeren Fall dar: das Männchen hat einen ungeheuren Kamm, aber einige der aufeinanderfolgenden Abänderungen, durch deren Anhäufung jener erlangt wurde, scheinen auch auf das Weibchen überliefert worden zu sein. Denn dasselbe besitzt einen vielmals grösseren Kamm als der der Weibchen der elterlichen Species ist. Der Kamm des Weibchens weicht aber in einer Beziehung von dem des Mannchens ab, denn er ist geneigt umzuschlagen, und in der neueren Zeit ist durch die Mode festgesetzt worden, dass dies immer der Fall sein soll; dieser Befehl hat auch sehr bald einen Erfolg gehabt. Es muss nun das Herabhängen des Kammes in seiner Ueberlieferung geschlechtlich beschränkt sein, denn sonst würde es den Kamm des Männchens verhindern, vollkommen aufrecht zu stehen, was jedem Züchter entsetzlich wäre. Auf der andern Seite muss aber auch das Aufrechtstehen des Kammes beim Männchen gleichfalls ein geschlechtlich beschränkter Character sein, denn im anderen Falle würde er den Kamm des Weibchens hindern herabzuhängen.
Aus den vorstehenden Erläuterungen sehen wir, dass es, selbst wenn wir eine ganz unbegrenzte Zeit zu unserer Disposition hätten, ein ausserordentlich schwieriger und complicirter, wenn auch vielleicht nicht unmöglicher Vorgang wäre, durch Zuchtwahl die eine Form von Ueberlieferung in die andere umzuwandeln. Ohne entschiedene Belege für jeden einzelnen Fall bin ich daher nicht geneigt zuzugeben, dass bei
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Cap. 15. Geschlechtlich beschränkte Vererbung. 139
natürlichen Species dies häufig erreicht worden ist. Andererseits würde aber durch Hülfe aufeinanderfolgender Variationen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferung geschlechtlich beschränkt waren, nicht die geringste Schwierigkeit bestehen können, männliche Vögel in der Farbe oder in irgend einem andern Character vom Weibchen verschieden zu machen, wobei das letztere unverändert gelassen oder unbedeutend verändert oder zum Zwecke des Schutzes speciell inodificirt werden könnte. Da glänzende Farben für die Männchen in ihrem Rivalitätskampfe mit andern Männchen von Nutzen sind, so werden derartige Farben bei der Zuchtwahl berücksichtigt, mögen sie nun ausschliesslich auf das männliche Geschlecht beschränkt überliefert werden oder nicht. In Folge hiervon lässt sich erwarten, dass die Weibchen häufig an der glänzenderen Färbung der Männchen in einem grösseren oder geringeren Grade Theil haben, und dies tritt bei einer Menge von Species ein. Wenn alle aufeinanderfolgenden Abänderungen gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert würden, so würden die Weibchen von den Männchen nicht zu unterscheiden sein. Dies tritt gleichfalls bei vielen Vögeln ein. Wenn indessen trübe Färbungen zur Sicherheit des Weibchens während der Brütezeit von hoher Bedeutung wären, wie'es bei manchen auf dem Boden lebenden Vögeln der Fall ist, so würden die Weibchen, welche in der Helligkeit ihrer Farben variirten, oder welche durch Vererbung von den Männchen irgend eine auffallende Annäherung an deren Helligkeit erlangten, früher oder später zerstört werden. Es würde aber die Neigung bei den Männchen, ganz unbegrenzt ihre eigene helle Färbung den weiblichen Nachkommen beständig zu überliefern, nur durch eine Veränderung in der Form der Vererbung beseitigt werden können; und dies würde, wie die oben gegebene beispielsweise Erläuterung es zeigt, äusserst schwierig sein. Das wahrscheinlichere Resultat der lange fortgesetzten Zerstörung der heller gefärbten Weibchen würde, vorausgesetzt, dass die gleiche Form von Ueberlieferung herrschend bliebe, die Verringerung oder gänzliche Beseitigung der hellen Farben der Männchen sein, und zwar in Folge ihrer beständigen Kreuzung mit den trüber gefärbten Weibchen. Es würde langweilig sein, hier alle die übrigen möglichen Resultate zu verfolgen; ich will aber die Leser daran erinnern, wie im achten Capitel gezeigt wurde, dass, wenn geschlechtlich beschränkte Abänderungen in der bellen Färbung bei den Weibchen aufträten, selbst wenn dieselben nicht im allergeringsten für sie nachtheilig wären und folglich auch nicht beseitigt
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140 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
würden, sie doch nicht begünstigt oder bei der Zucht berücksichtigt werden würden; denn das Männchen nimmt gewöhnlich jedes beliebige Weibchen an und wühlt sich nicht die anziehenderen Individuen aus. Folglich würden diese Abänderungen leicht verloren werden und würden wenig Einfluss auf den Character der Rasse haben; und dies wird die Erklärung des Umstands begünstigen, dass die Weibchen gewöhnlich weniger glänzend gefärbt sind als die Männchen.
In dem eben angezogenen Capitel wurden Beispiele gegeben, — und es hätte sich noch eine beliebige Zahl hinzufügen lassen, — dass Variationen wohl in verschiedenen Alterszuständen auftreten, aber in demselben Alter vererbt werden. Es wurde auch gezeigt, dass Abänderungen, welche spät im Leben auftreten, gewöhnlich auf dasselbe Geschlecht überliefert werden, bei welchem sie zuerst auftraten, während Abänderungen, welche früher im Leben erscheinen, geneigt sind auf beide Geschlechter vererbt zu werden, womit jedoch nicht ausgesprochen werden soll, dass alle Fälle von geschlechtlich beschränkter Vererbung hierdurch erklärt werden können. Es wurde ferner gezeigt, dass, wenn ein männlicher Vogel in der Weise variirte, dass er während des jugendlichen Alters glänzender würde, derartige Variationen von keinem Nutzen sein würden, so lange das reproductionsfähige Alter nicht erreicht ist, wo dann Concurrenz zwischen den rivalisirenden Männchen eintritt. Aber bei Vögeln, welche auf dem Boden leben und welche gewöhnlich des Schutzes trüber Färbungen bedürfen, würden helle Färbungen für die jungen und unerfahrenen Männchen bei Weitem gefährlicher sein als für die erwachsenen Männchen. In Folge hiervon würden die Männchen, welche in der Helligkeit ihres Gefieders während des jugendlichen Alters variirten, sehr häufig zerstört und durch natürliche Zuchtwahl beseitigt werden. Auf der anderen Seite können die Männchen, welche in derselben Art und Weise im nahezu geschlechtlichen Zustande va-riiren, trotzdem dass sie hierdurch noch etwas mehr Gefahr ausgesetzt sind, leben bleiben und, da sie durch geschlechtliche Zuchtwahl begünstigt sind, ihre Art fortpflanzen. Der Umstand, dass die hell gefärbten jungen Männchen zerstört werden und derartige reife Männchen in ihrer Bewerbung erfolgreich sind, mag nach dem Gesetze einer zwischen der Periode der Abänderung und der Form der Ueberlieferung existirenden Wechselbeziehung es erklären, dass allein die Männchen vieler Vögel brillante Färbungen erlangt und nur ihren männlichen Nachkommen überliefert haben. Ich beabsichtige aber durchaus nicht, hiermit zu
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Cap. 15. Geschlechtlich beschränkte Vererbung. 141
behaupten, dass der Einfluss des Alters auf die Form der Ueberlieferung indirect die einzige Ursache der grösseren Verschiedenheit in dem Brillantsein des Gefieders zwischen den Geschlechtern vieler Vögel ist.
Da es bei allen Vögeln, bei denen die Geschlechter in der Farbe, verschieden sind, eine interessante Frage ist, ob allein die Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt und die Weibchen, soweit die Wirksamkeit dieses Moments in Betracht kommt, unverändert geblieben oder nur theilweise verändert worden sind, oder ob die Weibchen durch natürliche Zuchtwahl zum Zwecke eines Schutzes speciell modificirt worden sind, so will ich diese Frage in ziemlicher Ausführlichkeit erörtern, selbst in grösserer Länge als die an und für sich in ihr liegende Bedeutung es verdienen könnte. Denn es lassen sich dabei verschiedene merkwürdige collateral von ihr ausgehende Punkte bequem betrachten.
Ehe wir auf die Frage eingehen, und zwar besonders mit Rücksicht auf die Folgerungen Mr. Wallace's, dürfte es von Nutzen sein, von einem ähnlichen Gesichtspunkte aus einige andere Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern zu erörtern. Es existirte früher in Deutschland eine Rasse von Hühnern 3, bei welchen die Hennen mit Spornen versehen waren. Sic waren fleissige Leger, aber störten ihre Nester mit ihren Spornen so bedeutend, dass man sie nicht auf ihren eigenen Eiern sitzen lassen konnte. Es schien mir daher früher einmal wahrscheinlich, dass bei den Weibchen der wilden Gallinaceen die Entwicklung von Spornen durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden sei, und zwar wegen des ihren eigenen Nestern zugefügten Schadens. Dies schien mir um so wahrscheinlicher, als die Flügelsporne, welche während der Nidificationsperiode von keinem Nachtheile sein können, häufig beim Weibchen ebensowohl entwickelt sind als beim Männchen, trotzdem sie in nicht wenigen Fällen beim Männchen im Ganzen grösser sind. Wenn das Männchen mit Spornen an den Füssen versehen ist, so bietet das Weibchen beinahe immer Rudimente derselben dar. Das Rudiment besteht zuweilen aus einer blossen Schuppe, wie bei den Species von Gal-lus. Es könnte daher geschlossen werden, dass die Weibchen ursprünglich mit wohlentwickelten Spornen versehen gewesen sind, dass diese aber entweder durch Nichtgebrauch oder durch natürliche Zuchtwahl verloren wurden. Folgt man aber dieser Ansicht, so würde man sie
' Bechstein, Naturgeschichte Deutschlands, 1793. Bd. 3, S. 339.
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142 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
auf unzählige andere Fälle auszudehnen haben, und sie schliesst auch die Folgerung ein, dass die weiblichen Urerzeuger der jetzt Sporne tragenden Species einst mit einem schädlichen Anhange belästigt gewesen seien.
In einigen wenigen Gattungen und Arten, so bei Galloperdix, Aco mus und dem javanischen Pfau (Pavo mulicus), besitzen die Weibchen ebensowohl wie die Männchen wohlentwickelte Sporne. Haben wir nun aus dieser Thatsache zu schliessen, dass sie eine verschiedene Art von Nest bauen, welches durch die Sporne nicht verletzt wird, und zwar verschieden von dem Neste, welches ihre nächsten Verwandten bauen, so dass also hier das Bedürfniss nicht vorlag ihre Sporne zu beseitigen, oder haben wir anzunehmen, dass diese Weibchen die Sporne speciell zu ihrer Verteidigung erlangt haben? Bin wahrscheinlicherer Schluss ist der, dass Beides, sowohl das Vorhandensein als die Abwesenheit von Spornen bei den Weibchen das Resultat von verschiedenen Gesetzen der Vererbung ist, welche unabhängig von natürlicher Zuchtwahl geherrscht haben. Bei den vielen Weibchen, bei welchen die Sporne als Rudimente erscheinen, können wir schliessen, dass einige wenige der nacheinander auftretenden Abänderungen, durch welche sie bei den Männchen zur Entwickelung gelangten, sehr früh im Leben auftraten und als Folge hiervon auf die Weibchen überliefert wurden. In den anderen und viel selteneren Fällen, in welchen die Weibchen völlig entwickelte Sporne besitzen, können wir schliessen, dass sämmt-liche nacheinander auftretende Abänderungen auch auf sie überliefert wurden und dass sie allmählich die vererbte Gewohnheit erlangten, ihre Nester nicht zu zerstören.
Die Stimmorgane und die verschiedentlich modificirten Federn zur Hervorbringung von Geräuschen ebenso wie die eigenthümlichen Instincte, diese Einrichtungen zu benutzen, sind oft in den beiden Geschlechtern verschieden, zuweilen aber in beiden gleich entwickelt. Können derartige Verschiedenheiten dadurch erklärt werden, dass die Männchen diese Organe und Instincte erlangt haben, während die Weibchen vor einer Ererbung derselben dadurch bewahrt wurden, dass ihnen daraus eine Quelle von Gefahr, die Aufmerksamkeit von Raubvögeln und Raub-thieren auf sich zu lenken, entstanden wäre? Dies scheint mir nicht wahrscheinlich zu sein, wenn wir an die grosse Zahl von Vögeln denken, welche ungestraft die Landschaft mit ihren Stimmen während des Früh-
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Cap. 15. Länge des Schwanzes beim Weibchen. 143
jahrs erheitern6. Eine sicherere Folgerung ist, dass, wie die Stimmorgane und instrumentalen Einrichtungen nur für die Männchen während ihrer Bewerbung von speciellem Nutzen sind, diese Organe durch geschlechtliche Zuchtwahl und beständigen Gebrauch allein bei diesem Geschleehte entwickelt wurden, während die aufeinanderfolgenden Abänderungen und die Wirkungen des Gebrauchs vom Anfange an in ihrer Ueberlieferung in einem grösseren oder geringeren Grade auf die männlichen Nachkommen beschränkt wurden.
Es könnten viele analoge Fälle noch vorgebracht werden, z. B. die Schmuckfedern auf dem Kopfe, welche allgemein bei dem Männchen länger sind als bei dem Weibchen, zuweilen von gleicher Länge bei beiden Geschlechtern und gelegentlich beim Weibchen fehlend, wobei es vorkommt, dass diese verschiedenen Fälle zuweilen in einer und derselben Gruppe von Vögeln eintreten.- Es würde schwierig sein, eine Verschiedenheit dieser Art zwischen den beiden Geschlechtern aus dem Grunde zu erklären, dass es für das Weibchen eine Wohlthat gewesen sei einen unbedeutend kürzeren Federkamin zu besitzen und dass derselbe in Folge hiervon durch natürliche Zuchtwahl verkleinert oder völlig unterdrückt wäre. Ich will aber einen günstigeren Fall, nämlich die Länge des Schwanzes betrachten. Das lange Behänge des Pfauhahns würde nicht nur unbequem, sondern auch während der Incuba-tionsperiode und solange das Weibchen seine Jungen begleitet, gefährlich für dasselbe gewesen sein. Es liegt also darin dass die Entwicke-lung des Schwanzes beim Weibchen durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden sei, nicht im allermindesten a priori eine Unwahrscheinlichkeit. Aber die Weibchen verschiedener Fasanen, welche dem Anscheine nach auf ihren offenen Nestern ebenso vielen Gefahren ausgesetzt sind als die Pfauhenne, haben Schwänze von beträchtlicher Länge. Die Weibchen von Menura superba haben ebenso wie die Männchen lange Schwänze und sie bauen ein klippelförmiges Nest, welches bei einem so gross'en Vogel eine bedeutende Anomalie ist. Die Naturforscher haben sich darüber verwundert, wie die weibliche Menura während der Bebrütung ihren Schwanz unterbringen könne. Man weiss aber jetzt7,
6 Da in es Barrington hielt es indessen für wahrscheinlich (Philosoph.
Transact. 1773, p. 164), dass deshalb wenig weibliche Vögel singen, weil dies für sie
während der Incubationszeit gefährlich gewesen wäre. Er fügt hinzu, dass eine
ähnliche Ansicht möglicherweise auch die Inferiorität des Weibchens im Gefieder
egenüher dem Männchen erklären könne.
' Mr. Ramsay, in: Proceed. Zoolog. Soc. 18G8, p. 50.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
dass sie „in ihr Nest mit dem Kopfe voraus eintritt und sich dann „herumdreht, wobei ihr Schwanz zuweilen über ihren Rücken geschlafen, aber häufiger rund um ihre Seite herumgebogen wird. Es wird „hierdurch der Schwanz im Laufe der Zeit völlig schief und gibt einen „ziemlich sichern Hinweis auf die Länge der Zeit, während welcher der „Vogel bereits gesessen hat". Beide Geschlechter eines australischen Eisvogels CTanysiptera sijlcia) haben bedeutend verlängerte mittlere Schwanzfedern, und da das Weibchen sein Nest in einer Höhle baut, so werden diese Federn, wie mir Mr. R. B. Sharpe mitgetheilt hat, während des Nestbauens sehr zerknittert.
In diesen beiden Fällen muss die bedeutende Länge der Schwanzfedern in einem gewissen Grade für das Weibchen unzuträglich sein und da in beiden Specics die Schwanzfedern des Weibchens etwas kürzer sind als die des Männchens, so könnte man schliessen, dass ihre volle Entwickelung durch natürliche Zuchtwahl gehemmt sei. Nach diesen Fällen zu schliessen würde die Pfauhenne, wenn die Entwickelung ihres Schwanzes nur dann gehemmt worden wäre, wenn derselbe unzuträglich oder gefährlich lang geworden wäre, einen viel längeren Schwanz erlangt haben als sie factisch besitzt, denn ihr Schwanz ist im Ver-hältniss zur Grösse ihres Körpers nicht nahezu so lang wie der vieler weiblicher Fasanen und auch nicht länger als der des weiblichen Truthuhns. Man muss auch im Sinne behalten, dass in Uebereinstimmung mit dieser Ansicht, sobald der Schwanz der Pfauhenne gefährlich lang und in Folge hiervon seine Entwickelung gehemmt würde, sie beständig auf ihre männlichen Nachkommen eingewirkt haben und den Pfauhahn gehindert haben würde, seinen jetzigen prachtvollen Behang zu erlangen. Wir können daher schliessen, dass die Länge des Schwanzes beim Pfauhahu und seine Kürze bei der Pfauhenne das Resultat davon sind, dass die nöthigen Abfinderungen beim Männchen von Anfang an allein auf die männlichen Nachkommen vererbt worden sind.
Wir werden zu einer nahezu ähnlichen Schlussfolgerung in Bezug auf die Länge des Schwanzes bei den verschiedenen Species von Fasanen geführt. Bei dem Ohrenfasan (Crossoptiloti aurüum) ist der Schwanz in beiden Geschlechtern von gleicher Länge, nämlich sechszehu oder siebzehn Zoll; bei dem gemeinen Fasane ist er ungefähr zwanzig Zoll lang bei dem Männchen und zwölf beim Weibchen. Bei dem Sommer- v ringsfasane ist er beim Männchen siebenunddreissig und beim Weibchen nur acht Zoll lang und endlich bei Reeve's-Fasanen ist er zuweilen
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Cap. 15. Farbe und Nestbau. 145
factiseh zweiundsiebenzig Zoll lang beim Männchen und sechszehn Zoll beim Weibchen. Es ist daher in den verschiedenen Species der Schwanz des Weibchens beträchtlich seiner Länge nach verschieden und zwar ohne Bezug auf den Schwanz des Männchens; und dies lässt sich, wie mir scheint, mit viel grösserer Wahrscheinlichkeit durch die Gesetze der Vererbung erklären-— d.h. dadurch, dass die aufeinanderfolgenden Abänderungen vom Anfange an mein; oder weniger streng in ihrer Ueberlieferung auf das männliche Geschlecht beschränkt waren — als durch die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl, dass nämlich die Länge des Schwanzes in einem grösseren oder geringeren Grade für die Weibchen der verschiedenen Species schädlich geworden wäre. Wir können nun Mr. Wallace's Argumente in Bezug auf die geschlechtliche Färbung der Vögel betrachten. Er glaubt, dass die ursprünglichen von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangten glänzenden Farben in allen oder beinahe allen Fällen auf die Weibchen überliefert worden wären, wenn diese Uebertragung nicht durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden wäre. Ich kann hier den Leser daran erinnern, dass verschiedene auf diese Ansicht sich beziehenden Thatsachen bereits in dem Abschnitte über "Reptilien, Amphibien, Fische und Lepidopteren gegeben worden sind. Mr. Wallace gründet seine Ansicht hauptsächlich, aber nicht ausschliesslich, wie wir im nächsten Capitel sehen werden, auf folgende Angaben8, dass, wenn beide Geschlechter in einer überraschend auffallenden Weise gefärbt sind, das Nest von einer solchen Natur ist, dass es die auf den Eiern sitzenden Vögel verbirgt, dass aber, wenn ein ausgesprochener Contrast der Farbe zwischen den Geschlechtern besteht, wenn das Männchen hell und das Weibchen düster gefärbt ist, das Nest dann oö'en ist und den auf den Eiern sitzenden Vogel den Blicken aussetzt. Dieses Zusammentreffen unterstützt soweit es vorkommt sicherlich die Annahme, dass die Weibchen, welche auf offenen Nestern sitzen, zum Zwecke des Schutzes spe-ciell modificirt worden sind. Mr. Wallace gibt zu, dass, wie sich hätte erwarten lassen, einige Ausnahmen von diesen seinen beiden Regeln existiren; es ist aber die Frage, ob die Ausnahmen nicht so zahlreich sind, dass die Regeln ernstlich erschüttert werden.
An erster Stelle liegt in der Bemerkung des Herzogs von Argyll 9 viel Wahres, dass ein grosses kuppeiförmiges Nest einem Feinde viel
s Journal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I. 18G8, p. 78.
9 Journal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I. 1868, p. 281.
Darwin, Abstammung. II. Zweite Auflage. 10
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146 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. H. Theil.
auffälliger ist, besonders allen auf Bäumen jagenden fleischfressenden Thieren, als ein kleineres offenes Nest. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass bei vielen Vögeln, welche offene Nester bauen, die Männchen ebensogut wie die Weibchen auf den Eiern sitzen und letztere bei dem Ernähren der Jungen unterstützen. Dies ist z. B. der Fall bei Pyranga aestira 10, einem der glänzendsten Yögel in den Vereinigten Staaten: das Männchen ist scharlachroth, das Weibchen hellbräunlich -grün. Wenn nun brillante Färbungen für Vögel, während sie auf ihren offenen Nestern sitzen, äusserst gefährlich wären, so würden in diesen Fällen die. Männchen bedeutend gelitten haben. Es kann indessen für das Männchen von einer so capitalen Bedeutung sein, brillant gefärbt zu werden, um seine Bivalen zu besiegen, dass etwaige weitere Gefahren hierdurch mehr als ausgeglichen werden.
Mr. Wallace gibt zu, dass bei den Königskrähen (DicrurusJ, Golddrosseln (Orioii) und Prachtdrosseln (PiUidae) die Weibchen auf-, fallend gefärbt sind und doch offene Nester bauen. Er betont aber, dass die Vögel der ersten Gruppe in hohem Grade kampfsüchtig sind und sich selbst vertheidigen können, dass diejenigen der zweiten Gruppe äusserste Sorgfalt darauf verwenden, ihre offenen Nester zu verbergen; doch gilt dies nicht für alle Fälle ohne Ausnahme 'l; und dass bei den Vögeln der dritten Gruppe die Weibchen hauptsächlich an der Unterfläche .glänzend gefärbt sind. Ausser diesen Fällen bietet die ganze grosse Familie der Tauben, welche zuweilen hell und beinahe immer auffallend gefärbt sind und welche notorisch den Angriffen von Raubvögeln sehr ausgesetzt sind, eine bedenkliche Ausnahme von der Regel dar; denn Tauben bauen beinahe immer offene und exponirte Nester. In einer anderen grossen Familie, der der Kolibris, bauen alle Species offene Nester und doch sind bei einigen der prachtvollsten Species die Geschlechter einander gleich, und in der Majorität der Arten sind die Weibchen, wenn auch weniger brillant als die Männchen, aber doch sehr hell gefärbt. Auch kann nicht behauptet werden, dass alle weiblichen Kolibris, Avelche hell gefärbt sind, dadurch der Entdeckung entgehen, dass ihre Farbentöne grün sind; denn einige entfalten auf ihrer oberen Fläche rothe, blaue und andere Färbungen 12.
10 Audubon, Ornithological Biography. Vol. I, p. 233.
11 Jerdon, Birds of India. Vol. II, p. 108. Gould's Handbook of tlie Birds of Australia. Vol. 1, p. 463.
,2 So hat z. B. die weibliche Eupetmnena macroura einen dunkelblauen Kopf
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Cap. 15. Farbe und Nestbau. 147
Was die Vögel betrifft, welche in Höhlen nisten oder sich kuppeiförmige Nester bauen, so werden, wie Mr. Wallace bemerkt, ausser dem Verbergen noch andere Vortheile dadurch erreicht, so Schutz gegen "Regen, Wärme und in warmen Ländern Schutz gegen die Sonnenstrahlen ls, so dass in dem Umstände, dass viele Vögel, von denen beide Geschlechter dunkel gefärbt sind, verborgene Nester bauen ;4, kein gültiger Einwurf gegen seine Ansicht liegt. Die weiblichen Hornvögel (Bu-cerosj z. B. in Indien und Afrika sind während der Zeit des Nistens ausserordentlich sorgfältig geschützt; denn das Männchen klebt die Höhle, in welcher das Weibchen auf seinen Eiern sitzt, fast ganz zu und lässt nur eine kleine Oeffnung, durch welche hindurch es dasselbe ernährt, frei. Das Weibchen wird auf diese Weise während der ganzen Bebrütungszeit in enger Gefangenschaft gehalten 15; und doch sind weibliche Hornvögel nicht augenfälliger gefärbt, als viele andere Vögel von gleicher Grösse, welche offene Nester bauen. Wie Mr. Wallace selbst zugibt, liegt ein bedenklicherer Einwurf gegen seine Ansicht darin, dass in einigen wenigen Gruppen die Männchen bi'illant gefärbt, die Weibchen dunkel sind und dass trotzdem die letzteren ihre Eier in bedeckten Nestern ausbrüten. Dies ist der Fall mit den Grallinen von Australien, mit den Maluriden desselben Landes, den Nectariniden und mit mehreren der australischen Honigsauger oder Meliphagiden ,6.
Wenn wir die Vögel von England betrachten, so stellt sich heraus, dass kein enges und allgemein bestehendes Verhältniss zwischen den Farben des Weibchens und der Natur des Nestes, welches dasselbe baut, vorhanden ist. Ungefähr vierzig unserer britischen Vögel (mit
und Schwanz und röthliche Weichen; die weibliche Lampoynis fiorphyrurus ist schwärzlich-grüu auf der obern Fläche und hat Zügel und Seiten der Kehle car-moism; die weibliche Eitlamph jugularin hat den Scheitel des Kopfes und den Rücken grün, aber die Weichen und der Schwanz sind carmoisin. Es Hessen sich noch viele andere Beispiele von in hohem Grade auffallenden Weibchen anführen. s. Mr. Gould's prachtvolles Werk über diese Familie.
ls Mr. Salvin beobachtete in Guatemala (Ibis, 18(34, p. 375), dass Kolibris viel weniger gern ihre Nester in sehr warmem Wetter vei-liessen, wenn die Sonne hell schien, als während kalten, wolkigen oder regnerischen Wetters.
11 Ich will als Beispiele von düster gefärbten Vögeln, welche verborgene Nester bauen, die zu acht australischen Gattungen gehörenden Species anführen, welche in Gould's Ilandbook of the Birds of Australia, Vol. I, p. 340, 302, 3G5, 383, 387, 389, 391 und 414 beschrieben sind.
15 Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 244.
16 Ueber das Nisten und die Farben dieser letzten Species s. Gould's Handbook etc. Vol. I, p. 504, 527.
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148 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
Ausnahme der von bedeutender Grösse, welche sich selbst vertheidigen können) nisten in Höhlungen, au Ufern, au Flüssen oder Bäumen, oder bauen' sich gewölbte Nester, Wenn wir die Farben des weiblichen Stieglitz, Gimpel oder der Amsel als Maassstab für den Grad der Augenfälligkeit annehmen, welche für das auf den Eiern sitzende Weibchen von keiner grossen Gefahr ist, so kann man unter den eben erwähnten vierzig Vögeln nur die Weibchen von zwölf als in einem gefährlichen Grade auffallend gefärbt betrachten, wogegen die übrigbleibenden achtundzwanzig nicht auffällig sind 1?. Es besteht auch keine nahe Beziehung zwischen einer scharf ausgeprägten Verschiedenheit in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern und der Beschaffenheit des gebauten Nestes. So weicht der männliche Haussperling (Passer doniesticus) sehr vom Weibchen ab, wogegen der männliche Baumsperling (Passer montanus) kaum irgendwie vom Weibchen verschieden ist; und doch bauen beide wohlverborgene Nester. Die beiden Geschlechter des gemeinen Fliegenschnäppers (Muscicapa grisola) können kaum von einander unterschieden werden, während die Geschlechter des gefleckten Fliegenschnäppers (M. lucluosa) beträchtlich von einander abweichen, und beide nisten in Höhlen. Die weibliche Amsel (Turdus memla) weicht bedeutend, die weibliche Ringamsel (T. t&rqwttus) nur wenig und das Weibchen der gemeinen Drossel (T. musicus') kaum irgendwie von dem betreffenden Männchen ab, und doch bauen sie sämmt-lich offene Nester. Andererseits baut die ziemlich nahe mit den Genannten verwandte Wasseramsel (Ciuclus acjuaticiis) ein gewölbtes Nest und die Geschlechter weichen hier ungefähr so viel von einander ab wie bei der Ringamsel. Das Birkhuhn und Moorhuhn (Telrao lelrix und T. scotietts) hauen offene Nester in gleiclnnässig wohl verborgenen
" Ich habe über diesen Gegenstand Macgillivray's British Birds zu Rathe gezogen, und obschon mau in einigen Füllen in Bezug auf den Grad des Verborgenseins des Nestes und rücksichtlich des Grades der Auffälligkeit des Weibchens Zweifel hegen kann, so können doch die folgenden Vögel, welche sämmt-lich ihre Eier in Höhlen oder kuppeiförmige Nester legen, nach dem oben angenommenen Maassstabe als auffallig betrachtet werden: Pause:-, 2 Species; Sturmts, wo das Weibchen beträchtlich weniger brillant ist als das Männchen; Cinelns, Motacilla bourala (?); Erithacus (?); Frulicola, 2Sp.; Sa.rieoln; ItnticiUii 2 Sp.; Sylcia, 3 Sp.; l'arus, 3 8p.; Mccistura) Anorthura; Certhia: Sitta; Jynx: Muscicapa, 2 Sp.; llirundo, 3 Sp. und V.ypselws. Die Weibchen der folgenden zwölf Vögel können nach dem nämlichen Maassstabe für auffällig angesehen werden, nämlich: Pastor, Motacilla alba, Parun major und l'r eaeruleus, Upupa, Pictia, 4 Sp., Goracias, Alcedo und Merops.
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Cap. 15. Farbe und Nestbau. 149
Oertlichkeitcn. Doch weichen in der einen Species die Geschlechter bedeutend und in der anderen sehr wenig von einander ab.
Trotz der im Vorstehenden aufgezählten Einwürfe kann ich nach Durchlesen von Mr. Wallace's ausgezeichneter Abhandlung nicht zweifeln, dass im Hinblick auf die Vögel der ganzen Erde eine bedeutende Majorität derjenigen Species, bei denen die Weibchen auffallend gefärbt sind (und in diesen Fällen sind die Männchen mit seltenen Ausnahmen in gleicher Weise auffallend gefärbt), verborgene Nester zum Zwecke eines Schutzes bauen. Mr. Wallace zählt18 eine lange Eeihe von Gruppen auf, in welchen diese Kegel Gültigkeit hat. Es wird aber genügen, wenn ich hier als Beispiel die bekannteren Gruppen der Eisvögel, Tukans, Kurukus (Trogoues), Bartvögel (CapitonidaeJ, Pisangfresser (Mu-sophagae), Spechte und Papageien anführe. Mr. Wallace glaubt, dass in diesen Gruppen die brillanten Färbungen in dem Maasse als die Männchen dieselben durch geschlechtliche Zuchtwahl allmählich erlangt haben, auf die Weibchen überliefert und wegen des Schutzes, welchen dieselben bereits durch die Art und Weise ihres Nestbaues erhielten, nicht wieder beseitigt wurden. Dieser Ansicht zufolge erlangten diese Vögel die jetzige Art und Weise des Nistens früher als die sie jetzt schmückenden Farben. Es scheint mir aber viel wahrscheinlicher zu sein, dass in den meisten Fällen die Weibchen, wie dieselben dadurch immer mehr und mehr brillant gefärbt.wurden, dass sie an der Färbung des Männchens theiliiahmen, allmählich dazu geführt wurden, ihre Instincte zu verändern (allerdings unter der Annahme, dass sie ursprünglich offene Nester bauten) nnd sich Schutz zu suchen durch das Errichten klippelförmiger oder verborgener Nester. Niemand, welcher z. B. Audubon's Beschreibung der Verschiedenheiten in dem Nestbaue einer und der nämlichen Species in den nördlichen und südlichen Vereinigten Staaten liest19, wird eine besondere Schwierigkeit darin finden zuzugeben, dass Vögel entweder durch eine Veränderung (im strengsten Sinne des Wortes) ihrer Lebensweise oder durch die natürliche Zuchtwahl sogenannter spontaner Abänderungen des Instinctes leicht dahin gebracht werden können, die Art und Weise ihres Nestbaues zu modificiren.
Diese Art, das Verhältniss zwischen der hellen Färbung weiblicher
iS Journal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I, p. 78.
" s. viele Angaben hierüber in der „Ornithological Biography". s. auch einige merkwürdige Beobachtungen über die Nester italienischer Vögel von Euge-nio Bettoni in den Atti della Societä Italiana. Vol. XI. 1869, p. 487.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Tlieil.
Vögel und ihrer Weise Nester zu hauen, soweit ein solches gültig ist, zu betrachten, erfährt durch gewisse analoge Fälle Unterstützung, welche in der Wüste Sahara vorkommen. Hier leben, wie in den'meisten anderen Wüsten, verschiedene Vögel und viele andere Thiere, deren Färbung in einer wunderbaren Weise der Färbung der umgebenden Erdoberfläche angepasst ist. Nichtsdestoweniger bestehen, wie mir Mr. Tristram mitgetheilt hat, einige merkwürdige Ausnahmen von dieser Regel. So ist das Männchen der Monticola cyanea wegen seiner hellblauen Farbe auffallend und das Weibchen ist heinahe in gleicher Weise auffallend wegen seines gefleckten braunen und weissen Gefieders. Beide Geschlechter von zwei Species von Dromolaea sind von einem glänzenden Schwarz. Diese drei Vögel sind daher weit entfernt davon, durch ihre Farbe Schutz zu erhalten, und doch sind sie im Staude ^u leben, denn sie haben die Gewohnheit erlangt, hei drohender Gefahr in Höhlen oder Felsenspalten Zuflucht zu suchen.
In Bezug auf die oben angeführten Gruppen von Vögeln, bei denen die Weibchen auffallend gefärbt sind und verborgene Nester bauen, ist es nicht nöthig anzunehmen, dass bei jeder einzelnen Species der nestbauende Tnstinct speciell modificirt worden ist, sondern nur, dass die frühen Urerzeuger einer jeden Gruppe allmählich dazu gebracht wurden, knppelförmige oder verborgene Nester zu errichten, und später diesen Instinct in Verbindung mit ihrer hellen Farbe auf ihre modificirten Nachkommen vererbten. Diese Folgerung ist, soweit sie zuverlässig ist, interessant. Sie zeigt nämlich, dass geschlechtliche Zuchtwahl in Verbindung mit gleichmassiger oder nahezu gleichmässiger Vererbung auf beide Geschlechter indirect die Art und Weise des Nestbaues bei ganzen Gruppen von Vögeln bestimmt hat.
Selbst in den Gruppen, bei welchen Mr. Wallage zufolge die Weibchen ihre hellen Farben nicht durch natürliche Zuchtwahl verloren haben, weil sie in Folge ihrer Art des Nestbaues bereits geschützt sind, weichen die Männchen oft in einem ganz unbedeutenden und gelegentlich in einem beträchtlichen Grade von den Weibchen ab. Dies ist eine sehr bezeichnende Thatsache; denn derartige Verschiedenheiten in der Färbung müssen aus dem Principe erklärt werden, dass einige der Abänderungen bei dem Männchen vom Anfange an in ihrer Ueber-lieferung auf ein und das nämliche Geschlecht beschränkt gewesen sind, da sich doch kaum behaupten lässt, dass diese Verschiedenheiten, besonders wenn sie sehr unbedeutend sind, als ein Schutz für das
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Cap. 15.
Farbe und Nestbau.
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Weibchen dienen. So bauen alle Species in der glänzenden Gruppe der Kurukus (Trogones) in Höhlen und Mr. Gould gibt Abbildungen20 von beiden Geschlechtern von fünfundzwanzig Species, bei welchen sämmt-lich, mit einer theilweisen Ausnahme, die Geschlechter zuweilen unbedeutend, zuweilen auffallend in der Farbe von einander abweichen, wobei die Männchen immer schöner als die Weibchen sind, trotzdem auch die letzteren schön sind. Alle Species von Eisvögeln bauen in Höhlen und bei den meisten der Species sind die Geschlechter gleichmässig brillant, und soweit hat Mr. Wallace's Regel Gültigkeit. Aber bei -einigen der australischen Species sind die Farben des Weibchens im Ganzen etwas weniger lebhaft als die des Männchens und in einer glänzend gefärbten Art weichen die Geschlechter so bedeutend von einander ab, dass sie Anfangs für specifisch verschieden gehalten wurden21. Mr. E. B. Sharpe, welcher diese Gruppe specieller studirt hat, hat mir einige amerikanische Species (ßeryle) gezeigt, bei denen die Brust des Männchens einen schwarzen Gürtel trägt. Ferner ist auch bei Carci-neutes die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern in die Augen fallend; bei dem Männchen ist die obere Fläche düster blau mit Schwarz gebändert, während die untere Fläche theilweise rothbraun gefärbt ist; auch findet sich um den Kopf herum viel Roth. Beim Weibchen ist die obere Fläche röthlich-braun mit Schwarz gebändert und die untere Fläche ist weiss mit schwarzen Zeichnungen. Es ist eine interessante Thatsache, da sie zeigt wie dieselbe eigenthümliche Art geschlechtlicher Färbungen oft verwandte Formen characterisirt, dass in drei Species von Dacelo das Männchen vom Weibchen nur darin abweicht, dass der Schwanz dunkelblau mit schwarz gebändert ist, während der Schwanz des Weibchens braun mit schwärzlichen Querbalken ist, so dass hier der Schwanz der beiden Geschlechter in seiner Färbung in genau derselben Weise verschieden ist, wie die ganze obere Fläche bei den beiden Geschlechtern von Careineutes.
Unter den Papageien, welche gleichfalls in Höhlen nisten, finden wir analoge Fälle. In den meisten Arten sind beide Geschlechter brillant gefärbt und nicht von einander zu unterscheiden, aber in nicht wenigen Species sind die Männchen im Ganzen lebhafter gefärbt als die Weibchen, oder selbst sehr verschieden von jenen. So ist neben
20 s. seine Monographie der Trogonidcn, erste Ausgabe.
21 nämlich Cyanalcijon. Gould, Handbook of tlie Birds of Australia. Vol. I, p. 133. s. auch p. 130, 13G.
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152 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
anderen scharf ausgesprochenen Verschiedenheiten die ganze untere Fläche des männlichen Königslori (Aprosmiclus srapiilaliis) scharlachroth, während die Kehle und Brust des Weibchens grün mit Roth gefärbt ist. Bei der Euphema xpleiulida besteht eine ähnliche Verschiedenheit; das Gesicht und die Flügcldeekfedern des Weibchens sind ausserdem von einem blasseren Blau als beim Männchen 2-. Tu der- Familie der Meisen (_Parinae), welche verborgene Nester bauen, ist das Weibchen unserer Blaumeise iPm-us caeruleus) „viel weniger hell gefärbt" als das Männchen, und bei der prachtvollen gelben Sultanmeise von Indien ist die Verschiedenheit noch grösser -3.
Es sind ferner in der grossen Gruppe der Spechte24 die Geschlechter allgemein nahezu gleich, aber bei dem Megnpicns calidus sind alle die Theile des Kopfes, des Halses und der Brust, welche bei den Männchen carmoisinroth sind, beim Weibchen blassbraun. Da bei mehreren Spechten der Kopf hell scharlachroth ist, während der des Weibchens einfach gefärbt ist, so kam mir der Gedanke, dass diese Färbung möglicherweise das Weibchen in einem gefährlichen Grade auffallend machen würde, sobald es nämlich seinen Kopf aus der das Nest enthaltenden Höhle lierausstreckt, und dass in Folge hiervon diese Färbung in TJe-bereinstimmung mit der Ansicht Mr. Wallace's beseitigt worden sei. Diese Ansicht wird durch das unterstützt, was Malherbe in Bezug auf den lndopicus carlotta angibt, dass nämlich die jungen Weibchen ganz ebenso wie die jungen Männchen etwas Scharlachroth um ihren Kopf haben, dass aber diese Färbung bei dem erwachsenen Weibchen verschwindet, während sie bei dem erwachsenen Männchen noch intensiver wird. Aber trotz dein Allem machen die folgenden Betrachtungen diese Ansicht doch äusserst zweifelhaft. Das Männchen nimmt einen gehörigen Theil an der Bebrütung25 und würde soweit beinahe ebenso der-Gefahr ausgesetzt sein; beide Geschlechter vieler Speeres haben einen in gleicher Weise hell scharlachroth gefärbten Kopf; bei anderen Spe-
'" Bei den Papageien von Australien lässt sich in der Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern jede Abstufung verfolgen, s. Gould's Handbook. Vol. II, p. 14—102.
" Macgillivray, History of British Birds. Vol. II, p. 433. Jerdon, Birds of India. Vol. II, p. 282.
*4 Alle die folgenden Thatsachen sind dem prachtvollen Werke'Malherbe's, Monographie des Picidees, 1861, entnommen.
" Aiulnbon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 75. s. auch Ibis, Vol. I, p". 268.
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Cap. 15. Farbe uml Nestbau. 153
cies ist die Verschiedenheit /.wischen den Geschlechtern in Bezug auf diese scharlachene Färbung so unbedeutend, dass hierin kaum irgend ein wahrnehmbarer Unterschied in der darin liegenden Gefahr erblickt werden kann; und endlich ist die Färbung des Kopfes in den beiden Geschlechtern oft in anderer Weise unbedeutend verschieden.
Die bis jetzt mitgetheilten Fälle von unbedeutenden und allmählich abgestuften Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Männchen und Weibchen in denjenigen Gruppen, bei welchen als allgemeine Kegel die Geschlechter einander ähnlich sind, beziehen sich sämmtlich auf Species, welche kuppeiförmige oder verborgene Nester bauen. Aber ähnliche Abstufungen lassen sich in gleicher Weise in Gruppen beobachten, bei denen die Geschlechter der allgemeinen Kegel nach einander ähnlich sind, welche aber offene Nester bauen. Da ich vorhin die australischen Papageien als Beispiel angeführt habe, so will ich hier ohne weitere Details mitzutheilen die australischen Tauben als Beispiel anziehen26. Es verdient besondere Beachtung, dass in allen diesen Fällen die unbedeutenden Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den Geschlechtern von derselben allgemeinen Beschaffenheit sind, wie die gelegentlich auftretenden grösseren Verschiedenheiten. Eine gute Erläuterung dieser Thatsache ist bereits durch 'die Erwähnung der Eisvögel angeführt worden, bei welchen entweder der Schwanz allein, oder die ganze obere Fläche des Gefieders in derselben Art und Weise in den beiden Geschlechtern verschieden ist. Aehnliche Fälle lassen sich bei Papageien und Tauben beobachten. Auch sind die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Geschlechtern einer und der nämlichen Species von derselben allgemeinen Beschaffenheit wie- die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den einzelnen Species einer und der nämlichen Gruppe. Denn wenn in einer Gruppe, in welcher die Geschlechter gewöhnlich gleich sind, das Männchen beträchtlich vom Weibchen abweicht, so ist es durchaus nicht in einem vollkommen neuen Style gefärbt. Wir können daher schliessen, dass innerhalb einer und der nämlichen Gruppe die speciellen Farben beider Geschlechter, wenn sie gleich sind, und die Färbungen des Männchens, wenn diese unbedeutend oder selbst beträchtlich vom Weibchen verschieden ist, in den meisten Fällen durch eine und die nämliche Ursache bestimmt worden sind; und diese ist geschlechtliche Zuchtwahl.
Gould, Ilandbook of tlie Birds of Australia. Vol. LI, p. 109—149.
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154
Geschlechtliche Zuchtwahl- Arögel.
II. Theil.
Wie bereits bemerkt worden ist, ist es nicht wahrscheinlich, dass Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Geschlechtern, wenn sie sehr unbedeutend sind, für das Weibchen als Schutzmittel von Nutzen sein können. Nehmen wir indessen an, dass sie von Nutzen seien, so könnte man wohl glauben, dass sie Uebergangsfälle darstellen. Wir haben aber keinen Grund zu der Annahme, dass zu irgend einer gegebenen Zeit viele Specics einer Veränderung unterliegen. Wir können daher kaum zugeben, dass die zahlreichen Weibchen, welche sehr unbedeutend in der Färbung von ihren Männchen verschieden sind, jetzt alle zum Zwecke eines Schutzes dunkler zu werden beginnen. Selbst wenn wir etwas schärfer ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheiten in Betracht ziehen: ist es wahrscheinlich, dass z. B. der Kopf de's weiblichen Buchfinken, das Carmoisinroth an der Brust des weiblichen Gimpels, das Grün des weiblichen Grünfinken, die Krone des feuerköpfigen Goldhähnchens sämmtlich durch den langsamen Pro-cess der Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes weniger hell gemacht worden sind? Ich kann dies nicht glauben, und noch weniger in Bezug auf unbedeutende Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern derjenigen Vögel, welche verborgene Nester bauen. Auf der andern Seite können die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den beiden Geschlechtern , mögen sie nun grösser oder kleiner sein, in einer bedeutenden Ausdehung durch die Annahme erklärt werden, dass die aufeinanderfolgenden Variationen, welche die Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben, vom Anfange an in ihrer Ueberlieferung mehr oder weniger auf die Männchen beschränkt waren. Dass der Grad dieser geschlechtlichen Beschränkung in verschiedenen Species einer und der nämlichen Gruppe verschieden ist, wird Niemand überraschen, welcher die Gesetze der Vererbung studirt hat; denn sie sind so compli-cirt, dass sie uns bei unserer Unwissenheit in ihrer Wirksamkeit launenhaft zu sein scheinen -1.
Soweit ich es nachweisen kann, gibt es nur sehr wenig, eine beträchtliche Anzahl von Species enthaltende Gruppen, bei welchen alle Arten die beiden Geschlechter brillant gefärbt und gleich haben. Dies scheint aber, wie ich von Mr. Sclater höre, mit den Pisang-fressern oder Musophayae der Fall zu sein. Auch glaube ich nicht, dass irgend eine grössere Gruppe existirt, bei welcher die Geschlechter
" s. Bemerkungen in diesem Sinne in meinem Buche: Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, Cap. 12.
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Cap. 15. Farbe und Nestbau. 155
sämmtlicher Arten in ihrer Färbung sehr weit von einander verschieden wären. Mr. Wallace theilt mir mit, dass die Seidenschwänze von Südamerika (Cotliigidae) eines der besten Beispiele darbieten; aber bei einigen der Species, bei welchen das Männchen eine glänzende rothe Brust hat, zeigt auch das "Weibchen etwas Roth an seiner Brust, und die Weibchen anderer Species zeigen Spuren der grünen und anderen Färbungen der Männchen. Nichtsdestoweniger haben wir aber auch innerhalb anderer Gruppen Fälle von bedeutender Annäherung an eine grössere geschlechtliche Aehnlichkeit oder Unähnlichkeit; und dies ist nach dem, was oben für die fluetuirende Beschaffenheit der Vererbung gesagt worden ist, ein etwas überraschender Umstand. Dass aber bei verwandten Thieren' die nämlichen Gesetze in grosser Ausdehnung gelten, ist nicht überraschend. Das Haushuhn hat eine grosse Anzahl von Rassen und Unterrassen entstehen lassen, und bei diesen weichen im Allgemeinen die Geschlechter im Gefieder von einander ab. so dass es als ein merkwürdiger Umstand betrachtet worden ist, wenn sie in gewissen Unterrassen einander ähnlich sind. Auf der anderen Seite hat die Haustaube gleichfalls eine ungeheure Anzahl von verschiedenen Rassen und Unterrassen entstehen lassen, und bei diesen sind mit seltenen Ausnahmen die beiden Geschlechter identisch gleich. Wenn daher andere Species von Gallus und Columba domesticirt worden wären und variirten, so würde es nicht voreilig sein, vorauszusagen, dass dieselben von der herrschenden Form der Vererbung abhängigen allgemeinen Regeln geschlechtlicher Aehnlichkeit und Unähnlichkeit in beiden Fällen gelten werden. In einer ähnlichen Weise hat allgemein dieselbe Form-der Ueber-lieferung durch dieselben natürlichen Gruppen hindurch geherrscht, wennschon ausgesprochene Ausnahmen von dieser Regel vorkommen. Innerhalb einer und der nämlichen Familie oder selbst derselben Gattung können die Geschlechter identisch gleich oder sehr verschieden in der Färbung sein. Beispiele, welche sich auf dieselbe Gattung beziehen, sind bereits mitgetheilt worden, so bei Sperlingen, Fliegenschnäppern, Drosseln und Waldhühnern. In der Familie der Fasanen sind die Männchen und Weibchen beinahe sämmtlicher Species wunderbar unähnlich, sind aber einander bei dem Ohrenfasan oder Crossoptilon auritum vollständig ähnlich. In zwei Species von Chloephaga, einer Gattung der Gänse, können die Männchen nicht von den Weibchen unterschieden werden, ausgenommen durch die Grösse, während in zwei anderen die Geschlechter
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156 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. 11. Theil.
einander so ungleich sind, dass sie leicht fälschlich für verschieden gelullten werden können 28.
Die folgenden Fälle können nur durch die Gesetze der Vererbung erklärt werden, wo nämlich das Weibchen dadurch, dass es in einer späten Lebensperiode gewisse Charactere erhält, welche dem Männchen eigen sind, schicsslich diesem in einer mehr oder weniger vollständigen Art und Weise ähnlich wird. Hier kann der Schutz kaum in's Spiel kommen. Mr. Blyth theilt mir mit, dass die Weibchen von Oriolus melanocephaltis und einiger nahe verwandter Species, wenn sie hinreichend reif sind um zu brüten, beträchtlich in ihrem Gefieder von den erwachseneu Männchen verschieden sind. Aber nach der zweiten oder dritten Mauserung weichen sie nur darin von jeden ab, dass der Schnabel eine leicht grünliche Färbung erhält. Bei den Zwergreihern (Ardetta) erlangt derselben Autorität zufolge „das Männchen seine „schliessliche Färbung mit der ersten Mauserung, das Weibchen nicht „vor der dritten oder vierten. In der Zwischenzeit bietet es eine intcr-„mediäre Färbung dar, welche schliesslich gegen ein Kleid vertauscht wird, „welches mit dem des Männchens identisch ist." So erlangt ferner der weibliche Wanderfalke (Faleo peret/rhms) sein blaues "Gefieder langsamer als das Männchen. Mr. Swinhoe führt an. dass bei einem Drongo-Würger (Dirrurus macrotercas) das Männchen, während es fast noch ein Nestling ist, sein weiches braunes Gefieder mausert und ein gleichförmiges, glänzendes, grünlich-schwarzes erhält. Das Weibchen behält dagegen lange Zeit die weissen Streifen und Flecken auf den Achselfedern und nimmt die gleichmässige schwarze Farbe des Männchens vor den ersten drei Jahren nicht vollständig an. Derselbe ausgezeichnete Beobchter bemerkt, dass im Frühlings des zweiten Jahres der weibliche Löflelreiher (PlalalenJ von China dem Männchen des ersten Jahres ähnlich ist und dass er allem Anscheine nach nicht vor dem dritten Frühlinge dasselbe erwachsene Gefieder erhält, wie es das Männchen in einem viel früheren Alter besitzt. Der weibliche nordameri-kanische Seidenschwanz (Bombycilla carolinensk) ist vom Männchen nur sehr wenig verschieden; aber die Auhänge, welche wie Tropfen von rothem Siegellack die Schwungfedern verzieren, entwickeln sich bei demselben nicht so zeitig im Leben als beim Männchen. Die obere Kinnlade beim Männchen eines indischen Papageien (Palaeomis jaranicus)
28 The Ibis, Vol. VI. 1864, p. 122.
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Cap. 15.
Farbe. — Sommergefieder.
157
ist von der frühesten Jugend an korallenroth; beim Weibchen aber ist sie, wie Mr. Blyth an in Käfigen gehaltenen und wilden Vögeln beobachtet hat, anfangs schwarz und wird nicht eher roth, als bis der Vogel wenigstens ein Jahr alt ist, in welchem Alter die Geschlechter einander in allen Beziehungen ähnlich sind. Beide Geschlechter des wilden Truthuhns sind schliesslich mit einem Büschel von Borsten auf ihrer Brust verschen, aber bei zwei Jahre alten Vögeln ist dieses Büschel beim Männchen ungefähr vier Zoll lang und beim Weibchen kaum zu bemerken. Wenn indessen das Letztere sein viertos Jahr erreicht hat, so ist jenes Büschel vier bis fünf Zoll lang 29.
In diesen Fällen folgen die Weihchen einem normalen Verlaufe der Entwickelung darin, dass sie zuletzt den Männchen gleich werden, und derartige Fälle dürfen nicht mit solchen vermengt werden, bei welchen erkrankte oder alte AVeibchen männliche Charactere annehmen, oder mit solchen, in welchen vollkommen fruchtbare AA'eibchen so lange sie jung sind, durch Abänderung oder durch irgend eine unbekannte Ursache die Merkmale des Männchens annehmen 3U. Aber alle diese Fälle haben soviel mit einander gemein, dass sie der Hypothese der Pangenesis zufolge davon abhängen, dass aus jedem Theile des Männchens herrührende Keimchen beim Weibchen, wenn auch latent, vorhanden sind und dass ihre Entwickelung Folge von irgend einer unbedeutenden Veränderung in den Wahlverwandtschaften seiner constituirenden Gewebe ist.
Ein Paar AVorte müssen noch über die A7eränderung des Gefieders in Beziehung auf die Jahreszeit zugefügt werden. Aus früher angeführten Gründen lässt sich nur wenig daran zweifeln, dass die eleganten Schmuckfedern, die langen wallenden Federn, Federbüsche u. s. w. von Silberreihern. Reihern nnd vielen anderen A7ögeln, welche nur während
29 Ueber ArdelUt s. die Uebersetzung von Cu vi er's Regne animal von Mr. Blyth p. 159. Aumerk. Ueber 'Fako peree/riims: Blyth, in: Charleswort h's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 304; über Dicrmtts: Ibis, 18G3, p. 44; über l'lataha: Ibis, Vol. VI. 18G4, p. 366; über die BomhijciUa: Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 229; über Palaewnis s. auch Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 2l!3. Ueber das wilde Truthuhn: Audubon, a. a. 0. Vol. I, p. 15. Vom Judge C a t o n höre ich, dass in Illinois das Weibchen sehr selten das Federbüschel erhält.
30 Mr. Blyth hat in der Uebersetzung von Cuvier's Regne animal verschiedene Fälle verzeichnet von Lantus, Rubicillu, Linaria und Anas. Auch Audubon hat einen ähnlichen Fall von Pi/nuiga aextica verzeichnet, Ornitholog. Biography, Vol. Y, p. 519.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
des Sommers entwickelt und behalten werden, ausschliesslich zu ornamentalen oder Hochzeitszwecken dienen, wenn sie auch beiden Geschlechtern gemeinsam zukommen. Das Weibchen wird hierdurch auffallender während der Bebrütungsperiode gemacht als während des Winters. Aber solche Vögel wie Reiher, Silberreiher werden im Stande sein sich selbst zu vertheidigen. Da indessen Schmuckfedern wahrscheinlich während des Winters uuhequem und gewiss von keinem Nutzen sind, so ist es möglich, dass die Gewohnheit, zweimal im Jahre sich zu mausern, allmählich durch natürliche Zuchtwahl zu dem Zwecke erlangt worden ist, unzuträgliche Zierathen während des Winters abzustossen. Diese Ansicht kann indess auf viele Wadevögel nicht ausgedehnt werden, bei welchen das Sommer- und Wintergefieder nur sehr wenig in der Färbung verschieden ist. Bei vertheidigungslosen Species, bei welchen entweder beide Geschlechter oder allein die Männchen während der Paarung äusserst auffällig werden, — oder wenn die Männchen in dieser Zeit so lange Schwung- oder Schwanzfedern erlangen, dass der Flug gehindert wird, wie bei Cosmelornis und Viclua —, erscheint es auf den ersten Blick im hohen Grade wahrscheinlich, dass die zweite Mauserung zu dem specicllen Zwecke erlangt, worden ist, diese Ornamente abzuwerfen. Wir müssen uns indessen daran erinnern, dass viele Vögel, so die Paradiesvögel, der Argusfasan und Pfauhahn, ihre Schimickfedern im Winter nicht abwerfen, und es lässt sich kaum behaupten, dass in der Constitution dieser Vögel, mindestens der Gallinaceen, etwas liegt, was eine doppelte Mauserung unmöglich machte; denn das Schneehuhn mausert sich dreimal im Jahre3'. Es muss daher als zweifelhaft angesehen werden, ob die vielen Species, welche ihre ornamentalen Federn mausern oder ihre hellen Färbungen während des Winters verlieren, diese Gewohnheit wegen der Unbequemlichkeit oder der Gefahr, welcher sie im andern Falle ausgesetzt wären, erlangt haben.
Ich komme daher zu dem Schlüsse, dass die Gewohnheit, zweimal im Jahre zu mausern, in den meisten oder sämmtlichen Fällen zuerst zu irgend einem bestimmten Zwecke erlangt worden ist, vielleicht um ein wärmeres Winterkleid zu bekommen, und dass Aenderungen im Gefieder, welche während des Sommers auftreten, durch geschlechtliche Zuchtwahl angehäuft und auf die Nachkommen in derselben Zeit des Jahres überliefert wurden. Derartige Abänderungen wurden dann ent-
31 s. Gouhl's Birds of Great Britain.
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Cap. 15. Sommer-Gefieilev. 159
weder von beiden Geschlechtern oder allein von den Männchen geerbt, je nach der Form von Vererbung, welche bei den betreffenden Arten vorherrschte. Dies erscheint wahrscheinlicher, als dass diese Species in allen Fällen ursprünglich die Neigung besessen hätten, ihr ornamenr tales Gefieder während des Winters zu behalten, hiervor aber durch natürliche Zuchtwahl bewahrt geblieben wären, wegen der dadurch veranlassten Unbequemlichkeit oder Gefahr.
Ich habe in diesem Capitel zu zeigen versucht, dass die Argumente in einer zuverlässigen Weise die Ansicht nicht begünstigen, dass Waffen, helle Farben und verschiedene Zierathen jetzt auf die Männchen beschränkt sind in Folge der mittelst natürlicher Zuchtwahl bewirkten Umwandlung einer Neigung zu gleichmässiger Vererbung der Charactere auf beide Geschlechter in eine Ueberlieferuug auf das männliche Geschlecht allein. Es ist auch zweifelhaft, ob die Färbungen vieler weiblichen Vögel eine Folge einer zum Zwecke des Schutzes eintretenden Erhaltung von Abänderungen, sind, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferuug auf das weibliche Geschlecht beschränkt waren. Es wird aber zweckmässig sein, jede weitere Eröiterung über diesen Gegenstand so lange zu verschieben, bis ich im folgenden Capitel die Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den jungen und alten Vögeln behandeln werde.
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Sechszehntes Capitel.
Vögel (Schluss).
Das Jugendgefieder in Bezug auf den Character des Gefieders beider Geschlechter im erwachsenen Zustande. — Sechs Classen von Fällen. — Geschlechtliche Verschiedenheiten der Männchen nahe verwandter oder repräsentativer Species. — Das Weibchen nimmt die Charactere des Männchens an. — Das Gefieder der Jungen in Bezug auf das Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen. — Ueber die Steigerung der Schönheit der Vögel auf der ganzen Erde. — I'rotective Färbung. — Auffallend gefärbte Vögel. — Würdigung der Neuheit. — Znsammenfassung der vier Capitel über Vögel.
Es muss jetzt nun die Ueberliefenmg von Characteren betrachtet werden und zwar wie dieselbe in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl durch das Alter beschränkt ist. Die Richtigkeit und die Bedeutung des Gesetzes einer Vererbung auf entsprechenden Altersstufen braucht hier nicht erörtert zu werden, da über diesen Gegenstand bereits genug gesagt worden ist. Ehe ich aber die verschiedenen im Ganzen doch etwas complicirten Regeln oder Classen von Fällen mittheile, unter welchen man die sämmtlichen Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den jungen und alten Vögeln, soweit sie mir bekannt sind, zusammenfassen kann, dürfte es nicht unzweckmässig sein, einige wenige vorläufige Bemerkungen zu machen.
Wenn bei Thieren aller Arten die Jungen in der Farbe von den Erwachsenen verschieden sind und die Farben der ersteren, soweit wir es beurtheilen können, nicht von irgendwelchem speziellen Nutzen sind, so kann man sie, wie verschiedene embryologische Bildungen dem Umstände zuschreiben, dass das junge Thier den Character eines frühen Urerzeugers beibehalten hat. Mit Zuversicht kann indessen diese Ansicht nur dann aufrecht erhalten werden, wenn die Jungen mehrerer Species einander sehr ähnlich und gleichfalls andern erwachsenen Species ähnlich sind, welche zu derselben Gruppe gehören; denn die letzteren sind die lebendigen Beweise dafür, dass ein derartiger Zustand der Dinge früher möglich war. Junge Löwen und Pumas sind mit
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Cap. 16.
Vererbung auf bestimmtes Alter.
161
schwachen Streifen oder Reihen von Flecken gezeichnet, und da viele verwandte Arten sowohl in der Jugend als im erwachsenen Zustande ähnlich gezeichnet sind, so wird kein Naturforscher, welcher an eine allmähliche Entwickelung der Species glaubt, daran zweifeln, dass der Urerzenger des Löwen und Puma ein gestreiftes Thier war und dass die Jungen Spuren dieser Streifen behalten haben, ebenso wie solche bei den Jungen schwarzer Katzen sich finden, welche im erwachsenen Zustande nicht im Mindesten gestreift sind. Viele Arten der Hirschfamilie sind im geschlechtsreifen Alter- uicht gefleckt und doch sind sie jung mit weissen Flecken bedeckt, wie es auch einige wenige Species in ihrem erwachsenen Zustande sind. So sind ferner auch in der ganzen Familie der Schweine {Suidae) und bei gewissen im Ganzen nur entfernt damit verwandten Thieren, wie beim Tapir, die Jungen mit dunklen Längsstreifen gezeichnet; hier haben wir indessen einen Character vor uns, welcher allem Anscheine nach von einem ausgestorbenen Lirerzeuger herrührt und jetzt nur von den Jungen noch beibehalten wird. In allen derartigen Fällen sind die Farben der alten Thiere im Laufe der Zeit abgeändert worden, während die Jungen unverändert geblieben oder nur wenig abgeändert worden sind; und dies ist nach dem Gesetze der Vererbung auf entsprechende Altersstufen bewirkt worden.
Dasselbe Frincip gilt auch für viele zu verschiedenen Gruppen gehörige Vögel, bei welchen die Jungen einander in hohem G rade gleichen und von ihren respectiven Eltern im erwachsenen Zustande bedeutend verschieden sind. Die Jungen beinahe sämmtlicher Gallinaceen und einiger entfernt damit verwandter Vögel, wie der Strausse, sind im Dunenkleide längsgestreift; dieser Character weist aber auf einen so weit zurück liegenden Zustand der Dinge zurück, dass er uns kaum hier angeht. Junge Kreuzschnäbel (Loxia) haben zuerst gerade Schnäbel wie die andern Finken, und in ihrem gestreiften Jugendgefieder gleichen sie dem erwachsenen Hänfling und dem weiblichen Zeisig ebensowohl wie den Jungen des Stieglitz, Grünfinken und einiger andern verwandten Arten. Die Jungen vieler Arten von Ammern CEmbei-izu) gleichen sowohl einander, als auch dem erwachsenen Zustande der Grau-Ammer, E. miliaria. In beinahe der ganzen grossen Gruppe der Drosseln haben die Jungen eine geneckte Brust, — ein Character, welchen viele Arten ihr ganzes Leben hindurch behalten haben, welcher aber von andern, wie z.B. von dem Turdus migratorius vollständig verloren worden ist. So sind ferner bei vielen Drosseln die Federn am Rücken gefleckt, ehe sie sich
Darwin, Abstammung. II. Zweite Auflage. 11
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
zum erstenmale gemausert haben, und dieser Character wird von gewissen östlichen Species zeitlebens beibehalten. Die Jungen vieler Arten von Würgern (Lanins), einiger Spechte und einer indischen Taube (Chalcophaps indicus) sind an der untern Körperfläcbe quer gestreift; und ähnlich sind gewisse verwandte Arten oder Gattungen im erwachsenen Zustande gezeichnet. Von einigen einander nahe verwandten und prachtvollen indischen Kuckucken (Chrysococcyx) weichen die Species, wenn sie geschlechtsreif sind, beträchtlich in der Farbe von einander ab, die Jungen derselben können aber nicht von einander unterschieden werden. Die Jungen einer indischen Gans (Sarkidiornis melanonotus) sind im Gefieder einer verwandten Gattung, Dendrocygna. im erwachsenen Zustande sehr ähnlich '. Aehnliche Thatsachen werden später in Bezug auf gewisse Reiher mitgetheilt werden. Junge Birkhühner (Tetrao tetrix) gleichen sowohl den alten Vögeln gewisser anderer Species, z. B. Teirao scoticus, als deren Jungen. Endlich zeigen sich die natürlichen Verwandtschaften vieler Species am besten in dem Ju-gendgefiedev, wie Mr. Blyth, welcher dem Gegenstande eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hat, richtig bemerkt hat, und da die wahren Verwandtschaften sämmtlicher organischer Wesen von ihrer Abstammung von einem gemeinsamen Urerzeuger abhängen, so bestätigt diese Bemerkung eindringlich die Annahme, dass das Gefieder der jugendlichen Form uns annäherungsweise die frühere oder vorelterl iche Beschaffenheit der Speci es zeigt. Obgleich uns hiernach viele junge, zu verschiedenen Ordnungen gehörige Vögel eiuen Blick auf das Gefieder ihrer weit zurück liegenden frühen Urerzeuger werfen lassen, so gibt es doch auch viele andere Vögel, und zwar sowohl trübe als hell gefärbte. bei denen die Jungen ihren Eltern sehr ähnlich sind. Bei solchen Species können die Jungen der verschiedenen Arten einander nicht ähnlicher sein, als es die Eltern sind; auch können sie keine auffallenden Aehnlichkeiten mit verwandten Formen in ihrem erwachsenen Zustande darbieten. Sie gehen uns nur wenig Aufklärung über das Gefieder ihrer Urerzeuger, ausgenommen insoweit als es wahrscheinlich ist, dass, wenn die jungen
1 In Bezug auf Drosseln, Würger und Spechte s. Mr. Blyth in: Charles-worth's Magaz. of nat. Eist. Vol. I. 1837, p. 304; auch die Anmerkung zu seiner Uebersetzung von Cuvier's Regne animal. p. 159. Auch den Fall von der Loxia theile ich nach Mr. Blyth's Angaben mit. Ueber Drosseln s. auch An-dubon, Ornitkolog. Biography. Vol. II, p. 195. Ueber Chrysococcyx und Chalcophaps s. Blyth, citirt von Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 485. Ueber SartätMwnis s. Blyth in The Ibis, 1867, p. 175.
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Cap. IC.
Classen von Fällen.
163
und die alten Vögel durch eine ganze Gruppe von Species hindurch in einer und der nämlichen Art und Weise gefärbt sind, ihre Urerzeuger ähnlich gefärbt waren.
Wir wollen nun die Classen von Fällen oder die Regeln betracliT ten, unter welche die Verschiedenheiten und Aehnlichkeiten zwischen dem Gefieder der jungen und alten Vögel entweder beider Geschlechter oder eines Geschlechts allein gruppirt werden können. Gesetze dieser Art wurden zuerst von Cuviee ausgesprochen; mit dem Fortschreiten der Erkenntniss bedürfen sie indessen einiger Modifikation und Erweiterung. Dies habe ich, soweit es die ausserordentliche Complicirtheit des Gegenstandes gestattet, nach Belehrungen, die ich aus verschiedenen Quellen schöpfte, zu thun versucht; es ist aber eine erschöpfende Abhandlung über diesen Gegenstand von irgend einem competenten Or-nithologen ein dringendes Bedürfniss. Um darüber zu einer Gewissheit zu gelangen, in welcher Ausdehnung jede dieser Kegeln gilt, habe ich die in vier umfangreichen Werken mitgetheilten Thatsacheu tabellarisch zusammengestellt, nämlich nach Macgillivkay über die Vögel von Gross-britannien, nach Audubon über die nordamerikanischen Vögel, nach Jeedon über die Vögel von Indien und nach Gould über die von Australien. Ich will hier noch vorausschicken erstens, dass die verschiedenen Fälle oder Regeln allmählich in einander übergehen, und zweitens, dass, wenn gesagt wird, die Jungen glichen ihren Eltern, damit nicht gemeint sein soll, sie wären ihnen identisch gleich; denn ihre Farben sind beinahe immer etwas weniger lebhaft, auch sind die'Federn weicher und oft von einer verschiedenen Form.
Regeln oder Classen von Fällen.
I. Wenn das erwachsene Männchen schöner oder in die Augen fallender ist, als das erwachsene Weibchen, so sind die Jungen beider Geschlechter in ihrem ersten Federkleide dem erwachsenen Weibchen sehr ähnlich, wie beim gemeinen Huhn und dem Pfau; oder, wie es gelegentlich vorkommt, sie sind diesem viel mehr ähnlich als dem erwachsenen Männchen.
IL Wenn das erwachsene Weibchen in die Augen lallender ist,
als das erwachsene Männchen, was zuweilen wenn auch selten vorkommt,
so sind die Jungen beider Geschlechter in ihrem ersten Gefieder den
erwachsenen Männchen ähnlich.
III. Wenn das erwachsene Männchen dein erwachsenen Weibchen
n*
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
ähnlich ist, so haben die Jungen beider Geschlechter ein ihnen besonders zukommendes eigenthümliches Gefieder, wie z. B. beim Kothkehlchen.
TV. Wenn das erwachsene Männchen dein erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so sind die Jungen beider Geschlechter in ihrem ersten Federkleide den Erwachsenen ähnlich, wie es z. B. beim Eisvogel, vielen Papageien, Krähen, Grasmücken der Fall ist.
V. Wenn die Erwachsenen beider Geschlechter ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben, mag nun das Männchen vom Weibchen verschieden sein oder nicht, so sind die Jungen den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in deren Winterkleide, oder, jedoch viel seltener, in deren Sommerkleide, oder allein den Weibchen ähnlich; oder die Jungen können einen intermediären Character tragen; oder ferner sie können von den Erwachsenen in ihren beiden Jahreszeitgefiedern bedeutend verschieden sein.
VI. In einigen wenigen Fällen weichen die Jungen in ihrem ersten Gefieder je nach ihrem Geschlechte von einander ab; wobei die jungen Männchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Männchen und die jungen Weibchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich sind.
1. Classe. In dieser Classe sind die Jungen beiderlei Geschlechts mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich, während das erwachsene Männchen häufig in der augenfälligsten Art und Weise vom erwachsenen Weibchen verschieden ist. Hier licssen sich unzählige Beispiele aus allen Ordnungen anführen; es wird genügen, den gemeinen Fasan, die Ente und den Haussperling in's Gedächtniss m rufen. Die in dieser Classe inbegriffenen Fälle gehen allmählich in andere über. So können die beiden Geschlechter in ihrem erwachseneu Znstande so unbedeutend von einander und die Jungen so unbedeutend von den Erwachsenen verschieden sein, dass es zweifelhaft wird, ob solche Fälle zu der vorliegenden Classe oder zu der dritten oder vierten zu ziehen sind. So können ferner die Jungen beider Geschlechter, anstatt einander vollständig gleich zu sein, in einem unbedeutenden Grade von einander abweichen, wie es in unserer sechsten Classe der Fall ist. Diese transitionellen Fälle sind indessen nur wenig der Zahl nach oder mindestens nicht scharf ausgesprochen im Vergleich mit denen, welche ganz streng unter die vorliegende Bubrik fallen.
Die Kraft des vorliegenden Gesetzes zeigt sich sehr wohl in den-
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Cap. IG. Die Jungen gleichen den erwachsenen Weibchen. 1(55
jenigen Gruppen, in welchen der allgemeinen Regel nach die beiden Geschlechter und die Jungen sämmtlich einander gleich sind; denn wenn das Männchen in diesen Gruppen wirklich vom Weibchen verschieden ist, wie bei gewissen Papageien, Eisvögeln, Tauben u. s. w., so sind die Jungen beider Geschlechter dem erwachsenen Weibchen ähnlich 2. Wir sehen die nämliche Thatsache noch deutlicher in gewissen anomalen Fällen ausgesprochen ; so weicht das Männchen von Heliothrix auriculnla (einem Kolibri) augenfällig vom Weibchen darin ab, dass es eine prachtvolle Kehle und schöne Ohrbüschel hat; das Weibchen ist aber dadurch merkwürdig, dass es einen viel längeren Schwanz hat als das Männchen. Nim sind die Jungen beider Geschlechter (ausgenommen dass die Brust mit Bronze gefleckt ist) den erwachsenen Weibchen mit Ein-schluss der Länge des weiblichen Schwanzes ähnlich, so dass der Schwanz, des Männchens factisch mit dem Erreichen des Reifezustandes kürzer wird, was ein äusserst ungewöhnlicher Umstand ist 3. Ferner ist das Gefieder des männlichen Sägetauchers (Mergus tnerganser) auffallender gefärbt und die Schulterfederu und Schwingen zweiter Ordnung sind viel länger als beim Weibchen; aber verschieden von dem, was soviel ich weiss bei allen übrigen Vögeln vorkommt, ist der Federkamm des erwachsenen Männchens, wenn er auch breiter ist als der des Weibchens, doch beträchtlich kürzer, nämlich nur wenig über einen Zoll lang, während der Federkamm des Weibchens zwei und einen halben Zoll lang' ist. Nun sind die Jungen beider Geschlechter in allen Beziehungen den erwachsenen Weibchen ähnlich, so dass ihre Federkämme factisch von grösserer Länge wenn auch etwas schmäler als beim erwachsenen Männchen sind 4.
2 s. z. B. Mr. Gould's Beschreibung von Cyanalcyon, einem der Eisvögel (Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 133) bei welchem indessen das junge Männchen, obschon es dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, weniger brillant gefärbt ist. In einigen Species von Dacelo haben die Männchen blaue Schwänze und die Weibchen braune; und Mr. B,. B. Sharpe thcilt mir mit, dass der Schwanz des jungen Männchens von I). Gaudichaudü anfangs braun ist. Mr. Gould hat (a. a. 0. Vol. II, p. 14, 20, 37) die Geschlechter und die Jungen gewisser schwarzer Cacadus und des Königs-Loris beschrieben, bei welchen dasselbe Gesetz herrscht, s. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 260, über Pa-laeornis rosa, bei dem die Jungen mehr gleich dem Weibchen als dem Männchen sind. s. Audubon, Ornithol. Biography. Vol. II, p. 475, über die beiden Geschlechter und die Jungen von Columba passerina.
3 Ich verdanke die Kenntniss dieser Thatsache Mr. Gould, welcher mir die Exemplare zeigte; s. auch seine Tntroductiou to the Trochilidae. 1861, p. 120.
4 Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 207—214.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
Wenn die Jungen und die Weibchen einander sehr ähnlich und beide vom Männchen verschieden sind, so liegt die Folgerung am nächsten, dass allein das Männchen modificirt worden ist. Selbst in den anomalen Fällen von Ihliothrix und Mergus ist es wahrscheinlich, dass ursprünglich beide Geschlechter im erwachsenen Zustande die eine Species mit einem beträchtlich verlängerten Schwänze, und die andere mit einem sehr verlängerten Federkamme versehen waren, dass diese Charactere seitdem von den erwachsenen Männchen aus irgend einer unerklärten Ursache verloren und in ihrem verkleinerten Zustande allein ihren männlichen Nachkommen überliefert worden sind, als diese das entsprechende Alter der Geschlechtsreife erlangt hatten. Die Annahme, dass in der vorliegenden Classe, soweit die Verschiedenheiten zwischen
-den Männchen und den Weibchen zusammen mit deren Jungen in Betracht kommen, allein das Männchen modificirt worden ist, wird nachdrücklich durch einige morwürdige, von Mr. Blyth 5 mitgetheilte That-sachen in Bezug auf nahe verwandte Species, welche einander in verschiedenen Ländern repräsentiren, unterstützt. Denn bei mehreren dieser stellvertretenden Species haben die erwachsenen Männchen einen gewissen Betrag von Veränderung erlitten und können unterschieden werden; die Weibchen und die Jungen sind dagegen nicht zu unterscheiden und sind daher absolut unverändert geblieben. Dies ist der
* Fall bei gewissen indischen Schmätzern CThamnobid), mit gewissen Honigsaugern CNectarinia), Würgern (Tephrodornis'), gewissen Eisvögeln (Tanysiptera), Kalij-Fasanen (Gallopkasis) und Baum-Kebhühnern (Är-boricoki).
In einigen analogen Fällen, nämlich bei Vögeln, welche ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben, deren Geschlechter aber nahezu gleich sind, können gewisse einander nahe verwandte Arten in ihrem Sommer- oder Hochzeitsgefieder leicht unterschieden werden, sind aber in ihrem Winterkleide ebenso wie in ihrem jugendlichen Gefieder ununterscheidbar. Dies ist der Fall bei einigen der nahe unter einander verwandten indischen Bachstelzen oder Motaciüae. Mr. Swinhoe
5 s. dessen ausgezeichneten Aufsatz in dem Journal of the Asiatic Society of Bengal, Vol. XIX. 1850, p. 223; s. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I. Introduction p. XXIX. In Bezug auf Tanysipte.ra sagte Prof. Schlegel Mr. Blyth, dass er mehrere verschiedene Rassen unterscheiden könne und zwar allein durch Vergleichung der erwachsenen Männchen.
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Cap. 16. Die Jungen gleichen den erwachsenen Weihchen. 167
theilt mir mit 6, dass drei Species von Ardeola, einer Gattung der Keiher, welche einander auf verschiedenen Continenten vertreten, „ in „der auffallendsten Weise verschieden" sind, wenn sie mit ihren Som-merschmuckfedern geziert sind, dass sie aber nur schwer, wenn überhaupt, während des Winters von einander unterschieden werden können. Es sind die Jungen dieser drei Species gleichfalls in ihrem Jugendgefieder den Erwachsenen in ihrem Winterkleide sehr ähnlich. Dieser Fall ist um so merkwürdiger, als in zwei andern Species von Ardeola beide Geschlechter während des Winters und des Sommers nahezu dasselbe Gefieder behalten, wie das ist, was die drei ersterwähnten Species während des Winters und in ihrem unreifen Alterszustande besitzen; und dieses Gefieder, welches mehreren verschiedenen Species auf ver-schiedenenen Altersstufen und zu verschiedenen Jahreszeiten gemeinsam zukommt, zeigt uns wahrscheinlich, wie der Urerzeugcr der Gattimg gefärbt war. In allen diesen Fällen ist es das Hochzeitsgefieder, von welchem wir annehmen können, dass es ursprünglich von den erwachsenen Männchen während der Paarungszeit erlangt und auf die Er-, wachsenen beider Geschlechter in der entsprechenden Jahreszeit vererbt und modificirt worden ist, während das Winterkleid und das Gefieder der unreifen Jungen unverändert gelassen wurde.
Es entsteht nun natürlich die Frage: woher kommt es, dass in diesen letzteren Fällen das Wintergefieder beider Geschlechter und in den zuerst erwähnten Fällen das Gefieder der erwachsenen AVeibchen ebenso wie das unreife Gefieder der Jungen durchaus gar nicht beein-flusst worden ist? Diejenigen Species, welche einander in verschiedenen Landen] vertreten, werden beinahe immer irgendwie etwas verschiedenen Bedingungen ausgesetzt worden sein; wir können aber .die Modification des Gefieders allein der Männchen kaum dieser Wirkung zuschreiben, wenn wir sehen, dass die Weibchen und die Jungen, trotzdem sie in ähnlicher Weise denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, nicht afficirt wurden. Kaum irgend eine Thatsache in der Natur zeigt uns deutlicher, wie untergeordnet in ihrer Bedeutung die directe Wirkung der Lebensbedingungen ist im Vergleich mit der durch natürliche Zuchtwahl bewirkten Anhäufung unbestimmter Abänderungen, als die überraschende Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern vieler Vögel; denn beide Geschlechter müssen dieselbe Nahrung consumirt
6 s. auch Mr. Swinhoe in „Ibis" July, 1863, p. 131, und einen früheren Aufsatz mit einem Auszuge einer Notiz von Mr. Blyth in: Ibis, Jan. 1861, p. 52.
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II. Theil.
haben und demselben Clima ausgesetzt gewesen sein. Nichtsdestoweniger hindert uns nichts anzunehmen, dass im Laufe der Zeit neue Lebensbedingungen irgend eine directe Wirkung hervorbringen können; wir sehen nur, dass dies seiner Bedeutung nach den angehäuften Resultaten der Zuchtwahl untergeordnet ist. Wenn indessen eine Species in ein neues Land einwandert, — und dies muss ja der Bildung stellvertretender Arten vorausgehen, — so werden die veränderten Bedingungen, welchen dieselbe beinahe immer ausgesetzt werden, Veranlassung sein, dass sie auch, einer weitverbreiteten Analogie nach zu urtheilen, einem gewissen Betrage fiuetuireuder Variabilität unterliegen werden. In diesem Falle wird die geschlechtliche Zuchtwahl, welche von einem im höchsten Grade der Veränderung ausgesetzten Elemente abhängt, nämlich von dem Geschmacke oder der Bewunderung des Weibchens, neue Far-benschattirungen oder andere Verschiedenheiten gefunden haben, auf welche sie wirken und welche sie anhäufen konnte; und da geschlechtliche Zuchtwahl beständig in Wirksamkeit ist, so würde es, — nach dem, was wir von den Resultaten der unbewussten Zuchtwahl seitens des Menschen in Bezug auf domesticirte Thiere wissen, — eine überraschende Thatsache sein, wenn Thiere, welche getrennte Bezirke bewohnen, welche sich niemals kreuzen und hierdurch ihre neuerlich erlangten Charactere verschmelzen können, nicht nach einem genügenden Zeiträume verschiedenartig modificirt würden. Diese Bemerkungen beziehen sich in gleicher Weise auf das Hochzeitskleid oder Sommergefieder, mag dasselbe nun auf das Männchen beschränkt oder beiden Geschlechtern eigen sein. Obgleich die Weibchen der obengenannten nahe mit einander verwandten Arten ebenso wie ihre Jungen kaum irgendwie von einander verschieden sind, so dass die Männchen allein unterschieden werden können, so weichen doch in den meisten Fällen die Weibchen der Species innerhalb eines und des nämlichen Genus offenbar von einander ab. Indessen sind die Verschiedenheiten selten so bedeutend wie die zwischen den Männchen. Wir sehen dies deutlich in der ganzen Familie der Gallinaceen; so sind beispielsweise die Weibchen des gemeinen und des japanesischen Fasanen und besonders des Gold- und des Arn-herst-Fasanen — vom Silberfasan und dem wilden Huhn — einander in der Farbe sehr ähnlich, während die Männchen in einem ausserordentlichen Grade von einander verschieden sind. Dasselbe ist auch bei den Weibchen der meisten Cotingiden, Fringilliden und vieler anderer Familien der Fall. Es lässt sich in der That nicht daran zwei-
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fein, dass, als allgemeine Kegel, die Weibchen in einer geringeren Ausdehnung modificirt worden sind als die Männchen. Einige wenige Vögel indessen bieten eine eigentümliche und unerklärliche Ausnahme dar; so weichen die Weibchen von Paradisea apoda und P. papuana mehr von einander ab, als es ihre respectiven Männchen thun7; das Weibchen der letztern Species ist an der untern Körperfläche rein weiss, während das Weibchen der P. apoda unten tief braun ist. Ferner weichen, wie ich von Professor Newton höre, die Männchen zweier Species von Oxynolvs (Würger), welche einander auf den Inseln Mauritius und Bourbon ersetzen8, nur wenig in der Farbe von einander ab, während die Weibchen sehr verschieden sind. Bei der Species von Bourbon scheint es, als ob das Weibchen zum Theil einen Jugendzustand des Gefieders beibehalten hätte, denn auf den ersten Blick „möchte man dasselbe für das Junge der Species von Mauritius halten". Diese Verschiedenheiten lassen sich mit denen vergleichen, welche unabhängig von der Zuchtwahl durch den Menschen und für uns unerklärbar bei gewissen Unterrassen des Kampfhuhns vorkommen, bei welchen die Weibchen sehr verschieden sind, während die Männchen kaum unterschieden werden können 9.
Da ich nun die Verschiedenheiten zwischen den Männchen verwandter Arten in so grosser Ausdehnung durch geschlechtliche Zuchtwahl erkläre, wie lassen sich dann die Verschiedenheiten zwischen den Weibchen in allen gewöhnlichen Fällen erklären? Wir haben hier nicht nöthig, die zu verschiedenen Gattungen gehörigen Arten zu betrachten ; denn bei diesen werden Anpassung an verschiedene Lebensweisen und andere Kräfte mit in's Spiel gekommen sein. In Bezug auf die Verschiedenheiten zwischen den Weibchen innerhalb einer und der nämlichen Gattung scheint es mir beinahe gewiss zu sein, dass die hauptsächlich wirksame Kraft die in einem grösseren oder geringeren Grade eingetretene Uebertragung von Characteren auf das Weibchen gewesen ist, welche von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden waren. Bei den verschiedenen britischen Finkenarten weichen die Geschlechter entweder sehr unbedeutend oder beträchtlich
' Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 394.
8 Es sind diese Species unter Beigabe colorirter Figuren von M. F. Pollen beschrieben in: Ibis, 1866, p. 275.
9 Das Vai-iiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 1, S. 311.
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von einander ab; und wenn wir die Weibchen des Grünfinken, Buchfinken, Stieglitz, Gimpel, Kreuzschnabel, Sperling u. s. w. vergleichen, so sehen wir, dass sie hauptsächlich in den Punkten von einander verschieden sind, in welchen sie zum Theile ihren respectiven Männchen gleichen; und die Farben der Männchen können wir getrost der geschlechtlichen Zuchtwahl zuschreiben. Bei vielen hühnerartigen Vögeln weichen die beiden Geschlechter in einem ganz ausserordentlichen Grade von einander ab, so beim Pfau, beim Fasan, beim Eulin, während bei andern Species eine theilweise oder selbst vollständige Uebertragung von Characteren vom Männchen auf das Weibchen stattgefunden hat. Die Weibchen der verschiedenen Species von Polyplectron bieten in einem undeutlichen Zustande, und hauptsächlich auf dem Schwänze, die prachtvollen Augenflecken ihrer Männchen dar. Das weibliche Rebhuhn weicht vom Männchen nur darin ab, dass der rothe Fleck auf seiner Brust kleiner ist, und die wilde Truthenne nur darin, dass ihre Farben viel trüber sind. Bei dem Perlhuhn sind die beiden Geschlechter nicht von einander zu unterscheiden. Es liegt in der Annahme nichts Unwahrscheinliches, dass das einfarbige, wenn auch eigenthüm-lich gefleckte Gefieder dieses letzten Vogels zunächst durch geschlechtliche Zuchtwahl von den Männchen erlangt und dann auf beide Geschlechter überliefert worden ist; denn es ist nicht wesentlich von dem viel schöner gefleckten Gefieder verschieden, welches allein für das Männchen des Tragopan-Fasanen characteristisch ist.
Es ist zu beachten, dass in manchen Fällen diese Uebertragung der Charactere von dem Männchen auf das Weibchen allem Anscheine nach in einer weit zurückliegenden Zeit bewirkt worden ist, wonach später das Männchen bedeutenden Abänderungen unterlegen ist, ohne irgend welche seiner später erlangten Charactere auf das Weibchen zu übertragen. So sind z. B. das Weibchen und die Jungen des Birkhuhns (Tetrao tetrix) den beiden Geschlechtern und den Jangen des Moor-hnhns, T. scoticus, ziemlich ähnlich; und wir können in Folge hiervon schliessen, dass das Birkhuhn von irgend einer alten Species abstammt, bei welcher beide Geschlechter in nahezu derselben Weise gefärbt waren, wie das Moorhuhn. Da beide Geschlechter dieser letzteren Species während der Paarungszeit deutlicher gestreift sind, als zu irgend einer andern Zeit, und da das Männchen unbedeutend in seinen schärfer ausgesprochenen rothen und braunen Tönen abweichtIn, so können wir
10 Macgillivray, History of British Birds. Vol. I, p. 172—174.
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Cap. 16. Die Jimgen gleichen den erwachsenen Weibchen. 171
folgern, dass sein Gefieder wenigstens in einer gewissen Ausdehnung von geschlechtlicher Zuchtwahl beeinflusst worden ist. Ist dies der Fall gewesen, so können wir weiter schliessen, dass das nahezu ähnliche Gefieder des weiblichen Birkhuhns in einer früheren Periode auf ähn*-liche Weise entstanden ist. Seit dieser Zeit aber hat das männliche Birkhuhn sein schönes schwarzes Gefieder und seine gegabelten und nach aussen gekräuselten Schwanzfedern erhalten; es ist aber kaum irgend eine Uebertragung dieser Charactere auf das Weibchen eingetreten, ausgenommen dass dasselbe an seinem Schwänze eine Spur der gekrümmten Gabelung zeigt.
Wir können daher schliessen, dass das Gefieder der Weibchen verschiedener, wenn auch verwandter Arten oft dadurch mehr oder weniger verschieden geworden ist, dass Charactere, welche sowohl in früheren als in neueren Zeiten von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden, in verschiedenen Graden übertragen worden sind. Es verdient indessen besondere Aufmerksamkeit, dass brillante Färbungen viel seltener übertragen worden sind, als andere Farbentöne. So hat z. B. das Männchen des Blaukehlchens (Cyanecula mecica) eine reich-blaue Oberbrust, mit einem schwach dreieckigen rothen Flecke; nun sind Zeichnungen von annähernd derselben Form auf das Weibchen übertragen worden, der mittlere Fleck ist aber rötbliclibraun statt roth und wird von gefleckten anstatt von blauen Federn umgeben. Die hühnerartigen Vögel bieten viele analoge Fälle dar; denn keine von denjenigen Arten, so die Kebhühner, Wachteln, Perlhühner u. s. w., bei welchen die Farben des Gefieders in hohem Grade vom Männchen auf das Weibchen übertragen worden sind, ist brillant gefärbt. Dies erläutern die Fasanen sehr gut, bei welchen das Männchen allgemein so viel brillanter ist als das Weibchen; aber bei dem Ohrenfasan und dem Wal-lich'schen (Crossoptilon auritum und Phasianus WalUchü) sind die Geschlechter einander sehr ähnlich und ihre Färbungen sind trüb. Wir können selbst soweit gehen anzunehmen, dass, wenn irgend ein Theil des Gefieders dieser beiden Fasanen brillant gefärbt gewesen wäre, dies nicht auf die Weibchen übertragen worden wäre. Diese That-sachen unterstützen nachdrücklich die Ansicht von Mr. Wallace, dass bei Vögeln, welche während der Zeit' des Nistens viel Gefahren ausgesetzt sind, die Uebertragung heller Farben vom Männchen auf das Weibchen durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden ist. Wir dürfen indessen nicht vergessen, dass eine andere früher mitgetheilte Er-
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klärung möglich ist: das nämlich diejenigen Männchen, welche variir-ten und hell gefärbt wurden, so lang sie jung und unerfahren waren, grosser Gefahr ausgesetzt gewesen und wohl meist zerstört worden sind; wenn auf der andern Seite die älteren und vorsichtigeren Männchen in gleicher Weise variirten, so werden diese nicht bloss im Stande gewesen sein, leben zu bleiben, sondern werden auch bei ihrer Concurrenz mit andern Männchen begünstigt gewesen sein. Variationen nun, welche spät im Leben auftreten, neigen dazu, ausschliesslich auf dasselbe Geschlecht übertragen zu werden, so dass in diesem Falle äusserst glänzende Färbungen nicht auf die Weibchen übertragen worden sein würden. Auf der andern Seite wären Zierathen einer weniger augenfälligen Art, solche wie sie der Ohren- und Wallichs-Fasan besitzen, nicht gefährlich gewesen nnd wenn sie in früher Jugend erschienen, würden sie allgemein auf beide Geschlechter überliefert worden sein.
Aussei' den Wirkungen einer theilweisen Uebertragung der Charac-tere von den Männchen auf die Weibchen, können einige der Verschiedenheiten zwischen den Weibchen nahe verwandter Species auch der directen oder bestimmten Wirkung der Lebensbedingungen zugeschrieben werden ''. Bei den Männchen wird eine jede derartige Wirkung durch die brillanten, in Folge von geschlechtlicher Zuchtwahl erlangten Farben maskirt worden sein; aber nicht so bei den Weibchen. Jede der endlosen Verschiedenheiten im Gefieder, welche wir bei nnsern dome-sticirteu Vögeln sehen, ist natürlich das Eesultat irgend einer bestimmten Ursache; und unter natürlichen und gleichförmigeren Bedingungen wird irgend eine gewisse Färbung, vorausgesetzt, dass sie in .keiner Weise nachtheilig ist, beinahe sicher früher oder später vorherrschen. Die reichliche Kreuzung der vielen zu einer und derselben Species gehörenden Individuen wird am Ende dahin streben, jede hierdurch veranlasste Veränderung in der Farbe dem Character nach gleichförmig zu machen.
Es zweifelt Niemand daran, dass bei vielen Vögeln die Färbimg beider Geschlechter zum Zwecke des Schutzes den Umgebungen ange-passt ist; und es ist möglich, dass bei einigen Arten allein die Weibchen in dieser Weise modificirt worden sind. Obschon es ein schwieriger und, wie im letzten Capitel gezeigt wurde, vielleicht unmöglicher Frocess sein würde, durch Zuchtwahl die eine Form der Ueberlieferung
11 s. üher diesen Gegenstand1 das 23. Capitel in dem "Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Doinestication.
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Cap. 13. Die Jungen gleichen den erwachsenen Weibchen. 173
in die andere zu verwandeln, so dürfte doch nicht die geringste Schwierigkeit vorhanden sein, die Farben der Weibchen unabhängig von denen des Männchens dadurch umgebenden Gegenständen anzupassen, dass Abänderungen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferung auf das weibliche Geschlecht beschränkt waren, gehäuft wurden. Wären die Abänderungen nicht in dieser Art beschränkt, so würden die hellen Farben des Männchens verkümmert oder zerstört werden. Ob allein die Weibchen vieler Species in dieser Weise speciell modificirt worden sind, ist gegenwärtig noch sehr zweifelhaft. Ich wünschte, Mr. Wal-lace der ganzen Ausdehnung nach folgen zu können; denn seine Annahme würde einige Schwierigkeiten beseitigen. Eine jede Abänderung welche für das Weibchen von keinem Nutzen wäre als Schutzmittel, würde sofort wieder fehlschlagen, statt einfach dadurch verloren zu gehen, dass sie bei der Zuchtwahl nicht berücksichtigt würde, oder dass sie in Folge der reichlichen Kreuzung verloren gienge, oder dass sie eliminirt werden würde, wenn sie auf das Männchen übertragen und diesem in irgend welcher Art schädlich wäre. So würde das Gefieder des Weibchens in seinem Character constant erhalten werden. Es wäre gleichfalls eine Erleichterung, wenn wir annehmen könnten, dass die dunkleren Färbungen heider Geschlechter bei vielen Vögeln zum Zwecke des Schutzes erlangt und bewahrt worden wären, — so z. B. hei dem Graukehlchen und dem Zaunkönig (Accentor tnodnlaris und Troglodytes vulgaris), — in Bezug auf welche Erscheinung wir für die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl nicht hinreichende Beweise haben. Wir sollten indessen in Bezug auf die Folgerung, dass Färbungen, welche uns trübe erscheinen, auch den Weibchen gewisser Species nicht anziehend sind, vorsichtig sein; wir sollten derartige Fälle im Sinne behalten, wie den gemeinen Haussperling, bei welchem das Männchen bedeutend vom Weibchen abweicht, aber keine hellen Farbentöne darbietet. Wahrscheinlich wird Niemand bestreiten wollen, dass viele hühnerartige Vögel, welche auf offenem Grunde leben, ihre jetzigen Färbungen wenigstens zum Theile als Schutzmittel erlangt haben. Wir wissen, wie gut sie durch dieselben sich verbergen können; wir wissen dass Schneehühner, während sie ihr Wintergefieder in das Sommerkleid umwandeln, die ja beide für sie protectiv sind, bedeutend durch Raubvögel leiden. Können wir aber wohl annehmen, dass die sehr unbedeutenden Verschiedenheiten in den Farbennuancen und Zeichnungen z. B. zwischen dem weiblichen Birkhuhn und Moorhuhn als
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Tl. Theil.
Schutzmittel dienen? Sind Kebhühner, so wie sie jetzt gefärbt sind, besser geschützt, als wenn sie Wachteln ähnlich geworden wären ? Dienen die unbedeutenden Verschiedenheiten zwischen den Weibchen des gemeinen Fasanen, des Japanesischen und Gold-Fasanen zum Schutze oder hätte ihr Gefieder nicht ohne weitern Nachtheil vertauscht werden können? Nach dem, was Mr. Wallace von der Lebensweise gewisser hühnerartiger Vögel des östlichen Asiens beobachtet hat, glaubte er, dass solche geringe Verschiedenheiten wohlthätig sind. Was mich betrifft, so will ich nur sagen, dass ich nicht überzeugt bin.
Als ich früher noch geneigt war, ein grosses Gewicht auf das Princip des Schutzes zu legen, als Erklärungsgrund der weniger hellen Farben weiblicher Vögel, kam mir der Gedanke, dass möglicherweise ursprünglich beide Geschlechter und die Juügen in gleichem Grade hell gefärbt gewesen sein könnten, dass aber später die Weibchen wegen der während der Briitezeit erwachsenen Gefahr und die Jungen wegen ihrer Ünerfahrenheit behufs eines Schutzes dunkler geworden seien. Diese Ansicht wird aber durch keine Beweise unterstützt und ist nicht wahrscheinlich ; denn wir setzen damit in unserer Vorstellung die Weibchen und die Jungen während vergangener Zeiten Gefahren ans, vor denen die modificirten Nachkommen derselben zu schützen sich später als nothwendig herausgestellt hätte. Wir habeu auch durch einen allmählichen Process der Zuchtwahl die Weibchen und die Jungen auf beinahe genau dieselben Färbungen und Zeichnungen zurückzuführen und diese auf das entsprechende Geschlecht und Lebensalter zu überliefern. Es ist auch eine etwas befremdende Thatsache,—unter der Annahme, dass die Weibchen und die Jungen während einer jeden Stufe des Mo-dificationsprocesses eine Neigung gezeigt hätten, so hell gefärbt zu werden wie die Männchen —, dass die Weiteten niemals dunkel gefärbt worden sind ohne dass gleichzeitig auch die Jungen an dieser Veränderung Theil genommen haben: denn soviel icli ermitteln kann, liegen keine Fälle vor von Species, bei denen die Weibchen trüber gefärbt, die Jungen dagegen hell gefärbt sind. Eine theilweise Ausnahme hiervon bieten indessen die Jungen gewisser Spechte dar, denn sie haben „den ganzen obern Theil des Kopfes mit ßoth gefärbt", welches sich später entweder bei den Erwachsenen beider Geschlechter zu einer einfachen kreisförmigen rothen Linie vermindert oder bei den erwachsenen Weibchen vollständig verschwindet'2.
12 Auduhon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 193. Macgilliv ray, Hi-
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Cap IG. Die Jungen gleichen den erwachsenen Weibchen. 175
Was endlich die vorliegende Classe von Fällen betrifft, so scheint die wahrscheinlichste Ansicht die zu sein, dass aufeinanderfolgende Abänderungen in dem Glänze oder in andern ornamentalen Characteren, welche bei den Männchen zu einer im Ganzen spätem Lebensperiode, auftraten, allein erhalten worden sind, und dass die meisten oder sämmt-liche dieser Abänderungen in Folge der späten Lebensperiode, in welcher sie erschienen, von Anfang an nur auf die erwachsenen männlichen Nachkommen überliefert worden sind. Eine jede Abänderung in der Helligkeit, welche bei den Weibchen oder bei den Jungen auftrat, würde für diese von keinem Nutzen gewesen und nicht bei der Nachzucht besonders gewählt worden sein, sie würde überdies, wäre sie gefährlich gewesen, beseitigt worden sein. In dieser Weise werden daher die Weibchen und die Jungen entweder nicht modificirt werden, oder, und dies ist um Vieles häufiger vorgekommen, sie werden zum Theil durch Uebertragung einiger der bei den Männchen aufeinander erscheinenden Abänderungen modificirt worden sein. Auf beide Geschlechter haben vielleicht die Lebensbedingungen, welchen sie lange ausgesetzt gewesen waren, direct eingewirkt; da aber die Weibchen nicht auch noch anderweitig modificirt worden sind, werden diese alle Folgen derartiger Einwirkungen am besten darbieten. Diese Veränderungen werden wie alle andern durch die reichliche Kreuzung vieler Individuen gleichförmig erhalten worden sein. In einigen Fällen, besonders bei Bodenvögeln können auch die Weibchen und die Jungen unabhängig von den Männchen möglicherweise zum Zwecke des Schutzes modificirt worden sein, so dass sie das nämliche trübe Gefieder erlangt haben.
2. Classe. Wenn das erwachsene Weibchen in die Augen fallender ist, als das erwachsene Männchen, so sind die Jungen beider Geschlechter in ihrem ersten Gefieder dem erwachsenen Männchen ähnlich. Diese Classe enthält gerade die umgekehrten Fälle im Vergleich mit denen der vorigen, denn hier sind die Weibchen heller gefärbt oder mehr in die Augen fallend als die Männchen, und die Jungen sind, so weit man sie kennt, den erwachsenen Männchen ähnlich, statt den erwachsenen Weibchen zu gleichen. Die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern ist indess niemals so gross wie es bei vielen Vögeln in der ersten Classe vorkommt, und die Fälle sind
story of British Birds. Vol. III, p. 85. s. auch den oben angeführten Fall von Indopicus Carlottae.
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auch vergleichsweise selten. Mr. Wallace, welcher zuerst die Aufmerksamkeit auf die eigenthümliche Beziehung lenkte, welche zwischen den weniger hellen Farben der Männchen und der von ihnen ausgeübten Pflichten des Bratens besteht, legt auf diesen Punkt ein grosses Gewicht,3 als einen entscheidenden Beweis dafür, dass dunklere Farben zum Zwecke des Schutzes während der Nidificationsperiode erlangt worden sind. Eine davon verschiedene Ansicht scheint mir wahrscheinlicher zu sein. Da die Fälle merkwürdig und nicht zahlreich sind, will ich alle hier anführen, welche ich zu finden im Stande war.
In einer Abtheilung der Gattung Tumix (wachtelartige Vögel) ist das Weibchen ausnahmslos grösser als das Männchen (in einer der australischen Arten ist es nahezu zweimal so gross) und dies ist bei den hühnerartigen Vögeln ein ungewöhnlicher Umstand. In den meisten Species ist das Weibchen entschiedener gefärbt und heller als das Männchen u, in einigen wenigen Arten sind indessen die Geschlechter einander gleich. Bei Tumix taigoor aus Indien ,fehlt dem Männchen „das Schwarz an der Kehle und dem Halse und der ganze Färbungs-„ton des Gefieders ist heller und weniger ausgesprochen als der des „Weibchens." Das Weibchen erscheint lauter und ist sicher viel kampfsüchtiger als das Männchen; so dass die Weibchen, und nicht die Männchen, häufig von den Eingeborneu zum Kämpfen gehalten werden wie Kampfhähne. Wie von englischen Vogelfängern männliche Vögel in der Nähe einer Falle als Lockvögel aufgestellt werden, um andere Männchen durch Erregung ihrer Eifersucht zu fangen, so werden in Indien die Weibchen dieser Tumix verwandt. Sind die Weibchen in dieser Weise aufgestellt, so beginnen sie sehr bald „ihren lauten schnür -„renden Lockruf ertönen zu lassen, welcher eiue bedeutende Entfernung „weit gehört werden kann, und alle Weibchen im Bereich der Hörbarkeit dieses Rufes laufen eiligst nach der Stelle hin und beginnen mit „dem gefangenen Vogel zu kämpfen." Auf diese Weise können von zwölf bis zwanzig Vögel, sämmtlich brütende Weibchen, im Laufe eiues einzigen Tages gefangen werden. Die Eingebornen behaupten, dass die
13 Westminster Review, July, 1867, und A. Murray, Journal of Travel, 1868, p. 83.
14 Wegen der australischen Arten s. Gould, Handbook to the Birds of Au-stralia. Vol. II, p. 178, 180, 186 und 188. An den Exemplaren der Trappenwachtel (Pedionomus torquatus) im Britischen Museum lassen sich ähnliche geschlechtliche Verschiedenheiten erkennen.
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Cap. IG. Die Jungen gleichen den erwachsenen Männchen. 17?
Weibchen, nachdem sie die Eier gelegt haben, sicli in Heerden versammeln und es den Männchen überlassen, die Eier auszubrüten. Es ist kein Grund vorhanden, diese Behauptungen zu bezweifeln, welche durch einige von Mr. Swinhoe in China gemachte Beobachtungen unterstützt wird 15. Mr. Blyth glaubt, dass die Jungen beider Geschlechter den erwachsenen Männchen ähnlich sind.
Die Weibchen der drei Arten von Goldschnepfen (Rhynchaea) „sind „nicht grösser aber viel reicher gefärbt als die Männchen" ,6. Bei allen übrigen Vögeln, bei welchen die Luftröhre ihrer Structur nach in den beiden Geschlechtern verschieden ist, ist sie bei den Männchen entwickelter und complicirter als bei den Weibchen; aber bei der Rhynchaea australis ist sie beim Männchen einfach, während sie beim Weibchen vier besondere Windungen beschreibt, ehe sie in die- Lungen eintritt n. Es hat daher das Weibchen dieser Species einen eminent männlichen Character erhalten. Mr, Blyth hat durcli Untersuchung vieler Exemplare ermittelt, dass bei Rh. bengalensis, welche Species der Rh. australis so ähnlich ist, dass sie mit Ausnahme ihrer kürzeren Zehen kaum von ihr unterschieden werden kann, die Luftröhre in keinem der beiden Geschlechter gewunden ist. Diese Thatsache bietet ein weiteres auffallendes Beispiel für das Gesetz dar, dass seeundäre Se-xualcharactere oft bei nahe verwandten Formen weit von einander verschieden sind, obschon es ein sehr seltener Umstand ist, wenn sich derartige Verschiedenheiten auf das weibliche Geschlecht beziehen. Es wird angegeben, dass die Jungen beider Geschlechter von Rh. bengalensis in ihrem ersten Gefieder den erwachsenan Männchen ähnlich sind 1S. Es ist auch Grund zur Annahme vorhanden, dass das Männchen die Pflicht des Ausbrütens auf sich nimmt; denn Mr. Swinhoe 19 fand die Weibchen vor Ende des Sommers zu Heerden versammelt, wie es mit den Weibchen von Turnix vorkommt.
Die Weibchen von Phalaropas fuUcarius und Pk. hyperboveus sind grösser und in ihrem Sommergefieder „lebhafter in ihrer Erscheinung „als die Männchen". Doch ist die Verschiedenheit in der Farbe zwi-
15 Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 596. Mr. Swinhoe in: Ibis. 1S65, p. 542; 1866, p. 131, 405.
16 Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 077.
11 Gould's, Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 275.
18 The Indian Field, Sept. 1858, p. 3.
19 Ibis, 1866, p. 298.
Darwin, Abstammung. IT. Zweite Auflage. 12
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178 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Tlieil.
sehen den Geschlechtern durchaus nicht augenfällig. Nur das Männchen von Ph. fulicarius übernimmt nach Professor Steenstrüp die Verpflichtung des Brütens, wie es sich auch durch den Zustand seiner Brust-
Fig. 60. Ehy7ichaea capemis (aus Brehm, ThierLebeü.)
federn während der Brütezeit ergibt. Das Weibchen des Moriuell-Kegenpfeifers (Eudromius morinellus) ist grösser als das Männchen, und die rothen und schwarzen Farbentöne auf der untern Fläche, der weisse halbmondförmige Fleck auf der Brust und die Streifen oberhalb der Augen sind bei ihm stärker ausgesprochen. Auch nimmt das Männchen wenigstens am Ausbrüten der Eier Tlieil; aber auch das
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Cap. IG. Die Jungen gleichen den erwachsenen Männchen. 179
Weibchen sorgt für die Jungen 20. Ich bin nicht im Staude gewesen zu ermitteln, ob bei diesen Arten die Jungen den erwachsenen Männchen in bedeutenderem Grade ähnlich sind, als den erwachsenen Weibchen; denn die Vergleichung ist wegen der doppelten Mauserung etwas schwierig anzustellen.
Wenden wir uns nun zu der Ordnung der Strausse: Jedermann würde das Männchen des gemeinen Casuars (Casuarius galeatus) für das Weibchen zu halten geneigt sein, da es kleiner ist und die Anhänge und die nackten Hautstellen am Kopfe viel weniger hell gefärbt sind; auch hat mir Mr. Bartlett mitgetbeilt, dass es im zoologischen Garten sicher allein das Männchen ist, welches auf den Eiern sitzt und die Sorge um die Jungen übernimmt21. Mr. T. W.Wood gibt an22, dass das Weibchen während der Paarungszeit von ausserordentlich kampfsüchtiger Disposition ist; seine Fleischlappen werden dann ver-grössert und brillanter gefärbt. Ferner ist das Weibchen von einem der Emus (Dromaeus irrorahts) beträchtlich grösser als das Männchen und besitzt einen unbedeutenden Federbusch, ist aber in anderer Weise im Gefieder nicht zu unterscheiden. Allem Anscheine nach besitzt es indessen, „wenn es geärgert oder sonstwie gereizt wird, stärker das „Vermögen, wie ein Truthahn die Federn an seinem Halse und seiner „Brust aufzurichten. Es ist gewöhnlich muthiger und zanksüchtiger. „Es stösst einen tiefen, hohlen, gutturalen Ton aus, besonders zur Nachtzeit, welcher wie ein kleiner Gong klingt. Das Männchen hat einen „schlankereren Bau und ist gelehriger, hat auch keine Stimme ausser „einem unterdrückten Zischen oder Knurren, wenn es ärgerlich ist". Es übt nicht nur die gesammten Pflichten der Brütung aus, son-
20 In Bezug auf diese verschiedenen Angaben s. Gould, Birds of Great Bri-tain. Professor Newton theilt mir mit, er sei nach seinen eigenen Beobachtungen wie nach denen Anderer schon lange überzeugt gewesen, dass die Männchen der oben genannten Species entweder zum Theil oder vollständig die Pflicht der Bebrütung auf sich nehmen und „dass sie im Falle einer Gefahr eine viel „grössere Hingabe an ihre Jungen zeigen als es die Weibchen thun". So ist es auch, wie er mir mittheilt, mit der TAmosa lapponica und einigen wenigen andern Wadvögeln der Fall, bei welchen die Weibchen grösser sind und viel schärfer contrastirende Farben besitzen als die Männchen.
21 Die Eingeborenen von Ceram behaupten (Wallace, Malay Archipelago, Vol. II, p. 150), dass das Männchen und das Weibeben abwechselnd auf den Eiern sitzen; diese Angabe ist aber, wie Mr. Bartlett glaubt, so zu erklären, dass das Weibchen das Nest besucht, um seine Eier abzulegen.
11 The Student, April, 1870, p. 124.
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dern hat auch die Jungen gegen ihre Mutter zu vertheidigen; „denn „sobald diese ihre Nachkommenschaft erblickt, wird sie heftig erregt „und scheint trotz des Widerstandes des Vaters ihre äusserste Kraft „anzustrengen, sie zu zerstören. Monate lang nachher ist es nicht „gerathen, die Eltern zusammenzubringen, heftige Kämpfe sind das unvermeidliche Kesultat, aus denen meist das Weibchen als Sieger hervorgeht*23. Wir haben daher bei diesem Emu eine vollständige Um-kehrung nicht bloss der elterlichen und Brüte-Instincte, sondern auch der gewöhnlichen moralischen Eigenschaften der beiden Geschlechter; die Weibchen sind wild, zanksüchtig und lärmend, die Männchen sanft und gut. Beim afrikanischen Strauss verhält sicli der Fall sehr verschieden, denn hier ist das Männchen etwas grösser als das Weibchen und hat schönere Schmuckfedern mit schärfer contrastirenden Farben; nichtsdestoweniger übernimmt dasselbe vollständig die Pflicht des Brü-tens -4.
Ich will noch die andern mir bekannten Fälle anführen, wo das Weibchen augenfälliger gefärbt ist, als das Männchen, obschon über ihre Art des Brüteus nichts bekannt ist. Bei dem Geierbussard der Falkland-Inseln (Milcago Icucurus) war ich sehr überrascht bei der Zergliederung zu finden, dass die Individuen, welche stärker ausgesprochene Färbungen zeigten und deren Wachshaut und Beine orange gefärbt waren, die erwachsenen Weibchen waren, während diejenigen mit trüberem Gefieder und grauen Beinen die Männchen oder die Jungen waren. Bei einem australischen Baumläufer (Climacleris erythrops) weicht das Weibchen darin vom Männchen ab, das es „mit schönen „strahlenförmigen röthlichen Zeichnungen an der Kehle geschmückt ist, „während beim Männchen diese Theile völlig gleichfarbig sind". Endlich übertrifft bei einem australischen Ziegenmelker „das Weibchen „immer das Männchen an Grösse und an dem Glänze der Färbung; „andererseits haben die Männchen zwei weisse Flecke auf den Schwingen erster Ordnung augenfälliger entwickelt als die Weibchen" 2r\
13 s. die ausgezeichnete Beschreibung der Lebensweise dieses Vogels in der Gefangenschaft von Mr. A.W. Bennett, in: Land and Water, May 1868, p. 233.
s* Sclater, über das Brüten der straussartigen Vögel, in: Procecd. Zool. Soc. June 9, 18C3.
25 In Bezug auf den Milvago s. Zoology of the Voyage of the Beagle. Birds, 1841, p. 16. Wegen der Climacteris und des Ziegenmelkers (Euroüopoäus) s. Gould, Handbook of the Birds of Australia, Vol. T, p. 602 und 97. Die Neuseeländische Brandente (Tadorna oariegata) bietet eineu völlig anomalen Fall
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Cap. IS. Die Jungen gleichen den erwachsenen Männchen. 181
Wir sehen hieraus, dass die Fälle, in denen die' weiblichen Vögel auffallender gefärbt sind als die Männchen und wo die Jungen in ihrem unreifen Gefieder den erwachsenen Männchen, anstatt wie in der vorhergehenden Classe den erwachsenen Weibchen, gleichen, nicht zahlreich sind, obschon sie sich auf verschiedene Ordnungen vertheilen. Auch ist der Betrag an Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern unvergleichlich geringer als wie er häufig in der letzten Classe auftritt, so dass die Ursache der Verschiedenheit, was dieselbe auch gewesen sein mag, in der gegenwärtigen Classe weniger energisch oder weniger ausdauernd auf die Weibchen eingewirkt hat, als in der letzten Classe auf die Männchen. Mr. Wallace glaubt, dass die Färbungen der Männchen während der Bebrütungszeit zum Zwecke des Schutzes weniger augenfällig geworden sind; die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern scheint aber bei kaum einem der vorstehend erwähnten Fälle hinreichend gross zu sein, um diese Ansicht mit Sicherheit annehmen zu können. In einigen dieser Fälle sind die helleren Farbentöne des Weibchens beinahe ganz auf die untere Körperfläche beschränkt und wenn die Männchen in dieser Weise gefärbt wären, so würden sie während des Sitzens auf den Eiern keiner Gefahr ausgesetzt gewesen sein. Man muss auch im Auge behalten, dass die Männchen nicht bloss in einem nnbedenteiiden Grade weniger auffallend gefärbt sind als die Weibchen, sondern auch von geringerer Grösse sind und weniger Kraft haben. Sie haben indessen nicht bloss den mütterlichen Instinct des Brütens erlangt, sondern sind auch weniger kampflustig und laut als die Weibchen und haben in einem Falle auch einfachere Stimmorgane. Es ist also eine beinahe vollständige Vertauschung der Instincte, Gewohnhei-
clar; der Kopf des Weibchens ist rein weiss «ad sein Rücken ist rö'ther als der des Männchens; der Kopf des Männchens ist von einer kräftigen dnnkelbronze-nen Farbe und sein Kücken ist mit schön gestrichelten schieferfarbigen Federn bedeckt, so dass es durchaus als das Schönere von den beiden betrachtet werden kann. Es ist grösser und kampfsüchtiger als das Weibchen und sitzt nicht auf den Eiern. Es kommt daher in allen diesen Beziehungen diese Species unter unsere erste Classe von Fällen. Mr. Sclater war aber sehr überrascht zu beobachten (Proceed. Zoolog. Soc. 1866, p. 150), dass die Jungen beider Geschlechter, wenn sie ungefähr drei Monate alt sind, in ihren dunklen Köpfen und Hälsen den erwachsenen Männchen ähnlich sind, statt es den erwachsenen Weibchen zu sein; so .dass es in diesem Falle scheinen möchte, als wären die Weibchen mo-dificirt worden, während die Männchen und Jungen einen frühern Zustand des Gefieders behalten haben.
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II. ThciJ.
ten, Disposition, Farbe, Grösse und einiger Structureigenthümlichkeiten zwischen den beiden Geschlechtern eingetreten.
Wenn wir nun annehmen können, dass die Männchen in der vorliegenden Classe etwas von jener Begierde verloren haben, welche ihrem Geschlechte sonst eigen ist, so dass sie nun nicht länger die Weibchen aufsuchen; oder wenn wir annehmen können, dass die Weibchen viel zahlreicher geworden sind, als die Männchen — und in Bezug auf eine indische Art von Tumix wird angegeben, dass man „die Weibchen viel „gewöhnlicher trifft, als die Männchen" 26 —, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Weibchen dazu gebracht wurden, den Männchen den Hof zu machen anstatt von diesen umworben zu werden. Dies ist in der That in einer gewissen Ausdehnung bei einigen Vögeln der Fall, wie wir es bei der Pfauhenne, dem wilden Truthuhn und gewissen Arten von Waldhühnern gesehen haben. Nehmen wir die Gewohnheiten der meisten männlichen Vögel als Maassstab der Beurthei-lung, so muss die bedeutendere Grösse und Kraft und die ausserordentliche Kampfsucht der Weibchen der Tumix und der Emus die Bedeutung haben, dass sie versuchen rivalisirende Weibchen fortzutreiben, um in den Besitz des Männchens zu gelangen; und nach dieser Ansicht werden alle Thatsachen verständlich; denn die Männchen werden wahrscheinlich von denjenigen Weibchen bezaubert oder gereizt werden, welche für sie durch ihre helleren Farben, andere Zierathen oder Stimmkräfte die anziehendsten waren. Dann würde nun bald auch geschlechtliche Zuchtwahl ihr Werk verrichten und stetig die Anziehungsreize der Weibchen vermehren, während die Männchen und die Jungen durchaus gar nicht oder nur wenig modificirt werden.
3. Classe. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so haben die Jungen-beider Geschlechter ein ihnen besonders zukommendes eigenthiim-liches Gefieder. — In dieser Classe gleichen beide Geschlechter einander, wenn sie erwachsen sind, und sind von den Jungen verschieden. Dies kommt bei vielen Vögeln vieler Arten vor. Das männliche Eothkehlchen kann kaum vom Weibchen unterschieden werden, die Jungen aber sind mit ihrem trüb-olivenfarbenen und braunen Gefieder weit von ihnen verschieden. Das Männchen und Weibchen des prachtvollen scharlachrothen Ibis sind gleich, während die Jungen braun ge-
*" Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 598.
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färbt sind; und obgleich die Scharlachfarbe beiden Geschlechtern gemeinsam zukommt, so ist sie doch allem Anscheine nach ein sexueller Cha-racter; denn bei Vögeln in der Gefangenschaft entwickelt sie sich nicht gut, in derselben Weise wie es mit der brillanten Färbung männlicher Vögel häufig eintritt. Bei vielen Arten von Beihern sind die Jungen bedeutend von den Erwachsenen verschieden, und obschon ihr Sommergefieder beiden Geschlechtern gemeinsam ist, so hat es doch entschieden einen hochzeitlichen Character. Junge Schwäne sind schiefergau, während die reifen Vögel rein weiss sind; es würde aber überflüssig sein, noch weitere Beispiele hier hinzuzufügen. Diese Verschiedenheiten zwischen den Jungen und den Alten hängen wie in den letzten zwei Classen allem Anscheine nach davon ab, dass die Jungen einen früheren oder alten Zustand des Gefieders beibehalten haben, welcher von den Alten beiderlei Geschlechts gegen ein neues Gefieder ausgetauscht worden ist. Wenn die Erwachsenen hell gefärbt sind, so -können wir aus den soeben in Bezug auf den scharlachenen Ibis und viele Reiher gemachten Bemerkungen und aus der Analogie mit den Species der ersten Classe schliessen, dass derartige Farben von den nahezu geschlechtsreifen Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, dass aber verschieden von dem, was in den beiden ersten Classen vorkommt, die Ueberlieferung zwar wohl auf dasselbe Alter, aber nicht auf dasselbe Geschlecht beschränkt worden ist. In Folge dessen gleichen beide Geschlechter einander, wenn sie erwachsen sind, und weichen dann von den Jungen ab.
4. Classe. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen AVeibchen ähnlich ist, so" sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Federkleide den Erwachsenen ähnlich. — In dieser Classe gleichen die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter einander, mögen sie nun brillant oder düster gefärbt sein. Derartige Fälle sind meiner Meinung nach häufiger als die der letzten Classe. Wir haben in England Beispiele hiervon beim Eisvogel, bei einigen Spechten, bei dem Eichelhäher, der Elster, Krähe und vielen kleinen trübe gefärbten Vögeln, wie dem Graukehlchen oder dem Zaunkönig. Die Aehnlichkeit im Gefieder zwischen den Jungen und Alten ist aber niemals absolut vollständig, sie verschwindet allmählich bis zur Un-ähnlichkeit. So sind die Jungen von einigen Gliedern der Familie der Eisvögel nicht bloss weniger lebhaft gefärbt als die Erwachsenen, sondern viele von den Federn der untern Körperfläche sind mit Braun
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gerändert 27 — wahrscheinlich eine Spur eines früheren Zustandes des Gefieders. Die Jungen mancher Vögel sind häufig in derselben Gruppe von Vögeln, selbst innerhalb einer und der nämlichen Gattung, wie z. B. in einer australischen Gattung von Papageien (P(atycercus), den Eltern beiderlei Geschlechts sehr ähnlich, während die Jungen anderer Species innerhalb derselben Gruppen von den Erzeugern, welche einander gleich sind, beträchtlich verschieden sind-8. Beide Geschlechter und die Jungen des gemeinen Eichelhähers sind einander sehr ähnlich; aber beim canadiscb.cn Häher (Perisoreus canadensis~) sind die Jungen von ihren Eltern so verschieden, dass sie früher als verschiedene Species beschrieben wurden 29.
Ehe ich weiter gehe will ich bemerken, dass die in dieser und den zwei nächsten Classen zusammengebrachten Thatsachen so complexer Natur und die Schlussfolgerungen so zweifelhaft sind, dass Jeder, welcher nicht ein specielles Interesse an dem Gegenstände nimmt, sie lieber überschlagen mag.
Die brillanten oder auffallenden Färbungen, .welche viele Vögel in der vorliegenden Classe characterisiren, können ihnen selten oder niemals als Schutzmittel von Nutzen sein, so dass sie wahrscheinlich von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt und dann auf die Weibchen und die Jungen übertragen worden sind. Es ist indessen möglich, dass die Männchen die anziehenderen Weibchen gewählt haben; und wenn diese ihre Charactere auf ihre Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, so wird dasselbe Resultat eintreten, als durch die Wahl der anziehenderen Männchen, seitens der Weibchen. Es sind aber einige Belege dafür vorhanden, dass diese Alternative nur selten, wenn überhaupt jemals, in irgend einer dieser Gruppen von Vögeln, bei welchen die Geschlechter allgemein gleich sind, eingetreten ist; denn" selbst wenn einige von den nacheinander auftretenden Abänderungen in ihrer Ueberlieferung fehlgeschlagen wären, so würden doch immer die Weibchen in einem geringen Grade die Männchen an Schönheit übertreffen haben. Genau das Umgekehrte kommt im Naturzustande vor; denn in beinahe jeder grossen Gruppe, in welcher die Geschlechter allgemein einander ähnlich sind, sind die Männchen einiger wenigen Ar-
27 Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 222, 228. Gould, Handbook of the Birds of Australia. Vol. I, p. 124, 130.
58 Gould, a. a. 0. Vol. II,. p. 37, 46, 56.
29 Audubon, Ornithological Biograph}', Vol. II, p. 55.
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ten in einem unbedeutenden Grade heller gefärbt als die Weibchen. Es ist ferner möglich, dass die Weibchen die schöneren Männchen gewählt haben könnten, während auch umgekehrt diese Männchen die schöneren Weibchen wählten; es ist aber zweifelhaft, einmal oh dieser doppelte Vorgang einer Auswahl leicht vorkommen dürfte, und zwar wegen der grösseren Begierde des einen Geschlechts als des andern, und dann ob derselbe wirksamer sein würde, als Auswahl seitens des einen Geschlechts allein. Es ist daher die wahrscheinlichste Ansicht die, dass in der vorliegenden Classe, soweit ornamentale Charactere in Betracht kommen, die geschlechtliche Zuchtwahl in Uebercinstimmung mit der allgemeinen durch das ganze Thierreich hindurch geltenden Regel eingewirkt hat, nämlich auf die Männchen; und dass diese ihre allmählich erlangten Farben entweder gleichmässig oder beinahe gleichmässig ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überliefert haben.
Ein anderer Punkt ist zweifelhafter, ob nämlich die nacheinander auftretenden Abänderungen zuerst bei den Männchen erschienen, nachdem sie nahezu geschlcchtsreif geworden waren, oder während ihrer Jugend. In beiden Fällen muss geschlechtliche Zuchtwahl auf das Männchen gewirkt haben, als es mit Nebenbuhlern um den Besitz des Weibchens zu coneurriren hatte; und in beiden Fällen sind die so erlangten Charactere auf beide Geschlechter und auf alle Altersstufen überliefert worden. Wenn aber diese Charactere von den Männchen erlangt wurden, als sie erwachsen waren, so könnten sie anfangs allein den Erwachsenen wieder vererbt und in einer späteren Periode auf die Jungen übertragen worden sein. Denn es ist bekannt, dass wenn das Gesetz der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern fehlschlägt, die Nachkommen häufig Charactere in einem früheren Alter erben als in dem, in welchem sie zuerst bei ihren Eltern erschienen waren 30. Dem Anscheine nach Fälle dieser Art sind bei Vögeln im Naturzustande beobachtet worden. So hat beispielsweise Mr. Blyth Exemplare von Lantus rufus und von Colymbus glacialis gesehen, welche während sie noch jung waren in einer völlig abnormen Weise das erwachsene Gefieder ihrer Eltern angenommen hatten 3l. Ferner werfen die Jungen des gemeinen Schwans CCygnus olor) ihre dunklen Federn nicht eher ab und werden nicht früher weiss, als bis sie achtzehn Monate oder
31 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication Bd. 2, S. 105.
31 Charlesworth, Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 305, 306.
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zwei Jahre alt sind; Dr. Forel hat aber einen Fall beschrieben, wo drei kräftige junge Vögel unter einer Brut von vier rein weiss geboren wurden. Diese jungen Vögel waren keine Albinos, wie sich durch die Farbe ihrer Schnäbel und Beine zeigte, welche nahezu den entsprechenden Theilcn der Erwachsenen glichen 3-.
Es dürfte sich verlohnen, die oben angeführten drei Weisen, auf welche in der vorliegenden Classe die beiden Geschlechter und die Jungen dazu gekommen sein könnten, einander zu gleichen, durch den merkwürdigen Fall der Gattung Passer zu erläutern 33. Bei dem Haussperling (_P. domesticus). weicht das Männchen bedeutend vom Weibchen und von den Jungen ab. Diese sind einander ähnlich und in einem hohen Grade auch beiden Geschlechtern und den Jungen des Sperlings von Palästina (P, brachydaclylits), ebenso wie auch einigen verwandten Species. Wir können daher annehmen, dass das Weibchen und die Jungen des Haussperliugs uns annäherungsweise das Gefieder des Urcrzeugers der Gattung darbieten. Beim Baumsperling (P. monlatms) nun sind beide Geschlechter und die Jungen dem Männchen des Haussperlings sehr ähnlich, so dass diese sämmtlich in einer und derselben Art und Weise modificirt worden sind und sämmtlich von der typischen Färbung ihres frühen Urcrzeugers abweichen. Dies kann dadurch bewirkt worden sein, dass ein männlicher Vorfahre des Baumsperlings variirte und zwar erstens, als er nahezu geschlechtsreif, oder zweitens während er ganz jung war, in welchen beiden Fällen er sein modifi-cirtes Gefieder auf die Weibchen und die Jungen überlieferte; oder drittens: er kann variirt haben, als er erwachsen war, und kann sein Gefieder auf beide erwachsene Geschlechter und, in Folge des Fehlschla-gens des Gesetzes der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern, in einer spätem Periode auf die Jungen vererbt haben.
Es lässt sich unmöglich entscheiden, welche von diesen drei Vorgangsweisen durch die ganze vorliegende Classe von Fällen hindurch vorgeherrscht hat. Die Ansicht, dass die Männchen variirten, als sie jung wraren, und ihre Abänderungen auf ihre Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, ist vielleicht die wahrscheinlichste. Ich will
32 Bulletin de la Societe'Vaudoise des Science. Natur. Vol. X. 1869, p. 132 Die Jungen des polnischen Schwans, Cytjnus immutahilis von Yarrell, sind immer.weiss; man glaubt aber, wie mir Mr. Sclater mittheilt, dass diese Species nichts Anderes ist als eine Varietät des domesticirten Schwans (Cygnus olor).
33 Ich bin Mr. Blyth für Mittheilungen in Bezug auf diese Gattung verbunden. Der Sperling vou Palästina gehört zu der Untergattung Petronia.
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Cnp. IG. Die Jungen gleichen beiden Erwachsenen. 187
hier hinzufügen, dass ich, allerdings mit wenig Frfolg, durch das Con-sultiren verschiedener Werke versucht habe zu entscheiden, in wie weit bei Vögeln die Periode der Abänderung im Allgemeinen die Ueberlie-ferung von Characteren auf ein Geschlecht oder auf beide bestimmt hat. Die oft angezogenen zwei Regeln (— nämlich, dass spät im Leben auftretende Abänderungen auf ein und das nämliche Geschlecht überliefert werden, während diejenigen, welche zeitig im Leben auftreten, beiden Geschlechtern überliefert werden —) bewährte sich dem Anscheine nach in der ersten 34, zweiten und vierten Classe von Fällen; sie schlagen aber in einer gleichen Anzahl, nämlich in der dritten, häufig in der fünften35 und in der sechsten kleinen Classe fehl. Indessen gelten sie doch, soweit ich es zu beurtheilen vermag, bei einer beträchtlichen Majorität von Vogelarten. Mag dies sich nun so verhalten oder nicht, aus den im achten Capitel mitgetheilten Thatsachen können wir schlies-sen, dass die Periode der Abänderung ein bedeutsames Element bei der Bestimmung der Form der Ueberlieferung gewesen ist.
In Bezug auf die Vögel ist es schwierig zu entscheiden, nach welchem Maassstabe wir beurtheilen sollen, ob die Periode der Abänderung früh oder spät eintritt, ob nach dem Alter in Bezug auf die Lebensdauer oder in Bezug auf das Reproductionsvermögen oder in Bezug auf die Zahl der Mauserungen, welche die Species durchläuft. Das Mausern der Vögel ist zuweilen selbst innerhalb einer und der nämlichen Familie ohne irgend eine nachweisbare Ursache bedeutend verschieden. Einige Vögel mausern so zeitig, dass beinahe alle Körperfedern abge-stossen werden ehe die ersten Schwungfedern völlig herangewachsen sind; und wir können nicht annehmen, dass dies der ursprüngliche Zustand der Dinge war. Wenn die Periode der Mauserung beschleunigt worden ist, so wird das Alter, in welchem die Federn des erwachsenen
34 Es bedürfen z. B. die Männchen von Tanagra aestiva und Fringüla cya-nea drei Jahre, das Männchen von FringiUa ciris vier Jahre, um ihr schönes Gefieder zu vervollständigen, s. Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 233, 280, 378. Die Harlekin-Ente braucht drei Jahre (ebenda Vol. III, p. 614). Das Männchen vom Goldfasan kann, wie ich von Mr. Jenner Weir höre, vom Weibchen unterschieden werden, wenn es ungefähr drei Wochen alt ist, es erreicht aber seinen vollen Glanz nicht eher als bis zum Ende des September des folgenden Jahres.
35 So brauchen der Ibis tantalus und Grus americanus vier Jahre, der Flamingo mehrere Jahre und die Arclea Ludoviciana zwei Jahre, ehe sie ihr vollkommenes Gefieder erhalten, s. Audubon, a. a. 0. Vol. I, p. 221, Vol. III, p. 133, 139, 211.
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Gefieders zuerst entwickelt wurden, uns leicht fälschlich als ein früheres erscheinen als es wirklich war. Dies kann durch den Gebrauch erläutert werden, welchem manche Vogelzüchter folgen, von der Brust von Nestling-Gimpeln und vom Kopf oder Hals junger Goldfasanen einige wenige Federn auszureissen, um das Geschlecht der Vögel -zu bestimmen; denn bei den Männchen werden diese Federn unmittelbar durch gefärbte ersetzt36. Die wirkliche Lebensdauer ist nur bei wenig Vögeln bekannt, so dass wir kaum nach demselben als einem feststehenden Maassstabe urtheilen können. Und was die Periode betrifft, in welcher das Reproductionsvermögeu erlangt wird, so ist es eine merkwürdige Thatsache, dass verschiedene Vögel gelegentlich brüten, so lange sie noch ihr unreifes Gefieder haben 37.
Die Thatsache, dass Vögel in ihrem unreifen oder Jugendgefieder brüten, scheint der Annahme entgegenzustehen, dass die geschlechtliche 7Aichtwahl, wie ich allerdings glaube dass es der Fall ist, eine bedeutungsvolle Rolle bei der Verleihung ornamentaler Farben, Schmuckfedern u. s. w. an die Männchen, nnd mittelst der gleichartigen Ueber-lieferung auch an die Weibchen vieler Species, gespielt hat. Der Einwurf würde ein triftiger sein, wenn die jüngeren und weniger geschmückten Männchen ebenso erfolgreich im Gewinnen von Weibchen und in der Fortpflanzung ihrer Art wären, als die älteren und schöneren Männchen. Wir haben aber keinen Grund anzunehmen, dass dies der Fall ist. Audubon spricht von dem Brüten der unreifen Männchen
38 Mr. Blyth, in: Charlesworth's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 300. Mr. Bartlett hat mir die Mittheilung in Bezug auf die Goldfasane gemacht.
37 In Audubon's Ornitholog. Biography habe ich die folgenden Fälle gefunden. Der amerikanische „Redstart" (Muscicapa rubieilla, Vol. I, p. 203). Der rbis tantulus braucht vier Jahre, um zu vollständiger Reife zu gelangen, brütet aber zuweilen im zweiten Jahr (Vol. III, p. 133). Der Grus americanus braucht dieselbe Zeit, brütet aber ehe er sein volles Gefieder erhält (Vol. III, p. 211). Die Erwachsenen der Ardea caerulea sind blau und die Jungen weiss; und weisse, geneckte und reife blaue Vögel kann man sämmtlich durcheinander brüten sehen (Vol. IV, p. 58); Mr. Blyth theilt mir indessen mit, dass gewisse Reiher dem Anscheine nach dimorph sind, denn man kann weisse und gefärbte Individuen des nämlichen Alters beobachten. Die Harlekin-Ente (Anas histrionica L.) braucht drei Jahre um ihr volles Gefieder zu erlangen, obschon viele Vögel im zweiten Jahre brüten (Vol. III, p. 614). Der weissköpfige Adler (Falco lettcuceplmlm, Vol. III, p. 210) brütet, wie man gleichfalls erfahren hat, in seinem unreifen Zustande. Einige Species von Oriolus brüten gleichfalls (nach den Angaben von Mr. Blyth und Mr. Swinhoe in: Ibis, July 1863, p. 68), ehe sie ihr volles Gefieder erlangen.
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Cap' M. Die Jungen gleichen den erwachsenen Weibchen. 189
von Taiilalus Ibis als einem seltenen Ereigniss, wie es auch Mr. Swin-hok in Bezug auf die unreifen Männclien von Oriolus thut38. Wenn die Jungen irgend einer Species in ihrem unreifen Gefieder erfolgreicher im Gewinnen von Genossen wären als die Erwachsenen, so würde wahrscheinlich das erwachsene Gefieder bald verloren werden, wie auch diejenigen Männchen das Uebergewicht erlangen würden, welche ihr unreifes Jugendkleid am längsten beibehielten; hierdurch würde am Ende der Character der Species modificirt werden39. Wenn auf der andern Seite die Jungen es niemals erreichten, ein Weibchen zu erlangen, so würde die Gewohnheit frühzeitiger Keproduction vielleicht früher oder später vollständig eliminirt werden, da es überflüssig ist und eine Kraft-verschwenduug mit sich bringt.
Das Gefieder gewisser Vögel nimmt beständig während vieler Jahre, noch nachdem sie vollständig reif geworden sind, an Schönheit zu; dies ist mit dem Behänge des Pfauliahns und mit der Federkrone und den Schmuckfedern gewisser Reiher der Fall, z. B. bei der Ardea Ludo-viciana40; es ist aber sehr zweifelhaft, ob die beständige Weiterentwickelung derartiger Federn das Resultat der Auswahl nacheinander auftretender wohltnätiger Abänderungen oder bloss beständigen Wachsthums ist. Die meisten Fische nehmen beständig an Grösse zu, so lange sie bei guter Gesundheit sind und reichliche Nahrung haben; und ein in gewisser Weise ähnliches Gesetz kann für die Schmuckfedern der Vögel gelten.
38 s. die vorhergehende Anmerkung.
39 Andere zu völlig verschiedenen Classen gehörende Thiere sind entweder gewöhnlich oder nur gelegentlich im Stande, sich fortzupflanzen bevor sie ihre erwachsenen Charactere vollständig erlangt haben. Dies ist der Fall mit den jungen Männchen des Lachses. Man hat die Erfahrung gemacht, dass mehrere Amphibien sich fortpflanzten, während sie ihren Larvenbau behielten. Fritz Müller hat gezeigt („Für Darwin" S. 54), dass die Männchen mehrerer amphi-poden Crustacecn geschlechtsreif werden, solange sie noch jung sind; mid ich halte dies für einen Fall von vorzeitiger Fortpflanzung, weil sie noch nicht ihre völlig entwickelten Klammerorgane erhalten haben. Alle derartige Thatsachen sind in hohem Grade interessant, da sie sich auf ein Mittel beziehen, durch welches in Uebereinstimmung mit Mr. Cope:s Ansicht, die er unter den Ausdrücken einer „Verlangsamung und Beschleunigung generischer Charactere" zusamnien-fasst, die Species bedeutende Modifikationen des Characters erleiden können. Ich kann aber den Ansichten dieses ausgezeichneten Naturforschers nicht in ihrer ganzen Ausdehnung folgen, s. Mr. Cope, „Ou the Origin of Genera" in: Pro-ceed. of Acad. Natur. Scienc. Philadelphia, Oct. 18G8.
,0 Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 507, über den Pfauhalm. Audubou, a. a. 0. Vol. III, p. 139, über die Ardea.
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5. Classe. Wenn die Erwachsenen beider Geschlechter ein verschiedenes Winter- und Sommergefieder haben, mag nun das Männchen vom Weibchen verschieden sein oder nicht, so sind die Jungen den Erwachseneu beiderlei Geschlechts in dem Winterkleide, oder, jedoch viel seltener, in dem Sommerkleide, oder allein den Weibchen ähnlich; oder die Jungen können einen intermediären Charac-ter tragen; oder ferner sie können von den Erwachsenen in ihren beiden Jahreszeitgefiedern verschieden sein. — Die Fälle in dieser Classe sind in eigenthümlicher Weise complicirt; auch ist dies nicht zu verwundern, da sie von Vererbung abhängen, welche in höherem oder geringerem Grade in dreierlei verschiedener Weise beschränkt ist, nämlich durch das Geschlecht, das Alter und die Jahreszeit. In einigen Fällen durchlaufen die Individuen einer und der nämlichen Species mindestens fünf verschiedene Zustände des Gefieders. Bei den Species, in welchen das Männchen allein während der Sommerzeit oder, was der seltenere Fall ist, während beider Jahreszeiten41 vom AVeibchen verschieden ist, gleichen die Jungen allgemein den AVeibchen, — so bei dem sogenannten Stieglitz von Nord-Amerika und dem Anscheine nach bei den prachtvollen Maluri von Australien42. Bei den Species, deren Geschlechter sowohl während des Sommers als auch während des Winters einander gleichen, können die Jungen den Erwachsenen ähnlich sein und zwar erstens in deren Winterkleide, zweitens, doch tritt dies, viel seltener ein, in ihrem Sommerkleide; drittens können sie zwischen diesen beiden Zuständen mitten inne stehen; und viertens können sie bedeutend von den Erwachsenen zu allen Jahreszeiten abweichen. Ein Beispiel des ersten dieser vier Fälle sehen wir an einem der Silberreiher von Indien (Buphus coromundus~), bei welchem die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter während des Winters weiss sind, während die Erwachsenen während des Sommers goldröthlich werden. Bei dem Klaffschnabel (Anaslomus oscitans) von Indien haben wir einen ähnlichen Fall, nur sind hier die Farben um-
41 Wegen erläuternder Fälle s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. IV; iiher Tringa u. s. w. p. 229, 271, üher deu Machetes, p. 172: über Clia-radrius hiaticula, p. 118, über Charadrius pluvialis, p. 94.
12 Wegen des Stieglitz (Golddistelflnk) von Nord-Amerika, Fringilla tristis L., s. Audubon, Ornitliolog. Biography, Vol. I, p. 172: wegen der Maluri: Guuld's Handbook of thc Birds of Australia. Vol. I, p. 318.
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Cap. 16. Aenderungen des Gefieders nach der Jahreszeit. 191
gekehrt; denn die Jungen und die Erwachsenen beiderlei Geschlechts sind während des Winters grau und schwarz und die Erwachsenen werden während des Sommers weiss43. Ein Beispiel des zweiten Falls bietet der Tord-Alk (Alca Torda L.) dar; die Jungen sind in einem frühen Zustande des Gefieders wie die Erwachsenen während des Som-' mers gefärbt; und die Jungen des weissgekrönten Sperlings von Nord-Amerika (Fringilla leucophrys) haben, sobald-sie flügge geworden sind, elegante weisse Streifen auf ihren Köpfen, welche von den Jungen und den Alten während des Winters verloren werden 44. In Bezug auf den dritten -Fall, dass nämlich die Jungen einen intermediären Character zwischen dem Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen darbieten, betont Yarrell45, dass dies bei vielen Wadvögeln vorkommt. Was endlich den Fall betrifft, dass die Jungen bedeutend von beiden Geschlechtern in ihrem erwachsenen Sommer- und Wiutergefieder abweichen, so kommt dies bei einigen Reihern und Silberreihern von Nord-Amerika und Indien vor, bei denen nur die Jungen weiss sind.
Ich will über diese complicirten Fälle nur einige wenige Bemerkungen machen. Wenn die Jungen den Weibchen in ihrem Sommerkleide oder den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in ihrem WintSr-kleide gleichen, so sind die Fälle von den in der 1. und 3. Classe verzeichneten nur darin verschieden, dass die ursprünglich von den Männchen während der Paarungszeit erlangten Charactere in ihrer TJeber-lieferung auf die entsprechende Jahreszeit beschränkt worden sind. Wenn die Erwachsenen ein verschiedenes Sommer- und Wiutergefieder haben und die Jungen von beiden abweichen, so ist der Fall schwieriger zu verstehen. Wir können als wahrscheinlich annehmen, dass die Jungen einen alten Zustand des Gefieders beibehalten haben; wir können auch das Hochzeitsgefieder oder Sommerkleid der Erwachsenen durch geschlechtliche Zuchtwahl erklären; wie haben wir aber ihr verschiedenes Wintergefieder zu erklären? Wenn wir annehmen könnten, dass dies Gefieder in allen Fällen als Schutzmittel dient, so würde desseu Er-
43 Ich hin Mr. Blyth für Mittheilungen in Bezug auf Buphus dankhar verbunden; s. auch Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 749. Ueber den Anastomus s. Blyth, in: Ibis, 1867, p. 173.
44 Ueber die Alca s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 347. Ueber die Fringilla leiicoplirys s. Audubon, a. a. 0. Vol. II, p. 89. Ich werde nachher noch darauf Bezug zu nehmen haben, dass die Jungen gewisser Beiher und Silberreiher weiss sind.
45 History of British Birds, Vol. I. 1839, p. 159.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
langung eine einfache Sache sein: es scheint aber für diese Annahme kein rechter Grund vorzuliegen. Es könnte vwmutbet werden, dass die so sehr verschiedenen Lebensbedingungen während des Winters und des Sommers in einer directen Art und Weise auf das Gefieder eingewirkt haben; dies kann wohl ein gewisses Resultat ergeben haben, ich habe aber kein rechtes Vertrauen, dass eine so bedeutende Verschiedenheit, wie wir sie zuweilen zwischen den beiderlei Gefiedern auftreten sehen, hierdurch verursacht worden sei. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist, dass eine alte, zum Theil durch die Uebertragung einiger Charactere vom Sommergefieder modificirte Form des Gefieders von den Erwachsenen während des Winters beibehalten worden ist. Endlich hängen allem Anscheine nach sämmtliche Fälle in der gegenwärtigen Classe von Characteren ab, welche von den erwachsenen Männchen erlangt worden und in ihrer Ueberlieferuug in verschiedener Weise je nach Alter, Jahreszeit und Geschlecht beschränkt worden sind, es würde sich aber nicht verlohnen zu versuchen, den complicirten Beziehungen weiter zu folgen.
6. Classe. Die Jungen weichen in ihrem ersten Gefieder je nach ihrem Geschlechte von einander ab, wobei die jungen Männchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Männchen und die jungen Weibchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich sind. — Obschon die zu dieser Classe gehörenden Fälle in verschiedenen Gruppen vorkommen, so sind sie doch nicht zahlreich; doch scheint es, wenn uns die Erfahrung nicht das Gegentheil gelehrt hätte, das Natürlichste zu sein, dass die Jungen anfangs den Erwachsenen des gleichen Geschlechts immer in einem gewissen Grade ähnlich seien und ihnen allmählich immer mehr und mehr gleich werden. Das erwachsene Männchen des Plattmönchs (Sylcia alricapilla) hat einen schwarzen Kopf, der des Weibchens ist röthlich-braun; und wie mir Mr. Bu'th mittheilt, kann man die Jungen beiderlei Geschlechts an diesem Merkmale unterscheiden, selbst wenn sie noch Nestlinge sind. In der Familie der Drosseln ist eine ganz ungewöhnliche Anzahl ähnlicher Fälle beobachtet worden, die männliche Amsel (Turdus merula) kann schon im Neste vom Weibchen unterschieden werden, da die mittleren Schwungfedern, welche nicht so bald gemausert werden, als die Körperfedern, bis zur
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Cap. IG. Die Jungen gleichen den Erwachsenen desselben Geschlechts. 193
zweiten allgemeinen Mauserung eine bräunliche Färbung behalten46. Die beiden Geschlechter der Spottdrossel (Turdus polygloltus L.) weichen sehr wenig von einander ab; doch können die Männchen schon in einem sehr frühen Alter von den Weibchen dadurch unterschieden werden, dass sie mehr reines Weiss zeigen 47. Die Männchen einer Walddrossel und einer Steindrosseel (nämlich Orocetes crythrogastron und Petrocincla cyanea) haben sehr viel schönes Blau in ihrem Gefieder, während die Weibchen braun sind; und die Männchen beider Species haben als Nestlinge ihre Hauptschwung- und Schwanzfedern mit Blau gerändert, während diejenigen der Weibchen mit Braun eingefasst sind48. Es nehmen hier also gerade dieselben Federn, welche in der jungen Amsel ihren erwachsenen Character nach den andern annehmen und schwarz werden, bei diesen beiden Species diesen Character vor den andern an und werden früher blau. Die wahrscheinlichste Ansicht in Beziehung auf diese Fälle ist, dass die Männchen, verschieden von dem was in der 1. Classe eintritt, ihre Farben in einem früheren Alter ihren männlichen Nachkommen überliefert haben, als in dem, in welchem sie selbst sie zuerst erlangten; denn wenn sie variirt hätten, so lange sie noch ganz jung waren, so würden sie wahrscheinlich ihre sämmtlichen Cha-ractere ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überliefert haben 49.
Bei Aitlnirus polylmus (einem der Kolibris) ist das Männchen glänzend schwarz und grün gefärbt und zwei von den Schwanzfedern sind ungeheuer verlängert; das Weibchen hat einen gewöhnlichen Schwanz und nicht auffallende Farben; anstatt dass nun in Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen Kegel die jungen Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich sind, beginnen sie schon von Anfang an die ihrem Geschlechte eigenthümlichen Farben anzunehmen, wie auch ihre Schwanzfedern bald verlängert werden. Ich verdanke diese Mittheilmig Mr.
40 Blyth, in: Charlesworth's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 362 und nach Mitthcilungen, welche er mir gegeben hat.
47 Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 113.
48 Mr. C. A. Wright, in: Ibis, Vol. Vi. 1864, p. G5. Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 515.
49 Es mögen ausserdem noch die folgenden Fälle hier erwähnt werden: die jungen Männchen der Tanagra rulira können von den jungen Weibchen unterschieden werden (Audu hon, Ornitholog. Biography, Vol. IV, p. 392); dasselbe gilt für die Nestlinge einer blauen Spechtmeise von Indien (Dendrophila frontalis, Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 389). Mr. Blyth theilt mir mit, dass die Geschlechter des Schwarzkehlchens, Saxicola rnhimla, in einem sehr frühen Alter unterschieden werden können.
ÜAKWIN, Abstammung. II. Zweite Aullage. 13
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
Gould, welcher mir auch den folgenden noch auffallenderen und noch nicht veröffentlichten Fall mitgetheilt hat. Zwei zu der Gattung Eu-stephanus gehörige und beide wundervoll gefärbte Kolibris bewohnen die kleine Tnsel Juan Fernandez und sind immer als specifisch verschieden aufgezählt worden. Es ist aber vor Kurzem ermittelt worden, dass der eine, welcher eine reiche nussbraune Farbe mit einem gold-rothen Kopf hat, das Männchen ist, während der andere, welcher elegant mit Grün und Weiss gefleckt ist und einen metallisch grünen Kopf hat, das Weibchen ist. Nun sind die Jungen von Anfang an in einem gewissen Grade den Erwachsenen des entsprechenden Geschlechts ähnlich und die Aehnlichkeit wird allmählich immer mehr und mehr vollständig.
Betrachtet man den letzteren Fall und nimmt man wie vorhin das Gefieder der Jungen als Ausgangspunkt, so dürfte es scheinen als wären beide Geschlechter ganz unabhängig schön gemacht worden, und als hätte nicht das eine Geschlecht theilweise seine Schönheit auf das andere übertragen. Das Männchen hat allem Anscheine nach seine glänzenden Farben durch geschlechtliche Zuchtwahl in derselben Weise wie beispielsweise der Pfauhaim oder der Fasan in unserer ersten Classe von Fällen und das Weibchen in derselben "Weise wie Rhynchaea oder Tumix in unserer zweiten Classe von Fällen erhalten. Aber darin liegt noch eine grosse Schwierigkeit: zu verstehen, wie dies zu ein und derselben Zeit bei beiden Geschlechtern einer und der nämlichen Species bewirkt werden konnte. Mr. Salvin gibt an, wie wir im achten Capitel gesehen haben, dass bei gewissen Kolibris die Männchen deu Weibchen bedeutend an Zahl überlegen sind, während bei andern Arten, welche dasselbe Land bewohnen, die Weibchen bedeutend den Männchen überlegen sind. Wenn wir daher annehmen könnten, dass während irgend einer früheren lange dauernden Periode die Männchen der Species von Juan Fernandez die Weibchen bedeutend an Zahl übertroften hätten, dass aber während einer andern gleichfalls langen Zeit die Weibchen bedeutend den Männchen überlegen gewesen wären, so könnten wir einsehen, wie zu einer Zeit die Männchen und zu einer andern Zeit die Weibchen durch Auswahl der glänzender gefärbten Individuen beider Geschlechter schön geworden sein könnten, wobei beide Geschlechter ihre Charactere ihren Nachkommen zu einer im Ganzen etwas früheren Periode als gewöhnlich überlieferten. Ob dies die richtige Erklärung ist, will ich
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Cap. IG. Verhältniss des Jugendgefieders zu dem erwachsenen. 195
nicht zu behaupten wagen; der Fall ist aber zu merkwürdig, um ganz mit Stillschweigen übergangen zu werden.
Wir haben nun in zahlreichen Beispielen aus allen sechs Classen gesehen, dass eine sehr nahe Beziehung zwischen dem Gefieder der Jungen und dem der Erwachsenen, und zwar entweder des einen Geschlechts oder beider Geschlechter besteht. Diese Beziehungen werden ziemlich gut durch den Grundsatz erklärt, dass das eine Geschlecht — und dies ist in der grossen Majorität der Fälle das Männchen, — zuerst durch Abänderung und geschlechtliche Zuchtwahl glänzende Farben und andere Ornamente erlangte und sie auf verschiedene AVeise in Uebereinstimmung mit den anerkannten Gesetzen der Vererbung seinen Nachkommen überlieferte. Warum Abänderungen in verschiedenen Perioden des Lebens, und zwar selbst zuweilen bei den Arten einer und derselben Gruppe aufgetreten sind, wissen wir nicht; aber in Bezug auf die Form der Ueberliefernng scheint eine bedeutungsvolle Ursache, welche jene bestimmte , das Alter gewesen zu sein, in welchem die Abänderung zuerst auftrat.
Nach dem Gesetze der Vererbung zu entsprechenden Altersstufen und nach dem Umstände, dass eine jede Abänderung in der Farbe, welche bei den Männchen in einem frühen Alter erschien, nicht in dieser Zeit bei der Zucht gewählt, im Gegentheil häufig als gefährlich beseitigt wurde, während ähnliche in der Periode der Beproduction oder in deren Nähe auftretende Abänderungen erhalten wurden, gelangt man zum Schlüsse, dass das Gefieder der Jungen häufig unmodificirt gelassen oder nur wenig modificirt worden ist. Wir erhalten hierdurch eine gewisse Einsicht in den Zustand der Färbung der einstigen Urerzenger unserer jetzt lebenden Species. Bei einer ungeheuren Zahl von Species in fünf unter unseren sechs Classen von Fällen sind die Erwachsenen des einen oder beiderlei Geschlechts, wenigstens während der Paarungszeit , glänzend gefärbt, während die Jungen unveränderlich weniger hell als die Erwachsenen oder völlig düster gefärbt sind; denn soweit ich es ermitteln kann, ist kein Beispiel bekannt, wo die Jungen düster gefärbter Arten glänzende Farben entfalteten oder wo die Jungen brillant gefärbter Arten noch brillanter gefärbt wären, als ihre Eltern. Indessen sind in der vierten Classe, in welcher die Jungen und Alten einander ähnlich sind, viele Species (wennschon durchaus nicht alle) glänzend gefärbt, und da diese ganze Gruppen bilden, so können wir
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190 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
schliessen, dass ihre frühen Urerzeuger gleichfalls glänzend gefärbt waren. Wenn wir die Vögel der ganzen Erde betrachten, so scheint mit dieser Ausnahme ihre Schönheit seit, jener Periode, von welcher wir in ihrem unreifen Jugendgefieder eine theilweise Ueberlieferung haben, bedeutend erhöht worden zu sein.
Ueber die Farbe des Gefieders in Bezug auf den Schutz. — Man wird gesehen haben, dass ich Mr. Wai.lace in der Annahme, dass düstere Färbungen sobald sie auf die Weibchen beschränkt sind in den meisten Fällen speciell zum Zwecke des Schutzes erlangt worden sind, nicht folgen kann. Wie indessen früher bemerkt wurde, kann darüber kein Zweifel bestehen, dass beide Geschlechter vieler Vögel ihre Färbung zu diesem Zwecke so modificirt haben, dass sie der Aufmerksamkeit ihrer Feinde entgehen, oder in einigen Fällen so, dass sie ihre Beute unbeobachtet bescMeichen können, in derselben Weise wie das Gefieder der Eulen weich geworden ist, damit ihr Flug nicht gehört werde. Mr. Wallace bemerkt50, dass „wir nur in den tropischen Ländern und zwar in Wäldern, welche ihren Laubschmuck niemals verlieren, ganze Gruppen von Vögeln finden, deren hauptsächlichste Farbe „Grün ist." Ein Jeder, der es nur irgend einmal versucht hat, wird zugeben, wie schwierig es ist, Papageien in einem mit Blättern bedeckten Baume zu unterscheiden. Trotzdem müssen wir uns erinnern, dass viele Papageien mit cartnoisinen, "blauen und orangenen Farbentönen geschmückt sind, welche kaum protectiv sind. Spechte leben ganz vorzüglich auf Bäumen, aber ausser den grünen Species gibt es viele schwarze und schwarz und weisse Arten, während doch sämmt-liche Species allem Anscheine nach nahezu denselben Gefahren ausgesetzt sind. Es ist daher wahrscheinlich, dass scharf ausgesprochene Färbungen von den auf den Bäumen lebenden Vögeln durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, dass aber die grünen Farben durch natürliche Zuchtwahl über andere Färbungen wegen des dadurch erlangten Schutzes einen Vortheil erreicht haben.
In Bezug auf die Vögel, welche auf dem Boden leben, gibt Jedermann zu, dass sie so gefärbt sind, um der umgebenden Oberfläche ähnlich zu werden. Wie schwierig ist es, ein Kebhuhn, eine Becassine, eine Schnepfe, gewisse Regenpfeifer, Lerchen und Ziegenmelker zu sehen,
Westminster Review; July, 1S67, p. j.
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Cap. 16.
Farbe und Schutz.
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wenn sie sich auf die Erde ducken! Wüsten bewohnende Thiere bieten die auffallendsten Beispiele dar, denn die nackte Oberfläche bietet keinen Ort zum Verbergen dar, und alle kleineren Sängethiere, Reptilien und Vögel hängen in Bezug auf ihre Sicherheit von ihrer Färbung ab. Mr. Tristram hat in Bezug auf die Bewohner der Sahara bemerkt 51, dass sie alle durch ihre Isahellen- oder Sandfarbe geschützt werden. Wenn ich mir die AVüstenvögel, die ich in Südamerika gesehen habe, ebenso wie die meisten der Bodenvögel von Grossbritannien in mein Gedächtniss zurückrufe, so scheint es mir, dass beide Geschlechter in derartigen Fällen meist nahezu gleich gefärbt sind. Ich wandte mich nun in Folge hiervon an Mr. Tristram in Bezug auf die Vögel der Sahara, und er hat mir freundlich die folgende Mittheilung gemacht. Es gibt sechsundzwanzig zu fünfzehn Gattungen gehörige Species, deren Gefieder offenbar in einer protectiven' Art und Weise gefärbt ist, und diese Färbung ist um so auffallender, als bei den meisten dieser Vögel dieselbe von der ihrer Gattungsverwandten verschieden ist. Unter diesen sechsundzwanzig Species sind bei dreizehn beide Geschlechter in derselben Art und Weise gefärbt; diese gehören aber zu den Gattungen, bei welchen diese Regel gewöhnlich vorherrscht, so dass sie uns nichts darüber sagen, dass die protectiven Farben gerade bei Wüstenvögeln in beiden Geschlechtern dieselben sind. Von den andern dreizehn Species gehören drei zu Gattungen, bei denen die Geschlechter gewöhnlich von einander verschieden sind, und doch sind hier die Geschlechter gleich. Bei den übrigen zehn Species ist das Männchen vom Weibchen verschieden; die Verschiedenheit ist aber hauptsächlich auf die untere Fläche des Körpergefieders beschränkt, welche, wenn der Vogel auf den Boden duckt, verborgen ist; der Kopf und der Rücken haben in beiden Geschlechtern einen und denselben sandfarbigen Anstrich. Es hat also in diesen zehn Species natürliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes auf die obere Fläche beider Geschlechter eingewirkt und sie gleich gemacht, während die untere Fläche allein der Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl zum Zwecke der Verzierung verschieden geworden ist. Da hier beide Geschlechter gleichmässig gut geschützt sind, sehen wir deutlich, dass die Weibchen nicht etwa durch natürliche Zuchtwahl verhindert worden sind, die Farben ihrer männlichen Erzeuger zu erben. Wir müssen vielmehr, wie früher erwähnt wurde, auf das Gesetz der geschlechtlich beschränkten Vererbung zurückgreifen. 51 Ibis, 1859. Vol. I, p. 429 u. flgde.
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[93 Geschlechtliche Zuchtwahl: "Vögel. II. Theil.
In allen Theilen der Erde sind beide Geschlechter vieler weich-schnäbeliger Vögel, besonders solcher, welche Scliilte und Röhrichte frequentiren, dunkel gefärbt. Ohne Zweifel würden sie, wenn ihre Farben brillant gewesen wären, ihren Feinden viel auffälliger gewesen sein; ob aber ihre düstere Färbungen speciell zum Zwecke des Schutzes erlangt worden sind, scheint. mir, soweit ich es beurtlieilen kann, doch zweifelhaft. Es ist noch zweifelhafter, ob derartige düstere Färbungen zum Zwecke der Verzierung erlangt worden sind. Wir müssen indessen im Auge behalten, dass männliche Vögel, obschon düster gefärbt, doch häufig bedeutend von ihren Weibchen abweichen, wie es z. B. beim gemeinen Sperling der Fall ist, und dieses führt uns zu dem Glauben, dass derartige Färbungen, weil sie anziehend sind, durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Viele der weichschnäbeligen Vögel sind Sänger; und man möge sich an eine Discussion in einem früheren Capitcl erinnern, in welcher gezeigt wurde, dass die besten Sänger selteu durch helle Farbentöne verziert sind. Es möchte scheinen, als ob weibliche Vögel der allgemeinen Regel nach ihre Gefährten entweder ihrer angenehmen Stimmen oder ihrer munteren Farben wegen gewählt haben, aber nicht wegen beider Reize in Verbindung. Einige Species, welche offenbar zum Zwecke des Schutzes gefärbt sind, so die Becassine, Schnepfe, der Ziegenmelker, sind gleichfalls nach unseren Ansichten von Geschmack mit äusser-ster Eleganz gezeichnet und schattirt. In derartigen Fällen können wir schliessen, dass sowohl natürliche als geschlechtliche Zuchtwahl gemeinsam zum Schutze und zur Verzierung gewirkt haben. Ob irgend ein Vogel existirt, welcher nicht einen speciellen Reiz, womit er das andere Geschlecht anzieht, besitzt, dürfte bezweifelt werden. Wenn beide Geschlechter so düster gefärbt sind, dass es voreilig wäre, die Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl anzunehmen, und wenn keine directen Belege dafür beigebracht werden können, dass derartige Farben zum Schutze dienen: so ist es am besten unsere vollständige Unwissenheit über die Sache einzugestehen, oder was nahezu auf dasselbe hinauskommt, das Resultat der directen Wirkung der Lebensbedingungen zuzuschreiben.
Es gibt viele Vögel, von denen beide Geschlechter auffallend, wenn auch nicht brillant gefärbt sind, so die zahlreichen schwarzen, weissen oder gescheckten Species; und diese Farben sind wahrscheinlich das Resultat geschlechtlicher Zuchtwahl. Bei der gemeinen Amsel, dem Auerhuhn, dem Birkhuhn, der schwarzen Trauerente (Oideinia) und
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Cap, 16.
Auffallende Farben.
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selbst bei einem der Paradiesvögel (Lophori?ia aträ) sind allein die Männchen schwarz, während die Weibchen braun oder gefleckt sind, und es lässt sich kaum zweifeln, dass in diesen Fällen die schwarze Farbe ein geschlechtlicher, bei der Nachzucht gewählter Character ist. Es ist daher in ziemlichem Grade wahrscheinlich, dass die völlige oder theilweise schwarze Färbung beider Geschlechter, bei solchen Vögeln wie den Krähen, gewissen Kakadus, Störchen und Schwänen und vielen Seevögeln, gleichfalls das Resultat geschlechtlicher Zuchtwahl in Begleitung einer' gleichmässigen Ueberlieferung auf beide Geschlechter ist; denn die schwarze Farbe kann kaum in irgend einem Falle als Schutzmittel dienen. Bei mehreren Vögeln, bei welchen allein das Männchen schwarz ist, und bei anderen, bei denen beide Geschlechter schwarz sind, ist der Schnabel oder die Haut um dem Kopf hell gefärbt, und der hierdurch dargebotene Contrast erhöht bedeutend ihre Schönheit. AVir sehen dies an dem hellgelben Schnabel der männlichen Amsel, au der carmoisin-rothen Haut oberhalb der Augen des Birkhahns und Auerhahns, an dem verschieden und hell gefärbten Schnabel des Trauer-Entrichs (Oidemia), an dem rothen Schnabel der Steindohle (Cormis yraculus L.), des schwarzen Schwans und des schwarzen Storches. Dies führt mich zu der Bemerkung, dass es durchaus nicht unglaublich ist, dass die Tukans die enorme Grösse ihrer Schnäbel geschlechtlicher Zuchtwahl verdanken, zu dem Zwecke, die verschiedenartigen und lebhaften Farbenstreifen, mit denen diese Organe verziert sind, zu entfalten 32. Die nackte Haut an der Schnabelbasis und rund um die Augen ist gleichfalls häufig brillant gefärbt und Mr. Goui/n sagt, indem er von einer dieser Species spricht53, dass die Färbung des Schnabels „wählend der Paarungszeit zweifelsohne in dem schönsten und brillantesten
52 Für die ungeheure Grösse des Schnabels bei den Tukans ist noch niemals eine befriedigende Erklärung gegeben worden, noch weniger für deren glänzende Farben. Mr. Rates gibt an (The Naturalist on the Amazons. Vol. IT. 1863, p. 341), dass sie ihren Schnabel dazu gebrauchen, Früebte von den äussersten Spitzen der Zweige zu erreichen, und desgleichen, wie von andern Gewährsmännern angeführt wird, Eier und junge Vögel aus den Nestern anderer Vögel herauszuholen. Mr. Rates gibt aber zu, dass der Schnabel „schwerlich als ein „für den Zweck, zu welchem er verwandt wird, sehr vollkommen gebildetes „Werkzeug betrachtet werden kann". Die grosse Massigkeit des Schnabels, wie sich aus seiner Breite, Höhe, ebenso wie aus seiner Länge ergibt, ist nach dem Grundsatze, dass er nur als Greiforgan dient, nicht verständlich.
5S llamphastos carinatus, Gould's Monograph of Ramphastidae.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
,Zustande sich finde." Darin, dass die Tukans mit ungeheuren Schnäbeln, wennschon sie durch ihre schwammige Strnctur so leicht als möglich gemacht worden sind, zu einem uns fälschlich bedeutungslos erscheinenden Zwecke beschwert wurden, nämlich zu dem Zwecke schöne Farben zu entfalten, liegt nicht mehr Uliwahrscheinlichkeit, als dass der männliche Argusfasan und einige andere Vögel mit so langen Schmuckfedern versehen sind, dass ihr Flug dadurch gehindert wird.
In derselben Weise wie die Männchen verschiedener Species schwarz sind, während die Weibchen trübe gefärbt erscheinen, sind auch in wenigen Fällen allein die Männchen entweder gänzlich oder theilweise weiss, wie bei den verschiedenen Glockenvögeln von Südamerika (Chas-morhynchus) der antarctischen Gans (ßzrn'ida anlarclica), dem Silberfasane u. s. w.. während die Weibchen braun oder trübe gefärbt sind. Es ist daher nach demselben obenerwähnten Grundsatze wahrscheinlich, dass beide Geschlechter vieler Vögel, wie weisse Kakadus, mehrere Silberreiher mit ibj-en wunderschönen Schmuckfedern, gewisse Ibisse, Möven, Seeschwalben u. s. w. ihr mehr oder weniger völlig weisses Gefieder durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben. Diejenigen Species, welche schneeige Gegenden bewohnen, fallen natürlich unter eine andere Rubrik. Das weisse Gefieder einiger der ebengenannten Vögel erscheint in beiden Geschlechtern nur, wenn sie gesclilechtsreif sind. Dies ist gleichfalls bei gewissen Tölpeln, Tropikvögln u. s. w. und mit der Schneegans (Anser hyperboreus) der Fall. Da die letztere auf den nackten Bodenstellen brütet, wenn sie nicht mit Schnee bedeckt sind, und während des Winters nach Süden wandert, so liegt kein Grund zu der Veriuuthung vor, dass ihr erwachsenes schneeweisses Gefieder zum Schutze dient. In dem vorhin erwähnten Klaflscbnabel, Anaslomus oscitans, haben wir einen noch besseren Beweis dafür, dass das weisse Gefieder ein hochzeitlicher Character ist, denn es wird nur während des Sommers entwickelt; die Jungen in ihrem unreifen Zustande und die Erwachsenen in ihrem Winterkleide sind grau und schwarz. Bei vielen Arten von Möven (Larus) wird der Kopf und der Hals während des Sommers rein weiss, während er den Winter hindurch und im Jugend-zustande grau oder gefleckt ist. Auf der andern Seite tritt bei den kleineren Möven (Gaeia) und bei einigen Seeschwalben (Sterna) das umgekehrte ein. Denn die Köpfe der jungen Vögel sind während des ersten Jahres und die der Erwachsenen während des Winters entweder rein weiss oder viel blässer gefärbt als während der Paarungszeit.
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Cap. 16.
Auffallende Farben.
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Diese letzteren Fälle bieten ein weiteres Beispiel für die launische Art und Weise dar, in welcher die geschlechtliche Zuchtwahl häufig gewirkt zu haben scheintä4.
Die Ursache, warum Wasservögel so viel häufiger ein weisses Gefieder erlangt haben als die auf dem Lande lebenden Vögel, hängt wahrscheinlich von ihrer bedeutenden Grösse und ihrem starken Flugvermögen ab, so dass sie sich leicht vertheidigen oder Raubvögeln entgehen können, denen sie überdies nicht sehr ausgesetzt sind. Geschlechtliche Zuchtwahl ist folglich hier nicht beeinflusst oder zum Zwecke eines Schutzes besonders geleitet worden. Ohne Zweifel konnten bei Vögeln, welche auf dem offenen Oceane schwärmen, die Männchen und Weibchen emander viel leichter finden, wenn sie entweder durch ein völlig weisses oder durch ein intensiv schwarzes Gefieder auffallend gemacht wurden, so dass diese Farben möglicherweise zu demselben Zwecke dienen, wie die Lockrufe vieler Landvögel. Wenn ein weisser oder schwarzer Vogel ein auf dem Meere schwimmendes oder ans Ufer geworfenes Aas entdeckt und auf dasselbe hinabfliegt, wird er aus grosser Entfernung gesehen werden können und wird andere Vögel derselben Art oder verschiedener Arten zu der Beute hinführen. Da dies aber ein Nachtheil für die ersten Entdecker sein würde, so würden diejenigen Individuen, welche die weissesten oder die schwärzesten waren, hierdurch nicht mehr Nahrung erlangt haben als die weniger auffallenden Individuen. Es können also auffallende Färbungen nicht zu diesem Zwecke durch natürliche Zuchtwahl allmählich erlangt worden sein 5S.
Da die geschlechtliche Zuchtwahl von einem so fluetuirenden Elemente wie dem Geschmacke abhängt, so können wir einsehen, woher es kommt, dass innerhalb einer und der nämlichen Gruppe von Vögeln mit nahezu derselben Lebensweise weisse oder nahezu weisse Arten
14 lieber Lamts, Gavia und Stema s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 515, 581, 626. Ueber Anser hyperboreus s. Audubon, Or-nitholog. Biography. Vol. IV, p. 562. Ueber den Anastomus s. Mr. Blyth in: Ibis, 1867, p. 173.
55 Es mag hier auch erwähnt werden, dass von den Geiern, welche weit und -breit durch die höheren Begionen der Atmosphäre, wie Seevögel über den Ocean schwärmen, drei oder vier Species beinahe völlig und grossentheils weiss sind, während viele andere Species schwarz sind. Diese Thatsache unterstützt die Vermuthung, dass diese auffallenden Farben den Geschlechtern helfen dürften, einander während der Paarungszeit zu finden.
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202 Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
ebenso gut wie schwarze oder nahezu schwarze Arten existiren, wie z.B. weisse und schwarze Kakadus, Störche, Ibisse, Schwäne, Seeschwalben und Sturmvögel. Es kommen gleichfalls gescheckte Vögel zuweilen in denselben Gruppen vor, z. B. der schwarzhalsige Schwan, gewisse Seeschwalben und die gemeine Elster. Dass ein starker Contrast in der Farbe den Vögeln augenehm ist, können wir nach einem Blicke auf irgend eine grosse Sammlung von Exemplaren oder auf eine Reihe colo-rirter Abbildungen schliessen; denn häufig weichen die Geschlechter darin von einander ab, dass das Männchen die blasseren Theile von einem reineren Weiss und die verschiedentlich gefärbten dunkeln Theile von noch dunkleren Farbentönen besitzt als das Weibchen.
Es möchte selbst scheinen, als hätte die blosse Neuheit oder die Veränderung um ihrer selbst willen zuweilen wie ein Zauber auf weibliche Vögel gewirkt, in derselben Weise wie Veränderungen der Mode auf uns wirken. Der Herzog von Argyll sagt 56 — und, ich freue mich, die ungewöhnliche Befriedigung zu haben, selbst eine kurze Strecke lang seinen Fusstapfen folgen zu können — „ich werde immer mehr und .mehr 'überzeugt, dass die Mannichfaltigkeit, und zwar blosse Mannich-, faltigkeit als ein Zweck und Ziel in der Natur angesehen werden „muss". Ich wünschte, der Ferzog hätte hier erklärt, was er unter Natur versteht. Wird damit gemeint, dass der Schöpfer des Universums verschiedenartige Resultate zu seiner Befriedigung oder zu der des Menschen angeordnet hat? Die erstere Annahme scheint mir eben so sehr der schuldigen Ehrfurcht als die letztere der Wahrscheinlichkeit .zu ermangeln. Laune des Geschmacks bei den Vögeln selbst scheint mir eine zutreffendere Erklärung. Zum Beispiel: man kann kaum sagen, dass die Männchen einiger Papageien, wenigstens unserem Geschmacke zufolge schöner sind als die Weibchen. Sie weichen aber von diesen in solchen Punkten ab, wie den folgenden: das Männchen hat ein rosenfarbiges Halsband statt .eines hell-smaragdnen schmalen grünen Hals-,bandes", wie es das Weibchen besitzt; oder das Männchen hat ein schwarzes Halsband statt nur vorn „ein halbes gelbes Band" zu haben mit einem blass rosenfarbigen statt eines blauen Kopfes 57. Da so viele männliche Vögel als hauptsächliche Zierath verlängerte Schwanzfedern oder verlängerte Federkämme haben, so scheint der verkürzte Schwanz,
"* The Journal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I. 1868, p. 286. *7 s. Jerdou, über die Gattung Palaeomi« in: Birds of India. Vol. I, p. 258—260.
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Cap. 16.
Xeuheit bewundert.
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der früher von dem Männchen eines Kolibri beschrieben wurde und die verkürzte Haube des männlichen Sägetauchers beinahe wie eine jener vielen einander entgegengesetzten Veränderungen der Mode zu sein, welche wir an unsern eigenen Anzügen bewundern.
Einige Glieder der Familie der Reiher bieten einen noch viel merkwürdigeren Fall davon dar, dass Neuheit der Färbung allem Anscheine nach wegen der Neuheit selbst geschätzt worden ist. Die Jungen der Ardea asha sind weiss, die Erwachsenen dunkel schieferfarbig, und es sind nicht bloss die Jungen sondern auch die Erwachsenen des verwandten Riiphus coromandus in ihrem Wintergefieder weiss, welche Farbe sich während der Paarungszeit in ein reiches goldues Röthlich-gelb verwandelt. Es ist unglaubhaft, dass die Jungen dieser zwei Spe-cies ebenso wie die einiger andrer Glieder derselben Familie38 speciell weiss und dadurch für ihre Feinde auflallend gemacht worden seien, oder dass die Erwachsenen einer dieser zwei Species speciell während des Winters weiss geworden seien in einem Lande, welches niemals mit Schnee bedeckt ist. Auf der andern Seite haben wir Grund zu der Annahme, dass die weisse Farbe von vielen Vögeln als eine geschlechtliche Zierath erlangt ist. Wir können daher schliessen, dass ein früher Urerzeuger der Ardea asha und des Buphus' ein weisses Gefieder zu hochzeitlichen Zwecken erlangt und auf seine Nachkommen überliefert hat, so dass die Jungen und die Alten, wie gewisse jetzt existirende Silberreiher, weiss wurden. Später wurde dann die weisse Färbung von den Jungen beibehalten, während sie von den Erwachsenen gegen noch schärfer ausgesprochene Färbungen vertauscht wurde. Wenn wir aber noch weiter in der Zeit rückwärts auf noch frühere Urerzeuger dieser zwei Species blicken könnten, so würden wir wahrscheinlich die Erwachsenen dunkel gefärbt sehen, Dass dies der Fall sein würde, schliesse ich aus der Analogie vieler anderer Vögel, welche während ihrer Jugend dunkel und im erwachsenen Zustande weiss sind, und noch besonders aus dem Fall der Ardea gularls, deren Färbungen gerade die umgekehrten von denen der A. asha sind. Denn die Jungen sind dunkel gefärbt und die Erwachsenen weiss, so dass hier die Jungen einen
M Die Jungen von Ardea ru/weens und A. caerulea der Vereinigten Staaten sind gleichfall s weiss, während die Erwachsenen so gefärbt sind, wie es ihr spe-eiflscher Xamc ausdrückt. Audubon (Ornitholog. Biography, Vol. III, p. 41G. Vol. IV, p. 58J scheint sich über den Gedanken zu amüsiren, dass diese merkwürdige Veränderung des Gefieders in hohem Grade „die Systematiker in Verwirrung bringen wird."
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
früheren Zustand des Gefieders beibehalten haben. Es geht daher scheinbar hieraus hervor, dass die Vorfahren der Ardea asha, des Buphns und einiger verwandter Formen in ihrem erwachsenen Zustande während einer langen Descendenzreihe' Veränderungen in der Färbung in folgender Reihe erlitten haben: zuerst eine dunkle Schattirung, zweitens eine rein weisse Färbung und drittens in Folge einer andern Veränderung der Mode (wenn mir dieser Ausdruck erlaubt ist) ihre jetzige schieferfarbige röthliche oder röthlich-graue Färbung. Diese anfein-anderfolgenden Veränderungen sind nur nach dem Principe verständlich, dass ihre Neuheit ihrer selbst wegen von den Vögeln bewundert worden ist.
, Zusammenfassung der vier Capitel über Vögel. — Die meisten männlichen Vögel sind während der Paarungszeit in hohem Grade kampfsüchtig und einige besitzen speciell zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern angepasste Waffen. Aber die kampfsüchtigsten und die bestbewaffneten Männchen hängen in Bezug auf den Erfolg selten oder niemals allein von ihrem Vermögen, ihre Nebenbuhler zu vertreiben oder zu tödten, ab, sondern haben ausserdem noch specielle Mittel zur Be-zaubenmg des Weibchens. Bei einigen ist es die Fähigkeit zu singen oder fremdartige Hufe auszustossen, oder Instrumentalmusik hervorzubringen ; und in Folge dessen weichen die Männchen von den Weibchen in ihren Stimmorganen oder in der Bildung gewisser Federn ab. Aus den merkwürdig verschiedenartigen Mitteln zur Hervorbringung verschiedenartiger Laute gewinnen wir eine hohe Meinung von der Bedeutung dieses Mittels der Brautwerbung. Viele Vögel versuchen die Weibchen durch Liebestänze oder Geberden, die auf dem Boden oder in der Luft und zuweilen auf dazu hergerichteten Plätzen ausgeführt werden, zu bezaubern. Aber Ornamente vielerlei Art, die brillantesten Farbentöne, Kämme und Fleischlappen, wunderschöne Schmuckfedern, verlängerte Federn, Federstütze u. s. f. sind bei Weitem die häufigsten Mittel. In einigen Fällen scheint blosse Neuheit als Zauber gewirkt zu haben. Die Zierathen der Männchen müssen für sie von höchster Bedeutung gewesen sein, denn sie sind in nicht wenigen Fällen auf Kosten einer vergrösserten Gefahr vor Feinden und selbst mit etwas Verlust an dem Vermögen mit ihren Nebenbuhlern zu kämpfen erlangt worden. Die Männchen sehr vieler Species erhalten ihr ornamentales Kleid nicht eher als bis sie zur Keife gelangen, oder sie nehmen es nur während der Paarungszeit an, oder es werden die Farbentöne zu
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Cap. IC.
Zusammenfassung.
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dieser Zeit lebhafter. Gewisse ornamentale Anhänge werden während des Actes der Bewerbung selbst vergrössert, schwellen an und werden hell gefärbt. Die Männchen entfalten ihre Beize mit ausgesuchter Sorgfalt und zu ihrer besten Wirkung; und dies geschieht in der Gegenwart der Weibchen. Die Brautwerbung ist zuweilen eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit, und viele Männchen und Weibchen versammeln sich an einem bestimmten Platze. Anzunehmen, dass die Weibchen die Schönheit der Männchen nicht würdigen, hiesse der Meinung sein, dass ihre glänzenden Decorationen, alle ihre Pracht und Entfaltung nutzlos sind; und dies ist nicht glaublich. Vögel haben feines Unterseheidungsvennögon und in einigen wenigen Fällen lässt sich zeigen, dass sie einen Geschmack für das Schöne haben. Ueber-dies weiss man, dass die Weibchen gelegentlich eine ausgesprochene Vorliebe oder Antipathie für gewisse individuelle Männchen zeigen.
Wird zugegeben, dass die Weibchen die schöneren Männchen vorziehen oder unbewusst von ihnen angeregt werden, dann worden die Männchen langsam aber sicher durch geschlechtliche Zuchtwahl immer mehr und mehr anziehend werden. Dass es dieses Geschlecht ist, welches hauptsächlich niodificirt worden ist, können wir aus der Thatsache schliessen, dass beinahe in joder Gattung, in welcher die Geschlechter verschieden sind, die Männchen viel mehr von einander verschieden sind als die Weibchen. Dies zeigt sich sehr gut bei gewissen nahe verwandten repräsentativen Arten, bei welchen die Weibchen kaum unterschieden werden können, während die Männchen völlig verschieden sind. Vögel bieten im Naturzustände individuelle Verschiedenheiten dar, welche völlig ausreichen würden, geschlechtliche Zuchtwahl einwirken zu lassen. Wir haben aber gesehen, dass sie gelegentlich noch stärke)- ausgesprochene Abänderungen darbieten, welche so häufig wiederkehren, dass sie sofort fixirt werden würden, wenn sie dazu dienten, das Weibchen anzulocken. Die Gesetze der Abänderungen worden die Natur der anfänglich auftretenden Veränderungen bestimmt und in grossem Maasse das endliche Piesultat beeinflusst haben. Die Abstufungen, welche sich zwischen den Männchen verwandter Species beobachten lassen, deuten die Natur der Schritte an, welche durchlaufen worden sind, und erklären in der interessantesten Art und Weise gewisse Charactere, z. B. die zahnförmig eingeschnittenen Augenflecke auf den Schwanzfedern des Pfauhahns und die wunderbar schattirten Augenflecke auf den Schwungfedern des Argusfasans. Es ist offenbar, dass die brillau-
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Vögel.
II. Theil.
ten Farben, Federstütze, Schmuckfedern u. s. w. vieler männlicher Vögel nicht als Schutzmittel erlaugt worden sein können; sie bringen geradezu zuweilen Gefahr herbei. Dass sie nicht eine Folge der directen und bestimmten Wirkung der Lebensbedingungen sind, darüber können wir uns versichert halten, weil die Weibchen denselben Bedingungen ausgesetzt und doch häufig von den Männchen im äussersten Grade verschieden sind. Obschon es wahrscheinlich ist, dass veränderte Bedingungen, welche während einer längeren Zeit gewirkt haben, irgend eine bestimmte Wirkung auf beide Geschlechter hervorgebracht haben, so wird doch das bedeutungsvollere Resultat eine verstärkte Neigung zur schwankenden Variabilität oder zu gehäuften individuellen Verschiedenheiten gewesen sein; und derartige Verschiedenheiten werden für die Wirkung der geschlechtlichen Zuchtwahl ein ausgezeichnetes Wirkungs-gebiet dargeboten haben.
Die Gesetze der Vererbuug scheinen, ohne Rücksicht auf Zuchtwahl, bestimmt zu haben, ob Charactere, die von den Männchen zum Zwecke des Schmuckes, zum Zwecke des Hervorbringens verschiedener Laute und des Kämpfens mit einander erlangt worden sind, auf die Männchen allein oder auf beide Geschlechter und zwar entweder permanent oder nur periodisch während gewisser Jahreszeiten überliefert worden sind. Warum verschiedene Charactere zuweilen in der einen "Weise und zuweilen in einer andern überliefert worden sind, ist in den meisten Fällen unbekannt: aber es scheint häufig die Periode der Variabilität die bestimmende Ursache gewesen zu sein. Wenn die zwei Geschlechter alle Charactere gemeinsam geerbt haben, so sind sie notwendiger Weise einander ähnlich. Da aber die aufeinanderfolgenden Abänderungen verschieden überliefert sein können, so kann man jede mögliche Abstufung finden, und zwar innerhalb eines und desselben Genus, von der grössten Aehnlichkeit bis zu der schärfsten Unähnlich-keit zwischen den Geschlechtern. Bei vielen nahe verwandten und nahezu denselben Lebensgewohnheiten folgenden Species sind die Männchen hauptsächlich durch die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl von einander verschieden geworden, während die Weibchen hauptsächlich dadurch verschieden geworden sind, dass sie in einem grösseren oder geringeren Grade an den auf diese Weise von den Männchen erlangten Characteren theilgenommen haben. Ueberdies werden die Resultate der bestimmten Einwirkung der Lebensbedingungen bei den Weibchen nicht, wie es bei den Männchen der Fall ist, durch die in Folge geschlecht-
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Gap. IG. Zusammenfassung. 207
lieber Zuchtwahl eintretende Häufung scharf ausgesprochener Färbungen und anderer Zierathen maskirt worden seien. Die Individuen beider Geschlechter, auf welche Weise sie auch beeinflusst sein mögen, werden auf jeder der aufeinanderfolgenden Perioden -durch die reichliche Kreuzung vieler Individuen nahezu gleichförmig gehalten worden sein. Bei denjenigen Species, bei welchen die Geschlechter in der Farbe verschieden sind, ist es möglich, dass zuerst eine Neigung bestand, die aufeinanderfolgenden Abänderungen auf beide Geschlechter gleichmässig zu überliefern, und dass die Weibchen nur durch die Gefahr, welcher sie während der Zeit der Bebrütung ausgesetzt worden wären, verhindert wurden, die hellen Färbungen der Männchen anzunehmen. Es würde aber soweit ich sehen kann ein äusserst schwieriger Process sein, mittelst der natürlichen Zuchtwahl eine Form der Ucberlieferung in eine andere umzuwandeln. Andererseits würde nicht die mindeste Schwierigkeit vorhanden sein, ein Weibchen düster gefärbt zu machen und dem Männchen noch immer seine helle Färbung zu erhalten, und zwar durch die Auswahl nacheinander auftretender Abänderungen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlicforung auf ein und dasselbe Geschlecht beschränkt waren. Ob die Weibchen vieler Species factisch in dieser Weise modificirt worden sind, mnss gegenwärtig noch zweifelhaft bleiben. Wenn durch das Gesetz der gleichmässigen Ueberlieferuug der Charactere auf beide Geschlechter die Weibchen so auffallend gefärbt worden sind wie die Männchen, so sind auch oft ihre Instincte modificirt worden und sie sind dazu veranlasst worden, kuppeiförmige oder verborgene Nester zu bauen.
In einer kleinen und merkwürdigen Classe von Fällen sind die Charactere und Gewohnheiten beider Geschlechter völlig vertauscht worden; denn die Weibchen sind hier grösser, stärker und heller gefärbt als ihre Mämichen. Sie sind auch so streitsüchtig geworden, dass sie oft wie die Männchen der kampfsüchtigsten Species mit einander kämpfen. Wenn sie, wie es wahrscheinlich erscheint, beständig ihre weiblichen Nebenbuhler wegtreiben und ihre hellen Farben oder andere Reize entfalten und damit die Mämichen anzuziehen versuchen, so können wir verstehen, wie es gekommen ist, dass sie allmählich mittelst der geschlechtlichen Zuchtwahl und der geschlechtlich beschränkten Vererbung schöner als die Männchen geworden sind, während die letzteren nicht modificirt oder nur unbedeutend modificirt wurden.
Sobald das Gesetz der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern
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208 Geschlechtliche .Zuchtwahl: Vögel. II. Theil.
aber nicht das der geschlechtlich beschränkten Ueberliefcrung in Kraft tritt, dann werden, wenn die Eltern spät im Leben variiren, — und wir wissen, dass dies beständig bei unseren Hühnern und gelegentlich bei anderen Vögeln auftritt, — die Jungen nicht afficirt werden, während die Erwachsenen beider Geschlechter modificirt werden. Treten diese beiden Gesetze der Vererbung in Kraft und variirt das eine oder das andere Geschlecht spät im Leben, so wird nur dieses Geschlecht allein modificirt werden, während das andere Geschlecht und die Jungen unafficirt bleiben. Treten Abänderungen in der hellen Färbung oder in anderen auffallenden Characteren zeitig im Leben auf, wie es ohne Zweifel häufig sich ereignet, so werden diese von geschlechtlicher Zuchtwahl nicht früher heeinflnsst werden als bis die Periode der Bepro-duetion herankommt. In Folge dessen werden sie, wenn sie für die Jungen gefahrvoll sind, durch natürliche Zuchtwahl eliminirt werden. Wir können hierdurch verstehen, woher es kommt, dass spät im Leben auftretende Abänderungen so häufig zur Verzierung der Männchen bewahrt worden sind, während die Weibchen und die Jimgen fast unverändert geblieben sind und daher einander gleichen. Bei Species, welche ein Sommer- und ein Wintergelieder haben und deren Männchen entweder den Weibchen während beider Jahreszeiten oder allein während des Sommers ähnlich oder von ihnen verschieden sind, sind die Abstufungen und Arten der Aehulichkeit zwischen den Jungen und Alten ausserordentlich complicirt; und diese Complexität hängt allem Anscheine nach von Characteren ab, welche zuerst von den Männchen erlangt und dann in verschiedener Weise und in verschiedenen Graden, sowie durch Geschlecht, Alter und Jahreszeit beschränkt, überliefert wurden.
Da die Jungen so vieler Species nur wenig in der.Farbe und in anderen Ornamenten modificirt worden sind, so sind wir in den Stand gesetzt, uns ein Urtheil in Bezug auf das Gefieder ihrer früheren Urerzeuger zu bilden, und wir können schliessen, dass die Schönheit unserer jetzt existirenden Species, wenn wir die ganze Gasse betrachten, seit der Zeit, von welcher uns das unreife Jngendgefieder einen indirecten Bericht gibt, bedeutend zugenommen hat. Viele Vögel, besonders solche,'welche auf dem Boden leben, sind ohne Zweifel zum Zwecke des Schutzes dunkel gefärbt worden. In einigen Fällen ist die obere exponirte Fläche des Gefieders in beiden Geschlechtern auf dieselbe Weise gefärbt worden, während die untere Fläche allein bei den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl verschiedenartig verziert
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Pap. 1(5. Zusammenfassung. 209
worden ist. Endlich können wir nach den in diesen vier Caniteln mit-getheilten Thatsachen schliessen, dass Watten zum Kampfe, Organe zum Hervorbringen von Lauten, Zierathen vielerlei Art, helle und auflallende Färbungen allgemein von den Männchen durch Abänderung und geschlechtliche Zuchtwahl erlangt und auf verschiedenen Wegen je nach den verschiedenen Gesetzen der Vererbung überliefert worden sind, während die Weibchen und die Jungen vergleichsweise nur Avenig modifi-cirt worden sind59.
59 Ich bin Mr. Seiater sehr verbunden, dass er die Freundlichkeit gehabt hat, diese vier Capitel über Vögel sowie die beiden folgenden über Säugethiere durchzusehen. Auf diese Weise bin ich davor bewahrt worden, Fehler in den Namen der Arten zu machen und irgendwelche Thatsachen anzuführen, von denen dieser ausgezeichnete Forscher weiss, dass sie falsch sind. Fr ist indessen natürlicher Weise für die Richtigkeit der von mir nach verschiedenen Autoritäten angeführten Angaben nicht verantwortlich.
DVKWIN, Ab.-tamnuiug. U ü^i-ite Auflage.
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Siebenzehntes Capitel.
Secuiuliire Sexiialcharactere clor Säng'Cthici'e.
Das Gesetz des Kampfes. — Spezielle auf die Männchen beschränkte Waffen. — Ursache des Fehleus der Waffen bei den Weibchen. — Beiden Geschlechtern gemeinsame Waffen, die aber doch ursprünglich zuerst vom Männchen erlangt wurden. — Anderer Nutzen solcher Waffen. — Ihre hohe Bedeutung, — Bedeutendere Grösse der Männchen. — Vertheidiguugsmittel. — lieber die von beiden Geschlechtern gezeigte Vorliebe beim Paaren der Säugethiere.
Bei Säugethieren scheint das Männchen das Weibchen viel mehr nach dem Gesetze des Kampfes zu gewinnen als durch die Entfaltung seiner Reize. Die furchtsamsten Thiere, welche nicht mit irgend welchen speciellcn Waffen zum Kampfe ausgerüstet sind, lassen sich in verzweifelte Kämpfe während der Zeit der Liebe ein. Zwei männliche Hasen hat man gesehen, welche so lange mit einander fochten, bis einer getödtet war. Männliche Maulwürfe kämpfen häufig, und zuweilen mit tödtlicliem Ausgange; männliche Eichhörnchen „beginnen „häufig Kämpfe und verwunden oft einander heftig"-; dasselbe thun auch männliche Biber, so dass „kaum ein Fell ohne Narben ist" '. Ich beobachtete dieselbe Thatsa.che an den Häuten der Guanacos in Patagonien; auch waren bei einer Gelegenheit mehrere dieser Thiere so von ihrem Kampfe absorbirt, dass sie ohne Furcht dicht an mich herangelaufen kamen. Livingstoke spricht von den Thieren in Südafrika und erzählt, dass die Männchen vieler derselben beinahe ohne Ausnahme die in früheren Kämpfen erlangten Narben tragen.
Das Gesetz des Kampfes gilt ebenso für Wasser- wie für Land-süugethiere. Es ist notorisch, wie verzweifelt männliche Kobben während der Paarungszeit mit einander kämpfen und zwar sowohl mit ihren
's. Waterton's Schilderung des Kampfes zweier Hasen im: Zoologist, Vol. I. 1843, p. 211. Ueber Maulwürfe s. Bell, Ilistory of British Quadrttpeds, 1. edit. p. 100. Ueber Eichhörnchen s. Audubon und Bachman, Viviparous Qnadrupeds of North America, 1846, p. 26!). Ueber Biber s. A. H. Green, in: Journal of the Linuean Society. Zool. Vol. X. lSGii, p. 362.
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Cap. 17. Gesetz des Kampfes. 211
Zähnen als mit ihren Klauen; auch sind ihre Felle gleichfalls häufig mit Narben bedeckt. Männliche Spermaceti-Wale sind sehr eifersüchtig zu dieser Jahreszeit, und in ihren Kämpfen verbeissen sie sich häufig mit ihren Kinnladen, wälzen sich auf die Seite und zerren sich herum, so dass einige Naturforscher glauben, dass der so häufig missbildete Znstand ihrer Unterkinnladen durch diese Kämpfe verursacht ist2. Von allen männlichen Säugethieren, welche mit speciellen Waffen zum Kampfe ausgerüstet sind, weiss man sehr wohl, dass sie heftige Kämpfe beginnen.' Der Mnth und die verzweifelten Duelle von Hirschen sind oft beschrieben worden. Ihre Skelette sind in verschiedenen Thei-len der Welt mit unentwirrbar in einander verschlungenen Geweihen gefunden worden, dadurch zeigend, wie elend sowohl der Sieger als der Besiegte umgekommen sein muss:i. Kein Tliier in der AVeit ist so gefährlich wie der Elephant zur Brunstzeit. Lord Tankervit.t.e hat mir eine lebendige Beschreibung der Kämpfe zwischen den wilden Bullen in Ghillingham-Fark, den zwar in der Grösse aber nicht im Muthe degenerirten Nachkommen des gigantischen Box primigenivx gegeben. Tm Jahre 1861 kämpften mehrere um die Herrschaft und es wurde beobachtet, dass zwei von den jüngeren Bullen in Uebereinstimmung den alten Anführer der Heerde angriffen, ihn überwanden und kampfunfähig machten, so dass die Wärter glaubten, er läge tödtlich verwundet in einem benachbarten Walde. Aber wenige Tage später näherte sich einer der jungen Bullen allein dem Walde;'und hierauf kam „der Herr der Jagd", welcher sich nur um Rache zu nehmen ruhig gehalten hatte, hervor und tödtete in kurzer Zeit seinen Gegner. Er vereinigte sich dann wieder friedlich mit der Heerde und führte lange und unangefochten das Scepter. Admiral Sir B. J. Sulivan theilt mir mit, dass, als er auf den Falklandsinseln residirtc, er einen jungen englischen Hengst importirt habe, welcher mit acht Stuten die Berge in der Nähe, von Port William frequentirte. Auf diesen Bergen lebten
2 Ueber die Kämpfe der Robben s. Capt. C. Abbott in.: Proceed. Zoolog. Soc. ISfiS, p. 191; auch Mr. R. Brown, ebenda 18G8, p. 430: auch L. Lloyd, Game Birds nf Swcden, 18fi7, p. 412. Ferner: Pennant. lieber den Sperma-ceti-Wal s. J. IT. Thompson, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1867, p. 24G.
:i s. Scrope (Art of Deerstalking, p. 17) über das Ineinanderschlingen der Geweihe hei Germs dnplms. Richardson sagt in der Fauna ßoreal. Ameri-cana, 1820, p. 252, dass auch der WajMti, das Orignal und Ueuthier so verschlungen gefunden worden sind. Sir A. Smith fand am Cap der Guten Hoffnung die Skelette zweier Gnus in demselben Zustande.
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212 Geschlechtliche Zuchtwahl: Sängethiere. II. Theil.
zwei wilde Hengste, jeder mit einer kleinen Zahl von Stuten; „und es „ist sicher, dass diese Hengste einander niemals zu nahe kamen, ohne „mit einander zu kämpfen. Beide hatten einzeln versucht das englische Pferd zu bekämpfen und seine Stuten fortzutreiben, aber ohne „Erfolg. Eines Tages kamen sie zusammen heran und griffen ihn an. „Dies sali der Capitän, welchem die Sorge um die Pferde anvertraut „war; und als er nach der Stelle hinritt, fand er einen der Hengste „mit dem englischen in einen Kampf verwickelt, während der andere die „Stuten forttrieb und bereits vier von den übrigen getrennt hatte. Der „Capitän machte der Sache dadurch ein Ende, dass er die ganze Gesellschaft in das Corral trieb, denn die wilden Hengste wollten die „Stuten nicht verlassen".
Männliche Thiere, welche bereits mit hinreichend schneidenden oder zerreissenden Zähnen für die gewöhnlichen Zwecke des Lebens versehen sind, wie bei den Carnivoren, Insectivoren und Nagethieren, sind selten mit Waffen versehen, die speciell für Kämpfe mit ihren Nebenbuhlern angepasst sind. Bei den Männchen vieler anderer Thiere liegt aber der Fall sehr verschieden. Wir sehen dies an den Geweihen der Hirsche und an den Hörnern gewisser Arten von Antilopen, von denen die Weibchen hornlos sind. Bei vielen Thieren sind die Eckzähne in der unteren oder oberen Kinnlade oder in beiden bei den Männchen viel grösser als bei den Weibchen oder fehlen auch bei den letzteren mit Ausnahme zuweilen eines verborgenen Rudiments. Gewisse Antilopen, das Moschusthier, Kameel, Pferd, der Eber, verschiedene Affen, Robben und das Walross bieten Beispiele dieser verschiedenen Fälle dar. Beim Weibchen des Walrosses fehlen die Stosszähnc zuweilen vollständig4. Beim männlichen indischen Eleplianten und beim männlichen Dugong 5 bilden die oberen Schneidezähne starke Angriffs Waffen. Beim männlichen Karwal ist allein der eine der oberen Zähne zu dem wohlbekannten spiral gewundenen sogenannten Hörn entwickelt, welches zuweilen neun bis zehn Fuss an Länge erreicht. Man glaubt, dass die Männchen diese Hörner dazu' benutzen mit einander zu kämpfen, denn „ein ungebrochenes ist selten zu beschallen und gelegentlich kann man
4 Mr^Lamont (Seasous with the Sea-Horses, 1861, p. 143) sagt, dass ein guter Stosszahn des männlichen Walrosses 4 Pfund wiegt und grösser ist als der des Weibchens, welcher nur ungefähr 3 Pfund wiegt. Die Männchen kämpfen den Schilderungen zufolge wütheud. Ueber das gelegentliche Fehlen der Stosszähnc beim Weibchen s. Mr. R. Brown, Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 42'J.
5 Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 288.
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Cap. 17. Gesetz des Kampfes. 213
„eins finden, an welchem die Spitze eines andern in die gebrochene „Stelle eingekeilt ist"fi. Der Zahn auf der anderen Seite des Kopfes besteht bei dem Männchen aus einem ungefähr zehn Zoll langen Ku-dimente, welches in der Kinnlade eingebettet liegt. Es ist indessen nicht sehr selten, doppelhörnige Narwalle zu finden, bei welchen beide Zähne wohl entwickelt sind. Bei den "Weibchen sind beide Zähne rudimentär. Der männliche Cachelot hat einen grösseren Kopf als das Weibchen und diese Grösse unterstützt ohne Zweifel diese Thiere bei ihren im Wasser zu haltenden Kämpfen. Endlich ist der niäiinliche erwachsene Onülhorhynchus mit einem merkwürdigen Apparate versehen, nämlich mit einem Sporn am Vorderbeine, welcher dem Giftzahne einer Giftschlange ausserordentlich ähnlich ist. Sein Gebrauch ist unbekannt, wir können aber vermuthen, dass er als eine Angriffswaffe dient'. Beim Weibchen wird er nur durch ein blosses Kudiment repräsentirt.
Wenn die Männchen mit Waffen versehen sind, welche die Weibchen nicht besitzen, so lässt sich kaum zweifeln, dass sie dazu benutzt werden, mit anderen Männchen zu kämpfen und dass sie durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Es ist mindestens in den meisten Fällen nicht wahrscheinlich, dass die Weibchen deshalb derartige Waffen nicht erlangt haben, weil sie ihnen nutzlos oder überflüssig oder in irgend welcher Art schädlich wären. Da dieselben im Gegentheil häufig von den Männchen %\\ verschiedenen Zwecken und ganz besonders zur Vertheidigung gegen ihre Feinde benutzt werden, so ist es eine überraschende Thatsache, dass sie bei den Weibchen so schwach entwickelt sind oder vollständig fehlen. Ohne Zweifel wäre bei weiblichen Hirschen die in jedem der aufeinander folgenden Jahre wiederkehrende Entwickehing grosser sich verzweigender Geweihe und bei weiblichen Elephanten die Entwickelung ungeheurer Stosszälme eine grosse Verschwendung von Lebenskraft gewesen, wenigstens nach der Annahme, dass sie für die Weibchen von keinem Nutzen sind. In Folge dessen werden Abänderungen in der Grösse dieser Organe, welche allmählich zu ihrer Unterdrückung führen, unter die Controle der natürlichen Zuchtwahl getreten sein, und wenn sie in ihre Ueberliefernng auf die weiblichen Nachkommen beschränkt geblieben wären, würde
8 Mr. It. Brown, in: Pvoceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 553. ' Owen, ülier den Cachelot und Ornithorbynchus a. a. 0. Vol. III, p. 638 und G41.
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0|4 üeschh'chtliche Zuchtwahl: Sjitigothiere. IL Theil.
dies ihre Entwicklung durch geschlechtliche Zuchtwahl hei den Männchen nicht gestört haben. Wie können wir aber nach dieser Ansicht das Vorhandensein von Hörnern bei den Weibchen gewisser Antilopen und von Stosszähnen bei den Weibchen vieler Thiere erklären, welche nur von einer unbedeutend geringeren Grösse sind als bei den Männchen? Die Erklärung muss in beinahe sämmtlichen Fällen, wie ich glaube, in den Gesetzen der Uebcrlieferung gesucht werden.
Da das Eenthier die einzige Species in der ganzen Familie der hirschartigen Thiere ist, bei welcher das Weibchen mit Geweihen versehen ist, wenn sie arfch etwas kleiner, dünner und*weniger verzweigt sind als beim Männchen, so könnte man natürlich glauben, dass dieselben von irgend einem speciellen Nutzen für dasselbe sind. Es gibt indessen einige Belege, welche sich dieser Ansicht entgegensetzen. Das Weibchen behält seine Geweihe von der Zeit, wo es völlig entwickelt ist, nämlich vom September, durch den ganzen Winter bis zum Mai, wo es seine Jungen zur Welt bringt, während das Männchen sein Geweihe viel zeitiger abwirft, nämlich gegen das Ende des November. Da beide Geschlechter dieselben Bedürfnisse halten und denselben Lebensgewohn-heiten folgen, und da das Männchen seine Geweihe während des Winters abwirft, so ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Geweihe von irgend einem speciellen Nutzen für das Weibchen in dieser Zeit des Jahres sein kann, welche den grösseren Theil der Zeit umfasst, während welcher dasselbe überhaupt Geweihe trägt. Auch ist es nicht wahrscheinlich, dass es sein Geweihe von irgend einem alten Urerzeuger der ganzen Familie der hirschartigen Thiere ererbt haben kann; denn aus der Thatsache, dass allein die Männchen so vieler Species in allen Theilen der Erde Geweihe besitzen, können wir schliessen, dass dies der ursprüngliche Character der Gruppe war. Der Anschein ergibt daher, dass das Geweihe vom Männchen auf das Weibchen in einer Zeit übertragen worden sein muss, welche dem Abzweigen der verschiedenen Species' von einer gemeinsamen Stammform folgte, dass dies aber nicht zu dem Zwecke bewirkt wurde, dem Weibchen einen speciellen Yor-theil zu gewähren 8.
Wir wissen, dass beim Eenthier die Geweihe zu einem äusserst
8 lieber die Structur und das Abwerfen des Geweihes beim Renthier s. Hoff-bei-g, in: Amoenitates academicae, Vol. IV. 1788, p. 149. In Bezug auf die Amerikanische Varietät oder Species s. Richardson, Fauna Boreal. Araeri-cana, p. 241; auch Major W. Ross King, The Sportsman in Canada. 1866, p. 80.
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Cap. 17. Gesetz des Kampfes. 215
ungewöhnlich frühen Alter entwickelt werden; was aber die Ursache hiervon sein mag, ist unbekannt. Das Resultat hiervon ist indessen allem Anscheine nach die Uebcrtragung der Geweihe auf beide Geschlechter g-ewesen. Nach der Hypothese der Pangenesis ist es verständlich, dass eine sehr unbedeutende Veränderung in der Constitution des Männchens entweder in den Geweben der Stirne oder in den Keim-cheu des Geweihes zu seiner so frühen Entwickelnng führt, und da die Jungen beider Geschlechter vor der Periode der Fortpflanzung nahezu dieselbe Constitution besitzen, so werden auch die Geweihe, wenn sie sich in einem früheren Alter beim Männchen entwickelten, darnach streben, gleichmässig in beiden Geschlechtern entwickelt zu werden. Zur Unterstützung dieser Ansicht müssen wir im Sinne behalten, dass die Geweihe immer durch das "Weibchen überliefert werden und dass dieses eine latente Fähigkeit zur Entwickelnng von Geweihen besitzt, wie wir bei alten oder erkrankten Weibchen sehen9. Ueberdies bieten die Weibchen einiger anderen Species hirschartiger Thiere entweder normal oder gelegentlich Rudimente von Geweihen dar; so hat das Weibchen von Cernis moschatns „in einem Knopf endende borstige Büsche statt „eines Hornes"; und „in den meisten Exemplaren des weiblichen Wa-„piti (Cercus caitadeusis) findet sich an der Stelle des Geweihes eine .scharfe knöcherne Protuberanz" ]0. Aus diesen verschiedenen Betrachtungen können wir schliessen, dass der Besitz ziemlich gut entwickelter Geweihe beim weiblichen Renthier eine Folge davon ist, dass die Männchen sie zuerst als Waffen für die Kämpfe mit anderen Männchen erhielten, und an zweiter Stelle eine Folge ihrer aus irgend einer unbekannten Ursache in einem ungewöhnlich frühen Alter beim Männchen eintretenden Entwickelnng und ihrer hiervon abhängenden Jeberlieferung auf beide Geschlechter.
Wenden wir uns nun zu den scheideiihörnigen Wiederkäuern. Unter
9 Isidore Geoffroy St.-Hilaire, Essais de Zoologie generale, 1841, p. 513. Ausser dem Gehörne werden ancli andere männliche Charaetere zuweilen auf das Weibchen übertragen; so sagt Mr. Boncr bei der Schilderung einer alten weiblichen Gemse (Chamois Hunting in the Mountains of Bavaria, 1860, 2. edit. p. 363): „der Kopf sah nicht bloss ganz männlich aus, sondern es war dem „Rücken entlang ein Kamm langer Haare vorhanden, wie er sich gewöhnlich mir J,bei Böcken findet".
10 Teber den Cerruhis s. Dr. Gray, Catalogue of the Mammalia in British Museum, Bart. 111, p" 220. Ucber den Oercux canaihmk oder das Wapiti s. Hou. J. D. Caton, in: Ottawa Acad. of Natur. Sciences, May, 1868, p. 9.
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o[g Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugetliiere. II. Theil.
den Antilopen kann man eine sich abstufende Keihe aufstellen, welche mit Species beginnt, deren Weibclien vollständig ohne Hörner sind, welche dann zu solchen fortschreitet, die so kleine Hörner haben, dass sie beinahe rudimentär sind, wie bei der Anlilocapra amerieunu. bis zu denen, welche ziemlich gut entwickelte Hörner, aber offenbar kleiner und dünner als die Männchen und zuweilen auch von einer verschiedenen Form11 haben, und endlich zu solchen, bei denen beide Geschlechter gleich grosse Hörner besitzen. Wie beim Renthio-r so besteht auch bei den Antilopen eine Beziehung zwischen der Periode der Entwicklung der Hörner und ihrer Ueberlicferuug auf ein Geschlecht oder auf beide. Es ist daher wahrscheinlich, dass ihr Vorhandensein oder Fehlen bei den Weibchen irgend einer Species und ihr mehr oder weniger vollkommener Zustand bei den Weibchen anderer Species nicht davon abhängt, dass sie irgend einen speciellen Gebrauch haben,-sondern einfach von der Form der Vererbung, welche geherrscht hat. Es stimmt mit dieser Ansicht iiberein, dass, selbst in einer und der nämlichen begrenzten Gattung beide Geschlechter einiger Species und allein die Männchen anderer Species in diesei' AVeise ausgerüstet sind. Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass, obgleich die AVeibchen von Antilope bez-oariiea der Kegel nach Hörner entbehren, Mr. Blyth doch nicht weniger als drei AVeibchen gesehen hat, welche solche besassen, und es lag kein Grund zu der Annahme vor, dass diese alt oder erkrankt gewesen wären. Die Männchen dieser Species haben lange, gerade, zierlich gewundene Hörner, welche nahezu parallel mit einander verlaufen und nach rückwärts gerichtet sind. Finden sich bei den AVeibchen Hörner, so sind sie in der Form sehr verschieden, denn sie sind nicht spiral gewunden und breiten sich weit gebogen herum, so dass ihre Spitzen nach vorn gerichtet sind. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass, wie mir Air. Bi,yth mittheilt, bei den castrirten Männchen die Hörner von derselben eigenthümlichen Form sind wie beim AVeibchen, aber länger und dicker. In allen Fällen hängen die Verschiedenheiten zwischen den Hörnern der Afännchen und AVeibchen und der castrirten und unverletzten Männchen wahrscheinlich von verschiedenen Ursachen ab, nämlich von der mehr oder weniger vollständigen Uebertragung von männlichen Characteren auf die Weibchen — von
" So gleichen beispielsweise die Hörner der weiblichen Antilope Eitclwrc denen einer verschiedenen Species, nämlich der Antilope Dorcas, var. Corine, s. Besmaresl, Mannnalogie, p.- 455.
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Cap. 17, Gesetz des Kampfes. 217
dem früheren Zustande der Urerzeuger der Species -- und zum Theil vielleicht davon, dass die Hörner verschieden ernährt.werden, nahezu in derselben Art und Weise wie die Sporne des Haushahns, wenn sie in den Kamm oder in andere Theile des Körpers inserirt sind, verschiedene abnorme Formen annehmen, weil sie verschieden ernährt werden.
Bei allen wilden Species von Ziegen und Schafen sind die Hörner beim Männchen grösser als beim Weibchen und fehlen zuweilen beim letzteren vollständig '-. Bei mehreren domesticirten Kassen des Schafes und der Ziege sind allein die Männchen mit Hörnern versehen; und es ist eine bezeichnende Thatsache, dass bei einer derartigen Kasse von Schafen an der Küste von Guinea die Hörner bei dem castrirten Männchen, wie mir Mr. Wixwoon Eeade mittheilt, nicht entwickelt werden, so dass sie in dieser Beziehung in gleicher Weise afficirt werden, wie das Geweihe von Hirschen. In einigen Bässen, wie in der von Nord-Wales, in welcher beide Geschlechter eigentlich Hörner tragend sind, bleiben die Mutterschafe sehr gern hornlos. Bei diesen selben Schafen sind, wie mir ein zuverlässiger Zeuge mitgetheilt hat, der absichtlich eine Heerde während der Lammzeit inspicirte, die Hörner bei der Geburt im Allgemeinen beim Männchen vollständiger entwickelt als beim A\reibchen. Beim erwachsenen Bisamochsen (Ovibos moschuüit) sind die Hörner des Männchens grösser als die des Weibchens und beim letzteren berühren sich die Basen der Hörner nicht l3. In Bezug auf das gewöhnliche Kind bemerkt Mr. Blyth: „bei den meisten der wilden rin-,derartigen Thiere sind die Hörner des Bullen sowohl länger als dicker .als die der Kuh und bei dem weiblichen Banteng CBos sondaicusj .sind die Homer merkwürdig klein und bedeutend nach rückwärts ge-„neigt. Bei den domesticirten Rassen des Kindes, sowohl der Formen .mit Buckel als der buckellosen, .sind die Hörner beim Bullen kurz „und dick, bei der Kuh und dem Ochsen länger und schlanker, und ebenso .sind sie beim indischen Büffel beim Bullen kürzer und dicker und „bei der Kuh länger und schlanker. Beim wilden Gaour (Bos gaurns~) „sind die Hörner beim Bullen meist sowohl länger als dicker als bei „der Kuh" l4. Es sind daher bei den meisten scheidenhörnigen Wiederkäuern die Hörner des Männchens entweder länger oder stärker als die
12 Gray, Catalogue Mammalia Brit. Museum, Part. III. 1852, p. 100.
13 Richar'dsoii, Fauna Boreal. Americana, p. 278. 11 Land and Water, 1867, p. 34G.
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218 Geschlechtliche Zuchtwahl: Siuigethiere. IL Theil.
des Weibchens. Icli will hier gleich hinzufügen, dass bei dem lihino-ceros ximus die.Hörner des Weibchens allgemein -länger aber weniger kraftvoll sind als beim Männchen und bei einigen anderen Species von Bhinoceros sollen sie beim Weibchen kürzer sein l5. Aus diesen verscliiedenen Thatsachcn können wir scbliessen, dass Homer aller Arten, selbst wenn sie in beiden Geschlechtern gleichmässig entwickelt werden, zuerst von den Männchen erlangt wurden, um andere Männchen zu bekämpfen, und dass sie dann mehr oder weniger auf die Weibchen übertragen worden sind, im Verhältniss zu der Kraft der gleichförmigen Art der Vererbung.
Die Stosszähne des Elephanten weichen in den verschiedenen Species oder Rassen je nach dem Gcschlochte in nahezu derselben Art und Weise ab wie die Hörner der Wiederkäuer. Tu Indien und Malacca sind allein die Männchen mit wohlentwickelten Stosszähuen versehen. Der Elephant von Ceylon wird von den meisten Naturforschern als eine verschiedene Basse betrachtet, von einigen sogar als eine verschiedene Species, und hier „findet man nicht einen unter einem Hundert, welcher „mit Stosszähnen versehen wäre, und die wenigen, welche sie besitzen, „sind ausschliesslich Männchen'' 16. Der afrikanische Elephant ist zweifellos verschieden; und hier hat das Weibchen grosse wohlentwickelte Stosszähne, wenn auch nicht so grosse wie die des Männchens. Diese Verschiedenheit in den Stosszähuen der verschiedenen Bässen und Species von Elephanten — die grosse Variabilität des Geweihes hei hirsch-artigen Thieren, wie besonders beim wilden Benthier — das gelegentliche Vorhandensein von Hörnern bei der weiblichen Antihjte bez-oarlira — das Vorhandensein zweier Stosszähne bei einigen wenigen männlichen Narwallen — das vollständige Fehlen von Stosszähuen bei einigen weiblichen ^Walrossen —, Alles dies sind Beispiele für die ausserordentliche Variabilität secundärervSex:ualcharacterc und ihrer ausserordentlichen Geneigtheit in nahe verwandten Formen verschieden zu werden.
Obgleich Stosszähne und Hörner in allen Fällen ursprünglich als Waffen zu geschlechtlichen Zwecken entwickelt worden zu sein scheinen, so dienen sie doch häufig auch zu anderen Zwecken. Der Elephant gebraucht
15 Sir Andrew Smith, Zonlogy of South Africa, pl. XIX. Owen, Ana-loray of Vertebratcs, Vol. III, p. 624.
16 Sir .1. Emerson Tenneut, Ceylon, 1859. Vol. II, p. 274. Wegen Malacca s. Journal of Indian Archipelago, Vol. I\r, p. 357.
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Cap. 17.
Gesetz des Kampfes.
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seine Stosszähne heim Angriffe des Tigers. Der Angabe Bruck's zufolge schneidet er die Stämme von Bäumen damit ein, bis sie leicht umgeworfen werden können und er holt sich damit auch das mehlige Mark von Palmen heraus. Tn Afrika benutzt er oft den einen Stoss-zalm, und dieser ist immer einer und derselbe, dazu, den Boden zu untersuchen und sich zu vergewissern, ob er seine Last zu tragen im Stande ist. Der gemeine Bulle vertheidigt die Heerde mit seinen Hörnern ; und nach Lloyd hat man in Schweden die Erfahrung gemacht, dass der Elk einem Wolf mit einem einzigen Schlage seines grossen Geweihes todt niederstreckte. Viele ähnliche Thatsaclien liessen sich noch anführen. Eine der merkwürdigsten secmidaren Aiiwendungsweiseii, 7,11 welchen die Homer irgend eines Thieres gelegentlich benutzt werden, ist die, welche Capitain Hutton, und zwar bei der wilden Ziege (Capra aegagrus) der Himalayas, beobachtet hat17. Dieselbe kommt, wie man sagt, auch beim Steinbock vor; stürzt nämlich das Männchen zufällig von einer Höhe herab, so biegt es seinen Kopf nach vorn ein und bricht durch das Fallen auf seine massiven Hörner die' Wirkung des Stosses. Das Weibchen kann seine Hörner nicht in dieser Weise brauchen, da sie kleiner sind, aber wegen seiner ruhigeren Disposition bedarf es dieser merkwürdigen Art von Schild nicht so nöthig.
Jedes männliche Thier benutzt seine Waffen in seiner eigenen eigen-tliümlichen Weise, Der gewöhnliche Widder macht einen Angriff und stösst dabei mit solcher Kraft mit den Basen seiner Hörner, dass ich gesehen habe, wie ein kräftiger Mann so leiclit wie ein Kind über den Haufen geraunt wurde. Ziegen und gewisse Species von Schafen wie z. B. Ovis cycloceros von Afghanistan IS, erheben sich auf ihren Hinterbeinen und stossen dann nicht bloss, sondern „machen einen Hieb nach ,abwärts und einen Stoss mit der gerippten Vorderseite ihrer .säbelförmigen Hörner, wie mit einem Säbel, nach oben. Als ein Oris „cycloceros einen grossen domesticirten Widder, welcher ein anerkannter ,Boxer war, angriff, besiegte es ihn lediglich durch die Neuheit seiner .Weise zu kämpfen, indem es immer sofort an seinen Widersacher herantrat und ihn quer übers Gesicht und die Xase mit einem scharfen , ziehenden Hiebe seines Kopfes fasste und ihm dann durch eine kurze
" Calcutta Journal nf Natural Ilistory. Vol. II, 1848, p. 520.
18 Mr. Tilyth, in: Land and Water, Marcli, 1807, p. 134, nach der Autorität des Capt. Huttnn und Anderer. Wegen der wilden Ziegen von Pembroke-shire ». The Field, 1869, p. 150.
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220 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
„Wendung aus dem Wege gieng, ehe der Stoss zurückgegeben werden „konnte". In Pembrokeshirc hat man einen Ziegenbock gekannt, den Herrn einer seit mehreren Jahren verwilderten Heerde, welcher mehrere andere Männchen im Einzelkampfe getödtet hat. Dieser Bock besass enorme Hörner, welche in einer geraden Linie von Spitze zu Spitze neumindzwanzig Zoll maassen. Wie Jedermann weiss, stösst der gemeine Bulle seinen Gegner und schleudert ihn hin und her. Aber der italienische Büffel soll niemals seine Höruer brauchen. Er gibt mit seiner convexen Stirn einen fürchterlichen Stoss und trampelt dann auf seinem gestürzten Gegner mit seinen Knien, ein Instinct, welchen der gemeine Bulle nicht besitzt l9. Ein Hund, welcher einen Büffel an der Nase zum Stellen bringen will, wird daher sofort zermalmt. Wir müssen uns indessen erinnern, dass der italienische Büffel schon seit langer Zeit domesticirt worden ist, und es ist durchaus nicht gewiss, ob die wilde elterliche Form ähnlich geformte Hörner besessen hat. Mr. Bartlett theilt mir mit, dass, als eine Kap-Büffelkuh (Bubalus cafferj mit einem Bullen derselben Species in eine Umzäunung gebracht wurde, sie ihn angriff und er sie wiederum, mit grosser Heftigkeit herumtrieb. Mr. Bartlett sah aber offenbar, dass wenn der Bulle nicht eine würdige Nachsicht gezeigt hätte, er sie durch einen einzigen Stoss mit seinen ungeheuren Hörnern leicht hätte tödten können. Die Giraffe braucht ihre kurzen mit Haaren überzogenen Hörnor, welche beim Männchen im Ganzen etwas länger sind, als beim Weibchen, in einer merkwürdigen Weise; sie schwingt mit ihrem langen Halse den Kopf nach beiden Seiten, beinahe umgekehrt, mit der Oberseite nach abwärts, und zwar mit solcher Kraft, dass ich selbst eine harte Planke gesehen habe, die durch einen einzigen Schlag tiefe Eindrucke erhalten hatte.
In Bezug auf die Antilopen ist es zuweilen schwierig sich vorzustellen, wie sie ihre merkwürdig geformten Hörner möglicherweise benutzen können. So hat der Springbock (Antilope eiirhore) ziemlich kurze aufrechte Hörner, rderen scharfe Spitzen beinahe rechtwinkelig nach innen gebogen sind, so dass sie einander gegenüberstehen. Mr. Bartlett weiss nicht wie sie benutzt werden, vermuthet aber, dass sie eine fürchterliche Wunde auf jeder Seite des Gesichts eines etwaigen Gegners herbeiführen könnten. Die leicht gebogenen Hörner des Oryx
19 Mr. E. M. Bailly, sur Tusage des cornes etc. in: Annal. des Sciences natur. Tom. II. 1824, p. 360.
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Cap. 17. Gesetz des Kampfes, 221
leueoryx (Fig. Gl) sind nach hinten gerichtet und sind von solcher Länge, dass ihre Spitzen über die Mitte des Kückens nach hinten reichen über welchem sie in einer fast parallelen Linie stellen. Hiernach
Fig. fil. Ort/r leucoryz, Männchen. (Xacli der Knowsley-Menagerie.)
scheinen sie für einen Kampf eigenthümlich schlecht angepasst zu sein. Aber Mr. P>artlett theilt mir mit, dass wenn zwei dieser Thiere sich zum Kampfe vorbereiten, sie niederknieen und ihren Kopf zwischen die Vorderfüsse nehmen; bei dieser Haltung stehen dann die Hörner beinahe parallel und dicht am Boden, mit den Spitzen nach vorn und ein wenig nach aufwärts gerichtet. Die Kämpfer nähern sich nun allmählich und versuchen die umgewendete Spitze ihrer Hörner unter den Körper des Gegners zu bringen. Gelingt dies einem, so springt er plötzlich auf und wirft zu derselben Zeit seinen Kopf in die Höhe, wodurch er seinen Gegner verwunden oder selDst durchbohren kann. Beide Thiere knieen immer nieder, um sich so weit als möglich gegen dieses Manöver zu schützen. Man hat selbst berichtet, dass eine dieser Antilopen ihre Hörner mit Erfolg selbst gegen einen Löwen benutzt hat. Weil sie aber gezwungen ist, den Kopf zwischen die Vorderbeine zu bringen, um die Spitzen ihrer Hörner nach vorwärts gerichtet zu halten, so wird sie sich meist in grossem Kachtheile finden, wenn sie von irgend einem anderen'Thiere angegriffen wird. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Hörner zu ihrer jetzigen grossen Länge und eigenthümlichen Stellung zum Zwecke des Schutzes gegen Banbthiere gebracht worden sind. Wir können indessen sehen, dass, sobald irgend ein alter männlicher Urerzeuger des Onjx massig lange und ein wenig nach rückwärts geneigte Hörner erlangt hatte, er in seinen Kämpfen mit Nebenbuhlern
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gezwungen gewesen sein wird, seinen Kopf etwas nach innen und abwärts zu beugen, wie es jetzt gewisse Hirsche thun, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er dabei auch die Gewohnheit zuerst gelegentlich und spater regelmässig niederzuknien erlangt haben kann. In diesem Falle ist es beinahe sicher, dass diejenigen Männchen, welche die längsten Hörner besassen, einen grossen Vortheil vor den anderen, mit kürzeren Hörnern voraus gehabt haben werden, und dann werden die Hörner durch geschlechtliche Zuchtwahl allmählich immer länger und länger geworden sein, bis sie ihre jetzige ausserordentliche Länge und Stellung erreichten.
Bei Hirschen vieler Arten bietet das Verzweigen des Geweihes einen merkwürdigen Fall von Schwierigkeit dar, denn sicher würde eine einfache gerade Spitze eine viel ernstlichere Wunde beibringen, als mehrere auseinandergehende Spitzen. In Sir Philipp Egerton's Museum findet sich ein .Geweih des Edelhirsches (Cermts elaphus) dreissig Zoll lang mit „nicht weniger als fünfzehn Enden oder Zweigen" ; und in Moritzbnrg ist noch jetzt das Geweihepaar eines Edelhirsches aufgehoben, welchen im Jahre 1699 Friedrich L schoss, von denen die linke Stange die erstaunliche Zahl von dreiunddreissig Enden trug. Kichardson bildet ein Geweihe des wilden Renthiers ab mit neunundzwanzig Enden 'i0. Nach der Art und Weise, in welcher das Geweihe verzweigt ist, und noch besonders weil man weiss, dass Hirsche gelegentlich so mit einander kämpfen, dass sie mit ihren Vorderfüssen stossen21, kam Mr. Bailly zu dem Schlüsse, dass ihre Geweihe mehr von Nachtheil als von Nutzen für sie seien. Aber dieser Schriftsteller übersieht die ausgemachten Kämpfe zwischen rivalisirenden Männchen. Da ich mich in Bezug auf den Gebrauch oder den Vortheil der Enden in ziemlicher Verlegenheit befand, wendete ich mich an Mr. M'Nkill, von Colinsay, welcher das Leben des Edelhirsches lange und sorgfältig beobachtet hat, und er theilte mir mit, dass er niemals eines der
2,1 Owen, über das Geweihe des Edelhirsches s. dessen British Fossil Mam-mals, 184G, p. 478; Korest Qreatures by Charles Bon er, 1861, p. 76, 62. Kichardson, über das Geweihe des Renthiers in seiner Fauna Bor. Americana, 1829, j>. 240. (Die rechte Stange des Moritzburger Hirsches hat 27 Enden. C.)
21 Hon. J. D. Ca ton (Ottawa Acad. of Natur. Science, May, 1868, p. 9) sagt, dass der amerikanische Hirsch mit seineu Vorderbeinen kämpft, nachdem „die Frage der Superiorität einmal ausgemacht und in der Heerde anerkannt wor-„den ist". Bailly, sur l'nsage des cornes, in: Aunales des scienr. natur. Tom. IL 1824, p. 371
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Cap. 17.
Gesetz dos Kampfes.
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Enden in Thätigkeit gebracht gesehen, habe, dass aber die Augensprossen, weil sie sich nach abwärts neigen, für die Stirn ein bedeutender Schutz sind und dass ihre Spitzen gleichfalls beim Angriff gebraucht werden. Auch Sir Philipp Egertox tlieilt mir sowohl in Bezug auf Edelhirsche als auf den Damhirsch mit, dass wenn sie kämpfen, sie plötzlich an einander fahren und, ihr Geweihe gegen den Körper des andern gedrückt, einen .verzweifelten Kampf beginnen. Wenn einer der Hirsche zuletzt gezwungen wird nachzugeben und sich umzuwenden, so versucht der Sieger seine Augensprossen in den besiegten Feind eiuzustossen. Es erscheint hiernach als ob die oberen Enden hauptsächlich oder ausschliesslich zum Stossen oder Vertheidigen benutzt werden. Nichtsdestoweniger werden bei einigen Species auch die oberen Enden als Angrifl'swalt'en benutzt. Als in JuiiiiE Caton's Park in Ottawa ein Mann von einem Wapiti-Hirsche (GVwws* catuukmsia) angegriffen wurde und mehrere Leute ihn zu befreien versuchten, „erhob der Hirsch seinen Kopf nicht von dem -Boden; in der That, er hielt sein Gesicht beinahe platt auf der Erde, .mit seiner Nase.fast zwischen seinen Vorderfüssen, ausgenommen, wenn „er seinen Kopf na.ch einer Seite drehte, um eine neue Beobachtung als „ Vorbereitung zu einem Angriffe zu machen". In dieser Stellung waren die Endspitzen des Geweihes gegen seine Gegner gerichtet. „Beim „Drehen des Kopfes erhob er ihn nothwendiger Weise etwas, weil sein „Geweihe so lang war, dass er den Kopf nicht drehen konnte,' ohne .dasselbe auf der einen Seite etwas zu erheben, während es auf der „andern Seite den Boden berührte". Der Hirsch trieb auf diese Weise allmählich die Gesellschaft, die zu Hülfe kam, zurück auf eine Entfernung von hundertfünfzig bis zweihundert Fuss und der angegriffene Mann wurde getödtet 2-.
Obgleich die Geweihe der Hirche wirksame Waffen sind, so kann, wie ich glaube, darüber kein Zweifel sein, dass eine einzige Spitze viel gefährlicher gewesen wäre, als ein verzweigtes Geweihe und Judue Catox, welcher grosse Erfahrungen mit Hirschen gemacht hat, stimmt vollständig mit diesem Schlüsse überein. Es scheinen auch die verzweigten Geweihe, obgleich sie als Vertheidigungsmittel gegen Neben-bublerhirsche von hoher Bedeutung sind, zu diesem Zwecke nicht vollkommen angepasst zu sein, da sie leicht in einander verfangen werden. Mir ist daher die Vermuthung durch den Sinn gegangen, dass sie zum
-2 s. eine äusserst interessante Schilderung in dein Appendix zu dem olien citirten Aufsätze des Hon. J. I). Ca ton.
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224 Geschlechtliche Zuchtwahl r.Siuigcthiere. II. Theil.
Tlicil als Zieratlien von Nutzen .sein könnten. Dass das verzweigte Geweihe von Hirschen, ebenso wie die eleganten leierförmigen Hörner gewisser Antilopen (Fig. 62) für unsere Augen ornamental sind, wird Niemand bestreiten können. Wenn daher die Geweihe, wie die glänzenden Rüstungen der Ritter älterer Zeiten die edle Erscheinung von Hir-
Fig. dl. Strepsiceros Kucfu (n.aoh Sir Androw Smi tli's Zoology of South Afvica).
sehen und Antilopen erhöhen, so können sie wohl zum Theil für diesen Zweck modificirt worden sein, wenn sie auch hauptsächlich zum facti-schen Dienste im Kampfe bestimmt sind. Ich habe aber zu Gunsten dieser Amiahme keine Belege.
Neuerdings ist ein interessanter Fall veröffentlicht worden, nach welchem es scheinen möchte, als würden die Geweihe eines Hirsches in einem Districte der Vereinigten Staaten noch jetzt durch geschlechtliche und natürliche Zuchtwahl modificirt. Ein Schriftsteller erzählt in einem
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Cap. 17. fiesetz des Kampfes. 220
ansgezeiclnielen amerikanischen Journale -:i, dass er in den letzten einundzwanzig Jahren in den Aclirondsusks gejagt habe, wo der Cenms rirginhtmts häufig ist. ^Ungefähr vor vierzehn Jahren hörte er zuerst von Spitzhornböcken (xpikc-hon)-lmrlin). Diese wurden von Jahr zu Jahr häufiger, ungefähr vor fünf. Jahren sclioss er einen, später dann noch einen andern, und jetzt werden sie häufig getödtet. „Das Spitzhorn , weicht bedeutend von dein gewöhnlichen Geweihe des C. rirgiuiaiiiis „ab. Es besteht aus einer einzigen Spitze, welche schlanker als die .Stange und kaum halb so lang ist, von der Stirn nach vom vor-„springt und in eine sehr scharfe Spitze endigt. Es gibt dem Männchen, „welches es besitzt, einen beträchtlichen Vortheil vor dem gewöhnlichen „Hirsche. Ausser dem Umstände, dass es in den Stand gesetzt wird „schneller durch die dichten Wälder und das üntergehölz zu laufen „(und jeder Jäger weiss, dass Hirschkühe und einjährige Hirsche viel „schneller als die grossen Hirsche laufen, wenn diese mit ihren umfänglichen Geweihen beschwert sind), ist auch das Spitzhorn eine wirksamere Waffe als das gewöhnliche Geweih. Mit diesem Vortheile „ausgerüstet gewinnen die Spitzhornböcko über die gemeinen Hirsche „einen Vortheil und können im Laufe der Zeit dieselben in den Adiron-„dacks vollständig verdrängen. Zweifellos war der erste Spitzhornbock „bloss ein zufälliges Natnrspiel; aber seine Spitzhörner gaben ihm einen „Vortheil und befähigten ihn, seine Eigenthümlichkeit fortzupflanzen. „Seine Nachkommen haben einen gleichen Vortheil und haben die Eigentümlichkeit in einem beständig zunehmenden Verhältnisse fortgepflanzt, „bis sie langsam die mit Geweihen ^ersehenen Hirsche aus den von .ihnen bewohnten Gegenden vertreiben."
Männliche Säugethiere, welche mit Stosszähnen versehen sind, gebrauchen dieselben auf verschiedene Weise, in derselben Art wie Hörner. Der Eber stösst seitwärts und aufwärts, das Moschusthier mit bedenklicher Wirkung abwärts24; trotzdem das Walross einen so kurzen Hals und einen so ungelenken Körper hat, kann es doch mit gleicher Geschicklichkeit entweder „nach oben oder nach unten oder nach beiden „Seiten hin stossen" 25. Wie mir der verstorbene Dr. Fai'coner mitge-theilt hat, kämpft der indische Elephant je nach der Stellung und Krümmung seiner Stosszäline auf verschiedene Weise. Wenn sie nach «
23 The American Naturalist, Dec. 18(>9, p. 552. ** Pallas, Spicilegia zoologica. Fase. XIII. 177!;), p. 18. » iä Lamout, Scasons with the Sea-Ilorses. 1801, p. 141.
LUKWI.V, Abstammung. IT. Zweite Auflage. 15
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OOß Geschlechtliche Zuchtwahl: Sängcthiere. II. Thoil.
vorn und nach oben gerichtet sind, so ist er im Stande, einen Tiger eine grosse Strecke weit fortzuschleudern; man sagt selbst bis dreissig Fuss; wenn sie kurz und nach abwärts gewendet sind, sucht er den Tiger plötzlieh auf den Boden zu bohren und ist desshalb in diesem Falle dem Reiter gefährlich, welcher leicht aus seinem Hudah herabgeschleudert wird 26.
Sehr wenige männliche Säugethiere besitzen Waffen zweier verschiedener Arten, welche zum Kampfe mit rivalisirenden Männehen speciell angepasst sind. Der männliche Muntjac (Cerailus) bietet indessen eine Ausnahme dar, da er sowohl mit Hörnern -als hervorragenden Eckzähnen versehen ist. Es ist aber die eine Form von Waffen häufig im Laufe der Zeiten durch eine andere ersetzt worden, wie wir aus dem was folgt schliessen können. Bei Wiederkäuern steht die Ent-wickelung von Hörnern allgemein im umgekehrten Verhältnisse zu den selbst nur massig entwickelten Eckzähnen. So sind Kameele, Guanacos, Zwerghirsche und das Moschusthier hornlos, dagegen haben sie wirksame Eckzähne. Es sind diese Zähne ,immer bei den Weibchen von „geringerer Grösse als hei den Männchen." Die Cameliden haben in ihrem Oberkiefer ausser den ächten Eckzähnen noch ein Paar eckzahn-förmige Schneidezähne 27. Andrerseits besitzen männliche Hirsche und Antilopen Hörner, wogegen sie selten Eckzähne haben, und wenn solche vorhanden sind, sind sie immer von geringerer Grösse, so dass es zweifelhaft ist, ob sie den Thieren in ihren Kämpfen von irgend welchem Nutzen sind. Bei Antilope möiitana sind sie nur als Rudimente beim jungen Männchen vorhanden und verschwinden, wenn dasselbe alt wird; und beim Weibchen fehlen sie auf allen Altersstufen. Man hat aber in Erfahrung gebracht, dass die Weihchen gewisser anderer Antilopen und Hirsche gelegentlich Rudimente dieser Zähne darbieten 2S. Hengste
26 s. auch Corse (Philosoph. Transact. 1799, p. 212) über ilie Art und Weise, in welcher die Mooknah-Varietät des Elephanten mit kurzen Stosszähneii andere Elephanten angreift.
27 Owen, Anatomy of Vertcbrates. Vol. III, p. 349.
28 s. Rüppell iu: Proceeil. Zoolog. Soc, Jan. 12, 1830, p. 3, über die Eckzähne hei Hirschen und Antilopen mit einer Anmerkung von Mr. Martin über einen weiblichen amerikanischen Hirsch, s. auch Falcouer, Palaeontol. Me-moirs and Notes, Vol. I. 1808, p. 576 über Eckzähne bei einem weiblichen erwachsenen Hirsch. Bei alten Mänuchcn des Moschnsthiercs wachsen die Eckzähne zuweilen (s. Pallas, Spicileg. Zoolog. Fase. XIII. 1779, p. IS) zu einer Länge von drei Zollen ans, während bei alten Weibchen ein Rudiment davon kaum einen halben Zoll über das Zahnfleisch vorspringt.
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Cap. 17. Gesetz des Kampfes. 227
haben kleine Eckzähne, welche bei der Stute entweder vollständig fehlen oder rudimentär sind. Sie scheinen aber nicht bei den Kämpfen benutzt zu werden, denn Hengste beissen mit ihren Schneidezähnen und öffnen das Maul nicht weit, wie die Karneole und Guanacos. Wo nur immer das erwachsene Männchen Eckzähne gegenwärtig in einem unwirksamen Zustande besitzt, während das Weibchen entweder keine oder bloss Kndimento davon hat, da können wir schliessen, dass der frühere männliche Urorzeuger der Species mit wirksamen Eckzähnen versehen war, welche zum Theil auf die "Weibchen übertragen worden sind. Die Verkümmerung dieser Zähne bei den Männchen scheint die Folge irgend einer Veränderung in ihrer Art zu kämpfen gewesen zu sein, häufig durch die Entwickelung neuer Waffen verursacht, was indessen beim Pferde nicht der Fall ist.
Stosszähne und Hönier sind offenbar für ihre Besitzer von grosser Bedeutung, denn ihre Entwickelung consnmirt viel organische Substanz. Ein einziger Stosszahn des asiatischen Elephaiiten — eines der ausgestorbenen wollhaarigen Species — und des afrikanischen Elephaiiten hatv wie man in einzelnen Fällen erfahren hat, bis hundertfünfzig, hnn-dertsechzig und hundertachtzig Pfund beziehentlich gewogen und einige Schriftsteller haben selbst noch grössere Gewichte angeführt 29. Bei Hirschen, bei welchen die Geweihe periodisch ernenert werden, muss der Einfluss auf die Constitution noch bedeutender sein. So wiegt das Geweih /,. B. des Orignal oder Musthiers von fünfzig zu sechzig Pfund und das des ausgestorbenen irischen Kiesenhirsches von sechzig bis zu siebenzig Pfund, während der Schädel des Letzteren im Mittel nur fünf nnd ein Viertelpfund wiegt. Obgleich die Höraer bei Schafen nicht periodisch erneuert werden, so führt nach der Meinung vieler Land-wirthe ihre Entwickelung doch einen wesentlichen Verlust für den Züchter herbei. Ueberdies sind Hirsche bei iltrer Flucht vor Kaub-thieren mit einem den Wettlanf noch erschwerenden Extragewicht beladen und werden beim Durchlaufen waldiger Gegenden bedeutend aufgehalten. Das Orignal z. B., dessen Geweihe von Spitze zu Spitze fünf und einen halben Fnss misst, und welches in seinem Gebrauche so geschickt ist, dass es nicht einen einzigen todten Zweig berühren oder abbrechen wird, wenn es ruhig gellt, kann nicht so geschickt sich benehmen, wenn es vor einem Elidel "Wölfe flieht. „Während des Laufes
22 Emerson Tonnen*, Ceylon, 1859. Vol. II, p. 275. Owen, British Fossil Mamuials, 184G, p. 245.
15*
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228 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
„hält es seine Käse empor, so dass es das Geweih horizontal zurückliegt und in dieser Stellung kann es den Boden nicht deutlich sehen" :i0. Die Spitzen des Geweihes des grossen irischen Kiesenhirsches standen factisch acht Fuss aus einander! So lange das Geweih mit Bast überzogen ist, was bei dem Edelhirsche ungefähr zwölf Wochen lang dauert, ist dasselbe äusserst empfindlich für Stösse, so dass in Deutschland die Hirsche um diese Zeit ihre Lebensart in einer gewissen Ausdehnung ändern und dichtere Wälder vermeiden, dagegen junges Gehölz und niedrige Dickichte aufsuchen31. Diese Thatsachen erinnern uns daran, dass männliche Vögel ornamentale Federn auf Kosten einer Verlang-samiing des Flugvermögens und andere Zierathen auf Kosten eines Verlustes ihrer Kraft beim Kämpfen mit rivalisirenden Männchen erlangt haben.
Wenn bei Säugethieren, wie es häufig der Fall ist.' die Geschlechter in der Grösse verschieden sind, so sind, wie ich glaube, die Männchen immer grösser und kräftiger. Dies gilt, wie mir Mr. Gould mitge-theilt hat, in einer sehr ausgesprochenen Weise für die Beutelthiere von Australien, deren Männchen bis in ein ungewöhnlich hohes Alter fortgesetzt zu wachsen scheinen. Aber der ausserordentlichste Fall ist der von einer Robbe CCallorltinus ursimis), bei welcher ein ausgewachsenes Weibchen ein Sechstel weniger wiegt als ein ausgewachsenes Männchen s2. Die bedeutendere Kraft des Männchens wird, wie schon vor längerer Zeit Hunter bemerkte '3, ausnahmslos in denjenigen Thei-len des Körpers entfaltet, welche bei den Kämpfen mit rivalisirenden Männchen in Thätigkeit treten, z. B. in dem massiven~Nacken des Bullen. Auch sind männliche Säugethiere muthiger und kampfsüchtiger als die Weibchen. Es lässt sich wenig zweifeln, dass diese Charactere theilweise durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, in Folge einer Eeihe von Siegen »auf Seiten der kräftigeren und muthigeren Mämi-
m Richardson, Fauna Boreali-Americana, über das Orignal, 'Aiees pM-mata, p. 236, 237; über die Ausbreitung der Hörner s. auch Land aud Water, 1869, p. 143. s. über den irischen Itiesenbirsch auch Owen, British Fossil Mam-mals, p. 447, 455.
31 Forest Creatures, by C. Boner, 1861, p. 60.
32 s. den sehr interessanten Aufsatz von Mr. J. A. Allen in: Bullet. Museum Compar. Zoology of Cambridge, Mass. United States, Vol. 11. No. 1, p. 82. Die Gewichte wurden von einem sorgfältigen Beobachter, 'Capt. Bryaiit, ermittelt.
;tJ Animal Kconomy, p. 45.
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Cap. 17.
Bedeutenden1 Grösse des Männchens.
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eben über die schwächeren, und zum Theil durch die vererbten Wirkungen des Gebrauches. Wahrscheinlich sind die auf einanderfolgen-den Abänderungen in dem Maasse der Kraft, Grösse und des Muthes, durch deren Anhäufung männliche Sihigethiere diese eharacteristischen Eigenschaften erlangt haben, mögen sie nun Folge einer sogenannten spontanen Variabilität oder der Wirkungen des Gebrauchs seiu, im Ganzen spät im Leben erschienen und sind in Folge hiervon in einem beträchtlichen Grade rücksichtlich ihrer Ueberlieferung auf dasselbe Geschlecht beschränkt worden.
Von diesem Gesichtspunkte aus war ich bemüht, mir Mittheilungen in Bezug auf den schottischen Hirschhund zu verschaffen, dessen Geschlechter mehr in der Grösse von einander verschieden sind, als die irgend einer andern Rasse (obgleich Bluthunde beträchtlich verschieden sind) oder auch als die Geschlechter irgend einer wilden mir bekannten Species von Caniden. Ich wandte mich daher an Mr. Cupples, einen wohlbekannten Züchter dieser "Rasse, welcher viele seiner eigenen Hunde gewogen und gemessen und welcher die folgenden Thatsachen aus verschiedenen Quellen mit grosser Freundlichkeit für mich zusammengetragen hat. Vorzügliche männliche Hunde sind, an der Schulter gemessen, von achtundzwanzig Zollen, was für niedrig gilt, bis dreiunddreissig Zoll hoch und wiegen von achtzig Pfand, was für leicht gilt, bis hundertund-zwanzig oder selbst noch mehr Pfund. Die Weibchen sind von drei-nndzwanzig bis siebenundzwanzig oder selbst achtundzwanzig Zoll hoch und wiegen von fünfzig bis siebenzig oder selbst achtzig Pfund 3i. Mr. Cupples schliefst, dass von fünfundneunzig bis hundert Pfund für's Männchen und siebenzig Pfund für das Weibchen ein richtiges Mittel ist. Aber es ist Grund zur Vermuthiing vorhanden, dass früher beide Geschlechter ein beträchtlicheres Gewicht erreichten. Mr. Cupples hat junge Hunde gewogen, als sie vierzehn Tage alt waren. Unter einem Wurfe betrug das mittlere Gewicht von vier Männchen sechs und eine halbe Unze mehr als das zweier "Weibchen. In einem anderen Wurfe übertraf das mittlere Gewicht von vier .Männchen das von einem Weib-
34 s. auch Kichardson, Manual on the T*og, p. .">!). Viele werthvolle Mit-theilungen über den schottischen Hirschhund hat Mr. M'Neill, welcher zuerst die Aufmerksamkeit auf die Ungleichheit der Geschlechter lenkte, in Scrope's Art of Deer Stalking gegeben. Ich hoffe, Mr. Cupples führt sein Vorhaben aus, eine ausführliche Schilderung und Geschichte dieser berühmten Rasse zu veröffentlichen.
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23() Geschlechtlich« Zuchtwahl: Säiigelliiere. II. Theil.
chen um weniger als eine halbe Unze. Als dieselben Männchen drei Wochen alt waren, übertrafen sie das Weibchen um sieben und eine halbe Unze und im Alter von sechs Wochen um nahezu vierzehn Unzen. Mr. Wright von Yelderslcyhouse sagt in einem Briefe an Mr. Cüi'ples: „ich habe mir über die Grösse und das Gewicht junger Hunde „aus vielen Würfen Notizen gemacht und soweit meine Erfahrung „reicht, sind männliche junge Hunde der Kegel nach sehr wenig von „weiblichen verschieden bis sie ungefähr fünf oder sechs Monate alt „sind; dann langen die männlichen an zuzunehmen, wobei sie die weiblichen sowohl an Gewicht als Grösse übertreffen. Bei der Geburt und „mehrere Woche nachher kann ein weiblicher junger Hund gelegentlich grösser sein als irgend einer der männlichen, aber sie werden „ausnahmslos später von letzteren geschlagen". Mr. M'Neiu, von Colinsav kommt zu dem Schliisse, „dass die Männchen ihre volle Grösse „nicht eher erhalten, als bis sie über zwei Jahre alt sind, dass aber „die Weibchen sie, früher erreichen", Nach Mr. Cupples' Erfahrung fahren männliche Hunde an Grösse zuzunehmen fort, bis sie von zwölf bis achtzehn Monate und an Gewicht bis sie von achtzehn zu vier-nndzwanzig Monate alt sind, während die Weibchen in Bezug auf die Grösse im Alter von nenn bis vierzehn oder fünfzehn Monaten und in Bezug auf das Gewicht im Alter von, zwölf bis fünfzehn Monaten zuzunehmen aufhören. Nach diesen verschiedeneu Angaben ist es klar, dass die völlige Verschiedenheit in der Grösse zwischen dem weiblichen und männlichen schottischen Hirschhund nicht eher erreicht wird als spät im Leben. Die Männchen werden fast ausschliesslich zum Jagen benutzt; denn wie mir Mr. M'Xeill mittheilt, haben die Weibchen nicht hinreichende Kraft und nicht hinreichendes Gewicht einen ausgewachsenen Hirsch niederzuziehen. Nach den in alten Legenden angeführten Namen scheint es, wie ich von Mr. Ci'pples höre, als wären in einer sehr alter Zeit die Männchen die gefeiertsten gewesen, da die Weibchen nur als die Mutter berühmter Hunde erwähnt werden. Seit vielen Generationen ist es daher das Männchen gewesen, welches hauptsächlich auf seine Kraft, Grösse, Flüchtigkeit Tind seinen Muth geprüft worden ist, und von den besten derselben ist dann weitergezüchtet worden. Da indessen die Männchen ihre gehörigen Dimensionen nicht eher als in einer im Ganzen späteren Lebensperiode erreichen, so werden sie in Uebereinstiuunung mit dein oft angedeuteten Gesetze dazu
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Cap. 17.
VertheidiginigsmiUel.
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geneigt haben, ihre Charactere allein ihren männlichen Nachkommen zu überliefern, und hierdurch lässt sich wahrscheinlich die bedeutende Ungleichheit in der Grösse zwischen den Geschlechtern des schottischen Hirschhundes erklären.
Die Männchen einiger weniger Vierfiisser besitzen Organe oder Theilc, welche allein als 'Mittel der Vertheidigung gegen die Angriffe anderer Männchen entwickelt werden. Einige Arten von Hirschen brauchen, wie wir gesehen haben, die oberen Enden ihres Geweihes hauptsächlich oder ausschliesslich um sich zu vertheidigen; und die Oryx-Antilopc vertheidigt sich, wie mir Mr. Bautlett mitgetheilt hat, äusserst geschickt mit ihren laugen leicht gebogenen Hörnern; doch werden diese gleichfalls als AugriH'sorgane gebraucht. Khinocerosse parken im Kampfe, wie mir derselbe Beobachter mittheilt, ihre gegenseitigen, von der Seite beigebrachten Hiebe mit ihren Hörnern, welche dabei laut zusammenschlagen, wie es die Stosszähiie der Eber thun. Obgleich wilde Eber verzweifelt mit einander kämpfen, erhalten sie der Angabe Bkehji's zufolge selten tödtliche Streiche, da diese meist auf die Stosszähiie des Gegners oder auf die Schicht von derber speckiger Haut fallen, welche die Schulter bedeckt und welchen die deutschen Jäger das -Schild nennen; und hier haben wir einen Theil, der speciell zur Vertheidigung modificirt ist. Bei Ebern in der Blüthe ihrer Jahre (s. Eig. 63) werden die Stosszähiie in der Unterkinnlade zum Kämpfen benutzt; sie werden aber im hohen Alter, wie BreHm anführt, so bedeutend nach innen und oben über die Schnauze gekrümmt, dass sie nicht länger hierzu benutzt werden können. Sie können
indes s noch immer und selbst in einer
«
noch wirksameren Weise als Verthei-digungsmittel von ^ Nutzen sein. Zur Gompensation für den Verlust der untern Stosszähiie als Waffen Zlini Allgrift I'^S- *>3. Kopf des gemeinen wilden Ebers ..^1.,,,^, ,.t.-;"U«„«;1 1,. i-i *ii auf der Hohe des Lebens mach B r e h m.
nehmen wahrend des höheren Alters ThLerieben). diejenigen des Oberkiefers, welche immer
ein wenig seitwärts vorspringen, so bedeutend an Länge zu und krummen sich so bedeutend aufwärts, dass sie als Angriffsmittel gebraucht werden können. Nichtsdestoweniger ist ein alter Eber nicht so ge-
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232 Geschlechtliche Zuchtwahl: Süugetliicre. II. Theil.
fährlich für den Menschen, als einer im Alter von sechs oder sieben Jahren 35.
Beim ausgewachsenen männlichen Iiabymssa-Schwein von Celebes (Fig. ti4) sind die unteren Stosszähne fürchterliche Waffen, gleich denen der europäischen Ebers in der Blüthe seines Lebens, während die oberen Stosszähne so hing sind und so bedeutend nach innen gekrümmte Spitzen
Fig. 64. Schädel des Uabyrussa-Schweins (nach Watlace, Malay Archipplaso).
haben, wobei diese zuweilen selbst die Stirne berühren, dass sie als Angriffswaffen völlig nutzlos sind. Sie sind Hörnern viel ähnlicher als Zähnen und sind offenbar als Zähne so nutzlos, dass man früher geradezu annahm, das Thier ruhe «einen Kopf in der Weise aus, dass es denselben mit den Zähnen an einen Zweig hänge. Ihre convexen Oberflächen dürften indessen, wenn der Kopf ein wenig seitwärts gehalten wird, als ein ausgezeichnetes Vertheidigungsmittel dienen, und daher kommt es vielleicht, dass sie bei älteren Thieren „meist abgebrochen sind, wie „in Folge, eines Kampfes"36. Wir haben daher den merkwürdigen Fall hier vor uns, dass die oberen Stosszähne des Bab)7russa regelmässig
:t5 Brehm, lllustrirtes Thierleben. 2. Bd. S. 720, 732, w s. Mr. Wallace's interessante Schilderung dieses Tliieres in: The Malay Archipelago, 1809. Vol. I. p. 135.
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Cap. 17. Yertlieiiliguugsmittel. 233
während der Bliithe des Lebens eine Bildung- annehmen, welche sie dem Anscheine nach nur zur Verteidigung geschickt macht, während beim europäischen Eber die unteren und entgegengesetzten Stosszähne in einem niederen Grade und nur während des hohen Alters nahezu dieselbe Form annehmen und dann in einer gleichen Art nur zur Verteidigung dienen.
Beim Warzenschweine (l'liacoclioerus uethiopicus, Fig. 65) krümmen sich die Stosszähne im Oberkiefer des Männchens während der Bliithe des Lebens nach oben und dienen, da sie zugespitzt sind, als
Fit,'. f>.i. Kopf des äthiopischen Warzenschweins nach den* IVoce-ed, Zoolog. ,Soc. IS()!>. (Ich finde
jetzt, dass diese Zeichnung den Kopl' eines Weibchens darstellt, sie zei^rt aher in verkleinertem
.Maassstalio die l'lvarai tcre des Männcdlunsl.
fürchterliche Waffen. Die Stosszähne in der unteren Kinnlade sind
*
schärfer als die in der oberen, aber wegen ihrer Kürze scheint es kaum möglich zu sein, dass sie als Angriffs wallen benutzt werden. Sie müssen indessen die des Oberkiefers bedeutend kräftigen, da sie so abgeschliffen sind, dass sie dicht gegen die Basis derselben einpassen. Weder die oberen noch die unteren Stosszähne scheinen speciell dazu modificirt worden zu sein, zur Abwehr zn dienen, obschon sie ohne Zweifel in einer gewissen Ausdehnung hierzu benutzt werden. Aber das Warzenschwein entbehrt anderer specieller Mittel zum Schutze nicht; denn es findet sich auf jeder Seite des Gesichts unterhalb der Augen ein im Ganzen steifes, indessen biegsames knorpeliges oblonges Kissen (Fig. 65), welches zwei oder drei Zoll nach aussen vorspringt; und als wir das lebende Thier beobachteten, schien es Mr. Bartxett und mir selbst als würden diese Kissen, wenn sie von einem Feinde mit seinen Stosszäh-nen von unten getroffen würden, nach aufwärts gewendet werden, wo-
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234 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. 11. Theil.
durch sie in einer wunderbaren Weise die etwas vorspringenden Augen beschützten. Wie ich noch nach der Autorität des Mr. Baktlett hinzufügen will, stehen sich diese Eber, wenn sie mit einander kämpfen, direct Gesicht zu Gesicht gegenüber.
Endlich besitzt das afrikanisch« Mussschwein (Potamochoents Penicillat us) einen „harten knorpeligen Höcker an jeder Seite des Gesichtes unterhalb der Augen, welcher dem biegsamen Kissen des Warzenschweins entspricht. Auch hat es zwei knöcherne Vorsprünge am Oberkiefer oberhalb der Nasenlöcher. Ein Eber dieser Art brach kürzlich im zoologischen Garten in den Käfig eines Warzenschweins ein. Sie kämpften die ganze Nacht durch und wurden am Morgen sehr erschöpft, aber nicht bedenklich verwundet, gefunden. *Es ist eine bezeichnende Thatsache, da es auf die Bedeutung der eben beschriebenen Vorspriinge und Auswüchse hinweist, dass dieselben mit Blut bedeckt und in einer ausserordentlichen Weise zerschrammt und abgerieben waren.
Die Mähne des Löwen bietet ein gutes Vertheidigungsmittei gegen die eine Gefahr dar, welcher er ausgesetzt, ist, nämlich gegen den Angriff von rivalisirenden Löwen. Denn, wie mir Sir. A. Smith mittheilt, gehen die Männchen die fürchterlichsten Kämpfe ein und ein junger Löwe wagt sich einem alten nicht zu nähern. Im Jahre 1857 brach ein Tiger in Broniwich in den Käfig eines Löwen ein, und nun folgte eine fürchterliche Scene: ,Die Mähne des Löwen wahrte seinen Hals „unil Kopf vor bedeutenden Verletzungen, dem Tiger gelang es aber „zuletzt seinen Leib aufzureissen"und in wenigen Minuten war er todt" 37. Der breite Kragen rund um den Hals und das Kinn dos canadischen Luchses (Felis eanadensis) ist beim Männchen viel länger als beim Weibchen; ob er aber als Vertheidigungsmittei dient, weiss ich nicht. Man weiss sehr wohl, dass männliche Robben verzweifelt mit einander kämpfen, und die Männchen gewisser Arten (Utaria jubata) 38 haben grosse Mähnen, während die Weibchen kleine oder gar keine haben. Der männliche Pavian vom Cap der guten Hoffnung (Cyiiocephalus porcarius) hat eine viel längere Mähne nnd grössere Eckzähne als das
3~ The Times, Nov. 10. 1857. In Bezug auf den canadischen Luchs s. Au-dubon und JBachmau, Quadrupeds of North America, 1810, p. 130. *
38 Dr. Murie, über Otitria in: Proceeil. Zoolog. Soc. 18G9, p. 109. In dem oben ritirten Aufsatze drückt Mr. J. A. A 11 en Zweifel aus (p. 75), ob das Haar, welches am Halse des Männchens länger ist als an dem des Weibchens, eine Mähne genannt zu werden verdient.
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Cap. 17.
Vertheidiguugsmittel.
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Weibchen, und die Mähne dient wahrscheinlich zum Schutze; denn als ich die Wärter im zoologischen Garten, ohne ihnen eine Andeutung des Zweckes meiner Frage zu geben, frug, ob irgend einer der Affen speciell den andern beim Nacken angriffe, wurde mir geantwortet, dass dies nicht der Fall sei, mit Ausnahme des eben erwähnten Pavians. Bei dem Hamadryas-Pavian vergleicht Ehrenbekg die Mähne des erwachsenen Männchens mit der eines jungen Löwen, während bei den Jungen beiderlei Geschlechtes und bei den Weibchen die Mähne fast vollständig fehlt.
Es schien mir wahrscheinlich zu sein, als diene die ungeheure wollige Mähne des männlichen amerikanischen Jiison, welche fast bis auf die Erde reicht und bei den Männchen viel mehr entwickelt ist als bei den Weibchen, denselben in ihren furchtbaren Kämpfen zum Schutze; aber ein erfahrener Jäger erzählte dem Jüdge Caton, dass er niemals irgend etwas beobachtet habe, was diese Annahme begünstige. Der Hengst hat eine dickere und vollere Maine als die Stute; ich habe nun besondere Erkundigungen bei zwei bedeutenden Trainers und Züchtern, welche viele Hengste in Verpflegung gehabt haben, eingezogen, und mir ist versichert worden, dass sie „ausnahmslos versuchen, einander beim Halse zu ergreifen". Es folgt indessen aus den vorstehenden Angaben nicht, dass, wenn das Haar arii Nacken als Vertheidi-gungsmittel dient, es ursprünglich zu diesem Zwecke entwickelt worden ist, obschon das in einigen Fällen, wie z. IL beim Löwen, wohl wahrscheinlich ist. Mr. M'Nrill hat mir mitgctheilt, dass die langen Haare an der Kehle des Hirsches (Cenvs elaphusj als ein bedeutender Schutz für ihn von Nutzeü sind, wenn er gejagt wird; denn die Hunde versuchen meist ihn bei der Kehle zu fassen. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass die Haare speciell für diesen Zweck entwickelt worden sind, denn andernfalls würden die Jungen und die Weibchen, wie wir wohl versichert sein können, in gleicher Weise geschützt worden sein.
Ucber die Vorliebe oder Wahl beim Paaren, wie sie sich bei beiden Geschlechtern der Säugethiere zeigt. — Ehe ich im nächsten Capitel die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern in der Stimme, dem von sich gegebenen Gerüche und der Verzierung beschreibe, wird es zweckmässig sein, liier noch zu betrachten, ob die Geschlechter bei ihren Verbindungen irgend eine Wahl ausüben. Zieht das AVeibchen irgend ein besonderes Männchen ehe oder nachdem die
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236 Geschlechtliche Zuchtwahl: Saiigethiere. II. Theil.
Männchen mit einander um die Oberherrschaft gekämpft haben, vor, oder wählt sich das Männchen wenn es nicht polygam lebt, irgend ein besonderes Weibchen ans? Der allgemeine Eindruck unter den Züchtern scheint der zu sein, dass das Männchen, jedes Weibchen annimmt, und dies ist wegen der Begierde des Männchens in den meisten Fällen wahrscheinlich richtig. Ob der allgemeinen Kegel nach das Weibchen, ganz indifferent jedes Männchen annimmt, ist viel zweifelhafter. Im vierzehnten Capitel, über die Vögel, wurde eine ziemliche Menge di-recter und indirecter Belege dafür beigebracht, zu zeigen, dass das Weibchen sich seinen Genossen wählt; und es würde eine befremdende Anomalie sein, wenn weibliche Säugethiere, welche in der Stufenreihe der Organisation noch höher stehen und höhere geistige Kräfte haben, nicht allgemein, oder mindestens häufig, eine gewisse Wahl ausüben sollten. Das Weibchen kann in den meisten Fällen entfliehen, wenn es von einem Männchen umworben wird, welches ihm nicht gefällt oder welches dasselbe nicht reizt; und wenn es, wie es so beständig vorkommt, von mehreren Männchen verfolgt wird, so wird es häufig die Gelegenheit -haben, während jene mit einander kämpfen, mit irgend einem Männchen sich zu entfernen oder sich mindestens zeitweise zu paaren. Dieser letztere Umstand ist in Schottland häufig bei weiblichen Hirschen beobachtet worden, wie mir Sir Philipp Egef>tox mitgeteilt hat :39.
Es ist kaum möglich viel darüber zu wissen, ob weibliche Säuge-thiere im Naturzustände irgend welche Wahl bei ihren hochzeitlichen Verbindungen ausüben. Die folgenden sehr merkwürdigen Einzelheiten über die Werbungen einer der Ohrenrobben, Callorhiuns ursiittts, werden hier nach der Autorität des Capt. Bryant mitgetheilt4", welcher reichliehe Gelegenheit zur Beobachtung hatte. Er sagt: ,viele von den -Weibchen scheinen bei ihrer Ankunft auf der Insel, wo sie sich paaren, „den Wunsch zu haben, zu irgend einem besonderen Männchen zurück-,zukehren und klimmen häufig auf vorliegende Felsen, um die ganze
:is Mr. B011 er sagt in seiner ausgezeichneten Beschreibung der Lebensweise des Edelhirsches in Deutschland (Forest Creatures, 1801, p. 81): „während der „Hirsch seine Hechte gegen einen fremden Eindringling vertheidigt, bricht ein „anderer in das Ileiligtlinm seines Harems ein und führt Trophäe nach Trophäe „fort". Genau dasselbe kommt bei Robben vor, s. Mr. J. A. AI l'en, a. a. 0. p. 100.
"> .Mr. ,1. A. Allen, in: Bullet. Museum Compar. Zoology of Cambridge, Mass. Vol. II. No. 1, p. D9.
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Oap. 17.
Vorlielie beim Paaren.
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,Versammlung zu übersehen, rufen laut und horchen, ob sie nicht eine „ihnen bekannte Stimme hören. Dann wechseln sie den Platz und
„wiederholet, dasselbe......Sobald ein Weibchen das Ufer erreicht,
„begibt sich das nächste Männchen hinab zu ihm und stösst während „der Zeit einen Laut ans, wie das Glucken einer Henne zu ihrem Küchlein. Es macht ihm Diener und stösst es bis es zwischen dasselbe „und das Wasser gelangt, so dass es nicht mehr entfliehen kann. Dann „ändert sich sein Benehmen und mit einem herrischen Brummen treibt „es dasselbe nach einer Stelle in seinem Harem hin.. Dies wird fort-,gesetzt bis die untere Beihe des Harems nahezu voll ist. Dann suchen „die höher hinauf befindlichen Männchen die Zeit aus, wenn ihre glücklicheren Nachbarn sich von der Wache entfernt haben, um sich ihre „Weiber zu stehlen. Dies thun sie so, dass sie dieselben in ihre Manier „nehmen, über die Köpfe der anderen Weibchen hinweghehen und sorgfältig in ihrem eigenen Harem niederlegen, ebenso wie Katzen ihre „Kätzchen tragen. Die Männchen noch weiter hinauf befolgen dieselbe „Methode, bis der ganze Baum eingenommen ist. Häufig erfolgt ein „Kampf zwischen zwei Männchen um den Besitz eines und des näm-,liehen Weibchens und beide ergreifen dasselbe zusammen und zerren „es entzwei oder verletzen es mit ihren Zähnen schauerlich. Ist der „Baum ganz erfüllt, dann geht das alte Männchen wohlgefällig umher, „überblickt seine Familie, schilt diejenigen aus, welche die anderen „drängen oder stören und treibt wüthend alle Eindringlinge fort. Die-„ses Ueberwachen hält es beständig in lebhafter Thätigkeit."
Da so wenig über die Werbungen der Thiere im Naturzustände bekannt ist, habe ich zu ermitteln versucht, in wieweit unsere dome-sticirten Säugethiere eine Wahl bei ihrer Verbindung treffen. Hunde bieten die beste Gelegenheit zur Beobachtung dar, da sie sorgfältig beobachtet und gut verstanden werden. Viele Züchter haben ihre Meinung über diesen Punkt sehr entschieden ausgedrückt. So bemerkt Mr. Mayhkw: „die Weibchen sind im Stande durch Zeichen ihre Zuneigung „kund zu geben, und zarte Aufmerksamkeiten haben so viel Gewalt über „sie, wie man es in anderen Fällen erfahren hat, wo noch höhere Thiere „in Betracht kommen. Hündinnen sind nicht immer klug in ihren „Liebschaften, sondern sind geneigt sich an Köter sehr 'niedrigen Grandes wegzuwerfen. AVerden sie mit einem Gefährten gemeinen An-.sehens erzogen, dann entsteht häufig zwischen dem Paare eine Hingebung, welche keine Zeit später wieder beseitigen kann. Die Leiden-
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238 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
„schaft, denn das ist es wirklich,* erhält eine mehr als romantische „Dauerhaftigkeit." Mr. Mathew, welcher seine Aufmerksamkeit hauptsächlich den kleineren Rassen zuwendete, ist überzeugt, dass die Weibchen von Männchen bedeutender Grösse sehr stark angezogen werden 4I. Der bekannte Veterinärarzt Dutke führt an 4'2, dass sein eigener weiblicher Mops einem Jagdhund so attachirt wurde und ein weiblicher Jagdhund einem Köter, dass sie in beiden Fällen nicht mit einem Hunde ihrer eigenen Rasse sich paaren wollten, bis mehrere Wochen verstrichen waren. Mir sind zwei ähnliche und zuverlässige Berichte in Bezug auf einen weiblichen Wasserhund und einen Jagdhund gegeben worden, welche beide in Pinscher verliebt wurden.
Mr. Cupples theilt mir mit, dass er persönlich für die Genauigkeit des folgenden noch merkwürdigeren Falles haften kann, in welchem ein werthvoller und wunderbar intelligenter Pinscher einen Wasserhund liebte, welcher einem Nachbar gehörte, und zwar in einem solchen Grade, dass er oft von ihm weggezogen werden musste. Nachdem sie dauernd getrennt waren, wollte der Pinscher, obwohl sich wiederholt Milch in seinen Zitzen zeigte, doch nie die Werbung irgend eines anderen Hundes annehmen und trug zum Bedauern seines Besitzers niemals Junge. Mr. Cupples führt auch an, dass ein weiblicher Hirschhund, der sich jetzt (1868) unter seiner Meute findet, dreimal Junge prodneirte, und bei jeder Gelegenheit zeigte er eine ausgesprochene Vorliebe für einen der grössten und schönsten, aber nicht den gierigsten unter vier Hirschlmnden, welche, siimmtlich in der Bliithe des Lebens, mit ihm lebten. Mr. Cupples hat beobachtet, dass das Weibchen allgemein einen Hund begünstigt mit dem es sich verbunden hat und welchen es kennt; seine Scheuheit und Furchtsamkeit lässt es anfangs gegen fremde Hunde eingenommen sein. Das Männchen scheint im Gegentheile eher fremden Weibchen geneigt zu sein. Es scheint selten zu sein, dass das Männchen irgend ein besonderes Weibchen zurückweist; doch theilt mir Mr. Wkight von Yeldersleyhonse, ein grosser Hundezüchter, mit, dass er einige Beispiele hiervon erfahren hat; er führt den Fall eines seiner eigenen FTirsclihunde an, welcher von einer besonderen weiblichen Dogge keine Notiz nehmen wollte, so dass ein anderer Hirschhund her-
41 Dogs: theil' Management, hy R. Mayhew, M. R. C. V. S., 2. eilit. 1804, p. 187-192.
" citirt vnn Alex. Walker, on Intevinarriage. 1838. p. 27fi. s. auch p. 244.
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Cap. 17.
Vorliebe zum Paaren.
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zugeholt werden musste. Es würde überflüssig sein noch andere Fälle anzuführen und ich will nur hinzufügen, dass Mr. Barr, welcher viele Bluthunde gezüchtet' hat, angibt, dass in beinahe jedem Beispiele besondere Individuen der beides Geschlechter eine ausgesprochene Vorliebe für einander zeigen. Nachdem endlich Mr. Cupht.es noch ein weiteres Jahr diesem Gegenstande seine Aufmerksamkeit zugewendet hat, hat er kürzlich an mich geschrieben: „Ich habe die volle Bestätigung „meiner früheren Angaben erhalten, dass Hunde, beim Paaren entschiedene Vorliebe für einander entwickeln, wobei sie häufig durch Grösse, „helle Farbe und individuelle Cbaractere ebenso wie durch den Grad ,ihrer früheren Vertraulichkeit beeinflusst werden'.
In Bezug auf Pferde theilt mir Mr. Bt.enkiron, der grösste Züchter von Rennpferden, mit, dass Hengste in ihrer Wahl häufig so launisch sind, dabei die eine Stute zurückweisen und ohne scheinbare Ursache eine andere annehmen, dass bestandig die verschiedensten Kunstgriffe angewendet werden müssen. So wollte z. B. der berühmte Mo-uarqne niemals mit Bewusstsein die Stute Gladiateur seines Blickes würdigen, und es musste ihm ein Streich gespielt werden. Wir können zum Theil den Grund sehen, warum werthvolle Reimpferdhengste, welche in solcher Nachfrage stehen, in ihrer Wahl so eigen sind. Mr. Bi/enk-iron hat nimals einen Fall erlebt, wo eine Stute einen Hengst zurückgewiesen hätte, doch ist dies in Mr. Wright's Stalle vorgekommen, so dass die Stute hier betrogen werden musste. Prosper Lucas citirt43 verschiedene Angaben von französischen Autoritäten und bemerkt: TUn voil des efalons. qiti s'cprennenl d'uue jiimenl ei neyli-„yeut toutes lex untres". Nach der Autorität von BaElen führt er ähnliche Thatsacheu in Bezug auf Bullen an. Bei der Beschreibung des domesticirten Reuthiers von Lapplaud sagt Hoffeerg: „Fenrime „majores et forliores mores prae reteris udmittnnt, ad eos confuyiunt. „rt jiaiiorihus agilalar. qui hos in füg am canjiciunt* 44. Ein Geistlicher, welcher viele Schweine gezüchtet hat, versichert mir, dass Sauen häufig einen Eber zurückweisen und unmittelbar darauf einen andern annehmen.
Nach diesen Thatsachen kann kein Zweifel sein, dass bei den meisten unserer domesticirten Säugethiere starke individuelle Anthipathien
43 Traitö de rHered. Natur. Tom. II. 1850, p. 290. " Amoenitates aeademicae, Vol. IV. 1788, p. Ißö.
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24(1 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugcthicre. IL Thcil.
und Vorlieben häufig gezeigt werden, und zwar gehr viel häufiger vom Weibchen als vom Männchen. Da dies der Fall ist, so ist es unwahrscheinlich , -dass die Verbindungen von Säugctbieren im Naturzustände dem blossen Zufalle überlassen sein sollten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Weibchen von besonderen Männchen angelockt oder gereizt werden, welche gewisse Charactere in einem höheren Grade besitzen als andere Männchen: welcher Art aber diese Oharacterc sind, können wir selten oder .niemals mit Sicherheit nachweisen.
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Achtzehntes Oapitel.
Secuutliire Sexualen araclere <ler Sängcthici'c (Fortsetzung).
Stimme. — Merkwürdige geschlechtliche Eigentümlichkeiten bei Robben. — Geruch. — Entwicklung des Haars. — Farbe des Haars und der Haut. — Anomaler Fall, wo das Weibchen mehr geziert ist als das Männchen. — Farbe und Schmuck Folgen geschlechtlicher Zuchtwahl. — Farbe zum Zwecke des Schutzes erlangt. — Farbe, wenn schon beiden Geschlechtern gemeinsam, doch häufig Folge geschlechtlicher Zuchtwahl. — Ueher das Verschwinden' von Flecken und Streifen bei erwachsenen Säugethieren. — Ueber die Farben und Zierathen der Quadrumanen. — Zusammenfassung.
Siiugctliiere brauchen ihre Stimmen zu verschiedenen Zwecken, zu Warnungsrufen, oder ein Glied einer Truppe ruft ein anderes an, oder eine Mutter ruft die von ihr verlorenen Jungen, oder die letzteren rufen nach ihrer Mutter um Schutz; aber derartige Benutzungen brauchen hier nicht betrachtet zu werden. Wir haben es hier nur mit der Verschiedenheit zwischen den Stimmen der beiden Geschlechter zu thun, z. B. zwischen der des Löwen und der Löwin oder des Bullen und der Kuh. Beinahe alle männlichen Säugetliierc brauchen ihre Stimmen viel mehr während der Brunstzeit als zu irgend einer anderen Zeit, und einige, wie die Giraffe und das 'Stachelschein l, sollen wie man sagt, mit Ausnahme dieser Zeit vollstiuidig stumm sein. Da die Kehlen (d. h. der Kehlkopf und die Schilddrüsen 2) der Hirsche iin Anfange der Paarungszeit periodisch vergrössert werden, so könnte man meinen, dass ihre mächtigen Stimmen dann in irgendwelcher AVeise für sie von grosser Bedeutung sein müssten; doch ist dies sehr zweifelhaft. Nach Mittheilungen, welche mir zwei erfahrene Beobachter, Mr. M'Neill und Sir Pii. Egerton, gegeben haben, scheint es, als wenn junge Hirsche unter dem Alter von drei Jahren nicht brüllten oder schrien und als ob die älteren mit dem Beginne der Paarungszeit an-
1 Owen, Anatomy of Vertehratcs, Vol. III, p. 585. ' ebenda p. 595.
DAKWIX, Abstammung. II. Zweite Auflage. IG
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242 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II, Theil.
fangs nur gelegentlich und massig zu schreien anfieugen-, während sie beim Suchen der Weibchen ruhelos umherwandern. Ihre Kämpfe werden durch lautes und anhaltendes Geschrei eingeleitet; aber während des eigentlichen Conflicts selbst verhalten sie sich schweigend. Thiere aller Arten, welche gewöhnlich ihre Stimmen gebrauchen, bringen unter jeder'starken Gemüthserregung, so wenn sie wüthend werden oder sich zum Kampfe vorbereiten, verschiedene Laute hervor; doch kann dies einfach nur das Resultat ihrer nervösen Aufregung sein, welches zu der krampfhaften Zusammenziehung beinahe aller Muskeln des Körpers führt, ebenso wie ein Mensch seine Zähne zusammenbeisst und seine Hände ringt, wenn er in Wuth oder Angst ist. Ohne Zweifel fordern die Hirsche einander zum tödtlichen Kampfe durch Geschrei heraus; aber es ist nicht wohl möglich, dass diese Gewohnheit durch geschlechtliche Zuchtwahl, d. h. dadurch, dass die mit den lautesten Stimmen begabten Männchen in ihren Kämpfen am erfolgreichsten waren, zu der periodischen Vergrösserung. ihrer Stimmorgane geführt hat. Denn wenn die Hirsche mit der kraftvollsten Stimme nicht zu derselben Zeit auch die stärksten, bestbewaft'neten und muthvollsten waren, würden sie über ihre Nebenbuhler mit schwächeren Stimmen keinen Vortheil haben erlangen können. Ueberdies werden die Hirsche, welche schwächere Stimmen hatten, trotzdem sie nicht so gut im Stande waren andere Hirsche herauszufordern, doch ebensogut zu dem Kampfplätze hingerufeu worden sein, als die mit stärkeren Stimmen.
Es ist möglich, dass das Brüllen des Löwen für ihn von irgend welchem factischen Nutzen ist, und zwar dadurch, dass es seinen Gegner mit Schrecken erfüllt; denn wenn er in Wuth geräth, richtet er gleichfalls se'ine Mähne empor und versucht sich damit so schrecklich als möglich aussehend zu machen. Es kann aber kaum angenommen werden, dass das Geschrei des Hirsches, selbst wenn es ihm in dieser Weise irgendwie von Nutzen wäre, bedeutend genug gewesen sei, um zur periodischen Vergrösserung der Kehle zu führen. Einige Schriftsteller vermuthen, dass das Geschrei als ein Ruf für das Weibchen diene; aber die oben citirten erfahrenen Beobachter theilen mir mit, dass der weibliche Hirsch nicht das Männchen sucht, dass aber die Männchen gierig die Weibchen aufsuchen, wie sich in der That nach dem, was wir von den Gewohnheiten anderer männlichen Säugethiere wissen, erwarten Hess. Auf der anderen Seite ruft die Stimme des Weibchens
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Cap. 18.
Stimmorganc.
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schnell einen oder mehrere Hirsche zu ihm 3, wie den Jägern wohl bekannt ist, welche in wilden Gegenden ihren Ruf nachahmen. Wenn wir glauben könnten, dass das Männchen das Vermögen hätte, das Weibchen durch seine Stimme zu reizen oder zu locken, so würde die periodische Vergrösserung seiner Stimmorgane nach dem Gesetze geschlechtlicher Zuchtwahl, in Verbindung mit einer auf ein und dasselbe Geschlecht und auf dieselbe Jahreszeit beschränkten Vererbung, verständlich sein; wir haben aber keine diese Ansicht begünstigenden Belege. Wie der Fall liegt, so scheint die laute Stimme des Hirsches während der Paarungszeit für ihn von keinem speciellen Dienste zu sein, weder während seiner Bewerbung noch während seiner Kämpfe, noch in irgend einer anderen Weise. Dürfen wir aber nicht annehmen, dass der häufige Gebrauch der Stimme unter der starken Erregung von Liebe, Eifersucht und Wuth während vieler Generationen fortgesetzt, zuletzt doch eine vererbte Wirkung auf die Stimmorgane des Hirsches ebenso gut ausgeübt haben kann, wie bei irgend welchen anderen männlichen Thieren? Nach dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntniss scheint dies mir die wahrscheinlichste Ansicht zu sein.
Der männliche Gorilla hat eine furchtbare Stimme und ist, wenn er erwachsen ist, mit einem Kehlsacke versehen, wie auch der männliche Orang einen solchen besitzt4. Die Gibbons zählen zu den lautesten unter allen Affen und die Sumatraner Species (Hylobates syndatylus') ist gleichfalls mit einem Kehlsacke versehen. Aber Mr. Blyth, welcher Gelegenheit zur Beobachtung gehabt hat, glaubt nicht, dass das Männchen geräuschvoller ist als das Weibchen. Es brauchen daher wahrscheinlich diese letzteren Affen ihre Stimmen zu gegenseitigem Rufen und dies ist sicher bei einigen Säugethiereu, z. B. beim Biber 5, der Fall. Ein anderer Gibbon, der //. agilis, ist dadurch äusserst merkwürdig , dass er das Vermögen besitzt, eine vollständige und correcte Octave musikalischer Noten vorzubringen 6, welche, wie wir wohl mit Grund vermuthen können, als geschlechtliches Reizmittel dienen. loh werde aber auf diesen Gegenstand im nächsten Capitel zurückzukommen
3 s. z. B. Major W. Ross King (The Sportsman in Canada, 18GG, p. 53, 131) über die Gewohnheiten des-Orignal und des wilden Renthiers.
4 Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. G00.
3 M. Green, in: Journal of the Linnean Society, Vol. X. Zoology, 1SG9, p. 3G2.
? C. L. Martin, General Introduction to the Natural History of Mamm. Ammals, 1841, p. 431.
IG*
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244 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiero. II. Theil.
haben. Die Stimmorgane des amerikanischen Mycetes caraya sind beim Männchen um ein Drittel grösser als beim Weibchen und sind wunderbar kräftig. Wenn das Wetter warm .ist, lassen diese Affen die Wälder während der Morgen und Abende von ihrem überwältigenden Ge-schreie erklingen. Die Männchen fangen das fürchterlichste Concert an, in welches die Weibchen mit ihren weniger kraftvollen Stimmen zuweilen einstimmen und welches häufig mehrere Stunden lang fortgesetzt wird. Ein ausgezeichneter Beobachter, Rengger7 konnte nicht wahrnehmen, dass sie durch irgend eine specielle Ursache angeregt wurden, ihr Concert zu beginnen; er glaubt, dass sie wie viele Vögel an ihrer eigenen Musik Ergötzen finden und einander zu übertreffen suchen. Ob die meisten der vorstehend angeführten Affen ihre kräftigen Stimmen erlangt haben, um ihre Nebenbuhler zu besiegen und die Weibchen zu bezaubern, — oder ob die Stimmorgane durch die vererbten Wirkungen lange fortgesetzten Gebrauches gekräftigt und «vergrössert worden sind, ohne dass irgend ein besonderer Vortheil dadurch erreicht wurde, — das will ich nicht zu entscheiden wagen. Doch scheint mindestens in Bezug auf den Fall von Hylohulcs agilis die erste Ansicht die wahrscheinlichste zu sein.
Ich will hier zwei sehr merkwürdige Eigeuthümlichkeiten bei Robben erwähnen, weil mehrere Schriftsteller vermuthet haben, dass sie die Stimme afficiren. Die Nase des männlichen See-Elephanten (Macro-rhinus proboschleus) ist, wenn das Thiel* ungefähr drei Jahre alt ist, während der Paarungszeit bedeutend verlängert und kann dann aufgerichtet werden. In diesem Zustande ist sie zuweilen einen Fuss lang. Das Weibchen ist auf keiner Periode des Lebens mit einem solchen Gebilde versehen und seine Stimme ist verschieden. Die des Männchens besteht in einem wilden rauhen gurgelnden Geräusche, welches in grosser Entfernung hörbar ist und von dem man glaubt, dass es durch den Rüssel verstärkt wird. Lessox vergleicht das Aufrichten des Küsseis mit dem Anschwellen der Fleischlappen männlicher hühnerartiger Vögel, während sie die Weibchen umwerben. Bei einer anderen verwandten Art von Robben, nämlich der Klappmütze (Cystophora cristata) ist der Kopf von einer grossen Haube oder Blase bedeckt. Diese wird innen durch die Nasenscheidewand gestützt, welche sehr weit nach rückwärts verlängert ist und sich in eine sieben Zoll hohe Leiste erhebt. Die Klappe
7 Natnrgpschichte der Säugethieve von Paraguay. 1830, S. 15, 21.
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Cap. 18.
Stimmorgaue. — Geruch.
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ist mit kurzen Haaren bedeckt, und ist muskulös; sie kann aufgeblasen werden, bis sie an Grösse mehr als der ganze Kopf beträgt! In der Brunstzeit kämpfen die Männchen auf dem Eise wüthend mit einander und ihr Brüllen „soll dann zuweilen so laut sein, dass man es vier „Meilen (miles) weit hört." Werden sie von Menschen angegriffen, so brüllen und schreien sie gleichfalls, und so oft sie überhaupt erregt werden, wird die Haube aufgeblasen. Einige Naturforscher glauben, dass die Stimme hierdurch verstärkt wird, aber andere haben dieser ausserordentlichen Bildung verschiedene andere Functionen zugeschrieben. Mr. ß. Brown glaubt, dass sie als Schutz gegen Zufälle aller Arten diene. Diese letztere Ansicht ist nicht wahrscheinlich, wenn das, was die Kobbenjäger schon lange behauptet haben, correct ist, nämlich dass die Haube oder Blase bei den Männchen so lange sie jung sind, sehr gering entwickelt ist 8.
Geruch. — Bei einigen Thieren, so bei den notorischen Skunks von Amerika, scheint der überwältigende Geruch, den sie von sich geben, ausschliesslich als Vertheidigungsmittel zu dienen. Bei Spitzmäusen (Sorex) besitzen beide Geschlechter abdominale Geruchdrüsen, und es lässt sich wegen der Art und Weise, in welcher ihre Körper von Vögeln nnd Tiaubthieren verschmähet werden, nur wenig zweifeln, dass dieser Geruch für die Thiere protectiv ist; nichtsdestoweniger werden die Drüsen bei den Männchen während der Paarnngszeit vergrös-sert. Bei vielen vierfüssigen Thieren sind die Drüsen in beiden Geschlechtern von der nämlichen Grösse9; aber ihr Geruch ist unbekannt. Bei anderen Species sind die Drüsen auf die Männchen beschränkt oder sind bei diesen mehr entwickelt als bei den AVeibchen und sie werden beinahe immer während der Brunstzeit thätiger. In dieser Pe-
8 Ueber den See-Elephanten s. einen Artikel von Lesson im Diction. class. d'Hist. natur. Tom. XIII, p. 418. Wegen der Cystophora oder Stemmatopus s. Dr. Dckay, in: Aniials of tbe Lyceum of Natur. Hist. New-York, Vol. I. 1824, p. 94. Auch Pennant hat von Robbenjägern Mittheilungen über dieses Thier gesammelt. Den ausführlichsten Bericht hat Mr. Brown gegeben, welcher den rudimentären Zustand der Blase beim Weibchen bezweifelt; s. Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 435.
9 Wie beim Castoreum des Bibers, s. Mr. L. H. Morgan's äusserst interessantes Werk: The American Beavcr, 1868, p. 300. Pallas hat (Spicileg. Zoolog. Fase. VIII. 1779, p. 23) die Itiechdrüsen der Säugethiere sehr gut erörtert. Auch Owen (Auatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 634) gibt eine Schilderung dieser Drüsen mit Einschluss der des Elephanten und (p. 763) der Spitzmäuse.
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246 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugcthiere. II. Thcil.
riodo vergrössern sich die Drüsen an den Seiten des Gesichtes des männlichen Elephanten und sondern eine Secretion ab, die einen starken Moschusgernch hat.
Die scharfe Aussonderung des Ziegenbocks ist 'wohlbekannt und die gewisser männlicher Hirsche ist wunderbar stark und persistent. An den Ufern des La Plata habe ich die ganze Luft mit dem Gerüche des männlichen Cermts campeslris bis in eine Entfernung von einer halben Meile windabwärts von einer Heerde durchzogen gefunden, und ein seidenes Taschentuch, in welchem ich eine Haut nach Hause trug, behielt, trotzdem es wiederholt benutzt ued gewaschen worden war, als es zuerst entfaltet wurde, Spuren des Geruches noch ein Jahr und sieben Monate lang. Dieses Thier gibt den starken Geruch nicht eher von sich, als bis es über ein Jahr alt ist, und wenn es jung castrirt wird, sondert es denselben niemals ab I0. Ausser dem allgemeinen Gerüche, mit welchem der ganze Körper gewisser Wiederkäuer während der Paarungszeit durchdrungen zu sein scheint, besitzen viele Hirsche, Antilopen, Schafe und Ziegen riechbare Stoffe absondernde Drüsen an verschiedenen Stellen, besonders an dem Gesichte. - Die sogenannten Thränensäcke oder Suborbitalgruben fallen unter diese Kategorie. Diese Drüsen sondern eine halbflnssige stinkende Substanz ab, welche zuweilen so reichlich ist, dass sie das ganze Gesicht tränkt, wie ich es bei einer Antilope gesehen habe. Sie sind „gewöhnlich beim Männchen grösser „als beim Weibchen und ihre Entwickelung wird durch die Castration „gehemmt" ". Dksmarkst zufolge fehlen sie beim Weibchen von Antilope subgutturosa vollständig. Es kann daher kein Zweifel sein, dass sie in irgend einer Beziehung zu den reprodnetiven Functionen stehen. Sie sind auch bei nahe verwandten Formen zuweilen vorhanden und zuweilen fehlen sie. Bei dem erwachsenen männlichen Moschusthiere (Moschus mosrhiferus) ist ein nackter Baum rund um den Schwanz von einer riechenden Flüssigkeit angefeuchtet, während bei dem erwachsenen Weibchen und beim Männchen ehe es zwei Jahre alt wird dieser Raum mit Haaren bedeckt und nicht riechend ist. Der eigentliche Moschusbeutel ist seiner Lage nach nothwendig auf das Männchen
10 Rengger, Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay, 1830, S. 355. Dieser Beobachter theilt auch einige merkwürdige Eigenthümlichkeiten in Bezug auf den entwickelten Geruch mit.
11 Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 632. s. auch Dr. Mnrie's Beobachtungen über diese Drüse in: Proceed. Zoolog. Soc. 1870, p. 340. Des-marest, über die Antilope subyutturosa in seiner Mammalogie, 1820, p. 455.
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Cap. IS. Geruch, — Haare. 247
beschränkt und bildet noch ein weiteres riechendes Organ. Es ist eine eigenthümliche Thatsache, dass die von dieser letzteren Drüse abgesonderte Substanz sich der Angabe von Pallas zufolge während der Paarungszeit weder in der Consistenz verändert noch der Quantität nach zunimmt. Nichtsdestoweniger nimmt dieser Eorscher an, dass ihr Vorhandensein in irgend welcher Weise mit dem Acte der Bepro-duction in Zusammenhang steht. Er gibt indessen nur eine vermu-thnngsweise und nicht befriedigende Erklärung von ihrem Gebrauche 12-Wenn während der Paarungszeit das Männchen allein einen starken Geruch von sich gibt, so dient dieser in den meisten Fällen wahrscheinlich dazu, das Weibchen zu reizen oder zu locken. Wir dürfen in Bezug auf diesen Punkt nicht nach unserem eigenen Geschmacke tirtheilen; denn es ist wohl bekannt, dass Eatten von gewissen ätherischen Oelen und Katzen von Baldrian berauscht werden, Substanzen, welche weit entfernt davon sind, uns angenehm zu sein, und dass Hunde, trotzdem sie Aas nicht fressen, doch dasselbe beschnuppern und sich darin wälzen. Ans den bei der Erörterung der Stimme des Hirsches gegebenen Gründen können wir die Idee zurückweisen, dass der Geruch dazu diene, die AVeibchen aus der Entfernung zu den Männchen hinzuführen. Reichlicher und lange fortgesetzter Gebranch kann hier nicht in das Spiel gekommen sein, wie bei den Stimmorganen. Der ausgegebene Geruch muss für das Männchen von einer beträchtlichen Bedeutung sein, insofern grosse und complicirte Drüsen in einigen Fällen entwickelt worden sind, die mit Muskeln zum Umwenden des Sackes und zum Schliessen und Oeflhen der Mündung versehen sind. Die Entwickehmg dieser Organe durch geschlechtliche Zuchtwahl ist wohl verständlich, wenn die stärker riechenden Männchen beim Gewinnen des Weibchens die erfolgreichsten gewesen sind und Nachkommen hinterlassen haben, ihre allmählich vervollkommneten Drüsen und stärkere Gerüche zu erben.
Entwickehmg der Haare. — Wir haben gesehen, dass männliche Säugethiere häufig das Haar an ihren: Nacken und ihrer Schulter viel stärker entwickelt haben als die Weibchen, und es liessen sich noch viele weitere Beispiele hierfür anführen. Dies dient zuweilen als Ver-theidigungsmitttel für das Männchen während seiner Kämpfe; ob aber
'- Pallas. Spicilegia [Zoologica, Fase. XIII. 1799, p. 24. Desmoul'ins, Diction. class. d'IIist, Xatur. Tom. III, p. 58C,
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248 Geschlechtliche Zuchtwahl: Siiugethiere. 11. Theil.
das Haar in den meisten Fällen speciell zu diesem Zwecke entwickelt worden ist, ist sehr zweifelhaft. Wir können ziemlich sicher sein, dass dies nicht der Fall ist, wenn ein dünner und schmaler Haarkamm der ganzen Länge des Kückens entlang läuft; denn ein Haarkamm dieser Art würde kaum irgend welchen Schutz darbieten und die Kante des Rückens ist nicht wohl eine gerade verletzliche Stelle. Nichts desto-weniger sind derartige Haarkämme zuweilen auf die Männchen beschränkt oder sind bei ihnen viel mehr entwickelt als bei den "Weibchen. Zwei Antilopen, der Tragdaphus scriptus|S (Fig. (38, S. 263) und Poriax pieta, mögen als Beispiel angeführt werden. Die Haarkämme gewisser Hirsche und des wilden Ziegenbockes stehen aufrecht, wenn diese Thiere in Wuth oder Schrecken versetzt werden u. Es lässt sich aber kaum vermuthen, dass dieselben zu dem Zwecke erlangt worden sind, bei ihren Feinden Furcht zu erregen. Eine der eben erwähnten Antilopen, Portax pickt, hat einen grossen scharf umschriebenen Pinsel schwarzen Haares an der Kehle und dieser ist beim Männchen viel grösser als beim Weibchen. Bei dem Ammotragus tragelaphus von Nordafrika, einem Glicde der Familie der Schafe, sind die Vorderbeine beinahe gänzlich durch ein ausserordentliches Wachsthum von Haaren verborgen, welche vom Nacken und der oberen Hälfte der Beine herabhängen. Mr. Bartlktt glaubt aber nicht, dass dieser Mantel fürs Männchen, bei welchem er viel mehr entwickelt ist als beim Weibchen, auch nur von dem geringsten Nutzen ist.
Männliche Säugethiere vieler Arten weichen von den Weibchen darin ab, dass sie mehr Haare oder Haare eines verschiedenen Charac-ters an gewissen Theilen ihrer Gesichter haben. Der Bulle allein hat gekräuselte Haare an der Stirn '"'. Bei drei nahe verwandten Untergattungen der Familie der Ziegen besitzen allein die Männchen Barte und zuweilen von bedeutender Grösse; in zwei anderen Untergattungen haben beide Geschlechter einen Bart, aber dieses verschwindet bei einigen domesticirten Kassen der gemeinen Ziege, und bei Hemilragus hat keines von beiden Geschlechtern einen Bart. Beim Steinbock ist der Bart während des Sommers nicht entwickelt und ist zu anderen Jahreszeiten so klein, dass er rudimentär genannt werden kann ,6. Bei eini-
13 Dr. Gray, Gleanings from the Menagerie at Knowsley, pl. 28. '* Judge Caton über den Wapiti, in Transact. Ottawa Acad. Natur. Scienc, 18(58, p. 36, 40. Blyth, Land and Water, 1867, p. 37, über Capra aegagrus.
15 HHnter's Essays and Observation, editeel by Owen. 1861. Vol. I, p. 236.
16 s. Dr. Gray's Catal. Mammalia British Museum, Part. III. 1852, p. 144.
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Cap. 18. Entwickeln«g des Haares. 249
gen Allen ist der Bart auf das Männchen beschränkt, so beim Orang, oder ist beim Männchen viel grösser als beim Weibchen, wie beim My-cetes cavaija und Pithecia satanas (Fig. 66). Dasselbe ist der Fall
i'i^. 60. Pithecia tatauax, MäniK'lieu, (aus Krakin, Thierlnben).
mit dem Backenbärte einiger Species von Macacus n und wie wir gesehen haben mit den Mähnen einiger Arten von Pavianen. Aber bei den meisten Arten der Allen sind verschiedene Haarbüschel um das Gesiebt und den Kopf in beiden Geschlechtern gleich.
Die Männchen verschiedener Glieder der Kinderfamilie (Bovidae') und gewisser Antilopen sind mit einer Wamme versehen oder einer grossen Hautfalte am Halse, welche beim Weibchen viel weniger entwickelt ist.
Was haben wir nun in Bezug auf derartige geschlechtliche Verschiedenheiten wie die angeführten zu folgern':' Niemand wird behaupten, dass die Barte gewisser männlicher Ziegen oder die Wamme des Bullen oder die Flaarkämme entlang dem Rücken gewisser männlicher Antilopen bei diesen Thieren irgendwelchem directen oder gewöhnlich wiederkehrenden Gebrauche bestimmt sind. Ks ist möglich, dass der ungeheure Bart der männlichen Pithecia und der grosse Bart des männlichen Orang
'.' Reuggcr, Säugethiere von Paraguay etc. S, II: Desmarest, Mamma-logie, p. 6G.
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250 Geschlechtliche Zuchtwahl: Siiugetbiere. IL Theil.
ihre Kehle schützen, wenn sie. mit einander kämpfen; denn die Wärter im zoologischen Garten sagen mir, dass viele Affen einander bei der Kehle attaquiren. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass der Kinn-bart zu einem besonderen Zwecke entwickelt worden ist, der verschieden von dem wäre, welchem der Backenbart, Schnurrbart und andere Haarbüschel am Gesichte dienen, und Niemand wird annehmen, dass diese als Schutzmittel von Nutzen sind. Müssen wir nun alle diese Anhänge von Haaren oder von Haut einfacher, zweckloser Variabilität beim Männchen zuschreiben? Es kann nicht geläugnet werden, dass dies möglich ist; denn bei vielen domesticirten Säugethieren sind gewisse Charactere, die allem Anscheine nach nicht auf Eückschlag von irgend einer wilden elterlichen Form her bezogen werden können, bei den Männchen aufgetreten und auf diese beschränkt oder bei diesen viel bedeutender entwickelt als bei den Weibchen — z. B. der Buckel beim männlichen Zeburinde von Indien, der Schwanz beim fettschwän-zigen Widder, die gewölbte Umrisslinie der Stirn bei dem Männchen mehrerer Bässen von Schafen, die Mähne beim Widder einer afrikanischen Basse und endlich die Mähne, die langen Haare an den Hinterbeinen und die Wamme allein beim Männchen der Berbura-Ziege ,8. Die Mähne, welche bei dem Widder der eben erwähnten afrikanischen Schafrasse auftritt, ist ein ächter seeundärer Sexualcharacter, denn er wird, wie ich von M. Wixwood Beade höre, nicht entwickelt, wenn das Thier castrirt ist. Obschon wir, wie ich in meinem Buche: das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication gezeigt habe, äusserst vorsichtig sein müssen zu folgern, dass irgend ein Charactcr, selbst bei Thieren, die von halbcivilisirten Völkern gehalten werden, nicht der Zuchtwahl des Menschen unterlegen und hierdurch gehäuft sei, so ist dies doch in den soeben speciell angeführten Fällen unwahrscheinlich und noch besonders deshalb, weil diese Charactere auf die Männchen beschränkt oder bei ihnen stärker entwickelt sind, als bei den Weibchen. Wenn es positiv bekannt wäre, dass der afrikanische Widder mit einer Mähne von demselben primitiven Stamme, wie die anderen Schafrassen, oder der Berbura-Ziegenbock mit seiner Mähne, seiner Wamme u. s. w. von demselben Stamme wie andere Ziegen abstamm-
18 s. die Capitel über diese verschiedenen Thiere im I. Bande meines „Va-„riiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication"; auch Bd. 2, S. 97; auch Cap. 20 über die Ausübung von Zuchtwahl seitens halhcivilisirter Völker. Wegen der Berbura-Ziege s. Dr. Gray, Catalogue etc. p. 157.
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Cap. 18.
Haar. — Ornamentale Farben.
251
ten, und wenn Zuchtwahl nicht auf diese Charactere angewendet worden ist, dann müssen sie Folge einfacher Variabilität in Verbindung mit geschlechtlich beschränkter Vererbung sein.
In diesem Falle würde es verständig erscheinen, dieselbe Ansicht auf viele analoge Charactere auszudehnen, welche bei Thieren im Naturzustande auftreten. Nichtsdestoweniger kann ich mich doch nicht davon überzeugen, dass diese Ansicht in vielen Fällen anwendbar ist, wie z.B. bei der ausserordentlichen Entwicklung von Haaren an der Kehle und den Vorderbeinen des männlichen Ammotragus oder des ungeheuren Bartes der männlichen Pithecia. Bei denjenigen Antilopen, bei welchen das Männchen im erwachsenen Alter auffallender gefärbt ist, als das Weibchen, und bei denjenigen Affen, bei welchen dies gleichfalls der Fall ist und bei welchen das Haar am Gesicht von einer von der des Haares am übrigen Kopfe verschiedenen Farbe ist, wobei es ausserdem in der verschiedenartigsten und elegantesten Weise angeordnet ist, scheinen wahrscheinlicher Weise die Haarkämme und Haarbüschel als Zierathen erlangt worden zu sein; und ich weiss auch, dass dies die Ansicht einiger Naturforscher ist. Tst diese Ansicht correct, dann lässt sich wenig zweifeln, dass diese Charactere durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt oder mindestens modificirt worden sind.
Farbe des Haars und der nackten Haut. — Ich will zuerst alle die Fälle kurz aufführen, die mir bekannt sind, wo männliche Säuge-thiere in der Farbe von den Weibchen verschieden sind. Wie mir Mr. Gould mitgetheilt hat, weichen bei Beutelthieren die Geschlechter selten in dieser Beziehung von einander ab. Aber das grosse rothbraune Känguruh bietet eine auffallende Ausnahne dar, indem hier „zartes Blau „an denjenigen Thcilen des Weibchens .der vorherrschende Farbenton .ist, welche beim Männchen roth sind" 19. Bei dem Didelphis opossum von Cayenne soll das Weibchen ein wenig mehr roth sein als das Männchen. In Bezug auf Nagethiere bemerkt Dr. Gray: „afrikanische „Eichhörner,.besonders die in den tropischen Ländern gefundenen, haben .,einen Pelz, der zu gewissen Zeiten viel glänzender und lebhafter ist .als zu anderen, und der Pelz des Männchens ist meist heller als der „des Weibchens"-0. Dr. Gray theit mir mit, dass er die afrikanischen
19 Oaphrcmtcr rufun, Goukl, Mammals of Australia, Vol. II, 1863. Ueber Biädphis s. Desmarest, Mammalogie, p. 256.
-" Annais and Magaz. of Natur. Hist. Nov. 1867, p. 325. Ueber Mus mi-nutus s. Desmarest, Mammalogie, p. 304.
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2ö2 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
Eichhörner deshalb speciell erwähnt, weil sie wegen ihrer ungewöhnlich hellen Färbungen diese Verschiedenheiten am besten darbieten. Das Weibchen von Mus minutus Russlands ist von einer Wässeren und schmutzigeren Färbung als das Männchen. Bei einigen wenigen Fledermäusen ist das Haarkleid des Männchens heller und glänzender als beim Weibchen21.
Die auf dem Lande lebenden Carnivoren und Insectivoreu bieten selten geschlechtliche Verschiedenheiten irgend welcher Art dar und ihre Färbungen sind beinahe immer genau dieselben in beiden Geschlech-tern. Indessen bietet der Ocelot (Felis pardalis) eine Ausnahme dar; denn hier sind die Farben des Weibchens mit denen des Männchens verglichen „moins apparentes, le fauce ifant plus lerne, le blanc moins „pur, les raies ayant moins de largeur et les taclies moins de diamelre" -2-Auch die Geschlechter der verwandten Felis mitis weichen, aber selbst in einem noch geringereu Grade, von einander ab, indem der allgemeine Ton des Weibchens im Ganzen etwas blasser ist, mit weniger schwarzen Flocken. Die See-Caruivoren oder Robben weiclien auf der anderen Seite zuweilen beträchtlich in der Farbe von einander ab, auch bieten sie, wie wir bereits gesehen haben, andere merkwürdige geschlechtliche Verschiedenheiten dar. So ist das Männchen der Otaria nigrescens von der südlichen Hemisphäre oben von einer reichen braunen Schattirung, während das Weibchen, welches seine erwachsenen Farben früher im Leben erhält als das Männchen, oben dunkelgrau ist und die Jungen beider Gesehlechter von einer sehr tiefen Chocoladefärbung sind. Das Männchen der nordischen Phoea groenlandica ist grauroth mit einer merkwürdigen sattelförmigen dunklen Zeichnung am Rücken; das Weibchen ist viel kleiner und hat ein sehr verschiedenes Ansehen, indem es „schmutzig weiss, oder von einer gelblichen Strohfarbe ist, mit einem „braunrothen Hauch über den Lücken". Die Jungen sind anfangs,rein weiss und können „kaum unter den Eisblöcken und dem Schnee unterschieden werden, wobei also ihre Farbe als Schutzmittel dient" 23.
Bei Wiederkäuern kommen geschlechtliche Verschiedenheiten der
21 J. A. Allen, in: Bulletin of Museum Coinpar. Zoolog. Cambridge, Mass. Unit. St., 18G9, p. 207.
22 Desmarest, Mammalogie, 1820, p. 223. lieber Felis mitis s. Rengger a. a. 0. S. 194.
23 Dr. Mu rie, über die Otaria, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 108. Mr. R. Brown, über die Phoca groenlandica, ebenda, 1868, p. 417. Ueber die Farbe der Rohben s. auch Desmarest a. a. 0. p. 243, 249.
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Cap. 18.
Ornamentale Farben.
253
Farbe gewöhnlicher vor als in irgend einer anderen Ordnung. Eine Verschiedenheit dieser Art ist bei den Strepsiccros-artigen Antilopen sehr allgemein. So ist das männliche Nilghau (Porlax pickt) bläulich grau und viel dunkler als das Weibchen; auch sind die viereckigen weissen Flecke an der Kehle, die weissen Zeichnungen an den Fesseln und die schwarzen Flecken au den Ohren säninitlich viel deutlicher. Wir haben gesehen, dass in dieser Species die Kämme nud Büschel von Haaren gleichfalls beim Männchen entwickelter sind als bei dem hornlosen Weibchen. Wie mir Mr. Blyth mitgetheilt hat, wird das Männchen, ohne sein Haar abzustossen, während der Paarungszeit dunkler. Junge Männchen können von jungen Weibchen, wenn sie nicht über zwölf Monate alt sind, nicht unterschieden werden, und wenn das Männchen vor dieser Zeit entmannt wird, so verändert es nach derselben Autorität niemals seine Farbe. Die Bedeutsamkeit dieser letzteren Thatsache als entscheidend für die sexuelle Natur der Färbung wird offenbar, wenn wir hören 24, dass weder das rothe Sommerkleid noch das blaue Winterkleid des virginischen Hirsches durch Entmannung im Geringsten affi-cirt wird. Bei den meisten oder sämmtlichen der äusserst vorzierten Species von Tragelaphus sind die Männchen dunkler als die hornlosen Weibchen und ihre Haarkämme sind vollständiger entwickelt. Bei dem Männchen jener prachtvollen Antilope, Oreas derbyanas (Derby's Eland); ist der Körper röther, der ganze Hals viel schwärzer und das weisse Band, welches diese Färbungen von einander trennt, breiter als beim Weibchen. Auch beim Eland vom Cap ist das Männchen unbedeutend dunkler als das Weibchen25.
Bei dem indischen Schwarzbocke (Antilope bezoartica), welcher zu einem anderen Stamme der Antilopen gehört, ist das Männchen sehr dunkel, beinahe schwarz, während das hornlose Weibchen rebfarbig ist. Wir haben in dieser Species, wie mir Dr. Blyth mittheilt, eine genau parallele Reihe von Thatsachen wie bei der Porlax pickt vor uns, nämlich beim Männchen periodisch sich verändernde Farbe während der Paarungszeit, Wirkungen der Entmannung auf diese Veränderung und
'" Judge Caton, in: Transact. Ottawa Acad. of Natur. Sciences. 18G8, p. 4.
25 Dr. Gray, Catalogue of Mammalia in the British Museum, Part. III. 1852, p. 134—142; s. auch Dr. Gray's Gleanings from the Menagerie ofKnows-ley, worin sich eine prachtvolle Abbildung des Orms derbyimm findet: vergleiche den Te$t über Tragelaphus. Wegen des Capischen Eland (Oreas canna) s. Andrew Smith, Zoology of South Africa, pl. 41 und 42. Viele dieser Antilopen finden sich auch im Garten der zoologischen Gesellschaft.
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254 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
die Jungen beider Geschlechter von einander nicht zu unterscheiden. Bei der Antilope nigra ist das Männchen schwarz, das Weibchen, ebenso wie die Jungen, braun. Bei A. sing-sing ist das Männchen viel heller gefärbt als das hornlose Weibchen und seine Brust und sein Bauch sind schwärzer. Bei der männlichen A. canna sind die Zeichnungen und Linien, welche an verschiedenen Theilen des Körpers vorkommen, schwarz, statt wie beim Weibchen braun zu sein. Beim gefleckten Gnu (_A. gor-gon) sind „die Farben des Männchens nahezu dieselben wie die des „Weibchens, nur gesättigter und von einem glänzenderen Tone"26. Andere analoge Fälle könnten noch angeführt werden.
Der Bantengbulle (Bos sondaicus) des malayischen Archipels ist beinahe schwarz mit weissen Beinen und weissem Kreuz. Die Kuh ist von einem helfen Graubraun, wie auch die jungen Männchen bis ungefähr in das Alter von drei Jahren, wo sie schnell die Farbe verändern. Der castrirte Bulle kehrt zur Färbung des Weibchens zurück. Die weibliche Kemas-Ziege ist blässer und die weibliche Capra aegagrus soll gleichförmiger gefärbt sein, als ihre beziehentlichen Männchen. Hirsche bieten selten irgend welche geschlechtliche Verschiedenheiten in der Farbe dar. Judge Catox theilt mir indessen mit, dass bei den Männchen des Wapitihirsches (Cervus canadensis) der Hals, Bauch und die Beine dunkler sind als dieselben Theile beim Weibchen, aber während des Winters bleichen die dunklen Färbungen allmählich ab und verschwinden. Ich will hier noch erwähnen, dass Judge Caton in seinem Parke drei Kassen des virginischcn Hirsches besitzt, welche leicht in der Farbe von einander verschieden sind; aber die Verschiedenheiten sind beinahe ausschliesslich auf das blaue Winter- oder Paarungskleid beschränkt, so dass dieser Fall mit denen verglichen werden kann, welche in einem früheren Capitel von nahe verwandten oder stellvertretenden Species von Vögeln angeführt wurden, die nur in ihrem Hochzeitsgefieder von einander abweichen27. Die Weibchen des Cervus pahidosus von Südamerika, ebenso wie die Jungen beiderlei Geschlechts, besitzen die schwarzen Streifen an der Nase und die seh war z-
m lieber die Antilope nigra s. Proceed. Zoolog. Soc. 1850, p. 133. In Bezug auf eine verwandte Species, bei welcher sich eine gleiche geschlechtliche Verschiedenheit in der Färbung findet, s. Sir S. Baker, The Albert Nyanza, 18(56. Vol. II, p. 327. Wegen der A. sing-sing s. Gray, öatal. Hamm. Brit. Mus. p. 100. Ueber die A. canna s. Desmarest, Mammalogie, p. 4C8. Ueber das Gnu s. Sir Andrew Smith, Zoology of South Africa.
' Ottawa Academy of Natur. Scienc. May, 21, 18G8, p. 3, 5.
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Cap. 18.
Ornamentale Farben.
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lieh braune Linie an der Brust nicht, welche die erwachsenen Männchen cliaracterisiren2S. Endlich ist das reife Männchen des wunderschön gefärbten und gefleckten Axishirsches beträchtlich dunkler als das Weibchen, wie mir Mr. Blyth mittheilt; und diese Färbung erlangt das castrirte Männchen niemals.
Die letzte Ordnung, welche wir zu betrachten haben, — denn mir ist nicht bekannt, dass geschlechtliche Verschiedenheiten in der Farbe in anderen Säugethiergruppen noch vorkommen, — ist die der Primaten. Das Männchen des Lemur macaco ist kohlschwarz, während das Weibchen röthlich gelb, aber äusserst variabel in der Farbe ist29. Unter den Quadrumanen der neuen Welt sind die Weibchen und Jungen von Myceles caraya gräulich gelb und einander gleich; im zweiten Jahre wird das junge Männchen röthlich braun und im dritten Jahre schwarz, mit Ausnahme des Bauches, welcher indessen im vierten oder fünften Jahre vollständig schwarz wird. Es besteht auch ein scharf markirter Unterschied in der Farbe zwischen den Geschlechtern bei Myceles seni-culus und Cebus cnpucinus; die Jungen der ersteren Art und wie ich glaube auch der letzteren gleichen den Weibchen. Bei Pithecia ktico-ccphala sind die Jungen gleichfalls den Weibchen ähnlich, welche oben bräunlich schwarz und unten hell rostroth sind, während die erwachsenen Männchen schwarz sind. Die Haarkrause rings um das Gesicht bei Ateles maryinalus ist beim Männchen gelb gefärbt, beim Weibchen weiss. Wenden wir uns zu den altweltlichen Affen: die Männchen von Hylo-bates Hoolock sind immer schwarz mit Ausnahme einer weissen Binde oberhalb der Brauen; die Weibchen variiren von weisslich braun bis zu einem dunkleren mit schwarz gemischten Tone, sind aber niemals völlig schwarz30. Bei dem schönen Cercopilhecus diana ist der Kopf des erwachseneu Männchens von einem intensiven Schwarz, während der des Weibchens dunkelgrau ist. Bei ersterem ist der Pelz zwischen
28 Sal. Müller, über den Banteng, in: Over de Zoogthieren van den Indischen Archipel, 1839—44, Tab. 35. s. auch Raffles von Blyth citirt in: Land and Water, 1867, p. 47G. Ueber Ziegen: Dr. Gray, Catal. Mamm. Brit. Mus. p. 14G. Desmarest, Marnmalogie, p. 482. Ueber Cercus paludosus: Rengger a. a. 0. S. 345.
2" Sclater, Proceed. Zoolog. Soc. 18GG, pl. 1. Dieselbe Thatsache ist auch von Pollen und van Dam vollständig bestätigt worden.
M Ueber Mi/cetes s. Rengger a. a. 0. S. 14 und Brehmj, Illustrirtes Thier-leben, Bd. 1, S. 9G, 107. Ueber Ateles s. Desmarest, Marnmalogie, p. 75. Ueber Hylöbates s. Blyth, Land and Water, 18G7, p. 135. Ueber den Semno-pithecus: Sal. Müller, Over de Zoogthieren van den Ind. Archipel. Tab. X.
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256 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. IL Theil.
den Schenkeln von einer eleganten Rehfarbe, bei letzterem ist er blässer. Bei dem in gleicher Weise schönen und merkwürdigen Schnurr-bartaffen (Cercopilhecus cephus) ist die einzige Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern die, dass der Schwanz des Männchens nussbraun und der des Weibchens grau ist; aber Mr. Baetlett theilt mir mit, dass alle diese Töne beim Männchen, wenn es erwachsen ist, schärfer ausgesprochen . werden, während sie beim Weibchen so bleiben, wie sie während der Jugend waren. Nach den colorirten Abbildungen, welche Salomon Müllek gegeben hat, ist das Männchen von Semiinpilhecns chrysomelus nahezu schwarz, während das Weibchen blassbraun ist. Bei dem Cercopilhecus c.ynosnrus und griseoriridis ist ein Theil des Körpers, der auf das männliche Geschlecht beschränkt ist, von dem brillantesten Blau oder Grün und contrastirt auffallend mit der nackten Haut an dem Hintertheile des Körpers, welche lebhaft roth ist.
Endlich weicht in der Familie der Paviane das erwachsene Männchen von Cynoccphalus hamadryas vom Weibchen nicht bloss durch seine ungeheure Mähne, sondern auch unbedeutend in der Farbe dos Haars und der nackten Hantschwielen ab. Beim männlichen Drill (Cy-noeephahts leueophaeus) sind die Weibchen und Jungen viel blässer gefärbt mit weniger Grün als die erwachsenen Männchen. Kein anderes Glied der ganzen Classe der Säugethierc ist in so ausserordentlicher Weise gefärbt als der männliche Mandrill (Cyiiocephalus mormon), wenn er erwachsen ist. In diesem Alter wird sein Gesicht schön blau, während der Rücken und die Spitze der Nase von dem brillantesten Roth ist. Nach einigen Autoren ist das Gesicht gleichfalls mit weisslichen, Streifen gezeichnet und ist in anderen Theilen in Schwarz schattirt; doch scheinen die Färbungen variabel zu sein. An der Stirn findet sich ein Haarkamm und am Kinne ein gelber Bart. „Tmites les parlies „supirieures de leurs ruisses et le grand espace im de leuvs fesses „soul egulemenl colores du rouc/e le plus vif aree im milunge de bleu, „qui ne munqne reellemenl pas d'eleganee" 3I. Wenn das Thier erregt wird, werden alle die nackten Theile viel lebhafter gefärbt. Mehrere Schriftsteller haben bei Boschreibung dieser letzteren glänzenden Farben, welche sie mit denen der brillantesten Vögel vergleichen, die
31 Gervais, Hist. natur. <les Mammiferes, 1854, p. 103. Hier werden auch Abbildungen des Schädels vom Männchen gegeben. Dosmares-t, Mammalogio, p. 70. Geoffroy St. Hilaire et F. Cuvier, Hist. natur. des Mammiferes. 1821. Tom. I.
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Cap. 18. Ornamentale Farben. 257
allerlebhaftesten Ausdrücke gebraucht. Eine andere äusserst merkwürdige Eigenthümlichkeit ist die, dass wenn die grossen Eckzähne völlig entwickelt sind, ungeheure Knochenprotubcranzeu an jeder Wange gebildet werden, welche tief longitudinal gefurcht sind und über welchen die nackte Haut so wie eben beschrieben worden ist, brillant gefärbt wird (Fig. 67). Bei den erwachsenen Weibchen und den Jungen beiderlei Geschlechts sind diese Protuberanzeii kaum bemerkbar und die nackten
Fig.'67. Kopf des mannlichen Handrill (nach Gervais, Hist. nat. des Mammiferes).
Theile sind viel weniger bell gefärbt, das 'Gesicht ist fast schwarz, etwas mit Blau gefärbt. Indess wird beim erwachsenen Weibchen die Nase zu gewissen regelmässigen Zeiträumen mit Roth gefärbt.
In allen den bis jetzt angeführten Fällen ist das Männchen auffallender oder heller gefärbt als das Weibchen und weicht in einem bedeutenderen Grade von den Jungen beiderlei Geschlechts ab. Wie aber ein umgekehrtes Verhältniss der Färbung bei einigen wenigen Vögeln characteristisch für beide Geschlechter ist, so hat auch der Rhesus-Affe (Macacus rhesus) im weiblichen Geschleclite eine grössere
DARWIN, Abstammung. IE. Zweite. Auflage. 17
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258 Geschlechtliche Zuchtwahl : Sängethiere. II. Theil.
Fläche nackter Haut rund um den Schwanz von einem brillanten Car-moisinroth, welches periodisch selbst' noch lebhafter wird, wie mir die Wärter im zoologischen Garten versichert haben; auch ist sein Gesicht blassroth. Auf der anderen Seite zeigen weder das erwachsene Männchen, noch die Jungen beiderlei Geschlechts, wie ich in dem Garten selbst sah, eine Spur von Roth an der nackten Haut am hinteren Ende des Körpers oder an dem Gesicht. Nach einigen veröffentlichten Berichten scheint es indess, als wenn das Männchen gelegentlich oder während gewisser Jahreszeiten einige Spuren von Roth darböte. Obgleich es hiernach weniger geschmückt ist als das Weibchen, folgt es doch in der bedeutenderen Grösse seines Körpers, den grösseren Eckzähnen«, entwickelterem Backenbarte und vorspringenderen Augenbrauenleisten der allgemeinen Regel, dass das Männchen das Weibchen übertrifft.
Ich habe nun alle mir bekannten Fälle von einer Verschiedenheit in der Farbe zwischen den Geschlechtern der Sängethiere angeführt. Die Farben des Weibchens weichen entweder nicht in einem hinreichenden Grade von denen des Männchens ab oder sind von keiner zweckmässigen Beschaffenheit, um demselben Schutz darzubieten, können daher nach diesem Grundsätze nicht erklärt werden. In einigen und vielleicht in vielen Fällen mögen die Verschiedenheiten das Resultat von Abänderungen sein, welche auf ein Geschlecht beschränkt und auch diesem selben Geschlecht überliefert wurden, ohne dass irgend ein Vor-theil dadurch erreicht wurde, und daher auch ohne die Hülfe einer Zuchtwahl. Wir haben Beispiele dieser Art bei unseren domesticirten Thieren, wie bei den Männchen gewisser Katzen, welche bräunlichroth sind, während die Weibchen dreifarbig sind (tortoise-shell). Analoge Fälle kommen auch in der. Natur vor. Mr. Bartlett hat viele schwarze Varietäten des Jaguar, des Leoparden, des fuchsartigen Phalanger's und des Wombat gesehen; und er ist sicher, dass alle oder beinahe alle diese Thiere Männchen waren. Auf der anderen Seite werden Wölfe, Füchse und wie es scheint auch amerikanische Eichhörner gelegentlich und zwar in beiden Geschlechtern schwarz geboren. Es ist daher vollkommen möglich, dass bei einigen Säugethieren die Schwärze der Männchen, besonders wenn diese Farbe angeboren ist, einfach das Resultat davon ist, dass eine oder mehrere Abänderungen ohne die Hülfe von Zuchtwahl auftraten, welche vom Anfange an in ihrer Ueberlieferung geschlechtlich beschränkt waren. Nichtsdestoweniger kann kaum an-
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Cap. 18. Ornamentale Farben. ' 259
genommen werden, dass die mannichfaltigon lebhaften und coutrastiren-den Farben gewisser Säugethiere, z. B. der oben erwähnten Affen und Antilopen auf diese Weise erklärt werden können. Wir müssen uns daran erinnern, dass diese Farben beim Männchen nicht bei der Geburt erscheinen, wie es bei den meisten gewöhnlichen Abänderungen der Fall ist, sondern nur zur Zeit oder nahe der Zeit der Reife und dass, verschieden von gewöhnlichen Abänderungen, diese Farben wenn das Männchen entmannt wird niemals erscheinen oder später sogar verschwinden. Es ist im Ganzen eine viel wahrscheinlichere Folgerung, dass die scharf markirten Färbungen und andere ornamentale Cliarac-tore männlicher Säugethiere für dieselben in ihrer Rivalität mit anderen Männchen wohlthätig sind und daher durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden. Die Wahrscheinlichkeit dieser Ansicht wird dadurch verstärkt, dass die Verschiedenheiten in der Farbe zwischen den Geschlechtern beinahe ausschliesslich, wie man beim Durchgehen der vorhin angeführten Einzelnheiten beobachten kann, in denjenigen Gruppen und Untergruppen von Säugethieren auftreten, welche andere und bestimmte seeundäre Sexualcharactere darbieten; und auch diese sind Folge der Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl.
Säugethiere nehmen offenbar von Farben Notiz. Sir S. Baker beobachtete wiederholt, dass der afrikanische Elephant und das Rhino-ceros mit besonderer Wuth Schimmel und Grauschimmel angriffen. Ich habe an einer andern Stelle gezeigt32, dass halbwilde.Pferde allem Anscheine nach vorziehen, sich mit solchen von der nämlichen Farbe zu paaren, und dass Heerden von Damhirschen von verschiedener Farbe trotzdem sie zusammenleben sich doch lange Zeit gesondert hielten. Es ist eine noch bezeichnendere Thatsache, dass ein weibliches Zebra die Liebeserklärungen eines männlichen Esels nicht annehmen wollte, bis derselbe so angemalt war, dass er einem Zebra ähnlich wurde, und dann „nahm sie ihn", wie John Hunter bemerkt, »sehr gern an. „In dieser merkwürdigen Thatsache haben wir einen Fall von einem „durch blosse Farbe angeregten Instinct, welcher eine so starke Wir-„kung hatte, dass er alle übrigen Erregungen bemeisterte. Aber das „Männchen bedurfte dies nicht; das Weibchen, welches ein ihm selbst
32 Das Variiren der Tliiere niifl Pflanzen im Zustande der Pomostication. 18G8. Bd. 2, S. 135 und 13G.
17*
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260 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
„ziemlich ähnliches Thier war, war als solches schon hinreichend, es „zu reizen" 3i.
In einem früheren Capitel haben wir gesehen, dass die geistigen Kräfte der höheren Thiere nicht der Art nach, wenn auch schon bedeutend dem Grade nach, von den entsprechenden Kräften des Menschen und besonders der niederen und barbarischen Rassen verschieden sind; und es möchte den Anschein haben, als ob selbst ihr Geschmack für das Schöne nicht so weit vrm dem der Affen verschieden sei. Wie der Neger von Afrika das Fleisch in seinem Gesichte in parallelen Leisten sieh erheben lässt, „oder in Narben, welche, hoch über der natürlichen „ Oberfläche als widerwärtige Deformitäten hervortretend, doch für grosse „persönliche Eeize angesehen werden"34, — wie Neger ebenso wie Wilde in vielen Theilen der Welt ihre Gesichter mit Roth, Blau, Weiss oder Schwarz in verschiedenen Zeichnungen anmalen — so scheint auch der männliche Mandrill von Afrika sein tief durchfurchtes und auffallend gefärbtes Gesicht dadurch erlangt zu haben, dass er hierdurch für das Weibchen anziehend wurde. Es ist ohne Zweifel für uns eine äusserst groteske Idee, dass das hintere Ende des Körpers zum Zwecke einer Verzierung seihst noch brillanter gefärbt sein solle als das Gesiebt. Es~isfc dies aber in der That nicht mehr befremdend als dass der Schwanz vieler Vögel ganz besonders geschmückt worden ist.
Bei Säugethieren sind wir gegenwärtig nicht im Besitze irgend welcher Beweise, dass die Männehen sieh Mühe geben, ihre Reize vor den Weibchen zu entfalten, und die ausgesuchte Sorgfalt, mit welcher dies von Seiten der männlichen Vögel geschieht, ist das stärkste Argument zu Gunsten der Annahme, dass die Weibchen die Verzierungen und Farben, die vor ihnen entfaltet werden, bewundern oder dass sie durch sie angeregt werden. Es besteht indessen ein auffallender Pa-rallelismus zwischen Säugethieren und Vögeln in allen ihren seeundären Sexualcharacteren, nämlich in ihren Waffen zum Kampfe mit rivali-sirenden Männchen, in ihren ornamentalen Anhängen und in ihren Farben. Wenn das Männchen vom Weibchen verschieden ist, so gleicht in beiden Classen das Junge des einen Geschlechts beinahe immer dem des anderen und in einer grossen Majorität von Fällen auch dem er-
33 Essays and Observations by J. Hunter, edited by K. Owen, 1861. Vol. I, p. 194.
34 fair S. Baker, The Nile Tributaries of Abyssinia, 13G7.
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Cap. 18.
Gleichmässige Uelierliefernng.
261
wachsenen Weibchen. In beiden Classen erhält das Männchen die seinem Geschlechte eigenen Charactere kurz vor dem fortpfianzungs-fähigen Alter. Wird es entmannt, so erhält es entweder niemals derartige Merkmale oder verliert sie selbst später. In beiden Classen ist der Farbenwechsel zuweilen an die Jahreszeit gebunden und die Färbungen der nackten Theile werden zuweilen während des Actes der Bewerbung lebhafter. In beiden Classen ist das Männchen beinahe immer lebhafter oder stärker gefärbt als das Weibchen, und ist mit grösseren Kämmen entweder von Haaren oder Federn, oder mit änderen Anhängen verziert. In einigen wenigen ausnahmsweisen Fällen ist in beiden Classen das Weibchen bedeutender geschmückt als das Männchen. Bei vielen Säugethieren und was die Vögel betrifft, wenigstens bei einem, ist das Männchen stärker riechend als das Weibchen. In beiden Classen ist die Stimme des Männchens kräftiger als die des Weibchens. Betrachtet man diesen Parallelismus, so lässt sich nur wenig daran zweifeln, dass hier eine und die nämliche Ursache, welche dieselbe auch gewesen sein mag, auf die Vögel und Sängetliiere gewirkt hat, und soweit ornamentale Charactere in Betracht kommen, kann das Resultat, wie mir es scheint, getrost der lange fortgesetzten Bevorzugung von Individuen des einen Geschlechtes durch gewisse Individuen des anderen Geschlechtes zugeschrieben werden, in Verbindung mit ihrem gemeinsamen Erfolge, eine grössere Anzahl von Nachkommen zu hinterlassen, welche ihre höheren Anziehungsreize erbten.
Gleichmässige Ueberliefernng ornamentaler Charactere auf beide Geschlechter. — Bei vielen Vögeln sind Ornamente, von welchen uns die Analogie veranlasst anzunehmen, dass sie ursprünglich von den Männchen erlangt wurden, gleichmässig oder beinahe gleichmäs-sig auf beide Geschlechter überliefert worden, und wir wollen nun untersuchen, inwieweit diese Ansicht auf Sängetliiere ausgedehnt werden kann. Bei einer beträchtlichen Anzahl von Species, besonders von kleineren Arten, sind beide Geschlechter unabhängig von geschlechtlicher Zuchtwahl zum Zwecke eines Schutzes gefärbt worden; soweit ich es aber beurthcilen kann, weder in so vielen Fällen, noch in nahezu so auffallender Art und Weise wie in den' meisten niederen Classen. Audvjbon bemerkt, dass er die Bisamratte35, während sie an den Ufern eines
35 Fiber zibetläcu», Audubon und Bachman, The Quadvupeds of North America, 1846, p. 109.
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2ß2 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säiigethiere. II. Theil.
schlammigen Stromes sass, häufig für einen Erdkloss gehalten habe, so vollständig wäre die Aelmlichkeit. Der Hase ist ein sehr bekanntes Beispiel von Geschütztsein durch Farbe, und doch schlägt dieses Prin-cip in einer nahe verwandten Species fehl, nämlich beim Kaninchen; denn so bald dieses Thier nach seinem Baue läuft, wird es dem Jäger und ohne Zweifel allen Raubthieren durch seinen nach oben gewendeten reinweissen Schwanz auffallend. Niemand hat jemals bezweifelt, dass die Säiigethiere, welche mit Schnee bedeckte Gegenden bewohnen, weiss geworden sind um sich gegen, ihre Feinde zu schützen oder um das Stehlen ihrer Beute zu begünstigen. In Gegenden, wo der Schnee niemals lange auf dem Boden liegen bleibt, würde ein weisses Kleid von Nachtheil sein; in Folge dessen sind so gefärbte Arten in den wärmeren Theilen der Erde äusserst selten. Es verdient Beachtung, dass viele, massig kalte Gegenden bewohnende Säiigethiere, trotzdem sie kein weisses Winterkleid annehmen, doch während dieser Zeit blässer werden; und dies ist dem Anscheine nach das direkte Besultat der Bedingungen, welchen sie lange Zeit ausgesetzt sind. Pallas gibt an36, dass in Sibirien eine Veränderung dieser Natur beim Wolfe, bei zwei Species von Muslela, bei dem domesticirten Pferde, dem Equus hemionus, der Hauskuh, bei zwei Species von Antilopen, dem Moschusthiero, beim Rehe, dem Elk und dem Benthiere vorkommt. Das Beh hat z. B. ein rothes Sommer- und ein gräulich weisses Winterkleid, und das Letztere kann vielleicht als Schutz für das Thier dienen, während es "durch die laublosen, von Schnee und Bauchfrost überzogenen Dickichte wandert. Wenn die eben angeführten Thiere ihre Verbreitung allmählich in Gegenden ausdehnten, welche beständig mit Schnee bedeckt bleiben, so würde wahrscheinlich ihr blasses Winterkleid durch natürliche Zuchtwahl gradweise immer weisser und weisser werden, bis es zuletzt so weiss wie Schnee wäre.
Obgleich wir zugeben müssen, dass viele Säiigethiere ihre jetzigen Farben als Schutzmittel empfangen haben, so sind doch bei einer Menge von Species die Farben viel zu auffallend und zu eigenthümlich angeordnet, um uns die Vermuthung zu gestatten, dass sie diesem Zwecke dienen. Wir können als Erläuterung gewisse Antilopen betrachten: wenn wir sehen, dass der viereckige weisse Fleck an der Kehle, die weissen Zeichnungen an den Fesseln und die runden schwarzen Flecke
116 Movae Species Qnadrupedum e Glifium online. 1788, p. 7. Was ich oben Keh genannt habe, ist der Capreolus Sibiriens subocaudatus von Pallas.
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Cap. 18.
Gleickmässigc Ueberlieferimg.
263
an den Ohren sämrntlich beim Männchen der Portax picta viel deutlicher sind als beim Weibchen, — wenn wir sehen, dass die Farben bei dem männlichen Oreas devbyanus viel lebhafter, dass die schmalen weissen Linien an den Flanken und die breiten weissen Balken an der Schulter deutlicher sind als beim Weibchen, — wenn wir eine ähnliche Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern der so merkwürdig verzierten Art Tragelaphus scriptus (Fig. 68) sehen, so können wir schlies-scn, dass diese Färbungen und verschiedenen Zeichnungen durch geschlechtliche Zuchtwahl wenigstens intensiver geworden sind. Es ist
Fig. 6S. Tragelaphus scriptus, Mannchen (nach der Knowsley-Menagerie).
nicht einzusehen, dass derartige Farben und Zeichnungen von irgend einem directen oder gewöhnlichen Nutzen für diese Thiere wären, und da sie beinahe sicher durch geschlechtliche Zuchtwahl intensiver geworden sind, so ist es wahrscheinlich, dass sie ursprünglich durch diesen nämlichen Process erlangt und dann theilweise auf die Weibchen überliefert wurden. Wird diese Ansicht angenommen, dann kann man nur wenig daran zweifeln, dass die gleichmässigen eigentümlichen
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264 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
Färbungen und Zeichnungen vieler anderen Antilopen, trotzdem sie beiden Geschlechtern gemeinsam zukommen, in einer gleichen Weise erlangt und überliefert wurden. So haben z. B. beide Geschlechter der Kudu-Antilope (Strcpsiceros kudu Fig. 62, S. 224) schmale weisse senkrechte Linien an dem hinteren Theile ihrer Flanken und eine elegante winkelige weisse Zeichnung an ihrer Stirn. Beide Geschlechter der Gattung Damalis sind sehr merkwürdig gefärbt. Bei D. pygarga sind der Kücken und Hals purpurartig roth, schattiren an den Seiten in Schwarz ab und sind dann von dem weissen Bauche und einem grossen weissen Flecke auf der Kruppe scharf abgesetzt. Der Kopf ist noch merkwürdiger gefärbt. Eine grosse oblonge weisse schmal mit Schwarz geränderte Larve bedeckt das Gesicht bis herauf zu den Augen (Fig. 69);
Fig. 69. DamaUs pygarga, Miinnchen (nach der Knowsley-Menagerie).
auf der Stirn finden sich drei weisse Streifen und die Ohren sind mit Weiss gezeichnet. Die Kälber dieser Species sind von einem gleichförmigen blassen Gelhlichbraun. Bei Damalis albifrons weicht die Färbung des Kopfes von der letzterwähnten Species darin ab, dass hier ein einziger weisser Streif die drei Streifen ersetzt und dass die Ohren
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Cap. 18.
Glcichmässige Uebcrlieferung.
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beinahe vollständig weiss sind 37. Nachdem ich, soweit ich es zu thun im Stande war, die geschlechtlichen Verschiedenheiten der zu allen Glassen gehörigen Thiere studirt habe, kann ich nicht vermeiden, den Schluss auszusprechen, dass die merkwürdig angeordneten Farben vieler Antilopen, trotzdem sie beiden Geschlechtern gemeinsam sind, das Resultat ursprünglich" auf das Männchen angewandter geschlechtlicher Zuchtwahl sind.
Dieselbe Folgerung kann vielleicht auch auf den Tiger ausgedehnt werden, eines der schönsten Thiere in der Welt, dessen Geschlechter selbst- von den mit wilden Thieren Handelnden nicht an der Farbe unterschieden werden können. Mr. Wallace glaubt3S, dass das gestreifte Fell des Tigers „so übereinstimmend mit senkrechten Stämmen „des Bambusrohrs sei, dass es das Thier bedeutend beim Beschleichen „seiner Beute unterstütze.^ Doch scheint mir diese Ansicht nicht befriedigend zu sein. Wir haben einige unbedeutende Zeugnisse dafür, dass seine Schönheit Folge geschlechtlicher Zuchtwahl sein mag; denn in zwei Species von Felis sind analoge Zeichnungen und Farben im Ganzen beim Männchen heller als beim Weibchen. Das Zebra ist auffallend gestreift und Streifen können auf den offenen Ebenen von Südafrika keinen Schutz darbieten. Burchell 39 'sagt bei einer Beschreibung einer Heerde Zebras: „ihre schlanken Rippen glänzten in der „Sonne und die Helligkeit und Regelmässigkeit ihrer gestreiften Kleiner bot ein Gemälde ausserordentlicher Schönheit dar, worin sie wahrscheinlich von keinem anderen Säugethiere übertroffen werden." Hier haben wir keinen Beweis für eine geschlechtliche Zuchtwahl, da durch die ganze Gruppe der Equiden die Geschlechter in der Färbung identisch sind. Nichtsdestoweniger wird derjenige, welcher die weissen und dunkeln senkrechten Streifen auf den Flanken verschiedener Antilopen geschlechtlicher Zuchtwahl zuschreibt, wahrscheinlich dieselbe Ansicht auf den Königstiger und das schöne Zebra ausdehnen.
Wir haben in einem früheren Capitel gesehen, dass, wenn junge zu gleichviel welcher Classe gehörige Thiere nahezu dieselbe Lebensweise haben wie ihre Eltern und doch in einer verschiedenen Art und AYeise gefärbt sind, man wohl schliessen kann, dass sie die Färbuug
37 s. die schönen Tafeln in Sir Andrew Smith, Zoology of South Africa und Dr. Gray's Gleanings from tue Menagerie of Knowsley. 3S Westminster Review. July, 1, 1867, p. 5. 39 Travels in South Africa, 1824. Vol. II, p. 315.
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266 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugcthiere. II. Tlieil.
irgend eines alten und ausgestorbenen Urerzeugers beibehalten haben. In der Familie der Schweine und in der Gattung Tapir sind die Jungen mit Längsstreifen gezeichnet und weichen hierdurch von jeder jetzt lebenden erwachsenen Species in diesen beiden Gruppen ab. Bei vielen Arten von Hirschen sind die Jungen mit eleganten weissen Flecken gezeichnet, von denen ihre Eltern nicht eine Spur darbieten. Es lä'sst sich eine allmählich aufsteigende Reihe verfolgen vom Axishirsch, bei welchem beide Geschlechter in allen Altersstufen und während aller Jahreszeiten schön gefleckt sind (wobei die Männchen im Ganzen etwas stärker gefärbt sind als die "Weibchen), bis zu Species, bei welchen weder die Alten noch die Jungen gefleckt sind. Ich will einige Stufen in dieser Reihe anführen. Der mantsehurische Hirsch (Cervas mantschu-ricus) ist während des ganzen Jahres gefleckt: die Flecke sind aber, wie ich im zoologischen Garten gesehen habe, während des Sommers viel deutlicher, wo die allgemeine Farbe des Pelzes heller ist, als während des Winters, wo die allgemeine Färbung dunkler ist und die Hörnet- vollständig entwickelt sind. Bei dem Schweinshirsch (Ihjelaphus porcinus) sind die Flecke während des Sommers äusserst auffallend, wo der ganze Pelz röthlich braun ist, verschwinden aber während des Winters, wo der Pelz 'braun wird, vollständig40. In diesen beiden Species sind die Jungen gefleckt. Bei dem virginischen Hirsche sind die Jungen gleichfalls gefleckt, und von den erwachsenen in Judge Caton's Park lebenden Thieren bieten, wie mir derselbe mitgetheilt hat, ungefähr fünf Procent zeitweise in der Periode, wenn das rothe Sommerkleid durch das bläuliche AVinterkleid ersetzt wird, eine Reihe von Flecken auf jeder Flanke dar, welche beständig der Zahl nach gleich, wennschon an Deutlichkeit sehr variabel sind. Von diesem Verhältnisse ist dann nur ein sehr kleiner Schritt zu dem vollständigen Fehlen von Flecken zu allen Jahreszeiten bei den Erwachsenen, und endlich bis zu dem Fehlen derselben auf allen Altersstufen, wie es bei gewissen Species vorkommt. Aus der Existenz dieser vollkommenen Reihe und ganz besonders aus dem Umstände, dass die Kälber so vieler Species gefleckt sind, können wir schliessen, dass die jetzt lebenden Glieder der Familie der Hirsche die Nachkommen einer alten Species
40 Dr. Gray, Gleanings from the Menagerie of Knowsley, p. fii. Mr. Blyth erwähnt den Schweinshirsch von Ceylon (Land and Water, 1800, p. 42) und sagt, dass er in der Jahreszeit wo er sein Geweihe erneuert, heller mit Weiss gefleckt ist als der gemeine Schweinshirsch.
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Cap, 18.
Flecken mul Streifen.
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sind, welche wie der Axishirsch auf allen Altersstufen und zu allen Jahreszeiten gefleckt war. Ein noch früherer Urerzeugor war wahrscheinlich in einer gewissen Ausdehnung dem Ilyomoschus aquatkus ähnlich; denn dieses Thier ist gefleckt und die hornlosen Männchen haben grosse vorspringende Eckzähne, von denen einige wenige echte Hirsche noch Rudimente bewahren. Es bietet dies auch einen jener interessanten Fälle von Formen dar. welche zwei Gruppen mit einander verbinden, da es in gewissen osteologischen Merkmalen zwischen den Pachydermen und Ruminanten mitten inne steht, welche man früher für vollkommen verschieden hielt41.
Hier entsteht nun eine merkwürdige Schwierigkeit. Wenn wir zugeben, dass gefärbte Flecken und Streifen als Zierathen erlangt worden sind, woher kommt es, dass so viele jetzt lebende Hirsche, die Nachkommen eines ursprünglich gefleckten Thieres, und sämmtliche Arten von Schweinen und Tapiren, die Nachkommen eines ursprünglich gestreiften Thieres, in ihrem erwachsenen Zustande ihre früheren Verzierungen verloren haben? Ich kann diese Frage nicht befriedigend beantworten. Wir können ziemlich sicher sein, dass die Flecken und Streifen bei den Voreltern unserer jetzt lebenden Species zur Zeit oder nahe der Zeit der Reife verschwanden, so dass sie von. den Jungen und in Folge des Gesetzes der Vererbung auf entsprechende Altersstufen auch von den Jungen aller späteren Generationen beibehalten wurden. Es mag für den Löwen und das Puma ein grosser Vortheil gewesen sein, wegen der offenen Beschaffenheit der Localitäten, in welchen sie gewöhnlich jagen, ihre Streifen verloren zu haben und hierdurch für ihre Beute weniger auffallend geworden zu sein; und wenn die nacheinanderfolgen-den Abänderungen, durch welche dieser Zweck erreicht wurde, im Ganzen spät im Leben erschienen, so werden die Jungen ihre Streifen behalten haben, wie es bekanntlich der Fall ist. Was die Hirsche, Schweine und Tapire betrifft, so hat Fritz Müller die Vermuthung gegen mich ausgesprochen, dass diese Thiere durch die Entfernung ihrer Flecken und Streifen mit Hülfe der natürlichen Zuchtwahl von ihren Feinden weniger leicht werden gesehen worden sein, und sie werden besonders eines solchen Schutzes bedurft haben, sobald die Carnivoren während der Tertiärzeit an Grösse "und Anzahl zugenommen haben. Dies kann wohl die richtige Erklärung sein; es ist aber befremdend, dass die
41 Falconer and Cantley, Pr'oceed. Geolog. Soc. 1843, und Falconer, Palaeont. Memoirs, Vol. I, p. 196.
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268 Geschlechtliche Zuchtwahl: Siiugethiere. II. Theil.
Jungen nicht gleich gut geschützt sein sollten, und noch befremdender, dass bei einigen Arten die Erwachsenen ihre Flecke entweder theilweise oder vollständig während eines Theiles des Jahres beibehalten haben sollten. Können wir die Ursache auch nicht erklären, so wissen wir doch, dass wenn der domesticirte Esel variirt und röthlicli-brami, grau oder schwarz wird, die Streifen auf den Schultern und selbst am Kücken häufig verschwinden. Sehr wenige Pferde, mit Ausnahme mausbraun gefärbter Arten, bieten auf irgend einem Theile ihres Körpers Streifen dar und doch haben wir guten Grund zu glauben, dass das ursprüngliche Pferd an den Beinen und dem Rückgrate und wahrscheinlich an den Schultern gestreift war42. Es kann daher das Verschwinden der Flecken und Streifen bei unseren erwachsenen jetzt lebenden Hirschen, Schweinen und Tapiren Folge einer Veränderung der allgemeinen Farbe ihres Haarkleides sein; ob aber diese Veränderung durch geschlechtliche oder natürliche Zuchtwahl bewirkt wurde oder Folge der directen Wirkung der Lebensbedingungen oder irgend welcher anderer unbekannter Ursachen war, ist unmöglich zu entscheiden. Eine von Mr. Sclater gemachte Beobachtung erläutert sehr gut unsere Unwissenheit von den Gesetzen, welche das Auftreten und Verschwinden von Streifen reguliren: die Species von Asinus, welche den asiatischen Continent bewohnen, entbehren der Streifen und haben nicht einmal den queren Schulterstreif, während diejenigen, welche Afrika bewohnen, auffallend gestreift sind mit der theilwcisen Ausnahme von A. taeniopus, welcher nur den queren Schulterstreif und meist' einige undeutliche quere Streifen an den Beinen besitzt; und diese letztere Species bewohnt die fast mitten innen liegenden Gegenden von Oberägypten und Abyssinien 4S.
Quadriimanen. — Ehe wir zum Schlüsse gelangen, wird es geratheii sein, einige wenige Bemerkungen den über die ornamentalen Charactere der Affeu bereits mitgetheilten noch hinzuzufügen. Bei den meisten Species sind die Geschlechter einander in der Farbe ähnlich, aber bei einigen weichen, wie wir gesehen haben. die Männchen von den Weibchen ab-, besonders in der Farbe der nackten Hautstellen, in der Entwickelung des Kinnbartes, Backenbartes und der Mähne. Viele
42 Das Variiren der Thicre und Pflanzen im Zustande der Domestication, 1868. Bd. 1, S. 68—81.
4! Proceed. Zoolog. Soc. 1862, p. 164. s. auch Dr. Hart mann, Annal. d. Landwirthsch. Bd. 43, S. 222.
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Cap. 18. Quadntmanerl. 269
Species sind in einer entweder so ausserordentlichen oder so schönen Art und Weise gefärbt und sind mit so merkwürdigen und eleganten Haarkämmen versehen, dass wir es kaum vermeiden können, diese Cha-ractere als solche zu betrachten, welche zum Zwecke der Verzierung erlangt worden sind. Die beiste'henden Figuren (Fig. 70—74) sollen dazu dienen, die Anordnung des Haares am Gesicht und Kopf in mehreren Species zu erläutern. Es ist kaum zu begreifen, dass diese Haarkämme und die scharf contrastireuden Farben des Pelzes und der Haut
Fig. 70. Kopf von Seinnopithecus rubieundu/t. Diuse und die folgenden Abbildungen (nach Gervais) werden mitgetheilt, um die merkwürdige Anordnung und Kntwickelung des Haares am Kopfe
zu zeigen.
das Eesultat blosser Variabilität ohne die Hülfe von Zuchtwahl sein sollten, und es ist nicht einzusehen, dass sie für diese Thiere von irgend welchem Nutzen seien. Ist dies aber so, so sind sie wahrscheinlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt, indessen gleichmässig oder beinahe gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert worden. Bei vielen Quadrumanen haben wir noch weitere Belege für die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl in der bedeutenderen Grösse und Kraft der Männchen und in der stärkeren Entwickelung der Eckzähne im Vergleich mit denen der Weibchen.
In Bezug auf die fremdartige Weise, in welcher beide Geschlechter
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270 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethierc. lt. Theil.
einiger Species gefärbt sind, und auf die Schönheit anderer werden wenige Beispiele genügen. Das Gesicht des Cercopithecus petaitrista
Fig. 7 1. Fig. T*.
Fig. 71. Kopf von SmmopitAecus comatus. Fig. 72. Kopf von Cebus capucimis.
Fig. 73. Kopf von Atelen marginaius. Fig. 74. Kopf von Cebus velhrosus.
(Fig. 75) ist scliwarz, der Backen- und Kinnbart ist weiss, dabei findet sich ein umschriebener weisser Fleck auf der ]STase, der mit kurzen weissen Haaren bedeckt ist, was dem Thiere einen fast lächerlichen Anblick gibt. Der Semnopithecus frontatus hat gleichfalls ein schwärzliches Gesicht mit einem langen schwarzen Barte und einem grossen nackten Flecken an der Stirn von einer bläulich weissen Färbung. Das Gesicht von Macacus lasiolus ist schmutzig fleischfarben mit einem umschriebenen rothen Flecke auf jeder Backe. Die äussere Erscheinung des Cercocebus aelhiops ist grotesk mit seinem schwarzen Gesichte, seinem weissen Backenbarte und Kragen, seinem braunen Kopfe und einem grossen nackten weissen Flecken über jedem Augenlide. In sehr vielen Species sind der Kinnbart, Backenbart und die Haarkämme rings um das Gesicht von einer andern Farbe als das Uebrige des Kopfes, und wenn sie verschieden sind, sind sie immer von einer helleren Fär-
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Cap. 18. Quadrnmanen. 271
bung 44, häufig rein weiss, zuweilen gelb oder röthlich. Das ganze Gesicht des südamerikanischen Brachyttrus calrtts ist „von einer glühen-„den Scharlachfärbung", doch erscheint diese Farbe nicht eher als bis das Thier nahezu geschlechtsreif ist 45. Die nackte Haut des Gesichts
Fig. 75. Cercopilhrcus petaurista (aus ßrehm, Thierlebcn).
weicht in der Farbe bei den verschiedenen Species wunderbar ab. Sie ist oft braun oder fleischfarben mit vollkommen weissen Theilen und
41 Ich beobachtete diese Thatsache in den zoologischen Gärten; zahlreiche Beispiele sind auch in den colorirten Tafeln zu Geoffroy St.IIilaire und F. Cnvier, Hist. natur. des Mammiferes, Tom. I. 1824, zu finden.
*'' Bates, The Naturalist on the Amazons. 1803. Vol. II, p. 310.
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272 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethieve. IL Theil.
häufig so schwarz wie die Haut des schwärzesten Negers. Bei dem Brachyurus ist der scharlacheiie Ton heller als der des am schönsten errötheuden kaukasischen Mädchens. Die nackte Haut ist zuweilen deutlicher orange als bei irgend einem Mongolen und in mehreren Spe-cies ist sie blau in Violett oder in Grau übergehend. Bei allen den Mr. Babtlett bekannten Sp'ecies, bei welchen die Erwachsenen beiderlei Geschlechtes stark gefärbte Gesichter haben, sind die Farben während der früheren Jugend stumpf oder fehlen. Dies gilt gleichfalls für den Mandrill und Ehesus, bei denen das Gesicht und die hinteren Theile des Körpers allein bei dem einen Geschlechte brillant gefärbt sind. In diesen letzteren Fällen haben wir allen Grund zu glauben, dass die Farben durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden, und wir werden natürlich dazu geführt, dieselbe Ansicht auch auf die vorstehend erwähnten Species auszudehnen, wenngleich bei diesen, wenn sie erwachsen sind, die Gesichter beider Geschlechter in einer und derselben Art gefärbt sind.
Obschon unserem Geschmacke nach viele Arten von Affen bei Weitem nicht schön sind, so werden doch andere Species allgemein wegen ihrer eleganten Erscheinung und ihrer hellen Farben bewundert. Der Semnopithecus nemaeus wird, obschon eigenthümlich gefärbt, doch als äusserst schön beschrieben. Das orange gefärbte Gesicht wird von einem langen Backenbarte von glänzender Weisse umgeben mit einer kastanienbraunen Linie über den Augenbrauen. Der Pelz am Rücken ist von einem zarten Grau, aber ein vierekiger Fleck auf den Lenden, der Schwanz und die Vorderarme sind "sämmtlich von reinem Weiss. Oberhalb der Brust findet sich eine kastanienbraune Kehle. Die Oberschenkel sind schwarz, die Beine kastanienroth. Ich will hier noch zwei andere Affen wegen ihrer Schönheit erwähnen, und ich habe gerade diese ausgewählt, da sie leichte geschlechtliche Verschiedenheiten in der Färbung darbieten, was es in einem gewissen Grade wahrscheinlich macht, dass beide Geschlechter ihre elegante Erscheinung geschlechtlicher Zuchtwahl verdanken. Bei dem Schnurrbartaffen (Cercopithecus cephus) ist die allgemeine Farbe des Pelzes grünlich gefleckt mit weisser Kehle; beim Männchen ist das Ende des Schwanzes kastanienbraun; aber das Gesicht ist der verzierteste Theil: die Haut ist nämlich hauptsächlich bläulichgrau schattirt, unterhalb der Augen in einen schwärzlichen Tone übergehend : dabei ist die Oberlippe von einem zarten Blau und an dem unteren Kande mit einem düunen schwarzen Schnurrbart eingefasst. Der
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Cap. IS. Quailrumaiien. 273
Backenbart ist orangefarben mit dem oberen Tlieile schwarz und bildet ein sich rückwärts bis zu den Ohren streckendes Band, welch' letztere mit weisslichen Haaren bekleidet sind. Im zoologischen Garten habe ich häufig Besucher die Schönheit'eines anderen Affen bewundern hören, verdientermaassen Cercopitlterus Diana genannt (Fig. 76). Die allgemeine Farbe des Pelzes ist grau, die Brust und die innere Fläche der Vorder-
Fig. 76. Ceropltheeun Diana (aus B r e h m, TliicL-lebmi).
beine sind weiss. Ein grosser dreieckiger umschriebener Fleck an dem hintern Tlieile des Rückens ist tief kastanienbraun. Beim Männchen sind die inneren Seiten der Oberschenkel und der Bauch zart rehfarben und der Scheitel des Kopfes ist schwarz. Das Gesicht und die
Darwin, Abstammung. It. Zweite Aullage. IS
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274 Geschlechtliche Zuchtwahl: Säugethiere. II. Theil.
Ohren sind intensiv schwarz und contrastiren schön mit einem weissen quer über die Augenbrauen laufenden Kamme und mit einem langen weissen zugespitzten Bart, dessen basaler Theil schwarz ist 46.
Bei diesen und vielen anderen Affen nöthigen mich die Schönheit und die eigenthümliche Anordnung der Kämme und Büschel von Haaren an ihren Köpfen zu der Ueberzeugung, dass diese Charactere durch geschlechtliche Zuchtwahl ausschliesslich als Zierathen erlangt worden sind.
Zusammenfassung. — Das Gesetz des Kampfes um den Besitz des Weibchens scheint durch die ganze grosse Classe der Säugethiere zu herrschen. Die meisten Naturforscher werden zugeben, dass die bedeutendere Grösse, Kraft, der grössere Muth und die grössere Kampfsucht des Männchens, seine speciellen Angriffswaffen ebenso wie seine speciellen Vertheidigimgsmittel sämmtlich durch jene Form von Zuchtwahl erlangt oder modificirt worden sind, welche ich geschlechtliche Zuchtwahl genannt habe. Dies hängt nicht von irgend einer Ueber-legenheit in dem allgemeinen Kampfe um das Leben ab, sondern davon, dass gewisse Individuen des einen Geschlechtes, und allgemein des männlichen, bei der Besiegung anderer Männchen erfolgreich gewesen sind und eine grössere Zahl von Nachkommen hinterlassen haben, ihre Superiorität zu erben, als die weniger erfolgreichen Männchen.
Es gibt noch eine andere und friedfertigere Art von Wettkämpfen, bei welchen die Männchen versuchen, die Weibchen durch verschiedene Reize anzuregen oder zu locken. Dies kann durch die kräftigen Gerüche bewirkt werden, welche die Männchen während der Paarungszeit aussenden, wobei die Kiechdrüsen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Ob dieselbe Ansicht auch auf die Stimme ausgedehnt werden kann, ist zweifelhaft; denn die Stimmorgane der Männchen können durch den Gebrauch während des geschlechtsreifen Alters unter- den ...kräftigen Erregungen der Liebe, Eifersucht oder Wuth gekräftigt und auf dasselbe Geschlecht überliefert worden sein. Verschiedene Kämme, Büschel und Mäntel von Haaren, welche entweder auf die Männchen beschränkt oder bei diesem Geschlechte bedeutender ent-
46 Ich habe die meisten der obengenannten Affen in dem Garten der Zoolo-gical Society gesehen. Die Beschrcilnmg des Semnopitliecus -itemaeus ist entnommen aus W. C. Martin, Natur. Hist. of Mamm.ilia, 1841, p. 4G0; s. auch 1>. 475, 523.
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Cap. 18. Zusammenfassung. 275
wickelt sind als bei den Weibchen, scheinen in den meisten Fällen nur ornamental zu sein, obschon sie zuweilen bei der Vertheidigung gegen rivalisirende Männchen dienstbar sind. Es ist selbst Grund zur Ver-muthung vorbanden, dass das verzweigte Geweihe der Hirsche und die eleganten Homer der Antilopen, obschon sie eigentlich als Ahgriffs-oder Verteidigungswaffen dienen, zum Theil zum Zwecke einer Verzierung modificirt worden sind.
Wenn das Männchen in der Farbe vom Weibchen verschieden ist, so bietet es allgemein dunklere und schärfer contrastireude Farbentöne dar. Wir begegnen in dieser Gasse nicht jenen glänzenden", rothen, blauen, gelben und grünen Farben, welche bei männlichen Vögeln und vielen anderen Thieren so häufig sind. Indessen müssen hier die nackten Hautstellen gewisser Qnadrumaneu-ausgenommen werden; denn derartige Theile, zuweilen in merkwürdiger Lage, sind in einigen Fällen auf die brillanteste Weise gefärbt." Die Farben des Männchens können die Folge einfacher, ohne' die Hülfe einer Zuchtwahl eintretender Abänderungen sein. Wenn aber die Färbungen mannichfaltig und scharf ausgesprochen werden, wenn sie nicht eher entwickelt werden als in der Nähe der Zeit der Geschlechtsreife und wenn sie nach der Entmannung verloren werden, so können wir die Folgerung kaum vermeiden, dass sie durch geschlechtliche Zuchtwahl zum Zwecke des Ornamentes erhalten und ausschliesslich oder beinahe ausschliesslich auf dasselbe Geschlecht überliefert worden sind. Wenn beide Geschlechter in einer und derselben Art gefärbt und die Farben auffallend oder eigentümlich angeordnet sind, ohne dass diese von dem allergeringsten scheinbaren Nutzen als Schutzmittel sind und besonders wenn dieselben in Verbindung mit verschiedenen andern ornamentalen Anhängen auftreten, so werden wir durch Analogie zu demselben Schlüsse geführt, nämlich dass sie durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt, indessen hier auf beide Geschlechter überliefert worden sind. Dass auffallende und verschiedenartige Färbungen, mögen sie auf die Männchen beschränkt oder beiden Geschlechtern gemeinsam sein, der allgemeinen Kegel nach in denselben Gruppen und Untergruppen mit anderen seeundären Sexnalcbaracteren verbunden auftreten, welche entweder zum Kampfe oder zur Zierath dienen, — dies wird man für zutreffend halten, wenn man auf die verschiedenen' in diesem und dem letzten Capitel mitgetheilten Fälle zurückblickt.
Das Gesetz der gleichmässigen Ueberliefenmg von Characteren auf beide Geschlechter, soweit Farben und andere Zierathen in Betracht
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276 Geschlechtliche Zuchtwahl: Siiugcthiere. II. Theil.
kommen, hat bei Säugethiereii in viel ausgedehnterer Weise geherrscht als bei Vögeln; aber was Waffen, wie die Hörner und Stosszähne betrifft, so sind diese häufig entweder ausschliesslich oder in einem viel höheren Grade den Männclien überliefert worden als den Weibchen. Dies ist ein überraschender Umstand; denn da die Männchen allgemein ihre Waffen zur Vertheidignng gegen ihre Feinde aller Art brauchen, würden diese Waffen auch den Weibchen von grossem Nutzen gewesen sein. Ihr Fehlen in diesem Geschlechte kann, soweit wir sehen können, nur durch die vorherrschende Form der Vererbung erklärt werden. Endlich ist bei Säugethiereii der Kampf zwischen den Individuen eines und des nämlichen Geschlechtes, mag er friedfertiger oder blutiger Natur sein, mit den seltensten Ausnahmen auf die Männchen beschränkt worden, so dass diese entweder zum'Kampfe unter einander oder zum Anlocken des anderen Geschlechtes viel gewöhnlicher als die Weibchen durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt worden sind.
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Neunzehntes Capitel.
Secuiuliire Sexualcharactere des Menschen,
Verschiedenheiten zwischen dem Mann und der Frau. — Ursachen derartiger Verschiedenheiten und gewisser, beiden Geschlechtern eigener Charactere. — Gesetz des Kampfes. — Verschiedenheiten der Geisteskräfte — und der Stimme. — lieber den Einfluss der Schönheit auf das Eingehen von Hei-rathen beim Menschen. — Aufmerksamkeit der Wilden auf Zierathen. — Ihre Ideen von Schönheit der Frauen. — Neigung, jede natürliche Eigen-thiimlichkeit zu übertreiben
Beim Menschen sind die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern grösser als bei den meisten Arten der Quadrumaiien, aber nicht so gross wie bei einigen., z. B beim Mandrill. Der Mann ist im Mittel beträchtlich grösser, schwerer und stärker als die Frau, mit viereckigen Schultern und deutlicher ausgesprochenen Muskeln. In Folge der Beziehung, welche zwischen der Entwickeliing des Muskelsystcms und den Vorsprüngen der Augenbrauen besteht', ist die Augenbrauenleiste beim Mann stärker ausgesprochen als bei der Frau. Sein Körper und besonders sein Gesicht ist behaarter und seine Stimme hat einen verschiedenen und kräftigeren Ton. Bei gewissen Stämmen sollen die Frauen, — ob dies aber richtig ist, weiss ich nicht, — unbedeutend in der Färbung von den Männern abweichen, und bei Europäern sind vielleicht die Frauen die heller gefärbten von beiden,* wie mau sehen kann, wenn beide Geschlechter gleichmässig dem Wetter ausgesetzt gewesen sind.
Der Manu ist muthiger, kampflustiger und energischer als die Frau und hat einen erfinderischeren Geist. Sein Gehirn ist absolut grösser, ob aber auch relativ im Verhältniss zur bedeutenderen Grösse seines Körpers im Vergleich mit dem der Frau, ist, wie ich glaube, nicht ganz sicher ermittelt worden. Bei der Frau ist das Gesicht runder, die Kiefern und die Basis des Schädels sind kleiner, die Umrisse ihres
1 Schaaffliaüsen, in: Anthropological Review, Oct. 1S68, p. 419, 420, 427.
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2;8 Geschlechtliche Zuchtwahl: Meu'sch. II. Theil.
Körpers sind runder und ihr Becken ist breiter als beim Mann2. Dieser letztere Character dürfte aber vielleicht eher als ein primärer, denn als ein seeundärer Sexualcharacter betrachtet werden. Das Weib wird auch eher geschlechtsreif als der Mann.
Wie bei Thicron aus allen Classen, so werden auch beim Menschen die unterscheidenden Merkmale des männlichen Geschlechts nicht eher völlig entwickelt als bis er nahezu geschlechtsreif ist, und wenn er entmannt wird, erscheinen sie niemals. Der Bart ist z. B. ein seeundärer Sexualcharacter, und männliche Kinder sind bartlos, trotzdem sie in frühem Alter reichliche Haare auf ihren Köpfen haben. Es ist wahrscheinlich eine Folge des im Ganzen erst spät im Leben erfolgenden Auftretens der nach einander erscheinenden Abänderungen, durch welche der Mann seine männlichen Charactere erhalten hat, dass dieselben nur auf's männliche Geschlecht überliefert werden. Knaben und Mädchen sind einander sehr ähnlich, ebenso wie die Jungen von vielen anderen Thieren, bei denen die erwachsenen Geschlechter verschieden sind. Sie sind auch dem erwachsenen Weibchen viel ähnlicher als dem erwachsenen Männchen. Die Frau nimmt indessen zuletzt gewisse bestimmte Merkmale an und steht, wie man sagt, in der Bildung ihres Schädels mitten innen zwischen dem Kinde und dem Manne3. Wie ferner die Jungen von nahe verwandten aber verschiedenen Species bei Weitem nicht so verschieden von einander sind als die Erwachsenen, so verhält es sich auch mit den Kindern der verschiedenen Kassen des Menschen. Einige Forscher haben sogar behauptet, dass Rassen Verschiedenheiten am kindlichen Schädel nicht nachgewiesen werden können4. Was die Farbe betrifft, ,so ist das neugeborene Negerkind röthlich nussbraun, was bald in schiefergrau übergeht; die schwarze Farbe entwickelt sich im Sudan innerhalb des ersten Jahres vollständig, aber in Aogypten nicht vor drei Jahren. Die Augen des Negers sind zuerst blau und das Haar ist mehr kastanienbraun als schwarz und nur an den Enden gekräuselt. Die Kinder der Australier sind unmittelbar nach der Geburt gelblich braun und werden in einem späteren Alter dunkel. Die
1 Ecker, in: Anthropological Review, Oct. 1868, p. 361—356. Die Ver-gleichung der Form des Schädels heim Mann und bei der Frau ist von AVelcker sehr -sorgfältig verfolgt worden.
3 Ecker und "Welcker, ebenda, p. 352, 355. C. Vogt, Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1, S. Ol.
4 Schaaffbausen, Anthropological Review, a. a. 0. p. 429.
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Cap. 19. Geschlechtliche Verschiedenheiten. 279
Kinder der Guaranys von Paraguay sind weisslich gelb, erlangen aber im Laufe weniger Wochen die gelblich braune Färbung ihrer Eltern. Aehnliche Beobachtungen sind in mehreren andern Theilen von Amerika gemacht worden 5.
Ich habe die vorstehenden bekannteren Verschiedenheiten zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte beim Menschen speciell angeführt, weil sie in einer merkwürdigen Weise dieselben sind wie bei den Quadrumanen. Bei diesen Thieren ist das Weibchen in einem früheren Alter geschlechtsreif als das Männchen, wenigstens ist dies der Fall beim Cebus azarae6. Bei .den meisten der Species sind die Männchen grösser und stärker als die Weibchen, für welche Thatsache der Gorilla ein wohlbekanntes Beispiel darbietet. Selbst in einem so unbedeutenden Merkmale, wie dem grösseren Vorspringen der Augenbrauenleiste, weichen die Männchen gewisser Affen von den Weibchen' ab 7 und stimmen in dieser Hinsicht mit dem Menschen überein. Beim Gorilla und gewissen anderen Affen bietet der Schädel des erwachsenen Männchens einen scharf ausgesprochenen Sagittalkamm dar, welcher beim Weibchen fehlt und Eckek fand eine Spur einer ähnlichen Verschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern bei den xlustraliern8. Wenn sich bei den Affen irgend eine Verschiedenheit in der Stimme findet, so ist die des Männchens die kräftigere. Wir haben gesehen, dass gewisse männliche Affen einen wohlentwickelten Bart haben, welcher beim Weibchen vollständig fehlt oder viel weniger entwickelt ist. Es ist kein Beispiel bekannt, dass der Kinnbart, Backenbart oder Schnurrbart bei einem weiblichen Affen grösser wäre als bei dem männlichen. ' Selbst in der Farbe des Bartes besteht ein merkwürdiger Parallelismus zwischen dem Menschen und den Quadrumanen; denn wenn beim Menschen der Bart in der Farbe vom Kopfhaar verschieden ist,
5 Prnner-Bey, über Negerkinder, angeführt von C.Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 238. "Wegen weiterer Thatsachen über Negerkind er, nach Winterbottom's und Camper's Angaben s. Lawrence, Lectures on Physio-logy, 1822, p. 451. In Bezug auf die Kinder der Gnarany's s. Rengger, Säu-gethiere von Paraguay, S. 3. s. auch Godrou, De l'Espece, Tom. II. 1859, p. 253. "Wegen der Australier s. Waitz, Introduction to Anthropology. 18G3, p. 99.
(i Rengger, Säugethiere etc. 1830. S. 49.
7 Wie hei Macacus cynomolyus (Besmarest, Mammalogie, p. 65) und bei " Hylobates ayilii (Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, llist. natur. des Mam-
miferes. 1824. Tom. I, p. 2.
8 Autropological Review, Oct. 1868, p. 353.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil.
wie es ja häufig der Fall ist, so ist er, wie ich glaube, ausnahmslos von einer helleren Färbung und häufig röthlich. Ich habe diese That-sache in England beobachtet, und Dr. Hooker, welcher auf diesen kleinen Punkt- in meinem Interesse in Kussland aufmerkte, findet keine Ausnahme von der Regel. In Calcutta war Mr. J. Scott von dem dortigen botanischen Garten so freundlich, sorgfältig die vielen Menschenrassen, die dort ebenso wie in einigen anderen Theilen Indiens zu sehen sind, zu beobachten, nämlich zwei Rassen in Sikkim, die Bhoteas, die Hindns, die Birmesen und die Chinesen. Obgleich die meisten dieser Rassen sehr wenig Haare im Gesicht haben, so fand er doch immer, dass wenn irgend eine Verschiedenheit in der Farbe /.wischen dem Kopfhaar und dem Barte bestand, der letztere ausnahmslos von einer helleren Färbung war. Nun weicht bei Affen, wie schon angeführt wurde, der Bart häufig in einer auffallenden Weise seiner Farbe nach von dem Haare auf dem Kopfe ab, und in derartigen Fällen ist er ausnahmslos von einem helleren Tone, oft rein weiss und zuweilen gelb oder röthlich 9.
Was das allgemeine Behaartsein des Körpers betrifft, so sind die Frauen bei allen Rassen weniger behaart als die Männer und bei einigen wenigen Quadrumanen ist die- untere Seite des Körpers^ beim Weibchen weniger beliaart als beim Männchen lu. Endlieh sind männliche Affen, ebenso wie die Männer, kühner und feuriger als die Weibchen. Sie führen den Trupp an und kommen wenn Gefahr vorhanden ist an dessen Spitze. Wir sehen hieraus, wie nahe der Parallelismus zwischen den geschlechtlichen Verschiedenheiten des Menschen und der Quadrumanen ist. Bei einigen wenigen Bpecies indessen, wie bei gewissen Pavianen, dem Gorilla und dem Orang, besteht ein beträchtlich grös-
9 Mr. Blyth theilt mir mit, dass er überhaupt nicht mehr als ein einziges Beispiel gesehen habe, wo der Kinn-, Backenbart u.- s. f. bei einem Affen in hohem Alter weiss geworden wäre, wie es so gewöhnlich der Fall bei uns ist. Doch kam dies bei einem alten gefangen gehaltenen 3Iacacus cynomölyua vor, dessen Schnurrbart „merkwürdig lang und menschenähnlich" war. Ueberhaupt bot dieser alte Affe eine lächerliche Aehnlichkeit mit einem der regierenden Monarchen von Europa dar, nach welchem er scherzweise beständig genannt wurde. Bei gewissen Menschenrassen wird das Barthaar kaum jemals grau; so hat Dr. Forhes, wie er mir mitgetheilt hat, niemals ein solches Beispiel bei den Aymaras und Quechuas von Süd-Amerika gesehen.
" Dies ist der Fall bei den Weibchen mehrerer Species von Hylohates: s. Geoffroy St. Ililaire und F. Cuvier, Hist. natur. des Mammif. Tom. I. s., auch, über II. lar die Benny Encyclopaedia, Vol. II, p. 141), 150.
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Cap. 19. Geschlechtliche Verschiedenheiten. 281
serer Unterschied zwischen den Geschlechtern als beim Menschen, und zwar in der Grösse der Eckzähne, in der Entwickelung und Farbe des Haars und besonders in der Farbe der nackten Hautstellen.
Die secnndären Sexualcharactere des Menschen sind sämrntlich äusserst variabel, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Easse oder Subspecies, und sie weichen auch in den verschiedenen Kassen bedeutend ab. Diese beiden Regeln gelten allgemein durch das ganze Thierreich. Nach den ausgezeichneten an Bord der Novara gemachten Beobachtungen ] l fand man, dass die männlichen Australier die weiblichen nur um fünfundsechzig Millimeter au Höhe übertrafen, während bei den Javanesen der mittlere Mehrbetrag zweihundertachtzehn Millimeter war, so dass bei dieser letzteren Easse die Verschiedenheit in der Grösse zwischen den Geschlechtern mehr als dreimal so gross war als bei den Australiern. Die zahlreichen Messungen anderer Rassen in Beziehung auf die Körpergrösse, den Umfang des Halses und der Brust, die Länge des Rückgrates und der Arme, welche sorgfältig angestellt wurden, zeigten beinahe alle, dass die Männer viel mehr von einander verschieden waren, als die Frauen. Diese Thatsache zeigt, dass, soweit diese Merkmale in Betracht kommen, es der Mann ist, welcher hauptsächlich seit der Zeit modificirt wurde, in welcher die Eassen von ihrer gemeinsamen und ursprünglichen Stammform divergirten.
Die Entwickelung des Bartes und das Behaartsein des Körpers sind bei Menschen merkwürdig verschieden, welche zu verschiedenen Eassen und selbst zu verschiedenen Familien in einer und derselben Rasse gehören. Wir Europäer sehen das schon unter uus. Auf der Insel von St. Kilda erhalten nach der Angabe von Martin ,2 die Männer nicht eher Barte, welche auch noch sehr dünn sind, als bis sie in das Alter von dreissig oder noch mehr Jahren gelangen. Auf dem europäisch-asiatischen Continente herrscheu Barte bis wir jenseits Indien kommen, obschon sie bei den Eingeborenen von Ceylon, wie in alten Zeiten von Diodorus angeführt wird 1S, häufig fehlen. Jenseits Indiens verschwinden die Barte, so bei den Siamesen, Malayen, Kaimucken,
" Die Resultate wurden von Dr. Weishaeh nach den Messungen der Dr. Dr. K. Scherzer und Schwarz rednrirt; s. Reise der Novara; Anthropologischer Theil, 1S67. S. 21G, 231, 234, 236, 239, 2ß9.
12 Voyage to St. Kilda (3. .edit.). 1753, p. 37.
" Sir J. E. Tennent, Ceylon; Vol. II. 1859, p. 107.
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282 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
Chinesen und Japanesen. Nichtsdestoweniger sind die Ainos '*, welche die nördlichen Inseln des japanesischen Archipels bewohnen, die behaartesten Menschen der Welt. Bei Negern ist der Kinnbart dürftig oder fehlt ganz, auch haben sie keine Backenbärte; in beiden Geschlechtern fehlt das feine Wollhaar am Körper fast ganz '5. Auf der anderen Seite besitzen die Papuas des malayischen Archipels, welche nahezu so schwarz sind wie die Neger, wohlentwickelte Barte 16. Im stillen Ocean haben die Einwohner des Fiji-Archipels grosse buschige Barte, während diejenigen der nicht weit davon entfernten Archipele von Tonga und Samoa bartlos sinet. Es gehören aber diese Menschen verschiedenen Kassen au. Auf der Ellice-Gruppe gehören alle Einwohner zu einer und derselben Kasse; und doch haben auf der einen Insel allein, nämlich auf Nunemaya, »die Männer prachtvolle Barte", während auf den andern Inseln sie „der Kegel nach ein Dutzend zerstreut stehender „Haare statt eines Bartes besitzen" ".
Ueber den ganzen grossen amerikanischen Continent, kann man sagen, sind die Männer bartlos, aber in beinahe allen Stämmen ersclieinen gern einige wenige kurze Haare im Gesicht, besonders im hohen Alter. Was die Stämme von Nordamerika betriift, so schätzt Catlin, dass unter zwanzig Mähnern achtzehn von Natur vollständig einen Bart entbehren, aber gelegentlich ist ein Mann zu sehen, welcher versäumt hat, die Haare zur Pubertätszeit auszureissen, und einen weichen, einen oder zwei Zoll langen Bart hat. Die Guaranys von Paraguay weichen von allen sie umgebenden Stämmen darin ab, dass sie einen kleinen Kinnbart und selbst einige Haare am Körper haben, aber keinen Backenbart ,8. Mr. D. Forbes, welcher diesem Punkte besondere Aufmerk-
14 Quatrefages, Revue des Cours scieiitifiques. Aug. 20. 1868, p. G30. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159.
15 Ueber die Barte der Neger s. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159. Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Bd, 1, S. 110. Es ist merkwürdig, dass in den Vereinigten Staaten (Investigations in Military and An-thropological Statistics of American Soldiers. 1809, p. 569) die reinen Neger und ihre gekreuzten Nachkommen beinahe so behaarte Körper zu haben scheinen wie die Europäer.
16 "Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1S69, p. 178.
17 Dr. J. Barnard Davis, on Oceanic Races. in: Anthropological Review. April, 1870, p. 185, 191.
18 Catlin, North American Indiaus, 3. ed. 1842. Vol. II, p. 227. Ueber die Guaranys s. Azara, Voyage dans I'Amerique meridion. Tom. II. 1809, p. 58, und Rengger, Säugethiere von Paraguay, S. 3.
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Cap. 10. Gesetz des Kampfes. 2S3
samkeit schenkte, hat mir mitgetheilt, dass die Aymaras und Quechuas der Cordilleren merkwürdig haarlos sind; doch erscheinen bei ihnen im hohen Alter gelegentlich einige wenige zerstreute Haare am Kinn. Die Männer dieser beiden Stämme haben sehr wenig Haare an den verschiedenen Theilen des Körpers, wo bei den Europäern Haar in Menge wächst, und die Trauen haben an den entsprechenden Theilen gar keine. Indessen erreicht das Haar auf dem Kopfe in beiden Geschlechtern eine ausserordentliche Länge und reicht häufig beinahe auf den Boden; dies ist gleichfalls bei einigen der nordamerikanischen Stämme der Fall. In Bezug auf die Menge des Haars und die allgemeine Form des Körpers weichen die Geschlechter der amerikanischen Eingeborenen von einander nicht so bedeutend ab als bei den meisten anderen Kassen des Menschen :'. Diese Thatsache ist dem analog, was bei einigen verwandten Affen vorkommt: so sind die Geschlechter des Schimpanse nicht so verschieden von einander als die des Gorilla oder Orang 2".
In dem vorhergehenden Capitel haben wir gesehen, dass bei Säuge-thieren, Vögeln, Fischen, Insecten u. s. w. viele Charactere, welche, wie wir allen Grund zu haben glauben, ursprünglich durch geschlechtliche Zuchtwahl allein von einem Geschlechte erlangt worden waren, auf beide Geschlechter überliefert worden sind. Da diese selbe Form der Ueberlieferung allem Anscheine nach in grösserer Ausdehnung beim Menschen geherrscht hat, so wird es viele nutzlose Wiederholungen ersparen, wenn wir die dem männlichen Geschlechte cigenthümlichen Charactere in Verbindung mit gewissen anderen, beiden Geschlechtern gemeinsamen Characteren betrachten.
Gesetz des Kampfes. — Bei barbarischen Nationen, z. B. bei den Australiern sind die Frauen die beständige Ursache von Kriegen zwischen den Individuen eines und desselben Stammes und /.wischen verschiedenen Stämmen. So war es ohne Zweifel auch in alten Zeiten: „bot?» fuil ante Helenam midier deterrima belli causa«. Bei den nordamerikanischen Indianern ist der Streit förmlich in ein System gebracht
19 Prof. und Mrs. Agassiz (Journey in Brazil, p. 530) bemerken, dass die Geschlechter der amerikanischen Indianer weniger verschieden von einander sind, als die der Neger und der höheren Rassen, s. auch Rengger, a. a. 0. S. 3, über die Guaranys.
'2' Rtttimeyer, Die Grenzen der Thierwelt; eine Betrachtung zu Darwin's Lehre. 1868, S. 54.
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284 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
worden. Jener ausgezeichnete Beobachter Hearne sagt21: — „Es hat „bei diesem Volke stets für die Männer der Gebrauch bestanden, um „eine jede Frau, welcher sie ergeben sind, zu kämpfen, uud natürlich „führt der kräftigste Theil stets den Preis hinweg. Ein schwacher Mann, „wenn er nicht ein guter Jäger und sehr beliebt ist, erhält selten die „Erlaubnis« ein Weib zu halten, welches ein starker Mann seiner Beach-„tung für werth hält. Dieser Gebrauch herrscht in allen Stämmen „und veranlasst die Entwickelung bedeutenden Ehrgeizes unter der „Jugend, welche bei allen Gelegenheiten von ihrer Kindheit an ihre „Kraft und Geschicklichkeit in'i Ringen versucht." Bei den Guanas von Südamerika heirathen, wie Azara anführt, die Männer selten ehe sie zwanzig oder noch mehr Jahre alt sind, da sie vor - jenem Alter ihre Rivalen nicht besiegen können.
Es könnten noch andere ähnliche Thatsachen' mitgetheilt werden; aber selbst wenn wir keine Belege über diesen Punkt hätten, so könnten wir nach Analogie mit den höheren Quadrumanen 2J beinahe sicher sein, dass das Gesetz des Kampfes beim Menschen während der früheren Stufen seiner Entwickelung gleichfalls geherrscht hat. Das gelegentliche Erseheinen von Eckzähnen heutigen Tages noch, welche über die anderen vorspringen mit Spuren eines Diastema, d. h. jenes offenen Raumes zur Aufnahme des Eckzahnes der entgegengesetzten Kinnlade, ist aller Wahrscheiulichkeit nach ein Fall von Rückschlag auf einen früheren Zustand, auf welchem die Urerzeuger des Maischen mit diesen Waffen versehen waren, ebenso wie viele jetzt noch existirende männliche Quadrumanen. Es ist in einem früheren Capitel bemerkt worden, dass in dem Maasse, als der Mensch seine aufrechte Stellung erhielt und beständig seine Hände und Arme zum Kampfe mit Stäben und Steinen ebenso wie für die anderen Zwecke des Lebens benutzte, er auch seine Kinnladen und Zähne immer weniger und weniger gebraucht haben wird. Die Kinnladen werden dann zusammen mit ihren Muskeln in Folge von Nichtgebrauch verkleinert worden sein, ebenso wrie es die Zähne durch das noch nicht ganz aufgeklärte Princip der Correlation
21 A Jonruey frora Frince of Wales Fort. 8V». edit. Dublin, 179G, p. 104, Sir J. Lubbock theilt (Origiii of Civilization, 1870, p. 69) andere ähnliche Fälle ans Nord-Amerika mit. Wegen der Guanas von Süd-Amerika s. Azara, Voya-ges etc. Tom. II, p. 94.
21 Ueber die Kämpfe der männlichen Gorillas s. Dr. S avage, in: Boston Journal of Katar. Hist. Vol. V. 1847, p. 423. Ueber J'rcdbtjth entellus s. The Indian Field, 1859, p. 14G.
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Cap. 19. Gesetz des Kampfes. 285
und der Oekonomie des Wachsthums sein werden; denn wir sehen überall,-dass Theile, welche nicht länger mehr von Nutzen sind, an Grösse reducirt werden. Durch solche Schritte wird die ursprüngliche Ungleichheit zwischen den Kiefern und Zähnen in den beiden Geschlechtern des Menschen schliesslich vollständig ausgeglichen worden sein. Der Fall ist beinahe parallel mit dem vieler männlicher Wiederkäuer, bei welchen die Eckzähne zu blossen Rudimenten reducirt worden oder ganz verschwunden sind,- und zwar allem Anscheine nach in Folge der Entwickehmg der Hörner. Da die ungeheure Verschiedenheit zwischen den Schädeln der beiden Geschlechter beim Gorilla und Orang in naher Beziehung zur Entwickehmg der Eckzähne bei den Männchen steht, so können wir schliessen, dass" die Verkleinerung der Kinnladen und Zähne bei den männlichen Vorfahren des Menschen zu einem äusserst auffallenden und günstigen Wechsel in seiner äusseren Erscheinung führte. Es lässt sich nur wenig zweifeln, dass die bedeutendere Grösse und Stärke des Mannes im Vergleiche mit der Frau, in Verbindung mit seinen breiteren Schultern, seiner entwickelteren Muskulatur, seinen eckigeren Körperumrissen, seinem grösseren Muthe und seiner grösseren Kampflust, sämmtlich zum grössten Theile Folgen der Vererbung von irgend einem frühen männlichen Urerzeuger sind, welcher wie die jetzt lebenden anthropoiden Affen in dieser Weise characterisirt war. Diese Charactere werden indess auch während der langen Zeiten, wo der Mensch sich noch immer in einem barbarischen Zustande befand, erhalten oder selbst gehäuft worden sein, und zwar dadurch, dass die stärksten und kühnsten Männer am Besten in dem allgemeinen Kampfe nm's Leben Erfolg hatten, ebenso wie sie am sichersten sich Frauen verschafften und so eine grosse Zahl von Nachkommen hinterliessen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass .die grössere Kraft des Mannes ursprünglich durch die vererbten Wirkungen seiner grösseren Thätigkeit erlangt wurde, dass er nämlich um seine eigene Subsistenz wie um Sie seiner Familie härter gearbeitet habe als die Frau; denn die Frauen sind bei allen barbarischen Nationen gezwungen, mindestens ebenso hart zu arbeiten, als die Männer. Bei civilisirten Völkern hat die Entscheidung durch einen Kampf um den Besitz der Frauen lange aufgehört; andererseits haben der allgemeinen Regel zufolge die Männer stärker als die Frauen um ihre gemeinsame Subsistenz zu arbeiten; und hierdurch wird ihre grössere Kraft erhalten worden sein.
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286 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. 11. Theil.
s Verschiedenheiten in den geistigen Kräften der beiden Geschlechter. — In Bezug auf Verschiedenheiten dieser Natur zwischen dem Manne und der Frau ist es wahrscheinlich, dass geschlechtliche- Zuchtwahl eine sehr bedeutende Kolle gespielt hat. Ich weiss sehr wohl, dass einige Schriftsteller bezweifeln, dass überhaupt irgend welche inhärente Verschiedenheit der Art besteht; dies ist aber nach der Analogie mit niederen Thieren, welche andere seeundäre Se-xualcharactere besitzen, mindestens wahrscheinlich. Niemand wird bestreiten, dass dem Temperament nach der Bulle von der Kuh, der wilde Eber von der Sau, der Hengst von der Stute und, wie den Menagerie-besitzern wohlbekannt ist, die Männchen der grösseren Affen von den Weibchen verschieden sind. Die Frau scheint vom Manne in Bezug auf geistige Anlagen hauptsächlich in ihrer grösseren Zartheit und der geringeren Selbstsucht verschieden zu sein; und dies gilt selbst für Wilde, wie aus einer wohlbekannten Stelle in Mungo Park's Reisen und aus den von vielen anderen Reisenden gemachten Angaben hervorgeht. In Folge ihrer mütterlichen Instincte entfaltet die Frau diese Eigenschaften gegen ihre Kinder in einem ausserordentlichen Grade. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie dieselben häufig in Bezug auf ihre Mitgeschöpfe ausdehnen wird. Der Mann ist Rival anderer Männer; er freut sich der Concurrenz und diese führt zu Ehrgeiz, welcher nur zu leicht in Selbstsucht übergeht. Die letzteren Eigenschaften scheinen sein natürliches und unglückliches angeborenes Recht zu sein. Es wird meist zugegeben, dass beim Weibe die Vermögen der Anschauung, der schnellen Auffassung und vielleicht der Nachahmung stärker ausgesprochen siud als beim Mann. Aber mindestens einige dieser Fähigkeiten sind für die niederen Rassen characteristisch und daher auch für einen vergangenen und niederen Zustand der Civilisation.
Der hauptsächlichste Unterschied in den intellectuellen Kräften der beiden Geschlechter zeigt sich darin, dass der Mann zu einer grösseren Höhe in Allem was er nur immer anfängt gelangt, als zu welcher sich die Frau erheben kann, mag 'es nun tiefes Nachdenken, Vernunft oder Einbildung oder bloss den Gebrauch der Sinne und der Hände erfordern. Wenn eine Liste mit den ausgezeichnetsten Männern und eine zweite mit den ausgezeichnetsten Frauen in Poesie, Malerei, Sculptur, Musik (mit Einschluss sowohl der Composition als der Ausübung) der Geschichte, Wissenschaft und Philosophie mit einem halben Dutzend Namen unter jedem Gegenstande angefertigt würden, so würden die beiden Listen keinen
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Cap. 19. Geistige Kräfte von Mann und Frau. 287
Vergleich mit einander aushalten. Wir können auch nach dem Gesetze der Abweichungen vom Mittel, welches Mr. Galton in seinem Buche über erbliches Genie so gut erläutert hat, schliessen, das. wenn die Männer einer entschiedenen Ueberlegenheit über die Frauen in vielen Gegenständen fällig sind, der mittlere Maassstab der geistigen Kraft beim Manne über dem der Fran stehen muss.
Die halbmenschlichen männlichen Urerzeuger des Menschen und die Männer im wilden Zustande haben viele Generationen hindurch mit einander um den Besitz der Weibchen gekämpft. Aber blosse körperliche Kraft und Grösse werden nur wenig zum Siege beitragen, wenn sie nicht mit Muth, Ausdauer und entschiedener Energie vergesellschaftet waren. Bei socialen Thieren haben die jungen Männchen gar manchen Streit durchzumachen, ehe sie ein Weibchen gewinnen, und die älteren Männchen können ihre Weibchen nur durch erneute Kämpfe sich erhalten. Sie haben auch, wie beim Menschen, ihre Weibchen ebenso wie ihre Jungen gegen Feinde aller Arten zu vertu eidigen und um ihre gemeinsame Erhaltung zu jagen. Aber Feinde zu vermeiden öder sie mit Erfolg anzugreifen, wilde Thiere zu fangen und Waffen zu erfinden und zu formen, erfordert die Hülfe der höheren geistigen Fähigkeiten, nämlich Beobachtung, Vernunft, Erfindung oder Einbildungskraft. Diese verschiedenen Fähigkeiten werden daher beständig auf die Probe gestellt und während der Mannheit bei der Nachzucht berücksichtigt worden sein; sie werden überdies während dieser selben Periode des Lebens durch Gebrauch gekräftigt worden sein. Folglich können wühl Üebereinstimmuug mit dem oft erwähnten Principe erwarten, dass sie mindestens die Neigung zeigen, in der entsprechenden Periode der Mannbarkeit hauptsächlich auf die männlichen Nachkommen überliefert zu werden.
Wenn nun zwei Männer oder ein Mann mit einer Frau, von denen beide jede geistige Eigenschaft in derselben Vollendung besitzen, mit der Ausnahme, dass der eine grössere Energie, Ausdauer und Muth hat, in Concurrenz geräth, so wird allgemein dieses eine hervorragender werden, was auch der Gegenstand gewesen sein mag, und wird den Sieg gewinnen-2. Mau kann sagen, er hat Genie besessen, denn Genie
'" J. Stuart Mill bemerkt (The Snbjection of Women, 18G9, p. 122): „die „Gegenstände, in denen der Mann die Frau am meisten übertrifft, sind diejenigen, welche das meiste Grübeln und conscqnenteste Ausführen eines einzelnen „Gedankens erfordern". Was ist dies anders als Energie und Ausdauer?
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288 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
ist von einer grossen Autorität für nichts Anderes als Geduld erklärt worden, und Geduld in diesem Sinne bedeutet nicht zurückweichende, unerschrockene Ausdauer. Diese Ansicht vom Genie ist vielleicht fehlerhaft, denn ohne die höheren Kräfte der Einbildungskraft und Verstand kann in vielen Gebieten kein eminenter Erfolg erreicht werden. Diese letzteren werden aber ebensogut wie die früheren .Fähigkeiten beim Manne theils durch geschlechtliche Zuchtwahl, d. h. durch den Streit rivalisirender Männchen, und theils durch natürliche Zuchtwahl, d. h. nach dem Erfolg in dem allgemeinen Kampfe um's Leben entwickelt worden sein; und da in beiden Fällen der Kampf während des reifen Alters eingetreten sein wird, so werden die hierdurch erlangten Charactere auch vollständiger den männlichen als den weiblichen Nachkommen überliefert worden sein. Es ist mit dieser Ansicht, dass einige unserer geistigen Fähigkeiten durch geschlechtliche Zuchtwahl mo-dificirt oder gekräftigt worden sind, übereinstimmend, dass sie erstens, wie allgemein zugegeben wird, zur Zeit der Pubertät eine beträchtliche Veränderung .erleiden, und zweitens, dass Eunuchen während ihres ganzen Lebens in diesen selben Eigenschaften niedriger entwickelt bleiben. Hierdurch ist schliesslich der Mann dem Weibe überlegen worden. Es ist in der That ein Glück, dass das Gesetz der gleich-massigen Ueberlieferung der Charactere auf beide Geschlechter allgemein durch die ganze Classe der Säugethiere geherrscht hat; im anderen Falle wäre es wahrscheinlich, dass der Mann in Bezug auf geistige Befähigung der Frau so viel überlegen worden wäre, wie der Pfauliahn in Bezug auf ornamentales Gefieder der Pfauhenne.
Man muss sich daran erinnern, dass die Neigung der in einer späteren Lebensperiode von einem der beiden Geschlechter erlangten Charactere, auf dasselbe Geschlecht in demselben Alter überliefert zu werden, und die Neigung der in einem frühereu Alter erlangten Charactere, auf beide Geschlechter vererbt zu werden, Regeln sind, welche, wenn auch allgemein, doch nicht immer sich als gültig erweisen. Gälten sie immer, so könnten wir schliessen (doch schweife ich hier etwas über die mir gezogene Grenze hinaus), dass die vererbten Wirkungen der früheren Erziehung von Knaben und Mädchen gleichmässig auf beide Geschlechter übeliefert würden, so dass die gegenwärtige Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in geistiger Kraft nicht durch einen ähnlichen Gang ihrer frühen Erziehung verwischt werden könnte auch könnte sie nicht durch ihre ungleiche frühere Erziehung venu--
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Cap. 19. Stimme und musikalische Begabung. 289
sacht worden sein. Damit die Frau dieselbe Höhe wie der Mann erreiche, müsste sie in der Nähe ihrer Keifezeit zur Energie und Ausdauer und zur Anstrengung ihres Verstandes und ihrer Einbildungskraft bis auf den höchsten Punkt erzogen werden; und dann würde sie wahrscheinlich diese Eigenschaften hauptsächlich ihren erwachsenen Töchtern überliefern. Der ganze Körper der Frauen könnte indess nicht hierdurch in die Höhe gebracht werden, wenn nicht viele Generationen hindurch die Frauen, welche sich in den eben erwähnten kräftigen Tugenden auszeichneten, verheirathct würden und Nachkommen in grösserer- Anzahl erzeugten als andere Frauen. Wie vorhin in Bezug auf körperliche Kräfte bemerkt wurde, so haben die Männer, wenn sie auch jetzt nicht um den Besitz der Weiber kämpfen und überhaupt diese Form der Auswahl vorübergegangen ist, doch im Allgemeinen während der Mannbarkeit einen heftigen Kampf zu bestehen um sich selbst und ihre Familien zu erhalten; dies wird dazu fuhren, die geistigen Kräfte auf ihrer Höhe zu erhalten oder selbst zu vergrössern und als Folge hiervon auch die jetzige Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bedeutender zu machen -*.
Stimme und musikalische Begabung. — Bei einigen Species der Quadrumanen besteht eine grosse Verschiedenheit zwischen den erwachsenen Geschlechtern in der Kraft der Stimme und in der Entwicklung der Stimmorgaue, und der Mann scheint diese Verschiedenheit von seinen frühen Urerzcugern ererbt zu haben. Seine Stimmbänder sind ungefähr ein Drittel länger als bei der Frau oder als bei Knaben; und Entmannung bringt bei ihm dieselbe Wirkung hervor, wie bei den niederen Thieren; denn „sie hält jenes hervortretende „Wachsthum des Schildknorpels u. s. w. auf, welches die Verlängerung „der Stimmbänder begleitet"-5. In Bezug auf die Ursache dieser Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern, habe ich den im letzten Ca-pitel gegebenen Bemerkungen über die wahrscheinlichen Wirkungen des
24 Eine Beobachtung Vogt's bezieht sich auf diesen Gegenstand; er sagt: „es ist ein auffallendes Verhältniss, dass der Abstand der Geschlechter in Beziehung auf die Schädelhöhle mit der Vollkommenheit der Rasse zunimmt, so „dass der Europäer weit mehr die Europäerin überragt, als der Neger die Negerin. Welcker findet diesen von Huschke aufgestellten Satz in Folge seiner „Messungen bei Negern und bei Deutschen bestätigt". Vogt fügt indessen hinzu (Vorlesungen über den^Menschen. Bd. 1, S. 95): „doch würde es noch mannich-„facher Untersuchung bedürfen, um die allgemeine Geltung zu beweisen".
'ls Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 603.
D.utwl.N, Abstammung, lt. Zweite Auflage. 19
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Tlieil.
lange fortgesetzten Gebrauches der Stimmorgane Seitens des Männchens unter den Erregungen der Liebe, Wuth und Eifersucht nichts hinzuzufügen. Nach Sir Duncan Girb 26 ist die Stimme in den verschiedenen Rassen des Menschen verschieden, und bei den Eingeborenen der Tar-tarei, von China n. s. w. soll der Angabe nach die Stimme des Mannes nicht so bedeutend von der des Weibes verschieden sein, wie in den meisten anderen Rassen.
Die Fähigkeit und Liebe zum Singen und zur Musik, wenn sie auch kein geschlechtliches Merkmal beim Menschen ist, darf hier nicht übergangen werden. Obschon die von Thieren aller Arten ausgestossonen Laute vielen Zwecken dienen, kann doch Nachdruck darauf gelegt werden, dass die Stimmorgane ursprünglich in Bezug auf die Fortpflanzung der Art gebraucht und vervollkommnet wurden. Insecten und einige wenige Spinnen sind die niedrigsten Thiere, welche willkürlich irgend einen Laut hervorbringen, und dies wird allgemein mit Hülfe sehr schön constrnirter Stridulationsorgane bewirkt, welche häufig allein auf die Männchen beschränkt sind. Die hierdurch hervorgebrachten Laute bestehen, wie ich glaube, in allen Fällen aus einem und dem nämlichen Tone, welcher rhythmisch wiederholt wird27, und dies ist zuweilen selbst für das Ohr des Menschen angenehm. Ihr hauptsächlicher und in einigen Fällen ausschliesslicher Nutzen scheint darin" zu bestehen, entweder das andere Geschlecht zu locken oder es zn bezaubern.
Die von Fischen hervorgebrachten Laute sollen, wie man sagt, in einigen Fällen nur von den Männchen während der Paarungszeit hervorgebracht werden. Alle luftathmendeii Wirbelthiere besitzen notwendiger Weise einen Apparat zum Einathmen und Ausstossen von Luft mit einer Röhre, welche fähig ist, an einem Ende geschlossen zu werden. Wenn daher die ursprünglichen Glieder dieser Clause stark erregt und ihre Muskeln heftig zusammengezogen wurden, so werden, beinahe sicher absichtslos Laute hervorgebracht worden sein, und wenn diese sich in irgend welcher AVeise nutzbar erwiesen, können sie leicht durch die Erhaltung gehörig angepasster Abänderungen modificirt oder intensiver gemacht worden sein. Die Amphibien sind die niedrigsten Wirbelthiere, welche Luft athmen, und viele von-diesen Thieren, nämlich Frösche und Kröten, besitzen Stimmorgane, welche während der
m Journal of Anthropolog. Soc. April, 18G9, p. LVIC und LXVI. 57 Dr. Scudder, Notes on Stridulation, in: Proceed. Boston Soc. of Natur. Eist. Vol. XI. April 1868.
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0»p. 19. Stimme und musikalische Begabung. 291
Paarungszeit unaufhörlich benutzt werden und welche häufig beim Männchen höher entwickelt sind als beim Weibchen. Nur das Männchen der Schildkröte äussert einen Laut, und dies . allein während der Zeit der Liebe. Männliche Alligatoren brüllen oder bellen während derselben Zeit. Jedermann weiss in welcher Ausdehnung Vögel ihre Stimmorgane als Mittel der Brautwerbung benutzen und einige Species üben was man Instrumentalmusik nennen könnte aus.
In der Classe der Säugethiere, mit welchen wir es hier ganz besonders zu thun haben, gebrauchen die Männchen von beinahe allen Species ihre Stimmen während der Paarungszeit viel bedeutender als zu irgend einer anderen Zeit, und einige sind mit Ausnahme dieser Zeit absolut stumm. Beide Geschlechter anderer Species oder allein die Männchen benutzen ihre Stimmen zu Liebesrufen. In Anbetracht dieser Thatsachen und des Umstaudes, dass die Stimmorgane einiger Säugethiere viel bedeutender beim Männchen als beim Weibchen entwickelt sind, und zwar entweder permanent oder nur zeitweise während der Paarungszeit, und ferner in Anbetracht, dass bei den meisten der niederen Glassen die von den Männchen hervorgebrachten Laute nicht bloss dazu dienen, das Weibchen zu rufen, sondern auch es anzureizen oder zu locken: ist es eine überraschende Thatsache, dass wir bis jetzt keine guten Beweise dafür haben, dass diese Organe von männlichen Säugethieren dazu benutzt würden, die Weibchen zu bezaubern. Der amerikanische Mycetes caraya bildet vielleicht eine Ausnahme, wie noch wahrscheinlicher einer jener Affen, welche dem Menschen noch näher kommen, nämlich der Hylobates agilis. Dieser Gibbon hat eine äusserst laute aber musikalische Stimme. Mr. Waterhouse führt an28: „Es schien mir, als ob beim Auf- und Abgehen der Scala die Intervalle immer genau halbe Töne wären, und sicher war der höchste „Ton die genaue Octave des niedrigsten. Die Qualität der Töne ist „sehr musikalisch, und ich zweifle nicht, dass ein guter Violinspieler „im Stande ist, eine correcte Vorstellung von der Composition des „Gibbon zu geben, ausgenommen in Bezug auf die Lautheit''. Mr. Waterhouse gibt dann die Noten. Professor Owen, welcher gleichfalls ein Musiker ist, bestätigt die vorstehenden Angaben und bemerkt, dass man von diesem Gibbon „allein unter den Säugethieren sagen
28 Mitgethcilt in W. C. L. Martin's General Introduction to the Natur. Hist. ofMamm. Auimals. 1841, p. 432. Owen, Anatomy ofVertebrates. Vol. 111, p. GOO.
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„kann, dass er singe." Er seheint nach seiner musikalischen Aufführung sehr erregt zu sein. Unglücklicherweise sind seine Gewohnheiten niemals im Naturzustände eingehend beobachtet worden; aber nach der Analogie mit beinahe allen übrigen Thieren ist es äusserst wahrscheinlich, dass er seine musikalischen Töne besonders während der Zeit der Bewerbung ausstösst.
Die Wahrnehmung musikalischer Cadenzen und des Rhythmus, wenn auch nicht die Freude daran, ist wahrscheinlich allen Thieren gemein und hängt ohne Zweifel von der gemeinsamen physiologischen Natur ihrer Nervensysteme ab. Selbst Krnstenthiere, welche nicht im Stande sind, irgend welche willkiirliche-Laute hervorzubringen, besitzen gewisse Hörhaare, welche man in Schwingung gesehen hat, wenn die gehörigen musikalischen Töne angeschlagen werden 29. Es ist eine bekannte Thatsaclie, dass manche Hunde heulen, wenn sie besondere Töne hören. Robben würdigen dem Anscheine nach die Musik, und ihre Vorliebe für dieselbe „war den Alten wohl bekannt und wird „häufig von den Jägern heutigen Tages noch mit Vortheil benutzt" so. Bei allen jenen Thieren, nämlich Tnsecten, Amphibien und Vögeln, bei welchen die Männchen während der Zeit der Bewerbung unablässig musikalische Töne oder blosse rhythmische Laute hervorbringen, müssen wir glauben, dass die Weibchen im Stande sind, sie zu würdigen und dass sie dadurch erregt oder bezaubert werden. Im anderen Falle wären die unablässigen Anstrengungen der Männchen und die complicirten Bildungen, welche dieselben häufig ausschliesslich besitzen, nutzlos.
Was den Menschen betrifft, so wird allgemein zugegeben, dass der Gesang die Grundlage oder der Ursprung der Instrumentalmusik ist. Da weder die Freude an dem Hervorbringen musikalischer Töne noch die Fähigkeit hierzu von dem geringsten Nutzen für den Menschen in Beziehung zu seinen gewöhnlichen Lebensverrichtuiigen sind, so müssen sie unter die mysteriösesten gerechnet werden, mit welchen er versehen ist. Sie sind, wenn auch in einem sehr rohen und wie es scheint beinahe latenten Zustande bei Menschen aller Kassen, selbst den wildesten, vorhanden; der Geschmack der verschiedenen Rassen ist aber so verschieden, dass unsere Musik den Wilden nicht das mindeste Vergnügen gewährt und ihre Musik für uns widrig und sinnlos ist. Dr. Seemann
Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfinduiigeu. 3. Aufl. 1870, p. 234. R. Brown, iu: l'roceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 410.
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C.ip. 19. Musikalische Begabung. 293
macht einige interessante "Bemerkungen über diesen Gegenstand 31 und „zweifelt, ob selbst unter den Nationen des westlichen Europa's, so in-„tim sie auch durch nahen und häufigen Verkehr verbunden sind, „die Musik der einen von den anderen in dem nämlichen Sinne aufge-„fasst wird, Keisen wir nach Osten, so finden wir, dass sicher eine „verschiedene Sprache der Musik besteht. Gesänge der Freude und „Begleitung zum Tanze sind nicht länger wie bei uns in den Dur-, „sondern immer in den Molltonarten". Mögen nun die halbmensch-lichen Urerzeuger des Menschen, wie der vorhin erwähnte Gibbon, die Fähigkeit musikalische Töne hervorzubringen und ohne Zweifel auch zu würdigen besessen haben oder nicht, so haben wir allen Grund zu glauben, dass der Mensch diese Fähigkeiten in einer sehr weit zurückliegenden Periode besass. denn Singen und Musik sind äusserst alte Künste. Die Poesie, welche als das Kind des Gesanges betrachtet werden kann, ist gleichfalls so alt, dass viele Personen darüber ein Erstaunen erfüllt hat, dass sie während der frühesten Zeiten, von denen wir überhaupt einen Bericht haben, schon entstanden sein sollte.
Die musikalischen Fähigkeiten, welche keiner Basse vollständig fehlen, sind einer prompten und bedeutenden Entwickelung fähig, wie wir bei Hottentotten und Negern sehen, welche sehr leicht ausgezeichnete Musiker geworden sind, obschou sie in ihren Heimathsländern Nichts ausüben was wir als Musik schätzen würden. Es liegt aber in diesem Umstände nichts Abnormes: einigen Species von Vögeln, welche von Natur niemals singen, kann ohne Schwierigkeit das Singen gelehrt werden; so hat der Haussperling den Gesang eines Hänflings gelernt. Da diese beiden Species nahe verwandt sind und zur Ordnung der Tn-sessores gehören, welche beinahe alle Singvögel der Welt umfasst, so ist es vollkommen möglich oder wahrscheinlich, dass der Urerzeuger des Sperlings ein Sänger gewesen sein kann. Es ist eine viel merkwürdigere Thatsache, dass Papageien, welche zu einer von den Inses-sores verschiedenen Gruppe gehören und verschieden gebaute Stimmorgane haben, nicht bloss gelehrt werden können zusprechen, sondern auch von Menschen erfundene Melodien zu pfeifen oder zu singen, so dass sie einige musikalische Fähigkeit haben müssen. Nichtsdestoweniger wäre es
31 Journal of Autliropologie.il Society. Oct. 1870, p. CI/V. s. aucli die. verschiedenen späteren Capitel iu Sir J. Lubbock's Prebistoric Times, 2. edit. 18G9, welche eine ausgezeichnete Schilderung der Gewohnheiten der "Wilden enthalten.
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„kann, dass er singe." Er scheint nach seiner musikalischen Aufführung sehr erregt zu sein. Unglücklicherweise sind seine Gewohnheiten niemals im Naturzustände eingehend beobachtet worden; aber nach der Analogie mit beinahe allen übrigen Thieren ist es äusserst wahrscheinlich, dass er seine musikalischen Töne besonders während der Zeit der Bewerbung ausstösst.
Die Wahrnehmung musikalischer Cadenzen und des Rhythmus, wenn auch nicht die Freude daran, ist wahrscheinlich allen Thieren gemein und hängt ohne Zweifel von der gemeinsamen physiologischen Natur ihrer Nervensysteme ab. Selbst Krustcnthiere, welche nicht im Stande sind, irgend welche willkürliche.Laute hervorzubringen, besitzen gewisse Hörhaare, welche man in Schwingung gesehen hat, wenn die gehörigen musikalischen Töne angeschlagen werden 29. Es ist eiue bekannte Tliatsache, dass manche Hunde heulen, wenn sie besondere Töne hören. Robben würdigen dem Anscheine nach die Musik, und ihre Vorliebe für dieselbe „war den Alten wohl bekannt und wird „häufig von den Jägern heutigen Tages noch mit Vortheil benutzt" u. Bei allen jenen Thieren, nämlich Insecten, Amphibien und Vögeln, bei welchen die Männchen während der Zeit der Bewerbung unablässig musikalische Töne oder blosse rhythmische Laute hervorbringen, müssen wir glauben, dass die Weibchen im Stande sind, sie zu würdigen und dass sie dadurch erregt oder bezaubert werden. Im anderen Falle wären die unablässigen Anstrengungen der Männchen uud die complicirten Bildungen, welche dieselben häufig ausschliesslich besitzen, nutzlos.
Was den Menschen betrifft, so wird allgemein zugegeben, dass der Gesang die Grundlage oder der Ursprung der Instrumentalmusik ist. Da weder die Freude an dem Hervorbringen musikalischer Töne noch die Fähigkeit hierzu von dem geringsten Nutzen für den Menschen in Beziehung zu seinen gewöhnlichen Lebensverrichtungen sind, so müssen sie unter die mysteriösesten gerechnet werden, mit welchen er versehen ist. Sie sind, wenn auch in einem sehr rohen und wie es, scheint beinahe latenten Zustande hei Menschen aller Bussen, selbst den wildesten, vorhanden; der Geschmack der verschiedenen Kassen ist aber so verschieden, dass unsere Musik den Wilden nicht das mindeste Vergnügen gewährt und ihre Musik für uns widrig und sinnlos ist. Dr. Seemann
-° Ilelmholtz, Die Lehre von den ToneinpfimUmgeü. 3. Aufl. 1870, p. 234. 3u R. Brown, in: Procecd. Zoolog. Soc. 18G8, p. 410.
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Cap. ID.
Musikalische Begabung.
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macht einige interessante Bemerkungen über diesen Gegenstand 31 und „zweifelt, ob selbst unter den Nationen des westlichen Europa's, so in-„tim sie auch durch nahen und häufigen Verkehr verbunden sind, „die Musik der einen von den anderen in dem nämlichen Sinne aufge-„fasst wird. Eeisen wir nach Osten, so finden wir, dass sicher eine „verschiedene Sprache der Musik besteht. Gesänge der Freude und „Begleitung zum Tanze sind nicht länger wie bei uns in den Dur-, „sondern immer in den Molltonarten'. Mögen nun die halbmensch-licheu Urerzeuger des Menschen, wie der vorhin erwähnte Gibbon, die Fähigkeit musikalische Töne hervorzubringen und ohne Zweifel auch zu würdigen besessen haben oder nicht, so haben wir allen Grund zu glauben, dass der Mensch diese Fähigkeiten in einer sehr weit zurückliegenden Periode besass, denn Singen und Musik sind äusserst alte Künste. Die Poesie, welche als das Kind des Gesanges betrachtet werden kann, ist gleichfalls so alt, dass viele Personen darüber ein Erstaunen erfüllt hat, dass sie während der frühesten Zeiten, von denen wir überhaupt einen Bericht haben, schon entstanden sein sollte.
Die musikalischen Fähigkeiten, welche keiner Kasse vollständig fehlen, sind einer prompten und bedeutenden Entwickelnng fähig, wie wir bei Hottentotten und Negern sehen, welche sehr leicht ausgezeichnete Musiker geworden sind, obschon sie in ihren Heimathsländern Nichts ausüben was wir als Musik schätzen würden. Es liegt aber in diesem Umstände nichts Abnormes: einigen Species von Vögeln, welche von Natur niemals singen, kann ohne Schwierigkeit das Singen gelehrt werden; so hat der Haussperling den Gesang eines Hänflings gelernt. Da diese beiden Species nahe verwandt sind und zur Ordnung der In-sessores gehören, welche beinahe alle Singvögel der Welt umfasst, so ist es vollkommen möglich oder wahrscheinlich, dass der Urerzeuger des Sperlings ein Sänger gewesen sein kann. Es ist eine viel merkwürdigere Thatsache, dass Papageien, welche zu einer von den Inses-sores verschiedenen Gruppe gehören und verschieden gebaute Stimmorgane haben, nicht bloss gelehrt werden können zusprechen, sondern auch von Menschen erfundene Melodien zu pfeifen oder zu singen, so dass sie einige musikalische Fähigkeit haben müssen. Nichtsdestoweniger wäre es
31 Journal of Anthropological Society. Oct. 1870, p. CLV. s. auch die verschiedenen späteren Capitel in Sir J. Lubbock's Prehistoric Times, 2. edit. 18C9, welche eine ausgezeichnete Schilderung der Gewohnheiten der Wilden enthalten.
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äusserst voreilig anzunehmen, dass die Papageien von irgend einem alten Vorfahren abstammten, welcher ein Sänger gewesen wäre. Es Hessen sich viele analoge Fälle anführen, wo Organe und Tnstincte, welche ursprünglich einem bestimmten Zwecke angepasst waren, einem anderen völlig verschiedenen Zwecke dienstbar gemacht worden sind 32. Es kann daher die Fähigkeit für höhere musikalische Entwickelung, welche die wilden Kassen des Menschen besitzen, entweder die Folge davon sein, dass unsere halbmenschlichen Urerzeuger irgend eine rohe Form von Musik ausgeübt haben, oder davon, dass sie einfach zu irgend welchen bestimmten Zwecken die gehörigen Stimmorgane erlangt haben. Aber in diesem letzteren Falle müssen wir annehmen, dass sie, wie in dem eben erwähnten Beispiele der Papageien und wie es- bei vielen Thieren vorzukommen scheint, bereits einen gewissen Sinn für Melodie besessen haben.
Die Musik berührt jede Gemüthserregung, regt aber durch sich selbst in uns nicht die schrecklicheren Gomüthsstimmimgen der Furcht u. s. w. an. Sie erweckt die sanfteren Gefühle der Zärtlichkeit und Liebe, welche leicht in Ergebung übergehen. Sie regt gleichfalls in uns das Gefühl des Triumphes und das ruhmvolle Erglühen für den Krieg an. Diese kraftvollen und gemischten Gefühle können wohl dem Gefühle der Erhabenheit Entstehung geben. Wir können wie Dr. Seemann bemerkt, eine grössere Intensität des Gefühls in einem einzigen musikalischen Tone concentriren als in seitenlangen Schreiben. Nahezu dieselben Erregungen, aber viel schwächer und weniger com-plicirt, werden wahrscheinlich von Vögeln empfunden, wenn das Männchen seinen vollen Stimmumfang in Kivalität mit anderen Männchen zum Zwecke des ßezauberns des Weibchens ausströmen lässt. Die Liebe ist noch immer das häufigste Thema unserer Gesäuge. Wie Herrert Spencer bemerkt: „die Musik regt schlummernde Erapfisdun-
32 Seitdem dieses Capitel gedruckt ist, habe ich einen werthvollen Artikel von Mr. Channcey 'Wright (North Americ Review, Oct. 1870, p. 293) gesehen, welcher nach Erörterung des obigen Gegenstandes noch bemerkt: „Es „gibt viele Folgen der letzten Gesetze oder Ueberemstinimnngen der Natur, nach „welchen die Erlangung einer nützlichen Kraft viele resnltirende Vortheile ebenso „wie beschränkende Nachtheile, sowohl factisch als nur möglich, mit sich brin-„gen wird, welche das Princip der Nützlichkeit nicht mit in seinen Wirkungskreis gezogen haben kann." Dies Princip hat eine bedeutende Tragweite, wie ich im zweiten Capitel des vorliegenden Werks zu zeigen versucht habe, mit Rücksicht auf die durch den Menschen vollzogene Erlangung einiger seiner geistigen characteristischen Eigenschaften.
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Cap. 10.
Musikalische Begabung.
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„gen auf, deren Möglichkeit wir nicht begriffen hätten und deren Bedeutung wir nicht kennen", oder wie Jean Paul sagt: „sie erzählt „uns von Dingen, die wir nicht gesehen haben und nicht sehen werben" 33. Umgekehrt werden, wenn lebhafte Erregungen gefühlt und vom Redner ausgedrückt oder selbst in der gewöhnlichen Sprache erwähnt werden, musikalische Cadenzen und Rhythmus instinetiv gebraucht. Auch Affen drücken starke Gefühle in verschiedenen Tönen, Aerger, und Ungeduld durch niedrige, Furcht und Schmerz durch hohe Töne aus 34. Die durch Musik oder durch die Cadenzen leidenschaftlichen Redevortrags in uns angeregten Empfindungen und Ideen erscheinen, wegen ihrer Unbestimmtheit aber doch Tiefe, wie geistige Rückschläge auf Erregungen und Gedanken einer lange vergangenen Zeit.
Alle diese Thatsachen in Bezug auf Musik werden in einer gewissen Ausdehnnug verständlich, wenn wir annehmen dürfen, dass mu-sikaliche Töne und Rhythmen von den halbmenschlichen Urerzeugern des Menschen während der Zeit der Brautwerbung gebraucht wurden, in einer Zeit, in der Thiere aller Arten von den stärksten Leidenschaften erregt werden. Tn diesem Falle werden nach dem tief eingepflanzten Principe vererbter Associationen musikalische Töne sehr leicht in einer vagen und unbestimmten Art die starken Erregungen einer längst vergangenen Zeit hervorrufen. Erinnert man sich, dass die Männchen einiger quadrumanen Thiere viel höher entwickelte Stimmorgane besitzen als die Weibchen und dass eine Art der Anthropomorphen eine ganze Octave musikalischer Töne erklingen lässt und, wie man wohl sagen kann,
" s. die sehr Interessante Erörterung über den Ursprung und die Function der Musik von Herbert Spencer in seinen gesammelten Essays, 185S, p. 359. Mr. Spencer kommt zu einem genau entgegengesetzten Schlüsse von dem, zu welchem ich gelangt bin. Er folgert, dass die in der erregten Rede benutzten Tonfälle die Grundlagen darbieten, .von welchen sich die Musik entwickelt bat; während -yh schliesse, dass musikalische Töne und Rhythmus zuerst von den männlichen oder weiblichen Urerzeugern des Menschen erlangt wurden zu dem Zwecke, das andere Geschlecht zu bezaubern. Hierdurch wurden musikalische Töne fest mit einigen der stärksten Leidenschaften verbunden, welche zu fühlen ein Thier fähig ist, und werden nun in Folge dessen instinetiv oder durch Asso-ciationsbewegung benutzt, wenn starke Erregungen in der Rede ausgedrükt werden. Mr. Spencer bietet keine befriedigende Erklärung dar, ebensowenig kann ich es, warum hohe und tiefe Töne beim Menschen und bei den niederen Thie-ren als Ausdrücke gewisser Gemüthserregungen bezeichnend sein sollen. Auch gibt Mr. Spencer eine interressante Erörterung über die Beziehungen zwischen Poesie, Recitativ und Gesang.
34 Rengger, Säugethiere'von Paraguay, S. 49.
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singt, so scheint die Vermuthung nicht unwahrscheinlich zu sein, dass die Urerzeuger des Menschen, entweder die Männchen oder die Weibchen oder beide Geschlechter, ehe sie das Vermögen ihre gegenseitige Liebe in artikulirter Sprache auszudrücken erlangt hatten, sich einander in musikalischen Tönen und Rhythmen zu bezaubern versuchten. In Bezug auf den Gebrauch der Stimme hei den Quadrumanen während der Zeit der Liebe ist so wenig bekannt, dass wir kaum irgend ein Mittel zur Beurtheilung besitzen, ob die Gewohnheit zu fingen erst von den männlichen oder weiblichen Urerzeugern der Menschheit erlangt wurde. Man nimmt allgemein an, dass Frauen angenehmere Stimmen besitzen als Männer, und soweit dies als Fingerzeig dient, können wir schliesscn, dass sie-zuerst musikalische Kräfte erlangten, um das andere Geschlecht anzuziehen ;S5. Tst dies aber der Fall, so muss dies lange vorher eingetreten sein, ehe die Urerzeuger des Menschen hinreichend menschlich wurden, um ihre Frauen einfach als nützliche Sclaven zu behandeln und zu schätzen. Der leidenschaftliche Kedncr, Barde oder Musiker hat, wenn er mit seinen abwechselnden Tönen und Cadenzen die stärksten Gemüthserregungen in seinen Hörern erregt, wohl kaum eine Ahnung davon, dass er dieselben Mittel benutzt, durch welche in einer äusserst entfernt zurückliegenden Periode seine halbmenschlichen Vorfahren die glühenden Leidenschaften Anderer während ihrer gegen-. seitigen Bewerbung und Rivalität erregten.
Ueber den Einfluss der Schönheit bei der B estimmung der Heirathen unter den Menschen. — Im civilisirten Leben wird der Mann in grossem Maasse, aber durchaus nicht ausschliesslich, bei der Wahl seines Weibes durch äussere Erscheinung beeinflusst. Wir haben es aber hier hauptsächlich mit den Urzeiten zu thun, und das einzige Mittel, was wir besitzen, uns hier ein Urtheil über diesen Gegenstand zu bilden, ist das, die Gewohnheit jetzt lebender halbcivilisirter und barbarischer ^Nationen zu studiren. Wenn gezeigt werden kann, dass die Männer aus verschiedenen Kassen Frauen vorziehen, welche gewisse chracteristische Eigenschaften besitzen, oder umgekehrt, dass die Frauen gewisse Männer vorziehen, dann haben wir zu untersuchen, ob eine derartige Wahl durch viele Generationen hindurch fortgesetzt, eine irgendwie nachweisbare Wirkung auf die Kasse, entweder auf ein Ge-
** s. eine interressante Erörterung über diesen Gegenstand in Hiickel, Generelle Morphologie, Bd. 2. 1866, S. 246.
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Cap. 10.
Vorliebe für Schmuck.
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schlecht oder auf beide Geschlechter ausüben würde, wobei die letztere Alternative von der vorherrschenden Form der Vererbung abhängt.
Es dürfte zweckmässig sein, zuerst mit einigen Details zu zeigen, dass Wilde auf ihre persönliche Erscheinimg die grösste Aufmerksamkeit verwenden 36. Dass sie eine Leidenschaft für Ornamente haben, ist notorisch, und ein englischer Philosoph geht so weit zu behaupten, dass Zeuge zuerst zum Zwecke des Ornamentes nicht zur Wärme gemacht wurden. Wie Professor Waitz bemerkt: „so arm und elend der „Mensch auch sein mag, er findet ein Vergnügen daran, sicli zu „schmücken." Die Extravaganz der nackten Indianer von Südamerika beim Schmücken ihrer Person zeigt sich daraus, dass ein „Mann von „bedeutender Körpergrösse mit Schwierigkeit durch die Arbeit zweier „Wochen hinreichenden Lohn verdient, um sich im Tausch die Chica „zu verdienen, welche er so nöthig hat. sich roth zu malen" ;t7. Die ältesten Barbaren von Europa während der Eenthierperiode brachten alle glänzenden oder eigenthümlichen Gegenstände, welche sie zufällig fanden, in ihre Höhlen. Heutigen Tages schmücken sich überall die Wilden mit Schmuck federn, Halsbändern, Armbändern, Ohrringen u. s. w. Sie bemalen sich selbst in der verschiedenartigsten Weise. „Wenn be-„malte Nationen mit derselben Aufmerksamkeit wie bekleidete untersucht worden wären, so würde man", wie Humboldt bemerkt, „wahrgenommen haben, dass die fruchtbarste Einbildungskraft und die veränderlichste Laune die Moden des Malens ebensowohl wie die der Klei-„dung erfunden haben."
In einem Theile von Afrika werden die Augenlider schwarz gefärbt, in einem anderen Theile werden die Xägel gelb oder purpurn ge-
36 Eine ausführliche und ausgezeichnete Schilderung der Art und Weise, in welcher Wilde aus allen Theilen der Welt sich schmücken, hat der italienische Reisende, Prof. Maiitegazza gegeben in: Rio de la Plata, Viaggi e Studi, 1867 p. 525—545; alle folgenden Angaben sind, wenn nicht andere Verweisungen ge. geben sind diesem Werke entnommen, s. auch Waitz, Introduction to Anthro-pology, Vol. I. 1863, p. 275 u. passim. Auch Lawrence gibt ausführliche Details in seinen Lectures on Physiology, 1822. Seitdem dies Capitcl geschrieben ist, hat Sir J. Lubbock sein „Origiu of Civilis'ation'', 1870, herausgegeben, wo-sich ein interessantes Capitel über den vorliegenden Gegenstand findet und woraus ich einige Thatsachen in Bezug auf das Färben der Zähne und Haare und das Anbohren der Zähne bei Wilden entnommen habe.
37 Alex. v. Humboldt, Personal Narrative, Vol. IV, p. 515; über die Fantasie wie sie sich beim Malen des Körpers zeigt, p. 522; über die Modifikation der Form der Waden, p. 466.
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298 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
färbt. An vielen Orten wird das Haar in verschiedenen Tönen gefärbt. In verschiedenen Gegenden werden die Zähne schwarz, roth, blau u. s. w. gefärbt und auf dem liialayischen Archipel glaubt man sich schämen zu müssen, wenn man weisse Zähne wie ein Hund hat. Nicht ein einziges grosses Land von den Polargegenden im Norden bis nach Neuseeland im Süden kann angeführt werden, in welchem die ursprünglichen Bewohner sich nicht tättowirten. Diesem Gebrauche folgten die alten Juden und die alten Briten. In Afrika tättowiren sich einige der Eingeborenen; es ist aber viel häufiger. Wucherungen sich erheben zu lassen dadurch dass man Salz in, an den verschiedenen Theilen des Körpers angebrachte Einschnitte einreibt; und solche werden von deii Einwohnern in Kordofan und Darfur „für grosse persönliche Beize gehalten." In den arabischen Ländern wird keine Schönheit für vollendet angesehen, bis nicht die Wangen oder Schläfe zerschlitzt sind". 38 In Südamerika würde, wie Humboldt bemerkt, „eine Mutter strafbarer Gleichgültigkeit „gegen ihre Kinder angeklagt werden, wenn sie nicht künstliche Mittel „anwendete, die Wade nach der Mode des Landes zu forniiren." In der alten und neuen Welt wurde früher die Form des Schädels während der Kindheit in der ausserordentlichsten Art und Weise niodificirt, wie es jetzt noch an vielen Orten der Fall ist, und derartige Deformitäten werden für ornamental gehalten. So betrachten z. B. die Wilden von Columbia:59 einen sehr abgeflachten Kopf als einen wesentlichen Punkt der Schönheit.
Das Haar wird in verschiedenen Ländern mit besonderer Sorgfalt behandelt. Man lässt es in seiner vollen Länge wachsen, so dass es bis auf den Boden reicht, oder es wird „in einen compacten und gekräuselten Wulst zusammengekämmt. welcher der Stolz und Ruhm „der Papuas ist" 40. In Nordafrika „braucht ein Mann eine Zeit von „acht bis zehn Jahren um seinen Haarputz zu vollenden." Bei anderen Nationen wird der Kopf rasirt und in .Theilen von Südamerika und Afrika werden selbst die Augenbrauen ausgerissen. Die Eingeborenen des oberen Nils schlagen die vier Schneidezähne ans und sagen, sie
38 The Nile Tributaries, 1867. The Albert Nyanza, 1866. Vol. I, p. 218.
-19 angeführt von Frichard, l'hysic. Bist. ofMankiud, -i. etlit. Vol. 1.1851, p. 321.
40 lieber die Papuas s. Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II, p. 445. Ueber den Haarputz der Afrikaner: Sir S. Baker, The Albert Nyauza, Vol. I, p. 210.
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Cap. 19.
Vorliebe für Schmuck.
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wünschten nicht wie Thiere auszusehen. Noch weiter nach Süden schlagen sich die Batokas die beiden oberen Schneidezähne aus, was, wie Livingstone bemerkt41, dem Gesichte in Folge des Wachsthums der unteren Kinnlade ein widriges Aussehen gibt; diese Völker halten aber das Vorhandensein der Schneidezähne für äusserst unschön und beim Erblicken von Europäern riefen sie aus: „Seht die grossen Zähne!" Der grosse Häuptling Sebituani versucht vergeblich diese Mode zu ändern. In verschiedenen. Theilen von Afrika und im malayischen Archipel feilen die Eingeborenen die Schneidezähne zu Spitzen wie die Sägezähne oder durchbohren sie mit Löchern, in welche sie Klötzchen stecken.
Wie bei uns das Gesicht hauptsächlich seiner Schönheit wegen bewundert wird, so ist es bei Wilden der vorzügliche Sitz der Verstümmelung. In allen Theilen der Welt werden die Nasenscheidewand, seltener die Flügel der Nase durchbohrt und Hinge, Stäbchen, Federn und andere Zierathen in die Löcher eingefügt. Die Ohren werden überall durchbohrt und ähnlich verziert, und bei den Botoknden und Lenguas von Südamerika wird das Loch allmählich so erweitert, dass der untere Band des Ohrläppchens die Schulter berührt. In Nord-und Südamerika und in Afrika wird entweder die obere oder die untere Lippe durchbohrt, und bei den Botokuden ist das Loch in der Unterlippe so gross, dass eine Holzscheibe von vier Zoll hineingethan wird. Mantegazza gibt einen merkwürdigen Bericht über die von einem südamerikanischen Eingeborenen empfundene Scham und von dem Gelächter, welches er erregte, als er seine „Tembeta", das grosse-gefärbte Stück Holz, welches durch das Loch gesteckt wird, verkaufte. In Cen-tralafrika durchbohren die Frauen die untere Lippe und tragen einen Krystall darin, welcher infolge der Bewegung der Zunge „während der „Unterhaltung eine unbeschreiblich lächerliche tanzende Bewegung macht." Die Frau des Häuptlings von Latooka sagte Sir S. Baker'42, dass „seine „Frau sich sehr verschönern würde, wenn sie ihre Vorderzähne aus der „unteren Kinnlade herausziehen und den langen zugespitzten, polirten „Krystall in ihrer Unterlippe tragen wollte.* Weiter nach Süden, bei den Makalolo, wird die Oberlippe durchbohrt und ein grosser metallener und Bambus-Bing, „Pelele" genannt, in dem Loche getragen. »Dies „bewirkt es, dass in einem Falle die »Lippe zwei Zoll über die Nasen-
41 Travels etc. p. 533.
4- The Alhert Xyanza, 13G6, Vol. I, p. 217.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
H. Theil.
»spitze vorragte, und als die Dame lächelte, hob die Contraction der „Muskeln die Lippe bis über die Augen. Warum tragen die Frauen ,diese Dinge? wurde der ehrbare Häuptling Cliinsurdi gefragt. Offenbar erstaunt über eine so dumme Frage erwiederte er: der Schönheit „wegen! Es sind dies die einzigen schönen Dinge, welche die Frauen „haben. Männer haben Barte. Frauen haben keine. Was für eine Art „Person würde die Frau sein ohne das Pelele? Sie würde mit einem „Munde wie ein Mann, aber ohne. Bart gar keine Frau sein"43.
Kaum irgend ein Theil des Körpers, welcher in unnatürlicher Weise modificirt werden kann, ist verschont geblieben. Die Grösse der hierdurch verursachten Leiden mnss wunderbar gewesen sein, denn viele der Operationen erfordern zu ihrer Vollendung mehrere Jahre, so dass die Tdee von ihrer Notwendigkeit ganz imperativ sein muss. Die Motive sind verschiedenartig; die Männer malen sicli ihre Körper an, um sich im Kampfe schrecklich aussehend zu machen. Gewisse Verstümmelungen stehen mit religiösen Gebräuchen in Verbindung oder bezeichnen das Alter der Pubertät oder den Rang des Mannes. oder sie dienen dazu, die Stämme zu unterscheiden. Da bei Wilden dieselben Moden für lange Perioden herrschen44, so gelangen. Verstümmelungen, aus welcher Ursache immer sie auch zuerst gemacht wurden, bald zu dem Werthe von Unterscheidungszeichen. Aber Schniückung, Eitelkeit und die Bewunderung Anderer scheinen die häufigsten Motive zu sein. In Bezug auf das Tättowiren sagten mir die Missionäre in Neuseeland, dass, als sie einige Mädchen zu überreden versuchten, den Gebraucli aufzugeben, diese ihnen antworteten: „wir müssen wenigstens „ein paar Linien auf unsern Lippen haben, denn wenn wir alt werden, „würden wir sonst so sehr hässlich sein." In Bezug auf die Männer von Neuseeland sagt ein äusserst fähiger Beurtheiler4ä, dass es für die jungen Männer ein grosser Punkt des Ehrgeizes sei, „schön tätto-»wirte Gesichter zu haben, sowohl um sich für die Damen anziehend „als im Kriege auffallend zu machen." Ein auf die Stirn tättowirter
4:! Livingstone, British Association, 1860; Auszug im Athenaeum, 7. Juli 1860, p. 29.
" Sir S. Baker (a. a.O. Vol. I, p. 210) spricht von den Eingeborenen von Central-Afrika und sagt: „Jeder Stamm hat eine bestimmte und unveränderliche „Art, sich das Haar zu frisiren". s, Agassiz (Journey in Brazil, 18G8, p. 318) über die Unveränderlichkeit des Tättowirens bei den Indianern des Amazonen-Gebiets.
45 R. Taylor, New Zealand and its Inhabitants, 1855, p. 152.
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Cap. 19.
Vorliebe für Schmuck.
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Stern und ein Punkt auf dem Kinn werden in einem Theile von Afrika von den Frauen für unwiderstehliche Anzielnmgsmittel gehalten46, lu den meisten aber nicht in allen Theilen der Well sind die Männer bedeutender verziert als die Frauen und oft in einer verschiedenen Weise; zuweilen, wenn auch selten sind die Frauen beinahe gar nicht verziert. Da die Wilden die Frauen den grössfcon Theil der Arbeit verrichten lassen und man ihnen nicht gestattet, die beste Art von Nahrung zu gemessen, so steht es in TJehereinstimmung mit der characteristischen Selbstsucht der Männer, dass man den Frauen nicht gestattet die schönsten Zierathen zu erlangen oder zu gehrauchen. Endlich ist es eine merkwürdige durch vorstehende Anführungen bewiesene Thatsache, dass dieselben Moden in der Modificirung der Kopfform, in der Verzierung des Haares, in dem Malen, dem Tättowiren, dem Durchbohren der Nase, der Lippen oder der Ohren, in der Entfernung oder dem Feilen der Zähne u. s. w., in den von einander entferntest liegenden Theilen der Welt jetzt herrschen oder lange Zeit geherrscht haben. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass diese Gebräuche, welchen so viele Nationen folgen, auf eine aus irgend einer gemeinsamen Quelle herrührende Tradition weisen. Sie deuten vielmehr die grosse Aehn-lichkeit des Geistes beim Menschen an, zu welcher Rasse er auch gehören mag, in derselben Weise, wie die beinahe allgemeinen Gewohnheiten des Tanzens, des Maslrirens und der Fertigung roher Gemälde.
Nach diesen vorläufigen Bemerkungen über die Bewunderung, welche die Wilden verschiedenen Zierathen und den unseren Augen äusserst hässlichen Entstellungen zollen, wollen wir sehen, inwieweit die Männer durch die Erscheinung ihrer Frauen augezogen werden und was ihre Ideen von Schönheit sind. Da ich behaupten gehört habe, dass Wilde in Bezug auf die Schönheit ihrer Frauen völlig indifferent seien und dieselben nur als Sclnven schätzen, so dürfte es der Mühe werth sein, zu bemerken, dass diese Folgerung durchaus nicht mit der Sorgfalt übereinstimmt, welche die Frauen darauf verwenden sich zu schmücken, ebenso wenig wie mit ihrer Eitelkeit. Bukchell47 gibt einen unterhaltenden Bericht von einer Buschmännin, welche so viel Fett, rothen Ocker und glänzendes Pulver brauchte, dass sie „jeden Andern als einen „sehr reichen Ehemann ruinirt haben würde." Sie zeigte auch viel
46 Mantegazza, Viaggi e Stuili, p. 542.
41 Travels in S. Africa, 1824. Vol. 1, p. 414
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302 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
Eitelkeit und gar zu offenbares Bewusstsein ihrer Ueberlegenheit. Mr. Winwood Eeauf: theilt mir mit, dass die Neger der Westküste oft über die Schönheit ihrer Frauen sich in Erörterungen einlassen. Einige com-petente Beobachter haben den fürchterlich verbreiteten Gebrauch des Kindesmordes zum Theil auf Rechnung des von den Frauen gehegten Wunsches geschrieben, ihr gutes Aussehen zu bewahren 4S. In mehreren Ländern tragen die Frauen Talismane und Amulette, um die Zuneigung der Männer zu gewinnen; und Mr. Bkown zählt vier zu diesem Zwecke von den Frauen von Nordwestamerika gebrauchte Pflanzen auf49.
Hearne 5i), welcher viele Jahre unter den amerikanischen Indianern lebte und ein ausgezeichneter Beobachter war, sagt, wo er von den Frauen spricht: „Man frage einen nördlichen Iudianer, was Schönheit „sei, und er wird antworten, ein breites plattes Gesicht, kleine Augen, „hohe Wangenknochen, drei oder vier schwarze Linien quer über jede „Wange, eine niedrige Stirn, ein grosses breites Kinn, eine kolbige „Hakennase, eine gelbbraune Haut und bis zum Gürtel herabhängende ;, Brüste.* Pallas, welcher die nördlichen Theile des chinesischen Reiches besuchte, sagt: „Es werden diejenigen Frauen vorgezogen, „welche die Mandschu-Form haben, d. h. ein breites Gesicht, hohe „Wangenknochen, sehr breite Nasen und enorme Ohren" 51; und Vogt bemerkt dabei, dass die schräge Stellung der Augen, welche den Chinesen und Japanesen eigonthümlich ist, in ihren Gemälden „wie es scheint, „zu dem Zwecke übertrieben wird, die volle Pracht und Schönheit dieser Stellung im Contraste mit dem Auge der rothhaarigen Barbaren „hervortreten zu lassen." Es ist wie Huc wiederholt bemerkt, wohlbekannt , dass die Chinesen aus dem Innern die Europäer mit ihrer weissen Haut und den vorspringenden Nasen für hässlich halten. Nacli unseren Ideen ist die Nase bei den Eingeborenen von Ceylon weit entfernt zu vorspringend zu sein, und doch waren „die Chinesen im siebenten Jahrhundert an die platten Gesichtszüge der Mogulrassen ge-
48 s. wegen Verweisungen: Gcrland iiher das Aussterben der Naturvölker, 18G8, S. 51, 53, 55. Auch Azara, Voyages etc., Tom. II, p. HG.
49 Ueber die von den nordwestlichen amerikanischen Indianern benutzten Prodncte des Pflanzenreiches s. Pharmaceutical Journal, Vol. X.
50 A Journey from Prince of Wales Fort. 8™ edit. 1796, p. 89.
51 citirt von Prichard, Phys. Ilist. of Mankiiul, 3. edit. Vol. IV. 1844, p. 519. Vogt, Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1, S. 162. Ueber die Meinung der Chinesen von den Cingalesen s. Sir J. E. Tennent, Ceylon, Vol. II. 1859, p. 107.
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Cap. 19.
Schönheit.
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„wohnt, über die vorspringenden Nasen der Ciirgalesen überrascht, und „Thsang beschreibt sie als „„den Schnabel eines Vogels und den Körper „eines Menschen habend/*
Finlayson beschreibt eingehend das Volk von Cochin-China, sagt, dass ihre runden Kopie, und Gesichter ihre hauptsächlichsten cha-racteristischen Merkmale seien, und fügt dann liinzu: „Die Enndung „des ganzen Ausdruckes ist bei den Frauen noch auffallender, welche „in dem Verhältnisse für schön erklärt werden, als sie diese Form des „Gesichts darbieten." Die Siamesen haben kleine Nasen, mit auseinanderstellenden Nasenlöchern, einen grossen Mund, etwas dicke Lippen, ein merkwürdig grosses Gesicht mit sehr hohen und breiten Wangenknochen. Es ist daher nicht zu verwundern, dass „Schönheit unserem „Begriffe nach für sie fremd ist. Und doch betrachten sie ihre eigenen „Frauen als viel schöner als die von Europa«. s-
Es ist wohlbekannt, dass bei vielen Hottentottenfrauen der hintere Theil des Körpers in einer wunderbaren Weise vorspringt; sie sind steatopyg und Sir Andrew Smith erklärt es für sicher, dass diese Ei-genthümlichkeit von den Männern sehr bewundert wird5:l. Er sah einmal eine Frau, welche für eine Schönheit gehalten wurde, und dieselbe war hinten so ungeheuer entwickelt, dass als sie sich auf ebenem Boden niedergesetzt hatte, sie nicht aufstehen konnte und sich soweit fortziehen musste, bis sie an einen Abhang kam. Manche von den Frauen in verschiedenen Negerstämmen sind ähnlich characterisirt und der Angabe von Burton zufolge sollen die Somali-Männer „ihre Frauen „auf die Weise wählen, dass sie alle in eine Reihe stellen und diejenige auswählen, welche am meisten a tergo vorspringt. Nichts kann „für einen Neger hasseuswürdiger sein, als die entgegengesetzte Form" 54.
In Bezug auf die Farbe verhöhnten die Neger Mungo Park wegen der weissen Farbe seiner Haut und des Vorspringeiis seiner Nase, welche sie beides für „hässliche und unnatürliche Bildungen betrach-„teten". Er rühmte in Erwiderung das glänzende Schwarz ihrer Haut
"Priehard, Dach den Angaben von Crawfurd und Fin.laysou, in: Phys. Hist. of Mankind, Vol. IV, p. 534, 535.
53 „Idem illustrissinuis viator dixit mihi praecinetorium vel tabulam foeminae, „quod nobis tetemmum est, qnondam permagno aestiuiari ab horainibus in liac „gente. Nunc l'es mutata est, et censet talem conformationem minime optandam „esse".
54 The Anthropological Review, November 18G4, p. 237. "Wegen weiterer Verweisungen s. YVaitz, Introduction to Anthropology. 1803. Vol. I, p. 105.
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304 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
und die liebliche Depression ihrer Nasen. Dies hielten sie für Schmeichelei, gaben ihm aber nichtsdestoweniger etwas zu essen. Auch die afrikanischen Mohren „zogen ihre Augenbrauen zusammen und schienen „sich zu schütteln" über die weisse Farbe seiner Haut. ' Als die Negerknaben an der östlichen Küste Bukton sahen, riefen sie aus: „Sollt „den weisseii Mann! sieht er nicht aus wie ein weisser Affe* V Wie Mr. Winwood Krade mir mitgetheilt, bewundern die Neger an der westlichen Küste eine sehr schwarze Haut mehr als eine von einer bellern Färbung. Aber ihr Entsetzen vor der weissen Farbe kann der Angabe desselben Reisenden zufolge zum Theil dem bei den meisten der Neger vorhandenen Glauben Angeschrieben werden, dass Dämonen und Geister weiss sind.
Die Banyai des südlicheren Theiles des Continents sind Neger, aber „eine grosse Menge von ihnen ist von einer helleren Milchcaffeefarbe, „und es wird jetzt diese Farbe in dem ganzen Lande für schön gehalten," so dass wir hier einen verschiedenen Maassstab des Geschmackes haben. Bei den Kaffern, welche bedeutend von den Negern abweichen, ist „die Haut mit Ausnahme der Stämme in der Nähe der Delagoa-„Bai gewöhnlich nicht schwarz: die vorherrschende Färbung ist eine „Mischung von Schwarz und Roth und die häufigste Schattiruug ist „Chocoladebraun. Dunkler Teint wird als der häufigste natürlich im „grössten Wertb gehalten. Zu hören, dass man hell gefärbt oder wie „ein weisser Mann sei, würde von einem Kaffern für ein sehr schlechtes „Compliment gehalten werden. Ich habe von einem unglücklichen Manne „gehört, welcher so sehr hell war, dass ihn kein Mädchen heirathen „wollte." Einer der Titel des Zulnkönigs ist: „Ihr der Ihr schwarz „seid" ,55. Als Mr. Galton mit mir über die Eingeborenen von Südafrika sprach, bemerkte er, dass ihre Ideen von Schönheit sehr verschieden von unseren zu sein scheinen; denn in einem der Stämme wurden^ zwei schlanke helle und hübsche Mädchen von den Eingeborenen nicht bewundert.
Wenden wir uns zu anderen Theilen der Erde. In Java wird der Angabe von Frau Pfeiffer zufolge ein gelbes und nicht ein weisses Mädchen für eine Schönheit gehalten. Ein Mann von Cochin-China
54 Mungo Park's Travels in Africa, 4". 1816, p. 53, 131, "Bnrton's Angabe wird von Schaaffhausen citirt im: Archiv für Anthropologie, 1806, S. 163. Ueber die Banyai s. Livingstone, Travels, p. 64. Ueber die Kaffern s-J. Shootcr, The Kafirs of Natal and the Zuln Cotmtry. 1857, p. 1.
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Cap. 19.
Schönheit.
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»erzählte verächtlich von der Tran des I dortigen englischen Gesandten, sie habe Zähne (weiss) wie ein Hund und eine Farbe (rosig) wie Patateu-blumen". Wir haben gesehen, dass die Chinesen unsere weisse Haut nicht lieben und dass die Nordamerikaner eine »gelblich braune Haut" bewundern. In Südamerika sind die Yura-caras, welche die bewaldeten feuchten Abhänge der östlichen Cordilleren bewohnen, merkwürdig blass gefärbt, wie ihr Name in ihrer eigenen Sprache es ausdrückt; nichtsdestoweniger halten sie Europäische Frauen für ihren eigenen sehr untergeordnet ä6.
In mehreren Stämmen von Nordamerika wächst das Haar am Kopfe zu einer wunderbaren Länge, und Catlin führt einen merkwürdigen Beweis dafür an, wie sehr dieses geschätzt wird; denn der Häuptling der Crows wurde zu dieser Stellung deshalb erwählt, weil er die längsten Haare unter allen Männern im Stamme hatte, nämlich zehn Fuss und sieben Zoll. Die Aymaras und Queehuas von Südamerika haben gleichfalls sehr lange Haare, und diese werden, wie Mr. D. Forbes mir mittheilt, 'wegen ihrer Schönheit so sehr geschätzt, dass die schwerste Strafe, welche man ihnen auflegen konnte, die war, das Haar abzuschneiden. In beiden Hälften des Continents vergrössern die Eingeborenen zuweilen die scheinbare Länge ihres Haares dadurch, dass sie faserige Substanzen mit ihm verweben. Obschon das Haar am Kopfe hiernach sehr hoch geschätzt ist, so wird das im Gesiclit doch von den Nordamerikanischen Indianern „für sehr gemein" gehalten, und jedes Haar wird sorgfältig ausgezogen. Dieser Gebrauch herrscht durch den ganzen amerikanischen Continent von Vancouvers Island im Norden bis zum Feucrlande im Süden. Als York Minster, ein Fenerländer am Bord des Beagle nach seinem Lande zurückgebracht wurde, sagten ihm die Eingeborenen, er solle die wenigen kurzen Haare in seinem Gesichte ausreissen. Sie drohten auch einem jungen Missionär, welcher eine Zeit lang bei ihnen gelassen wurde, damit, ihn nackt auszuziehen und die Haare von seinem Gesicht und Körper auszureissen, und doch war er durchaus kein stark behaarter Mann. Es wird diese Mode bis zu .einem solchen Extrem getrieben, dass die Indianer von Paraguay ihre
56 In Bezug auf die Javauesen und Cochinchinesen s. Waitz, Anthropologie der Naturvölker. R. 1, S. 3G6, Introd. to Authropol. Vol. I, p. 305. Wegen der Yura-caras s. Ale. d'Orbigny, citirt bei Prichard, l'hys. Ilist. of Mankind. Vol. V. 3. ed., p. 476.
rniiWlK, Abstammung. II. Zweite Autlage. rm
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306 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
Augenbrauen und Augenwimpern ausreissen, indem sie sagen, sie wünschten nicht wie Pferde auszusehen 57.
Es ist merkwürdig, dass über die ganze Welt die Rassen, welche fast vollständig eines Bartes entbehren, Haare im Gesichte und am Körper nicht leiden können und Sorgfalt darauf verwenden sie auszu-. ziehen. Die Kalmücken sind bartlos, und man weiss, dass sie, wie die Amerikaner, alle zerstreut stehenden Haare ausreissen, und dasselbe gilt .für die Polynesier, einige Malayen und die Siainesen. Mr. Veitch führt an, dass die japanesischen Damen „sich sämmtlich an unsere „Backenbärte stiessen, sie für sehr hässlich erklärten und mir riethen, „sie abzuschneiden und wie japancsiscbc Männer auszusehen." Die Neuseeländer sind bartlos, sie reissen sorgfältig die Haare im Gesichte aus und haben ein Sprüchwort, „dass es für einen haarigen Mann keine „Frau gibt" äS.
Auf der anderen Seite bewundern bärtige Kassen ihre Barte und schätzen sie sehr. Unter den Angelsachsen hatte jeder Theil des Körpers ihren Gesetzen zufolge einen anerkannten Werth. „Der Verlust „des Bartes wurde auf zwanzig Schilling geschätzt, während das Bre-„chen des Oberschenkels nur zu zwölf festgesetzt war" 59. Im Oriente schwören die Männer feierlich bei ihren Barten. Wir haben gesehen, dass Cbinsurdi, der Häuptling der Makalolo in Afrika offenbar der Ansicht war, dass Barte eine, grosse Zierde seien. Bei den Fiji-Insulanern im stillen Ocean ist der Bart „üppig und buschig und ist der grösste „Stolz der Männer", während die Eingeborenen der benachbarten Archipele von Tonga und Samoa „bartlos sind und ein rauhes Kinn verabscheuen". Nur auf einer einzigen Insel der Ellice-Gruppe sind „die „Männer stark bebartet und nicht wenig stolz darauf 6".
Wir sehen hieraus, wie sehr die verschiedenen "Rassen des Men-
*' North American Indians by G. Gatlin, 3. edit. 1842. Vol I, p. 49. Vol. II, p. 227. Ueber die Eingeborenen von Vancouver Island s. Sproat, Scenes and Studies of Savage Life, 18G8, p. 25. Ueber die Indianer von Paraguay s. Azara, Voyages etc. Tom. II, p. 105.
58 Ueber die Siamesen s. Prichard a. a. 0. Vol. IV, p. 533. Ueber die Japanesen: Veitch, in: Gardener's Chronicle 1860, p. 1104. In Bezug auf die Neuseeländer s. Mantegazza, Viaggi e Studi, 1867, p. 526. Wegen der andern oben erwähnten Nationen s. Verweisungen in: Lawrence, Lectures on Physiology, 1S22, p. 272.
a'J Sir J. Lubbock, Origin of Civilization. 1870, p. 321.
611 Dr. Barnard Davis citirt Prichard und Andere wegen dieser That-sachen von den Polyiiesiern in: Authropological Review, April 1870, p. 185, 191.
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Cap. 19.
Schönheit.
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sehen in ihrem Geschmacke für's Schöne verschieden sind. In jeder Nation, die weit genug vorgeschritten war, sich Bildnisse ihrer Götter oder ihrer vergötterten Herrscher zu machen, versuchton ohne Zweifel die Bildhauer ihr Ideal von Schönheit und Grossartigkeit in diesen Bildwerken auszudrücken 61. Von diesem Gesichtspunkte aus verdienen die griechischen Statuen des Jupiter oder Apollo mit den ägyptischen oder assyrischen Statuen im Geiste verglichen zu werden, und diese wiederum mit den hässlichen Basreliefs der zerstörten Bauten von Central-Amerika.
Ich bin sehr wenigen Angaben begegnet, welche der eben erwähnten Schlussfolgerung entgegenstehen; indessen ist Mr. Winwood Reade, .welcher reichlich Gelegenheit zur Beobachtung nicht nur in Bezug auf die Neger der Westküste von Afrika, sondern auch in Bezug auf die des Innern hatte, welche niemals mit Europäern in Verbindung waren, überzeugt, dass ihre Ideen von Schönheit im Ganzen dieselben sind wie unsere. Er hat wiederholt gefunden, das er mit Negern in der Werthschätzung der Schönheit der eingeborenen Mädchen übereinstimmte und dass ihre Würdigung der Schönheit europäischer Frauen der unseren entsprechend war. Sie bewundern langes Haar und brauchen künstliche Mittel, es sehr reich erscheinen zu lassen. Sie bewundern auch einen Bart, obschon sie selbst spärlich damit versehen sind. Mr. Keade ist im Zweifel, welche Art von Nasen am meisten geschätzt werde. Man hat ein Mädchen sagen hören, ich mag Den nicht hei-rathen, er hat keine Nase, und dies beweist, dass eine sehr platte Nase kein Gegenstand der Bewunderung ist. Wir müssen uns indessen erinnern, dass die plattgedrückten und sehr breiten Nasen und vorspringenden Kinnladen der Neger der Westküste ausnahmsweise Typen unter den Einwohnern von Afrika sind. Trotz der vorstehenden Angaben hält es Mr. Reade nicht für wahrscheinlich, dass die Neger jemals „die „schönste europäische Frau nur auf Grund der blossen physischen Bewunderung einer gut aussehenden Negerin vorziehen würden"62.
61 Ch. Comte gibt Bemerkungen in diesem Sinne in seinem Tratte de Legislation, 3. edit. 1S67, p. 136.
*- Wie mir ein Missionär mitgetlieilt hat, welcher lange Zeit unter den Feuerländern gelebt hat, betrachten dieselben europäische Frauen als ausserordentlich schön; nach dem aber, was wir von dem Urtheil der andern Eingeborenen von Amerika gesehen haben, kann ich nur glauben, dass dies ein Irrthum ist, wenn sich nicht geradezu diese Angaben auf Feuerländer beziehen, welche einige Zeit unter Europäern gelebt haben und uns für höhere Wesen halten müssen. Ich
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3fl3 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
Die Wahrheit des schon vor längerer Zeit von Humboldt B;i betonten Grundsatzes, dass der Mensch, die Charactere bewundert und häufig zu übertreiben sucht, welche die Natur ihm nur immer gegeben haben mag, zeigt sich auf vielerlei Weise. Der Gebrauch bartloser Rassen, jede Spur eines Bartes zu entfernen, ebenso wie allgemein die Haare am Körper, bietet eine Erläuterung dazu dar. Der Schädel ist während alter und neuerer Zeiten von vielen Nationen bedeutend modi-ficirt worden und es lässt sich wenig zweifeln, dass dies besonders in Nord- und Südamerika zu dem Zwecke ausgeübt wurde, um irgend eine natürliche und bewunderte Eigentümlichkeit zu übertreiben. Viele amerikanische Indianer bewundern bekanntlich einen Kopf, der zu einem solchen extremen Grade abgeplattet ist, dass er uns wie der eines Tdio-. ten erscheint. Die Eingeborenen der Nordwestküste drücken ihren Kopf in die Form eines zugespitzten Kegels zusammen und es ist beständiger Gebrauch bei ihnen, das Haar in einen Knoten auf der Spitze ihres Kopfes zusammenzufassen zum Zwecke, wie Dr. Wilson bemerkt, „die „scheinbare Erhebung der beliebten conischen Form noch zu erhöhen." Die Einwohner von Arakhan „bewundern eine breite glatte Stirn, und „um diese hervorzubringen befestigen sie eine Bleiplatte an den Köpfen „ihrer neugeborenen Kinder1-. Andererseits „wird ein breites, gut gerundetes Hinterhaupt von den Eingeborenen der Fiji-Inseln für eine „grosse Schönheit gehalten" 6i.
Wie für den Schädel so gilt dasselbe auch für die Nase. Die alten Hunnen waren während des Zeitalters des Attila gewöhnt die Nasen ihrer Kinder mit Bandagen abzuplatten, „zum Zwecke der Uebertreibung „einer natürlichen Bildung." Bei den Tahiti-Insulanern wird die Benennung „Langnase" für eine Insulte gehalten, und sie comprimiren die Nasen und Stirnen ihrer Kinder zum Zwecke der Schönheit. Dasselbe ist der Fall bei den Malayen von Sumatra, den Hottentotten, ge-
muss noch hinzufügen, dass ein äusserst erfahrener Beobachter, Capt. Bit rton, der Ansicht ist, dass eine Frau, welche wir für schön halten, auf der ganzen Welt bewundert wird: Anthropological Review, March, 1864, p, 245.
m Personal Narrative, Vol. IV, p. 518 u. and. 0. Mantegazza hebt in seinen Viaggi e Studi, 1867, denselben Grundsatz nachdrücklich hervor.
64 Ueber die Schädel der amerikanischen Stämme s. Nott and Gliddou, Types of Maukind, 1854, p. 440; Prichard, Phys. Hist. of Mankind, Vol. I. 3. edit., p. 321; über die Eingeborenen von Arakhan, ebenda, Vol. IV, p. 537; Wilson, Physical Ethnology, in Smithsonian Institution, 1863, p. 288; über die Fiji-Insnlaner, p. 290. Sir J. Lübbock (Prehistoric Times, 2 edit., 186U, p. 50G) gibt ein ausgezeichnetes Kesume über diesen Gegenstand.
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Cap. 19.
bchönheit.
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wissen Negern und den Eingeborenen von Brasilien G\ Die Chinesen haben von Natur ungewöhnlich kleine Füssc(;,i; und es ist wohlbekannt, dass die Frauen der oberen Classen ihre Füsse verdrehen, um sie noch kleiner zu inachen. Endlich glaubt Humboldt, dass die amerikanischen Indianer deshalb ihre Körper mit rother Farbe .so gern anstreichen, um ihre natürliche Farbe zu übertreiben, und noch bis in die neueste Zeit erhöhten europäische Frauen ihre natürlichen hellen Farben durch rothe und weisse Schminke. Ich zweifle aber daran, dass viele barbarische Nationen irgend derartige Absichten hatten, als sie sich bemalten. Bei den Moden unserer eigenen Kleidung sehen wir genau dasselbe Princip und denselben Wunsch, jeden Punkt bis zum Extrem zu führen; auch zeigt sich hier derselbe Geist des Ehrgeizes. Es sind abdV die Moden der Wilden viel beständiger als unsere; und wo nur immer ihre Körper künstlich modificirt werden, ist dies notwendigerweise der Fall. Die arabischen Frauen des oberen Nils brauchen ungefähr drei Tage dazu, ihr Haar zu ordnen. Sie ahmen niemals andern Stämmen nach, „sondern wetteifern nur unter einander in der höchsten Entwickelung „ihres eigenen Stils". Dr. Wilson spricht von den zusammengedrückten Schädeln verschiedener amerikanischer Bässen und fügt liinzn: „derartige Gebräuche gehören- zu den am wenigsten zu beseitigenden und ,überleben um lange Zeit den Anprall der Revolutionen, welche Dynastien wechseln und bedeutungsvollere Nationaleigenthümlichkeiten beseitigen" "7. Dasselbe Princip kommt auch bei der Kunst der Zuchtwahl bedeutend in's Spiel; und wir können hiernach, wie ich an einer anderen Stelle erklärt habe (;S, die wunderbare Entwickelung aller der Bässen von Tliieren und Pflanzen verstehen, welche bloss zum Schmucke gehalten werden. Züchter wünschen immer einen jeden Character etwas vergrössert zuhaben, sie bewundern keinen mittleren Maassstab; sicherlich wünschen sie keinen grossen und plötzlichen Wechsel in dem Clia-
65 lieber die Hunnen s. Godron, Del'Espece, Tom. II. 1S59, p. 300. lieber die Eingeborenen von Tahiti s. AVaitz, Anthropolog. Vol. I, p. 305. Marsden, citirt von Pricbard, Pbysic. Hist. of Mankind, 3. edit. Vol. V, p. 07, Lawrence, Lectures on Hiysiology, p. 337.
66 Diese Thatsache wurde auf der Reise der Kcvara festgestellt, s. Anthropologischer Theil, Dr. Weisbach, 18G7, p. 265.
87 Smithsonian Institution, 1863, p. 289. lieber die Moden der arabischen Frauen s. Sir S. Baker, The Nile Tribntaries, 1867, p. 121,
68 Das Variiren der Thiero und Pflanzen im Zustande der Doraestication. Bd. 1, S. 265; Bd. 2, S. 318.
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BIO
Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Thcil.
racter ihrer Kassen; sie bewundern, was sie zu sehen gewöhnt sind; aber sie wünschen eifrigst, jeden cbaracteristischen Zug etwas mehr entwickelt zu sehen.
Ohne Zweifel ist das Wahrnehmungsvermögen des Menschen und der niederen Thiere so constituirt, dass brillante Farben und gewisse Formen ebenso wie harmonische und rhythmische Laute Vergnügen gewähren und scliön genannt werden; warum dies aber so sein muss, wissen wir nicht mehr, als warum gewisse körperliche Empfindungen angenehm und andere unangenehm sind. Es ist gewiss nicht wahr, dass es im Geiste des Menschen irgend einen allgemeinen Maassstab der Schönheit in Bezug auf den menschlichen Körper gibt. Indessen ist es möglich, dass ein gewisser Geschmack im Laufe der Zeit vererbt worden ist, obschon ich keinen Beweis zu Gunsten dieser Annahme kenne; und wenn dies der Fall ist, so würde jede Kasse ihren eigenen eingeborenen idealen Maassstab der Schönheit besitzen. Es ist behauptet worden 69, dass Hässlichkeit iu einer Annäherung an die Bildung der niederen Thiere bestehe, und dies ist ohne Zweifel für civilisirtere Nationen wahr, bei welchen der Intellect hoch geschätzt wird; aber eine zweimal so hervorragende Nase oder zweimal so grosse Augen wie gewöhnlich würden keine Annäherungen im Baue an irgend eines der niederen Thiere sein; und doch wäre dies äusserst bässlich. Die Menschen einer jeden Kasse ziehen das vor, was sie zu sehen gewohnt sind, sie können keine Veriinderung ertragen, aber sie lieben Abwechselung und bewundern es, wenn ein characteristischer Punkt bis zu einem massigen Extrem geführt wird 70. Menschen, welche an ein nahezu ovales Gesicht, an einfache und regelmässige Züge und helle Farben gewöhnt sind, bewundern, wie wir Europäer es wissen, diese Punkte, wenn sie stark entwickelt sind. Auf der anderen Seite bewundern Menschen, welche an ein breites Gesicht mit hohen Wangenknochen, eine abgeplattete Nase und eine schwarze Haut gewöhnt sind, diese Punkte in hoher Entwickelung. Ohne Zweifel können Charactere aller Arten leicht zu stark entwickelt werden um schön zu sein. Es wird daher eine vollkommene Schönheit, welche viele Charactere in besonderer Art und Weise modificirt in sich fasst, in jeder Rasse ein Wunder sein.
09 Schaaffhausen, Archiv für Anthropologie, 1866, S. 164.
"' Mr. Bain hat (Mental and Moral Science, 1868, p, 304 — 314) ungefähr ein Dutzend mehr oder weniger verschiedener Theorien der Idee der Schönheit gesammelt; aber keine stimmt völlig mit der hier gegebenen überein.
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Cap. 10.
Schönliuit.
311
Wie der grosse Anatom Biciiat vor längerer Zeit schon sagte: wenn ein Jeder nach derselben Form gegossen wäre, so würde es keine Schönheit geben. Wenn alle unsere Frauen so schön wie- die Venus von Medici wären, so würden wir eine Zeitlang bezaubert sein; wir würden aber sehr bald Abwechselung wünschen; und sobald wir eine Abwechselung erlangt hätten, würden wir gewisse Cliaractere bei unseren Frauen etwas über den nun eAistirenden gewöhnlichen Maassstab hinausragend zu sehen wünschen.
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Zwanzigstes Capitel,
SecundärcSexualcharactere des Menschen. (Fortsetzung.)
lieber die Wirkungen der fortgesetzten Wahl von Frauen nach einem verschiedenen Maassstabe der Schönheit in jeder Rasse. — Ueber die Ursachen, .< welche die geschlechtliche Zuchtwahl bei civilisirten und wilden Rassen stören. — Der geschlechtlichen Zuchtwahl günstige Bedingungen in Urzeiten-— Ueber die Art der Wirkung der geschlechtlichen Zuchtwahl heim Menschengeschlecht. — Ueber den Umstand, dass die Frauen wilder Stämme in etwas die Fähigkeit haben, sich Gatten zu wählen. — Fehlen des Ilaars am Körper und Entwickelimg des Bartes. — Farbe der Haut. — Zusammenfassung.
Wir haben im letzten Capitel gesehen, dass hei allen barbarischen Eassen Zierathen, Kleidung und äussere Erscheinung in hohem Werthc stehen und dass die Männer über die Schönheit ihrer Frauen nach sehr verschiedenen Maassstäben urtheilcn. Wir müssen mm zunächst untersuchen, oh dieses Vorziehen und die darauf folgende Wahl derjenigen Frauen, welche den Männern einer jeden Easse als die anziehendsten erschienen, während vieler Generationen, entweder den Character allein der Frauen oder beider Geschlechter verändert haben. Bei Säugethiercu scheint die allgemeine Regel die zu sein, dass Charactere aller Arten gleichmässig von den Männchen und Weibchen geerbt werden; wir könnten daher erwarten, dass beim Menschen alle durch geschlechtliche Zuchtwahl von den Frauen erlangten Charactere gewöhnlich den Nachkommen beider Geschlechter überliefert werden würden. Wenn irgend eine Veränderimg hierdurch bewirkt worden ist, so ist es beinahe gewiss, dass die verschiedenen Rassen verschieden modificirt sein werden, da jede ihren eigenen Maassstab der Schönheit hat.
Beim Menschen, besonders bei Wilden, stören viele Ursachen die Thätigkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl, soweit der Körperbau in Betracht kommt. Civilisirte Männer werden in hohem Grade durch die geistigen Ecize der Frauen angezogen, ebenso durch ihren Wohlstand und besonders durch ihre sociale Stellung; denn die Männer heirathen
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Cap. 20. Wirkung der Wahl von Frauen. 313
selten in einen viel tieferen Lebensrang. Die Männer, welche im Ge-, wannen der schöneren Frauen erfolgreich sind, werden keine grössere Wahrscheinlichkeit für sich haben, eine längere Descendenzrcihe zu hinterlassen als Männer mit einfacheren Weibern, ausgenommen die wenigen, welche ihr Vermögen nach den Gesetzen der Primogenitur vererben. In Bezug auf die entgegengesetzte Form der Auswahl, nämlich die Wahl anziehender Männer durch die Frauen, wird, obschon bei civi-lisirten Nationen die Frauen eine freie oder beinahe freie Wahl haben, was bei barbarischen Kassen nicht der Fall ist, doch deren Wahl in hohem Grade durch die sociale Stellung und den Wohlstand der Männer beeinflusst; und der Erfolg der letzteren im Leben hängt zum grossen Theile von ihren intellectuellen Kräften und ihrer Energie oder von den Resultaten dieser selben Kräfte bei ihren Vorfahren ab.
Es.ist indessen Grund zu glauben vorhanden, dass geschlechtliche Zuchtwahl bei gewissen civilisirten oder halbcivilisirten Nationen doch eine Wirkung geäussert hat. Viele Personen sind, und wie mir's scheint mit Recht, davon überzeugt, dass die Glieder unserer Aristokratie, — wobei ich unter diesem Ausdrucke alle wohlhabenden Familien mit umfasse, in welchen Primogenitur seit lange geherrscht hat, — weil sie viele Generationen hindurch aus allen Gassen die schöneren Frauen zu ihren Weibern sich erwählt haben, dem europäischen Maassstabe von Schönheit zufolge schöner geworden- sind als die mittleren Gassen; doch sind die mittleren Gassen in Bezug auf vollkommene Entwicklung des Körpers unter gleich günstigen Bedingungen. Cook bemerkt, dass die Superiorität in der persönlichen Erscheinung, „welche auf „allen übrigen Inseln (des stillen Oceans) bei den „Erecs" oder Ade-„ 1 igen zu beobachten ist, auf den Sandwichsinseln allgemein gefunden „wird". Dies mag aber hauptsächlich Folge ihrer besseren Ernährung und Lebensweise sein.
Bei der Beschreibung der Perser sagt der alte Eeisende Chardin: ,ihr Blut ist jetzt durch häutige Vermischung mit den Georgiern und. „Circassiern, welche beide Nationen in Bezug auf persönliche Schönheit die ,ganze*Welt übertreffen, im hohen Grade veredelt. Es ist kaum ein Mann „von Rang in Persien, welcher nicht von einer georgischen oder circas-„sischen Mutter geboren wäre." Er fügt hinzu, dass sie ihre Schönheit erben, „indess nicht von ihren Vorfahren, denn ohne die erwähnte Vermischung würden die Leute von Rang in Persien, welche Nachkom-
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil.
„inen der Tartaren sind, äusserst hässlich sein". l Das Folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall. Die Priesterinnen, welche den Tempel der Venus Erycina in San-Giuliano in Sicilien bedienten, wurden wegen ihrer Schönheit aus ganz Griechenland ausgewählt. Sie waren keine vestalischen Jungfrauen und Quatrefages-, welcher diese Angabe macht, bemerkt, dass die Frauen von San-Giuliano noch heutigen Tages als die schönsten auf der ganzen Insel berühmt sind und von Künstlern als Modelle gesucht werden. Offenbar sind die Deweise in den eben erwähnten Fällen aber zweifelhaft.
Obgleich sich der folgende Fall auf Wilde bezieht, so ist er doch seiner Merkwürdigkeit wegen der Erwähnung werth. Mr. Wixwood Eeade theilt mir mit, dass die Jollofs, ein Negerstamm an der "Westküste von Afrika, „wegen ihrer gleichförmigen schönen Erscheinung .merkwürdig sind." Einer seiner Freunde fragte einen dieser Leute: „Woher kommt es, dass ein Jeder, dem ich hier begegne, so schön „aussieht, nicht bloss Eure Männer sondern auch Eure Frauen?" Der Jollof antwortete: „Das ist sehr leicht zu erklären: es ist stets unser „Gebrauch gewesen, unsere schlecht aussehenden Sclaven auszusuchen „und zu verkaufen." Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, dass bei allen Wilden weibliche Sclaven als Concnbinen dienen. Dass dieser Neger entweder mit Recht oder mit Unrecht das schöne Aussehen des Stammes der lange fortgesetzten Beseitigung der hässlichen Frauen zugeschrieben, ist nicht so überraschend, als es auf den ersten Blick erscheinen dürfte; denn ich habe an einer anderen Stelle gezeigt 3, dass Xcger die Bedeutung der Zuchtwahl bei der Zucht der domesticirten Thiere vollkommen würdigen und ich könnte nach Mr. Reade weitere Belege über diesen Punkt anführen.
Ueber die Ursachen, welche die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl bei Wilden hindern oder hemmen. — Die hauptsächlichsten Ursachen sind, erstens, sogenannte commnnale Ehen oder allgemeine Vermischung; zweitens Kindesmord, _ besonders
1 Diese Citate sind aus Lawrence, Lectures on Physiology etc. 1822, p. 393, entnommen, welcher die Schönheit der höheren Classen in England dem Umstände zuschreibt, dass die Männer lange Zeit hindurch die schöneren Frauen gewählt haben.
'2 „Anthropologie", in: Revue des Cours scientifiques. Oct. 1868, p. 721.
3 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S. 27G.
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Cap. 20. Die "Wirkungen der Zuchtwahl hemmende Ursachen. 315
Tödtung der neugeborenen Mädchen; drittens frühe Verlobungen; und endlich die niedrige Schätzung, in welcher die Frauen als blosse Sclaven gehalten werden. Diese vier Punkte müssen mit einigem Detail betrachtet werden.
So lange das Paaren des Menschen oder irgend eines anderen Thie-res dem Zufalle überlassen ist, ohne dass von einem der beiden Geschlechter eine Wahl ausgeübt würde, kann offenbar keine geschlechtliche Zuchtwahl vorkommen; und es wird auf die Nachkommen keine Wirkung dadurch hervorgebracht werden, dass gewisse Individuen über andere bei ihrer Bewerbung einen Vortheil haben. Nun wird behauptet, dass heutigen Tages noch Stämme existiren, bei welchen das besteht, was Sir J. Lubbock aus Höflichkeit communale Ehen nennt, d. h. alle Männer und Frauen in dem Stamme sind Ehegatten unter einander. Die Ausschweifung vieler Wilden ist ohne Zweifel erstaunlich gross; es scheint mir aber doch, als wären noch weitere Beweise nöthig, ehe wir vollständig annehmen können, dass die vorkommende Vermischung wirklich absolut allgemein ist. Nichts destoweniger glauben alle diejenigen, welche den Gegenstand eingebend studirt haben 4, und deren Urtheil viel mehr werth ist als das meinige, dass communale Ehen die ursprüngliche und allgemeine Form auf der ganzen Erde war, mit Ein-schlnss der Heirathen zwischen Brüdern und Schwestern. Die indirec-ten Beweise zu Gunsten dieser Annahme sind äusserst mächtig und beruhen hauptsächlich auf Bezeichnungen der Verwandtschaftsgrade, welche zwischen den Gliedern eines und des nämlichen Stammes angewendet werden und welche einen Zusammenhang nur mit dem Stamme und nicht mit einem der beiden Eltern enthalten. Der Gegenstand ist aber zu weitläufig und complicirt, um hier auch nur einen Auszug davon geben zu können. Ich werde mich daher auf wenige Bemerkungen be-
* Sir J. Lubbock, The Origin of Civilization, 1870. Cap. III, besonders p. 60—67. Mr. M'Lonnan spricht in seinem äusserst werthvollen Werke über ,Primitive Marriage' 1865, p. 165, von der Verbindung der Geschlechter „in den „frühesten Zeiten als locker, vorübergehend und in einem gewissen Grade allgemein". Mr. M'Lennan und Sir J. Lubbock haben viele Belege über die ausserordentliche Ausschweifung der Wilden der Jetztzeit gesammelt. Mr. L. H. Morgan kommt in seiner interessanten Abhandlung über das classificatori-sche System der Verwandtschaften (Proceed. Amer. Acad. of Sciences, Vol. VII. Febr. 1868, p. 475) zu dem Schlüsse, dass Polygamie und alle Formen der Hei-rath während der Urzeiten unbekannt waren. Xach Sir J. Lubbock's Werk scheint es auch, als ob Bachofen gleichfalls der Ansicht wäre, dass ursprünglich communale Ehen geherrscht haben.
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316 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. _ II. Theil.
schränken. Offenbar ist bei comniunalen Ehen oder wo das Band der Ehe ein sehr lockeres ist, die verwandtschaftliche Beziehung des Kindes zu seinem Vater nicht bekannt. Es scheint aber beinahe unglaublich zu sein, dass die Verwandschaft des Kindes mit seiner Mutter jemals vollständig ignorirt worden sein sollte, besonders da die Frauen hei den meisten wilden Stämmen ihre Kinder eine lange Zeit hindurch stillen. Demzufolge werden in vielen Fällen die Dcscendenzenreihen nur durch die Mutter mit Ausschluss des Vaters zurückverfolgt. Aber in vielen anderen Fällen drücken die zur Verwendung kommenden Be-zeichnugen nur einen Zusammenhang mit dem Stamme, selbst mit Ausschluss der Mutter, aus. Es scheint wohl möglich, dass der Zusammenhang zwischen den unter einander verwandten Gliedern eines und desselben barbarischen Stammes, welche allen Arten von Gefahren ausgesetzt sind, wegen der Noth wendigkeit gegenseitigen Schutzes und gegenseitiger Hülfe so viel bedeutungsvoller ist, als der zwischen der Mutter und ihrem Kinde, dass er zu dem alleinigen Gebrauche von Ausdrücken geführt hat, Avelche die erstgenannten verwandtschaftlichen Beziehungen enthalten; aber Mr. Morgak ist überzeugt, dass diese Ansicht von der Sache durchaus nicht genügend ist.
Die in verschiedenen Theilcn der Erde zur Bezeichnung des Verwandtschaftsgrades benutzten Ausdrücke können nach dem eben angeführten Schriftsteller in zwei grosse Classen eingetheilt werden, die classificatorische und die beschreibende, — die letztere wird von uns angewendet. Es ist nun das classificatorische System, welches sehr nachdrücklich zu der Annahme führt, dass communale und andere äusserst lockere Formen von Ehen ursprünglich allgemein waren. So weit ich aber sehen kann, liegt von diesem Grunde aus keine Xoth-wendigkeit vor, an eine absolut allgemeine Verniengung zu glauben; und ich freue mich zu sehen, dass dies auch Sir J. Lubrock's Ansicht ist. Männer und Frauen können, wie viele der niederen Thiere, früher feste, wenn auch nur zeitweise Verbindungen für eine jede Geburt eingegangen sein, und in diesem Falle wird nahezu so viel Verwirrung in den Ausdrücken der Verwandtschaftsgrade eingetreten sein, wie in dem Falle einer ganz allgemeinen Vermischung. Soweit geschlechtliche Zuchtwahl in Betracht kommt, ist Alles was verlangt wird, dass eine Wahl ausgeübt wird, che sich die Eltern mit einander verbinden, und es ist von geringer Bedeutung, ob die Verbindungen für's ganze Leben oder nur für eiu Jahr bestehen.
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Cap. 20. Die Wirkungen der Zuchtwahl hemmende Ursachen. 317
Ausser den von den Bezeichnungen der Verwandtschaftsgrade hergenommenen Belegen weisen noch andere Ueberlegmigen auf das früher verbreitete Vorherrschen commnnaler Ehen hin. Sir J. Lubbock erklärt 5 in geistvoller A\reise die fremdartige und weitverbreitete Gewohnheit der Exogamie, — d. h. die Form von Heirathen, wo die Männer eines Stammes sich immer Frauen aus einem verschiedenen Stamme nehmen, — durch den Communismns, welcher die ursprüngliche Form der Ehe gewesen ist, so dass ein Mann niemals, ein Weib für sich erlangte, wenn er es nicht von einem benachbarten und feindlichen Stamme für sich zur Gefangenen machte: denn dann wird dasselbe natürlich sein eigenes und werthvolles Besitzthum geworden sein. Hierdurch kann der Gebrauch Frauen zu fangen entstanden und wegen der dadurch erlangten Ehre kann es schliesslich die allgemeine Gewohnheit geworden sein. Wir können hiernach auch Sir J. Lubbock zufolge die Notwendigkeit einsehen, warum für die Heirath als eine „Beeinträchtigung der Rechte des Stammes eine Entschädigung oder Sühne eintreten musste, da den alten ftleen entsprechend ein Mann kein Kecht „hatte, das sich selbst anzueignen, was dem ganzen Stamme gehörte." Sir J. Lubbock theilt ferner eine äusserst merkwürdige Menge von That-sachen mit, welche zeigen, dass in alten Zeiten den Frauen, welche äusserst ausschweifend waren, grosse Ehre erwiesen wurde; und dies ist, wie er erklärt, zu verstehen, wenn wir annehmen, dass allgemeine Vermischung der ursprüngliche und daher lange in Ansehen stehende Gebrauch des Stammes war e.
Obgleich die Art und Weise der Entwickcluug des ehelichen Bandes ein dunkler Gegenstand ist, wie wir nach den über mehrere Punkte auseinandergehenden Ansichten der drei Schriftsteller, welche ihn am sorgfältigsten studirt haben, nämlich Mr. Moegan, M'Lennan und Sir J. Lubbock, schliesscn können, so scheint es doch nach den vorstehenden und mehreren anderen Keinen von Beweisen sicher zu sein, dass der Gebrauch der Ehe erst allmählich entwickelt worden ist und dass eine beinahe allgemeine Vermischung einmal äusserst verbreitet auf der ganzen Erde war. Nichtsdestoweniger kann ich nach der Analogie der niederen Thiere und noch besonders derjenigen, welche dem Men:
5 Address to British Association „On the Social and Religions Conditio« of the Lower Races of Man", 1870, p. 20.
0 Origin of Civilization, 1870, p. 80. In den verschiedenen oben citirten Werken wird man reichliche Belege über die Verwandtschaft nur mit den Frauen oder allein mit dein Stamme linden.
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318 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
sehen in der Thierreihe am nächsten kommen, doch nicht glauben, dass diese Gewohnheit in einer äusserst entfernt zurückliegenden Periode geherrscht hat, wo der Mensch kaum seinen jetzigen Hang in der zoologischen Stufenreihe erlangt hatte. Der Mensch ist, wie ich zu zeigen versucht habe, sicher von irgend einem affenähnliehen "Wesen abgestammt. Bei den jetzt existirenden Quadrumanen sind, soweit ihre Lebensgewohnheiten bekannt sind, die Männchen einiger Species monogam, leben aber nur während eines Theiles des Jahres mit den Weibchen, wie es beim Orang der Fall zu sein scheint. Mehrere Arten, wie einige der indischen und amerikanischen Affen sind im strengen Sinne monogam und leben das ganze Jahr hindurch in Gesellschaft ihrer Weiber. Andere sind polygam. wie der Gorilla und mehrere südamerikanische Species, und jede Familie lebt getrennt für sich. Selbst wenn dies eintritt sind die, einen und den nämlichen District bewohnenden Familien wahrscheinlich in einer gewissen Ausdehnung social: so trifft man beispielsweise den Schimpanse gelegentlich in grossen Truppen. Ferner sind andere Species polygam, aber mehrere Männchen, und zwar jedes mit seinen eigenen Wreibchen, leben zu einer Truppe vereinigt, wie bei mehreren Species von Pavianen 7. Wh* können in der That, nach Dem was wir von der Eifersucht aller männlichen Säugethiere wissen, von denen viele mit speciellen Waffen zum Kämpfen mit ihren Nebenbuhlern bewaffnet sind, schliessen, dass allgemeine Vermischung der Geschlechter im Naturznstande äusserst unwahrscheinlich ist. Das Paaren mag nicht zeitlebens währen, sondern nur für jede Geburt; wenn indessen die Männchen, welche die stärksten und am besten befähigten sind, ihre Weibchen und jungen Nachkommen zu vertheidigen oder ihnen auf andere Weise zu helfen, die anziehenderen Weibchen zu wählen hätten, so würde das für die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl genügen. Wenn wir daher im Strome der Zeit weit genug zurückblicken, so ist es äusserst unwahrscheinlich, dass die ursprünglichen Männer und Frauen vollständig vermischt durch einander lebten. Nach den socialen Gewohnheiten des Menschen, wie er jetzt existirt, und nach dem Umstände zu schliessen, dass die meisten Wilden polygam leben, ist die wahrscheinlichste Ansicht die, dass der Mensch ursprünglich in
' Brehm (Illustrirtes Thierleben. Bd. 1, S. 77) sagt, Gymceplialux hama-tlryas lehe in grossen Truppen, welche zweimal so viele erwachsene Weihchen als erwachsene Männchen enthalten, s. Rengger, über amerikanische polygame Species, und Owen (Anatomy of Vertehrates, Vol. III, p. 746) über amerikanische monogame Arten. Andere Citate könnten noch beigebracht werden.
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Cap. 20. Die Wirkungen der Zuchtwahl hemmende Ursachen. 319
kleinen Gesellschaften lebte. Jeder mit so vielen Frauen, als er unterhalten und erlangen konnte, welche er eifersüchtig gegen alle anderen Männer vertlieidigt haben wird. Oder er kann mit mehreren Frauen für sich allein gelebt haben, wie der Gorilla; denn „alle Eingeborenen «stimmen darin überein, dass nur ein erwachsenes Männchen in einer „Gruppe zu sehen ist. Wächst das junge Männchen heran, so findet „ein Kampf um die Herrschaft statt und der Stärkste setzt sich dann, .indem er die Anderen getödtet öder fortgetrieben bat, als Oberhaupt rder Gesellschaft fest".8 Die jüngeren Männchen, welche hierdurch ansgestossen sind und nun umlierwandern, worden auch, wenn sie zuletzt beim Finden einer Gattin erfolgreich sind, die zu enge Tnzucht innerhalb der Glieder einer und derselben Familie verhüten.
Obgleich Wilde jetzt äusserst ausschweifend sind und obschon eomrmmale Ehen in hohem Grade geherrscht haben mögen, so besteht doch bei vielen Stämmen irgend eine Form von Ehe, freilich von einer viel lockerern Natur als bei civilsirten Nationen. Wie eben angeführt wurde, sind die anführenden Manne]- in jedem Stamme beinahe allgemein der Polygamie ergeben. Nichtsdestoweniger gibt es Stämme, welche beinahe am unteren Ende der ganzen Stufenreihe stehen, welche streng monogam leben. Dies ist der Fall mit den Veddahs von Ceylon. Sie haben der Angabe von Sir J. Ldbbock zufolge " ein Sprüchwort, .dass „nur der Tod Mann und Frau von einander trennen kann." Ein intelligenter eeyloneser Häuptling, natürlich ein Folygamist, „war vollständig entsetzt über die complete Barbarei, nur mit einer Frau zu „leben und nie von ihr sich zu trennen als im Tode." Das wäre, sagte er, „gerade wie bei den Wanderoo-Affen". Ob die Wilden, welche jetzt irgend eine Form von Ehe, entweder polygame oder monogame, eingehen, diesen Gebrauch von Urzeiten her beibehalten haben, oder ob sie zu einer Form von Ehe zurückgekehrt sind, nachdem sie einen Zustand völlig allgemeiner Vermischung durchlaufen haben, möchte ich auch nicht zu vermuthen wagen.
Kindesmord. — Dieser Gebranch ist jetzt auf der ganzen Erde sehr häufig und es ist Grund zu glauben vorfanden, dass er während trüberer Zeiten eine noch ausgedehntere Verbreitung hatte l(). Die Bar-
s Dr. S avage, in: Boston Journal of Natur. Ilist. Vol. V. 1845—47, p. 423. 9 Prehistoric Times 18G9, p. 424.
10 Mr. M'Lennan, Primitive Marriage, 1865. s. besonders über Exogamie nml Kinrtcsmonl, p. 130, 138, 105.
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320 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. TT. Theil.
baren finden es schwierig, sieb selbst und ibre Kinder zu erbalten, und da ist es denn ein einfacher Plan die Kinder zu tödten. In Südamerika zerstörten manche Stämme, wie Azara anführt, so viele Kinder beiderlei Geschlechtes, dass sie auf dem Punkte waren auszusterben. Auf den polynesischen Inseln bat man Frauen gekannt, welche von vier oder fünf bis selbst zu zehn ihrer Kinder getödtet haben, und Ellis konnte nicht eine einzige Frau finden, welche nicht wenigstens ein Kind getödtet hatte. Wo nur immer Kindesmord herrscht, wird der Kampf um die Existenz deshalb weniger heftig sein und alle Glieder des Stammes werden eine gleich gute Chance haben, ihre wenigen überlebenden Kinder aufzuziehen. In den meisten Fällen wird eine grössere Anzahl weiblicher als männlicher Kinder zerstört, denn olfenbar sind die letzteren für den Stamm von dem grössten Wertbe, da sie, wenn sie erwachsen sind, die Vertheidigung unterstützen und sich selbst unterhalten können. Aber die von den Frauen empfundene Mühe beim Aufziehen der Kinder, der damit in Verbindung stehende Verlust ihrer Schönheit, der höhere Werth und das glücklichere Geschick der Frauen, wenn sie wenig au Zahl sind. werden von den Frauen selbst und von verschiedenen Beobachtern als weitere Motive für den Kindesmord angeführt. In Australien, wo das Tödten weiblicher Kinder noch häufig ist, schätzte Sir G. Gtcey das Verhältniss eingeborener Frauen zu Männern auf eins zu drei; Andere aber bestimmten es auf zwei zu drei. In einem Dorfe an der östlichen Grenze von Indien fand Oberst Mac-culloch nicht ein einziges Mädchen u.
Wenn in Folge des Tödtens der Mädchen die Frauen eines Stammes an Zahl nur wenig sind, so wird die Gewohnheit, sieb Frauen aus benachbarten Stämmen einzufangen, von selbst eintreten. Sir J. Lur-bock indessen schreibt, wie wir gesehen haben, diesen Gebrauch zum grössten Theile der früheren Existenz communaler Ehen und dem davon abhängendem Umstände ziv, dass sich die Männer aus anderen Stämmen Frauen gefangen haben, um sie als ihr alleiniges Besitzthnm für sich zu bebalten. Es können noch weitere Ursachen hierfür angeführt werden, so, dass die Gesellschaften sehr klein waren, in welchem Falle die heirathsfähigen Frauen häufig gefehlt haben werden. Dass
" Gerland (Ueher das Aussterben der Naturvölker, 1SGS) hat viele Mit-theilungen über Kindesmord gesammelt, s. besonders S. 27, 51, 54. Azara (Voyages etc. Tom. II, p. 94, 110) geht ausführlich in die Motive ein. s. auch M'Lennan, a. a. 0. p. 139, in Bezug auf die Fälle in Indien.
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jCap 30. Die 'Wirkungen der Zuchtwahl hemmende Ursachen. 32i
der Gebranch des Baubens von Frauen während früherer Zeiten in grösster Ausdehnung befolgt wurde und selbst bei den Vorfahren eivi-lisirter Nationen, zeigt sich deutlich durch das Beibehalten vieler merkwürdiger Gebräuche und Ceremonicn, von welchen Mr. M'Lennan eine äusserst interessante Beschreibung gegeben hat. Bei unseren eigenen Heirathen scheint der „beste Mann" der hauptsächlichste Gehülfe des Bräutigams beim Acte des Baubens gewesen zu sein. So lange nun die Männer gewohnheitsgemäss ihre Frauen durch Gewalt und List sich verschafften, ist es nicht wahrscheinlich, dass sie sich die anziehenderen Frauen gewählt haben werden; sie werden nur zu froh gewesen sein, überhaupt irgend ein Weib zu fangen. Sobald aber der Gebrauch, sich Frauen von einem verschiedenen Stamme zu verschaffen, durch Tausch bewirkt wurde, wie es jetzt an vielen Orten vorkommt, werden die anziehenderen Frauen allgemein gekauft worden sein. Die unablässige Kreuzung zwischen Stamm und Stamm indessen, welche jeder Form eines solchen Gebrauches nothwendig folgte, wird dahin geführt haben, alle die in einem und demselben Lande wohnenden Völker im Character nahezu gleichförmig zu'halten und dies wird die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl in der Differenzirung der Stämme bedeutend gestört haben.
Die Seltenheit der Frauen, eine Folge des Tödtens weiblicher Kinder, führt auch zu einem anderen Gebrauche, nämlich der Polyandrie, welche in mehreren Theilen der Erde" noch in Uebung ist und welche früher, wie M'Lennan glaubt, beinahe allgemein herrschte. Diese letztere Folgerung wird aber von Mr. Morgan und Sir J. Lubbock bezweifelt 12. Wo nur immer zwei oder mehrere Männer gezwungen sind, eine Frau zu heirathen, so ist es sicher, dass alle Frauen des Stammes verhei-rathet werden, und es wird dann keine Auswahl der anziehenderen Weiber von Seiten der Männer stattfinden. Aber unter diesen Umständen werden ohne Zweifel die Frauen das Vermögen der Wahl haben und werden die anziehenderen Männer vorziehen. So beschreibt z. B. Azaba , mit welcher Sorgfalt ein Guanaweib um alle Arten von Privilegien handelt, ehe sie irgend einen oder mehrere Männer annimmt; und die Männer verwenden in Folge hiervon auch ungewöhnliche Sorg-
12 Primitive Marriage, p. 208. Sir J. Lubbock, Origin of Civilisation, p. 100. s. auch Mr. Morgan a. a. 0. über das frühere Herrschen der Polyandrie.
DARWIS, Abstammung 11. Zweite Auflage. 21
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil.
falt auf ihre persönliche Erscheinung 1S. Die sehr hässlichen Männer werden vielleicht durchaus nicht dazu kommen ein Weib zu erlangen oder sie bekommen erst spät im Leben eine Frau; und doch werden die schöneren Männer, obschon die erfolgreichsten im Erlangen von Weibern, soweit wir sehen können, nicht mehr Nachkommen hinterlassen, ihre Schönheit zu erben, als die weniger schönen Ehegatten derselben Frauen.
Frühe Verlobungen und Sclaverei der Frauen. — Bei vielen Wilden besteht der Gebranch, die Frauen schon als blosse Kinder zu verloben; und dies-wird in einer wirksamen Weise verhüten, dass irgend ein Vorziehen von beiden Seiten in Bezug auf persönliche Erscheinung geltend gemacht werden kann. Es wird aber nicht verhindern, dass die anziehenderen Frauen später von den kraftvolleren Männern ihren Ehegatten gestohlen oder mit Gewalt entführt werden; und dies ereignet sich häufig in Australien, Amerika und anderen Theilen der Welt. Diese selben Folgen in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl werden in einer gewissen Ausdehnung eintreten, wenn die Frauen fast ausschliesslich als Sclaven oder Lastthiere geschätzt werden, wie es bei den meisten Wilden der Fall ist. Indessen werden die Männer zu allen Zeiten die schönsten Sclavinnen nach ihrem Massstabe von Schönheit vorziehen.
Wir sehen hiernach, dass verschiedene Gebräuche bei Wilden herrschen, welche die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl bedeutend stören oder vollständig aufheben können. Auf der anderen Seite sind die Lebensbedingungen, welchen die Wilden ausgesetzt sind, und einige ihrer Gewohnheiten der natürlichen Zuchtwahl günstig; und diese kommt immer in Verbindung mit geschlechtlicher Zuchtwahl in's Spiel. Man weiss, dass Wilde sehr heftig von wiederkehrenden Hungersnöthen zu leiden haben; sie vermehren ihre Nahrungsmengen nicht durch künstliche Mittel; sie enthalten sich nur selten der Verheirathung14 und heirathen allgemein jung. In Folge dessen müssen sie gelegentlich harten Käm-
13 Voyages etc. Tom. II, p. 92—95.
u Bnrchell sagt (Travels in South Africa, Vol. IL 1824, p. 58), dass unter den wilden Nationen von Süd-Afrika weder Männer noch Frauen jemals im Stande des Cölihats ihr Leben hinbringen. Azara macht (Voyages dans l'Amerique merid. Tom. IL 1809, p. 21) genau dieselbe Bemerkung in Bezug auf die wilden Indianer von Süd-Amerika.
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Cap. 20.
Wirkungsweise der Zuchtwahl.
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pfen um die Existenz ausgesetzt sein, und allein die begünstigten Individuen werden leben bleiben.
Wenn wir unseren Blick auf die Urzeiten werfen, wo die Menschen nur in zweifelhafter Weise den Rang der Menschlichkeit erlangt hatten, so werden sie, wie bereits angeführt wurde, entweder polygam oder zeitweise monogam gelebt haben. Die Vermischung der-Geschlechter wird dann, nach der Analogie zu urtheilen, nicht ganz allgemein gewesen sein. Sie werden ohne Zweifel ihre Weibchen nach ihren besten Kräften gegen Feinde aller Arten vertheidigt und werden wahrscheinlich um ihre Subsistenz ebenso wie um die ihrer Nachkommen gejagt haben. Die kraftvollsten und fähigsten Männer werden im Kampfe um's Leben und um das Erhalten anziehender Frauen den besten Erfolg gehabt haben. In dieser frühen Zeit werden die Urerzeugcr des Menschen, da sie nur schwache Verstandeskräftc gehabt haben, nicht vorwärts auf in der Zukunft möglicherweise eintretende Ereignisse geblickt haben. Sie werden in jener Zeit nicht einen der stärksten von allen Instincten, welcher allen niederen Thieren gemein ist, nämlich die Liebe zu ihren jungen Nachkommen, theilweise verloren haben, und in Folge dessen werden sie Kindestödtung nicht ausgeübt haben. Es wird keine künstlich erzeugte Seltenheit von Frauen eingetreten sein und es wird keine Polyandrie diesem Umstände gefolgt sein. Es werden keine frühen Verlobungen stattgefunden haben; Frauen werden nicht als blosse Scla-ven geschätzt worden sein. Wenn den Frauen ebenso wie den Männern gestattet wurde, irgend welche Wahl auszuüben, so werden beide Geschlechter sich ihren Gatten gewählt haben, und zwar nicht um geistige Reize oder grossen Besitz oder sociale Stellung, sondern beinahe einzig und allein der äusseren Erscheinung nach. Alle Erwachsenen werden sich verheirathet oder gepaart haben, und sämmtliche Nachkommen, soweit das möglich war, werden aufgezogen worden sein, so dass der Kampf um die Existenz periodisch bis zu einem extremen Grade hart gewesen sein wird. Es werden daher während dieser Urzeit alle Bedingungen für geschlechtliche Zuchtwahl viel günstiger gewesen sein als in einer späteren Periode, wo der Mensch in seinem intellectuellen Vermögen vorgeschritten, aber in seinen Instincten zurückgegangen war. Was für einen Einfluss daher auch geschlechtliche Zuchtwahl in Bezug auf Hervorrufimg von Verschiedenheiten zwischen den Rassen des Menschen ebenso wie zwischen dem Menschen und den höheren Quadrumanen,
21 *
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil.
gehabt haben mag, so wird dieser Einfluss in einer sehr weit zurückliegenden Periode viel mächtiger gewesen sein als heutigen Tages.
Ueber di« Art der AVirksamkeit der geschichtlichen Zuchtwahl beim Menschengesch le chte. — Die geschlechtliche Zuchtwahl wird bei den Urmenschen unter den eben angeführten günstigen Bedingungen und bei denjenigen Wilden, welche in der Jetztzeit irgend eine eheliche Verbindung eingehen, wahrscheinlich in der folgenden Art und Weise in AVirksamkeit getreten sein, wobei indess die letzteren je nach den mehr oder weniger ausgedehnt befolgten Gewohnheiten der Tödtung weiblicher Neugeborener, früher Arerlobungen u. s. w. diese Wirksamkeit mehr oder weniger gestört haben. Die stärksten und lebenskräftigsten Männer .— diejenigen, welche am Besten ihre Familien vertheidigeu und für dieselben jagen konnten, und während der späteren Zeiten die Anführer oder Häuptlinge — diejenigen, welche mit den besten Waffen versehen waren und das grösste Besitzthuin hatten, wie z. B. eine grössere Zahl von Hunden oder anderen Thieren, werden beim Aufziehen einer durchschnittlich grösseren Anzahl von Nachkommen mehr Erfolg gehabt haben als die schwächeren ärmeren und niederen Glieder der nämlichen Stämme. Es lässt sich auch daran nicht zweifeln, dass solche Männer allgemein im Stande gewesen seiu werden, sich die anziehenderen Frauen zu wählen. Heutigen Tages erreichen es die Häuptlinge nahezu jeden Stammes auf der Erde, mehr als eine Frau zu erlangen. Bis ganz neuerdings war, wie ich von Mr. Mantell höre, beinahe jedes Mädchen auf Neuseeland, welches hübsch war oder hübsch zu werden versprach, irgend einem Häuptling „tapu". Bei den Kaffern haben, wie Mr. C. Hamilton anführt ls, „die Häuptlinge allgemein die Auswahl aus den Frauen in einem Umkreise von vielen „Meilen und sind äusserst bedacht darauf, ihre Privilegien fest zu hallten oder bestätigt zu sehen." AVir haben gesehen, dass jede Piasse ihren eigenen Geschmack für Schönheit hat, und wir wissen, dass es für den Menschen natürlich ist, jeden characteristischen Punkt bei seinen domesticirteu Thieren, bei seiner Kleidung, seinen Ornamenten und bei seiner persönlichen Erscheinung zu bewundern, sobald sie auch nur ein wenig über den gemeinen Maassstab hinaus geführt sind. Wenn nun die verschiedenen vorstehenden Sätze zugegeben werden, und ich
15 Anthi-oriological Review, Jan. 18~0, p. XVI.
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kann nicht sehen, dass sie zweifelhaft wären, so würde es ein unerklärlicher Umstand sein, wenn die Auswahl der anziehenderen Frauen durch die kraftvolleren Männer eines jeden Stammes, welche im Mittel eine grössere Zahl von Kindern aufziehen würden, nicht nach dem "Verlaufe vieler Generationen in einem gewissen Grade den Character des Stammes modiflcirt haben würde.
Wenn hei unseren domesticirten Thieren eine fremde Rasse in ein neues Land eingeführt wird, oder wenn eine eingeborene Rasse lange Zeit und sorgfältig entweder zum Nutzen oder zur Zierde beachtet wird, so findet man nach mehreren Generationen, dass sie, sobald nur die Mittel zur Vergleichung existiren, einen grösseren oder geringeren Betrag an Veränderung erlitten hat. Dies ist eine Folge der während einer langen Reihe von Generationen fortgeübten unbewussten Zuchtwahl, d. h. der Erhaltung der am meisten gebilligten Individuen, ohne irgend einen Wunsch oder eine Erwartung eines derartigen Resultates von Seiten des Züchters. Wenn ferner zwei sorgfältige Züchter während vieler Jahre Thiere einer und der nämlichen Familie züchten und sie nicht miteinander oder mit einem gemeinsamen Maassstabe vergleichen , so finden sie nach einer Zeit, dass die Thiere zur Ueber-raschnng ihrer eigenen Besitzer in einem unbedeutenden Grade verschieden geworden sind 16. Ein jeder Züchter hat wie von Nathusius es gut ausdrückt, den Character seines eigenen Geistes, seinen eigenen Geschmack und sein Urtheil seinen Thieren aufgedrückt. Welche Ursache könnte man nun anführen, warum ähnliche Resultate nicht der lange fortgesetzten Auswahl der am meisten bewunderten Frauen durch diejenigen Männer eines jeden Stammes folgen sollten, welche im Stande waren, eine grössere Zahl von Kindern bis zur Reife zu erziehen? Dies würde unbewusste Zuchtwahl sein, denn es würde eine Wirkung hervorgebracht werden unabhängig von irgend einem Wunsche oder eine Erwartung von Seiten der Männer, welche gewisse Frauen anderen vorziehen.
Wenn wir annehmen, dass die Glieder eines Stammes, bei welchem eine gewisse Form der Ehe im Gebrauche war, sich über einen nicht bewohnten Continent verbreiteten, so würden sie sich bald in verschiedene Horden theilen, welche durch verschiedene Grenzen und noch wirksamer durch die unaufhörlich zwischen allen barbarichen Nationen
16 Das Variireu der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. Bd. 2, S.-281—280.
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32f) Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
eintretenden Kriege von einander getrennt würden. Die Horden werden auf diese Weise unbedeutend verschiedenen Lebensbedingungen und Gewohnheiten ausgesetzt werden und werden früher oder später dazu kommen, in einem geringen Grade von einander abzuweichen. Sobald dies einträte, würde jeder isolirte Stamm für sich selbst einen unbedeutend verschiedenen Maassstab der Schönheit sich bilden 17, und dann würde imbewnssto Zuchtwahl dadurch in Wirksamkeit treten, dass die kraftvolleren und leitenden Glieder der wilden Stämme gewisse Weiber anderen verzögen. Hierdurch werden die Verschiedenheiten zwischen den Stämmen, die zuerst sehr unbedeutend waren, allmählich und unvermeidlich in einem immer grösseren und bedeutenderen Grade verschärft werden.
Bei Thiereii im Naturzustande sind viele Cliaractere, welche den Männchen eigen sind, wie Grösse, Stärke, specielle Waffen, Muth, und Kampfsucht durch das Gesetz des Kampfes erlangt worden. Die halbmenschlichen Urerzeuger des Menschen werden, wie ihre Verwandten, die Quadrumanen, beinahe sicher in dieser Weise modificirt worden sein, und da Wilde noch immer um den Besitz ihrer Frauen kämpfen, so wird ein ähnlicher Frocess der Auswahl wahrscheinlich in einem grösseren oder geringeren Grade bis auf den heutigen Tag vor sich gegangen sein. Andere den Männchen der niederen Thiere eigene Charactere, wie glänzende Farben und verschiedene Ornamente, sind dadurch erlangt worden, dass die anziehenderen Männchen von den Weibchen vorgezogen worden sind. Es finden sich indessen ausnahmsweise Fälle, in denen die Männchen, statt ihrerseits gewählt worden zu sein, selbst der wählende Theil gewesen sind. Wir erkennen solche Fälle daran, dass die Weibchen in eiuem höheren Grade verziert worden sind als die Männchen, wobei ihre ornamentalen Charactere ausschliesslich oder hauptsächlich auf ihre weiblichen Nachkommen überliefert worden sind. Ein derartiger Fall ist ans der Ordnung, zu welcher der Mensch gehört , beschrieben worden, nämlich der Ehesus-Affc.
Der Mann ist an Körper und Geist' kraftvoller als die Frau, und im wilden Zustande hält er dieselbe in einem viel unterwürfigeren Stande
" Ein geistreicher Schriftsteller hebt nach einer Vergleichung der Gemäkle von Raphael, Rubens und neuen französischen Malern hervor, dass die Idee der Schönheit selbst in Kuropa nicht absolut dieselbe ist; s. die Lebensbeschreibungen von ilayiln und Mozart von Bombet, engl. Uebersetz. p. 278.
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der Knechtschaft als es das Männchen irgend eines anderen Thieres thut; es ist daher nicht überraschend, dass er das Vermögen der Wahl erlaugt hat. Die Frauen sind sich überall des VVorthes ihrer Schönheit bewusst, und wenn sie die Mittel haben, finden sie ein grösseres Entzücken daran, sich selbst mit allen Arten von Ornamenten zu schmücke», als es die Männer thun. Sie borgen Schmnclrfedern männlicher Vögel, mit denen die Natur dieses Geschlecht zierte, um die "Weibchen zu bezaubern. Da die Frauen seit langer Zeit ihrer Schönheit wegen gewählt worden sind, so ist es nicht überraschend, dass einige der nach einander auftretenden Abänderungen in einer beschränkten Art und Weise überliefert worden sind, dass folglich auch die Frauen, ihre Schönheit in einem etwas höheren Grade ihren weiblichen als ihren männlichen Nachkommen überliefert haben. Es sind daher die Frauen, wie die meisten Personen zugeben werden, schöner geworden als die Männer. Die Frauen überliefern indess sicher die meisten ihrer Cha-ractere, mit Einschluss der Schönheit, ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts, so dass das beständige Vorziehen der anziehenderen Frauen durch die Männer einer jeden Rasse je nach ihrem Maassstabe von Geschmack dahin führen wird, alle Individuen beider Geschlechter, die zu der Rasse gehören, in einer und derselben Weise zu modificireu.
Was die andere Form geschlechtlicher Zuchtwahl betrifft (welche bei den niederen Thieren bei weitem die häufigste ist), nämlich wo das "Weibchen der auswählende Theil ist und nur diejenigen Männchen annimmt, welche sie am meisten anregen oder entzücken, so haben wir Grund zu glauben, dass sie früher auf die Urerzeuger des Menschen gewirkt hat. Der Mann verdankt aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Bart und vielleicht einige andere Charactere der Vererbung von einem alten Urerzeuger, welcher seine Zierathen in dieser Weise erlangte. Es kann aber diese Form von Zuchtwahl gelegentlich auch während späterer Zeiten gewirkt haben; denn bei völlig barbarischen Stämmen sind die Frauen mehr in der Lage ihre Liebhaber zu wählen, zu verwerfen und zu versuchen, oder später ihre Ehemänner zu wechseln, als sich hätte erwarten lassen. Da dies ein Punkt von einiger Bedeutung ist, will ich die Belege, die ich zu sammeln im Stande gewesen bin, im Detail inittheilen.
Hearne beschreibt, wie eine Frau in einem der Stämme des aretischen Amerika wiederholt ihrem Ehemanne davonlief und sich mit dem geliebten Manne verband; und bei den Charruas von Südamerika
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
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ist, wie Azaka anführt, die Fähigkeit der Scheidimg vollkommen frei. Wenn bei den Abiponen ein Mann ein Weib sieh wählt, so handelt er mit den Eltern um den Preis. Aber „es kommt häufig vor, dass das ,Mädchen durch alles Das, was zwischen den Eltern und dem Bräutigam abgemacht worden ist, einen Strich zieht und hartnäckig auch „nur die Erwähnung der Heirath verweigert." Sie läuft häufig davon, verbirgt sich und verspottet damit den Bräutigam. Auf den Fiji-Inseln ergreift der Mann die Frau, welche er sich zum Weibe wünscht, mit factischer oder vorgegebener Gewalt; aber „wenn sie die Heimstätte „ihres Entführers erreicht, so läuft sie, wenn sie die Verbindung nicht „billigen sollte, zu irgend einem, der sie schützen kann. Ist sie indessen zufriedengestellt, so ist die Sache sofort abgemacht." Im Feuerlande erhält ein junger Mann zuerst die Zustimmung der Eltern dadurch , dass er ihnen irgend einen Dienst erweist, und dann versucht er das Mädchen fortzuführen; „ will sie aber nicht, so verbirgt sie sieh „in den Wäldern, bis ihr Bewunderer von Herzen ermüdet ist, nach „ihr zu lugen, und die Verfolgung aufgibt; dies kommt aber selten „vor." Bei den Kalmücken besteht ein regelmässiger Wettlauf zwischen der Braut und dem Bräutigame, wobei die erstere einen gehörigen Vorsprung hat; und Clarke „erhielt die Versicherung, es käme kein „Fall vor, dass ein Mädchen gefangen würde, wenn sie nicht für den „Verfolger etwas eingenommen wäre." So besteht auch bei den wilden Stämmen des manischen Archipels ein ähnlicher Wettlauf, und nach Mr. Bouriex's Beschreibung scheint es, wie Sir ,1. Lubbock bemerkt, dass „der Preis des Wettlaufs nicht für den schnellsten und der des Kampfes nicht für den stärksten, sondern für den jungen Mann bestimmt „ist, welcher das Glück" hatte, der bestimmten Braut zu gefallen."
Wenden wir uns zu Afrika. Die Kaftern kaufen ihre Frauen, und Mädchen werden von ihren Vätern heftig gesclilagen, wenn sie einen auserwählten Ehegatten nicht annehmen wollen; doch geht es ans vielen von Mi'. Shooter mitgotheilten Thatsachen offenbar hervor, dass sie ziemliche Freiheit der Wahl haben. So hat man erfahren, dass sehr hässliche, wenngleich reiche Männer es nicht erlangt haben, Frauen zu bekommen. Ehe die Mädchen ihre Einstimmung zur Verlobung aussprechen, veranlassen sie den Mann, sich gehörig zu präsentiren, zuerst von vorn und dann von hinten, und „seine Gangart zu zeigen". Es ist bekannt geworden, dass sie sich einem Manne versprochen haben und doch nicht selten mit einem begünstigten Liebhaber davon gelaufen
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sind. Bei den degradirten Buschmänninnen von Südafrika „muss der „Liebhaber, wenn ein Mädchen zur Mannbarkeit herangewachsen ist, „ohne verlobt zu sein, was indessen nicht häufig vorkommt, ihre Zustimmung ebensowohl wie die der Eltern erlangen". 18 Mr. Winwoop Reade stellte meinetwegen Nachforschungen in Bezug auf die Neger von Westafrika an, und theilt mir nun mit, dass „die Frauen wenigstens unter ,den intelligenteren heidnischen Stämmen keine Schwierigkeiten haben, „diejenigen Männer zu bekommen, welche sie wünschen, obsehon es für „unweiblich angesehen wird, einen Mann aufzufordern, sie zu heirathen. „Sie sind vollständig fähig, sich zu verlieben und sind auch zarter, ,leidenschaftlicher und treuer Anhänglichkeit fähig."
Wir sehen hieraus, dass bei Wilden die Frauen in keinem so vollständig unterwürfigen Zustande in Bezug auf das Heirathen sich finden, als häufig verumthet worden ist. Sie können die Männer, welche sie vorziehen, verführen und können zuweilen diejenigen, welche sie nicht leiden mögen, entweder vor oder nach der Heirath verwerfen. Eine Vorliebe seitens der Frauen, welche in irgend einer Richtung stetig wirkt, wird schliesslich den Character des Stammes afficiren, denn die Weiber werden allgemein nicht bloss die hübscheren Männer je nach ihrem Maassstabe von Geschmack, sondern diejenigen wählen, wrelehe zu einer und derselben Zeit am Besten im Stande sind, sie zu vertheidigen und zu unterhalten. Derartige gut begabte Paare werden im Allgemeinen eine grössere Anzahl von Nachkommen aufziehen als die weniger gut begabten. Dasselbe Resultat wird offenbar in einer noch schärfer ausgesprochenen Weise eintreten, wenn auf beiden Seiten eine Auswahl stattfindet, d. h. wenn die anziehenderen und zu derselben Zeit auch kraftvolleren Männer die anziehenderen Weiber vorziehen und umgekehrt auch wieder von diesen vorgezogen werden. Und diese beiden Formen von Auswahl scheinen factisch .hei der Menschheit, mag es nun gleichzeitig oder nicht gleichzeitig geschehen sein, besonders während der früheren Perioden unserer langen Geschichte, eingetreten zu sein.
18 Azara, Voyages etc. Tom. IJ, p. 23. Dobrizlioffer, An Account of the Abipoues. Vol. II. 1822, p. 207. Williams, über die Fiji-Insulaner, citirt von Lubbock, Origin of Civilisatiou, 1870, p. 79. TJeber die Feuerländer: King and Fitzroy, Voyages of the Adcentuir and Jiecußc. Vol. II, 1839, p. 182. Ueber die Kaimucken citirt von Mr. M'Lennan, Primitive Marriage. 1805, p. 32. Ueber die Alalayen: Lubbock, ebenda, p. 7G. J. Sliooter, On the Kafirs of Matal, 1857, p. 52—00. Ueber die Buschmänninnen s. Burchell, Travels in öouth Africa, Vol. II. 1824. p. 59.
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230 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
Wir wollen nun in etwas ausführlicherem Detail in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl einige der Charactere betrachten, welche die verschiedenen Rassen von einander sowohl als von den niederen Thieren unterscheiden, nämlich die mehr oder weniger vollständige Abwesenheit von Haaren am Körper und die Farbe der Haut. Wir brauchen über die bedeutende Verschiedenheit in der Form der Gesichtzüge bei den verschiedenen Rassen nichts zu sagen, da wir bereits im letzten Capitel gesehen haben, wie verschieden in diesen Beziehungen das Maass der Schönheit ist. Diese Charactere werden daher wahrscheinlich von geschlechtlicher Zuchtwahl beeinflusst worden sein. So viel ich aber sehen kann, haben wir keine Mittel, zu beurtheilen, ob dieser Einfluss hauptsächlich von der männlichen oder von der weiblichen Seite ausgegangen ist. Die musikalischen Fälligkeiten des Menschen sind gleichfalls bereits erörtert worden.
Fehlen von Haar am Körper und seine Entwi ckelung an dem Gesichte und dem Kopfe. — Aus dem Vorhandensein des wolligen Haares oder des Lanugo am menschlichen Fötus und der rudimentären über den Körper zerstreuten Haare während des ge-schlechtsreifen Alters können wir schliessen, dass der Mensch von irgend einem behaarten Thierc abstammt, welches behaart geboren war und Zeit seines Lebens so blieb. Der Verlust des Haares ist eine Unbequemlichkeit und wahrscheinlich ein Nachtheil für den Menschen, selbst unter einem warmen Klima, denn er ist hierdurch plötzlichen Erkältungen, besonders während des feuchten "Wetters, ausgesetzt. Wie Mr. Wallace bemerkt, sind die Eingeborenen in allen Ländern froh ihre nackten Rücken und Schultern mit irgend einer leichten Decke schützen zu können. Niemand vermuthet, dass die Nacktheit der Haut irgend einen directen Vortheil für den Mensclien darbietet. Es kann also sein Körper durch natürliche Zuchtwahl nicht seiner Haarbedeckung entkleidet worden sein ,9. Auch haben wir keinen Grund zu glauben, wie
19 Contributions to the Tlieory of Natural Selection, 1870, p. 346 Mr. Wallace glaubt (p. 350), „dass irgend eine intelligente Kraft die Entwickelung des „Menschen geleitet oder bestimmt habe"; und er betrachtet den haarlosen Zustand der Haut als einen unter diesen Gesichtspunkt fallenden Umstand. Mr. T. R. Stebhing erörtert diese Ansicht (Transactions of Devonshire Associat. fo Science, 1870) und bemerkt, „dass, wenn Mr. Wallace seinen gewöhnlichen „Scharfsinn der Frage von der haarlosen Haut des Menschen zugewendet hätte, „er auch die Möglichkeit erkannt haben würde, dass sie wegen ihrer überlege-
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Can. 20. Das Fehlen von Haar. 331
in einem früheren Capitel gezeigt wurde, dass dies eine Folge der di-recten Einwirkung der Bedingungen sein könne, welchen der Mensch lange Zeit ausgesetzt gewesen ist, oder dass es das Besultat einer cor-relativen Entwickelung ist.
Das Fehlen von Haar am Körper ist in einem gewissen Grade ein seeundärer Sexualcharacter, denn in allen Theilen der Welt sind die Frauen weniger behaart als die Männer. Wir können daher vernünftigerweise vermuthen, dass dies ein Character ist, welcher durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden ist. Wir wissen, dass die Gesichter mehrerer Species von Aft'en und grosse Flächen am hinteren Ende des Körpers bei anderen Species von Haaren entblösst worden sind; und dies können wir getrost geschlechtlicher Zuchtwahl zuschreiben, denn diese Flächen sind nicht bloss lebhaft gefärbt, sondern zuweilen, z. B. beim männlichen Mandrill und beim weiblichen Bhesus, in dem einen Geschlechte viel lebhafter als in dem anderen. In dem Maasse als die Thiere allmählich das geschlechtsreife Alter erreichen, werden auch die nackten Flächen, wie mir Mi", Bartlett mitgetheilt hat, im Verhältniss zur Grösse des ganzen Körpers grösser. Das Haar scheint indessen in diesen Fällen nicht zum Zwecke der Entblössung entfernt worden zu sein, sondern damit die Farbe der Haut vollständig entfaltet werden könnte. So ist auch ferner bei vielen Vögeln der Kopf und Hals der Federn durch geschlechtliche Zuchtwahl entkleidet worden, damit die hell gefärbte Haut besser zur Erscheinung komme.
Da die Frau einen weniger behaarten Körper hat als der Mann, und da dieser Character allen Bässen gemeinschaftlich zukommt, so können wir schliessen, dass unsere weiblichen halbmenschlichen Urer-zeuger wahrscheinlich zuerst theilweise des Haares entkleidet wurden und dass dies zu einer äusserst entfernt zurückliegenden Zeit eintrat, ehe noch die verschiedenen Rassen von einer gemeinsamen Stammform sich abzweigten. Wie unsere weiblichen Urerzeuger allmählich diesen neuen Character der Nacktheit erlangt haben, müssen sie denselben in einem heinahe gleichen Grade ihren jungen Nachkommen beiderlei Geschlechts überliefert haben, so dass seine Ueberliefernng, wie es mit vielen Ornamenten bei Säugethieren und Vögeln der Fall ist weder durch Alter noch Geschlecht beschränkt worden ist. Darin dass ein theil-weiser Verlust des Haares von den afl'enähnlichen Urerzeugern des
„nen Schönheit oder wegen der sich an grössere Reinlichkeit knüpfenden Gesund-„heit ausgewählt worden sei."
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Thcil.
Menschen für ornamental gehalten worden ist, liegt nichts Ueberraschen-des, denn wir haben gesehen, dass bei Thieren aller Arten unzählige fremdartige Charactere in dieser Weise geschätzt und folglich durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt worden sind. Auch ist es nicht überraschend, dass ein in einem unbedeutenden ^Grade nachtheiliger Character hierdurch erlangt worden ist, denn wir wissen, dass dies bei den Schmuckfedern einiger Vögel und bei den Geweihen mancher Hirsche auch der Fall ist.
Die Weibchen gewisser anthropoider Affen sind, wie in einem früheren Capitel angeführt wurde, an der unteren Fläche des Körpers etwas weniger behaart als die Männchen, und hier haben wir einen Punkt, der wohl als Ausgang für den Process der Denudation gedient haben kann. In Bezug auf die Vollendung dieses Vorganges durch geschlechtliche Zuchtwahl ist es gut, sich des neuseeländischen Sprüchwortes zu erinnern, dass „es für einen haarigen Mann keine Frau gibt." Alle welche Photographien der siamesischen behaarten Familie gesehen haben, werden zugeben, wie lächerlich hässlich das entgegengesetzte Extrem von excessivem Behaartsein ist. Der Kaiser von Siam musste daher eiuen Mann bestechen, damit er die erste behaarte Frau in der Familie heirathete, welche dann diesen Character ihren jungen Nach-' kommen beiderlei Geschlechts überlieferte 20.
Manche Rassen sind viel behaarter als andere, besonders auf männlicher Seite. Es darf aber nicht angenommen werden, dass die behaarteren Rassen, z. B. Europäer, einen ursprünglichen Zustand vollständiger beibehalten haben, als die nackten, solche wie die Kaimucken oder Amerikaner. Es ist eine wahrscheinlichere Ansicht, dass das Be-haartsein der ersteren die Folge eines Rückschlages ist; denn Charactere, welche lange vererbt worden sind, sind immer geneigt, wiederzukehren. Pl\el hat einen merkwürdigen Fall von einem Idioten mitge-theilt, welcher, auf die Stufe eines Thieres herabgesunken, an seinem Rücken, seinen Lenden und Schultern eine Haardecke trug von einem oder zwei Zoll Länge. Einige andere analoge Fälle sind gleichfalls bekannt. Dem Anscheine nach hat ein kaltes Klima zu dieser Art von Rückschlag nicht Veranlassung gegeben, mit Ausnahme vielleicht der Neger, welche während mehrerer Generationen in den Vereinigten Staaten
2n Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Doniestication. Bd. 2. 1868, S. 433.
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Cap. 20.
Barte,
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aufgezogen worden sind 2' und möglichenveisse der Ainos, welche die nördlichen Inseln des japanesisclien Archipels bewohnen. Aber die Gesetze der Vererbung sind so complicirter Natur dass wir selten ihre Wirksamkeit verstehen können. Wenn das starke Bebaartsein gewisser Rassen wirklich das Resultat von Rückschlag, ungehemmt durch irgend eine Form von Zuchtwahl, wäre, so würde die iiusserste Variabilität dieses Characters, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse, aufhören merkwürdig zu sein.
In Bezug auf den Bart finden wir, wenn wir uns zu unseren besten Führern, nämlich den Quadrumannn wenden, in beiden Geschlechtern gleichmässig gut entwickelte Barte bei vielen Species, aber bei anderen sind solche entweder auf die Männchen beschränkt oder bei diesen stärker entwickelt als bei den AVeibchen. Aber nach dieser Thatsache und nach der merkwürdigen Anordnung, ebenso wie nach den hellen Farben des Haares um die Köpfe vieler Affen ist es in hohem Grade wahrscheinlich, wie früher auseinandergesetzt wurde, dass die Männchen zuerst ihre Barte durch geschlechtliche Zuchtwahl als Zierathen erhielten und sie dann in den meisten Fällen in gleichem oder nahezu gleichem Grade ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten. Wir wissen durch Eschbicht 2'2, dass beim Menschen sowohl der weibliche als der männliche Fötus am Gesichte mit vielen Haaren versehen ist, besonders rings um den Mund, und dies deutet darauf hin, dass wir von einem TJrerzeuger abstammen, dessen beide Geschlechter mit Barten versehen waren. Es scheint daher auf den ersten Blick wahrscheinlich zu sein, dass der Mann seinen Bart von einer sehr frühen Periode her behalten hat, während die Frau ihren Bart zu der nämlichen Zeit ver-
21 Investigations into Military and Anthropological Statistics of American Sokliers by B. A. Gould, 1809, p. 568: — Es wurden sorgfältige Beobachtungen über das Behaartsem von 2129 schwarzen und farbigen Soldaten während sie sich badeten angestellt; und unter Bezugnahme auf die veröffentlichte Tabelle „ist es auf den ersten Blick offenbar, dass zwischen den weissen und sebwar-„zen Rassen in dieser Hinsicht, wenn überhaupt irgend ein Unterschied, doch „nur ein geringer besteht". Es ist indessen sicher, dass die Neger in ihrem so viel wärmeren Heimathlande merkwürdig glatte Körper haben. Man muss noch besonders beachten, dass in der obigen Aufzählung reine Schwarze und Mulatten inbegriffen waren, und dies ist ein unglücklicher Umstand, da nach dem Princip, dessen Richtigkeit ich an einer andern Stelle bewiesen habe, gekreuzte Rassen ausserordentlich leicht auf den ursprünglich behaarten Zustand ihrer frühen affen-ähnlichen Urerzeuger zurückschlagen werden.
22 Ueber die Richtung der Haare am menschlichen Körper, in: Müller's Archiv für Anat. u. Phys. 1837, S. 40.
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334 Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch. II. Theil.
loren hat, als ihr Körper beinahe vollständig von Haaren entblösst wurde. Selbst die Farbe des Bartes beim Menschen scheint von einem affenähnlichen Urerzeuger geerbt worden zu sein. Denn wenn irgend eine Verschiedenheit im Farbentone zwischen dem Haare auf dem Kopfe und dem Barte vorhanden ist, so ist der letztere bei allen Affen und beim Menschen heller gefärbt. Es liegt eine geringere Unwahrschein-lichkeit darin, dass die Männer der mit Barten versehenen Rassen ihre Barte von Urzeiten 'beibehalten haben, als dass dies in Bezug auf die Haare am Körper der Fall sei; denn bei denjenigen Quadrumanen, bei welchen die Männchen einen grösseren Bart hallen als die Weibchen, ist derselbe vollständig nur zur Zeit der Geschlechtsreife entwickelt und es können nur die späteren Eutwickelimgsstufeu ausschiesslich auf die Menschheit überliefert worden sein. Wir würden dabei' das erblicken, was wirklich der Fall ist, nämlich dass unsere männlichen Kinder, che sie zur Geschlechtsreife gelangen. ebenso der Barte entbehren, wie unsere weiblichen Kinder. Auf der andern Seite deutet die grosse Variabilität des Bartes innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse und bei verschiedenen Rassen darauf hin, dass Rückschlag in Thätigkeit getreten ist. Wie sich indessen die Sache auch verhalten mag, wir dürfen die Rolle nicht übersehen, welche die geschlechtliche Zuchtwahl während späterer Zeiten gespielt haben kann; denn wir wissen, dass bei Wilden die Männer der bartlosen Rassen sich unendliche Mühe geben, jedes einzelne Haar aus ihrem Gesiebte als etwas Widerwärtiges auszureissen, während die Männer der behaarteren Rassen den grössten Stolz in ihren Bart setzen. Ohne Zweifel theilen die Frauen ganz diese Gefühle, und wenn dies der Fall ist, so kann es kaum anders sein, als dass geschlechtliche Zuchtwahl auch etwas im Verlaufe der späteren Zeiten bewirkt hat.23.
'" Mr. Sproat vermuthet in Bezug auf die hartloseu Eingeborenen von Vancouvers Island (Scenes and Studios of Savage Life, 1868, p. 24), dass der Gebrauch, die Haare im Gesichte auszureissen, „von eiuer Generation auf die an-„dere überliefert, schliesslich vielleicht eine Rasse producireii könne, welche durch „einen dünnen und zerstreuten Bartwnchs ausgezeichnet wäre". Der Gebrauch wird aber nicht eher entstanden sein, als bis der Bart in Folge irgend einer anderen von einem solchem Gebrauche unabhängigen Ursache bedeutend verringert war. Auch haben wir keine directen Beweise dafür, dass das Ausreissen des Haars zu irgend einer vererbten Wirkung führt. In Folge dieses Zweifelsgrundes habe ich bis jetzt die von einigen hervorragenden Ethnologen, z. B. Mr. Gosse von Genf, getheilte Ansicht noch nicht erwähnt, dass künstliche Modifikationen des Schädels zum Vererben neigen. Ich möchte nicht diese Folgerung bestreiten; und wir
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Cap. 20.
Farbe der Haut.
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Es ist im Allgemeinen schwierig, sich darüber ein Urtheil zu bilden, wie das lange Haar an unseren Köpfen entwickelt wurde. Esch-richt 24 gibt an, dass beim menschlichen Fötus das Haar im Gesicht wahrend des fünften Monats länger ist als das am Kopfe, und dies weist darauf hin, dass unsere halbmenschlichen Urerzeuger nicht mit langen Zöpfen versehen waren, welche folglich eine spätere Acquisition gewesen sein müssen. Dies wird gleichfalls durch die ausserordentliche Verschiedenheiten in der Länge des Haares bei den verschiedenen Kassen angedeutet. Beim Neger bildet das Haar nur eine gekräuselte Matraze, bei uns ist es von bedeutender Länge und bei den amerikanischen Eingeborenen erreicht es nicht selten den Boden. Einige Species von Sem-nopifhecus haben ihren Kopf mit massig langem Haar bedeckt, und dies dient wahrscheinlich zur Zierde und wurde durch geschlechtliche Zuchtwahl erreicht. Dieselbe Ansicht kann auch auf das Menschengeschlecht ausgedehnt werden, denn wir wissen, dass lange, Zöpfe jetzt sehr bewundert werden und schon früher bewundert wurden, wie sich aus den Werken beinahe jedes Poeten nachweisen lässt. Der Apostel Paulus sagt: „(ist es nicht) dem Weibe eine Ehre, so sie lange Haare „zeugt". Und wir haben gesehen, dass in Nordamerika ein Häuptling lediglich wegen der Länge seines Haares gewählt wurde.
Farbe der Haut. — Die beste Art von Beweisen dafür, dass die Farbe der Haut durch geschlechtliche Zuchtwahl modincirt worden ist, fehlt in Bezug auf das Menschengeschlecht; denn die Geschlechter weichen in dieser Beziehung nicht oder nur unbedeutend und in zweifelhafter Art von einander ab. Auf der andern Seite wissen wir aus vielen bereits mitgetheilten Thatsachen, dass die Farbe der Haut von den Menschen aller Kassen als ein äusserst bedeutungsvolles Element bei ihrer Schönheit betrachtet wird, so dass es ein Character ist, welcher wahrscheinlich durch Zuchtwahl gern wird modincirt worden sein, wie es in unzähligen Beispielen bei den niederen Thieren eingetreten ist. Es erscheint auf den ersten Blick als eine monströse Annahme, dass die glänzende Schwärze des Negers durch gesclilechtliche Zuchtwahl erreicht worden sein soll. Es wird aber diese Ansicht durch verschiedene Analogien unterstützt, und wir wissen, dass Neger ihre eigene Schwärze bewundern.
wissen jetzt durch Dr. Brown-Sequard's merkwürdige Beobachtungen, besonders der kürzlich der British Association (1870) mitgetheilten, dass bei Meerschweinchen die "Wirkungen von Operationen vererbt werden.
"* Esclirieht, Ueber die Richtung der Haare, a. a. 0. S. 40.
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil. \
Wenn bei Säugethieron die Geschlechter in der Farbe verschieden sind, so ist das Männchen oft schwarz oder viel dunkler als das Weibchen, und es hängt lediglich von der Form der Vererbung ab, ob diese oder eine andere Färbung auf beide Geschlechter oder nur auf eins allein vererbt werden soll. Die Aehnlichkeit der Pithecia natanas — mit seiner glänzenden schwarzen Haut, seinen weissen rollenden Augäpfeln und seinem auf der Höhe gescheitelten Haare — mit einem Neger in Miniatur ist fast lächerlich.
Die Farbe des Gesichtes ist in den verschiedenen Arten von Affen viel mehr verschieden als in den Rassen des'Menschen, und wir haben guten Grund zu der Annahme, dass die rothen, blauen, oraugenen, beinahe weissen und schwarzen Farbentöne ihrer Haut, selbst wenn sie beiden Geschlechtern gemeinsam zukommen, und die glänzenden Farben ihres Pelzes, ebenso wie die ornamentalen Haarbüschel um ihren Kopf herum, sämmtlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Da die neugeborenen Kinder der verschiedensten Kassen' nicht nahezu so bedeutend in der Farbe von einander verschieden sind als die Erwachsenen , obschon ihre Körper vollständig der Haare entbehren. so haben wir eine leise Hindeutung darauf, dass die Farben der verschiedenen Rassen nach der Entfernung des Haars erlangt wurden, was, wie früher angeführt wurde, in einer sehr frühen Periode eingetreten sein muss.
Zusammenfassung. — Wir können schliessen, dass die bedeutendere Grösse, Kraft, der grössere Muth und die stärkere Kampflust und selbst Energie des Mannes, im Vergleiche mit denselben Eigenschaften bei der Frau, während der Urzeiten erlangt und später hauptsächlich durch die Kämpfe rivalisirender Männchen um den Besitz der Weibchen vergrössert worden sind. Die grössere intellectuelle Kraft und das stärkere Erfindungsvermögen beim Manne ist wahrscheinlich eine Folge natürlicher Zuchtwahl in Verbindung mit den vererbten Wirkungen der Gewohnheit; denn die fähigsten Männer werden beim Vertheidigen und bei dem Sorgen für sich selbst, für ihre Weiber und ihre Nachkommen den besten Erfolg gehabt haben. Soweit es die äusserst verwickelte Natur des Gegenstandes uns gestattet zu urtheilen, scheint es, als hätten unsere männlichen affcnähnlichen Urerzenger ihre Barte als Zierathen erlangt, um das andere Geschlecht zu bezaubern oder zu reizen, und sie dann auf den Menschen, wie er jetzt existirt,
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Cap. 20.
Zusammenfassung.
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überliefert. Die Weibchen wurden allem Anscheine nach zuerst in gleicher Weise zur geschlechtlichen Zierde der Haardecke entkleidet; sie überlieferten diesen Character aber beinahe gleichmäßig beiden Geschlechtern. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Weibchen auch in anderen Beziehungen" zu demselben Zwecke und durch dieselben Mittel modificirt wurden, so dass die Frauen angenehmere Stimmen erhalten haben und schöner geworden sind als die Männer.
Es verdient besondere Beachtung, dass beim Menschengeschlechte die Bedingungen geschlechtlicher Zuchtwahl während einer sehr frühen Periode, wo der Mensch gerade eben den Rang der Menschlichkeit erreicht hatte, viel günstiger waren, als während späterer Zeiten. Denn er wird dann, wie wir getrost schliessen können, mehr durch seine in-stinetiven Leidenschaften und weniger durch Vorsicht oder Vernunft geleitet worden sein. Er wird damals nicht so grenzenlos ausschweifend gewesen se»,_wie es viele Wilde jetzt sind, und jedes Männchen wird eifersüchtig sein Weib oder seine Weiber gehütet haben. Er wird damals nicht Kindesmord ausgeübt haben, noch wird er seine Frauen lediglich als nützliche Sclaven geschätzt haben, noch wird er sie während früher Kindheit verlobt haben. Wir können daher schliessen, dass die Eassen des» Menschen, soweit geschlechtliche Zuchtwahl in Betracht kommt, zum hauptsächlichsten Theile während einer sehr entfernt liegenden Epoche difterenzirt wurdeiv; und diese Scliliissfolgerung wirft auf die merkwürdige Thatsache Licht, dass in der alleräl testen Periode, von welcher wir jetzt überhaupt irgend einen Bericht erhalten haben, die Rassen des Menschen bereits nahezu oder vollständig so weit von einander verschieden geworden waren , als sie heutigen Tages sind.
Die hier über die Rolle, welche geschlechtliche Zuchtwahl in der Geschichte des Menschen gespielt hat, vorgebrachten Ansichten ermangeln der wissenschaftlichen Präcision. Wer die Wirksamkeit dieser Kräfte bei niederen Thieren nicht zugibt, wird wahrscheinlich Alles, was ich in den letzten Capiteln über den Menschen geschrieben habe, nicht weiter beachten. Wir können nicht positiv sagen, dass dieser Character, aber nicht jener, hierdurch modificirt worden ist. Es ist indessen gezeigt worden, dass die Rassen des Menschen von einander und von ihren nächsten Verwandten unter den niederen Thieren in gewissen Characteren abweichen , welche für sie in den gewöhnlichen Lebensge-wohnheiten von keinem Nutzen sind und von denen es äusserst wahr-
Darwin, Abstammung. II. Zweite Auflage. 99
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Geschlechtliche Zuchtwahl: Mensch.
II. Theil.
scheinlich ist, dass sie durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt worden sind. Wir haben gesehen, dass bei den niedrigsten Wilden die Völker eines jeden Stammes ihre eigenen characteristischen Eigenschaften bewundern, — die Form des Kopfes und Gesichtes, die viereckige Gestalt der Wangenknochen, das Hervorragen oder das Eingedrücktsein der Nase, die Farbe der Haut,' die Länge des Haares am Kopfe, das Fehlen von Haaren am Gesichte und Körper, oder das Vorhandensein eines grossen Bartes und Derartiges mehr. Es kann daher nicht gefehlt haben, dass diese und andere solche Punkte langsam und allmählich übertrieben worden sind dadurch, dass die kraftvolleren und fähigeren Männer in jedem Stamme, welche die grösste Zahl von Nachkommen aufzuziehen ermöglicht haben, viele Generationen hindurch sich zu ihren Frauen die am schärfsten characterisirten und daher am meisten anziehenden Weiber gewählt haben. Ich für meinen Theil komme zu dem Schlüsse, dass von allen den Ursachen, welche zu den Verschiedenheiten in der äusseren Erscheinung zwischen den Eassen des Menschen und in einem gewissen Grade auch zwischen dem Menschen und den niederen Thieren geführt haben, die geschlechtliche Zuchtwahl bei Weitem die wirksamste gewesen ist.
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Einundzwanzigstes Capitel.
Allgemeine Zusammenfassung und Schluss.
Hauptsächlichste Schlussfolgerung, dass der Mensch von einer niederen Form abstammt. — Art und Weise der Entwickelung. — Genealogie des Menschen.
— Intellectuelle und moralische Fähigkeiten. — Geschlechtliche Zuchtwahl.
— Schlussbomerknngen.
Eine kurze Zusammenfassung wird hier genügen, um die vorspringenderen Punkte in diesem Werke nochmals dem Leser in's Gedächt-niss zurückzurufen. Viele der Ansichten, welche vorgebracht worden sind, sind äusserst speculativ und einige werden sich ohne Zweifel als irrig herausstellen; ich habe aber in jedem einzelnen Falle die Gründe mitgetheilt, welche mich bestimmt haben, eher der einen Ansicht als einer anderen zu folgen. Es schien der Mühe werth zu sein, zu untersuchen , inwiefern das Princip der Entwickelung auf einige der compli-cirteren Probleme in der Naturgeschichte des Menschen Licht werfen könne. Unrichtige Thatsachen sind dem Fortschritte der Wissenschaft in hohem Grade schädlich, denn sie bleiben häufig lange bestehen. Aber falsche Ansichten tlnm, wenn sie durch einige Beweise unterstützt sind, wenig Schaden, da Jedermann ein heilsames Vergnügen daran findet, ihre Irrigkeit nachzuweisen; und wenn dies geschehen ist, ist unser Weg zum Irrthume hin verschlossen und gleichzeitig der Weg zur Wahrheit wiodergeöffhot.'
Der hauptsächlichste Schluss, zu dem ich in diesem Buche gelangt bin und welclier jetzt die Ausiclit vieler Naturforscher ist, welche wohl corapetent sind ein gesundes TJrtheil zu bilden, ist der, dass der Mensch von einer weniger hoch organisirten Form abstammt. Die Grundlage, auf welcher diese Folgerung ruht, wird nie erschüttert werden, denn die grosso Aehnlichkeit zwischen dem Menschen und den niederen Thio-ren sowohl in der embryonalen Entwickelung als in unzähligen Punkten des Baues und der Constitution, sowohl von grösserer als von der aller-geringfügigsten Bedeutung, die Rudimente, welche er behalten hat und die abnormen Fälle von Rückschlag, denen er gelegentlich unterliegt, — dies sind Thatsachen, welche nicht bestritten werden können. Sie sind lange bekannt gewesen, aber bis ganz vor Kurzem sagten sie uns in Bezug auf den Ursprung des Menschen nichts. Wenn wir sie aber jetzt im Lichte unserer Keuntniss der ganzen organischen Welt be-
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340 Allgemeine Zusammenfassung II. Theil.
trachten, so ist ihre Bedeutung gar nicht miszuverstehen. Das grosse Princip der EntWickelung steht klar und fest vor uns, wenn diese Gruppen von Thatsachen in Verbindung mit anderen betrachtet werden', mit solchen wie der gegenseitigen Verwandtschaft der Glieder einer und der nämlichen Gruppe, ihrer geographischen Vertheihuig in vergangenen und jetzigen Zeiten und ihrer geologischen Aufeinanderfolge. Es ist unglaublich, dass alle diese Thatsaehen Falsches aussagen sollten. Jeder der nicht damit zufrieden ist, die Erscheinungen der Natur wie ein Wilder unverbunden zu betrachten, kann nicht länger glauben, dass der Mensch das Werk eines besonderen Schöpfimgsactes ist. Er wird gezwungen sein zuzugeben, dass die grosse Aohnlichkeit des Embryos des Menschen mit dem z. B. eines Hundes, — der Bau seines Schädels, seiner Glieder und seines ganzen Körpers, nach demselben Grundplane wie bei den anderen Säugethieren und zwar unabhängig von dem Gebrauche, welcher etwa von den Theilen gemacht wird, — das gelegentliche Wiedererscheinen verschiedener Bildungen, z.B. mehrerer verschiedener Muskeln, welche der Mensch normal nicht besitzt, welche aber den Quadrumanen zukommen — und eine Menge analoger Thatsachen — dass alles dies in der offenbarsten Art auf den Schluss hinweist, dass der Mensch mit anderen Säugethieren der gemeinsame Nachkomme eines gleichen Urerzeuges ist.
Wir haben gesehen, dass der Mensch unaufhörlich individuelle Verschiedenheiten iu allen Theilen seines Körpers und in seinen geistigen Eigenschaften darbietet. Diese Verschiedenheiten oder Abänderungen scheinen durch dieselben allgemeinen Ursachen herbeigeführt worden zu sein und denselben Gesetzen zu gehorchen, wie bei den niederen Thieren. In beiden Fällen herrschen ähnliche Gesetze der Vererbung. Der Mensch strebt sein Geschlecht in einem grösseren Maasse zu vermehren, als seine Sub-sistenzmittel. In Folge dessen ist er gelegentlich einem heftigen Kampfe um die,Existenz ausgesetzt, und natürliche Zuchtwahl wird bewirkt haben, was nur immer innerhalb ihrer Wirksamkeit liegt. Eine Eeihenfolge scharf markirter Abänderungen ähnlicher Natur sind durchaus nicht nothwendig; unbedeutende schwankendeVerschiedenheiten derlndividuen genügen für die Wirksamkeit natürlicher Zuchtwahl. Wir können uns überzeugt halten, dass die vererbten Wirkungen des lange fortgesetzten Gebrauches oder Nichtgebrauches von Theilen Vieles in derselben Richtung, wie die natürliche Zuchtwahl bewirkt haben werden. Modifikationen, welche früher von Bedeutung waren, jetzt aber nicht länger von irgend einem speciellen Nutzen sind, werden lange vererbt werden. Wenn ein Theil modificirt
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Cap. 21. und Schill sstienwrkitiigrai. 34 t
wird, werden sich andere Theile nach denn Grundsatze der Correlation verändern, wofür wir Beispiele in vielen merkwürdigen Fällen von correla-tiven Monstrositäten haben. Etwas mag auch der directen und bestimmten Wirkung der umgebenden Lebensbedingungen, wie reichliche Nahrung, Wärme oder Feuchtigkeit, zugeschrieben werden; und endlich sind viele Charactere von unbedeutender physiologischer Wichtigkeit, einige allerdings auch von beträchtlicher Bedeutung, durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden.
Ohne Zweifel bietet der Mensch ebensogut wie jedes andere Thier ' Gebilde dar, welche, soweit wir mit unserer geringen Keuntniss urthei-len können, jetzt von keinem Nutzen für ihn sind und es auch nicht während irgend einer früheren Periode seiner Existeuz weder in Bezug auf seine allgemeinen Lebensbedingungen , noch in der Beziehung des einen Geschlechtes zum anderen "gewesen sind. Derartige Gebilde können durch keine Form der Zuchtwahl, ebensowenig wie durch die vererbten Wirkungen des Gebrauches und Nichtgebrauches von Theilen erklärt werden. Wir wissen indessen, dass viele fremdartige und scharf ausgesprochene Eigenthümlichkeiten der Bildung gelegentlich bei unseren domesticirten Erzeugnissen erscheinen, und wenn die unbekannten Ursachen, welche sie hervorrufen, gleichförmig wirken würden, so würden sie wahrscheinlich allen Individuen der Species gemeinsam zukommen. Wir können hoffen, später etwas über die Ursachen solcher gelegentlichen Modificationen, besonders durch das Studium der Monstrositäten, verstehen zu lernen. Es sind daher die Arbeiten von experimentiren-den Forschern, wie z. B. die von Camille Dabeste, für die Zukunft vielversprechend. In der grösseren Zahl der Fälle können wir nur sagen, dass die Ursache einer jeden unbedeutenden Abänderung oder einer jeden Monstrosität vielmehr in der Natur oder der Constitution des Organismus als in der Natur der umgebenden Bedingungen liegt, ob-schon neue und veränderte Bedingungen gewiss eine bedeutende Bolle im Hervorrufen organischer Veränderungen aller Arten spielen.
Durch die eben angeführten Mittel, vielleicht mit Unterstützung anderer, bis jetzt noch nicht entdeckter, ist der Mensch zu seinem jetzigen Stand erhoben worden. Seitdem er aber den Kang der Menschlichkeit erlangt hat, ist er in verschiedene Bässen oder, wie sie noch angemesener genannt werden. Subspecies auseinandergegangen. Einige von diesen, z. B. die Neger und Europäer, sind so verschieden, dass wenn Exemplare ohne irgend weitere Information einem Naturforscher
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342 Allgemeine Zusammenfassung H. Theil,
gebracht worden wären, sie unzweifelhaft von ihm als gute und echte Species betrachtet worden sein würden. Nichtsdestoweniger stimmen alle Kassen in so vielen nicht bedeutenden Einzelnheiten der Bildung und in so vielen geistigen Eigenthümlichkciten übercin, dass diese nur durch Vererbung von einem gemeinsamen Urerzeuger erklärt werden können, und ein in dieser Weise characterisirter Urerzeuger würde wahrscheinlich verdient haben, als Mensch classificirt zu werden.
Man darf nicht etwa annehmen, dass die Divergenz jeder Rasse von den andern Kassen und aller Kassen von einer gemeinsamen Stammform zurück auf irgend ein Paar von Urerzeugern verfolgt werden kann. Im Gegenthcil werden auf jeder Stufe in dem Processe der Modification alle Individuen, welche in irgendwelcher Weise am besten für ihre Lebensbedingungen, wenn auch in verschiedenem Grade, angepasst waren, in grösserer Zahl leben geblieben sein als die weniger gut angepassten. Der Vorgang wird derselbe gewesen sein wie der, welchen der Mensch einschlägt, wenn er nicht absichtlich besondere Individuen auswählt;, sondern nur von allen besseren nachzüchtet und alle untergeordneten Individuen vernachlässigt. Hierdurch modificirt er seinen Stamm langsam aber sicher und bildet unbewusst eine neue Linie. Dasselbe gilt in Bezug auf Modificationen, welche unabhängig von Zuchtwahl erlangt worden und die Folge von Abänderung sind, welche von der Natur des Organismus und der Wirkung der umgebenden Bedingungen oder auch veränderten Lebensgewohnheiten herrühren: hier wird nicht bloss ein einzelnes Paar in einem viel bedeutenderen Grade als die anderen Paare modificirt worden sein, welche dasselbe Land bewohnen; denn alle werden beständig durch freie Kreuzung vermengt worden sein.
Betrachtet man die embryologische Bildung des Menschen — die Homologien, welche er mit den niederen Thieren darbietet, die Rudimente, welche er behalten hat und die Fälle von Rückschlag, denen er ausgesetzt ist, so können wir uns theilweise in unserer Phantasie den früheren Zustand unserer ehemaligen Urerzeuger construiren und können dieselben annäherungsweise in der zoologischen Reihe an ihren gehörigen Platz bringen. Wir lernen daraus, dass der Mensch von einem behaarten Vierfüsser abstammt, welcher, mit einem Schwänze und zugespitzten Ohren versehen, wahrscheinlich in seiner Lebensweise ein Banm-thier und ein Bewohner der alten Welt war. Dieses Wesen würde, wenn sein ganzer Bau von einem Zoologen untersucht worden wäre, unter dieQua-drnmanen classificirt worden sein, so sicher als es der gemeinsame und noch
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Gap. 21. und Sclilussbeuierkimgen, 34'i
ältere Urcrzeuger der Affen der alten nnd neuen Welt worden wäre. Die Quadrumanen und alle höheren Säugethiere rühren wahrscheinlich von einem alten Beutelthiere und dieses durch eine lange Reihe verschiedenartiger Formen entweder von irgend einem reptilien - oder aiiiphibienähnlichen Wesen und dieses wieder von irgend einem fischähnlichen Thiere her. In dem trüben Dunkel der Vergangenheit können wir sehen, dass der frühere Urerzeuger aller Wirbelthicre ein Wasserthier gewesen sein muss, welches mit Kiemen versehen war, dessen beide Geschlechter in einem Individuum vereinigt waren und dessen wichtigste körperlichen Organe (so wie das Gehirn und das Herz) unvollständig entwickelt waren. Dieses Thier scheint den Larven unserer jetzt existirenden marinen Ascidien ähnlicher gewesen zu sein als irgend einer anderen bekannten Form.
^Velm wir zu dem ebenerwähnten Schluss in Bezug auf den Ursprung des Menschen getrieben werden, so bietet sich die grösste Schwierigkeit in dem Punkte dar, dass er einen so hohen Grad intcllectuellcr Kraft und moralischer Anlagen erlangt hat. Aber ein Jeder, welcher das allgemeine Princip der Entwickelung annimmt, muss sehen, dass die geistigen Kräfte der höheren Thiere, welche der Art nach dieselben sind wie die des Menschen, oh schon sie dem Grade nach so verschieden sind, doch die Fähigkeit des Fortschritts besitzen. So ist der Abstand zwischen den geistigen Kräften eines der höheren Affen und eines Fisches oder zwischen denen einer Ameise und einer Schildlaus ungeheuer. Die Entwickelung dieser Kräfte hei Thieren bietet keine specielle Schwierigkeit dar; denn bei unsern domesticirten Thiercn sind die geistigen Fähigkeiten sicher variabel, und die Abänderungen werden vererbt. Niemand zweifelt, dass diese Fähigkeiten für die Thiere im Naturzustände von der grössten Bedeutung sind. Daher sind die Bedingungen zu ihrer Entwickelung durch natürliche Zuchtwahl günstig. Dieselbe Folgerimg kann auf den Menschen ausgedehnt werden. Der Verstand muss für ihn von äusserster Bedeutung gewesen sein, selbst schon in einer sehr weit zurückliegenden Periode; er setzte ihn in den Stand, die Sprache zu gebrauchen, Waffen, Werkzeuge, Fallen u. s. w. zu erfinden und zu verfertigen, durch welche Mittel alle er in Verbindung mit seinen socialen Gewohnheiten schon vor langer Zeit das herrschendste von allen lebenden Wesen wurde.
Ein grosser Schritt in der Entwickelung des Iutellects wird geschehen sein, sobald in Folge eines früheren beträchtlichen Forschreitens die
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Allgemeine Zusammenfassung
II. Theil.
halb als Knust, halb als Tnstinct zu betrachtende Sprache in Gebrauch kam; denn der beständige Gebrauch der Sprache wird auf das Gehirn zurückgewirkt und eine vererbte Wirkung hervorgebracht haben, und diese wieder wird umgekehrt auch wieder auf die Vervollkommnung der Sprache zurückgewirkt haben. Die bedeutende Grösse des Gehirns beim Menschen im Vergleich mit dem der niederen Thiere im Verhält-niss zur Grösse ihres Körpers kann zum hauptsächlichsten 'l'heile, wie Mr. Chauncey Wkight*treffend bemerkt hat ', dem zeitigen Gebrauche irgend einer einfachen Form von Sprache zugeschrieben werden. Die Sprache ist ja jene wundervolle Maschinerie, welche allen Arten von Gegenständen und Eigenschaften Zeichen anhängt, und Gedankenzüge erregt, welche aus dem blossen Eindrucke der Sinne niemals entstanden wären, und wenn sie enstanden, nicht hätten verfolgt werden können. Die höheren intellectuellen Kräfte des Menschen, wie die der Ueberle-gung, der Abstraction, des Selbstbewusstseins u. s. w. werden der fortgesetzten Vervollkommnung anderer geistigen Fähigkeiten gefolgt sein; aber es ist zweifelhaft, ob ohne beträchtliche Cultur des Geistes, sowohl in der Easse als im Individuum, diese hohen Kräfte ausgeübt und dadurch in vervollkommneter Form erlangt worden wären.
Die Entwickclung der moralischen Eigenschaften ist ein noch interessanteres und schwierigeres Problem. Ihre Grundlage findet sie in den socialen Instincten, wobei wir unter diesem Ausdrucke die Familienbande mit einschliessen. Diese Instincte sind von einer äusserst complicirten Natur und bei den niederen Thieren veranlassen sie besondere Neigungen zu gewissen, bestimmten Handlungen; für uns sind aber die bedeutungsvolleren Elemente die Liebe und die davon verschiedene Erregung der Sympathie. Mit SQcialen Instincten begabte Thiere empfinden Vergnügen an der Gesellschaft Anderer, warnen einander vor Gefahr und vertheidigen und helfen einander in vielen Weisen. Diese Instincte werden nicht auf alle Individuen der Species ausgedehnt, sondern nur auf die derselben Gemeinschaft. Da sie in hohem Grade für die Species wohlthätig sind, so sind sie aller 'Wahrcheinlichkoit nach durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden.
Ein moralisches Wesen ist ein solches, welches im Stande ist, seine früheren und zukünftigen Handlungen und Motive mit einander zu vergleichen, einige von ihnen zu billigen und andere zu misbilligen;
1 On the Limits of Natural Selection, in: North American Review. Oct. 1870, p. 295.
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Cap. 21.
und Sihhissbemci'kungen.
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und die Thatsachc, dass der Mensch das einzige Wesen ist, welches man mit Sicherheit so bezeichnen kann, bildet den grössten von allen Unterschieden zwischen ihm und den niederen Thicren. Ich habe aber in unserem dritten Capitel zu zeigen versucht, dass das moralische Gefühl erstens eine Folge der andauernden und beständig gegenwärtigen Natur der socialen lustinete ist', in welcher Beziehung der Mensch mit den niederen Thieren übereinstimmt; zweitens dass es eine Folge der Würdigung der Billigung und Misbilligung seitens seiner Genossen ist, und drittens, dass das moralische Gefühl eine Folge des Umstandes ist, dass seine geistigen Fähigkeiten im hohen Grade thätig und seine Eindrücke von vergangenen Ereignissen äusserst lebhaft sind, in welcher Beziehung er von den niederen Thieren abweicht. In Folge dieses geistigen Znstandes kann es der Mensch nicht vermeiden, rückwärts und vorwärts zu schauen und die neuen Eindrücke mit vergangenen zu vergleichen. Nachdem daher irgend eine temporäre Begierde oder Leidenschaft seine socialen Instincte bemeistert hat, wird er darüber reflcetiren und den jetzt abgeschwächten Eindruck solcher vergangenen Antriebe mit dem beständig gegenwärtigen socialen Instinct vergleichen. Und dann wird er jenes Gefühl von Nichtbefriedi-gung empfinden, welches alle nicht befriedigten Instincte zurücklassen. In Folge dessen entschliesst er sich, für die Zukunft verschieden zu handeln, — und dies ist Gewissen. Jeder Instinct, welcher dauernd stärker und nachhaltiger ist als ein anderer, gibt einem Gefühle Entstehung, von welchem wir uns so ausdrücken, dass wir sagen, es muss ihm gehorcht werden. Wenn ein Vorstehhund im Stande wäre, über sein früheres Betragen Betrachtungen anzustellen, so würde er sich sagen: ich hätte jenen Hasen stellen sollen (wie wir in der That von ihm sagen) und nicht der vorübergehenden Versuchung ihm nachzusetzen und ihn zu jagen, nachgeben sollen.
Sociale Thiere werden theilweise durch ein inneres Verlangen dazu angetrieben, den Gliedern .einer und derselben Gemeinschaft in einer allgemeinen Art und Weise zu helfen, aber häufiger dazu gewisse, bestimmte Handlungen zu verichten. Der Mensch wird durch denselben allgemeinen Wunsch, seinen Mitmenschen zu helfen, angetrieben, hat aber weniger oder gar keine speeiellen Instincte. Er weicht auch darin von den niederen Thieren ab, dass er im Stande ist, seine Begierden durch Worte auszudrücken, welche hierdurch zu der verlangten und gewährten Hülfe hinführen. Auch das Motiv, Hülfe zu gewähren, wird beim Menschen etwas modificirt; es besteht nicht mehr bloss aus einem
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346 Allgemein« Zusammenfassung !I. Tlicil.
blinden instinetiven Antriebe, sondern wird zum grossen Theil durch das Lob oder den Tadel seiner Mitmenschen beeinflusst. Beides, sowohl die Anerkennung' und das Aussprechen von Lob als das vom Tadel, beruht auf Sympathie, und diese Erregung ist, wie wir gesehen haben, eines der bedeutungsvollsten Elemente der socialen Instincte. Obschon die Sympathie als ein Instinct erlangt wird, so wird auch sie durch Hebung oder Gewohnheit bedeutend gekräftigt. Da alle Menschen ihre eigene Glückseligkeit wünschen, so wird Lob oder Tadel für Handlungen und Motive in dem Maasse ausgetheilt, als sie zu jenem Ziele führen; und da das Glück ein wesentlicher Theil des allgemeinen Besten ist, so dient das Princip „des grössten Glücks* indireet als ein nahezu richtiger Maassstab für Kecht und Unrecht. Tn dem Maasse als die Verstandes-kriifte fortschreiten und Erfahrung erlangt wird, werden auch die entfernter liegenden Wirkungen gewisser Eichtungen des Betragens auf den Character des Individuums und auf das allgemeine Beste wahrgenommen, und dann erhalten auch die Tugenden, welche sich auf das Indi-duum selbst beziehen, weil sie nun in den Bereich der öffentlichen Meinung eintreten, Lob und die ihnen entgegengesetzten Eigenschaften Tadel. Aber bei den weniger civilisirten Nationen irrt der Verstand häufig, und viele schlechten Gebräuche und Formen von Aberglauben unterliegen derselben Betrachtung und werden in Folge dessen als hohe Tugenden geschätzt und ihr Verletzen als ein schweres Verbrechen angesehen.
Die moralischen Fähigkeiten werden allgemein, und zwar mit Recht, als von höherem AVerthe geschätzt als die intellektuellen Kräfte. Wir müssen aber stets im Sinne behalten; dass die Thätigkeit des Geistes bei dem lebhaften Zurückrufen vergangener Eindrücke eine der fundamentalen, wenngleich erst seeundären Grundlagen des Gewissens ist. Diese Thatsache bietet das stärkste Argument dar zur Erziehung und Anregung der intcllectuellen Fähigkeiten jedes menschlichen Wesens auf alle nur mögliehe Weise. Ohne Zweifel wird auch ein Mensch mit trägem Geiste, wenn seine sociale Zuneigung und Sympathien gut entwickelt sind, zu guten Handlungen geführt werden und kann ein ziemlich empfindliches Gewissen haben. Was aber nur immer die Einbildungskraft des Menschen lebhafter macht und die Gewohnheit, vergangene Eindrücke sich zurückzurufen und zu vergleichen, kräftigt, wird auch das Gewissen empfindlicher machen und kann selbst in einem gewissen Grade schwache sociale Zuneigungen und Sympathien ausgleichen und ersetzen.
Die moralische Natur des Mensehen hat den höchsten bis jetzt
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Cup. 21. und Schlussbcmcrkuugen. 347
erreichten Grad zum Theil durch die Fortschritte der Verstandeskräfte und folglich einer gerechten Staatlichen Meinung erreicht, besonders aber dadurch, dass die Sympathien weicher oder durch die Wirkungen der Gewohnheit, des Beispiels, des Unterrichts und des Nachdenkens weiter verbreitet worden sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass tugendhafte Neigungen durch langen Gebrauch vererbt werden. Bei den civilisirteren Rassen hat die Ueberzeugung von der Existenz einer Alles sehenden Gottheit einen mächtigen Einfluss auf den Fortschritt der Moralität gehabt, Schliesslich betrachtet der Mensch nicht länger das Lob oder den Tadel seiner Mitmenschen als seinen hauptsächlichsten Leiter, obsehon Wenige sich diesem Einfluss zu entziehen vermögen, sondern seine gewohnheitsgemässen Ueberzeugungen bieten ihm unter der Controle der Vernunft die sicherste Richtschnur. Sein Gewissen wird dann sein oberster liichter und Warner. Nichtsdestoweniger liegt die erste Begründung oder der Ursprung des moralischen Gefühls in den socialen Instincten, mit Einschlnss der Sympathie; und diese Tnstincte wurden ohne Zweifel ursprünglich wie bei den niederen Thieren durch natürliche Zuchtwahl erlangt.
Der Glaube an Gott ist häufig nicht bloss als der grösste, sondern als der vollständigste aller Unterschiede zwischen den Menschen und den niederen Thieren vorgebracht worden. Wie wir indessen gesehen haben, ist es unmöglich zu behaupten, dass dieser Glaube beim Menschen angeboren oder instinetiv sei. Andererseits scheint ein Glaube an Alles durchdringende, spirituelle Kräfte allgemein zu sein und scheint eine Folge eines beträchtlichen Fortschritts in der Kraft der Ueberlegung des Menschen und eines noch grösseren Fortschritts in seinen Fähigkeiten der Einbildung, der Neugierde, und des Bewunderns zu sein. Ich weiss sehr wohl, dass der vermeintliche instinetive Glaube an Gott von vielen Personen als Beweismittel für das Dasein Gottes selbst benutzt worden ist. Dies ist aber ein voreiliger Schluss, da wir darnach auch zu dem Glauben an die Existenz vieler grausamer und böswilliger Geister getrieben würden, die nur wenig mehr Kraft als der Mensch selbst besitzen. Denn der Glaube an diese ist viel allgemeiner als der an eine liebende Gottheit. Die Idee eines universellen und wohlwollenden Schöpfers des Weltalls scheint im Geiste des Menschen nicht eher zu entstehen, bis er sich durch lange fortgesetzte Cultur emporgearbeitet hat.
Wer an die Entwicklung des Menschen aus einer niedriger orga-
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Allgemeine Zusammenfassung
II. Theil.
nisirten Form glaubt, wird natürlich fragen,"wie sich dies zu dem Glauben an die Unsterblichkeit der Seele verhält. Die barbarischen Kassen des Menschen besitzen, wie Sir J. Lubbock gezeigt hat, keinen deutlichen Glauben dieser Art. Aber von den ursprünglichen- Glaubensmeinungen der Wilden hergenommene Argumente sind, wie wir eben gesehen haben, von geringer oder gar keiner Bedeutung. Wenige Personen empfinden irgend eine Schwierigkeit wegen der Unmöglichkeit einer genauen Bestimmung, zu welcher Periode in der Entwickehing des Individuums von der ersten Spur des kleinen Keimbläschens an bis zur Vollendung des Kindes entweder vor oder nach der Geburt der Mensch ein unsterbliches Wesen wird, und es liegt auch hier keine grössere Veranlassung eine Schwierigkeit zu finden vor. weil die Periode in der allmählich auf_ steigenden organischen Stufenleiter unmöglich bestimmt werden kann -. Ich'weiss wohl, dass die Folgerungen, zu denen ich in diesem Werke gelangt bin, von Einigen als in hohem Grade irreligiös denun-zirt werden; wer sie aber in dieser Weise bezeichnet, ist verbunden zu zeigen warum es in höherem Maasse irreligiös ist, den Ursprung des Menschen als einer besonderen Art durch Abstammung von irgend einer niederen Form zu erklären, und zwar nach den Gesetzen der Abänderung und natürlichen Zuchtwahl, als die Geburt des Individuums nach den Gesetzen der gewöhnlichen Keproduction zu erklären. Beide Acte der Geburt, sowohl der Art als der des Individuums, sind in völlig gleicher Weise Theile jener grossen Keiheiifolge von Ereignissen, welche unser Geist als das Resultat eines blinden Zufalls anzunehmen sich weigert-Der Verstand empört sich gegen einen derartigen Schluss, mögen wir nun im Stande sein zu glauben, dass jede unbedeutende Abänderung der Structur, die Verbindung eines jeden Paares bei der Heirath, die Verbreitung eines jeden Samenkorns und andere derartige Ereignisse zu irgend einem specicllen Zwecke angeordnet seien oder nicht.
Geschlechtliche Zuchtwahl ist in den beiden vorliegenden Bänden in grosser Ausführlichkeit behandelt worden, denn sie hat, wie ich zu zeigen versucht habe, in der organischen Welt eine bedeutungsvolle Rolle gespielt. Da am Schlüsse eines jeden Capitels eine Zusammenfassung gegeben worden ist, so würde es überflüssig sein, hier eine detaillirte Zusammenfassung zu wiederholen. Ich bin mir wohlbewusst,
'' J. A. Picton theilt eine Erörterung hierüber mit in seinem Buche: New Theories and the Old Faith, 1870.
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Cap. 21. Und Schlussbemerkungen. 34SJ
dass Vieles noch zweifelhaft bleibt; ich habe mich aber bemüht, eine leidlich haltbare Ansicht von dem ganzen Falle vorzulegen. In den niederen Abtheihingen des Thierreichs scheint geschlechtliche Zuchtwahl nichts bewirkt zu haben; solche Thiere sind häufig zeitlebens an einen und denselben Fleck befestigt oder es sind die beiden Geschlechter in einem und demselben Individuum vereinigt, oder, was von noch grösserer Bedeutung ist, ihr Wuhrnehmungs- und intellectuelles Vermögen ist noch nicht hinreichend vorgeschritten, um die Gefühle der Liebe und Eifersucht oder die Ausübung einer Wahl zu gestatten. Wenn wir indessen zu den Arthropoden und Wirbclthieren, selbst zu den niedrigsten Classen in diesen beiden grossen Unterreichen kommen, so sehen wir, dass geschlechtliche Zuchtwahl Bedeutendes erreicht hat, und es verdient Beachtung, dass wir hier die intcllectuellen Fähigkeiten nach dem höchsten Maasse hin entwickelt finden, indess in zwei verschiedenen Richtungen, nämlich bei den Hymenoptern (Ameisen, Bienen u. s. w.) unter den Arthropoden und bei den Säugethieren, mit Einschluss des Menschen, unter den Wirbelthieren.
Bei den verschiedensten Classen des Thierreichs, bei Säugethieren, Vögeln, Reptilien, Fischen, Insecten und selbst Krustenthieren, folgen die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtem beinahe genau denselben Regeln. Die Männchen sind beinahe immer die. Werber und sie allein sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Rivalen versehen. Sie sind allgemein stärker und grösser als die Weibchen und sind mit den nötlhgen Eigenschaften des Muthes und der Kampfsucht begabt. Sie sind entweder ausschliesslich oder in einem viel höheren Grade als die Weibchen mit Organen zur Hervorbringung von Vocal-oder Instrumentalmusik und mit Ricchdriisen versehen. Sie sind mit unendlich mannichfaltigen Anhängen und mit den brillantesten oder auffallendsten Farben, die häufig in eleganten Mustern angeordnet sind, geschmückt, während die Weibchen ohne Zier gelassen wurden. Wenn die Geschlechter in bedeutungsvolleren Bildungen von einander abweichen, so ist es das Männchen, welches mit speciellen Sinnesorganen zur Entdeckung der Weibchen, mit Bewegungsorganen, um sie zu erreichen und häufig mit Greiforganen, um sie festzuhalten, versehen ist. Diese verschiedenen Bildungen, um sich des Weibchens zu versichern oder es zu bezaubern, werden beim Männchen häufig nur. während eines Theils des Jahres, nämlich zur Paarungszeit, entwickelt. Sie sind in vielen Fällen in grösserem oder geringerem Grade auch auf die AVeibchen
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übertragen worden, und im letzteren Falle erscheinen sie liier als blosse Rudimente. Sie gehen bei den Männchen nach der Entmannung verloren. Allgemein entwickeln sie sich beim Männchen nicht während der früheren Jugend, erscheinen aber kurz vor dem reproduetionsfähigen Alter. Daher gleichen sich in den meist'en Fällen die Jungen beider Geschlechter und das Weibchen gleicht seinen jungen Nachkommen zeitlebens. In beinahe jeder grossen Classe kommen einige wenige anomale Fälle vor, bei welchen sich eine fast vollständige Umkehrung der Charactere, welche den beiden Geschlechtern eigen sind, findet, so dass die Weibchen Charactere annehmen, welche eigentlich den Männchen gehören. Biese überraschende Gleichförmigkeit in den Gesetzen, welche die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern in so vielen und so weit von einander getrennten Classen regeln, wird verständlich, wenn wir annehmen, dass durch alle die höheren Abteilungen des Thierreiclis eine gemeinsame Ursache in Thätigkeit gewesen ist, nämlich geschlechtliche Zuchtwahl-. Geschlechtliche Zuchtwahl hängt von dem Erfolge gewisser Individuen über andere desselben Geschlechts in Bezug auf die Erhaltung der Species ab, während natürliche Zuchtwahl von dem Erfolge beider Geschlechter auf allen Alterstufen in Bezug auf die allgemeinen Lebensbedingungen abhängt. Der geschlechtliche Kampf ist zweierlei Art. In der einen findet er zwischen den Individuen eines und des nämlichen Geschlechts und zwar allgemein dos männlichen statt, um die Rivaleu fortzutreiben oder zu tödten, wobei die Weibchen passiv bleiben, während in der andern der Kampf zwar auch zwischen den Individuen des nämlichen Geschlechts stattfindet, um die des andern Geschlechts zu reizen oder zu bezaubern, und zwar meist die Weibchen, wobei aber die letzteren nicht mehr passiv bleiben, sondern die angenehmeren Genossen sich wählen. Diese letztere Art von Wahl ist der sehr analog, welche der Mensch zwar unbewusst, aber doch wirksam, bei seinen do-mesticirten Erzeugnissen anwendet, wenn er eine lange Zeit hindurch beständig die ihm am meisten gefallenden oder nützlichsten Individuen auswählt, ohne irgend einen Wunsch die Rasse zu modificiren.
Die Gesetze der Vererbung bestimmen, ob die durch geschlechtliche Zuchtwahl von beiden Geschlechtern erlangten Charactere auf ein und daselbe Geschlecht oder auf beide Geschlechter überliefert werden sollen, ebenso wie sie das Alter bestimmen, in welchem sich diese Charactere zu entwickeln haben. Dem Anscheine nach werden Abänderungen, welche spät im Leben auftreten, gemeiniglich auf ein und dasselbe Ge-
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Cap. 21.
uiul Schliissliomerkungen.
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schlecht überliefert. Variabilität ist die nothwendige Grundlage für die Wirkung der Zuchtwahl und ist vollständig unabhängig von derselben. Es folgt hieraus, dass Abänderungen einer und derselben allgemeinen Beschaffenheit häufig von geschlechtlicher Zuchtwahl zu ihrem Vortheile benutzt und in Bezug auf die Fortpflanzung der Species angehäuft worden sind und von natürlicher Zuchtwahl in Bezug auf die allgemeinen Zwecke des Lebens. Wenn daher secnudäre Sexual charactere gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert werden, so können sie von gewöhnlichen specifischcu Charactercn nur mit Hülfe der Analogie unterschieden werden. Die durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangten Modificationen sind häufig so scharf ausgesprochen, dass die beiden Geschlechter oft als verschiedene Species, ja selbst als verschiedenen Gattungen angehörig aufgeführt worden sind. Derartige scharf ausgesprochene Verschiedenheiten müssen in irgend einer Weise von hoher Bedeutung sein, und wir wissen, dass sie in einigen Fällen auf Kosten nicht bloss der Bequemlichkeit, sondern mit einem grösseren Ausgesetztsein für wirkliche Gefahr erlangt worden sind.
Der Glaube an die Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl ruht hauptsächlich auf den folgenden Betrachtungen. Die Charactere, von welchen wir den meisteii Grund haben, sie als in dieser Weise erlangt zu betrachten, sind auf ein Geschlecht beschränkt; und dies allein macht es wahrscheinlich, dass sie in irgendwelcher Weise mit dem Acte der ßeprodnction in. Verbindung stehen. Diese Charactere entwickeln sich in zahllosen Fällen vollständig nur zur Zeit der Geschlechtsreife und häufig nur wälirend eines Theils des Jahres, welcher stets die Paarungszeit ist. Die Männchen sind (mit Beiseitelassung einiger weniger exceptioneller Fälle) die bei der Bewerbung thätigsten; sie sind die bestbewaffneten und werden in verschiedener Weise zu den anziehendsten gemacht. Es i«t speciell zu beachten, dass die Männchen ihre Reize mit ausgesuchter Sorgfalt iu der Gegenwart der Weibchen entfalten und dass sie dieselben selten oder niemals entfalten, ausgenommen während der Zeit der Liebe. Es ist unglaublich, dass diese ganze Entfaltung zwecklos sein sollte. Endlich haben wir entschiedene Beweise bei einigen Säugethieren und Vögeln dafür, dass die Individuen des einen Geschlechts fähig sind, eine starke Antipathie oder Vorliebe für gewisse Individuen des andern Geschlechts zu empfinden.
Behalten wir diese Thatsachen im Auge und vergessen wir die ausgesprochenen Kesullate der unbewussteu Zuchtwahl des Menschen
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352
Allgemeine Zusammenfassung.
II. Tkeü.
nicht, so scheint es mir beinahe sicher zu sein, dass wenn die Individuen eines Geschlechts während einer langen Reihe von Generationen vorziehen sollten, sich mit gewissen Individuen des andern Geschlechts zu paaren, welche in irgend einer eigentümlichen Weise characterisirt wären, die Nachkommen dann langsam aber sicher in derselben Art und Weise modificirt werden würden. Ich habe nicht zu verbergen gesucht, dass, ausgenommen die "Fälle, wo die Männchen zahlreicher sind als die Weibchen oder wo Polygamie herrscht, es zweifelhaft ist, wie die anziehenderen Männchen es erreichen, eine grössere Anzahl von Nachkommen zu hinterlassen, welche ihre Superiorität in Ornamenten oder anderen Reizen ererben, als die weniger anziehenderen Männchen; ich habe aber gezeigt, dass dies wahrscheinlich daraus folgt, dass die Weibchen und besonders die kräftigeren Weibchen, welche zuerst zur Fortpflanzung gelangen, nicht nur die anziehenderen, sondern auch gleichzeitig die kräftigeren und siegreichen Männchen vorziehen werden.
Obgleich wir mehrere positive Beweise haben, dass Vögel glänzende und schöne Gegenstände würdigen, wie z. B. die Laubenvögel in Australien, und obgleich sie sicher das Gesangsvermögen würdigen, so gebe ich doch vollständig zu, dass es eine staunenerregende Thatsache ist, dass die Weibchen vieler Vögel und einiger Säugethiere mit hinreichendem Geschmacke versehen sein sollen für das, was allem Anscheine nach durch geschlechtliche Zuchtwahl erreicht worden ist; und dies ist in Bezug auf Reptilien, Fische und Insecten selbst noch staunenerregender. Wir wissen aber in der That sehr wenig über die geistige Begabung der niederen Thiere. Man kann nicht annehmen, dass männliche Paradiesvögel oder Pfauhähne z. B. sich so viele Mühe geben sollten, ihre schönen Schmuckfedern vor den Weibchen aufzurichten, auszubreiten und erzittern zu machen ohne Zweck. Wir müssen uns der nach einer ausgezeichneten Autorität in einem früheren Capitel mitgetheilten Thatsache erinnern, dess nämlich mehrere Pfauhennen, als sie von einem von ihnen bewunderten Pfauhahne getrennt wurden, lieber das ganze Jahr hindurch Wittwen blieben, als dass sie sich mit einem anderen Vogel paarten.
Nichtsdestoweniger kenne ich keine Thatsache in der Naturgeschichte, welche wunderbarer wäre als dass der weibliche Argusfasan im Stande sein soll, die ausgesuchte Schattirung der Kugel- und Sockelornamente und die eleganten Muster auf den Schwungfedern des Männchens zu würdigen. Wer der Ansicht ist, dass das Männchen, so wie es jetzt existirt, geschaffen wurde, muss annehmen, dass die Schmuck-
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Cap. 21.
und Sclilusshcmcrkungcn.
353
federn, welche den Vogel verhindern, die Flügel zum Finge zu benutzen, und welche ebenso wie die Handschwingen in dieser einen Species während des Actes der Bewerbung und zu keiner andern Zeit in einer völlig eigenthümlichen Art und Weise entfaltet werden, ihm zum Schmucke gegeben worden sind. "Wird dies angenommen, so muss er noch weiter annehmen, dass das Weibchen mit der Fähigkeit, derartige Ornamente zu würdigen, geschaffen oder begabt wurde. Ich weiche hiervon nur in der Ueberzeugung ab, dass der männliche Argusfasan seine Schönheit allmählich erlangte und zwar dadurch, dass die Weibchen viele Generationen Hindurch die in höherem Grade geschmückten Männchen vorzogen, während die ästhetische Fähigkeit der "Weibchen durch Uebung und Gewohnheit in derselben Weise, wie unser eigener Geschmack allmählich veredelt wird, allmählich fortgeschritten ist. Diu-ch den glücklichen Zufall, dass beim Männchen einige wenige Federn nicht modificirt worden sind, sind wir in den Stand gesetzt deutlich zu sehen, wie einfache Flecke mit einer unbedeutenden gelblichen Schat-tirung auf der einen Seite durch kleine, abgestufte Schritte zu den wunderbaren Kugel- und Sockelornamenten entwickelt worden sind; und es ist wahrscheinlich, dass sie sich wirklich so entwickelt haben.
Ein Jeder, welcher das Princip der Entwickelung annimmt und doch grosse Schwierigkeit empfindet zuzugeben, dass weibliche Säuge-thiere, Vögel, ßeptilien und Fische den hohen Grad von Geschmack erlangt haben, welcher wegen der Schönheit der Männchen vorauszusetzen ist und welcher im Allgemeinen mit unserem eigenen Geschmacke übereinstimmt', mnss bedenken, dass in jedem Gliede der Wirbelthierreilie die Nervenzellen des Gehirns die directen Abkömmlinge derjenigen sind, welche der gemeinsame Urerzeuger der ganzen Gruppe besessen hat. Es wird hierdurch verständlich, dass das Gehirn und die geistigen Fähigkeiten unter ähnlichen Bedingungen einmal nahezu desselben Ent-wickelungsverlaufs und dann in Folge dessen auch der Ausübung nahezu derselben Functionen fähig wurden.
Der Leser, welcher sich die Mühe gegeben hat, durch die verschiedenen der geschlechtlichen Zuchtwahl gewidmeten Capitel sich durchzuarbeiten , wird im Stande sein zu beurtheilen, inwieweit die Folgerungen, zu denen ich gelangt bin. durch genügende Beweise unterstützt sind. Nimmt er diese Folgerungen an, so kann er sie, wie ich glaube, ruhig auf den Menschen ausdehnen. Es würde aber überflüssig sein, hier das zu wiederholen, was ich erst vor Kurzem über die Axt und
Darwin, Abstammuug-. II. Zweite Auflage. 23
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354
Allgemeine Zusammenfassung
II. Theil.
Weise gesagt habe, in welcher geschlechtliche Zuchtwahl dem Anscheine nach sowohl auf die männliche als die weibliche Seite des Menschengeschlechts eingewirkt hat, wie sie die Ursache gewesen ist, dass die beiden Geschlechter des Menschen an Körper und Geist und die verschiedenen Kassen in verschiedenen Characteren von einander, ebenso wie von ihrem alten und niedrig organisirten Urerzeuger verschieden geworden sind.
Wer das Princip der geschlechtlichen Zuchtwahl zugibt, wird zu der merkwürdigen Schlussfolgerung geführt, dass das Cerebralsystem nicht bloss die meisten der jetzt bestehenden Functionen des Körpers regulirt, sondern auch indirect die progressive Entwickelung verschiedener körperlicher Bildungen und gewisser geistiger Eigenschaften beein-flusst hat. Muth, Kampfsucht, Ausdauer, Kraft und Grösse des Körpers, Waffen aller Arten, musikalische Organe, sowohl vocale als instrumentale, glänzende Farben, Streifen und Zeichnungen und ornamentale Anhänge, Alles ist indirect von dem einen oder dem andern Geschlechte erlangt worden, und zwar durch den Einfluss der Liebe und Eifersucht durch die Änerkenung des Schönen im Klang, in der Farbe oder der Form und durch die Ausübung einer Wahl; und diese Fähigkeiten des Geistes hängen offenbar von der Entwickelung des Gehirnnervensystems ab.
Der Mensch prüft mit scrupulöser Sorgfalt den Character und den Stammbaum seiner Pferde, Kinder und Hunde, ehe er sie paart. Wenn er aber zu seiner eigenen Heirath kommt, nimmt er sich selten oder niemals solche Mühe. Er wird nahezu durch dieselben Motive wie die niederen Thiere, wenn sie ihrer eigenen freien Wahl überlassen sind, angetrieben, obgleich er insoweit ihnen überlegen ist, dass er geistige Reize und Tugenden hochschätzt. Andererseits wird er durch blosse Wohlhabenheit oder Rang stark angezogen. Doch könnte er durch Wahl nicht bloss für die körperliche Constitution und das Aeussere seiner Nachkommen, sondern auch für ihre intellectnellen und moralischen Eigenschaften etwas thun. Beide Geschlechter sollten sich der Heirath enthalten, wenn sie in irgend welchem ausgesprochenen Grade an Körper oder Geist untergeordnet wären; derartige Hoffnungen sind aber utopisch und werden niemals auch nur zum Theil realisirt werden, bis die Gesetze der Vererbung durch und durch erkannt sind. Alles was uns diesem Ziele näher bringt, ist von Nutzen. Wenn die Principien der Züchtung und der Vererbung besser eingesehen werden, werden wir nicht unwissende Glieder unserer gesetzgeben-
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Cap. 21.
und Schlussbemerkungen.
355
den Körperschaften verächtlich einen Plan zu einer leichten Methode zurückweisen hören in Betreff der Beantwortung der Frage, ob blutsverwandte Heirathen für den Menschen schädlich sind oder nicht.
Der Fortschritt des Wohles der Menschheit ist ein äusserst verwickeltes Problem. Alle sollten sich deslleirathens enthalten, welche ihren Kindern die grösste Armutb nicht ersparen können, denn Armutb ist nicht bloss ein grosses Uebel, sondern führt auch zu ihrer eigenen Vergrösserung, da sie Unbedachtsamkeit beim Verheirathen herbeiführt. Auf der andern Seite werden, wie Mr. Galton bemerkt hat, wenn die Klugen das Heirathen vermeiden , während die Sorglosen heirathen, die untergeordneteren Glieder der menschlichen Gesellschaft die besseren zu verdrängen streben. Wie jedes andere Thier ist auch der Mensch ohne Zweifel auf seinen gegenwärtigen hohen Zustand durch einen Kampf um die Existenz als Folge seiner rapiden Vervielfältigung gelangt, und wenn er noch höher fortschreiten soll, so muss er einem heftigen Kampfe ausgesetzt bleiben. Im andern Falle würde er in Indolenz versinken und die höher begabten Menschen würden im Kampfe um das Leben nicht erfolgreicher sein als die weniger begabten. Es darf daher unser natürliches Zuuahmeverhältniss, obschon es zu vielen uud offenbaren Uebeln führt, nicht durch irgendwelche Mittel bedeutend verringert werden. Es muss für alle Menschen offene Concurrenz bestehen, und es dürfen die Fähigsten nicht durch Gesetze oder Gebräuche daran verhindert werden, den grössten Erfolg zu haben und die grösste Zahl von Nachkommen aufzuziehen. So bedeutungsvoll der Kampf um die Existenz gewesen ist und noch ist, so sind doch, soweit der höchste Theil der menschlichen Natur in Betracht kommt, andere Kräfte noch bedeutungsvoller; denn die moralischen Eigenschaften sind entweder direct oder indirect viel mehr durch die Wirkung der Gewohnheit, die Kraft der Ueberlegung, Unterricht, Eeligion u. s. w. fortgeschritten als durch natürliche Zuchtwahl, obschon dieser letzteren Kraft die socialen In-stinete, welche die Grundlage für die Entwickelung des moralischen Gefühls dargeboten haben, ruhig zugeschrieben werden können.
Die hauptsächlichste Folgerung, zu welcher ich in diesem Werke gelangte, nämlich dass der Mensch von einer niedriger organisirten Form abgestammt ist, wird für viele Personen, wie ich zu meinem Bedauern wohF annehmen muss, äusserst widerwärtig sein. Es lässt sich aber kaum daran zweifeln, dass wir von Barbaren abstammen. Das Erstaunen, welches ich empfand, als ich zuerst eine Truppe Feuer-
23*
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Allgemeine Zusammenfassung.
II. Theil.
1 ander an einer wilden, zerklüfteten Küste sah, werde ich niemals vergessen ; denn der Gedanke schoss mir sofort durch den Sinn: so waren unsere Vorfahren. Diese Menschen waren absolut nackt und mit Farbe bedeckt, ihr langes Haar war verschlungen, ihr Mund vor Aufregung begeifert und ihr Ausdruck wild, verwundert und misstrauisch. Sie besassen kaum irgend welche Kunstfertigkeit und lebten wie wilde Thiere von dem, was sie fangen konnten. Sie hatten keine Regierung und waren gegen jeden, der nicht von ihrem kleinen Stamme war, ohne Erbarmen. Wer einen Wilden in seinem Heimathslande gesehen hat. wird sich nicht sehr schämen, wenn er zu der Anerkeming gezwungen wird, dass das Blut noch niedrigerer Wesen in seinen Adern fliesst. Was mich betrifft, so möchte ich ebenso gern von jenem heroischen kleinen Affen abstammen, welcher seinem gefürchteten Feinde trotzte, um das Leben seines Wärters zu retten, oder von jenem alten Pavian, welclier, von den Hügeln herabsteigend, im Triumph seinen jungen Kameraden aus einer Menge erstaunter Hunde herausführte, — als von einem Wilden, welcher ein Entzücken an den Martern seiner Feinde fühlt, blutige Opfer darbringt, Kindesmord ohne Gewissensbisse begeht, seine Frauen wie Sclaven behandelt, keine Züchtigkeit kennt und von dem grössten Aberglauben beherrscht wird.
Der Mensch ist wohl zu entschuldigen, wenn er einigen Stolz darüber empfindet, dass er, wenn auch nicht durch seine eigenen Anstrengungen, zur Spitze der ganzen organischen Stufenleiter gelangt ist; und die Thatsache, dass er in dieser Weise emporgestiegen ist, statt ursprünglich schon dahin gestellt worden zu sein, kann ihm die Hoffnung verleihen, in der fernen Zukunft eine noch höhere Bestimmung zu haben. Wir haben es aber hier nicht mit Hoffnungen oder Befürchtungen zu thun, sondern nur mit der Wahrheit, soweit unser Verstand es uns gestattet sie zu entdecken. Ich habe die Beweise nach meiner besten Kraft mitgetheilt, und wir müssen anerkennen, wie mir scheint, dass der Mensch mit allen seinen edlen Eigenschaften, mit der Sympathie, welche er für die Niedrigsten empfindet, mit dem Wohlwollen, welches er nicht bloss auf andere Menschen, sondern auch auf die niedrigsten lebenden Wesen ausdehnt, mit seinem gottähnlichen lntellect, welcher in die Bewegungen und die Constitution des Sonnensystems eingedrungen ist, mit allen diesen hohen Kräften doch noch in seinem Körper den unauslöschlichen Stempel seines niederen Ursprungs trägt.
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Register.
A.
Abänderung; correlative 1, 112; spontane, I, 113; Gesetze der — , I, 97; beim Menschen I, 1G0; analoge I, 169; analoge im Gefieder der Vögel II, 63. Abbott, C, über die Kämpfe der Robben II, 211.
Abductor-Muskel des fünften Meta-tarsalknochens, beim Menschen vorhanden I, 111.
Abercrombie, Dr., über eine Gehirnkrankheit, welche die Sprache afficirt I, 49.
Aberglauben I, 159; Vorherrschen desselben I, 85.
Abergläubische Gebräuche I, 58.
Abiponen, Heirathsgebräuche derselben II, 328.
Abstammung, nur in der mütterlichen Linie verfolgt II, 316.
Abstraction I, 52.
Abstufung seeundärer Sexual-Cha-ractere bei Vögeln II, 118.
Abn-Simbel, Höhlen von I, 191
Acalles, Stridulation von I, 342.
Acantlwdactylus capensis, geschlechtliche Farbenverschiedenheiten bei II, 30.
Accentor moduluris II, 173.
Acclimatisation, verschieden bei verschiedenen Menschenrassen I, 190.
Achetidae, Stridulation der 1, 315, 316. 318; rudimentäre Stridulationsorgane bei den weiblichen I, 320.
Acilius sulcatus, Flügeldecken des Weibchens I, 307.
Acomux, Entwickelung von Spornen bei den Weibchen II, 141.
Acridiidae, Stridulation der — , I, 315, 318; rudimentäre Stridulationsorgane bei den weiblichen I, 320.
Actiniae. helle Farben der — , 1, 289.
Aderung der Flügel, s. Ncrvation.
Adler, ein junger Cercopitliceics durch einen Trupp von einem — erlöst I, 64.
Adler, weissköpfiger, pflanzt sich im unreifen Gefieder fort II, 188.
Admiral, Schmetterling I, 350.
Adoption der jungen von anderen Thie-ren durch weibliche Affen I, 34.
Aeby, über die Verschiedenheit zwischen dem Schädel des Menschen und der Quadrumanen I, 166.
Aesthetisches Vermögen, bei Wilden nicht hoch entwickelt I, 54.
Affe, schützt seinen Wärter vor einem Pavian I, 6G, 74; Mützen-1, 167; Rhesus-, geschlechtliche Farbenverschiedenheit II, 257, '272; Schnurrbart-, Farben desselben II, 256.
Affection, mütterliche I, 34; Zeichen derselben bei Thieren I, 34; elterliche und kindliche, theilweise Resultat natürlicher Zuchtwahl I, 68; bei Vögeln in Gefangenschaft für gewisse Personen II, 96; gegenseitige bei Vögeln II, 94.
Affen, denselben Krankheiten ausgesetzt wie der Mensch I, 9; männliche erkennen Frauen I, 10; Rache der I, 33; mütterliche Zuneigung I, 34; Variabilität der Gabe der Aufmerksamkeit!, 37; gebrauchen Steine und Stöcke 1, 43; Nachahmungsvermögen 1, 47; Signalrufe I, 48; Wachen von — ausgestellt I, 63; Verschiedenheit der geistigen Fähigkeiten I, 95; gegenseitige Liebesdienste I, 63; Hände der I, 120, erbrechen harte Früchte mit Steinen 1, 121; basale Schwanzwirbel im Körper eingeschlossen I, 130; menschliche Charactcre I, 167; Abstufung der Arten I, 200; Barte 11,249; ornamentale Charactere II, 268; Analogie der geschlechtlichen Verschiedenheiten mit denen des Menschen II, 279; verschiedene Grade der Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern II, 283; Aus-
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358 Affen. Register. Amerika.
druck der Gemüthserregungcn II, 2fl5; meist monogam II, 318; polygame Lebensweise einiger II, 318; nackte Stellen II, 331; Offenbarung von Verstand bei amerikanischen I, 39; Richtung der Haare an den Armen bei amerikanischen I, 108. Affen, antbropomorphe I, 171; Verschiedenheit der Jungen von den Alten I, 11; bauen Plattformen I, 44; wahrscheinlich schnelles Ausstorben I, 175; Gratiolet über ihre Entwicke-lung I, 203; halb aufrechte Stellung einiger I, 122; Zitzenfortsatz derselben I, 124; Einfluss der Kiefermuskeln auf die Physiognomie I, 125; den Weibchen fehlen die grossen Eckzähne I, 135; Nachahmung bei ihnen I, 139; Eckzähne der Männchen II, 211; die Weibchen einiger unten weniger behaart als die Männchen II, 332. Affen, langarmige, die Art ihrer Fortbewegung I, 123. y Afrika, wahrscheinlich die Geburtsstätte des Menschen I, 174; Süd-, gekreuzte Bevölkerung von I, 198; Süd-, Beibehaltung der Hautfarbe seitens der, Holländerin — 1,213; Süd-, Verhältuiss der Geschlechter von Schmetterlingen in — , I, 270; Tättowiren in — geübtll, 298; Nord-, Haarputze der Eingeborenen' von — II, 298. Agassiz, L., über Gewissen bei Hunden I, 66; Coincklenz der Menschenrassen mit den zoologischen Provinzen I, 192; über die Zahl der Men-schenspecies 1, 199; über die Brautwerbung bei Landschnecken I, 291; über die glänzenden Farben männlicher Fische in der Paarungszeit II, 11; über die Stirnprotuberanzen der Männchen von Geophagus und Cichla II, 11, 17; über die geringen Sexualverschiedenheiten der Süd-Amerikaner II, 283; über das Tättowiren der Amazonas-Indianer II, 300
Agelaeus plioeniceus II, 101.
Ageronia feronia, Geräusch von ihr hervorgebracht I, 344,
Agrion, Dimorphismus bei I, 324.
Agrion Bamburü, Geschlechter vou —, 1, 323.
Agrionidae, Verschiedenheit der Geschlechter I, 322. _
Agrotis exclamationis I, 355.
Aehnlichkeit, sexuelle I, 244.
Aehnlichkeiten, kleine, zwischen dem Menschen und den Affen I, 107.
A'ühuruspolytmHs, Junges von — , II, 193.
Ainos, Behaartsein der II, 282.
Alca torda, Junge der — , II, 191.
Alces palmata, II, 228.
Alder und Hancock, über nudibranche
Mollusken I, 293. Allen, J. A., über die relative Grösse der Geschlechter von Callorhinus ur-sinns II, 228; über die Mähne- von Otaria jubata II, 234 über das Paaren der Robben II, 245; über Gc-schlcchtsverschieilenheiten in der Farbe bei Fledermäusen II, 252. Allen, S., über die Lebensweise von Hoplopterns II, 41; über die Schnmck-federn der Reiher II, 70; über, die Frnhjahrsmauserung von Herodias bu-bulms II, 92, Alligator, Brautwerbung des Männchens 1, 240; II, 24; Brüllen des Männchens II, 24. Alter, im Verhältniss zur Ueberliefc-rung von Characteren bei Vögeln II, 160; Abänderung in Uebereinstimmimg mit dem — bei Vögeln II, 187. Amadavat, Kampflust des Männchens
II, 41. Amadina castanotis, Entfaltung des Gefieders seitens des Männchens II, 82. Amadiwt Lathami, Entfaltung des Gefieders seitens des Männchens II, 82, A m a z o n e n s t r o m, Schmetterlinge des -Gebiets I, 276; Fische desselben II, 14. Ameisen I, 162; spielen mit einander I, 33. Gedächtniss bei — , I, 38; Mitteilungen unter einander mittelst der Antennen I, 49; bedeutende Grösse der Cerebralgauglien 1, 125; grosse Kinnladen der Soldaten- I, 134; Verschiedenheit der Geschlechter I, 326; Wie-dererkennnng unter einander nach Trennung I, 38, 325. Ameisen, weisse, Lebensweise I, 324. Amerika, Abänderungen der Schädel der Eingeborenen I, 93; weite Verbreitung der Eingeborenen I, 192; Läuse der Eingeborenen I, 193; allgemeine Bartlosigkeit der Eingeborenen II, 282. Amerika, Nord-; Schmetterlinge I, 276; Indianer, Frauen eine Ursache des Kampfes unter ihnen II, 283; Indianer, ihre Begriffe von weiblicherSchön-heit II, 302, 305. Amerika, Süd-; Character der Eingeborenen I, 190; Bevölkerung von Thei-len von — , I, 198, Steinhaufen in —, I, 205; Aussterben des fossilen Pferdes in — , I, 211; Wüstenvögel von —, II, 197; unbedeutende Geschlechtsverschiedenheit der Eingeborenen II-
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Amerikaner. Register. Araber. 359
283; Vorherrschen des Kindesmords II, 320.
Amerikaner, weite geographische Verbreitung I, 96; Verschiedenheit von den NegernI, 217; Widerwille gegen Haare im Gesicht ,11, 306; Variabilität der eingeborenen — , I, 199.
Amerikanische Sprachen oft sehr künstlich I, 51.
Ammern, Charactereder Jungen II, 161.
Ammophila, über die Kiefer von — , I, 306.
Ammoirayus trugelaphus, behaarte Vorderbeine II, 248, 251.
Amphibia I, 186; II, 20; Verwandtschaft der — mit den ganoiden Fischen I. 178; Stimmorgane II, 290; Fortpflanzung im unreifen Zustande II, 189.
Amplüoxus I, 179, 186.
Amphipoda, Männchen sind schon geschlechtsreif, wenn jung II, 189.
Amsel, geschlechtliche Verschiedenheiten I, 237; Verhältniss der Geschlechter I, 273; Erlernung eines bestimmten Gesangs II, 47; Farbe des Schnabels in beiden Geschlechtern II, 62, 199; Paaren mit einer Drossel II, 99; Farben und Nisten II, 148; Junge II, 192; geschlechtliche Verschiedenheiten in der Färbung II, 199.
Anmiete, von Frauen getragen II, 302.
Amunoph III., Neger-Character seiner Gesichtszüge I, 191.
Analanhänge der Itisecten I, 305.
Analdrüsen der Schlangen II, 25.
Analoge Abänderung im Gefieder der Vögel II, 63.
Anas II, 157.
Anas acuta, männliches Gefieder II, 72.
Anas boschas, männliches Gefieder II, 72.
Anas histrionica II, 188.
Anastomus oscitans, Geschlechter und Junge II, 190; weisses Hochzeitsgefieder n, 200.
Anatidae, Stimmen der —, II, 51.
Anax junius, Verschiedenheit der Geschlechter I, 323.
Angelsachsen, Schätzung des Bartes bei ihnen IT, 306.
Anhänge des Hinterleibsendes bei In-secten I, 305.
Anneliäa I, 293.
Annulosa I, 293.
Ambium tesselatum, Geräusch hervorgebracht I, 342.
Anolis erislatellas, Kamm des Männchens II 27; Kampflust des Männchens II, 27; Kehlsack II, 27, Anser canadensis II, 102.
Anser cygnoides II, 100; Höcker an der Schnabelbasis II, 113.
A nser hyperboreus, weisse Farbe II, 200.
Antennen mit Kissen versehen beim Männchen von Penthe I, 307.
Anthidium manicatum, grosses Männchen I, 310,
Anlhocharis cardamines I, 345; 350, geschlechtliche Farbenverschiedenheit I, 364.
Anlhocharis yenutia I, 350.
Anthochüris sara I, 350.
Anthophora acercorum, grosses Männchen I, 310.
Anthophora relusa Verschiedenheit der Geschlechter I, 326.
Anthus, Mauserung bei —, II, 71.
Antlwopi&ae I, 170.
Antigua, Nicholsons Beobachtungen über gelbes Fieber auf —, I, 210.
Antilocapra umericana I, 256, II, 216.
Antilope bezoartica, gehörntes Weibchen II, 216, 218; geschlechtliche Verschiedenheit der Farbe II, 253.
Antilope dorcas und euchore II, 216.
Antilope euchore, Hörner II, 220.
Antilope montana, rudimentäre Eckzähne beim Männchen n, 226.
Antilope niger, sing-sing, caama und goryon, geschlechtliche Verschiedenheiten der Farbe II, 254.
Antilope oreas Hörner I, 256.
„ saiga, polygameLebensweise 1,235. „ strepsiceros, Hörner I, 255. „ subgutturosa, Fehlen der Suborbitaldrüsen II, 246.
Antilope, Hörner der gabelhörnigen
I, 256.
Antilopen, meist polygam I, 235; Eckzähne einiger männlichen II, 212; Gebrauch der Hörner II, 220; Rückenkamm bei —, II, 248; Wammen bei —,
II, 250; Winterabänderung zweier Spe-cies II, 262; eigenthümliche Zeichnungen bei — , II, 262.
Antipathie, bei Vögeln in Gefangenschaft gegen gewisse Personen II, 96.
Axura II, 21.
Apatania muliebris, Männchen unbekannt I, 282.
Apathus, Verschiedenheit der Geschlechter I, 326.
Apatura Iris I, 344, 345.
Apis mellifica, grosses Männchen I, 310.
Apollo, griechische Statuen II, 307.
Apoplexie bei Gebus Asarae I, 9.
Aprosmictus scapulatus II, 152.
Acpäla chrysactos II, 91.
Araber, Zerfetzen der Wangen und Schläfe bei ihnen II, 298.
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360 Arabische. RegiBter. Audubon.
Arabische Frauen, sorgfältiger und I eigcnthümlicher Kopfputz II, 309.
Araclmida I, 302.
A raklian, künstliche Verbreiterung der Stirn hei Eingeborenen von —, II, 308.
Aborkola, Junge von —, II, 16G.
Archaeopteryx 1, 178.
Arctiidae, Färbung bei den — ,1, 352.
Artlea asha, rufescetis und caerulea, Farbenänderung bei ihnen TT, 203, 204.
Artlea caerulea, Fortpflanzung im unreifen Gefieder II, 188.
Ardea giilaris, Aenderung des Gefieders II, 203.
Artlea lierodias, Liebesgeherden der Männchen II, 58.
Artlea Ludociciana, Alter des reifen Gefieders II, 187; beständiges Wachsthum des Federkammes und der Schmuckfedern bei den Männchen II, 189.
Ardea nyeticorax, Rufe II, 43.
Ardeola, Junge von — , II, 167.
Aräetta, Veränderungen des Gefieders II, 156.
Argenteuil I, 24.
Argus-Fasan II, 62, 83, 158; Entfaltung des Gefieders vom Männchen II, 78; Augenflecke 11, 117, 123; Abstufung der Charactere hei dem —, II, 123.
Argy 11, Herzog von, Formen von Werkzeugen eigenthümlich dem Menschen I, 44; über 'den Kampf im Menschen zwischen Recht und Unrecht I, 89; über die physische Schwäche des Menschen I, 135: über die primitive Civi-lisation des Menschen 1, 158; über das Gefieder des männlichen Argus-Fasans II, 78; über Uroxtiete Benja-mini II, 132; über die Nester der Vögel II, 145; über Abwechselung als Zweck in der Natur II, 202.
Aryymüs atßaia, Färbung der unteren Fläche I, 353.
Aricoris epituz, Geschlechtsverschieden-
heiten in den Flügeln 1, 308. Aristokratie, erhöhte Schönheit derselben II, 313. Arme und Hände, freier Gebrauch der — indirect in Correlation mit Verkleinerung der Eckzähne I, 124. Arterien, Abänderungen in ihrem Verlaufe I, 93; Wirkung der Unterbindung auf Seitengefässe I, 100. Arthropoda I, 294. . Arzneien, Wirkungen derselben die gleichen beim Menschen und bei den Affen I, 9. A scens io n, gefärbte Incrustationen an
den Felsen I, 292. Ascidiac I, 290; Verwandtschaft des Am-
phioxus mit ihnen I, 179; Kaulquappen-ähnliche Larven derselben I, 179; glänzende Farben bei einigen I, 289.
Asimts, asiatische und afrikanische Spe-cies II, 268.
A-finus taeniopus II, 268.
Atcles, Wirkungen des Branntweins I, 10; Fehlen tfes Daumens I, 121.
Ateles beehebidh, Ohren 1, 19.
„ mtirgimitus, Farbe des Kragens II, 255; Haar an dem Kopf II, 270;
Ateuchus, Stridulation I, 242.
„ ckatrkosus, Lebensweise I, 335.
Athalia, Verhältniss der Geschlechter I, 281.
Audouin, V., über ein parasitisches Hymeuopter mit sedentären Männchen
I, 241.
Audubou, J. J., über die Kampflust vieler Vögel II, 36, 41; über Tetrao cupido II, 43; über Ardea nyeticorax
II, 43; über Sturnella ludociciana II, 43; über Stimmorgane von Tetrao cupido II, 48; über das Trommeln des männlichen Tetrao umbellus II, 53; über Laute vom Ziegenmelker hervorgebracht II, 54 ; über Ardea hero-dias und Catkarte« jota II, 58; über die Frühjahrsänderung einiger Finken II, 73; über das Wiedererkennen eines Truthahns und Hundes II, 90: über die Wahl eines Gatten seitens der Weibchen II, 101; über Mimus poly-ylottus II, 95; über das Truthuhn II, 104, 105; über Abänderung beim männlichen scharlachenen Tanager II, 110; über Lebensweise von I'yranga aestica II, 140; über locale Verschiedenheiten in den Nestern derselben Vogelspecies II, 149; über die Lebensweise der Spechte II, 152; üher TSom-bi/cilla caroliiienxis IT, 157; über junge Weibchen von Tanayra «e.-tira mit männlichen Characteren II, 157; über das Jugendgefieder von Drosseln II, 1G2; über Jugendgefieder der Vögel II, 163 flgde.; über Vögel die im unreifen Gefieder brüten II, 188; über Wachsthum des Federkamms und der Schmuckfedern von Ardea ludociciana II, 189; üher Farhenverändernngen bei einigen Species von Artleu II, 203; über den Spiegel von Mergus cucul-latua I, 258; über die, Bisamratte II. 261.
Audubon und Bachman, über kämpfende Eichhörner II, 210: üher den canadischen Luchs 11, 234.
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Auerhubn Register. Baker 361
Auerhulin. Verliältiiiss der Geschlechter I, 272; Kampflust des Männchens II, 88; Paaren II, 42; Ilerbstzusam-meukünftc II, 4G; Lockruf II, 52; Dauer der Brautwerbung II, 87; Benehmen des Weibchens II, 105; Unzuträglichkeit schwarzer Farbe für das Weibchen II, 134; geschlechtliche Farbenverschiedenlieit II, 198; car-uioisine Wachshaut des Männchens II, 199; Polygamie I, 238.
Aufmerksamkeit, Offenbarung der-' selben bei Thieren I, 37.
Aufrechte Stellung des Menschen I, 122, 123.
Auge, Zerstörung desselben I, 100; Veränderung der Stellung I, 127;' schräge Stellung von Japanesen und Chinesen für schön gehalten II, 302.
Augen, geschlechtliche Verschiedenheit ihrer Färbung bei Vögeln II, 112; säulenförmiges des männlichen Chloeon
I, 305.
Augenbrauen, Erhebung der — , I, IG; Entwickelung langer Ilaare in den — , 1,20; bei Affen I, 167; ausgerissen in Tlieilcn von Süd-Amerika und Afrika II, 29S ; und von den Indianern von Paraguay II, 30(i.
Augenflecke hei Vögeln, Bildung und Variabilität II, 115.
Augenlider, in Theilen von Afrika schwarz gefärbt II, 297.
Augenwimpern von den Indianern von Paraguay ausgerissen II, SOG.
Aurorafalter I, 345, 350.
A nsil au e r, hochgeschätzt I, S2;II, 287.
Ausdruck der Gemüthsbewegungen I, 167.
Ausschweifung, herrscht bei Wilden 1, 82 ; Hemraniss für die Bevölkerung I, 116; Einfluss I, 150.
Aussterben von Bässen, Ursachen derselben I. 209.
A u s t e n, N. !.., über Anolix cristatelhis
II, 271.
Australien, Variationen in den Schädeln der Eingeborenen 1, 93; Mischlingsrassen von den Eingeborenen ge-tödtet I, 194; Läuse der Eingeborenen I, 193; nicht Geburtsstätte des Menschen 1, 174; Vorherrschen des Mordes weiblicher Kinder II, 320.
Australier, Farbe der neugeborenen Kinder II, 278; relative Grösse der Geschlechter II, 281; Frauen Ursache von Kriegen bei ihnen II, 2S3.
Auswanderung 1, 150.
A xis-Iii rsch, Geschlechtsverschiedeu-heit der Farbe II, 255.
A y m a ras, Messungen derselben I, 103! keine grauhaarigen unter ihnen II, 280; Haarlosigkeit des Gesichts II, 283; langes Haar derselben II, 305.
Azara, über das Vcrhältniss der Frauen zu den Männern unter den Guaranys I, 2G8; über Palamcdva cornuta II, 40; über die Barte der Guaranys II, 282; über Kampf um die Frauen bei den Guaranys II, 284; über Kindes-mord II, 302, 320; über das Ausreis-sen der Augenbrauen und Augenwimpern bei den Indianern von Paraguay II, 30G; über Polyandrie bei den Guanas II, 321; Cölibat bei den Wilden von Süd-Amerika unbekannt II, 322; über das Freisein von Scheidungen unter den Charruas II, 328.
B.
Babyrussa, Stosszähne II, 232.
Bach man, über die Fruchtbarkeit der Mulatten I, 194.
Bachstelze, indische, Junges II, 166; Ray's, Ankunft des Männchens vor dem Weibchen I, 229.
Backenbärte hei Affen 1, 167.
Baer, O.E. von, über embryonale Ent-wickelung I, 11; Definition des Fortschritts in der organischen Stufenleiter I, 1S5.
Bagehot, W., über die socialen Tugenden der primitiven Menschen 1, 80; über den Werth dos Gehorsams I, 80, 141; über menschlichen Fortschritt I, 144; über das Erhaltenbleiben wilder Stämme in classischen Zeiten I, 211.
Bailly, E. M., über die Kämpfe der Hirsche II, 222; über die Art zu kämpfen beim italienischen Büffel II, 220.
Bain, A., über das Gefühl der Pflicht I, GO; Hülfe aus Sympathie 1, 65; über die Grundlage der Sympathie I, 09; über Sucht nach Anerkennung I, 73; über die Idee der Schönheit II, 310.
Baird, W., Farbenverschiedenheit zwischen den Geschlechtern einiger En-tozoen I, 2SS.
Baker, über das Verhältniss der Geschlechter bei Fasanenküchlein I, 272.
Baker, Sir S., Liebe der Araber zu mißtönender Musik II, 58 ; über geschlechtliche Farbenverschiedenlieit bei einer Antilope II, 254; Elephanten und Rhinocerosse greifen Schimmel aii II, 259; über die von Negern vorgenommenen Entstellungen II, 260; über das Zerfetzen der Wangen und Schlä-
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362 Balzen. Register, Bechstein.
fen bei Arabern II, 298; über den Haarputz der Nord-Afrikaner II, 298; über die Durchbohrung der Unterlippe bei den Weibern von Latooka II, 299; die Unterscheidungszeicbon der Haarputze dercentral-afrikaniscben Stämme II, 300; über den Ilaarputz arabischer Frauen II, 309.
Balzen des Auer- und Birkhulms II, 38, 87.
Bantam-IIuhii, Sebright I, 228, 2G1.
Banting, Ilörner II, 217; geschlechtliche Verschiedenheiten der Farbe II, 254.
Banyai, Farbe der — , II, 301.
Barbarei, ursprüngliche, civilisirter Nationen I, 157.
Barr, über geschlechtliche Vorliebe bei Hunden II, 239.
Barington, Daines, über die Sprache der Vögel I, 4G; über das Glucken der Henne II, 43; über den Zweck des Gesangs der Vögel II, 45; über den Gesang weiblicher Vögel II, 46; über das Erlernen fremder Weisen von Vögeln II, 47; über die Kehlkopf-muskeln bei Vögeln II, 47; über das Fehlen desIGesangsvermögens bei weiblichen Vögeln II, 143.
Barrow, über den Wittwenvogel II, 83.
Barsch, Glanz der Männchen während der Paarungszeit II, 11.
Bart, Entwickelung beim Menschen II, 278; Analogie desselben beim Menschen und Affen II, 279; Abänderung in seiner Entwickelung bei verschiedenen Menschenrassen II, 281; Schätzung desselben unter bärtigen Nationen II, 306; wahrscheinlicher Ursprung desselben II, 333.
Barte, bei Affen I, 167; bei Säugethie-ren II, 248.
Bartlett, A. D,, über den Tragopan
I, 238; Entwickelung der Spornen bei Crossoptilon auritum I, 257; Kämpfe der Männchen von Plectropterus <jam-bensis II, 39; über Tringa canutus
II, 70; Entfaltung seitens männlicher Vögel II, 74; Entfaltung des Gefieders bei Polyplectron II, 7ö; über Crosso-plilon auritum und Phasiamts Walli-chii II, 80; Lebensweise von l.npho-phorus II, 105; Farbe des Mundes bei Bitceros bicomis II, 113; Bebrütnng beim Casuar II, 179; Capischer Büffel II, 220; Gebrauch der Ilörner bei Antilopen IJ, 220; über die Kämpfe männlicher Warzenschweine II, 233; über Ammotrayus tragelaphus II, 218;
über die Farben von Cercopitheciiß cephus II, 250; über die Farben der Gesichter bei Affen II, 272; über die nackten Hautstellen bei Affen II, 331;
Bartram, über die Brautwerbung des männlichen Alligators II, 24.
Bartvögel, Farbe und Nestbau II, 149.
Baskische Sprache, höchst künstlich I, 51.
Ii a t e, C. S., über die grössere Lebendigkeit männlicher Crustaceen I, 240; über das Verhältniss der Geschlechter bei Krabben I, 283; über die Scheeren der Crustaceen I, 29C; über die rela- . tive Grösse der Geschlechter bei Crustaceen I, 300.
B a t e s, H. W., Abänderung in der Kopfform der Amazonas - Indianer I, 9G; Verhältniss der Geschlechter der Schmetterlinge vom Amazonenstrome I, 276; geschlechtliche Verschiedenheiten in den Flügeln der Schmetterlinge I, 308; über die Feldgrille I, 315; über Pyrodes pidclierrimus I, 327; über die Höruer lamellicorner Käfer I, 330, 331; über die Farben der Epicaliae etc. I, 346; Färbung tropischer Schmetterlinge I, 348; Variabilität von Papilio Sesostris und Childrenae 1,357; männliche und weibliche Schmetterlinge verschiedene Oert-lichkeiten bewohnend I, 358; über Nachäffung I, 3G5; Raupe einer Sphinx
I, 370; Stimmorgane des Schirmvogels
II, 51; über die Tukans II, 199; über Brachyurus calvus II, 271.
B atokas schlagen zweioder drei Schneidezähne aus II, 299.
Batrachia II, 21. Gier der Männchens I, 240.
Bea'v an, Lieut., Entwickelung des Geweihes bei Cervtis Jiläi 1, 255.
Becassine, Ankunft des Männchens vor dem Weibchen 1, 229; Kampfsucht des Männchens II, 36; doppelte Mauserung II, 69; Meckern II, 54; Färbung II, 198.
Becassinen, grosse Versammlungen derselben Tl, 88.
Bechstein, über die Wahl der besten Sänger seitens weiblicher Vögel II, 44; Rivalität bei Singvögeln II, 45; Gesang weiblicher Vögel II, 46; Vögel lernen fremden Gesang II, 47; Paaren des Canarienvogels und Zeisigs II, 100; Untervarietät der Mönch - Taube II, 115; gespornte Hennen II, 141.
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Becken. Register. Blair. 363
Becken, Aenderung desselben in Folge der aufrechten Stellung des Menschen I, 12-1; Verschiedenheiten in den Geschlechtern des Menschen II, 278.
Bedachtsamkeit I, 42.
Beddoe, Dr., Ursachen der Verschiedenheiten der Körpergrösse 1, 90.
Befruchtung, Erscheinungen der — bei Pflanzen I, 241; bei den niederen Thieren I, 242; Einfluss der Periode der — auf das Geschlecht I, 268.
Behaarstein, Verschiedenheit beiden Geschlechtern des Menschen II, 280; Abänderungen hei den Menschenrassen II, 281.
Beine, Abänderungen in der Länge der — heim Menschen I, 93; Verhältniss der Länge bei Soldaten und Matrosen I, 100; Vorderheine bei einigen männlichen Schmetterlingen atrophirt I, 303; Eigenthümlichkeiten der — bei männlichen Insectenl, 307.
Belgien, alte Einwohner I, 209,
Bell, Sir Ch., über Affectmnskeln beim Menschen I,-4; über Fletschinuskeln
I, 109; über die Hand I, 122. Bell, Thom., Zahlenverhältniss der Geschlechter bei Maulwürfen I, 271; über Wassersalamander II, 20; über das Quaken der Frösche II, 23; über die geschlechtlichen Farbenunterschiede bei Zootoca vivipara II, 30; über kämpfende Maulwürfe II, 210.
Bennett, A. W., Lebensweise von Dro-
maem irroratus II, 179. Bennett, Dr., über Paradiesvögel II,
76. Beobachtung, Gabe der — bei Vögeln
II, 95. Berauschung, bei Affen I, 9. Bernida anturetica, Farben II, 200. Bern ikelgänscrich paart sich mit
einer Canadagans II, 99.
Beschäftigung zuweilen Ursache verminderter Körpergrösse I, 99; Wirkungen derselben auf die Proportionen des Körpers I, 100.
Bettoni, E.. locale Verschiedenheiten im Nestbau italienischer Vögel II, 149.
Beiitelthicrc I, 176, Zitzen bei ihnen
I, 183; ihr Ursprung von den Mono-tremen 1, 1SG; Uterus I, 105; Ent-wkkelung der Nickhaut bei ihnen I, 19; Ahdominaltasche I, 224; relative Grösse der Geschlechter II, 228; Farben II, 251.
Bhoteas, Farbe des Barts bei ihnen
II, 280.
Bhringa, scheibenförmige Schwanzfedern II, 71.
Biber, Instinct und Intelligenz I, 31, 32; Stimme dos —, II, 243; Castoreum des —, II, 245; Kämpfe der männlichen —, II, 210.
Bibio, geschlechtliche Verschiedenheiten in der Gattung I, 311.
Bichat, über Schönheit II, 311.
Bienen, I, G2; Zerstörung der Drohnen und Königinnen I, 08; Pollenkörbchen und Stachel 1, 134; seeundäre Sexual-charactere des Weibchens I, 224; Verschiedenheiten der Geschlechter I, 325.
Bienenfresser, II, 48.
Bildungs hemmu ngen I, 104.
Tlimana I, 165,
Birgit* latro, LebeusweisB I, 299.
Birkheck, Mr., Goldadler finden neue Gatten II, 91.
Birkhuhn, polygam I, 238; Verhältniss der Geschlechter I, 272; Kampflust und Liehestänze II, 38; Lockruf II, 52; Mauserung II, 71; Dauer der Brautwerbung II, 87; geschlechtliche Unterschiede der Färbung II, 198; carmoisine Wachshaut um das Auge II, 199; Hybride vom — und Fasan II, 99; Charactere des jungen II, 162, 170.
Bisam ochse, Hörner II, 217,
Bisamratte, protective Aehnlichkoit mit einem Erdkloss II, 261.
Bischoff, Uebereinstimmung des Gehirns vom Menschen und Orang 1,8; Figur des Hunde-Embryo I, 12; Windungen des Gehirns beim menschlichen Fötus I, 13; Verschiedenheiten des Schädels vom Menschen und den Affen I, 160.
Bishop, J., Stimmorgane der Frösche II, 23; Stimmorgane der rahenartigen Vögel II, 47; Trachea des Merganser II, 51.
Bison, Mähne des amerikanischen II, 235.
Biziura lobata, Moschusgeruch des Männchens II, 32; bedeutende Grösse des Männchens II, 37.
Black wall, J., über das Sprechen der Elster 1, 50; Schwalben verlassen ihre Jungen I, 71; grössere Lebendigkeit der männlichen Spinnen I, 240; Verhältniss der Geschlechter bei Spinnen 1, 282; geschlechtliche Farbenabänderung bei Spinnen I, 302; über männliche Spinnen I, 303.
Blaine, über die Zuneiguugen der ILindc II, 238.
Blair, über die relative Erkrankungsfähigkeit der Europäer am gelben Fieber I, 215.
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3()4 Blake. RegiBter. Bombyx
Blake, C. C., über die Kinnlade von La Naulette I, 109.
Blakiston, Capt., über die amerikanische Bekassine II, 54; über die Tänze des Telrao phasianell.au II, 58.
B1 a s i n s , Dr., über die Species europäischer Vögel II, 103.
Blätter, Farben der absterbenden I, 200.
B latt wespen, Verhältni'ss der Geschlechter I, 281; Kampflust eines Männchens I, 325.
Blaukeh leben, rothbrfistiges, geschlechtlicher Unterschied II, 171.
Blaumeise,^ geschlechtliche Farben-vcrschiederdleit II, 152.
Bledina ttmtrus, hornähnliche Fortsätze des Männchens 1, 333.
Blenkiron, Mr., geschlechtliche Vorliebe hei Pferden II, 239.
Blennius, Kopfkamm heim Männchen während der Paarungszeit sich entwickelnd II, 10.
BietMsa vwltipunctata, Stridulation I, 338.
Blinddarm, I, 22; hei den Urerzeugern des Menschen gross 1, 180.
Bloch, über die Verhältnisse der Geschlechter bei den Fischen 1, 274.
Blumenbaeh, über den Menschen I, 90; über die bedeutende Grösse der Nasenhöhlen bei den Eingeborenen von Amerika!, 102; über die Stellung der Menschen I, 165; über die Anzahl der menschlichen Species I, 199.
Blut, rothe Farbe des arteriellen — es 1, 290.
B1 u t f a s a n, Zahl der Sporne beim II, 39.
Blutungen, Neigung zu profusen I, 259.
Blyth, Beobachtungen über indische Krähen I, 65; über die Structnr der Hand bei Arten von Hylobate.s I, 121: Kampfsucht der männlichen Gallinula cristtMa II, 34; Vorhandensein von Spornen heim weiblichen Euplocamuf; ery-throphtalmus II, 39; über die Kampfsucht des Amadavat II, 41; über den Löffelreiher II, 51; über das Mausern von Anthux II, 71; über das Mausern von Trappen, Regenpfeifern und Gal-Iws bunUm II, 72 ; über den indischen Honigbussard II, 110; über geschlechtliche Verschiedenheit der Farbe der Augen bei Hornvngeln II, 112; über Oriolu.t melanoceplialns II, 150; über I'aUtwrms jaraniais II, 150; über das Genus Ardetta II; 150; über den Wanderfalken II, 150; über junge weibliche Vögel die männliche Cha-
ractere annehmen II, 156; über das unreife Gefieder der Vögel II, 162; über stellvertretende Arten von Vögeln II, 167; über die Jungen von Turnix II, 177; über anomale Junge von Lanhis rufus und Colymbus yla-ciaUs II, 185; über die Geschlechter und die Jungen der Sperlinge II, 186; über Dimorphismus bei einigen Reihern II, 188; über die Bestimmung des Geschlechts bei Nestling-Gimpeln durch Ausreissen von Brustfedern II, 188; über Pirole im unreifen Gefieder brütend II, 188; über die Geschlechter und Jungen von Buphus und Anastomus II, 191; über die Jungen des Plattmönchs und der Amsel II, 192; über die Jungen des Steinschmätzers II, 193; über das weisse Gefieder von Anastomus II, 201; über die Hörner von Antilope bezoartica II, 216; über die Hörner rinderartiger Thiere II, 217; über die Kampfweise des Ovis cycloceros II, 219; über die Stimme der Gibbon's "II, 243; über Kamm des wilden Ziegenbocks II, 248; über die Farben von Portax pieta II, 253; über die Farben von Antilope bezoartica II, 253; über die Entwicke-lung der Hörner des Kuxlu und der Eland-Antilope II, 253; über die Farbe des Axishirsches II, 255; über Geschlechtsunterschiede der Farbe bei Hylobatc* Jtoolok II, 255; über den Schweinshirsch II, 266; über einen mit dem Alter grau werdenden Bart und Backenbart eines Affen II, 280.
Bogen, Gebrauch der I, 205.
Boitard undCorbie, über die Ueber-liefernng geschlechtlicher Eigentümlichkeiten bei Tauben I, 250; über die Antipathie einiger weiblicher Tauben gegen gewisse Männchen II, 103.
Bold, Mr., das Singen eines unfruchtbaren Bastard-Canarienvogels II, 45.
Bombet, über die Variabilität des Maassstabes für das Schöne in Europa II, 326.
Bombus, Verschiedenheit der Geschlechter bei I, 326.
Bombycidae, Färbung I, 351; Paaren I, 357.
Bombi/cilla carolinensis, rothe Anhänge. 11, '156.
Bombyx cynthia, I, 309; Vcrhältniss der Geschlechter I, 276, 280; Paaren I, 357.
BoHiby.i' mori, Verschiedenheit der Grösse zwischen männlichen und weihlichen Cocons I, 309; Paaren I, 357,
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Bombyx. Register. Bronn. 365
Bombyx Pernyi, Verhältniss der Geschlechter I, 280.
Bombyx Yamamai, 1, 309; Mr. Person-nat über—, I, 277; Verhältniss der Geschlechter I, 280.
Bon aparte, C. L„ über die Locktöne des wilden Truthahns II, 52.
Bond, F., Krähen finden neue Gatten II, 90.
Boner, C,, Uebertragung männlicher Charactere auf eine alte weibliche Gemse II, 215; Geweih des Edelhirsches II, 222; Lebensweise der Hirsche II, 228; Paaren des Hirsches II, 23(1.
Boote, Gebrauch I, 118, 200.
Bortus Idemalis, Seltenheit des Männchens I, 282.
Bory de St. Vincent, Zahl der Menschenarten I, 199; über die Farben von Lubras paco II, 13.
Bos c/aurus, Hörner II, 217.
Bos primigenius, II, 211.
Boa sondaiem, Hörner II, 247; Farben II, 254.
Botentaube, späte Entwickelung der Fleischlappen I, 260.
Botokuden, 1,158; Lebensweisel, 217; Entstellung der Ohren und der Unterlippe II, 299.
Boucher de Perthes, J. C, de, über das Alter des Menschen I, 2.
Bourbon, Verhältniss der Geschlechter bei einer Species von Papilio von —, I, 276.
Bour ien, Hochzeitsgebräuche der Wilden des Malayischen Archipels II, 328.
Buvidae, Wammen II, 249.
Brachschnepfen, II, G9.
Brachiopoda l, 290.
Brachsen, Verhältniss der Geschlechter I, 275.
Brachycephalie, mögliche Erklärung I, 128.
Brachyscelns, zweites Antennenpaar des Männchens I, 302.
Brachyura I, 298.
Brachyurifi calcns, scharladmes Gesicht II, 271.
Brakenridge, Dr., über den Einfluss des Climas I, 99.
Brandente, paart sich mit der Ilaus-ente II, 99; Geschlechter und Junge der — von Neu-Seeland II, 180. Brasilien, Schädel in Höhlen gefunden I, 191; Bevölkerung I, 198; Com-pression der Nase bei den Eingeborenen II, 309. Braubach, Prof., über das quasi-reli-giöse Gefühl eines Hundes gegen sei-
nen Herrn I, 08; über Selbstcnthal-tung bei Hunden 1, 66. I Brauer, F., Dimorphismus bei Neuro-
themix I, 324. Brehm, über die Wirkung berauschender Getränke auf Affen 1, 9; über das Erkennen von Frauen seitens der männlichen Cytwcephali 1, 10; Rache von Affen geiiommen I, 33; Zeichen mütterlicher Zuneigung bei Affen und Pavianen I, 34; instinetive Furcht der Affen vor Schlangen I, 35; ein Pavian schützt sich durch eine Matte gegen die Sonne I, 44; Gebrauch von Steinen als Wurfgeschosse bei Pavianen I, 43 ; Warnnngsrufe bei Affen I, 4S, Wachen von Affen ausgestellt I, 63; über das Zusammenwirken von Thieren I, 63; ein Adler greift einen jungen (kr-cojiitliecus an I, Ol; Paviane in Gefangenschaft schützen einen von ihnen vor Strafe I, 66; Gewohnheiten der Paviane beim Plündern I, 60; Verschiedenheit der geistigen Fähigkeiten bei Affen T, 94; Lebensweise der Paviane I, 122 ; Polygamie bei Gynoce-phalus und Cebus 1, 235; Zahlenver-hältniss der Geschlechter bei Vögeln
I, 272; Liebestänze des Birkhuhns II, 38; über Palamedea comuta II, 40; Lebensweise des Birkhuhns II , 41; Laute von Paradiesvögeln hervorgebracht II, 54; Versammlungen von Waldhühnern II, 88; über das Finden neuer Gatten von Vögeln II, 92; Kämpfe, der wilden Eber II, 231; Gewohnheiten von Oyiiocephahi.-! hamadryas II, 318.
Brent, Mr., Brautwerbung der Hühner
II, 102.
Breslau, Zahlenverhältnisse der männlichen und weiblichen Geburten I, 267
Bridgman, Laura I, 48.
Britten, die alten, tättowirten sich II, 298.
Broca, Prof., über das Vorkommen des supracondyloiden Loches am menschlichen Oberarm I, 23; Inhalt Pariser Schädel aus vi rschiedeuen Perioden I, 126; Einfluss der natürlichen Zuchtwahl I, 132; Hybridität beim Menschen I, 194; menschliche Beste von Les Eyzies I, 209; Ursache der Verschiedenheiten zwischen Europäern und Hindus I, 212.
Brodie, Sir B., über den Ursprung des moralischen Gefühls beim Menschen I, 60.
Bronn, H, G., Copulation von Insecten verschiedener Arten I, 306.
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366 Bronze-Periode. Register. Butler.
Bronze-Periode, Menschen der — in Europa I, 138.
Brown, II., Wachen der Robben meist Weibchen I, G3; Kämpfe der Robben II, 211; über den Narwal II, 212; gelegentliches Fehlen der Stosszähne beim weiblichen AValross II, 212; übe]' die Klappmiitzen-Rob.be II, 244; Farben der Geschlechter von l'hoca groen-landica II, 252; Schätzung der Musik seitens der Robben II, 292; Pflanzen von nordamerikanischen Frauen als Liebesamuletc gebraucht II, 302.
Brown-Sequard, Dr., über die Vererbung der Wirkungen einer Operation bei Meerschweinchen II, 335.
Bruce, über den Gebrauch der Stosszähne bei dem Elephanten II, 219.
Brulerie, P. de la, Lebensweise des Ateuchus cicatricosus I, 335; Stipulation von Ateuchus I, 342.
Brünnich, über die gescheckten Raben der Färöer II, 111.
Brustdrüsen, 1,224; rudimentäre bei männlichen Säugethieren I, 14, 25, 181, 182, 184, überzählige bei Frauen I, 108; des männlichen menschlichen Körpers I, 112.
Brustkasten, Grössenverhältnisse bei Soldaten und Matrosen I, 101; grosser der — Quechua und Aymara-In-dianer I, 102, 103.
Brütealter der Vögel II, 188. „Bruttasche, rudimentäre, bei männlichen Beutelthieren I, 181.
Bryant, Capt., über die Werbungen des Callorhinus ursinus II, 236.
Bryozoa I, 290.
Bubas hison, Tlioraxfortsatz bei I, 332.
Bucephalus capensia, Farbenversehieden-heit der Geschlechter II, 25.
Buceros, Nestbau und Brüten II, 147.
Buceros bieorvis, geschlechtlicher Unterschied in der Färbung des Helms, Schnabels und Mundes II, 112.
Buceros corruyatus, Geschlechtsunter-schied des Schnabels II, 02.
Bnchfinke, II, 45; Verhältniss der Geschlechter I, 273; Werbungen II, 81; neue Gatten bald gefunden II, (Jl.
Büchner, L„ Ursprung des Menschen I, 3; Fehlen von Selbstbewusstsein bei niederen Wilden I, 53 ; Gehrauch des menschlichen Fusses als Greiforgan I, 123; Progressionsart der Affen I, 123.
Buckland, F., Zahlenvcrhältniss der Geschlechter hei Ratten I, 271; Zah-lenverhältniss der Geschlechter bei
Forellen I, 275; über Ghimaera mon-strosa II, 10.
Buckland, W., complexer Bau der Crinoiden I, 52,
Buckl er, W., Verhältniss der Geschlechter aufgezogener Lopidoptern I, 280.
B u c k i n g h a m s h i r e, Zahlenvcrhältniss männlicher und weiblicher Geburten I, 26G.
Bucorax abyssinicus, Aufblasen des Fleischlappens am Halse bei der Werbung II, 61.
Budgtes Bali, I, 229.
Büffel, Capischer II, 220.
„ Indischer, Hörner II, 217. „ Italienischer, Art zu kämpfen II, 220.
Buffon, Zahl der Menschenarten I, 199.
Buist, R., Verhältniss der Geschlechter beim Lachs I, 274; Kampfsucht des männlichen Lachses II, 3.
Bulbul, Kainpfsucht des Männchens II, 34; Entfaltung der unteren Schwanzdecken seitens des Männchens II, 82.
Bulle, Art zu kämpfen II, 220; gekräuseltes Stirnhaar II, 248; zwei junge —n greifen einen alten an I, 63; II, 211; Kämpfe der wilden II, 211.
„Bul 1-trout", der Engländer, Färbung während der Paarungszeit II, 11.
Bu marang, I, 159.
Buplius coromandus, Geschlechter und Junge II, 190; Farbenveränderung II, 203, 204.
Burchell, über das Zebra II, 265; Extravaganz der Buschmänninnen sich zu schmücken II, 301; Colibat unter den Wilden von Süd-Afrika unbekannt II, 322; Hochzeitsgebräuche der Buschmänninnen II, 329.
Burke, Zahl der Menschenarten I, 199.
Burmesen, Farbe des Bartes II, 2S2.
Burton, Capt., über Negerideale weiblicher Schönheit II, 303; über ein universales Ideal von Schönheit II, 308.
Buschmänner, 1, 136; extravaganter Schmuck der Frauen II, 301, Gehirn der Frauen 1,190; Hochzeitsgebräuche der Frauen II, 320.
B u s k, G., Vorkommen des supraeondyloi-den Lochs beim menschlichen Oberarm I, 23.
Bussard, Indischer Honig-, Abänderung im Federkamme II, 110.
Butler, A. G., geschlechtliche Verschiedenheiten in den Flügeln von Arico-ris epitus I, 30S; Färbung der Geschlechter bei Arten von Tliecla I, 347; Aehnlichkeit von Iphias glau-cippe mit einem Blatte I, 351; Ei-
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Buxton. Register. Cephalopoda. 367
dechsen und Frösche verschmähen gewisse Raupen und Motten I, 371. Bnxton, C, Beobachtungen über Ha-caws I, 04; über ein Beispiel von Wohlwollen bei einem Papagay II, 05.
C.
Cachelot, grosser Kopf des Männchens II, 213.
Qadenzen, musikalische, Wahrnehmung solcher von Thieren II, 292.
Cairina moschata, Kampfsncht des Männchens II, 36.
CuUianassa, Abbildung der Scheeren I, 296. .
CaUionymus lyra, Charactere des Männchens II, 6.
Callorhinus ursinus, relative Grösse der Geschlechter II, 228; Werbungen II, 236.
Calotes nigrilabris, geschlechtliche Farbenverschiedenheit II, 30.
Cambridge, 0. Pickard, über die Geschlechter der Spinnen I, 282.
Campbell, J., über den indischen Ele-phant I, 236, über die Verhältnisse der männlichen zu den weiblichen Geburten in den Harems von Siam I, 268.
Campylopterus Uemüeucurus I, 273.
Canarienvogel, Polygamie I, 238, Veränderung des Gefieders nach dem Mausern I, 260; Weibchen wählt sich den besten Sänger II, 44; singender steriler Bastard II, 45; Gesang des Weibchens II, 46; wählt sich einen Grünfinken II, 100; paart sich mit einem Zeisig II, 100; unterscheidet Personen II, 96.
Canestrini, G., über rudimentäre Charactere und den Ursprung des Menschen I, 3; über rudimentäre Charactere I, 14; Bewegungen des Ohrs beim Menschen 1,17; Variabilität des wurm-förmigen Anhangs beim Menschen I, 22; abnorme Theilnng des menschlichen Wangenbeins I, 107; abnorme Zustände des menschlichen Uterus I, 107; Bestehenbleiben der Stirnnaht beim Menschen I, 107; Verhältniss der Geschlechter beim Seidenspinner I, 276, 277.
Cantharis, geschlechtliche Farbenverschiedenheit einer Art von —, I, 328.
Capital, I, 147.
Capitonidae, Farben und Nisten II, 149.
Capra aegagnis II, 219; Kamm des Männchens II, 248; geschlechtliche Farbenverschiedenheit II, 254.
Capreohis Sibiriens subecaudatas, II, 262.
Caprimulgus, Geräusch von einigen Spe-cies mit den Flügeln hervorgebracht II, 53. I Caprimulgus viryinia»usl Paaren II, 41.
Carabidue, glänzende Farben I, 327.
Carbonnior, über die Naturgeschichte des Hechtes I, 274; relative Grösse der Geschlechter bei Fischen II, 6.
Curcineutes, geschlechtlicher Farbonun-terschied II, 151.
Carduus maenas, I, 297, 299.
Carduelis elegans, Geschlcchtsunterschied des Schnabels II, 33.
Carnivora, See-, polygame Lebensweise
I, 237; geschlechtliche Farbenunterschiede II, 252.
Carr, li., über den Kiebitz II, 40.
Carrier-Tauben s. Botentauben.
Carus, V., über die Entwickelung von Hörnern bei Merino-Schafen I, 256.
Castoreum, II, 245.
Casuar, Geschlechter und Brütung II, 179.
Casuarius galeatus, II, 179.
Cataract bei Cebus azarae I, 9.
Catarrhine Affen I, 170.
Cathartes aura II, 101.
Cliatartesjota, Liebesgeberden des Männchens II, 58.
Catlin, G., Entwickelung des Bartes bei nordamerikanischen Indianeru II, 282; grosse Haarlänge bei einigen nordamerikanischen Stämmen II, 305.
Caton, J. D., Entwickelung der Geweihe bei Cervus virginianusnnü stron-yyloeeros I, 255; Vorhandensein von Geweihspuren beim weiblichen Wapiti II, 215; Kämpfe der Hirsche II, 222; Haarkamm des männlichen Wapiti II, 248; Farben der virginischen Hirsche II, 253; geschlechtliche Far-benunterschiede beim Wapiti II, 253; über die Flecke des virginischen Hirsches II, 266.
Cebus, mütterliche Zuneigung I, 34; Abstufung der Arten I, 200.
Cebus azarae, denselben Krankheiten wie der Mensch ausgesetzt I, 9; verschiedene Laute von ihm hervorgebracht I, 45; frühe Reife des Weibchens II, 279.
Cebus capucinus, polygam I, 235; geschlechtliche Farbenverschiedenheiten
II, 255; Haare am Kopf II, 270.
Cebus vellerosus, Haare am Kopf II, 2.70.
Cecidomyidae, Verhältniss der Geschlechter I, 281.
Cephalopoda, Fehlen seeundärer Sexual-' charactere I, 292.
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368 Cephalopterus. Register. Ch rysomelidae.
Cepluilople.ru>> onuttus II, DO.
„ pe»duUyer II, 51.
Ceramby.t heros, Stridulationsoi'gane I,
338. Ccnttoplwra aspem, Kasenanhänge II, 23. ' „ StoMartii, nasales Ilorn II,
28. Cercerin, Lebensweise I, 325. Cercoeebus actlüops, Backenbart n. s. w.
II, 270. Gercopithecw, junger, von eincni Adler
ergriffen und von der Truppe gerettet
I, 64; Definition von Specics I, 200. Cereopitlwcns cephus, geschlechtlicher
Farbenunterschied II, 250, 272. Cercopitkecus cynosurus und grixeoriridis
Farbe des Scrotmn II, 25G. Cercnpithecns Diana, geschlechtlicher
Farbenunterschied II, 255, 273. Cercopithecus griseo-ciridi*. I, 63.
„ petaurista, Backenbart ti. s. f.
II, 270.
Gerwrtm Temnünckü, Schwellen der Fleischlappen des Männchens während der Werbung II, 61. Cervulus, Waffen II, 226.
„ iiioschatua, rudimentäres Geweihe des Weibchens II, 215. Genua alcus, I, 255.
„ campestris, Geruch II, '246. „ canadensis, Spuren des Geweihes bei Weibchen II, 215; greift einen Menschen an II, 223; geschlechtlicher Farbenunterschied II, 254. Cervus elapihus, Kämpfe der Männchen II, 211; Geweihe mit zahlreichen Enden II, 222. Cervus Eldi, I, 255.
„ mantchuricus, II, 266. „ paludosus, Farben II, 254. „ stronyyloceros I, 255. „ vinjinianas I, 255; Geweihe im Laufe der Modifikation II, 225. Ceryle , das Männchen bei einigen Specics schwarz gebändert II, 151. Cetacea, Nacktheit I, 128. Ceylon, häufiges Fehlen des Bartes bei
Eingeborenen II, 281. Gludeopliapsi indmia, Charactere des
Jungen II, 162. Cludcosoma atlas, Geschlechtsverschie-
denheit I, 328. Glmmaeleon II, 29; Gcschlccbtsnnter-
schiede in der Gattung II, 29. Ghamaeleon bifurcus, II, 29.
„ üirenii II, 29.
CKamaepetesunicolor, modificirte Schwingen des Männchens II, 55. Chapman, Dr., über das Stridulations-vermögen von Scolytus 1, 337.
Chapuis, Dr., über die Ueberlieferung geschlechtlicher Eigenthümlichkeiten hei Tauben 1, 250; über gestreifte belgische Tauben I, 2G0, 11, 137.
Character-e, männliche bei Weibchen entwickelt I, 217; natürliche durch den Menschen künstlich verstärkt II, 308; seeundäre Geschlechts—, durch beide Geschlechter überliefert I, 247.
Charadrlus liwticuhi und pluriuUs, Geschlechter und Junge II, 190.
Chardin, über die Perser II, 313.
Charruas, Freiheit von Scheidungen II, 327.
G7ias)Hor/»//<e/£(<.'<,Farbenunterschiede der Geschlechter II, 67; Farben II, 200.
Gheiroptera, Fehlen seeundärer Sexual-charactere I, 236.
Chelonia, Geschlechtsunterschiede II, 23.
Chenalopex aeyyptiacus, Flügclhöcker II, 39.
Cliera proyne I, 237; II, 105.
ChiasognathuK, Stridulation I, 342.
Chiasoynaihm, Grantii, Mandibeln I, 330.
Chi! oft, Läuse der Eingeborenen I, 193; Bevölkerung I, 198.
Gliimaera monstrosa, knöcherner Fortsatz am Kopfe des Männchens II, 10.
Chimäroide Fische, Greiforgane der Männchen II, 1.
China, Nord-, Ideale weiblicher Schönheit II, 302.
China, Süd-, Einwohner I, 217.
Chinesen, Gebrauch von Füntwerk-zeugen I, 100; Schwierigkeit die Rassen der — zu unterscheiden I, 189; Farbe des Bartes II, 280; allgemeine Bartlosigkeit II, 282; Meinungen über das Aussehen der Europäer und Cin-galesen II, 303, 305; Compression der Füsse II, 306.
Chinsurdi, seine Ansicht von Barten II, 300, 306.
Ghlamydera macalata II, 60.
Ghloeon, gestielte Augen des Männchens
I, 305.
Cldoepliaga, Farben der Geschlechter,
II, 155.
Ghlorocoehm Tatiaua, Abbildung I, 317,
Chorda dorsalis I, 179.
Chromidae, Stirnvorspnmg bei den Männchen II, 11; geschlechtliche Farbenverschiedenheit II, 17.
Clirysemi/s pieta, lange Krallen des Männchens II, 24.
Ghrysococcyx, Charactere der Jungen II, 102.
Chrysomela cerealis, glänzende Farben I, 327.
Glirysomelidae, Stridulation I, 337.
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Cicada. Register. Cranz. 369
Cicada pniino.ia I, 314. „ septcuulecim I, 814.
Cicadae, Gesang 1,313; rudimeiitiire Lautorgane der Weibchen I, 320.
Cichla, Stirnvorsprung des Männchens II, 11.
Cimetiere du Sud, Paris I, 23.
r/w/o!YiM!j»7<?Ls'cn<m/^,bedeutendeGrösse des Männchens II, 07.
Ciuchis aquaticuti, II, 148.
Cingalesen, Meinung der Chinesen über ihre Erscheinung II, 303.
Cirripcdia, complementalc Männchen 1, 224.
Citronenvogel, (Schmetterling) I, 350; Farbenunterschied der Geschlechter I, 364.
Civilisation, Wirkung der — auf natürliche Zuchtwahl I, 148; Wirkung der — bei der Concurrenz der Nationen I, 210.
Claparede, E., Anwendung der natürlichen Zuchtwahl auf den Menschen I, 119.
Clarke, Hochzeitsgebräuche der Kalmücken II, 328.
Classification, I, 164.
Claus, C, über die Geschlechter von Saplärina 1, 301.
Clima I, 99; kaltes —, dem menschlichen Fortschritt günstig I, 145; vermögen extreme Climate zu ertragen I, 209; Fehlen eines Zusammenhangs zwischen — und Farbe I, 213.
Climacteris erythvops, Geschlechter II, 180.
Cloake, Vorbandensein einer — bei den Urerzeugern des Menschen I, 181.
C 1 oakale Oefinung beim menschlichen Embryo I, 13.
Clythra quadripunctata, Stridnlation I, 337.
Cobra, Gescheidtheit einer —, II, 26.
Coccits I, 162, 163.
C o c hin -C h i n a, Begriffe von Schönheit bei den Einwohnern II, 303, 304.
CoeJenterata, Fehlen secundärer Ge-schlochtscharactere I, 288.
Coli bat, unbekannt bei den Wilden vonSüd-Afrika undSüd-Amerikall, 322.
Coleopteva, I, 327; Schilderung der Stri-dnlationsorgane I, 339.
C o 11 in g w o o d, C, Kampflust der Schmetterlinge von Borneo 1, 344 ; Schmetterlinge von einem todten Exemplare ihrer Species angelockt I, 356.
Coloni st en, Erfolg der Engländer als —, I, 156.
Colqubouu, Beispiel von Ueberlegung bei einem Wasserhund I, 40.
DARWIN", Abstammung. II. Zweite Auflage.
CohtHiha fiasserma, Junge II, 1C5.
Col umbia, abgeplattete Köpfe der Wilden II, 21)8.
Colymbits glncialis, anomale Junge II, 185.
Cumpositae, Abstufung der Arten der -, I, 200.
Comtc, C, über den Ausdruck des Ideals der Schönheit durch die Sculp-tnr II, 307.
Condor, Augen und Kamm II, 113.
Conjuga tionen, Ursprung I, 51.
Constitution, Verschiedenheit der —, bei verschiedenen Menschenrassen 1, 190.
C onvergenz I, 203.
Cook, Capt., über die Edlen der Sandwich-Inseln II, 313.
C o p e, E. D., über die Dinosaurier I, 178; über den Ursprung der Gattungen II, 189.
Cophotis ceylanica, geschlechtliche Verschiedenheiten II, 27, 30.
Copris I, 330.
„ Iddis, sexuelle Verschiedenheiten I, 329.
Copris hniaris, Stridnlation I, 338.
Cor allen, glänzende Farben I, 289.
Corallens ch langen, 11, 26.
Gordylns, sexuelle Farbenverschiedenheiten bei einer Species II, 30.
Corfu, Lebensart des Bnchfinken auf -, I, 273.
Cornelius, Verhältniss der Geschlechter bei lAicanus cervux I, 280.
Corpora AVolffiana I, 181; Übereinstimmung mit den Nieren der Fische
I, 13.
Correlation, Einfluss ani die Produc-
tion von Kassen I, 218. Correlative Abänderung I, 112. C o r s e. über die Kampfesart des Ele-
phanten II, 226. Corvm corone, II, 91.
„ graculus, rother Schnabel II, 199. „ pica, Ilochzeitsversainmlungen II,
89. Corydulis cmiwtus, grosse Kinnladen
des Männchens I, 306. Cosmetornis, II, 158.
„ vexiUarius, Verlängerung der
Schwungfedern II, 62. 83. Cotinr/idae, Geschlechtsunterschied I,
237; Farben der Geschlechter II, 155;
Aehnlichkeit der Weibchen verschiedener Species II, 168. Cottus scorpius, Geschlechtsunterschied
II, 7.
Cabro cribrarius, erweiterte Tibien I, 307. C ranz, über die Vererbung der Geschicklichkeit beim Robbenfang I, 101. 24
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370 Crawfurd. Register. Dasychira.
Crawfurd, Zahl der Menschenarten
I, 199. Crevilalirus- massa und G. melops, Ne-'
ster II, IG. Crhwide.a, eonvplicirter Bau 1. 52. Crioceridue, Stridnlation I, 337. Crocodile, Moschusgernch während
der Paarungszeit II, 24. Crocodilia, II, 24. Gmssoptilou aarüurii, II, 80, 144, 171 ;
Schmuck beider Geschlechter I, 257;
Geschlechter gleich II, 155. Crotch, G. R., Stridulation bei Käfern
I, 337; 340; Stridnlation von Helio-patheß I, 340; Stridnlation von Acal-les I, 342.
Cruatacea, amphipode, Männchen schon jung geschlechtsreif II, 189; parasitische, Verlust der Füsse bei den Weibchen I, 224; Greiffüsse und -Antennen I, 22G; Männchen lebendiger als das Weibchen I, 240; Parthenogene-sis bei —, I, 282; secundäre Ge-schlechtscharacterel, 294; Gehörhaare
II, 292.
Cr y stalle von einigen central-afrika-nischen Frauen in der Unterlippe getragen II, 299.
Cnlicidae I, 224, 312.
Cnllen, Dr., über den Kehlsack der männlichen Trappe II, 50.
C ultiv ation von Pflanzen, wahrschein-
, lieber Ursprung der —, I, 145.
Cupples, Mr., Zahlenverhältniss der Geschlechter bei Hunden, Schafen und Rindern I, 270; über den schottischen Hirschhund II, 229; geschlechtliche Vorliebe bei Hunden II, 238, 239.
Curculionidae,, geschlechtliche Verschiedenheit der Schnabellänge 1,225; horn-artigo Vorsprünge bei Männchen I, 333; musikalische —, I, 33(3, 338.
Cnranres, vergleichsweiser Mangel geschlechtlicher Unterschiede I, 238.
Cnrtis, J., Vcrhältniss der Geschlechter bei Athalia I, 281.
Cuvier, F., das Erkennen von Frauen seitens der Affen I, 10.
Cuvier, G., Ansichten über die Stellung des Menschen I, 165; über In-stinet und Intelligenz I, 30; Zahl der Schwanzwirbel beim Mandrill I, 130; Stellung der Robben I, 1GG; über Hec-tocotyluß I, 292.
Gyanalcyon, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 151 ; unreifes Gefieder II, 165.
Oj/cwfec«rfasiieeiC«,Gesehlechtsuuterschied II, 171.
Cy citrus, Laute hervorgebracht von — 'I, 340.
Cycnia mendica, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 354.
Cygnus ferus, Trachea II, 51. „ ülor, weisse Junge IT, 185.
CijHo Ledtt, Unstätigkeit der Augenflecke II, 116.
Gynanthun, Abänderungen in der Gattung II, 110,
Ci/nipidac, Verhältniss der Geschlechter I, 281.
Cynoceplmlu«, Verschiedenheit der Jungen von den Alten I, 11; männliche — erkennen Frauen I, 10; polygame Lebensweise 1, 235.
Gynocephalus chuema I, 34. „ gclada I, 43.
„ hamitdryas 1,43; geschlecht-
licher Farbenunterschied II, 256.
Gynoeephalus, leucoplms, Farben der Geschlechter II, 256.
Cynoceplialwsvwrmoit, Farben des Männchens II, 256, 260, "72.
Gynocephalus porcarius, Mähne des Männchens II. 234.
Gypridina, Verhältniss der Geschlechter
I, 282.
Gyprinidae, Indische II, 14. G'y^>'mo(?(m£idrte,Geschlechtsunterschicde
II, 5, 7.
Cyprinus auratns, II, 13.
„ phoxinas, Laichen II, 13. Cyprits, Verhältniss der Geschlechter I,
282. Cyatophora cristata, Kappe II, 244.
D.
Dacelo, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 151.
Dacelo Gmulichaudii, junges Männchen II, 165.
Dal-Ripa, eine Art von Schneehuhn
I, 272.
Damalis albifrons, eigenthümlicheZeichnung II, 2G4.
Damalig pygarga, eigenthümliche Zeichnung II, 264.
Damhirsch, verschieden gefärbte Heer-den II, 259.
Davaidae, I, 345.
Daniell, Dr., Erfahrungen von einem Aufenthalt in West-Afrika I, 216.
Darfur, künstlich erzeugte Protuberanzen bei den Einwohnern von —,
II, 298.
Darwin, F., über die Stridnlation von
Dermestes murinus 1, 337. Dasychira pudibunda, geschlechtlicher
Farbennnterschied I, 354.
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Daumen. Register. Drosseln. 371
Daumen, Fehlen des —, bei Ateles und
llylöbates I, 121. Davis, A. IL, Kampfsucht des männlichen Hirschkäfers I, 334. Davis, J. B., Schädelinhalt hei verschiedenen Menschenrassen 1, 12G; über die Barte der Polynesier II, 282. De Cando 11 e, Alph., Fall von vererbter Fähigkeit die Kopfhaut zu bewegen I, IG. Declination en. Ursprung I, 151. Decticus, I, 317. De Ge e r, C., über eine weibliche Spinne,
die vier männliche vertilgt I, 303. Dekay, Dr., über die Klappmützenrobbe II, 244. Delphine, Nacktheit der —, I, 128, D em erara, gelbes Fieber in —, 1, 215. Dendrocygnu IT, 162. Dendrophila frontalis, Junge II, 193. Denny, H,, über die Läuse der Haus-
tkiere I, 193. Vermestes murinti«, Stridulation I, 337. Desmarest, Fehlen der Suborbitaldrü-sen bei Antilope subgutturosa, II, 246; Backenbart von Macacus II, 249; Farbe des Opossum II, 251; Farben der Geschlechter von Mus mtmtus II, 252; Färbung des Ocelot II, 252 ; Farben der Robben II, 252; über Antilope cttima II, 254; über die Farben der Ziegen II, 255; über sexuelle Verschiedenheiten bei Ateles marginatus TT, 255; über den Mandrill II, 256; über Macacns cynomolgus II, 279. Desmoulins, Zahl der Menschenarten I, 199; über das Moschusthier II, 247. Desor, über das Nachahmen der Menschen durch Affen I, 30. Despine, über Verbrecher ohne Gewissen I, 79. Devonische Formation, fosäile Iusec-
ten I, 321. IHadema, geschlechtliche Verschiedenheiten der Färbung I, 346. Diadema anomala, Nachäffung seitens
des Weibchens I, 367. Diadema bollna I, 368. Diamant käfer, I, 327. Diastema, Vorkommen beim Menschen
I, 109. Diastylidae, Verhältniss der Geschlechter I, 282. Dicrurus, spatelförmige Federn bei —,
IL 63; Nestbau II, 146. Dicrurus macrocercus, Veränderung des
Gefieders II, 156. Didelphis opossum, geschlechtlicher Far-
benunterschied II, 251. Dinio rphismu s bei weihlichen Was-
serkäfern I, 307; bei Neurothemis und Agrion I, 324.
Di no s aurier I, 178.
Diodorus, über das Fehlen des Bartes bei den Eingeborenen von Ceylon II, 281.
Dipelieus Cantori, Sexualverschiedenheit
I, 329. Diplopoda, Greiffüsse der Männchen I,
304.
Dipaas cyvodon, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 25.
Diptera I, 311.
Dixon, E. S., Lebensweise des Perlhuhns I, 238; über das Paaren verschiedener Arten Gänse II, 99; über die Werbungen des Pfaues II, 105.
Dobrizh offer, über die Ilochzeitsge-bräuche der Abiponen II, 329.
Dolichocephaier Bau, mögliche Ursache 1, 128.
Domestication, Einfluss der — auf Entfernung der Unfruchtbarkeit der Bastarde I, 195.
Domesticirte Thiere, Rassen I, 202; Veränderungen der Rassen II, 325.
D'Orbigny, A., über den Einfluss der Feuchtigkeit und Trockenheit auf die Hautfarbe I, 213; über die Yuracaras
II, 305. Double day, E., geschlechtliche Verschiedenheiten in den Flügeln der Schmetterlinge I; 308.
Doubleday, H., Verhältniss der Geschlechter bei den kleineren Motten
I, 278; Herbeilocken der männlichen Lasiocawpa quercus und Saturnia car-pini durch das Weihchen I, 278; Verhältniss der Geschlechter bei den Le-pidoptem 1, 279; über das Klopfen von Anobium tessellatum I, 342; über den Bau von Ageronia feronia I, 345; über weisse Schmetterlinge, die auf weisses Papier znfliegen I, 356.
D o u gl a s, J. W., Geschlechtsuntersehiede der Ilemiptern I, 312; über die Farben britischer Homoptern I, 314.
Draco, Kehlanhänge II, 28.
Dragonet, gemmeous, der Engländer
II, 6. Drill, geschlechtlicher Farbennnter-
schied II, 256. Dromaeus irroratvs II, 179. Dromolaea, Sahara-Species II, 150. D roivgo-Würger II, 156. Drongos, spatelförmige Schwanzfedern
II, 63, 71. Drosseln, Paarnng mit einer Amsel
II, 99; Farben und Nestbau II, 148;
Charactere der jungen —, II, 161 193. 24*
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372 Drüscnöffnungen. Register. Elimination.
Drüsenöf finnigen, Zalilenverliältiiiss zu den Haaren heim Schaf I, 219.
Dryopithecns, 1, 174.
Dugong, Stosszähne II, 212; Nacktheit I, 128. '
Dnjardin, über die relative Grösse der Cerebralganglien hei Insccten I, 125.
Duncan, Dr., üher die Fruchtbarkeit früher Heirathen I, 151.
Dunenkleid der Vögel II, 09.
Dupont, M., über das Vorkommendes supracondyloiclen Lochs am menschlichen Oberarmbein 1, 24.
Durand, J. F., Ursachen der Abänderung I, 98.
Dureau de la Malle, üher den Gesang der Vögel I, 46; über das Erlernen eines Liedes von Amseln II, 47.
D u va n c el, weiblich er Hylobates wäscht seine Jungen I, 34.
Dyaks, setzen Stolz in blossen Mord I, 80.
Dynastes, bedeutende Grösse der Männchen I, 310.
Dynastmi, Stridulation I, 339.
Dytiscus, Dimorphismus der Weibchen I, 307; gefurchte Elytren des Weibchens I, 307.
E.
Eber, wilder, polygam in Indien I, 126;
Gebrauch der Stosszähne II, 225;
Kämpfe II, 231. Echkbia I, 175.
Eclüni, glänzende Farben einiger I, 289. Echinoüermata, Fehlen von seeundären
Sexualcharacteren I, 288. Ecker, A., Abbildung des menschlichen
Embryo I, 12; geschlechtlicher Unter-
chied im menschlichen Becken II, 278;
Anwesenheit eines Sagittalkammes bei
Australiern II, 279. Eckzähne, beim Menschen I, 108;
Verkleinerung der — beim Menschen
I, 124; Verkleinerung derselben bei Pferden I, 125, Verschwinden derselben bei männlichen Wiederkäuern I, 124; grosse — in den frühen Urerzeu-gern des Menschen I, ISO, umgekehrte Entwickelung der— und Hörner 11,226.
Eäeniata, frühere weite Verbreitung in Amerika I, 192; Fehlen von seeundären Sexualcharacteren I, 236.
Edolius, spatelförmige Federn bei —
II, 03.
Edwards, Mr., Verhältniss der Geschlechter bei nordamerikanischen Spe-cies von Papilio I, 276.
Egerton, Sir Ph., über den Gebrauch der Geweihe der Hirsche II, 222; über.
das Paaren des Edelhirsches II, 230; über das ISeilen der Hirsche II, 242.
Eh e,Entwickelung der —, II, 317; com-iminale — n II, 315, 317.
Ehescheidung, Freiheit — der bei den Charruas II. 327.
Ehre, Gesetz der —, I, 85.
Ehrenberg, C. G., über die Mähne des männlichen Hamadryas-Pavians II, 235.
Ehrgeiz der Singvögel II, 45.
Eichelhäher, Junges II, 184; Junges des Canada- —, II, 184; finden verwittwet neue Gattenil, 90; unterscheiden Personen II, 90.
Eichen des Menschen I, 11.
Eichhorn, Kämpfe der Männcheu II, 210; geschlechtlicher Unterschied der Farbe beim -afrikanischen —, II, 251; schwarzes —, II, 258.
Eidechsen, relative Grösse der Geschlechter II, 27; Kehlsäcke II, 27;
Einbildungskraft, Vorkommen derselben bei Thieren 1, 38.
Eingeweide, Variabilität der — beim Menschen I, 94.
Eisente, langschwänzige, Vorliebe des Männchens für gewisse Weibchen II, 100.
Ei s vogel, II, 48; spatelförmige Federn im Schwänze eines —s, II, 63.
Ei s vö g el, Farben und Nestbau II, 149, 151, 153; unreifes Gefieder II, 105; 166, Junge II, 183.
Ekströni, M., über Harelda glacialis II, 106.
Elachistarufoe'merea, Gewohnheiten des Männchens I, 278.
El and-Antilope, Entwickelung der Hörner I, 256; geschlechtliche Farbenunterschiede II, 253.
Elaphomyia, Sexualverschiedenheiten I, 312.
Elaphrus uli/jinosiis, Stridulation I, 338.
Elaps II, 26.
Elateridac, Verhältniss der Geschlechter I, 280.
Elater, leuchtende Arten I, 309.
Elephant, I, 175; Nacktheit I, 128; Verhältniss der Zunahme 1, 110; polygame Gewohnheiten des indischen I, 236; Kampfsucht des Männchens II, 211; Stosszähne II, 213, 218, 219, 227; Art des indischen zu kämpfen II, 225; Geruch des männlichen II, 246; greifen Schimmel an II, 259.
Elevation des Wohnorts, modificiren-der Einfluss I, 104.
Elimination untergeordneter Individuen I, 150.
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Elk. Register. Eulanipis. 373
Elk II, 219; Winterkleid des— ,11,3X2.
Elk, irischer, Hörner II, 227.
Ellice-Inseln, Barte der Eingeborenen If, 282, 30G.
Elliot, R., Zablenverhältnisse der Gc-schlechter junger Hatten I, 271; Ver-hältniss der Geschlechter bei Schafen I, 270.
K11 iOtt, I). G., über l'eleconxs erythro-rkynclms II, 68.
Elliott, Sir W., über die polygamen Gewohnheiten des wilden indischen Ebers I, 230.
Ellis, über das Herrschen des Kindes-mords in Polynesien II, 320.
Elph inst one, über Localverschieden-heiten der Grösse bei den Hindus I, 99; über die Schwierigkeit, die eingeborenen Rassen von Indien zu unterscheiden I, 189.
Elritze, Verhältniss der Geschlechter
I, 275.
E 1 ster, Sprachvermögen'I, 50: stiehlt glänzende Gegenstände II, 97; Iloch-zeitsversammlungen II. 89; findet neue Gatten II, 89; Junge II, 1S3; Färbung
II, 202.
Elterliche Zuneigung theihveises Resultat natürlicher Zuchtwahl I, G8.
Eltern, Alter der — , hat Einfluss auf das Geschlecht der Nachkommen I, 2G8.
Emberiza, Caractere der Jungen II, 161.
Emberiza miliuriaj II, 161.
„ schoenichts II, 90; Kopffedern des Männchens II, 82.
Embryo des Menschen I, 11, 12; des Hundes I, 12.
Em bryonen der Säugethiere, xVehnlich-keit derselben I, 25.
Emu; Geschlechter und Brüten II, 179.
Energie, charakteristisch für den Menschen II, 287.
England, Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Geburten I, 266.
Engländer, Erfolg der — als Colo-nisten I, 156.
Engleheart, Mr., Staarc finden bald neue Gatten II, 92.
Ente, Stimme der —, II, 51; Paarung mit einer Brandente II, 99; unreifes Gefieder II, 164.
Ente, wilde, Sexualverschiedenheiten I, 237; Spiegel und männliche Charac-tere I, 257; paart sich mit der Spicss-enlo II, 99.
Enten, erkennen Hunde und Katzen II, 9G; wilde werden unter theilweiser Domestication polygam I, 238.
Enterich ,Paarungsgefieder des —,11,72.
Entfaltung, Färbung der Lepidoptern zur — , I, 352; — des Gefieders von männlichen Vögeln II, 73, 82.
Entomostraca I, 299,
Entozoa, Farbenunterschied zwischen Männchen und Weibchen I, 288.
Ent Wickelung, embryonale, des Menschen I, 11, 13; correlative II, 113.
Entwickeln ngshemmunge n I, 104.
Entzündung der Eingeweide kommt vor bei Cebus Azarac I, 9.
Eoccn, mögliche Divergenz des Menschen während der -periode I, 174.
Eolidne, Farben durch die Gallendrüsen hervorgebracht I, 290.
Epeira I, 302.
,, nigra, geringe Grösse des Männchens 1, 303.
Ephemeridac I, 304, 322.
Epltemerina I, 281.
Epldppiger Vitium, Stridulationsorgane I, 317, 320.
Epicalia, geschlechtlicher Färbungsun-terschied I, 340.
EqitHs liemimm, Winteränderung II, 262.
Erateina, Färbung I, 354.
Ernährung, reichliche, beeinflusstwahr-scheinlich das Paaren von Vögeln verschiedener Species II, 101.
Erziehung, Wirkung der — auf die geistige Verschiedenheit der Geschlechter beim Menschen II, 288.
Eseh rieht, D. F., über die Entwicke-lung der Haare beim Menschen I, 20; über einen wollhaarigcn Schnurrbart bei einen weiblichen Fötus I, 21; Fehlen einer Grenze zwischen Kopfhaut und Stirn bei einigen Kindern I, 1G7; Anordnung des Haares beim menschlichen Fötus I, 1G8; Behaartsein des Gesichts beim menschlichen Fötus beiderlei Geschlechts II, 333, 335.
Esel, Farbenvariationen II, 268.
Eskimos I, 13G, 145; ihr Glaube an die Vererbung der Geschicklichkeit beim Robbenfang I, 101; Lebensweise I, 217.
Esmerulda, Farbenunterschied der Geschlechter I, 328.
Esox luciiia I, 274. „ reliculatus II, 11.
Estrelda amandava, Kampfsncht des Männchens II, 41.
Enbiujh, geschlechtlicher Farbenunterscbied der Species I, 346.
Euchirua longimaw<s, Laut hervorgebracht .von — ,1, 339.
Endromins morinelhm Tl, 178.
Evlmttyrin juijultiris) Farben des Weibchens II, 147.
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3T4 Euler. Register. Federn.
Euler, über die Bevölkerungszunahme in den vereinigten Staaten I, 113.
Eumomota supcrciliaris, spateiförmige! Schwanzfedern II, G3.
Eupetamenamacroura, Farben des AVeib-chens II, 146.
Euphemia splmcMda II, 152.
Enplocavius eryihruphthalmus, Sporne beim Weibchen II, 39.
Eitploea midama.i, wird vom "Weibchen von Diadewa anomakinachgeäfft I, 307.
Europa, alte Bewohner I, 200.
Europäer, Verschiedenheit der — von den Hindus I, 212; Behaartsein wahrscheinlich Folge des Rückschlags II. 334.
Eitrostopochis, Geschlechter II, 180.
Eurygnathux, verschiedene Grössenver-hältnisse des Kopfes in den Geschlechtern I, 30S.
Euslephanttx, geschlechtliche Verschiedenheiten bei Species von —, 11, 33; Junge II, 194.
Exogamie II, 317, 320.
Eyton, T. C, Beobachtungen überEnt-wickelung des Geweihes beim Damhirsch I, 255.
Eyzies, Ies, menschliche Beste von — , I, 209.
F.
Fahre, M., über die Gewohnheiten von Crrceris I, 325.
Fähigkeiten, geistige, Abänderungen in derselben Species I, 30; Verschiedenheiten bei derselben Menschenrasse
I, 94; Vererbung I, 95; Verschiedenheit bei Thieren derselben Art I, 94;
. der Vögel II, 94. Fakirs, indische, erlittene Martern I, 82. Valco leucocephahis, II, 91 18S.
„ peregrinm, II, 91, 15G.
„ tiiimtnculus II, 91. Falconer, H., über die Kampfesweise
des indischen Elephanten II, 225; über
Eckzähne bei einem weiblichen Hirsch
II, 226; über JTfjOnMsahus luiuaticns II, 267.
Falkland-Inseln, Pferd der —, I, 208.
Fallen, von Thieren gemieden I, 41; Gebrauch von—, I, 118.
Farbe, muthmaasslich von Licht und "Wärme abhängig I, 100; Correlation der — mit Immunität gegen gewisse Gifte und Parasiten I, 214; Zweck der — hei Lepidoptern I, 355; Beziehung der — zu den Sexualfunctionen bei Fischen II, 12; Verschiedenheit der — in den Geschlechtern der Schlangen II, 24; geschlechtliche Verschieden-
heiten hei Eidechsen 11, 30; Einfluss auf das Paaren von Vögeln verschiedener Species II, 100; Beziehung zum Nestbau II, 145, 150; sexuelle Verschiedenheiten bei Säugethieren 11,251, 258; Wiedererkennung der — von Säugethieren II, 259; — der Kinder verschiedener Menschenrassen II, 278; — der Haut des Menschen 11, 335. F arbe n, gleich von Menschen und Thieren bewundert 1, 54; glänzende — , Folge der geschlechtlichen Zuchtwahl I, 2S9; glänzende — unter den niederen Thieren I, 288, 289; glänzende — protectiv für Schmetterlinge und Motten I, 352; helle — bei männlichen Fischen II, G, 11; Ueberliefernng der — von Vögeln II, 139. Färbung, protektive, bei Vögeln II, 19G. Farre, A., über die Structur des Uterus I, 106; über die Wirkungen der Ausschweifungen I, 150; über den Einfluss der Ileirathen auf die Sterblichkeit I, 153. Fa IT ar, F. W., über den Ursprung der Sprache 1, 47; über das Kreuzen oder Verschmelzen von Sprachen 1, 51 ; Fehlen der Idee von Gott bei gewissen Menschenrassen I, 55; frühe Heirathen der Armen I, 151; über das Mittelalter I, 155. Fasan, polygam I, 238; Erzeugung von Bastarden mit dem Haushulm II, 10G, uud Birkhuhn II, 99; unreifes Gefieder II, 164. Fasan, Kalij-, Trommeln des Männchens
II, 53. Fasan, Reeve's, Länge des Schwanzes
II, 144. Easan, Sömmerring's II, 13G, 144. „ Tragopan- II, 61; Entfaltung des Gefieders vom Männehen II, 78; Zeichnungen der Geschlechter II, 117. Fasan, Wallich's II, 80, 171, Fasanen, Periode des Eintritts männlicher Charactere in der Familie I, 257; Verhältniss der Geschlechter bei Küchlein I, 272; Länge des Schwanzes II, 136, 143, 144. Faye, Prof., Zahlenverhältnisse der männlichen und weiblichen Geburten in Norwegen und Russland I, 2G7; über die grössere Sterblichkeit der Knaben bei und vor der Geburt I, 2G7. Federn, modificirte, bringen Laute hervor II, 54 flgde., 142; verlängerte bei männlichen Vögeln II, G2, 83; spateiförmige II, 63; fahnenlose und mit fadigen Fahnen bei gewissen Vögeln I!, 63; Abstossen der Ränder II, 73.
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Feder fahnen.
Federfahnen, fadige, bei gewissen Vögeln II, 63.
Federkämme bei Vögeln, Verschiedenheiten der Geschlechter II, 165.
Federkrone, Ursprung derselben bei polnischen Hühnern I, 251.
Fe hlgeburten I, 1 IG.
Feldsklaven, Verschiedenheit von den' Hanssclaven I, 217.
Feli.-i canadaiftis, ITalskragen II, 234. „ paräalis und F. mitis, geschlechtliche Verschiedenheiten der Färbung II, 252.
Fenmr und Tibia, Verhältniss ihrer Grösse bei den Aymaras I, 103.
Ferguson, Mr., über die Werbungen des Huhns II, 103.
Ferse, geringes Vorspringen der— bei den Aymaras 1,103.
Feuchtigkeit des Climas, vermeintlicher Eiurluss auf die Hautfarbe I, 100, 213.
Feuer, Gebrauch desselben I, 118, 159, 20(5.
Feuerland, Hochzeitsgebräuche II, 328.
Feuerländer I, 145, 158; geistige Fähigkeiten I, 28; quasi-religiöse Empfindungen I, 57; Kraft des Gesichts I, 102; Geschicklichkeit im Steinwerfen I, 119; Widerstand gegen ihr rauhes Clima I, 135, 209; Grösscnverschieden-heiten bei ihnen I, 99; Lebensweise
I, 217; Aehnlichkeit in geistigen Merkmalen mit Europäern 1, 204; Widerwille gegen Ilaare im Gesicht II, 305; i
sollen europäische Frauen bewundern ]
II, 307.
Feu erstein-Stücke, Schwierigkeit sie zu formen I, 120.
Feuerstein-Werkzeuge, Gebranch 1, 160.
Fiber zibethkus, protective Färbung II, 261.
Fieber, Imnrunität der Neger und Mulatten gegen —, I, 214.
Fiji-Inseln, Eingeborene der —, begraben ihre alten und kranken Eltern lebendig I, 05; Barte derselben II, 282, 306; Schätzung des Bartes II, 306; bewundern ein breites Hinterhaupt II, 308; Hochzeitsgebräuche II, 328.
Filum terminale I, 24.
Finger theilweise verwachsen bei Spe-cies von Kylohates I, 121; überzählige, häufiger bei Männern als Frauen 1, 243; Erblichkeit der überzähligen I, 252; deren frühe Entwickelung I. 258.
Foramen. 375
Finken, spateiförmige Federn im Schwänze eines —, II, 63; Frühjahrsänderung des Gefieders II, 73; Weibchen der britischen —, II, 169.
Finlavson, über die Cochinchinesen II, 303.
Fischer, Kainpfsneht des männlichen Lelhrus cephalotes I, 335.
Fische, Verhältniss der Geschlechter ,
I, 274; Gier des Männchens I, 240; Nieren durch Wolff'sche Körper ersetzt I, 13; Männchen die die Eier in der Mundhöhle brüten I, 183 ; Brut-taschen für die Eier 1, 224; relative Grösse der Geschlechter II, 5; Süss-wasser-----der Tropen II, 14; protective Aehnliehkeiten II, 15; Nestbau II, 16; Laichen II, 16; Laute von — n hervorgebracht II, 19. 290; beständiges Wachsthum II, 189.
Flecke, in ganzen Gruppen von Vögeln auftretend II, 115; Verschwinden der — bei erwachsenen Säugethieren II, 266.
Fledermäuse, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 252.
Fleischlappen, männlichen Vögeln beim Kampfe nachtheilig II, 84.
Fletschmuskeln I, 109.
Flexor pollicis longus, Variation beim Menschen I, 111.
Fliegenschnäpper, Farben und Nestbau II, 148.
Florida, Quiscalus major in —, 1, 274.
Flösse, Gebrauch der I, 118, 206.
Flow er, W. H., über den Abductor-Muskel des fünften Metatarsus bei Affen I, 111; über die Stellung der Bobben I, 166; über den Kehlsack der männlichen Trappe II, 49.
Flügel, Verschiedenheit der — in den beiden Geschlechtern der Schmetterlinge und Hymenoptern I, 308; Spiel der — bei der Werbung der Vögel
II, 81.
Flügeldecken der Weibchen von Dy-tiscus. Aciliut-; Hyäroporus I, 307.
Flügelsporne II, 141.
Flunder, Färbung der —, II, 15.
Flüsse, Analogie der — mit Inseln I, 178.
Flussschwein, afrikanisches, Stoss-zähne und Schwarten II, 234.
Foetus, menschlicher, wolliges Haarkleid I, 21; Anordnung der Haare I, . 168.
Foramen, supracondyloides, ausnahms-weises Vorkommen beim Menschen I, 23, 112; bei den Urerzeugern des Menschen 1, 180,
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376
Korbes.
Register.
Galton.
Forbes, D., über die Aymara - Indianer
I, 103; über locale Farben Variation bei den Quechnas I, 217; über die Haarlosigkeit der Aymaras und Quechnas II, 283; über das lange Haar der Aymaras und Quechnas II, 280.
Forel, F., über junge weisse Schwäne
II, 18G.
Forelle, Verhältnis« der Geschlechter
I, 275; Kampfsucht des Männchens
II, 2 (s. auch Bull-trout).
Formica rufa, Grosse der Gehirnganglien I, 125.
Fort pflanzung, Erscheinungen der—, dieselben bei allen Säugethieren I, 10.
F o rtp f I anzung s orga n e, rudimentäre Bildungen bei den —n, I, 25; aeees-sorische Theilc I, 181.
Fortschritt in, der organischen Stufenleiter I, 184.
Fossile, Abwesenheit solcher, die den Menschen mit den Affen verbinden I, 175.
Fox, W. D., über einige halbgezähmte Wildenten, die polygam werden, und über Polygamie beim Perlhuhn und Canarienvogel I, 238: Verliältniss der Geschlechter beim Bind I, 271; über die Kampfsucbt des Pfauhalins II, 30; Hochzeitsversammlnng von Elstern II, 89; Krähen finden neue Gatten II, 91; Rebhühner zu dreien lebend II, 93; Paaren einer Gans mit einem chinesischen Gänserich II, 100.
Francesco, B., über die Affenähnlich-keit des Menschen I, 3.
Frankreich, Zahleiiverhältnisse männlicher und weiblicher Geburten 1, 2G7.
Fräser, C, verschiedene Farben der Geschlechter bei einer SqmUa I, 301.
Frauen, von männlichen Affen erkannt
I, 10; Ueberwiegeu an Zahl 1, 2(18: Wirkungen der Wahl von — je nach dem verschiedenenMaassstab für Schönheit II, 312; Gewohnheit— zu fangen
II, 317, 320; frühes Verloben und Sklaverei II, 322; Auswahl der Schönheit wegen II, 327; Auswahl bei wilden Stämmen II, 327,
Fritigilla eannabina II, 73.
„ ciris, Alter des unreifen Gefieders II, 187. Fringilla cyanca, Alter des unreifen Gefieders II, 187. Fringilla leueophrys. Junge II, 191. „ fipmus 11, 100. „ tristis, Frübjabrsänderung II. 73; Junge II, 190. Fringillidae, Aehiilichkeit der Weibchen verschiedener Species II, 1(18.
Frösche II, 21; temporäre Bruttascheu bei den Männchen 1, 221; vor den Weibchen zur Fortpflanzung bereit I, 229; Stimmorgane II, 23.
Früchte, giftige, von Thiercn gemieden I, 30.
F ü c li s e, Bedachtsamkeit der jungen — in Jagddistricten I, -12; schwarze II, 258.
Fulgoridae, Gesang I, 313.
Furchtsamkeit, Variabilität der — in derselben Species I, 33.
F n ss, Greif-, der Urerzeuger der Menschen I, 180; Grcifverrnögen bei einigen Wilden erhalten I, 122.
Füsse, Modifikation der — beim Menschen I, 122; Verdickung der Sohlen-haut I, 101.
G.
Ga beiborn-Antilope, Homer I, 256.
Galle, bei vielen Thieren gefärbt I, 290.
Gallen an Pflanzen I, 131.
Gallicrex, Geschlechtsunterschied in der Farbe der Iris II, 112.
Gallicrex cristatm, Kampfsucbt des Männchens II, 31: rothe Carunkeln beim Männchen in der Paarungszeit II, GS.
Gallinaceae, Häufigkeit polygamer Lebensweise und sexueller Unterschied II, 238; Waffen der Männchen II, 37; Liebesgeberden II, 58; spateiförmige Federn auf dem Kopfe II, G3; aufgelöste Federn II. 63; Streifen der Jungen II, 161; comparative Geschlechts'-verschiedenheiten bei den Arten II 168. 170; Gefieder II, 171.
Gallinula chloropns, Kampfsucht des Männchens If, 31.
Galtoperdix, Sporne II, 39; Entwicke-lung von Spornen beim Weibchen II, 142.
Gallophasis, Junge JI, 16G.
Gallufi bankiva II, 138; Halssichelfedeni II, 72.
Galhis Stanlcyi, Kampfsucbt des Männchens II, 37.
G a 11 o n, Mr., über den Kampf zwischen socialen und persönlichen Antrieben I, 89; über erbliches Genie I, 95; über die Wirkungen natürlicher Zuchtwahl auf civilisirte Xatiouen I, 145; über die Unfruchtbarkeit einziger Töchter I, 148; über den Fruchtbarkcitsgrad genialer Menschen I, 149; über die frühen Heirathen Armer I, 151; über die alten Griechen I, 154.; über das Mittelalter I, 155; über den Fort-
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Gammanis. Register. Geoffroy St. Hilafre. 377
schritt der Vereinigten Staaten I, 150; über südafrikanische Ideen von Schönheit II, 304.
Gammarm, Gebrauch der Scheeren 1,297. „ mariuas I, 299.
Ganoiäei I, 178, 180.
Gans, antarctische, Färbung II, 200;
Canada-----, Paarung mit einem ISer-
nikelgänsericb II, 99; Chinesische, Schnabelhöcker II, 113; ägyptische IT, 39; Scbneegnns, Weisse II, 200; Seba-stopol-, Gefieder II, 64; spornflüglige 11, 39.
Gänse, Rufe ziehender — II, 43; Paaren verschiedener Species II, 99, Canada-----, Wahl der Gatten II, 102.
G aonr, Ilörner II, 217.
Gardner , Reispiel von Nachdenken bei einem Gehmmu* I, 300.
Garruhis gltiiularius, II, 90.
Gärtner, Sterilität hybrider Pflanzen I, 190.
Gasteropoila. I, 291; Werbungen der lun-genathmendeu I, 291.
ÜMtm-ostem I, 239; Nestbau II, IG. „ leiiirua II, 2, 12, IG.
,, hwlwHs II, 2.
Gartropliora, Flügel unten glänzend gefärbt 1, 353,
Gauchos, Mangel an Humanität 1, 87. . Gaudry, M., über einen fossilen Affen I, 172.
Gaumenspalte, vererbte I, 104.
Giema, Aenderung des Gefieders nach der Jahreszeit II, 200.
Geberdensprache I, 205,
Gebrauch und Nichtgebrauch vonThei-len, Wirkungen 1, 100; Einflnss derselben auf die Menschenrassen I, 21.8.
Geburten, Zahlenverbältniss der Geschlechter bei Thieren und Menschen
I, 232, 234.
Geburtsstätte des Menschen I, 173.
Gedächtniss, Offenbarung von — bei Thieren I, 37.
Gedanken, Coutrole der —, I, 87.
Gefieder, Vererbung von Aenderungen bei Hühnern I, 248: Neigung zu analoger Abänderung II, G3: Entfaltung des — s von männlichen Vögeln II, 73, 82; Veränderungen in Bezug zur Jahreszeit II, 157; unreifes —, II, 1G0, 163 ; Farbe im Vcrhältniss zum Schutz
II, 19G.
Gegenbaur, C, über die Zahl der Finger bei Ichthyosauriern I, 108; über den llermaphroditismus der Ur-erzeuger der Wirbelthiere I, 181.
Gehirn, des Meuschen, l'ebereinstim-mtmg mit dem niederer Thiere 1,8;
Windungen beim menschlichen Fötus I, 13; bei jetztlebenden Säugethieren grösser als beider«) tertiärenPrototypen 1, 42; Vcrhältniss seiner Entwickelung zum Fortschritt der Sprache I, 48; Krankheit die Sprache afficirend I, 49: Einflnss der Entwickelung geistiger Fähigkeiten auf seine Grösse I, 125; Einfluss seiner Entwiekelnng auf Wirbelsäule und Schädel I, 127; Verschiedenheit der Windungen bei verschiedenen Rassen des Menschen I, 190.
Gehorsam, Werth des —s, 1, 141.
Geier, Wahl eines Gatten durch das Weibchen II. 101; Farben II, 201.
Geist, Verschiedenheit des —es beim Menschen und den höchsten Thieren I, 90 ; Aehnlichkeit desselben bei verschiedenen Kassen I, 205.
Geistige Charactere, Verschiedenheit bei verschiedenen Menschenrassen I, '190.
Geistige Fähigkeiten, Abänderungen in derselben Species I, 30, 94; Verschiedenheit in derselben Menschenrasse I, 94; Vererbung I, 95; Aehnlichkeit derselben in verschiedenen Menschenrassen I, 204; bei Vögeln II, 94; verschieden in den beiden Geschlechtern des Meuschen II, 286.
Gdasimux, Gebrauch der vergrösserten Scheeren des Männchens 1,297; Kanipf-sucht des Männchens T, 299; Verhält-niss der Geschlechter in einer Species I, 282; verständige Handlungen I, 300; Farben Verschiedenheiten dorGeschlech-ter einer Art I, 301.
Gemsen, Warnungssignale I, 63; Ue-bertragung männlicher Charactere auf ein altes Weibchen II, 215.
Gemüth serregungen, von niederen Thieren gemeinsam mit dem Menschen empfunden I, 33; von Thieren gezeigt I, 35.
Genesis I, 284.
Genie II, 287; erblich I, 95; Fruchtbarkeit der Leute von —, I, 149.
Geoffroy St. Hilaire, Isid., über das Erkennen von Frauen durch männliche Affen I, 10; Vorkommen eines rudimentären Schwanzes beim Menschen I, 24; über Monstrositäten I, 97; über thierähnliche Anomalien im menschlichen Hau 1, 107; über die Correla-tion von Monstrositäten I, 112; über die Vertbeilung des Haares bei Menschen und Affen I, 129; über die Schwauzwirbe] der Affen I, 130; über correlative Variabilität I, 131; über
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378 Geographische. Register. Glareola.
die Classification des Menschen I, 162; über das lange Haar am Kopfe von Semiiopithemis I,' 167; über das Haar bei Affen I, 1C9; über die Entwicke-feing eines Geweihes bei weiblichen Hirschen II, 215 ; und F. Cnvier, über den Mandril] II, 256; über Hißnhates II, 270, 280.
Geographische Verbreitung als Beweis specifischer Verschiedenheit beim Menschen I, 218
Geometme, unten glänzend gefärbt 1, 354.
Geoplirtgu*. Stirnprotuberanz des Männchens II, 11. 17; Eier vom Männchen in der Mund- oder Kiemenhohle ausgebrütet II, 17.
Georgia, Farhenverändernng der in — niedergelassenen Deutschen I, 217.
Geotnipes, Stridulation I, 33S, »40.
Gerbe, über den Nestbau von Creni-Uihrux nvwfi und C. wlojis II, 16.
Gerland, Dr., über das Herrschen des Kindesmords I, 80, II, 302, 320; über das Aussterben von Rassen 1, 209, 210.
Geruch, Correlation mit der Hautfarbe
I, 218; von Schlangen während der Paarungszeit II, 25; von Sätigethieren
II, 245.
Geruclisinn, beim Menschen und bei Thieren I, 19.
Gervais, P., über das Behaartsein des Gorilla I, 129; über den Mandrill II. 256.
Gesang, der Cicaden und Fulgoriden I, 313; der Laubfrösche 11. 23; der Vögel, Zweck desselben II, 44; — männlicher Vögel von den Weibchen gewürdigt I, 53; Kehlen des —s bei brillant gefiederten Vögeln II, 81; — von Vögeln II. 142.
Geschlecht, Vererbung beschränkt durch I, 251.
Geschlechter, Zahlcnverhältniss der i — beim Menschen I, 266, II, 2S1; ' wahrscheinliches Verhältniss der — i beim Urmenschen II, 319.
Geschlechtliche Merkmale, Wirkungen des Verlustes I, 251; Beschränkung I, 251.
Geschlechtliche Aehnlichkeit I, 244.
Geschlechtliche Verschiedenheiten beim Menschen I, 11.
Geschlechtliche nnd natürliche Zuchtwahl gegeneinander gehalten I,' 245.
Geschlechtliche Zuchtwahl, Erklärung I. 225, 230,-239; Eiufluss auf die Färbung der Lepidoptern 1, 359; ihre Wirkung beim Menschen II, 234.
Geschmack bei den Quadrumanen II, 260.
Geselligkeit, wahrscheinliche, der Urmenschen T, 134; Einfluss der — auf
die Kntwickelung intellectueller Fähigkeiten I, 139; Ursprung der — beim Menschen I, 140.
Ge selligkeits trieb, hängt mit dem Pflichtgefühl zusammen I, 60; — bei Thieren I, 67, 68, 73; — beim Menschen I, 71.
Gesellschaft, Erhaltung der für die — nützlichen Abänderungen durch natürliche Zuchtwahl I, 134.
Gesicht, Erblichkeit eines kurzen und weiten I, 102.
Gesi c ht sk noch en, Ursache von deren Modification 1, 127.
Geweihe der Hirsche II, 213, 218, 227; — und Eckzähne entwickeln sich im umgekehrten Verhältniss II, 226 ; Entwickelung bei Hirschen I, 255.
Gewissen I, 73, S9; Fehlen des —s bei manchen Verbrechern I, 79.
Gewissensbisse. I, 77, -78; Fehlen bei Wilden I, 142.
Gewohnheiten, schlechte, durch Vertrautheit erleichtert I, 87; Variabilität der Stärke der —, I, 159.
Gespensthe n schrecken, werden . Blättern ähnlich I, 369.
Gihb, Sir I)., Verschiedenheiten der Stimme bei verschiedenen Menschenrassen' II. 290.
Gibbon, Hoolock-, Nase desselben1,167.
Gibbons, Stimme der — II, 243.
Gicht, geschlechtlich überliefert I, 259.
G i fte von Thieren vermieden 1, 41; Immunität gegen — in Correlation mit Farbe 1, 214.
Giftige Früchte und Kräuter von Thieren vermieden I, 30.
Gimpel, Geschlechtsverschiedenheiten I, 237; Pfeifen II, 44; Gesang des Weibchens II, 46; Werbungen II, 81; verwittwete finden neue Gatten 1!, 92; greift einen Rohrsperling an II, 96 ; Geschlechter der Nestlinge durch Ausrissen von Brustfedern bestimmt II, 188; unterscheiden Personen II, 96; Eifersucht des Weibchens II, 106.
Giraffe, stumm, .ausgenommen in der Brunstzeit II, 241 ; Art ihre Hörner zu brauchen II, 241.
Girau d- Ten Ion, über die Ursache der Kurzsichtigkeit I, 102.
Girren der Tauben II, 52.
Glareola, doppelte Mauserung II, 69.
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Glöckner. Register. Gray. 379
Glöckner-Vogel, geseblecbtlicher Far-benunterscbied I, 07.
Glomeris limliatu, geseblecbtlicher Far-benuntersebied I, 304.
Glucken der Hübner II, 43.
Gl übwurm, weiblicher flügellos I, 224 ; Leuchtkraft I, 308.
Gnu, geschlechtlicher Farbcminterschied II, 254.
Godron, über VariaLilität I, 97; über Verschiedenheit der Körpergrösse I, 1)9; Mangel eines Zusammenhangs zwischen Clima und Hautfarbe 1, 213; Geruch der Haut I, 219; Färbung der neugebornen Kinder II, 279.
G nldadler, verwittwet findet neue Gatten II, 91.
G ohl d i s t e 1 f i nk <amerikanischer Stieglitz), Junge II, 190.
Golddrosseln, Farbe. Nestbau u. s. f. II. 140.
Goldfasan, das Männchen entfaltet das Gefieder II, 76; Geschlecht der Jungen durch Ausreisseil von Kopffedern bestimmt II, 188 ; Alter des reifen Gefieders II, 187.
Goldfische TI, 13.
Gold seh nepfe, II, 177, 178.
Gmnpltw, Verhältniss der Geschlechter I, 281; Verschiedenheiten der Ge-1 schlechter I, 323.
G-onepteryx filtamni, 1, 350; geschlechtlicher Farbenunterschied T, 364.
Goodsir. J„ Verwandtschaft des Am-phioxus mit den Ascidien I, 179.
Gorilla II, 283; halbaiifrechte Stellung I, 122; Zitzenfortsätze I, 124; Richtung des Haars am Arme I, 168; vermutbliche Entwicklung I, 203; Polygamie T, 235, IT, 318; Stimme II, 243; Schädel II. 279; Kämpfe des Männchens II, 284.
Gosse, Y. II-, Kampfsucht des mann-1 liehen Kolibris II, 34.
Gosse, M., Vererbung künstlicher Mo-dificationen des Schädels 11, 335.
Gott, Fehlen der Idee von — bei einigen Menschenrassen I, 55.
Gottesgericht I, 58.
Gould, B. A., Abänderungen in der Länge der Beine beim Menschen I, 93: Messungen amerikanischer Soldaten I, 98, 100; Körperverhältnisse und Lungencapacität bei verschiedenen Rassen 1, 190; geringere Lebenskraft der Mulatten I, 195.
Gould, J., Ankunft männlicher Schnepfen vor den Weibchen I, 229; Zah-ienverhältnisse der Geschlechter bei Vögeln T, 272; über Neomorplta II,
33; über Arten von Fuxtephaiut.s II; 33; über die australische Moschusente II, 32; relative Grösse der Geschlechter bei Bizittva lobida und Ciiiclo-rampliii.i crwalia II, 37; über Lobi-vamtitix lolmtitx 11, 41; Gewohnheiten der Metwra Atbati II, 17; Seltenheit des Gesangs hei brillanten Vögeln H, 48; über Mu.if>hrrus pldtijctreus II, 56: über die Laubenvögel 11, 59, 89; über das ornamentale Gefieder der Kolibris!], 07; Mausern desSchneehuhns II, 71; Entfaltung des Gefieders bei männlichen Kolibris II, 74; über die Scheuheit geschmückter männlicher Vögel II, S4, Verzierung der Lauben der Kragenvögel 11, 98; Verzierung der Nester der Kolibris II, 97; Abänderungen in der Gattung Cijmtnthus II, 110; Farbe der Schenkel eines männlichen Papagey 11, 110; über ürosticte Haijamini II, 132, 133; Nestbau der Golddrossel IT, 116; trübe gefärbte Vögel, die versteckte Nester bauen Tl, 147; über Trogons und Eisvögel II, 149; über australische Papageyen II, 152; über australische Tauben II, 153 ; Mausern des Schneehuhns II, 158; über das unreife Gefieder bei Vögeln II, 163 flgde.; über die australischen Species von Turnix TI, 170; die Jungen von Atthunts pohjtmus II, 193; Farben des Schnabels der Toukans II, 199; relative Grösse der Geschlechter der Beutelthiere Australiens II, 228; überdieFarbendei'Marsupialienll, 251.
Goureau, Stridulation der Mutilla eu-ropuca I, 320.
Graba, über gescheckte Raben auf den Färöern II, 110; über die gebänderte Lumme IT, 111.
Gmllinae, Nestbau TT, 147.
Gratiolet, über die anthropomorphen Affen I, 171; Entwickehmg der anthropomorphen Affen I, 203.
Gray, Asa, Abstufung der Species der Compositen 1, 200.
Gray, J. E., über die Schwanzwirbol der Affen T, 130; Vorhandensein von Geweihrudimenten bei CertnduH ma-scliattix II, 215; über die ITörner von Ziegen und Schafen II, 217; über den Bart des Steinbocks II, 248; über die Berbura-Ziege I, 250; Geschlcchts-unterschied der Farbe bei Nagern II, 251; über die Farben des Elands II, 253; über die Sing-Sing-Antilope II, 254; über die Farben der Ziegen II, 255; über den Schweinshirsch II, 266.
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380 Green. Register. Hamilton.
Green, A. IL, über Biberkämpfe II, 210; über die Stimme des Bibers II, 243.
Greg, W. H., über die frühen Herrathen Armer I, 151; über die alten Griechen I, 155; über die "Wirkung der natürlichen Zuchtwahl auf civilisirte Nationen I, 145.
Grenadiere, preussische I, 9G.
Griechen, die alten I, 154.
Gr ille, Feld-, Stridulation 1,316; Kampfsucht des Männchens I, 321.
Grille, Haus-, Stridulation I, 315, 310.
Grill on, geschlechtliche Verschiedenheiten I, 322.
Grösse, relative der Geschlechter der Insecten I, 309.
Gross ten Glücks, Princip des—, 1,84.
Gruber, über das Vorkommendes supra-eondyloidcn Lochs beim Menschen I, 23.
Grünfinke, von einem weiblichen Ca-narienvogel gewählt II,'100.
Grus amerieamis, Alter d?s reifen Gefieders II, 187; Fortpflanzung im unreifen Gefieder II, 188.
Grus viryo, Luftröhre bei II, 51.
Gryllus eampeslris, 1, 310; Kampfsucht des Männchens I, 321.
Gryllus dam est ic ins I, 815, 310.
Grifjmz, geschlechtliche Verschiedenheiten des Schnabels II, 33.
Guanacos, Kämpfe II, 210; Eckzähne IT. 220.
Guanas, Kämpfe um Frauen II, 284: Polyandrie bei den —, II, 321.
G uanche-Skelette, Vorkommen des! supracomlyloiden Lochs am Oberarm I, 24.
Guaranys, Verhältniss der Männer zu den Franen I, 2G8; Farbe der Neugeborenen II, 279; Barte II, 282.
(ine nee, A., über die Geschlechter von Hyperythra I, 277,
Guilding, L., Stridulation der Locusti-den I, 315.
Gui n ea-Schaf, Böcke allein gehörntl,250.
Günther, A., über Hermaphroditismus bei Serraruts I, 1S2; über männliche Fische, die die Eier im Munde brüten
I, 184; II, 17; über die Verwechselung gelter Weibchen mit männlichen Fischen I, 274; über die Klammerorgane männlicher Plagiostomen II, 2; Kampfsucht der Männchen von Lachs und Forelle II, 2; relative Grösse der Geschlechter beiFischen II, 0; Geschlechtsverschiedenheiten bei Fischen II, G, flgde; über die Gattung CalUoiiywus
II, 7; über eine protective Aelmlich-keit einer Meeniadel II, 15; über die Gattung Solmostoma II, IS; über Mc-
galophrys montana II, 22, über die Färbung von Fröschen und Kröten II, 22; über Geschlechtsunterschiede hei ' Ophidiern 11,24; über Geschlechtsunterschiede bei Eidechsen II, 27 flgde. Gynanlsa Isis, Augenflecke II, 115.
IL
Haar, Entwickelung des —s beim Menschen I, 20; Char'actere desselben ver-muthlich von Licht und Wärme bestimmt I, 100; Yertheilung beim Menschen 1, 129; II, 330; möglicherweise zu ornamentalen Zwecken entfernt I, 149; Anordnung und Richtung I, 107; — der JJrerzeuger des Menschen I, 180; verschiedene Textur hei verschiedenen Rassen I, 190; — und Haut, Correlation ihrer Farben I, 21S; Entwickelung bei Säugethicren II, 247; Tragen des —s hei verschiedenen Völkern II, 29S; grosse Länge bei einigen nordamerikanischen Stämmen II, 305: Verlängerung des —s, auf dem menschlichen Kopfe 11, 335.
Ilaare und Drüsenöffnnngen, numerisches Verhältniss hei Schafen I, 219.
Haarige siamesische Familie II, 332.
IIaarkämme , dorsale, bei Säugethieren II, 24S.
Habichte, ernähren verwaiste Nestlinge 11, 93; ein — von einem Ivampfhahn getödtet II, 37.
Häckel, E., über den Ursprung des Menschen I, 3; über rudimentäre Cha-ractere I, 14; über Eckzähne beim Menschen I, 109; Tod durch Entzündung des wurmförmigen Anhangs verursacht I, 23; Stufen auf denen der Mensch Zweifüsser wurde I, 122; über den Menschen als Mitglied der Cata-rhinen I, 173; über die Stellung der Lemuriden I, 17G; über Genealogie der Säugethiere I, 177; über den Amphio-xus I, 179; über Transparenz pelagi-seber Tutore I, 289; über die. musikalischen Kräfte der Frauen II, 296.
Ilagen, IL, und B. D. Walsh, über amerikanische Neuroptern I, 281.
Hahn, blinder, von seinen Genossen ernährt I, G5; zieht junge Hennen vor II, 106.
Haifische, Klammerorgane der Männchen II, 1.
Hamad ryas-Pavian, dreht Steine um I, 03: Mähne des Männchens IL 235.
Hamilton. C., über die Grausamkeit der Kauern gegen Thiere I, 81; über
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Hämmern. Register. Hipparchia. 381
das Aufkaufen der Frauen durch die Kafferhäuptlinge II, 824.
Hämmern, Schwierigkeit des I, 1 H).
Hancock, A., über die Farben der nn-dibranchcn Mollusken I, 293.
Hände, hei der Geburt von Arbeiterkindern grösser I, 101; Bau der — bei den Affen I, 120; — und Anne, ihre Freiheit indirect in Correlation mit Verminderung der Eckzähne I, 121.
Handschrift erblich I, 49.
Handwerk, afficirt die Form des Schädels I, 127.
Hänfling, Zalilenverhältniss der Geschlechter I, 273; carmoisine Stirn und Brust II, 73; Werbung II, 81.
Harcour t, ~E. V., über Fringitta ean-nabina II, 73.
Jhirelda glacialk II, 106.
Harlan, Dr., über die Verschiedenheit zwischen Haus- und Feldsklaven I, 217.
IIa rlekin-Ente, Alter des reifen Gefieders II, 188; Fortpflanzung im unreifen Gefieder II, 187.
Harris, J. M., über die Beziehung von Teint zu Clima I, 21G.
Harris, T. W., über die Katy-did-Heu-schrecke I, 315; Stridulation der Heuschrecken I, 319; über Oectuitlius nivalis I, 322; Färbung der Lepidop-tern I, 353; Färbung der Saturnia Jo I, 354.
Hartman, Dr., über den Gesang der Cicada septemdeeim I, 314.
H as e,protectivcFärbungII,262;Kämpfe der Männchen II, 210.
II ä s s 1 i c h k e i t, soll eine Annäherung an niedere Thiere sein II, 310.
Haughton, S., über eine Abänderung des Flexor pollicis longus beim Menschen I, 111.
Haussklave n, Verschiedenheit von den Feklsklavcn I, 217.
Haut, Bewegung der —, I, IC; Nacktheit beim Menschen I, 128; Farbe der —, I, 213; —und Ilaare, Correlation der Farbe I, 218.
Hayes, Dr., über das Auseinandergehen der Schlittenhunde auf dünnem Eis I, 39.
Hearne, Kampf um Frauen bei den nordamerikanischen Indianern II, 281; über den Begriff nordamerikanischer Indianer von weiblicher Schönheit II, 302; wiederholtes Davonlaufen einer nordamerikanischen Indianerfrau II, 327.
Hecht, Männchen vom Weibchen verschlungen I, 274; brillante Farben des
amerikanischen —s während der Paarungszeit II, 11. jfectocoti/lttx I, 292. liegt, M., Entwhkolung von Spanien
bei Pfauen \, 257. ; Ileirath en, Einrluss auf die Moral I, 82; Enthaltung von — unter Wilden
I, 115; Einflnss auf Sterblichkeit I, 153; frühe I, 151. 152.
lleliconidae, 1, 345; werden von anderen Schmetterlingen nachgeäfft I, 366.
llcliopatlies, Stridulation dem Männchen eigenthüinlich I, 340.
JFeliothrix auriculata, Junge II, 165, 166.
Hdix pomatia, Beispiel individueller Anhänglichkeit I, 291. I Hell ins, J., Verhältniss der Geschlechter bei von ihm erzogenen Lepidop-tern I, 280,
Hehnholtz, über das Schwingen der Gehörhaare bei .Oustaceen II, 292.
Hemiptera 1, 312.
llemitragus, bartlos in beiden Geschlechtern II, 248.
Hengste, Mähne der—, II, 235; zwei greifen einen dritten an I, 63; Kämpfe
II, 211; kleine Eckzähne II, 227. He p burn, Mr., über den Herbstgesang
der Wasseramsel II, 46.
JTepialus Imniuli, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 355, 358.
H e r m a p h r o d i t i s m u s der Embryonen
I, 181.
llerodias bnbulcus, Frühjahrsmauserung
II, 72.
Heron, Sir R., Lebensart der Pfauhühner II, 104, 105, 133.
Herz im menschlichen Embryo I, 13.
Hettterina, VerschiedenheitderGeschlech-ter 1,323; Verhältniss der Geschlechter I, 2S1.
Heterocerns, Stridulation I, 337.
Heuschrecken, Stridulation I, 316, 317,318; glänzend gefärbte von Eidechsen und Vögeln verschmäht I, 322.
Ilewitt, Mr., ein Kampfhahn tödtet einen Habicht II, 37; Enten erkennen Hunde und Katzen wieder II, 9G; Paarung einer Wildente mit einem Spiess-enterich II, 100; Werbung der Hühner II, 102, Taarung der Fasanen mit gemeinen Hennen II, 106.
Hindus, Entsetzen beim Brechen ihrer Kaste I, 85, 88; locale Grössenver-schiedenheitcu I, 99; Verschiedenheiten von Europäern I, 212; Farbe des Bartes II, 280.
Hipparcldn Janira, Unstätigkeit der Augenflecke II, 116.
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382 Hippa r chiae. Register. Humboldt.
Jlipparehiae I, 345.
llippocampus, Entwickelung I, 183 ; mar-supiale Tasche des Männchens II, 18. Hippopotcmma, Nacktheit I, 128. Hirsche, Flecke junger —, II, 161, 266; Geweihe II, 214, 260; Gebrauch des Geweihs II, 222, 231; Grösse des Geweihs IT, 227; Weibchen paart sich mit einem Männchen, während die andern uin sie kämpfen II, 236; Männchen durch die Stimme des "Weibchens augelockt II, 243; Geruch des Männchens II, 246; Entwickelung des Geweihs 1, 251; Geweihe eines —s im Zustande der Modificirung II, 224; lange Ilaare an der Kehle der männlichen II, 235; Kämpfe der —, II, 211; Geweihe mit zahlreichen Enden II, 222; Geschrei II, 241; Haarkamm II, 248. Hirsch, mantcburisehcr II, 266.
„ ' virginischer II, 266; Farbe nicht durch die Castration bccinflusst II, 253; Farben II, 254. Hir schhu nd,schottischer,bedeutendere
Grösse des Männchens II, 229. Hirschkäfer, bedeutende Grösse des Männchens I, 310; Waffen des Männchens I, 334; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 280. Hodgson, S., über das Pflichtgefühl
I, 60. Hoffberg, über das Geweihe des Ren-thiers II, 214; geschlechtliche Vorliebe beim Benthier II, 239. Holland, Sir II., über die Wirkungen
neuer Krankheiten 1, 210. Holländer, Beibehaltung ihrer Farbe
in Süd-Afrika. I, 213. Homologe Bildungen, correlative Abänderung solcher T, 112. Tlomoptera I, 313; Stridulation der —
und Orthoptera erörtert I, 321. Honduras, Quiscalus major in —, I,
274. Honig-Bussard in Indien, Abänderung
des Federkamms II, 110. Honigs auger, Mausern II, 71; australische, Nestbau II, 147 (s. auch Nee-, tarinidae und Melipliagulae). Hooker, J. D., über die Farbe des
Barts beim Menschen II, 280. Hoo lock-Gibbon, Nase I, 167. Hop fens pilin er, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 355, 358. Hoplopterus anmtus Flügelsporne II, 41. Hörne, C, glänzend gefärbte Heuschrecken von Eidechsen und Vögeln verschmäht I, 322. II ör n er, geschlechtliche Verschicdeuhci-
ten der -^- bei Ziegen und Schafen I, 250; Verlust der — beim weiblichen Merino-Schaf I, 251; Entwickelung der - bei Antilopen I, 255; — am Kopfe und Thorax männlicher Käfer I, 328.
Romrabe, afrikanischer, Aufblasen des Halsfleischlappens 11, 61.
I-Iornvögel, geschlechtlicher Farbenunterschied der Augen II, 112; Nestbau und Brütung II, 147.
Hottentotte n, Eigentliümlichkeiten der Frauen I, 109: Läuse I, 193; werden leicht Musiker' II, 293; Begriffe von weiblicher Schönheit II, 303; Zusammendrücken der Nase II, 308.
Iluber, 1'., über das Spielen der Ameisen I, 33; Gedächtniss der Ameisen I, 38; Mittheihmg der Ameisen untereinander I, 49; Wiedererkennung von einander bei Ameisen nach Trennung I, 325.
Huc, über «Chinesische Ansichten vom Aussehen der Europäer II, 302.
Hüften, Verhältniss der — bei Matrosen und Soldaten I, 101.
Huhn, Vorkommen von Spornen bei der Henne I, 247; Kampf-, frühe Kampfsucht I, 261; polnisches, frühe Entwickelung der Eigenthümlichkeiten des Schädels I, 261; Abänderungen im Gefieder II, 63; Beispiele correlativer Entwickelung II, 113; Rassen und Unterfassen des domesticirten —, II, 155.
Hühner, gefütterte Hamburger I, 248, 261; sexuelle Eigenthümlichkeiten nur demselben Geschlecht überliefert I, 250; Verlust seeundärer Sexualcharac-terc beim Männchen I, 251; Vererbung von Aenderungen des Gefieders I, 248; polnische, Ursprung der Haube 1, 251; Periode der Vererbung von Characte-ren I, 260; Kukuks-, I. 261; Entwickelung des Kammes 1, 261; Zahlenver-hältniss der Geschlechter I, 272; Bewerbung II, 102; Bastard von einem schwarzen spanischen Huhn und verschiedenen Hennen II, 114; Verschiedenheit der Geschlechter bei den gestrichelten Hamburgern II, 138; Geschlechtsunterschied des Kamms bei spanischen II, 138; Sporne in beiden Geschlechtern II, 141. nmanität unbekannt bei einigen Wilden I, 81; Mangel bei einigen Wilden I, 86.
umboldt, AI. v., über den Verstand der Maulesel I, 40; über einen Fapa-gey, der die Sprache eines untergegangenen Stammes bewahrte 1, 208; die kosmetischen Künste Wilder II, 297,
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Hume. Register. Jacquinot. 383
298; über das Uebertreiben natürlicher j Merkmale durch den Menschen II, 30S; über das rothe Bemalen amerikanischer Indianer II, 309.
Hume, D., über sympathetische Empfin-dungen I, 72.
Humphreys, IL N., Gewohnheiten des Stichtags 1, 239, II, 2.
Hunde, leiden an Wechselfieber I, 10; Gedächtniss 1,37; Fortschritt der dorne- sticirten — in moralischen Eigenschaften I, 42; verschiedene Laute I, 45; Parallelismus zwischen der Liebe der — zu ihrem Herrn und religiösem Gefühl I, 57; Geselligkeitstrieb I, 62; Sympathie eines — s mit einer kranken Katze I, 65; Sympathie mit seinem Herrn I, 65; möglicher Gebrauch der Ilaare an den Vorderbeinen I, 168; Kassen der —, I, 202; gehen auseinander, wenn sie Schlitten über dünnes Eis ziehen I, 39; träumen I, 38; üben Verstandeskräf'te aus I, 40; besitzen Gewissen I, 66; Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Geburten
I, 269; sexuelle Zuneigung zwischen Individuen II, 237; heulen bei gewissen Tönen II, 292; wälzen sich in Aas
II, 247. Hunde, junge, lernen von Katzen ihr
Gesicht zu putzen I, 37.
Hunger, Instinct des —, I, 76.
Hungersnöthe häufig bei Wilden I, 115.
Hunnen, die alten, Abplatten der Nase II, 308.
Hunter, J., Zahl der Menschenarten [ I, 199; über secumläre Sexualcha-ractere 1, 223; über das allgemeine Benehmen weiblicher Thiere wahrend der Werbung I, 241; Kehlkopfmuskeln der Singvögel II, 47; gekräuseltes Stirnhaar des Bullen U, 248; ein weibliches Zebra verschmäht einen Eselhengst II, 259.
Hunter, W. W,, über die neuerliche rapide Zunahme der Santali 1, 115; über die Santali I, 212.
Hussey, Mr., über ein Rebhuhn, das Personen unterschied II, 96.
Hutchinson, Col., Beispiel von Ucbcr-legung bei einem Wasserhund I, 40.
Ilutton, Capt., über den wilden Ziegenbock und sein Fallen auf seine Hör-uer II, 219.
Huxley, Th. IL, Uebereiustimmuug des Menschen und Affen im Bau I, 2; Ue-bereinstimmung des Gehirns des Menschen mit. dem niedere]' Thiere I, 8; über das erwachsene Alter des Orang
I, 11; über die Embryonalentwickelung des Menschen I, 11; über den Ursprung des Menschen I, 3, 13; über Abänderungen im Schädel der Einge-geborpnen von Australien I, 93; über den Abductor des fünften Metatarsus bei Affen I, 111; über die Stellung des Menschen I, 16(1; über die Unterordnungen der Primaten I, 170; über die Lemuriden I, 176; über die Dinosaurier I, 178; über Verwandtschaft der Ichthyosaurier mit Amphibien I, 178; über die Variabilität des Schädels gewisser Menschenrassen I, 199; über die Rassen des Menschen I, 202.
Hybride Vögel, Erzeugung solcher,
II, 99. Hydrophobie, übertragbar von Thie-
ren auf Menschen I, 9.
Hydroportis, Dimorphismus der Weibchen I, 307.
Hyelaplius porcinua II, 266.
Hygrogonus II, 17.
Hyla, singende Species II, 23.
Hylobates, mütterliche Zuneigung I, 34; Fehlen des Daumens I, 121; aufrechtes Gehen einiger Species 1, 123; Richtung des Haars an den Armen von Species von —, I, 168; Weibchen unten weniger behaart als Männchen n, 280.
Hylobates agllls I, 121; Haare an den Armen I, 1G8; musikalische Stimme II, 243; Augenbraucnleiste II, 279; Stimme II, 291.
Hylobates Uoolock, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 255; Nase I, 107.
Hylobates toi, 121; Haare an den Armen I, 168.
Hylobates leuciscus 1, 121.
Hylobates syndactyhts I, 121; Kehlsack II, 243.
Hymenopter, ein parasitisches, mit sedentären Männchen I, 241.
Jlymenoptera I, 325; bedeutende Grösse der Cerebralganglien I, 125; Classification I, 104; sexuelle Verschiedenheiten in den Flügeln I, 30S; bestachelte, relative Grösse der Geschlechter I, 310.
Hyoniosclius aquaticus II, 207.
Hyperi/thra, Verhältnis der Geschlechter I, 277. i Hypogymua dispar, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 354.
Hypopyra, Färbung T, 353.
I.
Jacquinot, Zahl der Menschenarten I, 199.
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384 Jäger. Register. Insecten.
Jäger, Dr., Schwierigkeit, Ileenlcn wilder Tliiere zu bexchleichcn I, 6S; Län- j gcnwaelis-thuiu' der Knochen I, 100; ; Vcrschniähung eines Silberfasans mit verdorbenem Gefieder 11, 105.
Jaguars, schwarze 11, 258.
Jahreszeit, Farbenveräiidernng bei Vögeln je nach der —, II, 08: Aende-rtiug des Gefieders in Bezug auf die —, 11, 157; Vererbung zu entsprechender —, I, 249.
Jansen, E. W., Verhältnis» der Geschlechter bei Tomicns mllosim I, 281; über stridulirende Käfer I, 337.
Japan, Ermutli'igung der Lüderliclikeit
I, llfi.
Japanesen, allgemeine Bartlosigkeit II, 282; Widerwille gegen Backenbärte
II, 30U.
Jardine, Sir W.. über den Argus-Fa- i san II, G2, 84. '
Jarrold, Dr., Modifikationen des Schädels durch unnatürliche Stellungen her-1 beigeführt I, 127.
Javanesen, relative Grösse der Geschlechter II, 281; Begriffe von weiblicher Schönheit II, 304.
Ibis, scharlachner, Junges II, 183; weisser, Farbenveräiidernng der nackten Haut während der Paarungszeit II, 08; aufgelöste Federn II, 63; weisser II, 200; schwarzer II, 202.
Ibis tantalus, Alter des reifen Gefieders II, 187; Fortpflanzung im unreifen Gefieder II, 188, 189.
Ielmeumonidae, Verschiedenheit der Ge-! schlechter I, 320.
Ichthyoptery/jia I, 108.
ldiiliyosauvui I, 178.
Ideen, allgemeine I, 52.
Idioten, mikrocephale, Nachalimungs-vermögen I, 47; ihr Cliaracter und I Lebensart I, 104.
Jeffreys, J. Gwyn, über die Form der , Schale bei den Geschlechtern der Ga-steropoden I, 291; über den Einfluss des Lichts auf die Farben der Schnecken-schalen I, 292. ~
Jenner, Dr., Schwalben verlassen ihre Jungen I, 71; über die Stimme des Raben II, 52; Elstern finden neue Gatten II, 90; Verzögerung der Generationsorgane bei Vögeln II, 93.
Jenyns, L., Schwalben verlassen ihre Jungen I, 71; männliche Vögel singen [ nach der eigentlichen Zeit II, 93.
Jerdon, Dr., über das Träumen der Vögel I, 38; über die Kampflust des männlichen Bulbul II, 34; über die Kainpfsucht der männlichen Ortygar-
nis (fukttis II, 37, 38; über Spornen bei Ouiloperdix II, 39; über Gewohnheiten von Lobimmüug II, 41; über den Löftclreiher II, 51; über das Trommeln des Kalij-Fasans II, 54; über indische Trappen II, 50; über OUx bengalensix II, 59; über die Ohrbüschel von Syphrotiiles awitm II, 03; über die doppelte Mauserung gewisser Vögel II. 70; über das Mausern der Honigsauger II, 71; über das iMausern von Trappen, Regenpfeifern und Drongos II, 72; über die Frülijahrsände-rung in der Farbe einiger Finken II, 73; über die Entfaltung der Reize männlicher Vögel II, 74; über die Entfaltung der untern Sehwanzdeckfedern vom männlichen Bulbul II, S2; über den indischen Honigbussard II, 110; übergcschlechtliclieFarbenunterschiede in den Augen der Hornvögel II, 112; über die Zeichnungen des Tragopan-fasans II, 117; über den Nestbau der Pirole II, 146; über den Nestbau der Hornvögel II, 147; über die gelbe Sultanmeise II, 152; über Palaeornis ja-vanicus II, 157; über das unreife Gefieder von Vögeln II, 162 flgde.; über stellvertretende Vogelarten II, 160; über Lebensweise von Turnix II, 177; über die beständige Zunahme der Schönheit des Pfauen II, 189; über Färbung in der Gattung Palaeornis II, 202.
Jevons, W. S-, über die "Wanderungen des Menschen I, 117.
Iguanas II, 27.
Illegitime und legitime Kinder, Verhältniss der Geschlechter I, 207.
Implacentata I, 177.
Iudecenz, Hass der, eine moderne Tugend I, 82.
Indianer, nordamerikanische, geehrt um das Scalpiren eines Menschen andern Stammes I, 80.
Indien, Schwierigkeit die eingebomen Rassen zu unterscheiden I, 189; Oy-priniden von —, II, 14; Bartfarbe des Menschen II, 280.
Individualität I, 52.
Individuation I, 284.
Imlopicus cavlotta, Farben der Geschlechter II, 152.
Inferiorität, vermeintliche, physische des Menschen I, 135.
Inquisition, Einfluss der —, I, 156.
lnsect, fossiles, aus der devonischen Formation I, 321.
Insecten, relative Grösse der Cerebral-ganglien I, 125; männliche, ihr Erscheinen vor den Weibchen I, 229;
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Insectivora. Register. Kant. 385
Verfolgen des Weibchens durch die Männchen I, 240; Periode der Entwicklung secundärer Sexualcharactere I, 2ö8; secundäre Sexualcharactere 1, 305; Stridulation II, 290.
Insectivora, Fehlen secundärer Sexualcharactere I, 23G.
Iiisessores, Stimmorgane II, 55.
Instinct und Intelligenz I, 30.
Instincte I, 30; complexer Ursprung durch natürliche Zuchtwahl I, 31; möglicher Ursprung einiger —, I, 32; erlangte — domesticirter Thiere I, 07; Variabilität der Kraft der —, I, 70; Verschiedenheit der Kraft socialer und anderer I, 70, 89; zu neuen Zwecken benutzte II, 291.
Instinctive Antriebe, Verschiedenheit ihrer Kraft I, 74, 70; — und moralische, Verbindung beider I, 71.
Instinctive Thätigkeiton, das Resultat von Vererbung I, 07.
Instrumentalmusik der Vögel II, 53, 50.
Intellect, Emfiuss auf die natürliche Zuchtwahl in civilisirter Gesellschaft I, 149.
Intellectueile Fähigkeiten, ihr Ein-fluss auf natürliche Zuchtwahl beim I Menschen 1, 137; wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl vervollkommnet
I, 139.
Intelligenz, H. Spencer über das
Dämmern der —, 1, 31. Johnstone, Lieut., über den indischen
Elephant I, 230. Jollofs, schöne Erscheinung der —,
II, 314.
Jones, Alb., Verhältniss der Goschlech-
„ ter bei erzogenen Lepidoptern I, 280.
Iphias glaucippe I, 351.
Iris, geschlechtlicher Farbenuntorschied bei Vögeln II, 02, 112.
Iris (Schmetterling) I, 344, 315.
Ischiopub ischer Muskel I, 110.
Ilhaginix cruentits, Zahl der Spornen II, 39.
Juan Fernandez, Kolibris von —, II, 194.
Juden, alte, Gebrauch von Fenerstcin-werkzeugen I, 100; Gleichförmigkeit der — in verschiedenen Theilen der Erde I, 213; Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Gehurten bei den —, I, 207: alte — tättowirten sich II, 298.
JVZHSjtarsale Sauger dosMünm-hens 1,304.
Jinmnia, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 347.
Jupiter, griechische Statuen II, 307. |
UAitwiN. Abstammnus'. II. Zweite Auflage.
K.
Käfer I, 327; Grösse der Cerebralgang-lien 1, 125; Erweiterung der Yorder-tarsen bei Männchen I, 307; blinde —,
I, 327; Stridulation I, 337; leuchtende Larve eines —, I, 309.
Kaffee, Vorliehe von Affen für — I, 9.
Kaffern, Grausamkeit gegen Thiere I, Sl; Läuse I. 193; Vorkommen des Diastema au einem -Schädel I,' 109; Farbe der—, II, 314; Aufkaufen der hübschesten Frauen durch die Häuptlingen, 324: Heirathsgebräuche II, 328.
Kakadus, II, 199, 200; Nestlinge II, 95, 202; unreifes Gefieder der schwarzen II, 105.
Kalij-Fasan, Trommeln des Männclicns
II, 54; Junges II, 100.
Kallima, Aehnlichkeit mit einem vertrockneten Blatt I, 349.
Kalmücken, Abscheu gegen Haare im Gesicht II, SOG; Ilochzeitsgebräuche II, 32S.
Kälte, vermuthliehe Wirkungen der —, I, 100; Vermögen des Menschen — zu ertragen I, 209.
Kameel, Eckzähne des Männchens II, 212, 220.
Kamm, Entwickelung bei Hühnern I, 2G1; — und Fleischlappen bei männlichen Vögeln II, 84.
Kampf, Gesetz des —es, I, 159: bei Käfern I, 334; bei Vögeln II, 34; bei Säugethieren II, 210 u. flgde.; beim Menschen II, 288; — um's Dasein beim 'Menschen I, 157, 161.
Kampfhahn, tödtet einen Habicht II, 37; Kampfsucht II, 41; Kamm und Lappen II, S4; durchscheinende Zone in den Sichelfedern II, 119.
Kampfläufer, für polygam gehalten I, 238; Verhältniss der Geschlechter I, 272; Kampfsucht II, 35, 41; doppelte Mauserung II, 09, 72; Dauer seiner Tänze II, S7; wird von glänzenden Gegenständen angezogen II, 97.
Kampfsucht schön-befiederter männlicher Vögel II, 80.
Känguruh, grosses rothbraunes, ge-schlechtlieherFarbenunterschiedll, 251.
Kaninchen, weisser Schwanz desselben II, 262; Warnungssignale der—, I, G3; Verlängerung des Schädels bei domesticirten I. 127; Modiflcation des Schädels bei häugohrigon I, 127; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 271.
Kant, Im., über Pflicht!, 59; über Selbstenthaltung I, 73; über Zahl der Menschenart eu I, 199.
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386 Karpfen. Register. Körpergrösse.
Karpfen, Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 275.
Katarrb, Erkrankung des Cetna Azarae an —, 1,-9.
Katy- did-IIciischreeke, Stridulatinn I, 315.
Katze, gewundener Körper an der Schwanzspitze 1, 25; Sympathie eines Hundes mit einer kranken —, I, 65.
Katzen, träumen I, 38; dreifarbige (tor-toise-sbell) I, 250, 252, 25!); Wirkung des Baldrian auf —,11, 247; Farbe II, 258.
Kehlkopf, Muskeln des —s bei Singvögeln II, 47.
Keimeben, sexuelle Auswahl der —, I, 251.
Keller, Dr., über die Schwierigkeit Steinwerkzenge zu formen I, 210.
Keule, Ursprung der —, I, 20(5.
Keuschheit, frühe Schätzung der —,
I, 82.
Kiebitz, Flügelhöcker des Männchens
II, 40.
Kinder, legitime oder eheliche und illegitime oder uneheliche, Verhältniss der Geschlechter I, 207.
Kindesmord I, 80, 116; vermuthliche Ursache II, 202; Herrschen und Ursachen des —s, II, 319 flgde.
Kindliche Zuneigung, zum Theil Resultat natürlicher Zuchtwahl I, 68.
King, W. Ii., über die Stimmorgane von Tetrao ciipido II, 48; über das Trommeln der Waldhühner II, 54; über das Benthier II, 215; über das Anlocken der männlichen Hirsche durch die Stimme des Weibchens II, 243.
King und Fitzroy, über die Hochzeitsgebräuche der Feuerländer II, 329.
Kinnladen, Einfluss der Muskeln der — auf die Physiognomie der Affen I, 125; in gleichem Verhältniss mit den Gliedmassen kleiner —, I, 101; Einfluss der Nahrung auf ihre Grösse I, 101; Verkleinerung der — beim Menschen I, 124; durch Correlation beim Menschen reducirt II, 284.
Kingsler, C., über die Laute von Um-brina II, 19.
Kirby und Spence, Werbung der In-secten I, 240; Gescklccbtsverscbieden-heit in der Länge des Küsseis der Curculioniden 1, 225; über die Flügeldecken des Tlytiscus I, 307; über Eigentümlichkeiten in den Füssen männlicher Insecten I, 307; übpr die relative Grösse der Geschlechter bei Insecten I, 30!); über die Leuchtkraft der Insecten I, 309; über die Fulgo- i
riden I, 313; über die Gewohnheiten der Termiten I, 325; über Farbenverschiedenheiten bei den Geschlechtern der Käfer I, 328; über die Hörner männlicher lamellicorner Käfer I, 330; über bornartige Vorsprünge bei männlichen Curculioniden I, 333; über Kampfsucbt des männlichen Hirschkäfers I, 334.
K1 a f f s c h n a b e 1, Geschlechter und Junge II, 190.
Klapperschlange, Verschiedenheit der Geschlechter II, 24; sollen die Klappern zu sexuellen Lockrufen brauchen II, 25.
Klappmützen-Bobbe, Haube der —, 11, 244.
Knochen, Zunahme an Länge u. Dicke beim Tragen grösserer Lasten I, 10p.
Knoebenwerkzeuge, Geschick beim Anfertigen solcher I, 119.
Knox, K., über die Semilunarfalte I, 19; über das Vorkommen des snpra-condyloiden Lochs beim Menschen T, 23; über die Gesichtszüge des jungen Memnon I, 191.
Koala, Länge des Blinddarms I, 22.
Kobus elUpsiprymnus, Verhältniss der Geschlechter I, 271.
Kohlsohmetterling I, 350.
Kolibris, spateiförmige Federn im Schwänze eines —, II, 63; Entfaltung des Gefieders vom Männchen II, 74; zieren ihre Nester I, 53; II, 97; polygam 1, 237; Verhältniss der Geschlechter I, 273: II, 194; Geschlechts-nnterschied II, 33, 34, 132; Kampfsucht der Männchen II, 34; modificirte Schwingen erster Ordnung beim Männchen II, 56; Färbung der Geschlechter II, 67; Junge-II, 194; Nestbau II, 146; Färbung der Weibchen II, 146.
Kölreuter, über die Sterilität hybrider Pflanzen I, 196.
Königskrähen, Nestbau II, 146.
Königs-Lori II, 152; unreifes Gefieder II, 165.
Kopf, veränderte Stellung um der aufrechten Stellung des Menschen zuzustimmen I, 124; Behaartsein beim Menschen I, 129; Fortsätze am — männlicher Käfer I, 328; künstliche Formveränderungen 11, 30S. Kopfhaut, Beweglichkeit der —, I, 16. Koppen, F. T., über die Wanderheuschrecke I, 315.
Kordofan, künstlich hervorgebrachte
I'rotuberanzen in —, 11, 298. Körpergrösse, Abhängigkeit von lo-calen Einflüssen I, 98.
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Rowalevsky. Eegister. Lauben. 387
Kowalevsky, A., Verwandtschaft der Ascidien mit den Wirbelthieren I, 170.
Kowalevsky, W., Kampfsucht des Auerhahns II, 38; Paarung des Auer-huhns II, 42.
Krabbe, gemeine Ufer-, Gewohnheiten I, 297; Kampf einer —, I, 298.
Kragenvogel II, 60; verzierte Spielplätze 1, 53.
Krankheit erzengt durch Berflln-ung verschiedener Völker 1, 210.
Krankheiten, Mensehen uud niederen Thieren gemeinsam I, 9; Verschiedenheit der Empfänglichkeit für — bei verschiedenen Menschenrassen I, 190; neue —, Wirkungen derselben auf Wildel, 210; geschlechtlich beschränkt
I, 259.
Krause, über einen gewundenen Körper am Schwanzende eines Macacus und einer Katze I, 25.
Kräuter, giftige, von Thieren vermieden I, 30.
Kreuzschnabel, Character der Jungen
II, 161.
Kreuzung von Bässen, "Wirkung der —, I, 213; beim Menschen I, 198.
Kropf taube, späte Entwickehmg des grossen Kropfes I, 260.
Kröten II, 21; männliche, Behandlung der Eier durch —, I, 184; Männchen vor den Weibchen zur Paarung bereit _ I, 229.
Kuckucks-Hühnerrassen I, 261.
Kudu, Entwickehmg der Hörner I, 255; Zeichnungen II, 264.
Kuh, Winterveränderung II, 262.
Künste, von Wilden ausgeübt I, 206.
Kupferstecher, kurzsichtig I, 102.
Kupffer, Verwandtschaft der Ascidien mit den Wirbelthieren I, 179.
K u r u k u s, Farben und Nestbau II, 149,151.
L.
Lahidocera Darwinii, Greiforganc des Männchens I, 295.
LabruK, glänzende Farben der Species von —, II, 13.
Labrus mittun, Geschlechtsverschiedenheit II, 7.
Jjabrus para II, 13'.
Laccrtilia II, 27.
Lachs, springt aus dem Süsswasser I, 71; Männchen vor dem Weibchen zur Paarung bereit I, 229; Verhältniss der Geschlechter I, 274; Kampfsncht des Männchens II, 2; Character des Männchens während der Paarungszeit II, 3, 11; Laichen II, 16; Fortpflanzen unreifer Männchen II, 189.
Lafresnave, de, über Paradiesvögel II, 66.
Laichen, der Fische II, 12, 16.
Lamarek, über den Ursprung des Menschen I, 3.
Lamellihrcmclüata I, 290.
Lamellicoriie Käfer, hornartige Fortsätze am Kopf und Thorax I, 328, 332; Analogie, mit den Wiederkäuern
I, 332; Einfluss geschlechtlicher Zuchtwahl I, 336; Stridulation I, 338.
Lamont, über die Stosszähne des Wal-rosses U, 212; über den Gebrauch der Stosszähne beim Walross II, 225.
Lampornisporphyrats, Farben des Weibchens II, 147.
Landois, IL, über die Lauterzeugung hei Cicaden I, 313; über das Stridu-lationsorgan der Grillen I, 316; über Dccticut: I, 317; über die Stridulations-organe der Acridiidac I, 318; über das Vorhandensein rudimentärer Stri-dulationsorgane bei einigen weiblichen Orthoptern I, 320; Stridulation von Necrophonts I, 337; Stridulationsorgan von Cerambyx hcros I, 338; Stridula-lationsorgane von Geotrupes I, 339; Stridulationsorgane der Käferl, 340; über das Klopfen vm\Anobium I, 342.
LamuS II, 157; Charactere der Jungen
II, 162. Lantus rafus, anomale Junge von —,
II, 185.
Laiikester, E. B., über comparative Langlebigkeit I, 146, 148; über die destruetiven Wirkungen der Unmäs-sigkeit I, 150.
Lanugo, des menschlichen Fötus I, 21, II, 330.
Lanzettfischchen I, 179, 186.
Lappländisch eSpraehe,änsserstkünst-lich I, 51.
Lartet, über die Grösse des Gehirns bei Säugethiereu I, 42; Vergleichung der Schädelcapacität jetziger und tertiärer Säugethiere I, 126; über Dry-opithecus I, 174.
Larus, Wechsel des Gefieders nach der Jahreszeit II, 200.
Larve, leuchtende, eines Käfers in Brasilien I, 309.
Jjasiocai)ipaqitercns,An\oc,kungAes)Iixnii-chens durch das Weibchen I, 278; geschlechtlicher Farbenunterschied I, 354.
Latham, B. G., über die Wanderungen des Menschen I, 117.
Latooka, Durchbohrung der Unterlippe bei den Frauen in —, II, 299.
Lauben des Kragenvogcls I, 53; II, 98. 25*
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38S Laubenvögel. Kegister. Lithobius.
Lauben vögel II, 59, 88;-Gewohnhei-" ten II, 59; verzierte Spielplätze I, 53;
II, 98. " Laune, Menschen und Thieren gemein
I, 54. Laurillard, abnorme Theilung des
Wangenbeins beim Menschen I, 107. Läuse, von Ilausthieren und Menschen
I, 193.
Laute, von Menschen und Thieren gleich bewundert 1, 54; von Fischen hervorgebracht II, Kl; männlicher Frösche und Kröten II, 23; instrumentale — bei Vögeln II, 54 flgde.
Lawrence, W., Superiorität der Wilden über Europäer im Gesichtssinn I, 102; über die Farbe der Negerkinder
II, 279; Vorliebe der Wilden für Zie-rathen II, 297; über bartlose Rassen II, 306; über die Schönheit der englischen Aristokratie II, 314.
Layard, E. L., ein Beispiel von Verstand bei einer Cobra II, 26; über die Kampfsucht des Gallus Stanleiji II, 37.
Laycock, Dr., über vitale Feriodicität I, 10.
Leben, Vererbung zu entsprechenden Perioden des —s, I, 248, 252.
Lebensbedingungen, Wirkung veränderter, auf den Menschen I, 98; Eiii-fluss der — auf das Gefieder der Vögel II, 172.
Lecky, Mr., über das Gefühl der Pflicht I, 60; über Selbstmord I, 80; über das Cölibat I, 82; seine Ansicht über die Verbrechen der Wilden I, 83; über das allmähliche Steigen der Moralität I, 89.
Leconte, J. L., über das Stridulations-organ der Coprini und Dynastini I, 339.
Lee, H., Zahlenverhältnisse der Geschlechter der Forelle I, 275.
Legeröhre der weibl. Insecten I, 224.
Legitime und illegitime Kinder, Ver-hältniss der Geschlechter I, 267.
Legnay, über das Vorkommen des su-pracondyloiden Loches beim Menschen I, 24.
Leiden, Gleichgültigkeit der Wilden bei — Fremder I, 81.
Leiervogel, Versammlungen II, 88.
Leinfinke, Verhältniss der Geschlechter I, 273.
„Lek's" derEirk- undAnerhühnerll, S7.
Lemoine, Alb., über den Ursprung der Sprache I, 47.
Lemnr mucaco, geschlechtlicher Farben-unterscliied II, 255.
Lemuridae, Uterus I, 10G; schwanzlose Species I, 169; Stellung und Ableitung
I, 170, 176; Ursprung I, 186; Variabilität der Muskeln I, 110; Ohren I, 19.
Lenguas, Entstellung der Ohren II, 299. Leoparden, schwarze II, 258. Lepidoptera I, 344; Zahlenverhältniss
der Geschlechter I, 276; Färbung 1,
345; Augenflecke II, 115. Lepidoxireit I, 17S, 186. l^eptorhi/ncku^ anyiixtatus, Kampfsucht
des Männchens 1, 334. lj;ptura iestacea, Farbenverschiedenheit
der Geschlechter I, 328. Lerchen, von einem Spiegel angezogen
II, 97; Verhältniss der Geschlechter 1, 273; Gesang des Weihchens II, 46.
Leroy, über die Bedachtsamkeit junger Füchse in Jagddistricten I, 42; über das Verlassen ihrer Jungen seitens der Schwalben I, 71.
Lesse-Thal I, 24.
Lcssoii, über Paradiesvögel I, 237; II, 84; über den See-Elephanten II, 244.
Ijrstis bombylauf, Verschiedenheit der Geschlechter I, 326.
Lethrusccpluiloten, Kampfsucht der Männchen I, 331, 335.
Leuchtkäfer, weiblicher flügellos I, 224; Leuchtkraft I, 308.
Leuckart, R., über die Vesicula pro-statica I, 26; über den Einfluss des Alters der Eltern auf das Geschlecht der Kinder I, 268.
Levalor davicnlae 1, 110.
Libelhda depressa, Farbe des Männchens I, 324.
Libellnlidae, relative Grösse der Geschlechter I, 310; Verschiedenheit der Geschlechter I, 322.
Licht, vermeintlicher Einfluss des —s,
I, 100; Einfluss desselben auf die Farben der Schalen I, 292.
Lichtenstein, üherClieraprognell, 105.
Lichtentwickelung beilnsectenl, 309.
Liebesgeberden und Tänze bei Vögeln II, 58.
Liefland, Zahlenverhältniss männlicher und weiblicher Geburten I, 267.
Lilford, Lord, der Kampfläufer von glänzenden Gegenständen angezogen
II, 97.
Limosd lupponica II, 179.
Linaria II, 157.
„ Montana I, 273.
Linne, C, seine Ansicht über die Stellung des Menschen I, 165.
TÄnyphia I, 302.
Lippen, Durchbohrung der — bei Wilden II, 299.
lAtlutbius, prehensiler Anhang des Weibchens I, 304.
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Lithosia. Register. Lungen. 389
Lithosia, Färbung I, 352.
Littorina littorea I, 291.
Livingstone, Dr., über den Einflnss I von Feuchtigkeit und Trockenheit auf | die Hautfarbe I, 213; über das Erkranken der Neger an tropischen Fiebern nach einem Aufenthalte in einem kalten Cli ma 1, 215; über die sporn-flüglige Gans II, 39; über Webervögel II, 54; üher einen afrikanischen Ziegenmelker II, 62, 8-1; über die Kampf- i arten südafrikanischer männlicher Säu-gethiere II, 210; über das Entfernen der obern Schneidezähne bei den Ba-tokas II, 299; über das Durchbohren der Oberlippe bei den Makalolo II, 299; über die Banyai II, 304.
Lloyd. L., über die Polygamie desAuer-hahns und der Trappe I, 237; Zahlen-verhältniss der Geschlechter beim Aner-uncl Birkhuhn I, 272; üher den Lachs II, 3; über die Farben des Seeskorpions II, 7; über die Kampfsucht der männlichen Waldhühner II, 38; üher das Auer- und Birkhuhn II, 41, 46; über den Ruf des Auerhahns II, 52; über Versammlungen von Waldhühnern und Schnepfen II, 88; über das Paaren eines Brandentrich mit einer gemeinen Ente II, 99; über die Kämpfe der Bobben II, 211; über den Elk II, 219.
Lobitanelhts, Flügelspornen II, 41.
Locale Einflüsse, Wirkungen auf die Körpergrösse I, 98.
Lockwood, Mr., üher die Entwicke-lung des Hippopotanms I, 183.
Löffel reih er II, 51; chinesischer, Wechsel des Gefieders II, 156.
Longicorne. Käfer, geschlechtliche Farbenverschiedenheit I, 327; Stipulation I, 338.
Lonsdale, Mr., Beispiel persönlicher Anhänglichkeit hei [Teile pmmttiu I, 291.
Lophobranchi, Bruttaschen beiden Männchen II, 18.
Lophophoms, Gewohnheiten II, 105.
Lophorina atra, geschlechtliche Verschiedenheit in der Färbung II, 199.
Lopliornis ornatus II, 65.
Lord, J. K., über Sahno lycaorkm II, 3.
Lori, Königs- II, 152; unreifes Gefieder II, 165.
Löwe, polvgam I, 237; Mähne defensiv II, 234; Brüllen II, 242; Streifen der Jungen II, 160
Lowne, B. T., über Musca romitorial, 125, 312.
Loxia, Charactere der Jungen II, 161.
j üb bock, Sir J., über das Alter des Menschen 1,2; über den Ursprung des Menschen I, 3; über geistige Fähigkeiten Wilder 1, 28; über den Ursprung von Werkzeugen I, 44; über Vereinfachung von Sprachen 1, 52; über das Fehlen der Gottesidee bei gewissen Menschenrassen I, 55; über den Ursprung des Glaubens an geistige Kräfte 1, 56; über Aberglauben I, 58; über das Pflichtgefühl I, 60; über die Gewohnheit der Fiji-Bewohner, die Alten und Kranken zu begraben I, 65; über die Immoralität Wilder I, 83; über Mr. Wallace's Anspruch auf die Priorität der Idee von der natürlichen Zuchtwahl I, 119; über das Fehlen von Gewissensbissen bei Wilden I, 143; über die frühere Barbarei civilisirter Nationen I, 157; über Vervollkommnung der Kunstfertigkeiten unter Wilden I, 159; über Aehnlich-keit geistiger Charactere in verschiedenen Menschenrassen 1, 205; über das Vermögen zu zählen bei Urmenschen I, 206; üher die von Wilden ausgeübten Kunstfertigkeiten I, 206; über die Klammerorgane von Labido-cera Darwinii I, 295; über Chloeon I, 305; über Sinynthunis Intens I, 311; über Kämpfe um Weiber unter den nordamerikanischeu Indianern II, 284; über Musik II, 293; über die ornamentalen Gewohnheiten Wilder 11,297; über die Schätzung des Bartes unter den Angelsachsen II, 306; über künstliche Deformation des Schädels II, 308; über communale Ehen II, 315, 317: über Exogamie II, 317, 320; über die Veddahs II, 319: üher Polyandrie II, 321.
Lncanidae, Variabilität der Kiefer der Männchen I, 335.
Lucanus, bedeutende Grösse der Männchen I, 310.
Lucamis cevrus, Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 280; Waffen des Männchens I, 334.
Lncanus elaphus, Gebrauch der Mandi-beln 1, 335; grosse Kiefer des Männchens I, 306.
Lucas, Prospcr. über sexuelle Vorliebe hei Pferden und Bullen II, 239.
Luchs, canadischer, Kehlkrause II, 234.
Lnnime, Varietät II, 111.
Lund, Dr., über in brasilianischen Höhlen gefundene Schädel I, 191.
Lungen, Vergrösserung der — bei den Quechua- und Aymara-Indianern I, 102; eine modificirte Schwimmblase
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390
Luschka.
Register.
M a 1 b e r b e.
181; verschiedene Capacität bei den Menschenrassen I, 190.
Luschka, II., über das Ende des Coc-cyx I, 25.
L u"s t, tnstinct der —-, I, 76.
Luxus, vergleichsweise unschädlich I, 148.
Lycaena, geschlechtlicher Farbemmter-schied bei Arten von —, I, 347.
Lyell, Sir Gh., über das Alter des Men-' sehen 1,2; über den Ursprung des i Menschen 1,3; über den Parallelis-mus der Entwickelung von Arten und Sprachen I, 50; über das Aussterben von Sprachen I, 51; über die Inquisition I, 155; über fossile Wirbelthicr-reste I, 175; über Fruchtbarkeit der Mulatten I, 194.
M.
3Iacacus, Ohren I, 19; gewundener Körper an der Schwanzspitze I, 25; Variabilität des Schwanzes bei Arten I, 130; Backenbart bei Arten von —, II, 249. Macaeus cyn-oinolgm, Augenbrauenleiste II, 279; Bart und Backenbart, mit dem Alter weiss II, 280. Macaeus inornatus I, 131.
„ Inmotus, Gesichtstiecke II, 270. ., radiatus I, 167. „ rhesus, geschlechtlicher Far-benunterschied II, 257, 272. M a c a I i s t e r, über Variationen des pal-mari.s accessorius I, 94; über Muskelabnormitäten beim Menschen I, 111; über die grössere Variabilität der Muskeln beim Mann als bei der Frau I, 243. Macaws, Mr. Lux ton's Beobachtungen I, 64; Schreien II, 52. M'Cann, J., über geistige Individualität I, 53. M'Cl elland, J., über die indischen Cy-
priniden II, 14. Maculloch, Co]., über ein indisches Dorf ohne weibliche Kinder II, 320. Maculloch, Dr., über Wechselfieber
bei einem Hunde I, 10. Macgillivray, W., über die Stimmorgane der Vögel 1, 50; über die egyp-tische Gans II, 40; über die Gewohnheiten der Spechte II, 54; über die Gewohnheiten der Becassine II, 55; über das Weisskeblchen II, 5i); über das Mausern der Becassinen II, 70; über das Mausern der Anatiden II, 73; über das Finden neuer Gatten von verwittwetcu Kistern II, 90; über
das Faaren einer Amsel mit einer Drossel II, 99; über gescheckte Raben II, 111; über die Lumme II, 111; über die Farben der Meisen II, 152; über das unreife Gefieder der Vögel II, 163 flgde.
Machetcs, Geschlechter und Junge II, 190. „ pugna.c, Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 272; vermutlilich polygam I, 238; Kampfsueht des Männchens II, 35; doppelteManserungll, 69.
Mackintosh, über das moralische Gefühl I, 59.
MacLachlan, R., über Apatania mu-Hehris und Ttoreiis Ityemalis I, 282; über die Aualanhängc männlicher In-secten 1, 305; über das Paaren von Libellen I, 310; über Libellen I, 323, 324; über Dimorphismus bei Atjrion II, 324; über das Fehlen von Kampflust bei männlichen Libellen I, 324; über den Hopfenspinner auf den Shet-land-lnseln I, 358.
M'Lennan, Mr., über den Ursprung des Glaubens an geistige Kräfte I, 55; über die Ausschweifungen Wilder
I, 82; II, 315; über Kindesmord I, llfi; II, 319; über die ursprüngliche Barbarei civilisirter Nationen I, 157; über Spuren des Gebrauchs gewaltsamer Raubung von Frauen I, 159;
II, 321; über Polyandrie II, 321. M'Neill, Mr., über den Gebrauch des
Geweihs bei Hirschen II, 222; über den schottischen Ilirsckhund II, 230; über die langen Haare an der Kehle des Hirsches II, 235; über das Geschrei des Hirsches II, 241.
Macrorliinus proboseidens, Bau der Nase II, 244.
M a i 11 a r d, M., Verhältniss der Geschlechter bei einem Papilio von Bon r-bon I, 276.
Maine, Mr., über die Absorption eines Stammes von einem andern I, 138; über den Mangel eines Wunsches nach Verbesserung I, 145.
M a k a 1 o 1 o, Durchbohrung der Oberlippe bei den —, H, 299.
Malayiscber Archipel, Hochzeitsge-bräuche der Wilden des —, II, 328.
Malayen, Trennungslinie zwischen den Papuas und den —, I, 192; allgemeine Bartlosigkeit II, 281; Färben der Zähne II, 298; Abscheu gegen Haare im Gesicht II, 306; — und Papuas gegeneinander gestellt I, 190.
Malm I, 2(m.
Malhcrbe, über die Spechte II, 152.
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Malthus. Register. Mensch. ;jjj |
Malthns, über das Verhftltniss der Bevölkerungszunahme 1, 113, 114, 116.
Muhiriäae, Nidiflcation II, 147. Malums, Junge II, 190.
M an il a n-Indianer, Correlation der Farbe und der Haartextur bei den—, I, 21S.
M a ndi b e 1, die linke hei Taphrodercv ctistwim vergrössert I, 3i)S.
Mandibeln, Gebrauch bei Ammophihi I, SOG; grosse — bei Corydalis cov-uutits 1, 306; grosse — des männlichen Lucanus elnphns 1, 300.
Mandrill, Zahl der Schwanz wirbel I, 130; Farbe des Männchens II. 250. 260, 292.
Männchen, Vorhandensein rudimentärer weihlicher Organe bei den —, 1, 181; — und Weihchen, comparative Zahl und Sterblichkeit -während der Jugend I, 232, 244; comparative Zahlen I, 230, 232. Mä n n 1 i c h e Charactere bei Weibchen entwickelt I, 247; Uebertragung derselben auf Weibchen bei Vögeln II, 109.
Männliche Thiere, Kämpfe um den Besitz der Weibchen I, 22S; Eifer in der Werbung I, 240; allgemein mehr modificirt als die "Weibchen 1, 240, 243; weichen in derselben Weise vom Weibchen und Jungen ah I, 252.
Mantegazza, Prof.. über die Zierathen der, Wilden II, 297 flgde.; über die Bartlosigkeit der Neuseeländer II, 300; über das Uebertreiben natürliche]' Merkmale durch den Menschen II, 308.
Mantell, W, über das Zusammenholen hübscher Mädchen von den neuseeländischen Häuptlingen II, 324.
Mantis, Kampfsucht von Arten von — I, 321.
Marcus Aurelius, über den Ursprung des moralischen Gefühls I, 60; über den Eiufluss gewöhnlicher Gedanken I, *S7.
Martern, denen sich amerikanische Wilde preisgehen I, S2.
Mwem penelope II, 99.
Marshall, üher dasGehirn einer Bnsch-männin 1, 190.
Martin, W. C. L., Unruhe eines Orang beim Erblicken einer Schildkröte I, 36; über das Haar des Hylobate-t I, 169; über einen weihlichen amerikanischen Hirsch II, 220; über die Stimme von Hylobate.i agüü II, 243; über Semnopiiliecus mnmms H, 274.
Martin, üher die Barte der Einwohner von St. Kilda II, 281.
Martins, C., über Tod durch Entzün-
dung des wurmförmigen Fortsatzes
I, 23.
Mastoidfortsatz s. Zitzenfortsatz.
Matrosen, Wachsthum durch die Lebensbedingungen gehemmt I, 98; weitsichtig I, 102; — und Soldaten, Verschiedenheiten in den Körperproportionen I, 100.
Mandsley, .Dr., üher den Einfluss des Geruchssinns beim Menschen I, 20; über Laura Bridgman I, 48; über die Kutwickeluug der Stimmorgane I, 59.
M a u 11 h i e r, Unfruchtbarkeit und Lebenskräftigkeit I, 195; „verständig"I, 40.
Maulwurf, Zahlenverhältuiss der Geschlechter I, 271; Kämpfe der Männchen II, 210.
Mauserung, II, 187; doppelte II, 158; jährliche doppelte II, 70; theilweise
II, 71.
Mayers, W. F., über die Domestica-tiou des Goldfisches in China II, 14.
Mayhew, über die Zuneigung zwischen Individuen verschiedener Geschlechter bei Hunden II, 237.
Maynard, C. J., über die Geschlechter von Cltryxemis pieta II, 24.
Meckel, über correlative Abänderung der Muskeln des Arms und des Beins I, 112.
Medusen, glänzende Farben I, 289.
Meergrundeln, Nestbau II, 16.
Meernadel, fadige II, 15; Brnttaschen des Männchens II, 18.
Meerschweinchen, Vererbung der Wirkung von Operationen II, 335.
Megalith isehe Bauten, Verbreitung I, 205.
Megalnphrys montana, sexuelle Verschiedenheiten II, 22.
Megapicua valiäm, geschlechtlicher Far-beminterschied II, 152.
Dleqasoma, bedeutende Grösse der Männchen I. 310.
Meigs, Dr. A., Abänderungen der Schädel von Eingeborenen von Amerika I, 93.
Mein ecke, Zahlenverhältuiss der Geschlechter bei Schmetterlingen I, 270.
Meisen, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 152.
Melipliugidac, australische, Nestbau II, 147.
Mi'Uta, seeundäre Sexualcharactere 1,297.
Meloc, geschlechtliche Farbenverschiedenheit bei Species von —, I, 328.
Memnon, jung I, 191.
Mensch, Variabilität I, 93; irrtbümlich für domesticirter als andere Thiere
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392 Menschenopfer. Register. Moralität.
gehalten 1, OG; bestimmter Ursprung
I, 207; Wanderungen I, 117; weite Verbreitung I, 118; Ursache der Nacktheit I, 129; vermeintliche physische Inferiorität I. 135; Zahlenverhältniss der Geschlechter!, 232; ein Glied der Gruppe der Catarrhinen 1, 173; frühe Urerzenger desselben I, 180; sectiri-däreScxnalcharacterell, 277;Ursprung-; licher Zustand des —en, U, 323.
Menschenopfer I, 58, 159. Menschenreich I, 162. Memim Alherü II, 88; Gesang II, 47. „ superhall, 88; langer Schwanz beider Geschlechter II, 143. Meryanxer, Trachea des Männchens II, 51. „ setratm; männliches Gefieder
II, 73.
Meryus meullaltis, Spiegel I, 258. „ meryanxer, Junges II, 165. Metallura, glänzende Schwanzfedern IL
133. Methoca ietmeumonides, grosses Männchen I, 310. Meves, M., über das Meckern der Be-
cassine II, 54. Mexikaner, Civilisation der — nicht
fremd I, 159. Meyer, über einen gewundenen Körper an der Schwanzspitze eines Macitcw und einer Katze I, 25. Meyer, Dr. A., über die Copulation verschiedener Species von Phrygani-den I, SOG. M i 11, J. St., über den Ursprung des moralischen Gefühls I, GO; über das Priucip „des grössten Glücks" I, 83; über die Verschiedenheit der Geisteskräfte in den beiden Geschlechtern des Menschen II, 287. M i 1 n e Edwards, II., über den Gebranch der vergrößerten Scheeren des männlichen Gejasimus I, 297. 3Iilvayo leucimis II, 180. Mimus polyylolttts II, 95. Mivart, St. George, über die Verkümmerung von Organen I, 15; über die Ohren der Lemuriden I, 19; über Variabilität der Muskeln der Lemuriden I, 110, 118; über die Schwanzwirbel der Affen I, 130; über die Classification der Primaten I, 171; über den Orang I, 171; über den Menschen I, 172; über Verschiedenheit unter den Lemuriden I, 173; über den Rückenkamm des männlichen Triton II, 20. Moden, langes Gelten der — unter den
Wilden II, 300, 309. Modificationen ohne Nutzen I, 133.
Mollieuesia petenensis-, Gescbleehtsunter-
schiede II, 8. Mollusca, schöne Farben und Formen I, 292; Fehlen secimdärer Sexualcha-ractere I, 292. MßlluscmUa I, 179, 290. Mmtacanthus scopas und 31. l'eronü,
sexuelle Verschiedenheiten II, 10. Mondperiö'den I, 185. Mongolen, Vollkommenheit der Sinne
1, 102. Monogamie nicht ursprünglich I, 159. M onogenisten 1, 201. Mononyelms pseuclacori, Stridnlafion I,
340.' ]\[üuotremal(i 1, 177; Entwickelimg der Nickhaut I, 19; Milchdrüsen I, 183 : verbinden die Säugethicre mit den Reptilien I, 18G. Monstrositäten, analoge bei Menschen und niederen Thieren I, 97; durch Bildungshemmnngen verursacht I, 104; Correlation der —, I, 112; Ueberlieferung der —, I, 197. Mon tagn, G., über die Lebensweise des Birk- und Moorhuhns 1, 237; über die Kampfsncht des Kampfläufers II, 3G; über den Gesang der Vögel II, 44; über die doppelte Mauserung der männlichen Spiessente II, 72. Monteiro, Mi'., über JSitcora.v abyssi-
nietts II, G2. Montes de Oca, Mr., über die Kampfsucht männlicher Kolibris II, 34. Mcmticoki cyanea II, 150. Monumente, als Spuren ausgestorbener Stämme'I, 208. Moorhuhn, monogam I, 238; Kampfsncht des jungen Männchens II, 41; bringt einen Laut hervor durch Kratzen der Flügel auf dem Boden II, 53; Dauer der Werbung II, 87; Farben und Nestbau II, 148. Moralische und instinetive Antriebe,
Verbindung beider I, 75. Moralische Fähigkeiten, ihr Einflüss auf die natürliche Zuchtwahl beim Menschen I, 137. Moralisch« Regeln, Unterschied zwischen hohem und niedern I, 8G. Moralische Tendenzen, Vererbung
I, 88. Moralisches Gefühl, Ursprung I, 87; sogenanntes von socialen Instincten hergeleitet I, 83, 84. Moralität, vermeintlich auf Selbstsucht gegründet I, 83; Probe ist die Wohlfahrt der Gesellschaft 1, 84; allmähliches Steigen der —, I, 88; Einflnss eines hohen Maassstabs 1, 144.
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Morgan. Register. Musophagae. 393
Morgan, L. IL, über den Biber I, 31; über die Verstandeskräl'te des Bibers
I, 39; über die Gefangennahme von Frauen I, 159; über das Castoroum "des Bibers II, 215; Heirathen in Urzeiten unbekannt 11, 315; über Polyandrie II, 321.
Morinc 11-Regenpfeifer II, 17S.
Morris, F. 0., über Habichte, welche einen verwaisten Vogel füttern II, 93.
Mortalität, comparative der Männer und Frauen I, 233, 244, 267.
Morton, über die Zahl der Menschenarten I, 199.
Mosefommaschiferus,Riechdrüsen II, 24G.
Mosch ti seil te, australische II, 32; von Guiana, Kampfsueht des Männchens
II, 36; bedeutende Grösse des Männchens II, 37.
Mos ch us thi er, Eckzähne des Männchens II, 212, 225, 226; Riechdrüsen des Männchens II, 246; Winteränderung II, 262.
MotacüUie, indische. Junge II, 166.
Motmot, spatelförmige Federn im Schwänze eines —, II, 63.
Motten I, 351; Fehlen des Munds bei einigen Männchen I, 224; flügellose "Weibchen I, 225; prehensiler Gebrauch der Tarsen beim Männchen 1, 226; Männchen vom Weibchen angezogen I, 278; .Färbung I, 353; geschlechtlicher Farbemtnterschied I, 354.
Möve, Beispiel von Ueberlegung II, 94; Jahreszeitwechsel des Gefieders bei —n, n, 200; weisse —n, II, 200.
Mücken, Tänze der —, I, 312.
Mulatten, dauernde Fruchtbarkeit I, 195;. Immunität von gelbem Fieber I, 214.
Müller, Ferd., über die Mexikaner und Pernvianer I, 159.
Müller, Fritz, über mundlose Männchen von Timms I, 224; über das Verschwinden von Flecken und Streifen bei erwachsenen Säugethierenll, 267: über das Verhältniss der Geschlechter bei einigen Crustaceen I, 282; über seenndäre Sexualcharactere bei verschiedenen Crustaceen 1, 294 flgde.; über die. leuchtende Larve eines Käfers I, 309; musikalischer Wettstreit zwischen männlichen Cicaden 1, 314; über die Geschlechtsreife junger männlicher amphipoder Crustaceen II, 189.
Müller, J., über die Nickhaut und Se-milunarfalte I, 19.
Müller, Max, über den Ursprung der Sprache I, 47; Kampf ums Dasein zwischen Worten n. s. w. der Sprachen 1,51,
Müller, Sah, über den Banteng II, 28; über die Farben von Semnopitkecus clirij.inmelas II, 256.
Mtiutjac -Hirsch, Waffen II, 226.
Murie, J., über die Verkümmerung von Organen I, 15; über die Ohren der LeiiiHriden I, 19; über Variabilität der Muskeln der Lemuriden I, 110, 118; basale Schwanzwirbel von Macacui innr>uitu.t in den Körper eingebettet
I, 130; über Verschiedenheiten bei den Lemuriden I, 173; über den Kehl-saek der männlichen Trappe II, 50; über die Mähne von Otaria jubattt II, 234; über die Suborbitalgruben der Wiederkäuer II, 246; über die Farben der Geschlechter bei Otaria triffresems
II, 252.
Murray, A., über die Läuse verschiedener Menschenrassen I, 193.
Murray, T. A., über die Fruchtbarkeit australischer Frauen mit weissen Männern I, 194. '
Mus cmiuuja I, 42.
„ mituitiis, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 252.
Mn.fca vomitoria I, 125.
Muscheln von Affen geöffnet I, 121.
Mustiertpa grhola II, 148. „ hictuox« II, 148.
., rutieiüa, brütet im unreifen Gefieder II, 188.
Musik I, 205; der Vögel II, 43; Vorliebe der Wilden für unharmonische II, 58; verschiedene Würdigung der
— bei verschiedenen Völkern II, 292 ; Ursprung II, 292, 295; Wirkungen II, 294.
Musikalische Cadenzon, Wahrnehmung solcher von Thieren II, 292; Vermögen des Menschen II, 289 flgde.
Muskel, ischiopubischer I, 110.
Muskeln, Vorkommen von rudimentären beim Menschen I, 15; Variabilität der —, 1, 93: Wirkungen dos Gebrauchs und Nichtgebrauchs I, 100; thierähnliche Abnormitäten I, 109; cor-relative Variation der — am Arm und Bein I, 112; Variabilität der — der Hände und Füsse I, 117; Einfjnss der
— der Kiefern auf die Physiognomie der Affen I, 125; habitueller Krampf verursacht Modifikationen derGesichts-kuochen I, 127; — der Urerzeuger des Menschen I, ISO; grössere Variabilität der — bei Männern als bei Frauen I, 243.
Mtutuhis sternalis, Prof. Turner über
—, 1, 16. Miisopliagne, Farben und Nestbau II,
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394 Mustcla. Kcgister. Neuseeland.
149; beide Geschlechter gleiehmässig brillant II, 154.
Mnxtela, Winteränderung zweier Species II, 262. '
Musthier s. Orignal.
Muth, Variabilität desselben bei der-! selben Species 1, 33; allgemein'hohe Schätzung I, 81; Bedeutung I, 141; characteristisch für den Menschen II, 287.
Miitilla enropaea, Stridulation I, 326.
3ItUi.llidae, Fehlen der Ocellen beim Weibchen I, 305.
Mützenaffe I, 167.
Myceles carcu/a, polygam I, 235; Stiinm-organe II," 244; Bart II, 249; geschlechtlicher Farbenuiiterschied II, 255'; Stimme II, 291.
3l>/cetes seiucuhis, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 255.
Xyriapoda I, 304.
N.
Nachäffung I, 365.
Nachahmung I, 32; des Menschen durch Affen I, 36 ; Neigung zur — bei Affen, mikrocephalen Idioten und Wilden I, 47; Einfluss der —, I, 139.
Nachtigall, verwittwet findet neue Gatten II, 91; Männchen kommt vor den Weibchen I, 229; Zweck ihres Gesangs II, 44.
Nachtpfauenauge, kleines I, 354.
Nadelfische, Abdominaltasche des Männchens I, 183.
Niigeli, über den Einfluss natürlicher Zuchtwahl auf Pflanzen I, 132; über die Abstufung der Arten bei Pflanzen
I. 200.
Nägel, gelb gefärbt in einem Theile von Afrika II, 297.
Nagethiere, Uterus I, 106; Fehlen secundärer Geschlecbtscharactere I, 236;gesehlechtlieherFarbenuntersehied
II, 251.
Nahrung, Einfluss der — auf die Kör-pergrösse I, 99.
N a r b e einer Brandwunde verursacht j Modificationder Gesichtsknochen 1,127.
Narwal, Stosszähne II, 212, 218.
Nase, Aehnlichkeit der— bei Menschen und Affen I, 167; Durchbohrung und Schmüeknug der —, II, 299; Abplattung II, 308; sehr platte — nicht von Negern bewundert II, 307.
Nasenhöhlen, bedeutende Grösse der — bei amerikanischen Eingeborenen 1, 102.
N athusius, II. von, über veredelte
Schweinerassen I, 203; über das Züchten von Hausthieren II, 325.
Natürliche Zuchtwahl, Wirkungen auf die Urerzeuger des Menschen I, 117; Einfluss auf den Menschen I, 131, 134; Beschränkung des Princips I, 132; Einfluss auf sociale Thiere I, 134; Mr. Wallaee, über die Beschränkung der — durch den Einfluss geistiger Fähigkeiten des Menschen I, 137; Einfluss der — auf den Fortschritt der Vereinigten Staaten I, 150.
Natürliche nnd geschlechtliche Zuchtwahl gegeneinander gehalten I, 245.
Naulette, Unterkiefer von —, bedeutende Grösse der Eckzähne I, 109.
N ea n d e rt h a 1-Schädel , Capacität 1, 126.
Neapel, grösseres Verbältniss weihlicher unehelicher Kinder I, 267.
Nccrophorus, Stridulation I, 337, 310.
Ncciarinia, Junge II, 166.
Kecttiriniae, Nestbau II, 147; Mausern II, 71.
Neger, Aehnlichkeit der — mit Europäern in geistigen Charactereu I. 20-1; -Frauen freundlich gegen Mungo Park 1, 81; Character I, 190; Länse I, 193; Schwärze I, 197: II, 336; Variabilität
I, 198, 199; Immunität vor gelbem Fieber I, 214; Verschiedenheit von Amerikanern I, 217: Entstellungen II, 260; Farbe Neugeborner II, 278; ver-hältnissmässige Bartlosigkeit II, 281; werden leicht musikalisch II, 293; Schätzung der Schönheit ihrer Frauen
II, 302, 303; Idee der Schönheit bei ihnen II, 307; Compression der Nase II, 309.
Neolithische Periode I, 160.
Nmmorplia, geschlechtliche Verschiedenheit des Schnabels II, 33.
NepUla I, 302.
Nervation, Verschiedenheit der — in den beiden Geschlechtern der Schmetterlinge und Hymenoptern I, 308.
Nestbau bei Fischen II, 16; Beziehung auf die Farbe II, 145, 150; — britischer Vögel II, 147.
Nester von Fisclienll, 16; Schmückung der — bei Kolibris II, 97.
Neugierde, Zeichen der — bei Thie-ren I, 35.
Neu meiste r, über eine Farjienverän-derung bei Tauben nach mehreren Mauserungen I, 260.
Nmraptera I, 2S1, 322.
Neuroihemis, Dimorphismus I, 324.
Neuseeland, Erwartung der Eingeborenen, auszusterben I, 211; Uebung
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Newton. Register. Organische. 395
des TättowireusII, 300; Abscheu Regen Haare im Gesicht II, 306; hübsche Mädchen von den Häuptlingen zusammengebracht FI, 824.
Newton, A., über den Kehlsack der männlichen Trappe II, 50; über die Verschiedenheit zwischen den "Weibchen zweier Specics von Oxytuttus 11, j 1(39; über Lebensweise des l'halaro-] pus, des Morinell-Recenpfeifers und. Pfuhlschnepfe II, 179.
Nicholson, über die Nicht-Immunität dunkler Europäer vor gelbem Fieber ,
I, 21G.
Nichtgebrauch, Wirkungen auf Erzeugung rudimentärer Organe 1, 14:
— und Gebrauch, Wirkungen I, 100;
— von Theilen, ihre Wirkungen auf die Menschenrassen I, 218.
Nickhant I, 19, 181.
Niere I, 100.
N i 1 g h a u, geschlechtlicher Farbeuuu-terschied II, 253.
Nilsson, Trof., Achnlichkeit der Steinpfeilspitzen von verschiedenen Oert-lichkciten I. 205; Entwickehiug des Renthiergeweihs 1, 255.
Nitzsch, C. L., über das Dunenkleid der Vögel II, G9.
Noctuae, auf der Unterseite glänzend gefärbt I, 35t.
Noctuidae, Färbung I, 351.
JVordmann, A. von, über Tetrao uro-yalloides II, 87.
Nomadische Lebensweise menschlichem Fortschritt ungünstig I, 145.
Norwegen, Zahlenverhältniss männlicher und weiblicher Geburten 1, 267.
Nott und Gliddon, über die Gesichtszüge des Rameses II, I, 191; über die Gesichtszüge Amunoph's HI. 1, 191; über Schädel aus brasilianischen Höhlen I, 191; über die Immunität der Neger und Mulatten vor gelbem Fieber I, 214; über die Deformation des Schädels bei amerikanischen Stämmen
II, 308.
N ud i 1)r a n c h e Mollusken, glänzende
Farben I, 293. Nnnemaya, P2ingcborne mit Bart II,
282, SOG.
0.
Ocellen fehlen bei weiblichen MntiHi-den I. 305.
Ocellen bei Vögeln, Bildung und Variabilität II, 115.
Ocelot, geschlechtliche Verschiedenheit der Färbung U, 252.
OovfhafS lophotes II, 82.
(khmatu 1, 281.
Oätmestispotatoria, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 354.
Oeainthtis nivalis, Unterschied der Färbung der Geschlechter I, 322.
Ohr, Bewegung I, 17; äussere Muschel beim Menschen nutzlos I, 17; rudimentäre Spitze beim Menschen I, 18.
Ohren, Durchbohrung und Schmücken der —, II, 299.
Ohrenfasan I, 257; II, 80, 171; Geschlechter gleich II, 155; Länge des Schwanzes FI, 144.
Oidemia II, 198, 199.
Ol i vi er, über Laute von l'imelia striata I, 342.
Omaloplia brunnea, Stridulation I, 339.
Ottitix fnrrifer , Fortsatz der Vorderschenkel des Männchens'und des Kopfes und Thorax des Weibchens I, 331, 332.
Oiitltopltagus I, 330.
„ nmgifer, sexuelle Verschie-
denheiten I, 329; Abänderungen der riöruer des Männchens I, 330.
Ophidia, sexuelle Unterschiede II, 24.
Opossum, weite Verbreitung in Amerika I, 192.
Optischer Nerv, Atrophie in Folge Zerstörung des Auges I, 100.
Orang-Utang II, 283; Bischoff über die Uebereiustimmnng des Gehirns mit dem menschlichen 1.8; erwachsenes Alter I, 11; Ohren I. 17; wurmförmi-ger Anhang 1, 23; baut Plattformen 1, 30; beim Anblick einer Schildkröte beunruhigt I, 3G; braucht einen Stock als Hebel I, 43; braucht Geschosse I, 43: braucht die Blätter des Paiidanus als Decke zur Nachtzeit I, 44; Hände I, 120; Fehlen der Zitzenfortsätze F, 124; Richtung der Haare an den Armen I, 168; seine aberranten Merkmale 1,171; muthmaasslicheEntwicke-lung I, 203; Stimme II, 243; monogame Lebensweise II, 318; Bart des Männchens II, 249.
Orangen, von Affen behandelt I, 121.
Orchestia Darivimi, Dimorphismus der Männchen I, 297.
Orchextia Tueueatinga, Gliedmaassen I, 296, 302.
Oreas ennna, Farben II, 253.
„ Derbyanus, Färbung II, 253, 2G3.
Organe,' prehensile- I, 226; neuen Zwecken angepasst II, 29!; — in der Bildung I, 14.
Organische Stufenleiter, von Baer'a Definition des Fortschritts I, 185,
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J96 Orignal. Kegister. Pallas.
Orignal, Kämpfe II, 21]; Geweihe eine Beschwerde II, 229.
Orioluf;, Specics von — brüten in unreifem Gefieder II, 1S9.
Oriohis ineh(iif)cej>hiilust Färbung der Geschlechter II, 156.
Ornamente, Vorherrschen ähnlicher
I, 205; Vorliebe der Wilden für —,
II, 297; männlicher Vögel II, 42; elliptische II, 127 flgde.
Orn am ent ale Merkmale, gleich auf beide Geschlechter bei Säugethieren überliefert II, 297; bei Affen II, 208.
Ornithopter« croesu*: I, 27fi.
Ormthorhynchuü I, 175; Sporn des Männchens II, 213; Annäherung an Reptilien I, 178.
Orocoten erytlirogadra, Junge II, 193.
Orrony, Höhle von —, I, 23.
Orsodao/a alra, Farbenverschiedenhcit der Geschlechter I, 328.
Orthoptera I, 314; MetamorphoseI, 258; Stridulation und Gehörapparat I, 315, 31G; Farben I, 321; rudimentäre Stri-I dulationsorgane beim Weibchen I, 320; Stridnlationsorgane der — und Horao-ptera I, 321.
Ortygorni.H giilari.t, Kampfsucht des Männchens II, 37.
Oryctes, Stridulation I, 339; Geschlechts-unterschicd der Stridulationsorgane I, 341.
Oryx leucoryx, Gebrauch der Uörner II, 221, 231.
Osphranter rufns, geschlechtlicher Farben unterschied II, 251.
Otaria jubata, Mähne des Männchens'; II, 234. '
Otaria nigrescens, geschlechtliche Fär-bungsversehiedenheit II, 252.
Otis bengalensis, Liebesgeberden des Männchens II, 59.
Otis tarda, polygam I, 238; Kehlsack des Männchens II, 49.
Oribos tttosehntm, Uörner II, 217.
Ovipositor der Insecten I, 224.
Oti* cydnecros, Art zu kämpfen IT, 219.
Owen, Rieh., über die Wolffschen Kör-I per I, 13; über die grosse Zehe beim Menschen I, 13; über die Nickhaut! und semilunare Falte I, 19; über die ' Entwickelung der hintern Backzähne bei verschiedenen Menschenrassen I, 22; über die Länge des Blinddarms beim Koala I, 22; über die Schwanz- j wirbel I, 24; über rudimentäre zum | Reproductivsystem gehörige Bildungen I, 26; über abnorme Zustände des menschlichen Uterus I, 106; über die Zahl der Finger bei der Ichthyopte-!
rygia I, 108; über die Eckzähne des Menschen I, 108; über das Gehen des Schimpanse und Orang I, 120; über Zitzenfortsätze der höhern Affen I, 124; über das Behaartsein der Elephantcn in höhern Districten I, 129; über die Schwanzwirbel der Affen I, 130; Classification der Säugethiere I, 103; über das Haar der Affen I, 109; über die Piscinen Verwandtschaften der Ichthyosaurier I, 178; über Polygamie und Monogamie unter den Antilopen
I, 230; über die Hörner der Antilo-capra americana I, 250; über den Mo-schusgernch der Crocodile während der Paarungszeit II, 24; über die Riechdrüsen der Schlangen II, 25; über Du-gong, Cachelot und Ornithorhynchu*
II, 212; über das Geweih des Edelhirsches II, 222; über das Gebiss der Camelidenll. 220; über die Stossziihnc des Mammuth II, 227; über das Geweih des irischen Elk II, 227; über die Stimme der Giraffe, des Stachelschweins und Hirsches II, 241; über den Kehlsack des Gorilla und Orang II, 243; über die Riechdrüsen der Säugethiere II, 215; über die Wirkungen der Castration auf die Stimmorgane des Manns II, 289; über die Stimme des Hylobates agilis II, 291; über amerikanische monogame Affen II, 318.
Oxynolas, Verschiedenheit der Weibchen von zwei Species II, 169.
P.
Paarungszeit, Sexualcharactere in der — verschieden bei Vögeln II, 68.
Pachydermata I, 230.
Paget, über abnorme Haarentwickelung beim Menschen I, 20: über die Dicke der Haut, an den Sohlen bei neuge-bornen Kindern I, 101.
I'alrtemon, Scheeren einer Species I, 290.
Palacortds, geschlechtlicher Farbennn-terschied II, 202.
l'rdaeornis javaiiic.us, Farbe des Schnabels II, 150.
I'tdaeorms rosa, Junges II, 165.
Palamedea coruuta, Flügelsporne II, 40.
Paläolithische Periode I, 160.
Palästina, Gewohnheiten des Buchfinken in —, I, 273.
Pallas, P. S., über die Vollkommenheit der Sinne bei den Mongolen I, 102; über den Mangel eines Zusammenhangs zwischen Clima und Hautfarbe I, 213; über die Polygamie der Antilope Saiga I, 236; über die hellen
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Palmaris. Register. Pelikan. 397
Farben von Rindern und Pferden im Winter in Sibirien I, 249; über die Eckzähne des Moschusthiers II, 225, 227; über Riechdrüsen derSäugethiere II, 245; über die, Riechdrüsen des Moschusthiers II, 247; über winterliche! Farbenveränderungen bei Säugethieren II, 262; über das Ideal weiblicher Schönheit in Nord-China II, 302.
Palmaris accessorius, Abänderungen des Muskels I, 94.
Pampas, Pferde der —, I, 208.
Pangenesis, Hypothese der —, 1,247, 251.
Panuiculus carnosus I, 16.
Papageyen, spatelförmigc Federn im Schwänze II, 03; Beispiel von Wohl-j wollen II, 95; imitative Fähigkeiten I, 37; Farbenveränderungeti I, 131; leben zu dreien II, 92; Zuneigung II, 94; Farben II, 190; geschlechtlicher Farbenunterschied II, 202; Farben und Nisten II, 149, 151, 153; unreifes Gefieder II, 165; musikalische Kräfte II, 293; Abänderung in der Färbung der Schenkel bei einem australischen II, 110.
Pwpilio, geschlechtlicher Farbenunterschied bei Species von —, I, 347; Ver-hältniss der Geschlechter nordameri-kanischer Species I, 276; Färbung der Flügel I, 353.
Papiiio ascemius I, 347.
„ sesostris und Childrenae, Variabilität I, 358.
1'apiUo Turnus I, 276.
Papilionidae, Variabilität I, 358.
Papuas, Trennungslinie zwischen den — und Malayen I, 192; Barte II, 282; Haare II, 298.
Papuas und Malayen, gegeneinandergehalten I, 190.
Paradiesvögel 11,87,158; vonLes-son für polygam gehalten I, 237; Rasseln mit ihren Federschäftcu II, 53; spateiförmige Federn II, 63; geschlechtlicher Farbenunterschied II 05; aufgeschlitzte Federn II, 63, 84; Entfaltung des Gefieders seitens der Männchen II, 76.
Paradisea upoda, fahnenlosc Federn im Schwänze II, 03; Gefieder II, 60; — und P. papuaua, Divergenz der Weibchen II, 169.
Paradisea rubra II, 64, 66.
Paraguay, Indianer von —, Ausrottung der Augenbrauen und Augenwimpern II, 305, 300.
Parallelismus der Entwickelnng von Sprachen und Arten I, 50.
Parasiten von Menschen und Thieren I, 10; Beweis für specifische Identität oder Verschiedenheit I, 193; Immunität vor — in Correlation mit der Farbe 1, 214.
Parbiac, geschlechtlicher Farbenunter-scliied II, 152.
Park, Mungo, eine Negerin lehrt ihre Kinder die Wahrheit Hellen I, Sl; seine Behandlung seitens der Negerfrauen I, 81; II, 286; über Negeransichten über das Erscheinen der Weissen II, 303.
Parti) eno gen es is, bei Tenthrcdinen I, 282; bei Cynipiden I, 281; bei Cru-staeeen I, 282.
Parti» caerukus II, 152.
Passer, Geschlechter und Junge II, 186. „ braclti/ductt/lus II, 180. „ dornenden* II, 148, 186. ., mnntaiias II, 148, 180.
Patagonier, Selbstaufopferung I, 75.
Patte rson, über Agrioniden I, 323.
Paulistas von Brasilien I, 198.
Pavian, vom Cap, Mähne dos Männchens II, 234; Ilamadryas, Mähne des Männchens II, 235.
Paviane, Wirkung berauschender Flüssigkeiten I, 9; Ohren I, 19; Zeichen mütterlicher Zuneigung I, 34; brauchen Stäbe und Stöcke als Waffen I, 43: Zusammenwirken 1, 64; Schweigen auf Plünderungszügen I, 66; Verschiedenheit der geistigen Fähigkeiten I, 94; Händel, 121; Gewohnheiten I, 122; Variabilität des Schwanzes I, 130; scheinbare Polygamie I, 235; polygame und sociale Gewohnheiten II, 318.
Pavo cristatus I, 257; II, 119.
„ muticas I, 257; II, 119; Sporne beim Weibchen II, 39, 142.
Pavo nujripennis II, 105.
Payaguas -Indianer, dünne Beine und dicke Arme I, 101.
Payan, Mr., über das Verhältniss der Geschlechter beim Schaf I, 271.
Pediculi von Ilausthieren und*Menschen I, 193.
Pedimwmus torqaatns, Geschlechter II, 176.
Pelagische Thiere, Durchscheinenheit
I, 289. Pelecanus eri/tlirorlii/itcluis, Ilornkamm
auf dem Schnabel des Männchens während der Paarungszeit II, 68. Pelecanus onocrotalas, Frühjahrsgefieder
II, 73. Telele II. 299.
'Pelikan, blinder von seinen Genossen
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398 Pelikane.- Register. Pike.
gefüttert I, G5; junger von alten Vögeln geleitet I, 65; Kainpfsucht des Männchens II, 3ß.
Pelikane fischen zusammen I, 03.
J'elobiits llermanni, Stridulation 1, 338, 340.
Pelz, Weisse des —es bei aretischen Thieren im Winter I, 24g.
relztrageiidc Tliiere, erlangen gejagt Scharfsinn I, 41.
Penelope m'gra. Laut des Männchens II, 55.
Pcnnant, über die Kämpfe der Rob-ben II, 211; über die Klappmützen-Robbe II, 245.
Pcnthc, Antennenkissen des Männclicns I, 307.
Periode der Variabilität, Beziehung der — zur geschlechtlichen Zuchtwahl 1, 262.
Periodicität, vitale, Dr. Laycock über —, I, 10.
Perisoreus cauadensis, Junge II, 184.
Peritrichia, Farbenunterschied der Geschlechter I, 328.
Perlhuhn, monogam I, 238; gelegentlich polygam I, 238; Zeichnungen II, 117.
Perlmutterfalter I, 353.
l'crnis cristata II, 110.
Perser durch Vermischung mit Georgiern und Circassiern veredelt II, 313.
Personnat, über Bomhy.r Yamamal I, 277.
Peruaner, Civilisation keine fremde
I, 159. * Petrotinda cyanea, Junge II, 193. l'etronia II, 186.
Pfau, monogam I, 238; sexueller Cha-racter I, 257; Kampfsucht des Männchens II, 38; Itassein der Federschäfte
II, 53; verlängerte Schwanzdecken II, G2, S3, 118; Liebe zur Entfaltung seiner Reize II, 74; Augenfleeke II. 118; Unzuträglichkeit des langen Schwanzes für die Henne II, 134, 143, 144; beständige Zunahme der Schönheit II, 189; Vorliebe der Weibchen für ein besonderes Männchen II, 104; erste Annäherung erfolgt vom Weibchen II, 105.
Pfauenauge, Schmetterling I, 350. Pfeifente, paart sich mit einer Spiess-
ente II, 99. Tfeiffer, Ida, über Javanesische Ideen
von Schönheit- II, 304. Pfeile, Gebrauch I, 205. Pfeilspitzen, steinerne, allgemeine
Aehnlichkeit I, 205. Tferd, polygam I, 230; Eckzähne des
Männchens II, 212; Winteränderung II, 262; Aussterben des fossilen südamerikanischen I, 211.
'forde, träumen 1, 38; schnelle Vermehrung in Süd-Amerika I, 116; Verkleinerung der Eckzähne I, 125; — der Falkland-Inseln und der Pampas 1,208; ZahlenverhältnissderGeschlech-ter I, 232, 234; in Sibirien im Winter heller I, 249; geschlechtliche Vorliebe II, 239; paaren sich am liebsten mit gleichfarbigen II, 259; Zahlenverhält-niss der männlichen und weiblichen Geburten I, 2G9; früher gestreift IT, 2G8.
Pflanzen, eultivirte, fruchtbarer als wilde I, 114; Xägeli. übernatürliche Zuchtwahl bei —, I, 132; männliche Blüthe früher reif als weibliche I, 229: Erscheinungen der Befruchtung I, 241; Beziehung zwischen Zahl und Grösse der Samen I, 284.
Pflicht, Gefühl der —, I, 59.
Phacochoertisadhiopicus. Stosszähne und Kissen II, 233.
Phalanger, fuchsartiger, schwarze Varietäten II, 258.
Phalaropiis fulicarius II, 177. „ liyperboreus II, 177.
Phanaevf! I, 330—332.
„ carnifex, Abänderung der Hörner des Männchens I, 330.
1'licmtuMs faamis, Sexnalverschiedenhei-ten I, 329.
Phanaeus laneifer I, 330.
Pha.igonura viridissima, Stridulation I, 316, 318.
Phnsiamts Soemmerringii II, 136, 144. „ versicolor II, 76.
„ Wallkliii II, SO, 171.
Phcismidae, Nachäffung von Blättern I, 369.
Philodromus I, 302.
Phocugroculaiidica, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 252.
Phoenicura ritticilla II, 91.
Tli osphorescenz der Insecten I, 308.
Pliryganiclae, Begattung verschiedener Species I, 30G.
Phrynhcus nigricans II, 21.
Pickering, über die Zahl der Men-
, schenarten 1, 199.
Ticton, J. A., über die Seele des Menschen II, 34S.
Picus anratus II, 36.
Pieper, Mausern der —, II, 71.
Pieridae, Nachäffung seitens der Weibchen I, 368.
Picris I, 350.
Pike, L. 0., über die psychischen Elemente der Religion I, 57.
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Pimelia. Register. Proctotretns. 399
Pimelia striata, Laute vom Weibchen hervorgebracht I, 342.
Piprd, modificirte Schwingen zweiter Ordnung beim Männchen 11, 5G.
l'ipra deliciom II, 5G.
Pirates stridulus, Stridulation I, 313.
Pirole, Nestbau II, 146.
I'isangfresser, Farbe und Nestbau, II, 149; beide Geschlechter gleicbmäs-sig brillant II, 154. i
J'itheeia lencoceplmla, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 255.
Pithecia satanas, Bart 11,249, 251; Aehnlichkeit mit einem Neger II, 336.
Pittidae, Nestbau II, 148.
l'lacuntata I, 177.
Plagiostome Fische II, 1.
i'itff*rtr«i?,glänzendpFarbeu cinigerl. 289.
l'latalea II, 51; Wechsel des" Gefieders II, 150.
Phitybleimnas I, 322.
Plaiycefcm, Junge 11, 184.
Platypliyllum coneavuni I, 315, 318.
Platyrhine Affen I, 171.
l'latysma myoides I, 16.
Pleeostomus, Kopftentakeln des Männchens einer Art II, 9.
Pleeostomus barhatm, eigenthümlicher Bart des Männchens II, 8, 9.
Plectropterus (jamhensis, gespornte Flügel II, 39.
Ploceus II, 46.
Pneumora, Bau I, 319.
Podiea, Geschlechtsverschiedenheit in der Farbe der Iris II, 112.
Pöppig, F., über die Berührung civi-lisirter und wilder Kassen I, 210.
Pollen und van Dam, über die Farben des Lemur macaco II, 255.
Polnische Hühner, Ursprung der Federkrone I, 251.
Polyandrie II, 321; bei gewissen Cy-pnniden I, 275, unter den Flateriden
I, 280.
Polydactylismus beim Menschen I, 10S.
Polygamie, Einfluss auf geschlechtliche Zuchtwahl I, 234; durch Dome-sticatiou herbeigeführt I, 238; ver-muthliche Ursache von mehr weibl. Geburten I, 208; beim Stichling.il, 2.
Polygeuisten I, 201.
Polynesien, Herrschen des Kiudes-mords II, 320.
Polynesier, weite geographische Verbreitung I, 90; Verschiedenheit dcrKör-pergrössel, 99; Kreuzungen I, 198; Variabilität I, 199; Heterogeneität 1, 212; Abscheu gegen Ilaare im Gesicht
II, 300.
l'olyplectron, Entfaltung des männlichen Gefieders II, 70; Zahl der Sporne 11, 39; Abstufung der Charactere II, 119; Weibchen II, 170.
Polypleclron eliinijitis II, 77, 120, 122. „ Jlm-dmehi II, 120, 121.
„ nmhiccease II, 121.
„ Kapoleoiüs II, 120, 122.
Pontopoteia ajfinis I. 295.
Porpita, glänzende Farben I, 2S9.
Porlax pieta, Rückenkamm und Kehlbürste II, 248; geschlechtlicher Far-bentinterschied II, 253, 203.
Portunns puber, Kampfsucht 1, 299.
Patamochoerits penicillatus, Stosszähne und Gesichtswülste II, 234.
Pouchet, G., über das Verhältniss von Instinct und Intelligenz I, 31; über die Instincte der Ameisen I, 1G3; über die Höhlen von Abu-Simbcl I, 191; über die Immunität der Neger vor gelbem Fieber I, 214.
Power, Dr., über die verschiedenen Farben der Geschlechter einer Art von Stpiilla I, 300.
Powys, Mr., über die Gewohnheiten des Buchfinken in Corfu I, 273.
l'resbytis eiitellit.i, Kämpfe des Männchens II, 284.
Preussen, Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Geburten I, 267.
Preyer, Dr., überzählige Brustdrüsen bei Frauen I, 108.
Pricliard, über die Verschiedenheit der Körpergrösse unter den Polynesiern I, 99; über Zusammenhang zwischen Schädelbreite und Vollkommenheit der Sinne bei den Mongolen I, 102; über die Capacität britischer Schädel in verschiedenen Altern I, 12G; über die Plattköpfe coluinbischer Wilden II, 298; über Siamesische. Begriffe von Schönheit II, 303; über die Bartlosig-keit der Siamesen II, 300; über die Deformation des Schädels unter den amerikanischen Stämmen und den Ein-geborneu von Arakhan II, 308.
Primäre Sexualorgano I, 223.
Primutes I, 105; sexueller Farbenunter-schied II, 255.
Primogenitur, Hebel der —, I, 147.
Primula, Verhältniss zwischen Zahl und Grösse der Samen I, 285.
Prinz envogel II, 98.
J'rionidae, geschlechtlicher Farbenunterschied I, 327.
Proctotretns miiitiwaodatiis II, 21, 31. „ temüs, geschlechtlicherFar-
benunterschied II, 31.
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400 Proportionen. Register. Reade.
Proportionen, Verschiedenheit der — in verschiedenen Rassen I, 190.
Protective Aehnlichkeiten bei Fischen II, 15.
Protective FärrAng bei Schmetterlingen I, 349; hei Eidechsen II, 31; hei Vögeln II, 172, 196; hei SiUige-thieren II, 2G1, 202.
Protective Natur der trüben Färbung weibl. Schmetterlinge I, 359, 361, 309.
Protozoa, Fehlen secundärer Sexnal-charactere 1, 288.
P ru ner-Bey. Vorkommen des supra-condyloiden Lochs beim Menschen I, 24: über die Farbe von neugebornen .Negern II, 278.
Pnocut, Verhältnis« der Geschlechter I, 281.
Pnma's, Streifen der jungen II, 161.
Purzel taube, Mandel-, I, 260.
I'iicuonolus haemorrhoK.i, Kampfsucht des Männchens II, 34; Entfaltung der untern Schwanzdecken seitens des Männchens II. 82.
Pyranga aestivu, das Männchen hilft beim Brüten II", 140.
Pyrodex, Farbenunterschied der Geschlechter I, 327.
Q-
Quaärumana, Hände I, 120; Verschiedenheiten zwischen den — und den Menschen I, 165; Abhängigkeit vom Clima I, 192; geschlechtlicher Farbenunterschied II, 255; ornamentaler Cha-racter II, 263; Analogie der Sexualverschiedenheit mit denen beim Menschen II, 279; Kämpfe der Männchen um die Weibchen II, 284; monogame Gewohnheiten II, 318; Barte II, 333.
Qua in, R., Abänderung der Muskeln beim Menschen I, 93.
Quaken der Frösche II, 23.
Quatrefages, A. de, Vorkommen eines rudimentären Schwanzes beim Menschen I, 24;-über das moralische Gefühl als Unterscheidungszeichen zwischen Thieren und Menschen I, 59; über Variabilität 1, 97; über die Fruchtbarkeit australischer Frauen mit weissen Männern I, 194; über die Panli-stas von Brasilien I, 19S; über die Entwickehmg der Rinderrassen I, 203; über die Juden I, 213; über das Erkranken der Neger an tropischen Fiebern nach einem Aufenthalt in kalten Climaten I, 214; über die Verschiedenheit zwischen Fehl- und Haussklaven I, 217; über den Einflnss des Climas auf Farbe I, 216; über die Ainos II,
282; über die Frauen von San Giu-liano II, 314.
Quechua-Indiauer I, 102; locale'Farbenvarietäten I, 217; kein graues Haar unter ihnen II, 280; Haarlosigkeit II, 283; langes Haar II, 305.
Qiieyqui'ihdn uruta II, 99.
(Juiscnliix major, Verhältniss der Geschlechter in Florida und Honduras
I, 274.
R.
Rahen, Stimmorgane II, 47, 52: stehlen glänzende Gegenstände II, 97: gescheckte der Färcier II, Uli.
Rache bei Thieren I. 33; Instinct I, 7(1.
Raffles, Sir S., über den Banteug II, 255.
Raia batt/i, Zähne II, 5.
,, duatta, Weibchen am Rücken bestachen II, 2; Geschlechtsunterschied der Zähne II, 5.
Redet maculata, Zähne II, 5. iRaken II, 48. | Rallen, spornflitglige II, 39. ' Rameses IL, I, 191. jRamsay, Mr., über die australische Moschusente II, 32; über den Prinzenvogel II, 98; über das Brüten der Me-nura superlia II, 143.
Rana exculenta, Stimmsäcke II, 23.
Rassen, distinetive Merkmale I, 189; — oder Species des Menschen I, 190; Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit I gekreuzter —, I, 194; Variabilität der Menschen-, I, 198: Aehnlichkeit der Menschen- in geistigen Merkmalen I, 205; Bildung der —, I, 208; Aussterben der Menschen-, I, 208; "Wirkung der Kreuzung I, 212; Bildung der Menschen-. I, 212; Kinder der Menschen-, II, 278; Abschen gegen Haare im Gesicht bei bartlosen Menschen-,
II, 300.
Ratte, gemeine, allgemeine Verbreitung Folge höherer Schlauheit I, 42; Verdrängung der neuseeländischen durch die europäische I, 211; "Soll polygam sein I, 237; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 271. I Ratten, durch ätherischeOele berauscht II, 247.
Reade, Winwood, über das Guinea-Schaf I, 250; Nicht-Entwickelung von Hörnern beim castrirten Guinea-Widder II, 217; Vorkommen einer Mähne bei einem afrikanischen Widder II, 250; über die Schätzung der Schönheit ihrer Frauen bei Negern II, 302; über die Bewunderung des Negers vor
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Rebhuhn. Register.
Rind. 401
einer schwarzen Haut II, 304; über die Idee der Schönheit unter Negern 11, 807; über die Jollofs II, 314; über die Hochzeitsgebräuche der Neger II, 329.
Rebhuhn, monogam I, 238; Verhält-niss der Geschlechter I, 272; weibliches II, 170.
Rebhuhn-Tänze II, 58.
Rebhühner, leben zu dreien II, 92; Frühjahrsbruten II, 93; unterscheiden Personen II, 9G.
Bedueidae, Stridulation T, 313.
Regeneration, theilweise, verlorener Theile beim Menschen I, 10.
Regenpfeifer, Flügelsporne II, 40; doppelte Mauserung II, 71.
Reh, Winteränderung II, 262.
Reiher, Liebesgeberden eines II ^ 58; aufgelöste J?edern II, 63; Hochzeits-gefieder II, 70; Junge II, 183; zuweilen dimorph II, 188; beständiges Wachs-thum des Federkamms und der Schmuckfedern einiger II, 189; Farbenveräu-derung bei einigen II, 203.
Religion, Mangel bei gewissen Rassen I, 55; psychische Elemente I, 57.
Rengger, über die Krankheiten des Cebus Ag(wm I, 9; über mütterliche Zuneigung bei einem Cebus I, 34; Rache von Affen genommen 1,33; Verstandeskräfte amerikanischer Affen I, 39; Gebrauch von Steinen zum Brechen harter Nüsse von Affen I, 43; Laute von Cebus Azarae I, 45; Warmmgsrufe von Affen I, 48; Verschiedenheit der geistigen Fähigkeiten bei Affen I, 95; über die Payaguas-Indiau'er I, 101; über die Inferiorität der Europäer gegen Wilde in Bezug auf Sinne I, 102; polygame Lebensweise von Mycetes carayn'I, 235; über die Stimme der Heulaffen II, 244; über den Geruch von Cervus campestris II, 24G; über die Barte von Mycetes ea-raya und L'ilhecia gatauas II, 249; über die Farben von Felis mitis II, 252; über die Farben von Cercus pa-ludosus II, 255; über geschlechtliche Farbenunterschiede bei Mycetes II, 255; über die Farbe der ueugebornen Guaranys II, 279; übe* die frühe Geschlechtsreife des weiblichen Cebus Azarae II, 279; über die Barte der Guaranys II, 282; über die Bezeichnung von Gemüthserregungcn durch Laute bei Affen II, 295'; über amerikanische polygame Affen II, 318.
Renthier, Geweihe mit zahlreichen Enden II, 222; sexuelle Vorliebe II,
Dakwin, Abstammung. II. Zweito Auflage
239; Geweihe I, 255; Winteränderung II, 2G2; Kämpfe II, 211; Geweihe des Weibchens II, 214.
Repräsentative Arten von Vögeln II, 1GG, 1G7.
Reproduction, Einheit der Erscheinungen der — bei allen Säugothieren
I, 10; —speriodo bei Vögeln II, 188. R e p r o d u c t i v s y s t e m, rudimentäre Gebilde des —, I, 25; accessorische Theile I, 181.
Beptilia II, 23; — uud Vögel, Verwandtschaft 1, 18G.
Bhaijium, Farben Verschiedenheit der Geschlechter einer Species I, 328.
RUamphastos carimitus II, 199.
Iihinoeeros, Nacktheit I, 128; Hörner
II, 218; Ilörner zur Vertheidigung gebraucht II, 231; greifen Schimmel an II, 259.
Bhynchaeu, Geschlechter und Junge II, 177.
Bhynchaea austraUs II, 177. n benyidensis II, 177.
M capensis II, 178.
Rh ythmus, Wahrnehmung des — durch Thiere II, 292.
Richard, über rudimentäre Muskeln beim Menschen I, 15.
Richardson, Sir J., über das Paaren von Tctrao umbellus'll, 41; über Te-trao tirophasianus II, 4S; über das Trommeln der Waldhühner II, 54; über die Tänze von Tetrao phasia-nellus II, 59; über Versammlungen von Waldhühnern IT, 88; über die Kämpfe männlicher Hirsche II, 211; über das Renthier II, 214; über die Hörner des Bisamoehsen II, 217; über Geweihe des Renthiers mit zahlreichen Enden II, 222; über das Orignal II, 228.
Richardson, über den schottischen Hirschhund II, 229.
Richter, Jean Paul Frdr., über Einbildungskraft I, 38.
Riechdriisen bei Säugethieren II, 245, 247; bei Schlangen II, 25.
Riedel, über ausschweifende weibliche Tauben II, 104.
Riesenhirsch, irischer, Geweihe desselben II, 228.
Riffe, Fische um — lebend 11, 14.
Rind, domesticirtes, Geschlechtsunter-sehiede spät entwickelt I, 259; rapide Zunahme in Süd-Amerika I, 117; domesticirtes wird in Sibirien im Winter heller. 1, 249; Hörner I, 256; II, 217; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 271.
2G
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402 RingamseL Register. S arkitliornis.
Ringamsel, Farben und Nestbau 11, 148.
Ripa, Pater, über die Schwierigkeit die Rassen der Chinesen zu unterscheiden I, 189.
Rivalität im Singen zwischen männlichen Vögeln II, 45.
Robbe, Klappmützen-, II, 244.
Robben, ihre Wachen meist Weibchen I, 63; Bedeutung der — für Classification!, 166; gescblcehtlicheFärbuugs-unterschiede II, 252; Schätzung der Musik seitens der —, II, 292: Kämpfe der Männchen II, 210; polygame Gewohnheiten II, 236; Paaren II, 236; geschlechtliche Eigenthümliehkeitenll, 244.
Robertson, über die Entwickelung der Geweihe beim Rehbock und Edelhirsch I, 255.
Robinet, über Grössenverschiedcnhei-ten männlicher und weiblicher Cocons des Seidenspinners I, 309.
Rochen, Klammerorgane des Männchens II, 1.'
Rohrsperling (-ammer),Kopffederndes Männchens II, 82; von einem Gimpel angegriffen II, 96.
Rolle, F., über den Ursprung des Menschen I, 3; über eine Veränderung deutscher, in Georgien angesiedelter Familien I, 216.
Römer, alte, Gladiatorenkämpfe I, 86.
Rössler, über die Achnliehkeit der untern Fläche von Schmetterlingen mit Baumrinde I, 349.
Rothauge, Glanz des Männchens während der Laichzeit II, 11.
Rothforelle, Färbung des Männchens während der Laichzeit II, 11.
Rothkehlehen, Kampfsneht des Männchens II, 34; Herbstgesaug II, 46; Gesang des Weibchens II, 46; greifen andere Vögel an, die Roth im Gefieder haben II, 97; Junge II, 182.
Roth schwänz eben, amerikanisches, brütet im unreifen Gefieder II, 188; finden verwittwet neue Gatten II, 91.
Rotz übertragbar zwischen Menschen und Thicren I, 9.
Rückgrat, Aenderung, um der aufrechten Stellung des Menschen zu entsprechen I, 124.
Rückschlag I, 105; vielleicht Ursache, schlechter Anlagen I, 150.
Rudimentäre Organe I, 14; Ursprung derselben I, 26.
Rudimente, Vorhandensein von —n in Sprachen I, 50.
Rudolphi, über den Mangel eines Zu-
sammenhangs zwischen Clima und Hautfarbe I, 213.
Rufe der ziehenden Gänse IT, 43.
Jitipkola crocea, Entfaltung des Gefieders seitens des Männchens II, 74, 75.
Rüppcll, E., über Eckzähne bei Hirschen und Antilopen II, 226,
Rüssel, geschlechtlicher Läugenunter-schied bei Rüsselkäfern 1, 225.
Rüsselkäfer, sexueller Unterschied in der Rnssellänge I, 225.
Russland, Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Geburten I, 267.
Huticilla II, 157.
Rütimeyer, über die Physiognomie der Affen I, 125.; über die Geschlechtsunterschiede der Affen II, 283.
Rutlandshire, Zahlenverhältniss der männlichen und weiblichen Gehurten I, 266.
S.
Sachs, J., Verhalten der männlichen und weiblichen Elemente hei der Befruchtung I, 242.
Sagittalkamm bei männlichen Affen und Australiern II, 279.
Säg et au eher junger II, 165.
Sahara, Vögel der —, II, 150; tliie-rische Bewohner H, 197.
St. John, über die Anhänglichkeit gepaarter Vögel II, 94.
St. Kilda, Barte der Einwohner von -, II, 2S1.
Sctlmo eriox und S. umbla, Färbung der Männchen während der Laichzeit II, 11.
Suhuo lycaodon II, 3. „ solar II, 3, 4.
Salvin, 0., über Kolibris I, 237; II, 147; Zahlenverhältniss der Geschlechter bei Kolibris I, 273; II, 194; über Ghamaepetes und l'enelope II, 55; über Sehasplioruts plalijcercua II, 56; über l'ipra (leiieiusa II, 56; über Chas-morhynchux II, 6S.
Samoa-Inseln, Bartlosigkcit der Ein-gebornen II, 282, 306.
Sandauge, gelbes (Schmetterling), Un-stätigkeit der Augenflecke II, 116.
Sand hüpf er I, 299.
Sand wich-Inseln, Variationen des Schädels der Kingebornen I, 93; Läuse I, 193; Superiorität der Edlen II, 313.
San-Giuliano, Frauen von —, II, 314.
Santali, neuerliche rapide Zunahme I, 115; Iluuter, über die —, I, 212.
Saphirina, Charactere der Männchen I, 301.
Sarlädiorni* melanonotus, Charactere der Jungen II, 162.
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Sars. Register. Schmetterlinge. 403
Sars, 0., über Pontoporeia a/f'inisl, 295.
Saturnia carpini, Anziehung der Männchen durch das Weibchen I, 278.
Suturnia Jo, Färbungsverschiedenhciten der Geschlechter I, 354.
Satumiidae, Färbung I, 3£2, 354.
Säuget liiere, Prof. Owen's Classification I, 16D; Genealogie I, 177; se-cundäreSexualcharaetereII,210; Waffen II, 212; comparativc Schädelcapa-cität jetziger und tertiärer I, 126; relative Grösse der Geschlechter II, 228; Verfolgung der Weibchen durch die Männchen I, 240; Parallelismus mit den Vögeln in Bezug auf secnn-däre GescWechtscharactere II, 260; Stimmen besonders während der Paarungszeit benutzt II, 290.
Sa vage, über die Kämpfe der männlichen Gorillas II, 284; über die Lebensweise des Gorilla II, 319.
Sa vage und Wyman, über die polygame Lebensweise des Gorilla I, 235.
Saxicola rubicola, Junge II, 193.
Schaaffhausen, Prof., über die Ent-wickelung der hintern Backzähne bei verschiedenen Menschenrassen I, 22; über die Kinnlade von la ISfaulette I, 109; über die Correlation von Muscu-losität und vorragenden Augenbrauen-leistcn I, 113; über die Zitzenfort-sätzo des Menschen I, 124; über Modifikationen derSchädelknocheu I, 127; über Menschenopfer I, 159; über das wahrscheinlich schnelle Aussterbender anthropomorphen Affen I, 175; über die alten Bewohner von Europa I, 209; über die Wirkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs von Theilen 1,218: über die Augeiibrauenleiste heim Menschen II, 277; über das Fehlen von Kassen Verschiedenheiten am kindlichen Schädel II, 278; über Ilässlichkeit 11, 310.
Schädel, Variation beim Menschen I, 93; cubischer Inhalt kein absoluter Beweis für den Intellect I, 125; Ne-anderthal- —, Capacität desselben I, 126; Ursachen der Modificatiou I, 127; Verschiedenheit in Form und Capacität bei verschiedenen Menschenrassen
I, 190; Variabilität der Form I, 199; Verschiedenheit in den Geschlechtern
II, 277; künstliche Modifikationen II, 298.
Schafe, Warnungssignale I, 63; sexuelle Verschiedenheit in den Hörnern I, 250; Hörner 1, 256: II, 217, 227; Sexualverschiedenheit der domesticir-terj — spät entwickelt I, 259; Zah-
lenverhältniss der Geschlechter I, 270; Art zu kämpfen II, 219; gebogene Stirn mancher II, 250.
3chafe, Merino, Verlust der Ilöruer bei Weibchen I, 251; IlörnerderMännchen I, 256.
Schakals lernen von Hunden bellen I, 37.
Schaum, IL, über die Flügeldecken von Dytiscu.i und Hijäroponw I, 307.
Schauspielen I," 205.
Scheeren der Krustcr I, 295, 29G, 301.
Schelver, über Libellen I, 323.
Scheuheit geschmückter männlicher Vögel II, 84.
Schildkröten, Stimme des Männchens I. II, 291.
'Schimpanse II, 283; Ohren I, 17; Stellvertreter der Augenbrauen heim — I, 21; baut Plattformen I, 30; knackt Nüsse mit einem Stein I, 43; Hände I, 120; Fehlen der Zitzenfortsätze I, 124; Richtung der Haare an den Armen I, 168; vermuthliche Entwicke-lung I, 203; polygame und sociale Gewohnheiten II, 318.
Schiödte, über die Stridulation von Reterocents I, 337.
Schirmvogel II, 50.
Schi ammschildkröte, lauge Krallen des Männchens II, 23, 24.
Schlangen, instinetiv von Affen gefürchtet I, 30, 35; geschlechtliche Verschiedenheiten II, 24; Begierde des Männchens II, 25.
Schlegel, F. von, über die Complicirt-heit der Sprachen uneivilisirter Völker
I, 51.
Schlegel, H., über Tanyaipterall, 166. Schleicher, über den Ursprung der
Sprache I, 47. Schi ei den, über die Klapperschlange
II, 25.
Schleiereulen, finden neue Gatten II, 91.
Sehleihe, Verhältniss der Geschlechter I, 275; Glanz des Männchens während der Paarungszeit II, 11.
Schmetterlinge, Verhältniss der Geschlechter I, 275; Vorderbeine bei einigen Männchen atrophirt I, 308; Geschlechtsunterschied in der Aderung der Flügel I, 308; Kampfsucht des Männchens I, 344; Laut von einem — hervorgebracht!, 345; protectiveÄrmlichkeiten der Unterfläche I, 349; Entfaltung der Flügel I, 353; weisse lassen sich auf weisses Papier nieder I, 356; von einem todten Exemplar gleicher Art angezogen I, 356; Werbung 26*
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404 Schmuck. Register. Seemann.
I, 350; Männchen und Weibchen bewohnen verschiedene Oertlichkeiten 1, 35<J.
Schmuck bei Vögeln II, 61. Schmuckfedern, am Kopfe der Vögel, in beiden Geschlechtern verschieden
II, 143.
Schnabel, geschlechtliche Formverschiedenheit II 33 ; geschlechtliche Farben-verschiedenheit II, 62; glänzende Farben II, 199.
Schneckenschalen, Verschiedenheit der Form bei männlichen und weiblichen Gasteropoden I, 291; schöne Farben und Formen I, 292.
Schneegans, weisse Farbe II, 200.
Schneehuhn, monogam I, 238; Sommer- und Wintergefieder II, 70, 71; Hochzeitsversammlungen II, 88; dreifache Mauserung TI, 158; protective Färbung II, 173.
Sehn ei de zahne, herausgeschlagen oder gefeilt von einigen Wilden II, 299.
Schnepfe, Färbung der —, II, 19S.
Schnnrrbartaffe II, 256, 272.
Schnurrbarte bei Affen 1, 167.
Schomburgk, SirRob., über die Kampfsucht der männlichen Moschusente von Guiana II, 36; über die Werbung der Rupicola crocea II, 75.
Schöne, Geschmack für das — bei Vögeln II, 94; bei Säugethiereu II, 200.
Schönheit, Gefühl für —, bei Thiercn I, 53; Schätzung der —, bei Vögeln 11,97; EinflussII, 296, 301; Variabilität des Maassstabes für —, II, 325.
Schreck, Wirkung auf Menschen und niedere Thiere gleich I, 33.
Schwalben verlassen ihre Jungen I, 71, 77.
Schwalbenschwanz I, 350.
Schwan, rother Schnabel des schwarzen II, 199; schwarzhalsiger II, 202; Junge des weissen II, 185; Trachea des wilden II, 51.
Schwäne II, 199, 202; Junge II, 183.
Schwanz, Vorkommen eines rudimentären —es heim Menschen I, 24; gewundener Körper an der Spitze 1, 25; Fehlen heim Menschen und den höhern Affen I, 130, 169; Variabilität bei Speeres von Macacus und bei Pavianen I, 130; Vorhandensein bei den frühen Urerzeugern des Menschen I, 180; Länge bei Fasanen IT, 136, 143, 144; Verschiedenheit in der Länge bei beiden Geschlechtern der Vögel II, 143. Schwanzbein I, 24, 25; im Körper
eingeschlossen I, 130. Schwanzwirbel, Zahl bei Makaken
und Pavianen I, 130; von Affen zum Theil im Körper eingeschlossen I, 130.
Schwarzbock, indischer, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 253.
Scliwarzkehlcb.cn, Junge II, 193.
Schweine, Ursprung der veredelten Rassen I, 203; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 271; Streifen der jungen II, 161, 266; geschlechtliche Vorliebe II, 239.
Schweinshirsch II, 266.
S c h w i n rt» ü c h t, Cebus Agarae erkrankt an — I, 9; Zusammenhang zwischen — und Teint I, 215.
Sclater, P. L., über modificirte Schwingen zweiter Ordnung bei der männlichen Pipra TI, 56; über verlängerte Federn bei Ziegenmelkern II, 62; über die Species von Chasmorhynchus II, G7; über das Gefieder von Pelecanns onocrotalus II, 73; über die Pisang-fresser II, 154; über die Geschlechter und Jungen von Taäorna variegata II, 180; über die Farben von Lemur macacoll, 255; über Streifen bei Eseln II, 208.
Scolecida, Fehlen seenndärer Sexualcha-ractere I, 288.
Scolopax frenata, Schwanzfedern II, 55. „ galUnago, Meckern II, 54. „ javensis, Schwanzfedern II, 55. „ major, Versammlungen II, 88. „ Wilsonii, Laute II, 55.
Scolytus, Stridulation I, 337.
Scott, J., über die Farbe des Bartes beim Menschen II, 280.
Scrope, über die Kampfsucht desLach-"ses II, 3; über Kämpfe der Hirsche II, 211.
Scudder, S. II., Nachahmung der Stridulation der Orthoptern I, 315; Stridulation der Acriiliidae I, 318; über ein devonisches hisect I, 321; über Stridulation II, 290.
Sculptur, Ausdruck des Iileals der Schönheit II, 307.
Sebitnani II, 299.
Sebright-Bantam-Huhn I, 261.
Sedgwick, W., erbliche Neigung Zwillinge zu produciren I, 114.
See-Anemonen, glänzende Farben I, 289.
See-Bär, polygam I, 237.
See-Elephant, Structur der Nase des Männchens II, 244; polygam I, 237.
Seelöwe, polygam II, 237.
Seemann, verschiedene Würdigung der Musik bei verschiedenen Völkern II, 292; über die Wirkungen der Musik II, 294.
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Seeschwalben. Register. Smith. 405
Seeschwalben, weisse II, 200; und schwarze II, 202; Veränderung des Gefieders nach den Jahreszeiten II, 200.
See skorpion, Geschlechtsverschiedenheit II, 7.
Seesterne, glänzende Farben einiger I, 289.
Sehnerv, Atrophie nach Zerstörung des Auges I, 100.
Seidenspinner, Verhältniss der Geschlechter I, 275, 277; Ailanthus-, Canestrini über die Zerstörung der Larven durch Wespen 1, 278; Verschiedenheit der Grösse männlicher und weiblicher Cocons I, 309; Paaren I, 357; Männchen befruchtet zwei oder drei Weibchen I, 361.
Selasphorus platycercua, zugespitzte Schwingen des Männchens II, 56.
Selbstaufopferung, bei Wilden I, 75; Würdigung I, 82.
Selbstbeherrschung, Gewohnheiterblich I, 78; Würdigung I, 82.
Selbstbewusstsein I, 52.
Selbsterhaltung, Instinct I, 76.
Selbstmord I, 150; früher nicht als Verbrechen betrachtet I, 80; selten ausgeübt' unter den niedersten Wilden
I, 80.
Selby, P. J., über die Lebensweise des Birk- und Moorhuhns I, 237.
Semilnnarfalte I, 19.
Semnopithecus I, 172; langes Haar am Kopfe einiger Species I, 167; II, 335.
Semnopithecus chrysomelas, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 256.
Semnopithecus comatus, ornamentales Haar am Kopfe II, 270.
Semnopithecus frontatus, Bart u. s. w.
II, 270.
Semnopithecus nasica, Nase I, 167.
„ nemaeus, Färbung II, 272.
„ rubieunäus, ornamentales
Haar am Kopfe II, 269.
Serranus, Hermaphroditismns bei —, I, 182.
Sexualcharactere, secnndäre I, 223; Beziehungen zur Polygamie I, 235; durch beide Geschlechter überliefert I, 247; Abstufung bei Vögeln II, 118; hei Sängethieren II, 210.
Sharpe, R. B., über Tanysiptera sylria II, 144; über Ceryle II, 151; über die jungen Männchen von Dacelo Gauäi-chaudii II, 165.
Shaw, über die Kampfsncht des männlichen Lachses II, 3.
Shaw, J., über den Schmuck der Vögel II, 61.
Shooter, J., über die Kaffern II, 304;
über die Hochzeitsgebräuche der Kaffern II, 328.
Shuckard, W. E., über geschlechtliche Verschiedenheiten der Flügel der-Hy-lncnoptern I, 308.
Siagoninni, Verhältniss der Geschlechter 1, 281; Dimorphismus bei Männchen
I, 333.
Siam, Verhältniss männlicher und weihlicher Geburten I, 268.
Siamesen, allgemeine Bartlosigkeit II, 281; Begriffe von Schönheit II, 303; behaarte Familie II, 332.
Siebold, C. Th. E. von, Gehörapparat der stridulirenden Orthoptern I, 315, 316.
Signal rufe der Affen I, 48.
Silberfasan, geschlechtliche Färbung
II, 200; ein trinmphirendes Männchen in Folge beschädigten Gefieders beseitigt II, 105.
Silberreiher, indischer, Geschlechter und Junge II, 191; Hochzeitsgefieder II, 70; weisse I, 200.
Simiadae I, 170; ihr Ursprung und ihre Abtheilungen I, 186.
Sinne, Inferiorität der Europäer gegen Wilde in Bezug auf —, I, 102.
Si.renia, Nacktheit I, 128.
Sirex juvencns I, 326.
Siricidae, Verschiedenheit der Geschlechter 1, 326.
Sitana, Kehlsack der Männchen II, 27, 28, 30.
Sklaven, Verschiedenheit der Feld- und Haus-, I, 217.
Sklaverei, Herrschen der —, I, 81; — von Frauen II, 322.
Sminthurus Intens, Werbung I, 311.
Smith, A., über die Grundlage der Sympathie I, 69.
Smith, Sir Andr., über das Erkennen von Frauen durch männliche Cynoce-phali I, 10; Beispiel von Gcdächtniss bei einem Pavian I, 37; Behalten der Farbe von den Holländern in Süd-Afrika I, 213; Polygamie südafrikanischer Antilopen I, 236; Verhältniss der Geschlechter bei Kobus ellipsl-prymnus I, 271; über Bmcephcätts ca-pensis II, 25; über südafrikanische Eidechsen II, 30; über kämpfende Gnus II, 211; über die Hörner von PJnnoceros II, 218; über das Kämpfen von Löwen II, 234; über Farben des Cap-Elaud II, 253; über die Farben des Gnu II, 254; über Hottentotten-Begriffe von Schönheit II, 303.
Smith, F., über Cynipiden und Tcnthre-dinidenl, 281; über die relative Grösse
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406 Sociale. Register. Sproat.
der Geschlechter bei bestachelten Hy-menoptcrnl, 310; über die Geschlechts-verschiedenheit bei Ameisen und Bienen 1, 326; über Stridulatioii von Trox sabnlonus 1, 338; über Stridulatioii von Monomjchufs pseudacori I, 340.
Sociale Thicrc, Zuneigung gegen ein-.ander I, Gl; Verteidigung durch die Männchen I, 70.
Sociale lnstinctc mit Pflichtgefühl verbunden I, 00.
Soldaten, amerikanische, Messungen I, 98; — und Matrosen, Verschiedenheit der Proportionen I, 100.
Solenostoma, helle Farben und Bruttasche der AVeibchen II, 18.
Sorex, Geruch II, 245.
Spanien, Verfall I, 155.
Spann, Höhe, bei Soldaten und Matrosen I, 100.
Spatliura Unäericooäi II, GG.
Speer, Ursprung I, 20G.
Specht, das Weibchen wählt sich einen Gatten II, 101.
Spechte II, 48; Klopfen II, 53; Farben und Nestbau II, 149, 152, 196; Cha-ractere der Jungen II, 162, 174, 1S3.
Species, Ursachen des Fortschritts I, 149; distinetive Merkmale I, 188; — oder Rassen des Menschen I, 190; Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit bei der Kreuzung I, 194; verrnuthete — des Menschen I, 199; Abstufung der —, I, 200; Schwierigkeit, zu bestimmen I, 200; stellvertretende — bei Vögeln II, 166, 167; — von Vögeln, comparative Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern bestimmter —, II, 1G7.
Spectrum femoratum, Farbenverschiedenheit der Geschlechter I, 322.
Spencer, Herbert, über die ersten Spuren der Intelligenz I, 31; Ursprung des Glaubens an spirituelle Kräfte I, 56; Ursprung des moralischen Gefühls
I, 87; Einfluss der Nahrung auf die Grösse der Kiefer I, 101; über das Verhältniss zwischenIndividuation und Genesis I, 284; über Musik II, 295.
Sperling, Kampfsucht des Männchens 11,34; Annahme des Gesangs desHänflings II, 47; Färbung II, 173; unreifes Gefieder II, 164; —, weissgekrön-ter, Junge II, 191.
Sperlinge, Haus- und Baum- II, 148; finden neue Gatten II, 91; Geschlechter und Junge II, 186; lernen singen
II, 293.
Spermaceti-Walfisch, Kämpfe der Männchen II, 211,
Spluwjidac, Färbung I, 352.
Sphinx, Mr. Bates über die Raupe einer —, I, 370.
Spiegel, Lerchevom — angezogen 11,97.
Spiessente, Gefieder dos Enterich II, 72; paart sich mit einer Wildente II, 100; paart sich mit einer Pfeifente II, 99.
Spiüoxoina maülmstr.i, von Truthühnern verschmäht I, 355.
Spinnen I, 302; Männchen lebendiger als Weibchen I, 240; Verhältniss der Geschlechter I, 282; geringe Grösse der Männchen I, 303.
Spirituose Getränke, Liebhaberei der Affen für —, I, 9.
Spirituelle Kräfte, Glaube an — fast allgemein I, 56.
Spitzmäuse, Geruch II, 245.
Spornen, Vorkommen bei Hennen I, 247, 251; Entwickelung bei verschiedenen Species von Phasianidenl, 257;
— hühnerartiger Vögel II, 37, 39; Entwickelung bei weiblichen Gallina-ceen II, 141.
Spottdrossel, theilweise Wanderung II, 95; Junge II, 193.
Sprache, Zusammenhang zwischen Gehirn und dem Vermögen der —, I, 49;
— eine Kunst I, 46; Ursprung der articulirten I, 47; Beziehung ihres Fortschritts zur Entwickelung des Gehirns I, 48; Wirkung der Vererbung bei Bildung der —, I, 49; complicir-ter Bau der — bei barbarischen Nationen I, 51; natürliche Zuchtwahl 1, 51; Geberden-, I, 205; primitive I, 207; — eines ausgestorbenen Stamms durch einen Papagey bewahrt I, 208.
Sprachen, Vorkommen von Rudimenten in —, I, 50; Classification I, 50; VariabilitätI, 51; Kreuzung oder Verschmelzung I, 51; Complexität kein Beweis für Vollkommenheit oder spe-cielle Schöpfung T, 52; Aehnlichkeit der —. Beweis für gemeinsamen Ursprung I, 164.
Sprachen und Species, Identität der Beweise ihrer gradweisen Entwickelung I, 50.
Sprengel, C. K., über Sexualität der Pflanzen I, 229.
Springbock, Hörner II, 220.
Sproat, Mr., Aussterben der Wilden auf Vancouver-Insel I, 211; Ausrottung von Gesichtshaaren bei den Eingeborenen von Vancouver-Insel II. 306; Ausreisscn des Barts bei den Einge-bornen von Vancouver-Insel II, 334,
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Squilla. Register. Suidae. 407
Squilla, Verschiedenheit der Farben der Geschlechter einer Species I, 300.
Staare, Kampfsucht des Männchens vom amerikanischen II, 43; Wahl eines Gatten vom Weibchen des roth-flügligen II, 101; drei — besuchen dasselbe Nest I, 238; II, 02; finden neue Gatten II, 92.
Stachel bei Bienen I, 224.
St a c h e 1 r o c h e, Verschiedenheit der Zähne in beiden Geschlechtern II, 5.
Stachelschwein stumm,ausgenommen in der Brunstzeit II, 241.
Städte, Leben in —n Ursache verringerter Körpergrössc I, 99.
Stammbaum des Menschen I, 1S5.
Stämme, ausgestorbene 1, 139; Aussterben der —, I, 208.
Stansbury, Capt., Beobachtungen über Pelikane I, (15.
Stark, Dr., Sterblichkeit in Städten und Landbezirken I, 152; Einffnss des Heirathens auf Sterblichkeit I, 153; grössere Sterblichkeit der Männer in Schottland I, 268.
Statuen, griechische, egyptische. assyrische u. s. f. gegeneinander gehalten II, 307.
Statur, von localen Einflüssen abhängig I, 98.
S taudinger, seine Schmetterlingsliste I, 279; über das Erziehen von Schmet-lerlingen I, 277.
Staun ton, Sir G., Abschen vor Unzüchtigkeit eine moderne Tugend I, 82.
Stebbing, T. R., über die Nacktheit des menschlichen Körpers II, 330.
Stehlen glänzender Gegenstände durch Vögel II, 97.
Steinbock, männlicher, fällt auf seine Ilörner II, 219; Bart II, 248.
Steindohle, rother Schnabel II, 199.
Steine von Affen zum Oeffnen harter Nüsse und als Wurfgeschosse benutzt
I, 121; Haufen I, 205. Steinwerkzeuge, Schwierigkeit sie
anzufertigen I, 120; Zeichen ausgestorbener Stämme I, 208. Stellvertretende Arten von Vögeln
II, 166, 167. Stemmatopus II, 245.
Stenobothnt.-t pratontm , Stridulations-organe 1, 318.
Sterblichkeitsverhältniss in Städten grösser als in Landbezirken I, 152.
Sterilität, allgemeine, bei einzigen Töchtern I, 148; bei Kreuzung ein tli-stinetiver Character von Species I, 188.
Stenia, Wechsel des Gefieders nach den Jahreszeiten II, 201.
Stiehl in g, polygam I, 239; Werbung des Männchens II, 2; brillante Färbung des Männchens während derLaich-zeit II, 12; Nestbau II, 16.
Stieglitz, II, 48, 73; Verhältniss der Geschlechter 1,273; geschlechtliche Verschiedenheiten des Schnabels II, 33; Werbung I], 81; Junge des amerikanischen II, 190.
Stimme bei Siiugetliiercn II, 241; bei Affen und Menschen II, 279; beim Menschen II, 289; Ursprung der — bei luftathmenden Wirbelthieren II, 290.
Stimmorgane des Menschen I, 49; von Vögeln I, 50; II, 142: von Fröschen II, 23; der Insessores II, 47; Verschiedenheit der — in den Geschlechtern der Vögel II, 48; ursprünglich in Bezug zur Fortpflanzung der Art benutzt II, 290.
Stirnbein, Bestehenbleiben der Naht
I, 107.
Stokes, Capt., über die Lebensweise
des grossen Kragenvogels II, 60. Storch, schwarzer, Gcschlcchtsunter-
schied der Bronchen II, 51; rother
Schnabel II. 199. Störche II, 199, 202; geschlechtlicher
Unterschied in der Farbe der Augen
II, 112. Strandschnecke I, 291.
S t r a u s s, afrikanischer, Geschlechter und Brütung II, 180; Streifen der jungen II, 161.
Streifen, von ganzen Gruppen von Vögeln beibehalten II, 115; Verschwinden von — bei erwachsenen Säuge-thieren II, 266. ,
Stretch, Mr., Zahlenverhältniss der Geschlechter junger Hühnchen I, 272.
StrepsicerosKudu, HörnerII, 224; Zeichnungen II, 264.
Stridulation, der Männchen von The-riclion I, 304; der Orthoptern und Ho-moptern I, 321; von Käfern I, 378.
Strix flammea II, 91.
Structur, Vorkommen nutzloser Modi-ficationen der —, I, 133.
Struthers, Vorkommen des supracon-dyloiden Lochs beim Menschen 1, 23.
Sturmvögel, Färbung II, 202.
SturnelJa huhviciana , Kampfsucht des Männchens II, 43.
SHtmns vulyarü II, 92 (s. auch Staare).
S üb -Species I, 200.
Suborbitaldrüson der Wiederkäuer II, 246.
Suiäac, Streifen der Jungen II, 161.
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408 Sulivan. Register. Temperament.
Sulivan, Sir B. J., über zwei Hengste,! die einen dritten angreifen fi, 211.
Sumatra, Compression der Nase bei den Malayen auf —, II, 308.
Siimner, Erzbischof, Mensch allein der i progressiven Veredelung fähig I, 4L
Supracondyloides Loch beim Menschen I, 23; bei frühen Vorfahren des i Menschen I, 180.
Swaysland, Mr., über die Ankunft der Zugvögel I, 229.
Swinhoe, R., über die gemeine Ratte in Formosa und China I, 42; über die Laute des männlichen Wiedehopfes II, 54; über Dicrurus macrocerens und den Löffelreiher II, 156 ; über die Jungen von Ardeola II, 167; über die Gewohnheiten von Turnix II, 177; über die Gewohnheiten von lihynchaea ben-galensis II, 177; über l'irole in unreifem Gefieder brütend II, 188, 189.
Sylvia atrkapiUa, Junge II, 192.
» cinerea, luftiger Liebestanz des Männchens II, 58.
Sympathie I, 140; bei Thieren I, 65; vermuthliche Grundlage 1, 69.
Sympathien, allmähliches Enveitern
I, 8G.
Syngnaihm, Abdo'minaltasche der Männchen I, 183.
Sypheotides anritus, zugespitzte Schwingen des Männchens II, 56; Ohrbüschel
II, 63.
T.
Tabanidae, Gewohnheiten I, 224.
Tadorna rariegata, Geschlechter und Junge II, 180.
Tadorna nilpanser II, 99.
Tahiti, Eingeborne I, 159; Compression der Nase II, 308.
Taille, Proportionen bei Soldaten und Matrosen I, 101.
Tait, Lawson , AVirkungen natürlicher Zuchtwahl auf civilisirte Nationen I, 146.
Talismane von Frauen getragen II. 302.
Tanagra aestiva II, 157; Alter des reifen Gefieders II, 187.
Tafiagra rubra, Abänderung beim Männchen II, 157; Junge II, 187.
Tanais, Fehlen des Mundes bei den Männchen einiger Species I. 224; Ver-hältniss der Geschlechter I, 282; dimorphe Männchen einer Species I, 294.
Tankerville, Earl, Kämpfe wilder Bullen II, 211. Tanysiptera, Rassen nach den erwachsenen Männchen bestimmt II, 166.
Tanysiptera sylvia, lange Schwanzfedern II, 144.
Tänze der Vögel II, 58.
Tanzen J, 205.
Taphrodcrea distortu«, vergrösserte linke Mandibel des Männchens I, 308.
Tapire, Längsstreifen der Jungen II, ,161, 266.
Tarsen, Erweiterung der Vorder- bei männlichen Käfern I, 306.
Tarsius I, 175.
Tasmanien, Mischlingsrassen von den Eiugebornen getödtet I, 194.
Tättowiren I, 205; Allgemeinheit II, 298.
Taube, späte Entwickclung der Fleischlappen bei der Boten-, I, 260; Rassen und ünterrassen der Haus-, II, 155; späte Entwickclung des Kropfes bei der Kropf-, I, 260; Weibchen verlässt ein ermattetes Männchen I, 231.
Tauben, Nestliuge durch die Secretion des Kropfes beider Eltern ernährt I, 184; Aenderung des Gefieders I, 249; Uebcrlieferung geschlechtlicher Eigentümlichkeiten I, 250; Wechsel der Farbe nach mehreren Mauserungen I, 260; Zahlenverhältniss der Geschlechter I, 272; Girrenil, 52; Abänderung des Gefieders II, 63, 64; Entfaltung des Gefieders vom Männchen II, 82; Ortsgedächtniss II, 95; Antipathie des Weibchens gegen gewisse Männchen II, 103; Paaren II, 103, 104; lüder-liches Männchen und Weibchen II, 104; Flügelbalken und Schwanzfedern II, 114; vermeintlich zu bildende Rasse II, 135; Eigentümlichkeiten der Kröpfer und Botentauben bei den Männchen vorherrschend II, 137; Nestbau II, 146; unreifes Gefieder II, 165; australische II, 153; belgische mit schwarzgestreiften Männchen I, 252, 260; II, 137. Taubenschwanz (Schmetterling) I,
356. Tausendfüsse I, 304. Taylor, G., über Quiscalus major I,
274. Teebay, über Aenderungen des Gefieders bei gefütterten Hamburger Hühnern I, 249. Tegetmeier, über die grosse Zahl männlicher Tauben I, 272; über die Fleischlappeu der Kampfhähue II, 84; über die Werbung der Hühner II, 102; über gefärbte Tauben 11, 103. Tembeta II, 299.
Temperament bei Hunden und Pferden vererbt I, 33.
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Tenebrionidae. Register. Trappen. 409
Tenebrionidae, Stridulation I, 337.
Teunent, Sir J. E., über die Stoss-zähne des Ceylonesischeu Elephanten II, 218, 227; über das häufige Fehlen eines Bartes bei den Eingebornen von Ceylon II, 281; Chinesische Ansicht über die Erscheinung der Cingalesen II, 302.
Tennyson, A., über die Controle der Gedanken I, 87.
Tenthredinae , Verhältniss der Geschlechter I, 281; Kämpfe der Männchen I, 325; Verschiedenheit der Geschlechter I, 326.
Tephrodornis, Jnnge II, 1G6.
Terai I, 209
Termiten, Gewohnheiten I, 321.
Testudo nigra II, 24.
Tetrao cupido, Kämpfe, II, 43; geschlechtliche Verschiedenheit der Stimmorgane II, 48.
Tetrao phasianellus, Tänze II, 58; Dauer der Tänze II, 87.
Tetrao scoticits II, 148, 162. 170.
» tetrix II, 148, 162, 170; Kampfsucht des Männchens II, 38.
Tetrao umbellns, Paaren II, 41; Kämpfe II, 42; Trommeln des Männchens II, 53.
Tetrao nrogallohles, Tänze II, 87.
» urogaüus, Kampfsucht des Männchens II, 38.
Tetrao m'ophammus, Aufblasen derSpeise-röhre beim Männchen II, 48.
Teufel, Feuerländer glauben nicht an den —. II, 57.
Tlwmnohia, Junge II, 166.
Thaumalea pieta, Entfaltung des Gefieders von Männchen II, 76.
Thecla, geschlechtliche Färbungsversehie-denheit hei Spccies I, 347.
Thecla rubi, protective Färbung I, 319.
Thee, von Affen gern getrunken I, 9.
Theridion I, 302; Stridulation der Männchen I, 304.
Theridion lineatum, Variabilität I, 303.
Thiere, Grausamkeit der Wilden gegen I, 81; domesticirte fruchtbarer als wilde I, 114; Charactere den —n und Menschen gemeinsam I, 161: Wechsel der Rassen domesticirter II. 324.
Tltomistts titrem und TU. floricolens, Farbenunterschied der Geschlechter I. 302.
Thompson , J. H., über die Kämpfe der Spermacetiwalfische II, 211.
Thompson, W., Färbung der männlichen Rothforellen während der Laichzeit II, 11; über die Kampfsucht der Männchen von Gallinula chloropus II,
34; Elstern finden neue Gatten II, 90; Wandorfalken finden neue Gatten II, 91.
Thorax-Fortsätze bei männlichen Käfern I, 328.
Thor eil, T., Verhältniss der Geschlechter bei Spinnen I, 282.
Thränengruben der Wiederkäuer II, 246.
Thug, Bedauern eines I, 80.
Thurmfalken finden neue Gatten II, 91.
Thury, Zahlenverhältniss männlicher u. weibl. Geburten bei den Juden I, 267.
Tltylacinus, Marsupialbeutel bei Männehen I, 181.
Thyxanura I, 311.
Tibia des männlichen f'rabro cribrarius verbreitert I, 307.
Tibia und Femur, Proportionen bei den Aymaras I, 103.
Tierra del Fuego s. Fenerland.
Tiger, Farbe und Zeichnung, II, 265; Entvölkerung indischer Districte durch I, 115.
Tillns elongatus, Farbenunterschied der Geschlechter I, 328.
Tineina, Verhältniss der Geschlechter
I, 277.
Tipiila, Kampfsucht der Männchen I, 312.
Todtengräber (Käfer), Stridulation I, 337. 340.
Tölpel, nur im erwachsenen Zustande weiss II, 200.
Tonga-Inseln, Bartlosigkeit der Eingeborenen II, 282, 306.
Tooke, Hörne, über Sprache I, 46.
Tomicun villosus, Verhältniss der Geschlechter I, 281.
Tordalke, Junge 11,191.
Totanus, doppelte Mauserung II,. 69.
Toynbee, J., über die Ohrmuschel des Menschen I, 17.
Trachea, bei einigen Vögeln gewunden und in das Brustbein eingebettet II, 51; Bau der - bei Rhynchaea II, 177.
Tragelaplius, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 253.
Trayelaphus scriptum, Rückenkamm II, 248; Zeichnungen II, 263.
Tragopan-Fasan I, 238; Anschwellen der Fleischlappen bei der Werbung
II, 61. Entfaltung des Gefieders vom Männchen II, 78; Zeichnungen der Geschlechter II. 117.
Tragops äispar, geschlechtlicher F'arbeu-
unterschied II, 25. Trappe, Kehlsack der männlichen II,
49; summender Ton II, 56; Ohrbüschel
einer indischen II, 63. Trap p en,Vorkommen von sexuellenVer-
schiedenheiten und Polygamie bei I,
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410 Trappenwachtel. Register. Unmässigkeit.
238; Liebesgeberden der Männchen II, 59; doppelte Mauserung II, 69.
Trappenwachtel, australische 11.176.
Trauerente, schwarze, geschlechtliche Färbungsverschiedenheit II, 198; heller Schnabel des Männchens II. 199. !
Träume I, 38; mögliche Quelle für den Glauben an spirituelle Kräfte I, 56.
Treue gegen einander bei "Wilden 1,81; Bedeutung der I, 141.
Tremex eohimbac I, 326.
Trichins, geschlechtlicher Farbenuntcr-schied, hei Spccies I, 328.
Trimen, A., Verhältniss der Geschlechter südafrikanischer Schmetterlinge I, 276; Anziehen an Männchen durch die weibliche Lasiocampa querem I, 278; über Pnenmora I, 320; über geschlechtliche FarbenuntOrsciiiedc bei Käfern 1. 328; über Motten, die unterhalb brillant gefärbt sind I, 353; über Nachäffung bei Schmetterlingen I, 366; über Gynunisa Isis, und über die Au-genfiecke bei'Lepidoptern II. 115; über Cyllo leäa II, 116.
Tringa, Geschlechter und Junge II. 190. » Camttns II. 70.
Triphaena, Färbung der Spccies I, 351. 352.
Tristram, über ungesunde Distrietc in Nord-Afrika I, 215; über die Gewohnheiten des Buchfinken in Palästina I. 273; über die Vögel der Sahara IL 150; über die Thiere der Sahara II. 197.
Triton cristatus II, 20. » pahnipes II, 20. » punetatus II, 20. 21.
Troglodytes vulgaris II, 173.
Troqon, Farben und Nisten der II, 149, 151.
Tropen, Süsswasserfische der II, 14.
Tropikvögel, nur im erwachsenen Alter weiss II, 200.
Trox sahulosus, Stridulation I, 338.
Truthuhn, Hahn fegt mit den Flügeln den Boden II, 53; Schwellen der Fleischlappen beim Männchen 11, 61; Varietät mit einer Federkrone II, 63; Entfaltung des Gefieders heim wilden Hahn II, 74; Kämpfe des Hahns II, 84:1 Wiedererkennung eines Hundes 11, 96;! Kampfsucht eines jungen wilden Hahns II, 41; Töne der wilden II, 52; wilder 1 Hahn domesticirten Heimen angenehm II, 104; erste Annäherung beim wilden ' geschieht von den Weibchen II, 105: Brustbüschel von Borsten beim wilden II. 157. Tugenden, ursprünglich nur sociale 1,
79; allmähliche Würdigung der —, I, 144.
Tukans, Farben und Nestbau II, 179; Schnabel und Wachshaut II, 199.
Tulloch, Major, Immunität des Negers gegen gewisse Fieber I, 214.
Titrdus memla II, 148; Junge II, 192; (s. auch Amsel).
Turdvs migrutoruis II, 161.
" polyglottes, Junge II, 193. » torquatus II, 148.
Turner, Prof. W., über Mnskelbündel beim Menschen, die auf den I'aniiicu-lus carnosus zu beziehen sind I, 16; Vorkommen des supracondyloideh Lochs beim Menschen I, 23; Muskeln des Coccyx beim Menschen I, 24; über das Filum terminale beim Menschen I, 24; über die Variabilität der Muskeln I, 93; über abnorme Zustände des menschlichen Uterus 1. 106; über die Ent-wickelung der Brustdrüsen I, 183; über männliche Fische, welche die Eier in der Mundhöhle brüten 1, 184.
TurnLv. Geschlechter bei einigen Spe-cies II, 176, 182.
Turteltaube, Girren II, 52.
Tuttle, H.. Zahl der Menschenarten I, 199.
Tylor, E. B., über Ausrufe und Gesten in Folge von Erregungen 1, 45; Ursprung des Glaubens an spirituelle Kräfte I, 56; ursprüngliche Barbarei civüisirter Nationen I, 157; Ursprung des Zählens I, 158; Aelmlichkeit der geistigen Charactere bei verschiedenen Menschenrassen I, 204.
Typus des Baues, Vorherrschen I, 185.
Typliaens, Stridulationsorgane I, 337; Stridulation I, 338.
U.
üebelthäter I, 150.
Ueberli ef e rung, gleichmässige, ornamentaler Charactere auf beide Geschlechter bei Säugethieren II, 261.
Uehertragung männlicher Charactere auf weibliche Vögel II, 169.
U eb er t r ei bu n g natürlicher Charactere durch den Menschen II, 308.
Ueberzählige Finger häufiger bei Männern als Frauen I, 243; Vererbung I. 252: frühe Entwickelung I, 258.
Uhrmacher, kurzsichtig I, 102.
Umhrina, Laute II, 19.
Unfruchtbarkeit, allgemeine, einziger Töchter I. 148; bei Kreuzung ein distinetives Merkmal fiirSpecies 1,188.
Unmässigkeit, kein Tadel bei W'ilden
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Unreifes, Register. Vögel. 411
I, 82; ihre zerstörenden Wirkungen I, 150.
Unreifes Gefieder der Vögel II, 1G0, 1G3.
Unterbrechung der Reihe zwischen Mensch und Affe I, 175.
Unzüch tigkoit, Absehen vor — eine moderne Tugend I, 82.
Upnpa epops, Laut des Männchens II, 54.
Uraniidae, Färbung I, 352.
Urerzeugor, früher, des Menschen I, 180.
Uria trotte Varietät (U. Jacryman«) II. 111.
Urodela II, 20.
Uroatictc Benjamini, geschlechtliche Verschiedenheiten II, 132.
Uterus, Rückschlag im Bau I, 10G; mehr oder weniger getheilt beim Menschen I, 106, 112; bei frühen Urer-zengern des Menschen doppelt t, 180.
V.
Vaccination, Einfluss I, 14C.
Vancouver-Insel, Mr. Sproat über die Wilden von — I. 210; Eingeborene reissen die Haare im Gesichte aus II, 305. Vanellus cristatm, Flügelhöcker des Männchens II, 40.
Vanessae I, 345; Aehnlichkeit der untern Fläche mit der Rinde von Bäumen I, 349.
Variabilität, Ursache I, 95; beim Menschen analog der hei niederen Thieren I, 97; — der Menschenrassen I, 198; grösser hei Männern als bei Frauen I, 243; Periode der — in Beziehung zur geschlechtlichen Zuchtwahl I, 2G2; bei Vögeln II, 109; — 3ecundärer Sexualcharactcr beim Menschen II, 281.
Variation und Variiren s. Abänderung.
Varietäten, Fehlen von, zwischen zwei Species Beweis ihrer Distinetheit, 1,189.
Variolen, übertragbar zwischen Menschen und niedern Thieren I, 9.
Vaureal I, 24
Veddahs, monogame Lehensweise II, 319.
Veit eh , über den Abscheu japanesischer Damen gegen Backenbärte II, 30G.
Venus Erycina, Priesterinnen der — II, 314.
Vermes I, 293.
Verbreitung, weite, des Menschen 1, 118; geographische, als Beweis für speeifische Verschiedenheit beim Menschen I, 192.
Veredelung, progressive, vermeintlich ist nur der Mensch einer solchen fähig
I, 41.
Vereinigte Staaten, Verhältniss der Zunahme I, 113; Einfluss der natürlichen Zuchtwahl auf den Fortschritt I, 156; Veränderung der Europäer in den I, 217.
Vererbung I, 95; des Gebrauchs der Stimm- und Geistesorgane I, 49; der moralischen Neigungen I, 87, 90; der Weit- und Kurzsichtigkeit I, 102; Gesetze 1,247; sexuelle I, 252; geschlechtlich beschränkte II, 134.
Vernunft bei Thieren I, 38.
Verrath an Caineraden, von Wilden vermieden I, 75.
Verrcaux, über die Anziehung zahlreicher Männchen durch das Weibchen einer australischen Bombyx I, 278.
Verrücktheit erblich I, 95.
Verschiedenheiten, comparative, zwischen verschiedenen Species von Vögeln desselben Geschlechts II, 169.
Verstümmelungen, Heilung von 1,10.
Vertebrata, s. Wirbelthiere.
Vertheidigungsorgane bei Säuge-thieren II, 231.
Verwandtschaft, Bezeichnungen der
II. 31G.
Verwunderung, Zeichen der,bei Thieren I, 35.
Vesicitkt prostatica, das Homologon des Uterus I, 25, 181.
Vibrissen, durch lange Haare in den i Augenbrauen vertreten I, 20.
Viäua II, 158.
» axillaris II, 237.
Villermc, über den Einfluss des Wohlstandes auf Körpergrösse I, 99.
Vinson, Aug., über das Männchen von Upeira nigra I, 303.
Viper, Verschiedenheit der Geschlechter II, 24.
Virey. Zahl der Menschenarten 1,199.
Viti-Archipel, Bevölkerung des —, I, 198.
Vlacovich, über den ischiopubischen
Muskel I, 110. iVocalmusik bei Vögeln II, 43. 'Vögel, Nachahmung des Gesangs anderer Vögel 1, 37; Träumen 1, 38 ; Sprache I, 40; Schönheitssinn I, 53; Freude am Brüten 1, 67 ; Brüten des Männchens I, 184; Verwandtschaft der — und Reptilien I, 186; sexuelle Verschiedenheit des Schnabels bei einigen I, 225; Ankunft der Männchen bei Zugvögeln vor den Weibchen I, 228; Beziehung zwischenPolygamie und mar
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412 Vogt. Register. Wallace.
kirter sexueller Verschiedenheit, I, 238; monogame werden unter Domestication polygam I, 238; Gier der Männchen beim Verfolgen der Weibchen I, 240; Zahlcnverhältniss der Geschlechter hei wilden I, 272; secundäre Sexnalcharae-tere II, 32; Grössenverschiedeuheit der Geschlechter II, 36; Kämpfe der Männchen im Beisein der AVeibchen II, 41; Entfaltung der männlichen Reize um das Weibchen zu fesseln IT, 42; Aufmerksamkeit auf den Gesang anderer 11, 44; lernen den Gesang ihrer Pfleg-eltern 11.47; brillante selten gute Sänger II, 47; Liebesgeherden und Tänze 11, 58; Färbung II, 04 flgde; Mauserung II, 68 flgde; nicht gepaarte II, 89; Männchen ausser der Zeit singend II, 46, 93; gegenseitige Zuneigung II, 94: iu Gefangenschaft unterscheiden Personen II, 96; Erzeugung hybrider II, 99; Zahl der europäischen II, 109; Variabilität II, 109: Abstufung der seeundären Sexualcharactere II. 118; trübe gefärbte bauen verborgene Nester Tl, 147; junge Weibchen, welche männliche Charactere annehmen II, 157; brüten im unreifen Gefieder II, 188; Mausern II, 189: Häufigkeit eines weis- J sen Gefieders bei Wasser — n II, 201; vocale Werbung II, 290; nackte Haut am Kopf und Hals II, 331.
Vogt,-Carl, über den Ursprung der Ar-1 ten I, 1 ; über den Ursprung des Menschen I, 3; über die halbmondförmige | Falte beim Mensehen I, 19; über die Nachahmnngsfähigkeit niikrocepbaler Idioteu 1, 47; über mikrocephale Idioten I, 104; über Schädel aus brasilianischen Höhlen I, 191; über die Entwickelung der Menschenrassen I, 203; iiber die Bildung des Schädels bei Frauen II, 278: über die Ainos und Keger II. 282; über die verstärkte i Sexualverschiedenheit der Schädel beim Menschen mit Rassenentwickelung II, i 289; über die Schiefe der Augen bei j Chinesen und Japanesen II, 302.
Vorziehen gewisser Männchen von weiblichen Vögeln II, 98. 107; Zeichen eines - s beim Paaren der Säugethiere II, 235.
Vulpian, Prof., über die Aehnlichkeit des Gehirns des Menschen und der j höheren Affen I, 8.
W.
Wachen von Tbieren ausgestellt 1,1 63, 70.
Wachshaut der Vögel, helle Farben II, 199.
W a d v ö g e 1, Fehlen seeundärer Ge-schlechtscharacterc I, 238; doppelte Mauserung einiger II, 69: junge II, 191.
Waffen, von Affen angewandt, I, 43; Gebrauch I, 118; Angriffs- der Männchen I, 227; der Säugethiere II, 211 flgde.
Wagner, R.. Vorkommen eines Diastema an einem Kafferschädel I, 109; über die Bronchen des schwarzen Storchs II, 52.
Wahl des Männchens durch weibliche Vögel II, 86, 105.
Wahrheit nicht selten zwischen Gliedern desselben Stammes zu finden J, 81; von gewissen Stämmen hoch geschätzt I, 85, 86.
Waitz, Prof., Zahl der Menschenarten
I, 199; Farbe australischer Kinder II, 278;Bartlosigkeit der Neger II, 282; Neigung der Menschen sich zu schmücken
II, 297; Erkrankung der Neger an tropischen Fiebern nach Aufenthalt in kaltem Clima I, 214; über japanesische und cochinchinesische Begriffe von Schönheit II, 305.
Walckenaer und Gervais, über die Myriapoden I, 304.
Wald eyer, über den Hermaphroditis-mus der Wirhelthicrembryonen I, 181.
Walker, Alex., über die bedeutende Grösse der Hände bei Arbeiterkindern I, 101.
Walker, F., über geschlechtliche Verschiedenheiten hei Dipteru I, 311.
Wallace, Dr. A., über den Gebrauch der Tarsen männlicher Motten als Klammerorgane I, 226; über die Zucht des Ailanthus-Seidenspinners I, 278; über die Zucht von Lepidoptcrn I, 278; Verhältnisse der Geschlechter bei Bombyx cynthia, S. yamamai und B. Vernyi von ihm gezogen I, 280; über die Entwickelung von Bombyx cynthia und B. yamamai I, 309; über das Paaren von Bombyx cynthia I, 357; über die Befruchtung der Motten I, 361.
Wallace, A. R., über den Ursprung des Menschen I, 3; über das Nachahmungsvermögen des Menschen I, 32; über den Gebrauch von Wurfgeschossen beim Orang I, 43; über die wechselnde Würdigung der Wahrheit hei verschiedenen Stämmen I, 86; über die Grenzen der natürlichen Zuchtwahl beim Menschen I, 119, 137; über das Vorkommen von Gewissensbissen bei Wilden I, 143; über die Wirkungen ,
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Walross. Register. Weehselfieb er. 413
natürlicher Zuchtwahl auf eivilisirte' Nationen I, 14G; über dou Nutzen der Convergenz der Haare am Einbogen beim Orang I, 1G8; über den Coutrast der Charaetore der Malaycn und Papuas I, 190; über die Trennungslinie zwischen Malayeu und Papuas I. 192; über die Geschlechter von Oniiihopiera eroesut I, 270,; über protective Aehn-lichkeiten I, 289; über relative Grösse der Geschlechter bei Insecten I, 809; über ilkiphomyia I, 312; über Kampf-snclit der Männchen von Lepiorltyn-clms anyustatus I, 334; über Laute von EueMrtm lonyimanus I, 339; über die Farben von Diaäema 1,346; über Kai-lima I, 349; über protective Färbung bei Motten I, 351; über glänzende Färbungen als Schutz bei Schmetterlingen I, 352; Variabilität bei Papilio-niden I, 358; über das Bewohnen verschiedener Oertlichkeiten von männlichen und weiblichen Schmetterlingen I, 359; über die protective Natur der düstern Färbung weiblicher Schmetterlinge I, 359'. 360, 3G9; über Nachäffung bei Schmetterlingen I, 306; über das Nachäffen von Blättern bei Plasmiden I, 309; über die helle Färbung bei Kaupen I, 370; über glänzende Färbung riffbewohnender Fische II, 14; über Corallenschlangen II, 26; über Paradisea apoäa II, 03, 00; über Entfaltung des Gefieders von männlichen Paradiesvögeln II, 76; über Versammlungen von Paradiesvögeln II, 88; über Unstätigkeit der Augenfiecken bei Ißp-pwchia Jamrall, 116; über geschlechtlich beschränkte Vererbung II, 134;i über sexuelle Färbung bei Vögeln II, 145, 171. 173. 176, 181; über die Beziehung zwischen den Farben und Nest-j bau bei Vögeln II, 145, 149; Cotin-giden sind monogam I, 237; über die Färbung der Cotingiden II, 155: über die Paradiesvögel I, 237; über die Weibchen von Paraäimi apoäa und papuana II, 169: über das Brüten des Casuars II, 179; über protective Färbung bei Vögeln II, 19G; über das. Haar der Papuas II, 298; über den Babyrussa II. 232; über die Zeichnungen des Tigers II, 265; über die Barte des Papuas II, 282; über die Vertheilung von Haar über den menschlichen Körper II, 230.
Walross, Entwickelung der Niekhaut I, 19: Stosszähne II, 212, 218; Gebrauch der Stosszähne II, 225.
Walsh, B. D., Verhältuiss der Ge-
schlechter bei l'apilio turnas I, 276; über Cynipideu und Cecidompiden I, 281; über Klammerorgane männlicher Insecten I, 306: über Conjdiilis cor-nula 1, SOG; über die Kiefer von Am-mophila I, 30G; über die Antennen von l'enthe 1, 307; über die Schwanzanhänge der Libellen 1, 307; über Pla-lyphyllum coiicavum I, 348; über geschlechtlichen Farbenunterscbied bei Spectrum femoratum I, 322; über die Geschlechter der Ephemeriden I, 322; über Geschlechter der Libellen I, 322; über Gescblechtsvcrschiedenheit bei Icbneumnniden I, 32G; über die Geschlechter von OraodaciM atra I, 328 ; über Abänderung der Hörner desmänu-lichen Phanaetn cai-nifex I, 330; über die Färbung der Species von Anthn-charis I, 350.
Wamme bei Rindern und Antilopen II, 249.
Wanderfalke findet verwittwet neue Gatten II, 91.
Wanderheuschrecke I, 315.
Wander instiuet der Vögel 1, 67 ; besiegt den mütterlichen I, 71. 77.
Wanderungen des Menschen, Wirkungen I, 117.
Wangenbein, abnorme Theilung beim Menschen I, 107,
Wanzen I, 312.
Warington, R., über die Gewohnheiten des Stichlings II, 2, 17; über die brillante Färbimg des männlichen Stichlings in der Laichzeit fl, 12.
Wärme, vermutbete Wirkungen der T, 100.
Warnungsrufc der Affen I, 48.
Wa rzenseh'wein, Stosszähne und Kissen II, 233.
Wasseramsel, Herbstgesang II, 40
Wasserhund, Ueberlegung I, 40.
Wassersalamander II, 20.
Wasservögel, häufiges Vorkommen weissen Gefieders II, 201.
Waterhouse, C. 0., über blinde Käfer I, 327; über geschlechtliche Farhen-verschiedenheiten bei Käfern I, 328.
Waterhouse, G. It., über die Stimme des Hylobates ayilis II, 291.
Waterton, C., über das Paaren einer Canadagans mit einem Bernikelgän-serich II, 99; über Hasenkämpfe II, 210; über den Glöeknervogel II, 68.
Weale, J. Mauset, über eine südafrikanische Raupe I, 370.
W e b b. Dr., über die Weisheitszähne
T 09
Wechselfieber bei einem Hunde I, 10.
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414 Wedgwood. Register. Whately.
Wedgwood, Hensleigh, über den Ursprung der Sprache I, 47.
Weibchen, Benehmen der — während der Werbung I, 241: Vorkommen rudimentärer männlicher Organe bei —, I, 181; Vorliebe für gewisse Männchen
I, 231; von Männchen verfolgt I, 240; Vorkommen seeundärer Sexualcharac-tere I, 244; Entwickelung männlicher Charactcre I. 247.
Weibliche Vögel. Verschiedenheiten derselben II, 169.'
Weir. Harrisou, über Zahlenverhältnisse der Geschlechter bei Schweinen und Kaninchen I, 271; über die Geschlechter junger Tauben 1, 272: über die Gesänge der Vögel II, 44; über Tauben II, 95; über den Hass blauer Tauben gegen anders gefärbte Varietäten
II, 103; über weibliche Tauben, die ihre Gatten verlassen II, 104.
Weir, J. Jenner, über die Nachtigall und den Plattmönch I, 229; über die , relative Geschlechtsreife männlicher' Vögel 1, 230; weibliche Taubon verlassen ihre schwachen Gatten I, 231; über drei, dasselbe Nest besuchende Staare I, 237; Geschlechtsverhältniss bei Machetes pucjnax und andern Vögeln I, 272; über die Färbung der Tripliaenae 1, 351; über das Verschmähen gewisser Raupen von Vögeln
I, 371; über Geschlechtsverschiedenheiten im Schnabel des Stieglitz II, 33; über den Zweck des Singens der Nachtigall II, 44; über einen pfeifenden Gimpel II, 44; über Singvögel II, 45; über die Kampfsncht männlicher schöngefiederter Vögel II, 80; über die Werbungen der Vögel II, 81: Wanderund Thurmfalken finden neue Gatten
II, 91; über Gimpel und Staare II, 91, 92; über zu dreien lebende Staare und Papageyen II, 93 : über die Ursache des Nichtgepaartbleibens bei Vögeln II, 94; über Farbenerkemnmg bei Vögeln II, 96; über hybride Vögel II, 99; ein weiblicher Canarienvogel wählt sich einen Grünfinken II, 100; ein Fall , von Rivalität zwischen weiblichen Gimpeln II, 106; über die Reife des Goldfasans II, 187.
Weis back, Messungen von Menschen verschiedener Rassen I, 190; über die grössere Variabilität der Männer im Vergleich zu der der Frauen I, 243; über die relativen Körperproportiopen der Geschlechter verschiedener Menschenrassen II, 284.
Weisse Farbe, eine sexuelle Zierath
bei manchen Vögeln II, 203; bei Sän-gethieren, die schneeige Länder bewohnen II, 262.
Weisskehlch en, luftiger Liebestanz des Männchens II, 58.
Welcker, über Brachycephalie und Do-lichocephalio I, 128; über sexuelle Verschiedenheiten im menschlichen Schädel II, 278.
Wells, über die Immunität gefärbter Rassen gegen gewisse Gifte 1, 214.
Werkzeuge, von Affen benutzt I, 43; Formen von —n dem Menschen eigentümlich I, 44: Gebrauch der —. I, 118; Feuerstein- —, I, 160.
YVestring, über Stridulation des männlichen Thmäion I, 304; über die Stridulation von Reduvius personatus I, 313; über Stridulation von Käfern I, 338; über die Stridulation von Oma-lopha brunnea I, 339; über Laute von Cychrus I, 340; über Stridulations-organe der Coleoptern I, 340.
Westphalen, grösseres Verhältniss weiblicher unehelicher Kiuder I, 267.
Westropp. über das Vorherrschen gewisser Formen von Zierathen I, 205.
Westwood, J. 0, über die Classification der Hymenoptern I, 164; über die Cnliciden und Tabaniden I, 224; über ein parasitisches Hymenopter mit sitzendem Männchen I, 241; über das Verhältniss der Geschlechter bei Lucanns cerciis und Siagonium I, 281 : über das Fehlen der Ocellen bei weiblichen Mutilliden I, 305; über die Kiefer von Ammopliila I, 306; über das Paaren von Insecten verschiedener Arten I, 306 ; über den männlichen Crahro cri-In-arins I, 307; über die Kampfsncht männlicher Tipulac I, 312; über die Stridulation von Pirates strididus I, 313; über die Cicaden I, 313; über die Stridulationsorgaue der Grillen I, 316; über Pnmmiara I, 319; über Epldppiger ritium I, 317, 320; über die Kampfsucht der Mantiden I, 321; über Platt/Hemmts I, 322; über Geschlechtsverschiedenheit beiden Agrio-niden I, 322; über die Kampfsncht einer männlichen Tenthredinide I, 325; über Bledius taurus und Siagonium I, 333, 334: über die Kampfsucht des männlichen Hirschkäfers I, 334; über lamellicorue Käfer I, 336; über die Färbung von Lithoxia I, 352.
Whately, Erzbischof, Sprache nicht, dem Menschen eigeuthümlich I, 45; über die primitive Civiüsation des Menschen I, 158,
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Whewell. Register. Wüsten. 415
Wbewell, über mütterliche Zuneigung I, 33.
White, Gilbert, über das Vorhält iiiss der6eschlecbj*r beim Rebhuhn I, 272; über die Hausgrille 1, 315: über den Zweck des Gesangs der Vögel 11, 45; über das Finden neuer Gatten von ver-wittweten weissen Eulen II, Dl; über Frühjahrsbrutcn männlicher Itebhüh-ner 11. 93
Widder, Art zu kämpfen II, 219; Mähne eines afrikanischen II. 250; fett-schwänziger II, 250.
Wiedehopf II, 48; Laute des Männchens II, 54.
Wiederkäuer, männliche, Verschwinden der Eckzähne I, 124; II, 285; meist polygam I, 235; Analogie mit lamellicomen Käfern I, 332; Suhorbi-taldrüsen II, 24G; geschlechtlicher Far-benunterschied II, 252.
Wilckens, über die Moditication der domesticirten Thiere in bergigen Gegenden I, 104; über das Zahlenver-bältniss zwischen Haaren und Drüsen-öffnungen bei Schafen 1. 219.
Wilde, Nachahmungsvermögeu I, 47, 139; Ursachen der niedrigen Moralität I, 83; Gleichförmigkeit übertrieben I. 90; Weitsichtigkeit I, 102; Verbält-niss der Zunahme gewöhnlich gering I, 114; Erhaltung des Greifvermögens der Füsse I, 122 : Stämme verdrängen einander I. 139; Fortschritt der Kunstfertigkeiten I, 159; Künste 1, 206; Liebe zu roher Musik II, 58; Aufmerksamkeit der persönlichen Erscheinung gewidmet II, 297; Beziehung der Geschlechter II, 319.
Wilder, grössere Häufigkeit überzähliger Finger bei Männern als bei Frauen 1, 243.
Williams, über die Hochzeitsgebräuche der Fiji-Eingebornen II, 329.
Wilson, über die «mischen Köpfe der Eingebornen des nordwestlichen Amerika II, 308 ; über die Eingebornen der Fiji-Insolu II, 308; über die Dauer der Mode, den Schädel zusammenzudrücken II, 309.
Windhunde, Zahleuverhältniss der Geschlechter 1, 232, 234; Zahleuverhältniss männlicher und weiblicher Geburten I, 2G9.
Winter, Farbenveränderung der Säuge-thiere im —, II, 2G2.
Wirbelthiere II, 1; gemeinsamer Ursprung 1, 177; älteste Urerzeuger I, 185; Ursprung der Stimme bei luft-athmenden —n II, 290.
Wittwen und Wittwer, Sterblichkeit 1, 154.
Wittwenvogcl, polygam 1,237; Hoch-zeitsgefleder des Männchens II, 72, 83; Weibchen verschmäht das unge-sebmückte Männchen II, 105.
Wohlstand, Einfiuss I, 147.
W o h 1 w o 11 e n von Vögeln gezeigt II, 95.
Wolf, Wintcrabänderuug II, 2G2; lernt von Hunden bellen I, 3G; jagt in Hudeln I, 63; schwarzer II, 258.
Wolff, über die Variabilität der Eingeweide des Menschen I, 94.
Wolffsche Körper 1, 181; Ucberein-stimmmig mit den Nieren der Fische I, 13.
Wollaston, T. V., über J'Juryynathzix I, 308; über musikalische Curculioni-den I, 33G; über Stridulation von Acal-les I, 342.
Wombat, schwarze Varietäten II, 258.
Wonfor, über sexuelle Eigenthümlich-keiten in den Flügeln der Schmetterlinge I, 303.
Wood, J., über Muskelabänderungen beim Menschen I, 94, 110, 111; über die grössere Variabilität der Muskeln beim Mann als bei der Frau I, 243.
Wood, T. W., über die Färbung des Aurorafalters I, 351; über die Gewohnheiten der Saturuiiden I, 354; über die Gewohnheiten von Menura Älberti II, 47; übet- Tetruo cupido II, 48; über die Entfaltung des Gefieders vom männlichen Fasanen II, 7G; über die Augen-Hecke des Argusfasans II, 125; über die Gewohnheiten des weiblichen Ca-suars II, 179.
W o o 1 n e r , Beobachtungen über das menschliche Ohr I, 18.
Wormald, über die Färbung von My-popyra I, 353.
Wright, C. A., über die Jungen von Oroccteti und l'etrocincla 11, 193.
Wright, Chauncey, über correlative Erwerbung II, 294; über die Vergrösse-rung des Gehirns beim Menschen II, 344.
Wright, über den schottischen Hirschhund II, 230: über geschlechtliche Vorliebe bei Hunden II, 238; über das Verschmähen eines Hengstes von einer Stute II, 239.
Wright, W. von, über das protective Gefieder des Schneehuhns II, 70.
Wunden, das Heilen von —, I, 10.
Würger, Characterc der jungen II, 1G2; Drongo-, II, 156.
Wurmförmiger Fortsatz I, 22. I Wüsten, protective Färbung yoii Thie-ren, die — bewohnen II, 19G.
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416 Wuth. Regi*
Wutli, Zeichen von — beiThiercn I, 33. j Wynian, J., Verlängerung des Coccyx beim menschlichen Embryo I, 13; Znstand der grossen Zehe beim menschlichen Embryo I. 13; Abänderungen der Schädel bei den Eingcbornen der Sandwich-Inseln I, 93; über das Ausbrüten der Eier in der Mund- nnd Kiemenhohle männlicher Fische I, 183; II, 17.
X.
Xcnarchus, über die Cicaden I, 313.
Xenorhynchus, geschlechtlicher Farbenunterschied der Augen II, 112.
Xiphnphorus ITdlerii, eigenthüniliche Analflosse des Männchens II, 8.
Xylocopa, Verschiedenheit'der Geschlechter I, 326.
Y.
Yarrell, W.. über die Gewohnheiten der Cypriniden I. 275; über Baya clavata II, 2; über die Charactere des männlichen Lachses während der Laichzeit II, 3, 11; über die Charactere der Rochen II , 5; über den »gemineous dragonet« II, 6; über das Laichen des Lachses II, IG: über das Brüten der Lophohranchier II, 18: über Rivalität bei Singvögeln II, 45; über die Luftröhre des Schwans II , 52: über das Mausern der Anatiden II, 73; über ein Beispiel von Nachdenken bei einer Möve II, 94; über die Jungen von Wadvögeln II, 191.
Youatt, über die Entwickelung der Körner beim Rind I, 25G.
Yura-caras, ihre Begriffe von Schönheit II, 305.
Z.
Zählen, Ursprung des —s. I, 158; beschränkte Fähigkeit beim Urmenschen I, 20G.
Zahlzeichen, römische I, 158.
Zähne, rudimentäre Schneide- bei Wiederkäuern I, 14; hintere Backzähne beim Menschen 1, 21; Weisheits-, I, 26; Verschiedenheit I, 93; Eckzähne der Urerzeuger des Menschen I, ISO; Eck- männlicher Sätigethiere II, 211; beim Menschen durch Correlation verkleinert II, 284; Färben der —, II.
Zy gaenidae.
298; Schneide- ausgeschlagen oder gefeilt bei einigen Wilden II, 299. Zauberei I, 58.
Zebra. Verschmähung eines Esels durch ein weibliches —, II, 259: Streifen de? -, II, 2G5. Zebu, Höcker des —, II, 250. Zehe, grosse, Zustand beim menschlichen Embryo I, 13; bei den Urer-zeugern des Menschen 1, 180. Zeichnungen, durch ganze Gruppen
von Vögeln beibehalten II, 115. Zeisig II. 73; paart sich mit einem Ca-
narienvogel II, 100. Zickzacks, Vorherrschen in Ornamenten I, 205. Ziege, männliche wilde, fällt auf die Homer II, 219; Geruch der männlichen II, 246; Haarkamm der wilden männlichen II, 24S; Mähne, Wamme a. s. w. der männlichen Berbura-, II, 250;geschlecht]icherFarbenunterschied der männlichen Kenias-, II, 254. Ziegen, geschlechtliche Verschiedenheiten der Hörner I, 250; Hörner I, 25G: II, 217; domesticirte, Sexualverschic-denheiten spät entwickelt I, 259: Barte II, 249; Kampfart II, 219, 220. Ziegenmelker, virginischer, Paaren
des —, II, 41. Zigeuner, Gleichförmigkeit der, auf der
ganzen Erde I, 213. Zincke, über europäische Auswanderung nach Amerika I, 156. Zitzen, fehlen bei Monotremen I, 182. Zitzenfortsätze bei Menschen und
Affen I, 124. Zootoca vivipara, geschlechtlicher Farbenunterschied II, 30. Zuchtwahl, doppelte I, 244; methodische, preussischer Grenadiere 1,98; geschlechtliche, Einfluss auf die Farben der Lepidoptern I, 359; Erklärung der geschlechtlichen I, 225, 230, 239; geschlechtliche und natürliche gegeneinander gehalten I. 245. Zunahme, VerMltniss der —, I, 113: Notwendigkeit von Hemmnissen 1,116. Zuneigung s. Affection. Z weihänd er I, 1G5. Zwerghirsche, Eckzähne II, 226. Zwcrgrei h er, Färbung der Geschlechter II, 156. Zwillinge, Neigung zu —n erblich I,
114. | Zy gaenidae, Färbung I, 352.
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Citation: John van Wyhe, ed. 2002-. The Complete Work of Charles Darwin Online. (http://darwin-online.org.uk/)
File last updated 25 September, 2022