RECORD: Darwin, C. R. 1876. Charles Darwin. Flowers of primrose destroyed by birds. Just's botanischer Jahresbericht, 2: 900.
REVISION HISTORY: Transcribed by Christine Chua and edited by John van Wyhe 5.2022. RN1
NOTE: See record in the Freeman Bibliographical Database, enter its Identifier here. Translation of Darwin, C. R. 1874. Charles Darwin. Flowers of primrose destroyed by birds. F1770 and F1771.
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11. Charles Darwin. Flowers of the primrose destroyed by birds. (Nature vol. IX, p. 482, 509, vol. X, p. 6, 24.) *)
Europa hat bekanntlich keinen Vogel, welcher Blumenhonig aufsucht und dabei den Pollen der Blumen auf die Narben überträgt. Aber D. lenkt in dem ersten der hier citirten Artikel die Aufmeksamkeit seiner Landsleute auf eine seinem Forscherblicke bereits vor 20 Jahren aufgefallene Thatsache, welche zeigt, dass einheimische Vögel wenigstens auch dem Blumenhonige Geschmack abzugewinnen wissen, wenn auch zum grössten Nachtheile der von ihnen ausgebeuteten Pflanzen. Er beobachtete nämlich schon damals, in weit grösserer Ausdehnung aber im Frühjahr 1874, dass von Blüthen der Primula (primrose, cowslip, polyanthus), der den Honig umschliessende schmale Querstreifen dicht über der Basis des Kelches von irgend einem Vogel glatt herausgebissen wird, so dass der darüber befindliche grösste Theil der Blüthe abfällt. Wenn diese Gewohnheit, die Blüthen abzuschneiden, so bemerkt D. weiter, sich als eine weit verbreitete erweisen sollte, so würden wir sie als eine ererbte, instinktmassig ausgeführte betrachten müssen, da es nicht, wahrscheinlich ist, dass jeder Vogel während seines Einzellebens so genau die Stelle, wo der Honig verborgen liegt, entdecken und lernen würde, die Blüthe so geschickt gerade an der richtigen Stelle zu zerbeissen.
Darwin's Aufforderung, zur Entscheidung dieser Frage aus verschiedenen Gegenden
Beobachtungen über das Vorkommen oder Nichtvorkommen derselben Zerstörung der Primelblüthen mitzutheilen und den Thäter zu ermitteln, hatte die Einsendung ungemein zahlreicher auf seine Frage bezüglicher Mittheilungen zur Folge, welche die Verbreitung derselben Erscheinung über Kent, Lancashire, North Hampshire, Devonshire und Irland, und den Dompfaffen als Thäter feststellten. Dass die Gevohnheit, die Primelblüthen in dieser Weise zu zerbeissen, beim Dompfaffen instinctiv geworden ist, wurde besonders durch Prof. Frankland's interessante Beobachtungen ausser Zweifel gestellt. Derselbe hatte, als er D.'s Brief las, zufälliger Weise in seinem Zimmer gerade einen Strauss Primeln und einen im Vogelbauer gehaltenen Dompfaffen. Die Primelblüthen (primrose), welche er demselben gab, wurden von ihm, wie D. selbst constatirte, sofort in genau derselben Weise zerbissen, wie es D. von wilden Vögeln ausgeführt gefunden hatte, und zwar so schnell, dass er mit Leichtigkeit 20 Blüthen in 3 Minuten verarbeitete, während Canarienvögel z. B. alle Blüthentheile der ihnen vorgesetzten Primeln ohne Unterschied augreifen. Aber nun, so schliesst D. seinen Rückblick, kommt der interessante Punkt. Der Stubenbuchfink, war 1872 auf der Insel Wight gefangen worden, kurz nachdem er flügge geworden war, zu einer Zeit, als die Primeln nicht mehr blühten, und hatte seitdem keine Primel zu sehen bekommen. Trotzdem setzte sich, sobald dieser nun fast 2 Jahre alte Vogel diese Blüthen sah, in seinem Gehirne irgend welcher Mechanismus (some machinery) in Thätigkeit, die ihm augenblicklich in einer unfehlbaren Weise sagte, wie und wo er die Blüthen anzubeissen hätte, um die verborgene Ausbeute zu gewinnen. Das Benehmen des Dompfaffen hatte, wie Prof. Frankland bemerkt, völlig die Präcision einer chemischen Reaction; was erfolgt, wenn man eine Primel in sein Bereich legt, kann fast eben so sicher vorausgesagt werden, als was erfolgt, wenn man ein Stuck Eisen in eine Losung von Kupfervitriol legt.
Citation: John van Wyhe, ed. 2002-. The Complete Work of Charles Darwin Online. (http://darwin-online.org.uk/)
File last updated 25 September, 2022