RECORD: Darwin, C. R. 1886. Über die Lebensweise des Pampasspechts. In Ernst Krause ed., Gesammelte kleinere Schriften von Charles Darwin. Ein Supplement zu seinen grosseren Werken. Leipzig: E. Günther, pp. 80-82.

REVISION HISTORY: Transcribed by Christine Chua and edited by John van Wyhe 5.2022. RN1

NOTE: See record in the Freeman Bibliographical Database, enter its Identifier here. Translation of Darwin, C. R. 1870 Notes on the habits of the pampas woodpecker (Colaptes campestris). Proceedings of the Zoological Society of London.


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Uber die Lebensweise des Pampasspechts.*)

(Colaptes campestris).

In dem letzten von Herrn Hudsons schätzenswerten Artikeln über die Ornithologie von Buenos - Ayres **) bemerkt er mit Bezug auf meine Beobachtungen über den Colaptes campestris, dass es für einen Naturforscher nicht möglich sei, "viel von einer Species zu wissen, wenn man im Laufe eines rapiden Rittes durch die Pampas vielleicht ein oder zwei Exemplare sähe". Meine Beobachtungen wurden in Banda Oriental, auf dem nördlichen Ufer des Platastromes gemacht, woselbst dieser Vogel vor siebenunddreissig Jahren gemein war, und während meiner späteren Besuche sah ich, besonders in der Nähe von Maldonado, wiederholt viele lebende Exemplare auf den offenen und welligen Ebenen, in der Entfernung vieler Meilen von einem Baume. In meinem Glauben, dass diese Vögel Bäume nicht besuchen, wurde ich durch die schlammigen Schnäbel einiger, welche ich schoss, durch ihre nur wenig abgeschabten Schwänze und noch dadurch bestärkt, dass sie sich auf

*) Proceedings of the Zoological Society of London for the year 1870

p. 705.

**) A. a. O. - p. 158 William H. Hudson, ein eifriger Gegner der Zuchtwahltheorie, bemerkt in diesem Briefe, dass derjenige, welcher die Ge wohnheiten des Pampasspechtes kenne, der dort Carpintero, d. h. der Zimmer mann, genannt werde, längs des Salado- Flusses häufig auf Bäumen klettere und bei Dolores einen grossen Wald bewohne, glauben müsste, dass Darwin die Wahrheit verdreht habe, nur um seine Theorie mit diesem Spechte zu unterstützen (Vergl. "Entstehung der Arten" Kap. VI.), wenn mannic wüsste, dass seine arches" vor der Entdeckung der Zuchtwahl theorie geschrieben sind. Der Carpintero sei vielmehr ein Beweis gegen die Theorie, denn er habe in den Pampas, obwohl es dort wenig Bäume gäbe, seine Gestalt, Färbung, Art zu fliegen und laut zu schreien, wodurch er sich seinen Feinden verrate, beibehalten, und er sei deshalb auch in neuerer Zeit so selten geworden, dass er (Hudson) in den letzten vier Jahren von dem früher häufigen Vogel nur drei Exemplare angetroffen habe. Mangel an Nahrung und die Aufsuchung besserer Nistplätze veranlassten ihn manchmal über die Pampas - Ebene zu schweifen, und dann suche er wohl, wie andre Spechte auch, an der Erde nach Nahrung, aber niemals habe man ihn gleich dem Patagonischen Papagei in den Sandbänken graben oder Nester bauen gesehen u. s. W.

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Pfahlen oder Zweigen von Bäumen (wo solche wuchsen) horizontal und kreuzweis, in der Art gewöhnlicher Vögel niederliessen, obwohl sie sich, wie ich konstatiert habe, mitunter auch vertikal hinsetzten. Als ich diese Notizen niederschrieb, wusste ich nichts von den Werken Azaras, welcher viele Jahre lang in Paraguay lebte und allgemein als ein genauer Beobachter geschätzt wird. Nun nennt Azara diesen Vogel den "Specht der Ebenen" und bemerkt, dass dieser Name höchst passend sei, denn er besucht, wie er behauptet, niemals Gehölze, noch klettert er auf Bäumen und sucht Insekten unter der Rinde.*) Er beschreibt seine Art, auf der flachen Erde Nahrung zu suchen und sich mitunter horizontal und mitunter vertikal auf Stümpfen, Felsen u. s. w. niederzulassen, genau, wie ich es gethan habe. Er konstatiert auch, dass die Beine länger sind als diejenigen anderer Spechtarten. Der Schnabel indessen ist nicht so grade und stark, noch die Schwanzfedern so steif, wie bei den typischen Gliedern der Gruppe. Daher scheint diese Species im Einklange mit ihrer Gewohnheit, weniger auf Bäumen zu leben, in einem leichten Grade modifiziert zu sein. Azara konstatiert ferner, dass sie ihre Nester in Höhlungen baut, die in alten Schlammwällen oder in den Sandbänken der Ströme ausgehöhlt sind. Ich will hinzufügen, dass der Colaptes pitius, welcher in Chile die Pampas- Art repräsentiert, in gleicher Weise trockne, steinige Hügel besucht, wo nur wenige Büsche und Bäume wachsen, und dort beständig auf der Erde Nahrung suchend beobachtet werden kann. Nach Molina baut auch diese Colaptes - Art ihre Nester in Höhlungen der Sandbänke.

Herr Hudson konstatiert andrerseits, dass der Colaptes campestris in der Nähe von Buenos -Ayres, wo einige Gehölze sind, Bäume erklettert und in der Rinde bohrt, gleich andern Spechten. Er sagt: "Mitunter wird er in Entfernung mehrerer Meilen von irgend welchen Bäumen gefunden. Dies ist indessen selten, und er ist bei solchen Gelegenheiten anscheinend stets auf seinem Wege zu einigen in der Entfernung befindlichen Bäumen. Er baut hier sein Nest in hohlen Bäumen." Ich setze nicht den mindesten Zwei fel darein, dass Herrn Hudsons Bericht völlig genau ist und dass ich einen Irrtum begangen habe, indem ich annahm, dass diese

*) Apunt. II. p. 311 ( 1802).

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Art niemals Bäume erklettere. Aber wäre es nicht möglich, dass der Vogel in verschiedenen Distrikten einiger massen verschiedene Gewohnheiten haben und ich doch nicht ganz so ungenau sein möchte, wie Herr Hudson annimmt? Nach dem, was ich in Banda Oriental sah, kann ich nicht daran zweifeln, dass diese Art dort für gewöhnlich die offnen Ebenen besucht und aus schliesslich von der so erhaltenen Nahrung lebt. Noch weniger kann ich den von Azara gegebenen Bericht über seine allgemeinen Lebensgewohnheiten und über seine Art zu nisten, bezweifeln. Schliesslich vertraue ich darauf, dass Herr Hudson im Irrtum ist, wenn er sagt, dass irgend jemand, der mit den Gewohnheiten dieser Vögel bekannt ist, dazu veranlasst werden könnte, zu glauben, dass ich "absichtlich die Wahrheit verdreht hätte, zu dem Zwecke, meine Theorie zu beweisen". Er entlastet mich von dieser Beschuldigung, aber ich würde Ekel empfinden zu denken, dass es viele Naturforscher gäbe, welche ohne irgend welchen Beweis einen Forschungs - Kollegen anklagen könnten, absichtlich eine falsche Thatsache zu erzählen, um seine Theorie zu beweisen.


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Citation: John van Wyhe, ed. 2002-. The Complete Work of Charles Darwin Online. (http://darwin-online.org.uk/)

File last updated 25 September, 2022